Mathematische Modelle in der Biologie - Kontinuierliche ... · 1 Einführung Ziel, Motivation,...

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Mathematische Modelle in der Biologie - Kontinuierliche Populationsmodelle für Einzelspezies - Teil 1 Continuous Population Models for Single Species (1.1.-1.4) Florian Scheid 23.10.2012

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Mathematische Modelle in der Biologie -Kontinuierliche Populationsmodelle für

Einzelspezies - Teil 1Continuous Population Models for Single Species (1.1.-1.4)

Florian Scheid

23.10.2012

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Gliederung

1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

4 Erweitertes Logistisches ModellMotivation für Erweiterung, Übergang, HeuristischeLösung, Eigenschaften der Lösungen, Vergleich mit realenDaten

5 Fazit und Ausblick

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Gliederung

1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

4 Erweitertes Logistisches ModellMotivation für Erweiterung, Übergang, HeuristischeLösung, Eigenschaften der Lösungen, Vergleich mit realenDaten

5 Fazit und Ausblick

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Ziele des Vortrags

• Vorstellen einiger kontinuierlicher Populationsmodelle fürEinzelspezies

• Aufzeigen, was man aus den einzelnen Modellen lernenkann

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Motivation für Modellbildung

• Hilft im Hintergrund ablaufende Prozesse zu verstehen→Erkenntnisgewinn

• macht Vorhersagen möglich

Heute: deterministische Einzelspeziesmodelle→ keineInteraktion zwischen verschiedenen Spezies

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Definitionen

• gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung: Sein ∈ N,F : R3 → R, f : R2 → R. EineBestimmungsgleichung für N : R→ R,N = N(t) der Form

F (t ,N,N ′) = 0 (1)

heißt implizite gewöhnliche Differentialgleichung ersterOrdnung. Die Gleichung

N ′ = f (t ,N) (2)

heißt explizite gewöhnliche Differentialgleichung ersterOrdnung.

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Definitionen

• Eine differenzierbare Funktion N : I → R heißt expliziteLösung von (1), wenn für alle t ∈ I gilt:

(t ,N(t),N ′(t)) ∈ DF ⊆ R3 ∧ F (t ,N(t),N ′(t)) = 0

bzw. explizite Lösung von (2), wenn für alle t ∈ I gilt:

(t ,N(t),N ′(t)) ∈ DF ⊆ R2 ∧ N ′(t) = f (t ,N(t))

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Erhaltungsgleichung einer Population

dNdt

= Geburten - Tode + Migration

Genaue Form der rechten Seite hängt von der jeweiligenSituation ab

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Einfachstes Modell

Keine Migration, Geburten und Tode proportional zu N

dNdt

= b · N − d · N

mit b: Geburtenrate, d : TodesrateLösung dieser Differentialgleichung:

N(t) = N0 · e(b−d)·t

mit b,d positive Konstanten und N(0) = N0

b > d → exponentielles Wachstumb < d → exponentieller Zerfall→ Aussterben

Laut Maltus (1798) ziemlich unrealistisch, trifft jedoch für kurzeZeiträume zu

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Bevölkerungsenwicklung der Erde (Tabelle)

Datum 1918-1927 1960 1974 1987 2000Bevölkerung

2 3 4 5 6.3in Mrd - - - - -

Daten aus: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Bevölkerungsentwicklung der Erde (exponentieller Fit)

1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

2

3

4

5

6

7 N(t) exponentieller Fit

Wel

tbev

ölke

rung

[Mrd

]

Zeit [Jahre]

Gleichung N(t)=A1*exp((b-d)*t)+y0

y0 1,1655A1 5,47E-21b - d 0,024

Weltbevölkerung zum Zeitpunkt t=0

A1+y0=1,655

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Gliederung

1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

4 Erweitertes Logistisches ModellMotivation für Erweiterung, Übergang, HeuristischeLösung, Eigenschaften der Lösungen, Vergleich mit realenDaten

5 Fazit und Ausblick

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Logistisches Modell nach Verhulst (1838, 1845)

Idee: Bevölkerungswachstum beschränkt sich selbst, wenn dieBevölkerung zu groß wird (Lebensraum- undRessourcenknappheit)

dNdt

= r · N ·(

1− NK

)mit r , K positive Konstanten:• r : Geburtenrate pro Kopf• K : biologische Aufnahmefähigkeit = maximale

Populationsgröße einer Spezies, die die Umwelt aufunbestimmte Zeit aufrecht erhalten kann, unterBerücksichtigung gegebener Ressourcen (Nahrung,Wohnraum,...)

• r · NK

: Sterberate (hängt von N ab!)

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Gleichgewicht bzw. stationärer Zustand

• Ein Punkt N0 heißt Gleichgewicht (oder stationärerZustand) einer gewöhnlichen Differentialgleichung, falls fürdie zugehörige Lösung

N(t) = N(t0) = N0i∀t , t0 ∈ R

gilt.

→ Lösungsfunktion N(t) zeitlich konstant, also:dNdt

= 0.

Gleichgewichtszustände hier:

dNdt

= 0⇔ r · N ·(

1− NK

)= 0

⇔ N = 0 ∨ N = K

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Lösung der Differentialgleichung

Die Differentialgleichung des logistischen Modells

dNdt

= r · N ·(

1− NK

)

wird für N(0) = N0 von

N(t) =N0 · K · er ·t

K + N0 · (er ·t − 1)

gelöst, wofür gilt:lim

t→∞(N(t)) = K

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Graph

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Grenzen des Modells

• Stimmt nur über kurze Zeiträume mit aktuellen Datenüberein

• lässt keine validen Voraussagen zu• wichtig an diesem Modell: Idee des dichteabhängigem

Regulationsmechanismus, der die Überbevölkerungkompensiert

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1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

4 Erweitertes Logistisches ModellMotivation für Erweiterung, Übergang, HeuristischeLösung, Eigenschaften der Lösungen, Vergleich mit realenDaten

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Choristoneura fumiferana

Choristoneura fumiferana (Schmetterlingsart, Familie derWickler)

Quelle: http://bugguide.net/node/view/292918

Entlaubt die Balsamtanne mit verheerender Effizienz (großesProblem im Kanada)

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Das Wickler-Modell

Modell nach Ludwig et al. (1978):

dNdt

= rB · N ·(

1− NKB

)− p(N)

• rB Geburtenrate• KB biologische Aufnahmefähigkeit• p(N) Prädationsfunktion

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Prädationsfunktion

Vorschlag von Ludwig:

p(N) =B · N2

A2 + N2

• A,B positive Konstanten• A entspricht Schwellenwert der Prädation

Grafik aus: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Vollständige Differentialgleichung

Vollständige Differentialgleichung dieses Modells:

dNdt

= rB · N ·(

1− NKB

)− B · N2

A2 + N2

• A,KB haben die selbe Dimension wie N

• rB hat die Dimension1

Zeit

• B hat die DimensionN

ZeitÜbergang zu dimensionslosen Parametern:

u =NA, r =

A · rB

B,q =

KB

A, τ =

B · tA

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Dimensionslose Differentialgleichung

Führt auf:

dudτ

= r · u ·(

1− uq

)− u2

1 + u= f (u, r ,q)

Gründe, um zu dimensionslosen Parametern überzugehen:• Die Einheiten, in denen Datenerhebungen durchgeführt

werden sind nicht relevant• die Adjektive „groß“ und „klein“ haben eine sehr definierte

Bedeutung• die Zahl relevanter Parameter kann oft reduziert werden

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Gleichgewichtszustände

Suche nach Gleichgewichtszuständen:

f (u, r ,q) = 0⇒ u = 0 ∨ r ·(

1− uq

)=

u1 + u2

Rechte Seite führt auf kubische Gleichung→ grafische Lösung:

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Gleichgewichtszustände (Bereiche)

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Gleichgewichtszustände (Übergänge)

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Interventionsmöglichkeiten

Wie kann man einen solchen Ausbruch und die damitverbundene Plage verhindern?

• Tannen mit Gift besprühen→ starke Reduktion von KB und

damit von q(=

KB

A

)→ links vom grauen Bereich→ nur

ein Gleichgewichtszustand→ Population unter Kontrolle

• Reproduktionsrate rB verringern oder Anzahl der Räuber

erhöhen→ Parameter r(=

A · rB

B

)verringert sich,

MMMMMMErgebnis: Vorläufige Ideen zur Kontrolle der Population, aberkeine optimale Strategie wegen nicht im Modell eingearbeiteterInformationen (z.B. räumliche Verteilung der Wickler)

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1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

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Motivation für Erweiterung des Modells

Fehler bei den bis jetzt vorgestellten Modellen: Verzögerungenvon Ereignissen (z.B. durch Reifeerlangung und endlicheSchwangerschaftsperioden) werden nicht berücksichtigt.

Speziell beim Logistischen Modell

dNdt

= r · N ·(

1− NK

)beruht der Regulationseffekt zu einem Zeitpunkt t viel mehr aufder Bevölkerungsanzahl zu einer früheren Zeit t − T , als aufder zum Zeitpunkt t .

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Übergang zu einem Verzögerungsmodell

Abhilfe durch Einbauen eines Parameters T , der Verzögerung→ Retardierte Differentialgleichung der Form

dN(t)dt

= f (N(t), (N(t − T ))

Speziell für das logistische Modell erhält man dann

dNdt

= r · N(t) ·(

1− N(t − T )

K

)mit r ,T ,K positive Konstanten

Erweitertes logistisches Modell

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Heuristische Lösung

dNdt

= r · N(t) ·(

1− N(t − T )

K

)Annahme: zu einem Zeitpunkt t = t1 gilt N(t1) = K und

zum Zeitpunkt t1 − T gilt N(t1 − T ) < K

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Heuristische Lösung

dNdt

= r · N(t) ·(

1− N(t − T )

K

)Dann ergibt sich aus obiger Gleichung für den Zeitpunkt t1:

dNdt (t1) > 0→ N wächst zum Zeitpunkt t1 immer noch.

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Heuristische Lösung

dNdt

= r · N(t) ·(

1− N(t − T )

K

)Bei t = t1 + T ergibt sich für

N(t − T ) = N(t1 + T − T ) = N(t1) = K

und damit: dNdt = 0→ N wächst bis t = t1 + T

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Heuristische Lösung

dNdt

= r · N(t) ·(

1− N(t − T )

K

)für t1 + T < t < t2 ergibt sich N(t − T ) > K also dN

dt < 0

→ N(t) fällt bis zu t = t2 + T da dort wieder dNdt = 0 weil

N(t2 + T − T ) = N(t2) = K

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Heuristische Lösung

→ Vermutung: die dem Modell zu Grunde legende Gleichung

könnte ein periodisches Verhalten beschreiben (z.B. in Form

einer Sinus- oder Cosinusfunktion)

Quelle: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Lösungen als stabile periodische Grenzzyklen

• Tatsächlich können diese Lösungen sogar stabileperiodische Grenzzyklen aufweisen

• Besonderheit bei stabilem periodischem Grenzzyklus:nach Störung durch Einwirkung von außen (z.B.Eliminierung einiger Exemplare), kehrt das System zurursprünglichen periodischen Lösung zurück (bis auf eineeventuelle Phasenverschiebung)

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Vergleich mit realen Daten

Lucilia cuprina (gehört zur Familie der Schmeißfliegen)

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Australian_sheep_blowfly.jpg

• Plage in der australischen Schafswirtschaft• Nicholson (1957): Beobachtung unter strikt geregelter

Temperatur und kontrollierter Futtergabe über einenZeitraum von zwei Jahren

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Vergleich mit realen Daten

May (1975) zog das Modell zum Vergleich mit NicholsonsDaten heran:

Grenzen des Modells:

Grafik aus: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Vergleich mit realen Daten

May (1975) zog das Modell zum Vergleich mit NicholsonsDaten heran:

Grenzen des Modells:• zweiter Peak, den das Modell nicht erklärt• errechnete Verzögerung (T=9 Tage) steht im Widerspruch

zur tatsächlichen Verzögerung von 11 Tagen (zu großeDifferenz)

Grafik aus: J. D. Murray: Mathematical Biology: I. An Introduction, Third Edition, Springer

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Gliederung

1 EinführungZiel, Motivation, Definitionen, Grundlegende Modelle

2 Das logistische ModellModell, Gleichgewicht, Lösung, Graph, Grenzen

3 Insektenmassenvermehrungsmodell - WicklerModell, Prädationsfunktion, dimensionsloseDifferentialgleichung, Gleichgewichtszustände,Intervention

4 Erweitertes Logistisches ModellMotivation für Erweiterung, Übergang, HeuristischeLösung, Eigenschaften der Lösungen, Vergleich mit realenDaten

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Fazit und Ausblick

• Modellbildung als Balanceakt zwischen Mathematisierungund Überschaubarkeit,

• Grenzen der Modelle: Jedes Modell hat seine Grenzen undist nur in einem mehr oder weniger engen Kontextanwendbar, dies ist unter anderem der Tatsachegeschuldet, dass man beim Modellieren stets Annahmenund Vernachlässigungen machen muss,

• diese Annahmen und Vernachlässigungen sollten einemauch beim Interpretieren des Ergebnisses im realenKontext stets bewusst sein,

• Vernachlässigungen in den bis jetzt vorgestelltenModellen: Altersverteilung,

• Weitere Anwendungsmöglichkeit hier vorgestellterModelle: Ernte einer einzelnen Population.