Pfingstexkursion 2008 - KIT · 2014. 5. 2. · 2 3. Dienstag, 13.05.2008 Bericht: Natalie Heit und...

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Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik Pfingstexkursion 2008 13.5. bis 16.5.2008 für Studierende des „Geotechnischen Ingenieurwesens“ (Diplomstudiengang Bauingenieurwesen, Vertieferrichtung V) am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Universität Karlsruhe Exkursionsbericht

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Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik

Pfingstexkursion 2008

13.5. bis 16.5.2008

für Studierende des „Geotechnischen Ingenieurwesens“ (Diplomstudiengang Bauingenieurwesen, Vertieferrichtung V)

am Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik, Universität Karlsruhe

Exkursionsbericht

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1. Teilnehmer Teilnehmende Studierende: Tilman Bittner

Jakob Vogelsang Linus Klein Eva Kaltenbach Tilo Erban Max Kumm Christoph Maier Natalie Heit

Betreuendes Institutsmitglied: Dr.-Ing. Peter Kudella

2. Programmübersicht Dienstag, 13.05.2008 08:00 Abfahrt IBF, Fahrt nach Köln 11:30 U-Stadtbahn Köln, Los Süd (Ed. Züblin AG, Dr.-Ing. H. Wahrmund): Schlitzwandbaugruben, Schildvortriebstunnel, Gefrierverfahren 15:30 U-Stadtbahn Köln, Los Nord (Hochtief Construction AG, Dipl.-Ing. Th. Becht):

Verzweigung Bechergasse, Druckluftvortrieb, Kanalabhängung, Archäologie 19:00 Weiterfahrt nach Hilden, Übernachtung Hotel Wiedenhof Mittwoch, 14.05.2008 08:30 Abfahrt Hilden 09:30 Containerterminal Logport 2 Rheinhausen (Duisport Hafengesellschaft, Dipl.-

Ing. E. Schauder): Ufereinfassung, Spundwand, Verankerung, Kranbahn-gründung

12:30 Weiterfahrt nach Rotterdam 15:30 E.on-Kohlekraftwerk Maasvlagte (Bauer Funderingstechnieken BV, Dipl.-Ing. K Wecker): Bohrpfähle, Dichtwand, Weichgelsohle 18:30 Weiterfahrt nach Amsterdam, Übernachtung Hotel Sphinx Donnerstag, 15.05.2008 08:30 Metro Noordzuidlijn Amsterdam, Los Stationen (Max Bögl GmbH, Dipl.-Ing. Th. Brandt): Stationen Vijzelgracht und Ceinturbaan in Deckelbauweise, 13:00 Metro Noordzuidlijn Amsterdam, Los Centraal Station (Arge Strukton / van Oord, Dipl.-Ing. C. F. Bosma): Unterfangung Hauptbahnhof, Senkkasten, Vorbereitung Flußquerung mit Einschwimmtunnel 16:00 Weiterfahrt nach Quadrath-Ichendorf, Übernachtung Hotel zum Dreieck Freitag, 16.05.2008 08:30 Abfahrt Quadrath 09:00 RWE Power, Sparte Tagebaue (Gebirgs- und Bodenmechanik, Dr.- Ing. Ch. Karcher): Befahrung Braunkohletagebau Hambach 14:00 Weiterfahrt nach Heidelberg 17:00 Kernstadtumgehung Neckargemünd (Baresel GmbH, Dipl.-Ing. L. Preiß):

Tunnel im Sprengvortrieb 19:00 Weiterfahrt nach Karlsruhe, Rückkehr zum IBF

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3. Dienstag, 13.05.2008 Bericht: Natalie Heit und Max Kumm

U-Stadtbahn Köln Am Dienstag, den 13.05.08, trafen sich acht interessierte Studenten der Vertieferrichtung „Geotechnisches Ingenieurwesen“ zur Pfingstexkursion 2008. Der erste Programmpunkt führte zur Baustelle der Nord-Süd-Stadtbahn Köln. Am Vormittag erreichte die Gruppe das Büro der Bauleitung von Los Süd, wo sie freundlich von Dr.-Ing. Holger Wahrmund von der Ed. Züblin AG empfangen wurde. Herr Dr. Wahrmund erläuterte in einer Präsentation das Gesamtprojekt, welches er als Leiter des technischen Büros betreut. Die Kölner Vehrkehrsbetriebe realisieren das zur Zeit größte städtebauliche Projekt Deutschlands. Unter der dicht bebauten Alt- und Innenstadt Kölns werden zwei 4 km lange Tunnelröhren mit insgesamt 8 Haltestellen aufgefahren. Davon entfallen auf das Los Süd 2 x 2900 m, welche von zwei Tunnelbohrmaschinen mit einem Durchmesser von jeweils 8,40 m realisiert werden.

Die Firmen Züblin, Bilfinger Berger und Weiss & Freitag haben sich für dieses Projekt zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Das Auftragsvolumen für Los Süd beträgt 390 Mio Euro bei einer geplanten Bauzeit von 7 Jahren. Zur Herstellung der U-Bahn-Haltestellen kommen zahlreiche Verfahren des Spezialtiefbaus zum Einsatz, die uns Dr. Wahrmund in seinem Vortrag detailliert erklärte. Die U-Bahn Stationen Chlodwigplatz, Kartäuserhof und Severinstraße wurden in offener Bauweise abgeteuft und über Querschläge mit den beiden seitlich verlaufenden Tunnelröhren verbunden. Dazu wurden bei engsten Platzverhältnissen 45 m tiefe wasserdichte Schlitzwände hergestellt. Darauf folgten Erdaushub und Deckelung der Baugrube. Für die Herstellung der Querschläge unterhalb des Grundwasserspiegels kam das Gefrierverfahren – z. T. in Kombination mit DSV und Druckluft - zum Einsatz, welches wir bei der Begehung der Baustelle Severinstraße in Aktion erleben konnten.

Bild 1: Baugrube Severinstraße

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Bild 2: Blick in die Kälteanlage

Bild 3: Gefrierlanzen in der Baugrube

Nach der Führung durch die drei Stations-Baugruben ging es weiter in das Büro der Bauleitung von Los Nord, wo Dipl.-Ing. Thomas Becht von der Hochtief Construction AG die bautechnisch anspruchsvollen Baumaßnahmen unter dem Kölner Hauptbahnhof erläuterte. Den Zuschlag für diesen Abschnitt hatte eine ARGE der Firmen Hochtief, Brückner Grundbau, Bauer und Keller erhalten. Beim Aushub musste besonders auf Überreste aus der Römerzeit Rücksicht genommen werden. In der Baugrube befinden sich antike Hafenanlagen und Teile der Stadtmauer. Die Bauarbeiten wurden stets von vertraglich festgelegten, archäologischen Ausgrabungen begleitet, was die Bauzeit bisher um 11 Monate verlängerte.

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Bild 4: Archäologische Arbeiten in der Baustelle Bechergasse

Bild 5: Übersicht Verzweigung Hauptbahnhof und Breslauer Platz Aufgrund der geringen Überdeckung dieses Tunnelabschnittes waren umfangreiche Hochdruckinjektionen und Feinstoffeinpressungen erforderlich, wobei die Gründung der Dachkonstruktion des Hauptbahnhofes mit DSV-Säulen unterfangen wurde. Die Herstellung der „Verflechtungsstrecke Bechergasse“ erfolgt unter Druckluft. Ebenfalls

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unter Druckluft unterfahren die Tunnelröhren die Philharmonie im Schutz eines bereits vorhandenen Kastens aus Bodenplatte des Gebäudes und seitlichen Schlitzwänden.

Bild 6: Unterfahrung der Philharmonie Der Überdruck in der Arbeitskammer beträgt 1,1 bar, was bei einer Arbeitszeit von 6,5 Stunden Ein- und Ausschleusezeiten von 1,5 Stunden erforderlich macht. Zur Aufrechterhaltung dieses Druckes ist eine Luftmenge von 300 m³ pro Minute zu fördern. Diese großen Verluste sind bedingt durch die geringe Überdeckung und den durchlässigen Baugrund. Bei den Bauarbeiten ist auch stets der Lärmschutz zu berücksichtigen. Es kann nur nachts betoniert werden, um Nutzungsbeeinträchtigungen in der über dem Tunnelabschnitt gelegenen Philharmonie zu vermeiden, da sich die Vibrationen der am Schalwagen befestigten Außenrüttler in den Konzertsaal fortsetzen.

Bild 7: Personenschleuse

Am Abend bezogen wir unser Quartier in Hilden und ließen den Tag bei einem feinen Essen ausklingen. Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Wahrmund und Herrn Becht für die informativen Führungen und Erläuterungen.

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4. Mittwoch, 14.05.2008 Bericht: Jakob Vogelsang und Tilman Bittner Containerterminal Logport 2 Rheinhausen

Der zweite Exkursionstag führte uns nach Duisburg, wo unter der Federführung der Duisport Hafengesellschaft derzeit das Containerterminal logport II entsteht. Der Duisburger Hafen ist der größte Binnenhafen Europas: Besonders beim Containerumschlag gibt es nach wie vor hohe Zuwachsraten. So wurde 2002 das trimodale Terminal logport I auf dem Gelände des ehemaligen und nach der Aufgabe der Stahlverhüttung damals brachliegenden Krupp-Hüttenwerkes fertiggestellt. Ein trimodales Terminal ist Schnittstelle für den Güterverkehr zu Wasser mit dem auf der Schiene und Straße. Nach dem Vorbild von logport I wird nun also das trimodale Terminal logport II ebenfalls auf einer Brachfläche der Schwerindustrie errichtet; nach dem Konkurs der zinkverarbeitenden Metallhütte MHD Sudamin 2005 und einem weiteren Zukauf steht ein über 30 ha großes Gelände zur Verfügung. Mit den Abbrucharbeiten konnte im Juni 2006 begonnen werden, aufgrund der Kontamination des Geländes unter anderem mit Schwermetallen mussten umfangreiche Bodensanierungsmaßnahmen getroffen werden.

Bild 8: logport I und logport II in der Abbruchphase (Vordergrund), Frühsommer 2007 (Quelle: duisport.de)

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Seit Ende 2007 wird das eigentliche Bauvorhaben in Angriff genommen. Als wichtigste Punkte seien die Kaimauer, die Verkehrsinfrastruktur der Schienen- und Straßenanbindung sowie Ver- und Entsorgungsleitungen genannt; die planmäßige Fertigstellung ist Ende diesen Jahres geplant.

Bild 9: Blick auf die Baustelle der Kaimauer, hinten die Maschine für die Bohrpfähle, im Vordergrund die Bohrmaschine für die Anker

Bild 10: Blick von der gleichen Stelle in die andere Richtung, im Bild ein Poller, die Köpfe der Bohrpfähle mit Anschlussbewehrung sowie die Kaimauer im geschalten und fertiggestelltem Zustand.

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Auf der Baustelle trafen wir Herrn Dipl.-Ing. Erich Schauder von der duisport AG. Da die gut 310 Meter lange Kaimauer als Linienbaustelle eingerichtet ist, konnten wir gut die einzelnen Bauabschnitte betrachten. Zunächst wird das natürliche Ufer mit einer Spundwand befestigt, vorher musste allerdings der Kampfmittelräumdienst nach Blindgängern suchen, die der damaligen Industrie galten. Die anschließend eingebrachten Bohrpfähle dienen als Fundament der eigentlichen Kai-mauer. Die Kaimauer, die gleichzeitig eine Schiene der Kranbahn aufnimmt, wird noch mit zwei übereinanderliegenden Reihen von Bohrverpresspfählen rückverankert. Die untere Reihe konnten wir sowohl beim Einbau als auch schon im mittels Spannschloss vorgespannten Zustand sehen.

Bild 11: Blick auf ein Spannschloss im Detail

Die Bohrverpresspfähle sind ca. 23m lang, so dass sie mindestens 2m in das Tertiär einbinden, bei Bedarf besteht die Möglichkeit zur Erweiterung. An den 4¼ Zoll-Ankern wurden Zugversuche durchgeführt. Die Kaimauer wird dann zum Teil hinterfüllt, die nächste Reihe der Anker eingebracht und schließlich die hydraulisch gebundene Tragschicht und die Betonfahrbahn eingebaut. Von großer Bedeutung sowohl für die Auslegung der Kaimauer as auch für die Bauzeit sind die großen Wasserstandsänderungen des Rheins: Auf den Bildern ist ein Pegelstand von etwa 4m zu sehen, bei mittlerem Hochwasser ist mit etwa 10m zu rechnen, auch zu erkennen an dem Poller in Bild 10. Von den rund 15 Millionen Euro Auftragsvolumen entfallen allein etwa 5 Mio. auf den Verladekran, welcher eine Spurweite von 57m und einen Überhang von ca. 30m auf jeder Seite haben wird.

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Bild 12: Blick auf die 4¼ Zoll-Anker, mit Hammerköpfen zum Einhaken in die Kaimauer und Teilen des Spannschlosses

Bild 13: Blick auf das Vorbild logport I, im Hintergrund der dortige Verladekran

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei Herrn Schauder und der duisport AG für die Führung bedanken, und für die Möglichkeit, diese Baustelle besichtigen zu können!

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E.ON-Kohlekraftwerk Rotterdam - Maasvlagte Am Nachmittag des zweiten Tages ging es noch weiter von Duisburg nach Rotterdam. Dort ist momentan die deutsche Firma Bauer mit den Tiefbauarbeiten für ein neues EON-Kohlekraftwerk beschäftigt. Die Baustelle befindet sich nur wenige hundert Meter von der Nordsee entfernt auf in den 60er Jahren aufgeschüttetem Baugrund, umgeben von Raffinerien und anderen Kraftwerken. Wie sich herausstellte, wurden wir erst für den nächsten Tag erwartet, sodass unser Empfang etwas improvisiert werden musste. Herr Dipl.-Ing. Gerd Bonig, der uns stellvertretend begrüßte und zusammen mit Herrn Stadlbauer, dem Polier, über die Baustelle führte, löste diese Aufgabe aber sehr gut. Er stellte uns im Besprechungsraum zunächst die Baustelle mit ihren Besonderheiten vor und plauderte dabei sehr erfrischend „aus dem Nähkästchen“. Es entwickelte sich ein interessantes Gespräch über das Bauvorhaben. Dabei wurden auch immer wieder unterhaltsame Anekdoten, zum Beispiel über kulturelle Unterschiede zwischen Niederländern und Deutschen, eingeflochten.

Bild 14: Flat-Jacks

Da das Kraftwerk, wie gesagt, nicht auf gewachsenem Boden gebaut wird, werden hier erhöhte Anforderungen an die Gründung gestellt. Es müssen insgesamt ca. 600 Bohrpfähle hergestellt werden, um die Lasten des Bauwerks in die in über 20 m Tiefe liegenden tragfähigen Schichten abzutragen. Um Setzungen der Nachbarbauwerke infolge der Vibrationen beim Rammen zu vermeiden, darf nur mit Bohrpfählen gearbeitet werden. Dem aufgeschütteten Boden wird hier nur wenig Vertrauen geschenkt, da dieser durch Entmischungsvorgänge beim Schütten stellenweise sehr unregelmäßig sein kann. Es bildeten sich anscheinend in manchen Bereichen Kiesnester und in anderen Bereichen sehr feinkörnige Schichten aus, sodass eine Homogenität des Boden nicht angenommen werden kann. Dies ist, wie Herr Bonig uns erklärte, auch einer der Gründe, warum in den Niederlanden die Mantelreibung für die Tragfähigkeit von Pfählen nicht angesetzt wird, sondern nur der Spitzenwiderstand. Um die extrem strengen Vorgaben von maximal 1,5

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cm Setzung dennoch gewährleisten zu können, nutzt Bauer hier das innovative System der so genannten Flat-Jacks. Dabei handelt es sich um Metallkissen, wie sie im Bild 14 zu sehen sind. Diese sind aufpumpbar, werden unten an den Bewehrungskorb geschweißt und sind mittels Schläuchen an Pumpen an der Oberfläche angeschlossen. Der Pfahl wird nun zunächst normal hergestellt. Wenn der Beton erhärtet ist wird das Kissen mit Druckwasser aufgeblasen und der Boden darunter so verdichtet. Auf diese Weise wird ein gewisser Teil der Setzungen vorweggenommen. Dies gelingt natürlich nur bis zu einem Druck, der der Belastung aus Eigengewicht und maximaler Mantelreibung entspricht. Wenn der Baugrund unter dem Pfahl verdichtet ist, wird Mörtel in das aufgeblasene Kissen eingepresst, sodass ein Pfahl mit geringerer Setzungsanfälligkeit entsteht. Dieses Pfahlsystem wurde natürlich auch vor Ort getestet; einen dieser Pfähle sahen wir uns zu Beginn unseres Rundgangs über die Baustelle an.

Bild 15: Blick auf das Injektionsfeld

Direkt nebenan war dann ein weiteres Verfahren des Spezialtiefbaus zu betrachten, eine großflächige Injektionssohle. In diesem Bereich bestanden Zweifel über die Dichtigkeit der in 23 m Tiefe liegenden Tonschicht, weswegen beschlossen wurde, den Boden unter der Tonschicht zu injizieren. Dabei wurde die Tonschicht durchbohrt und in den Boden darunter Weichgel eingepresst. Dadurch entstanden, wie Herr Bonig es mehrmals nannte, sich überlappende Verpreßkörper mit „blumenkohlförmiger Struktur“, die dann in Verbindung mit der Tonschicht als funktionierende Abdichtung angesehen wurde. Diese Maßnahme hat eine rein hydraulische Funktion und zielt nicht auf eine Verfestigung des Baugrundes ab. Auf der Baustelle waren alle schon hergestellten Injektionen mit weißen Fähnchen markiert, wie auf Bild 15 zu sehen. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs waren schon ca. 90% der Injektionssohle hergestellt, wir konnten aber noch das Abteufen einiger Bohrungen live verfolgen.

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Bild 16: Abteufen einer Injektionsbohrung

Bild 17: Austauschen von Zähnen an der Bohrkrone

Wir brauchten uns eigentlich nur umzudrehen, um die Bohrarbeiten für einen Gründungspfahl beobachten zu können. In diesem Teil der Baugrube befinden sich noch Reste alter Spundwände, von denen allerdings unklar ist, woher sie stammen. Diese ließen das Bohren in eine regelrechte Materialschlacht ausarten. Selbst in der kurzen Zeit, in der wir daneben standen, wurden einige stattliche Metallteile zutage gefördert und es mussten Zähne der Bohrkrone ausgetauscht werden.

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Bild 18: Teile einer alten Spundwand, beim Bohren zutage gefördert

Keine 20 m weiter wurde zeitgleich eine Schlitzwand hergestellt, um eine Zuströmung vom nebenan liegenden Kühlwasserbecken zu unterbinden. Wir konnten also auf kleinstem Raum eine Fülle von Spezialtiefbaumaßnahmen begutachten.

Bild 19: Herstellen der Schlitzwand

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Schön zu sehen war an dieser Stelle der gegenseitige Respekt zwischen Ingenieuren und Arbeitern. Herr Bonig legte auch besonderen Wert auf die Wichtigkeit eingespielter Teams, um solche Aufträge zu bewerkstelligen. Übrigens amüsant, in den Niederlanden eine Baustelle zu besichtigen und die Leute dort bayrisch sprechen zu hören. Als letzte Station unseres Rundgangs wurde uns noch die Bentonit-Aufbereitungsanlage gezeigt. Durch die Unregelmäßigkeit des Bodens werden hier nämlich viel größere Mengen an Suspension benötigt als einkalkuliert, die es dann natürlich sinnvoll machen das Bentonit aufzubereiten und wieder zu verwenden. Danach standen Herr Bonig und Herr Stadlbauer noch für unsere Fragen zur Verfügung, bis wir uns dann auf den Weg zu unserem Übernachtungsquartier in Amsterdam machten. An dieser Stelle möchten wir uns noch mal herzlich bei der Firma Bauer und insbesondere bei Herrn Bonig und Herrn Stadlbauer für die interessante Führung und den freundlichen Empfang bedanken.

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5. Donnerstag, 15.5.2008 Bericht: Eva Kaltenbach und Christoph Maier

Noord-Zuid-Metrolijn Amsterdam Um 8.30 Uhr machten wir uns auf den Weg zu Max Bögl. Dort empfing uns Herr Dipl.-Ing. Buss und gab uns eine Einführung in das U-Bahnprojekt Nord-Süd-Linie Amsterdam. Das erhöhte Verkehrsaufkommen konnte von den bestehenden öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr bewerkstelligt werden. Somit wurde eine neue Verbindung in Nord-Süd-Richtung notwendig und aufgrund der engen Bebauung im innerstädtischen Bereich war der Ausbau des Verkehrsnetzes nur noch unterirdisch realisierbar.

Bild 20: Übersicht über die Noord-Zuid-Lijn

Das Gesamtprojekt umfasst eine 9,8 km lange Strecke, davon 6 km unterirdisch, mit 8 Bahnhöfen. Baubeginn war 2002 und die voraussichtliche Fertigstellung ist für 2012 geplant. Die Streckenführung verläuft durch das Zentrum von Amsterdam, wo aufgrund der geologischen Verhältnisse alle Gebäude auf Pfählen, überwiegend auf Holzpfählen, gegründet sind. Deshalb ist nur eine Trassenführung unterhalb des Straßenverlaufs möglich, ansonsten wären starke Setzungen der historischen Bausubstanz zu befürchten gewesen. Zusätzlich durfte der Verkehrsfluss nicht maßgeblich eingeschränkt werden. Die Max Bögl GmbH ist mit dem Bau von drei der fünf Bahnhöfen beauftragt, das Auftragsvolumen hierfür beträgt ca. 230 Mio €. Zuerst werden die Bahnhöfe hergestellt. Nach ihrer Fertigstellung werden die beiden Tunnelröhren mit einer TBM aufgefahren, die durch die Stationen im Rohbau gezogen

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wird. Hierbei ist zu beachten dass die Stellen der Schlitzwand, an der die TBM ein- und ausfährt, mit Glasfaser bewehrt ist (Soft Eye).

Bild 21: Deckel der Station Ceintuurbaan

Momentan befinden sich gerade die Bahnhöfe Ceintuurbaan, Vijzelgracht und Rokin in der Bauphase. Alle 3 Bahnhöfe werden in der so genannten „walls-roof“ Methode hergestellt. Hierbei werden zuerst die seitlichen Baugrubenwände, zum Großteil als Schlitzwände ausgeführt, hergestellt. Sie sind ca. 45 m lang und binden in eine glaziale Tonschicht ein, die eine abdichtende Wirkung hat. Um eine ausreichende Sicherheit gegen zuströmendes Wasser gewährleisten zu können, wird nun eine überschnittene DSV-Sohle eingebracht, welche zugleich auch als Steifenlage fungiert. Der Aushub der obersten Lage erfolgt konventionell mit Baggern der weitere unterirdische Aushub wird mit einem Portalkran und Containern bewerkstelligt. Nach dem Aushub bis zur 1. Steifenlage wird die Decke der Baugrube mit Betonfertigteilen geschlossen, sodass die Verkehrsfläche wieder zur Verfügung steht. Um einen durchgehenden Verkehrsfluss zu gewährleisten, wird diese Verfahren zuerst auf einer Seite der Baugrube angewendet, d.h. es wird zunächst die Hälfte der Baugrube hergestellt bis zur Fertigstellung der Decke. Anschließend wird die Verkehrsführung auf die bereits fertig gestellte Decke verlagert und die Herstellung der zweiten Seite der Baugrube erfolgt analog. Alle weiteren Arbeiten finden unter laufendem Verkehr statt. Die Baugrubenwände werden durch mehrere Steifenlagen bzw. Zwischendecken gesichert.

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Bild 22: Bewehrung der Zwischendecke über dem Druckluftaushub

Als ersten Bahnhof haben wir die Plattform Ceintuurbaan besichtigt. Die Besonderheit hier liegt in den beengten Platzverhältnissen im Untergrund, was zur Folge hat, dass hier später die beiden Tunnelröhren übereinander aufgefahren werden. Eine U-Bahnröhre wird 16,5 m unterhalb des Meeresspiegels verlaufen und die zweite Plattform wird in einer Tiefe von 26,5 m liegen. Durch diese Anordnung ist die Station die tiefste der Nord-Süd-Linie. Zum Zeitpunkt der Besichtigung waren bereits 3 Steifenlagen eingebracht, d.h. die Baugrube hatte bereits eine Tiefe von ca. 20m erreicht, und man war dabei, die Zwischendecke zu betonieren, unterhalb derer der weitere Aushub bis zur Sohlplatte unter Druckluft mit einer Zwischenaussteifung vorgesehen ist.

Bild 23: Deckel der Station Vijzelgracht

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Weiter ging es dann zur Station Vijzelgracht, dem mittleren der drei Bahnhöfe. Auf der Strecke zwischen Ceintuurbaan und Vijzelgracht verschwenken die 2 Röhren auf dieselbe Höhe und verlaufen von nun ab parallel im Untergrund. Der Bahnhof liegt in einer Tiefe von 26 m unter Meeresspiegel. Bemerkenswert ist die Integration einer Gracht sowie eines Regenrückhaltebeckens in die Station Vijzelgracht. Zur Stabilisierung der Schlitzwand im oberen Bereich musste der weiche Baugrund zuvor durch Mixed-in-Place-Pfähle veressert werden. Der Bahnhof Rokin liegt 21,5 m unterhalb des Meeresspiegels und wird ein integriertes Parkdeck beinhalten. Ihn haben wir leider aus zeitliche Gründen nicht besichtigen können. Wir danken der Firma Max Bögl GmbH und ihren Mitarbeitern für die interessante und informative Führung. Nun stand der Hauptbahnhof, das sog. „Stationseiland“ auf dem Programm. Hier wird sozusagen das Herzstück der neuen U-Bahnstrecke realisiert und zugleich auch der vielseitigste und schwierigste Teil der Strecke. Die Stadt Amsterdam als Bauherr nutzt ein Teil des Bahnhofs als Informationszentrum. Dort wurde uns zunächst anhand von Modellen der geplante Bau bzw. Umbau im Endzustand gezeigt. Dieser umfasst nicht nur die neue U-Bahnlinie mit anschließender Querung des Flusses Ij, sondern auch die Tieferlegung einer Durchgangsstraße und die Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes. Das Gesamtkonzept der Infrastrukturplanung wurde uns anschaulich nahe gebracht. Daraufhin erläuterte uns Dipl.-Ing. Carlos Bosma in einer Präsentation die einzelnen Verfahren und Techniken.

Bild 24: Infrastrukturmaßnahmen Stationseiland Zunächst wurde nochmals darauf hingewiesen, dass ganz Amsterdam und somit auch der Bahnhof auf Eichenpfählen steht, um ein Absinken in diesem schlechten Boden zu verhindern. Diese mussten gezogen werden, da sie dem Bau der U-Bahn-Querung direkt unter dem Bahnhof im Wege standen. Dazu musste die Last von den Eichenpfählen sukzessive auf andere Tragstrukturen umgelagert werden. Dies war auch der aktuelle Bauzustand an unserem Besichtigungstag. Herr Dipl.-Ing. R. Vos führte uns im Anschluss an die Präsentation über die Baustelle. Dabei zeigte er uns zunächst die bereits abgeschlossene Abfangung der Fassade und der Stützen des Bahnhofsgebäudes mit Pfählen.

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Bild 25 und 26: Lastumlagerung von Stützen auf die Sandwichwand Im Inneren des Bahnhofsgebäudes war die Firma Keller dabei, mit dem Soilcrete-Verfahren den Boden und die Zwischenräume zwischen Tubex-Pfählen zu verfestigen. Diese Stahlrohrpfähle bilden im Verbund mit dem DSV-Körper eine Sandwich-Wand, die später die U-Bahn-Baugrube unter dem Stationsgebäude stützen wird und zugleich die Vertikallasten aus dem Bahnhof in den tiefen Untergrund abträgt. Dieses Verfahren ist unter diesen beengten Bedingungen nicht einfach einzusetzen, da es bei jeder Bohrung Zeit kostet, das Bohrgestänge zu verlängern oder beim Ziehen zu kürzen.

Bild 27: DSV-Arbeiten Bild 28: Raum für spätere Bodenplatte Im weiteren Verlauf unterfährt die U-Bahn-Baugrube auch die Bahnsteighalle, deren Stützenlasten auf vertikale Microtunnel von etwa 2m Durchmesser und 60m Tiefe

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umgelagert werden. Hierzu war eine spezielle vertikale TBM konstruiert worden. Die so hergestellten Pfähle sind untereinander mit Spundwandschlössern wasserdicht verbunden und bilden später in diesem Bereich die Baugrubenwand. In beiden Bereichen müssen alle Stützenlasten zunächst auf provisorische Pfähle und DSV-Säulen abgetragen werden, die mit Betonieren der Bodenplatte ihre Funktion wieder verlieren. Dazu ist umfangreicher Stahlbau nötig. Weiter ging es unter den Gleisen hindurch bis zur Rückseite der Bahnsteighalle, an welcher die neue Umgehungsstraße als Tunnelbauwerk in Offener Bauweise bereits fertiggestellt ist. In einer Etage darüber wird ein Busbahnhof realisiert. Da die Rückseite der Centraal Station am Wasser liegt, wird hier noch 40m Land gewonnen; dazu werden Spundwände ins Wasser gerammt um diese schließlich zu hinterfüllen. Zurück ging es auf den Bahnhofsvorplatz, dort liefe Arbeiten zum Erstellen und Absenken der aneinandergereihten Caissons, die die zukünftige Verbindung des Unterwassertunnels mit der Innenstadt darstellen und als Montagebaugrube für die TBM dienen. Zu der weiteren Ausführung des Baus: Nachdem die Baugrube unter dem Bahnhof von den Sandwichwänden umschlossen ist, wird die jetzige Arbeitsebene als massive Boden- bzw. Deckenplatte ausbetoniert, die die gesamten Vertikalkräfte übernimmt. Unterhalb wird die Baugrube ausgegraben, eine Unterwasserbetonsohle eingezogen und schließlich ein Durchbruch zum Meer geschaffen. Nun ist der Weg frei, um vorgefertigte Einschwimmkörper auf dem Wasserweg unter die Station zu manövrieren und dort abzusetzen. Sind diese an Ort und Stelle, wird der restliche Raum verfüllt. Daraufhin wird die U-Bahnstation weiter ausgebaut.

Bild 29: Überbick Es würde sich sehr lohnen, dieses interessante Projekt und den weiteren Ausbau mit all seinen geotechnischen Schwierigkeiten und Lösungen weiter zu verfolgen. Wir möchten bei Herrn Bosma und Herrn Vos und seinen Kollegen für die informative Führung und Veranschaulichung des Projekts der Nord-Süd Linie Amsterdam danken.

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6. Freitag, 16.5.2008 Bericht: Tilo Erban und Linus Klein

RWE-Braunkohletagebau Hambach Am letzten Exkursionstag besuchten wir am Vormittag den Braunkohletagebau Hambach. Empfangen wurden wir von Herrn Dr. Karcher, der in der Abteilung Gebirgs- und Bodenmechanik der RWE Power AG tätig ist. Um einen Überblick über den laufenden Betrieb im Tagebau zu erhalten, wurden wir mit einem geländegängigen LKW durch das Abbaugebiet gefahren. Der erste Halt war im Bunkerbereich, in dem immer genügend Braunkohle vorgehalten wird, um eine ständige Versorgung der Kraftwerke zu gewährleisten. Nach dem Abbau wird die Kohle nach ihrer Qualität sortiert und zwischengelagert. Der Transport zu den Kraftwerken erfolgt über werkseigene Bahnlinien, da eine kontinuierliche Beschickung erforderlich ist und die Kraftwerke nur für ein bis zwei Tage Kohle bevorraten.

Bild 30: Blick von der Bandsammelanlage in den Tagebau Die Fahrt führte dann zum Aussichtspunkt oberhalb der Bandsammelanlage. Von dort hatte man einen guten Überblick über das gesamte Abbaugebiet. Die Abbautiefe beträgt ca. 350m, wobei die Flözhöhe 60 bis 70 Meter beträgt. Die Grube wird durch 7 treppenartige Sohlen erschlossen, der Abbau der Braunkohle findet auf den beiden

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unteren Sohlen statt. Die Bodenbewegungen werden mittels Schaufelradbaggern und angeschlossenen Förderbändern getätigt. Das Konzept des offenen Tagebaufensters kommt hier zur Anwendung. Dies bedeutet das sofortige Verkippen des Abraums hinter die Abbaufront, um die freien Böschungshöhen möglichst gering zu halten und die Böschungsstandsicherheit zu erhöhen. Der Böschungsaufbau auf der Verkippungsseite gliedert sich in zwei Teile bzw. wird mit zwei unterschiedlichen Materialklassen aufgebaut: Das Material M1 (nichtbindiges Material) dient zur Schüttung der Stützdämme, dahinter wird mit Material M2 (bindiger Anteil >30%) aufgefüllt. Die unterste Sohle wird ausschließlich mit Sand verfüllt, um die Standsicherheit weiter zu erhöhen. Die Materialsortierung findet in der Bandsammelanlage statt, dort wird auch Löß abgetrennt und zur späteren Rekultivierung verwendet.

Bild 31: Blick auf die unterste Abbausohle

Die Böschungen werden zum einen mittels des Georobotsystems von Leica automatisch vermessen. Hierbei werden von festen Messpunkten Reflektoren in den Böschungen angepeilt. Zum anderen werden die Hänge mit Inklinometern überwacht. Diese bestehen aus Stahlhohlprofilen (10x10cm), die bis in Tiefen von 500m reichen. Die Berechnungen zur Standsicherheit erfolgen mit Gleitkreisen nach Bishop und mit zusammengesetzten Bruchmechanismen, wobei Verwerfungen im Bereich der Böschungen maßgebenden Einfluß auf die Standsicherheit haben, da sie mit Ton gefüllt sind. Um den Tagebau ist eine Sicherheitszone vom 1,5-fachen der Tiefe angeordnet, in der keine Bebauung zugelassen ist. Durch den Aushub werden mehrere wasserführende Schichten angeschnitten, was eine großflächige Wasserhaltung notwendig macht. Zur Entwässerung der verschiedenen GW-Stöcke werden bis zu 700m tiefe Brunnen gebohrt. Dabei ist darauf zu achten, so wenig Wasser wie möglich zu fördern, um den Eingriff in die Umgebung so gering wie möglich zu halten. Oberflächennah ist die Absenkung infolge der Sümpfung auf 3,5m beschränkt. Das gepumpte Grundwasser wird den Vorflutern und ökologischen Flächen zugeführt.

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Die weitere Fahrt führte an der Aushubsohle und den Schaufelradbaggern vorbei, wo uns eine kurze Besichtigung aus der Nähe ermöglicht wurde.

Bild 32: Schaufelrad

Bild 33: Übergabe der Braunkohle an die Bandförderanlage

Im Anschluß an die Besichtigung des Tagebaus wurden wir von der RWE Power AG zum Mittagessen ins werkseigene Schloss Pfaffendorf eingeladen. Wir bedanken uns herzlich!

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Kernstadtumgehung Neckargemünd

Die letzte Baustelle unseres Exkursionsprogramms führte uns nach Neckargemünd. Im Zuge der dort geplanten Kernstadtumgehung wird ein 200 Meter langer Tunnel unter der Altstadt gebaut. Empfangen und geführt wurden wir von Herrn Dipl.-Ing. Preiß von der Firma Baresel und Herrn Weidner vom Straßenbauamt des Rhein-Neckar-Kreises. Über eine bereits vor mehreren Jahren errichtete Brücke wird der Tunnel von Westen her auf einer Länge von 100 Metern im Sprengvortrieb in NÖT-Bauweise aufgefahren. Aufgrund schlechterer geologischer Gegebenheiten kann der Ostteil des Tunnels nur im Schutze eines DSV-Schirmes ausgebaggert werden. Daran anschließend wird der Tunnel durch eine Röhre geführt, Die bei einem Ausbau der S-Bahn-Trasse schon im Vorfeld in offener Bauweise erstellten wurde. Die Bauarbeiten konzentrieren sich im Moment auf den Westteil. Der anstehende Buntsandstein ist stark zerklüftet, was die Ausbruchleistung auf ca. 1m pro Sprengung begrenzt. Gesprengt wird mit elektronischen Zündern, die mit ca. 20 Millisekunden Versatz zünden. Um ein Nachbrechen des Gesteins zu verhindern, werden bis zu 6m lange Injektionsbohranker in Firste und Ortsbrust gesetzt. Zur Sicherung der Anschlagswand und wegen der geringen Überdeckung wurde ein 18m langer Rohrschirm eingebracht. Unmittelbar nach dem Sprengen und Schuttern wird der Tunnel mit Stahlbögen, Bewehrungsmatten und Spritzbeton gesichert.

Bild 34: Geologischer Längsschnitt West Erschwerend zur Geologie ist noch der in unmittelbarer Nähe gelegene Eisenbahntunnel zu beachten, der im Zuge der Baumaßnahme durch Steifen unter dem Gleisbett verstärkt wurde. Um eine Gefährdung durch Sprengerschütterungen sicher auszuschließen, muss dieser Tunnel während jeder Sprengung gesperrt und danach auf mögliche Schäden hin untersucht werden.

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Entlang der Tunnelachse ändert sich die Geologie von Buntsandstein zu blockreicher Fließerde. Ab hier ist der Sprengvortrieb nicht mehr möglich; der Tunnel wird daher von Osten her im Schutz eines um die Tunnelgeometrie erzeugten DSV-Schutzkörpers vorgetrieben. Die Anschlagwand Ost schließt an den bereits in offener Bauweise erstellten Tunnelabschnitt an.

Bild 36: DSV-Querschnitt Die Anfahrbaugrube wird durch überschnittene und rückverankerte Bohrpfahlwände gesichert. Von hier aus werden zwei Rohrvortriebe erstellt, die die Basis für das DSV-Gewölbe bilden. Dieses besteht aus zwei übereinander angeordneten horizontalen DSV-Schalen, die auch tragende Funktion besitzen.

Bild 35: Geologischer Längsschnitt Ost

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Durch die anstehende Geologie und die geringe Überdeckung werden Setzungen und damit Schäden an den umliegenden Gebäuden erwartet. Um die Setzungen kompensieren zu können, wurden von einem mehrere Meter tiefen Schacht horizontale Bohrungen bis unter die Bebauung vorgetrieben. Darin befinden sich Manschettenrohre, die alle 50cm Öffnungen aufweisen, um Hebungsinjektionen in den Boden einbringen zu können. Zusätzlich werden alle Gebäude mittels Schlauchwaagen und Messpunkten auf Bewegungen hin überwacht. Abschließend durften wir noch den bereits fertig ausgebauten Abschnitt besichtigen, bevor wir die Rückreise nach Karlsruhe antraten.

Bild 37: Sprenglochbohrung

Bild 38: Blick aus der vorab hergestellten Tunnelschale zum Ostportal