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Leseprobe Modul: Athletiktraining Trainingsmethoden und -planung im leistungsorientierten Kraft- und Schnelligkeitstraining Autor: Simon Gavanda (M Sc. Leistungssport) Bachelor of Arts Fitness and Health Management

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Modul: Athletiktraining

Trainingsmethoden und -planung im leistungsorientierten Kraft- und Schnelligkeitstraining

Autor: Simon Gavanda (M Sc. Leistungssport)

Bachelor of ArtsFitness and Health Management

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Leseprobe „Bachelor of Arts Fitness and Health Management“

Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

512. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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2.1 Maximalkraft

„Die Maximalkraft ist die höchste Kraft, die das neuromuskuläre System bei einer maximalen willkürlichen (willentlichen) Kontraktion entfalten kann.“ (BOECKH-BEHRENS/BUSKIES 2008)

Unter anderem wird die Maximalkraft von folgenden Faktoren bedingt:

� Muskelquerschnitt (physiologisch)

� Muskelfaseranzahl, Muskelfaserlänge

� Muskelfasertypen

� Intermuskuläre Koordination (Zusammenspiel verschiedener Muskeln)

� Intramuskuläre Koordination (Rekrutierung möglichst vieler motorischer Einheiten, Frequenzierung = Steigerung der Innervationsfrequenz, Syn-chronisation möglichst vieler motorischer Einheiten)

� Muskel-, Sehnen- und Faszienplastizität und -elastizität

� Geschlecht, Alter, Trainingszustand, Ernährungszustand

� Tageszeit

� Motivation

(FREIWALD/GREIWING 2016)

Je höher die Anzahl und je größer der Querschnitt der gleichzeitig eingesetz-ten Muskelfasern, desto größer ist die resultierende Maximalkraft (TOIGO 2014). Für die Trainingspraxis bedeutet dies, dass es nicht ausreicht, alleine den Muskelquerschnitt zu erhöhen, es muss auch die intramuskuläre Koordinati-onsfähigkeit der Muskulatur trainiert werden (siehe auch Kapitelabschnitt 4.3 „Intramuskuläres Koordinationstraining (IK-Training)“).

Die Maximalkraft beeinflusst maßgeblich die anderen Kraftfähigkeiten, zum Beispiel die Schnellkraft und die Kraftausdauer (s. folgende Abbildung). Die Maximalkraft ist jedoch nicht nur die Basis der Kraftfähigkeiten, sondern aller konditionellen Fähigkeiten. Deshalb sollte das Maximalkrafttraining im Athletiktraining besonders im Fokus stehen.

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Die „Mutter der Kraftfähigkeiten“

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52 2. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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Maximalkraft

Schnellkraft Kraftausdauer

Explosivkraft Reaktivkraft

Abb. 18 Die Maximalkraft als Vorausetzung der Kraftfähigkeiten(eigene Darstellung)

Es lassen sich beispielsweise 80 % der Explosivkraftleistung auf die Maximal-kraft zurückführen (ANDERSON/AAGAARD 2006). Weiterhin korreliert die Maximalkraft stark mit sportlichen Leistungen wie Sprüngen, Sprintleistun-gen und Richtungswechseln (SUCHOMEL et al. 2016). Es ist folglich möglich, durch ein gezieltes Maximalkrafttraining der unteren Extremität (z. B. IK-Training Kniebeugen) die Sprung- und die Sprintleistung enorm zu verbessern (SEITZ et al. 2014).

Weiterhin besteht ein Zusammenhang zwischen der Maximalkraft und der Häufigkeit von Sportverletzungen. Man geht davon aus, dass zwei Drittel der Sportverletzungen und rund die Hälfte der Überlastungsschäden durch ein angemessenes Maximalkrafttraining vermieden werden können (LAUERSEN et al. 2014).

Die Frage die sich ein Athletiktrainer folglich stellen sollte, lautet: Wie hoch sollte die Maximalkraft meiner Sportler sein? Einen Ansatz bietet das Modell von SUCHOMEL und Kollegen (2016). Da in fast allen Sportarten das eigene Körpergewicht gegen die Schwerkraft beschleunigt und abgebremst werden muss, ist es sinnvoll, Empfehlungen für die Maximalkraft als Relativkraftver-mögen auszudrücken. Die Relativkraft bezieht sich auf die Kraft in Relation zum Körpergewicht:

Relativkraft =Maximalkraft

Körpergewicht

Im oben genannten Modell wird die Relativkraft der Übung Kniebeugen her-angezogen. SUCHOMEL et al. unterscheiden dabei folgende drei Bereiche (s. folgende Abbildung):

� Kraftdefizit

� Kraftassoziierung

� Kraftreserve

ca. 66 % weniger Sportverletzungen

Relativkraft

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532. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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2,5

2,0

1,5

1,0

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Rela

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Leistungsfähigkeit

Punkt höherer Leistungszuwächse

Punkt zusätzlicher Leistungssteigerung

Kraftdefizit Kraftassoziierung Kraftreserve

Abb. 19 Der Zusammenhang zwischen der Relativkraft der Übung Kniebeugen und der sportli-chen Leistungsfähigkeit(in Anlehnung an SUCHOMEL et al. 2016)

Die Phase des Kraftdefizits ist wahrscheinlich die kürzeste der drei Phasen. Bei Anfängern ist der erste Zuwachs an Kraft beim Kniebeugen in der Regel auf koordinative Lernprozesse zurückzuführen. Man geht davon aus, dass der Athlet durch diesen Kraftgewinn zunächst keinen Übertrag auf die sportartspe-zifische Leistung hat.

Sobald Athleten circa ihr halbes Körpergewicht in der Übung Kniebeugen bewältigen können, beginnt die Phase der Kraftassoziierung. In diesem Abschnitt führt eine Steigerung der Kraft direkt zu einer Leistungssteigerung der jeweiligen Sportart. Die Beziehung der Relativkraft und der sportlichen Leistungsfähigkeit scheint nahezu linear zu sein. Die Dauer der zweiten Phase ist abhängig von muskulären (Muskeldicke, Muskelarchitektur) und neurona-len Anpassungen an das Krafttraining. KEINER et al. (2013) postuliert, dass junge Athleten (16–19 Jahre) nach 4–5 Jahren strukturiertem Krafttraining in der Lage sein sollten, ihr zweifaches Körpergewicht in der Kniebeuge zu bewältigen. Kinder (11–12 Jahre) sollten nach KEINER das 0,7-fache und Jugendliche (13–15 Jahre) das 1,5-fache ihres Körpergewichts schaffen.

Kraftdefizit

Kraftassoziierung

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54 2. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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In der dritten und letzten Phase des Modells haben die Athleten ihre Fähig-keit Kraft zu entwickeln erheblich verbessert. Weitere Kraftsteigerungen sind möglich, jedoch nimmt der direkte Übertrag der Kraft in die jeweilige Sportart immer weiter ab. Folglich profitieren Sportler hier weniger von einer weiteren Steigerung der Maximalkraft und der Fokus des Trainings sollte immer mehr in Richtung der anderen Kraftfähigkeiten rücken (Schnellkraft, Reaktivkraft etc.). Das Training der Maximalkraft sollte deshalb jedoch nicht vernachlässigt werden.

2.2 Schnellkraft

„Schnellkraft ist die Fähigkeit des neuromuskulären Systems, einen mög-lichst großen Kraftstoß innerhalb der verfügbaren (kurzen) Zeit zu entfalten“ (BOECKH-BEHRENS/BUSKIES 2008).

Schnellkraft setzt sich aus drei Komponenten zusammen (siehe folgende Abbil-dung):

� Maximalkraft

� Startkraft

� Explosivkraft

Abb. 20 Die Kraft-Zeit-Kurve zur Darstellung der Komponenten der Schnellkraft. Bei der Start-kraft werden je nach Autor 20 oder 30 ms angenommen(in Anlehnung an FREIWALD/GREIWING 2016, S. 202)

F [N]

Startkraft F30

Maximalkraft

tmax

Startkraft F20

20 30

Δt

ΔF

Fmax

F30

F20

t [ms]

Kraftreserve

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552. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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Je weniger Zeit einem Sportler für einen Schnellkrafteinsatz zur Verfügung steht, desto wichtiger ist ein steiler Kraftanstieg. Diese Fähigkeit am Anfang einer Kraftbelastung, einen möglichst steilen Kraftanstieg zu generieren, bezeichnet man als Explosivkraft. Für die ersten 20–30 Millisekunden einer Kontraktion existiert zusätzlich der Begriff Startkraft. Die Schnellkraft inner-halt eines Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus wird als Reaktivkraft bezeichnet und später definiert.

Relevant ist die Schnellkraft für nahezu alle Sportarten, bei denen der eigene Körper (Sprung) oder Körperteile (Schuss oder Wurf), der Gegner (Kampfsport) oder ein Sportgerät (Diskus) beschleunigt werden müssen. (siehe auch Kapitelabschnitt 11.2.1 „Beschleunigungsfähigkeit“) Der Beschleuni-gungsweg (z. B. Ausholbewegung) und die Zeit (z. B. Bodenkontakt beim Sprint) sind dabei in den meisten Sportarten der limitierende Faktor.

Exkurs: „Power“

Wenn man von Kraft und (hohen) Geschwindigkeiten spricht, ist man schnell beim Begriff der (sportlichen) Leistung (engl. Power). Im physikalischen Sinn ist Leistung definiert als Verhältnis von Arbeit zu Zeiteinheit:

Leistung (P) =Arbeit (W)

Zeit (t)

Die Arbeit lässt sich wie folgt definieren:

Arbeit (W) =Kraft (F)

Weg (s)

Somit ist die Leistung anders ausgedrückt:

Leistung (P) =Kraft (F) ∙ Weg (s)

Zeit (t)

Das Verhältnis von Weg zu Zeit ist wiederum Geschwindigkeit:

Geschwindigkeit (v) =Weg (s)

Zeit (t)

Rate of force development

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56 2. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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Folglich lässt sich die Leistung alternativ darstellen als:

Leistung (P) = Kraft (F) ∙ Geschwindigkeit (v)

Nehmen wir nun an, wir haben zwei Sportler. Beide Athleten sind in der Lage, eine 200 kg schwere Hantel 1 m vom Boden anzuheben (Kreuzheben). Für diese Bewegungsaufgabe benötigt Sportler A 1,5 Sekunden und Sportler B 2,0 Sekunden Zeit. Setzt man diese Werte in die oben beschriebenen Formeln ein, erhält man für beide Sportler:

Athlet A:

P =200 kg ∙ 9,81 ms2 ∙ 1 m

= 1308 Watt(1,5 s)

Athlet B:

P =200 kg ∙ 9,81 ms2 ∙ 1 m

= 981 Watt(2 s)

Folglich ist Athlet A bei sportlichen Anforderungen, bei denen es um eine möglichst hohe Kraft in einem kurzen Zeitintervall (Schnellkraft) geht, im Vorteil, obwohl beide Sportler eine identische Maximalkraft besitzen.

Ende des Exkurses

Da die Ausprägung der Explosivkraft in engem Zusammenhang mit der Maximalkraft steht und beide Parameter hoch signifikant korrelieren, wird deutlich, dass die Höhe des Maximalkraftniveaus eines Athleten einen ent-scheidenden Einfluss auf die Schnellkraft hat (WIRTH/SCHMIDTBLEICHER 2007a). Durch Krafttraining lässt sich folglich die Explosivkraft verbessern, jedoch nimmt der Zusammenhang zwischen der Maximalkraft und Schnell-kraftleistungen ab, wenn die zu beschleunigende Last geringer wird.

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572. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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In Trainingsstudien konnte gezeigt werden, dass durch ein gezieltes Maximal-krafttraining in Kombination mit Techniktraining die Wurf- (Handball) und Schussgeschwindigkeit (Fußball) verbessert werden konnte (DUTTA/SUBRAMANIUM 2002, HOFF/ALMÅSBAKK 1995, MANOLOPOULOS et al. 2006). Auch wenn das Training mit sehr hohen Lasten (IK-Training) in einer geringen Bewegungsgeschwindigkeit resultiert, ist es dennoch möglich, schnel-le Bewegungen, wie beispielsweise Schläge (Boxen), zu verbessern. Ursache hierfür ist die verbesserte neuronale Ansteuerung, oder einfach ausgedrückt führt die Steigerung der Maximalkraft dazu, dass sich die äußere Last bzw. das eigene Körpergewicht relativ betrachtet leichter anfühlt und damit besser beschleunigt werden kann.

„Es ist jedoch festzuhalten, dass der positive Einfluss eines Krafttrainings stark davon abhängt, ob ein begleitendes Techniktraining der Zielbewegung erfolgt, um den nötigen Transfer zu gewährleisten.“ (WIRTH/SCHMIDTBLEICHER 2007b) Ohne eine gut ausgeprägte Technik sind schnellkräftige Aktionen nicht möglich.

Eine Verbesserung der Schnellkraft kann auf unterschiedliche Arten erreicht werden. Je nach Trainingsalter und individuellen Stärken und Schwächen sollte die entsprechende Methode in den Mittelpunkt gerückt werden (CORMIE et al. 2011) (siehe auch Kapitelabschnitt 4.5 „Schnell- und Reaktivkrafttraining“).

Zunächst sollte die Entwicklung der Schnellkraftleistung über die Steigerung des Muskelquerschnitts erfolgen, da dieser eine entscheidende Einflussgrö-ße der Maximalkraft darstellt (FLECK/KRAEMER 2014). Jedoch sollte der Ausprägungsgrad der Muskelmasse im Verhältnis zur jeweiligen Sportart stehen, da ein zu hohes Körpergewicht in einigen Sportarten eher als hinderlich anzusehen ist.

Als Nächstes müssen Athleten lernen das neu angeeignete muskuläre Potential auszuschöpfen. Hierunter ist die neuronale Ansteuerung der Muskulatur zu verstehen (Frequenzierung, Rekrutierung und Synchronisation) (siehe auch Kapitelabschnitt 2.1 „Maximalkraft“). Vor allem hohe Innervationsfrequen-zen stehen in Zusammenhang mit einem steilen Kraftanstieg (Explosivkraft). Es ist folglich essenziell, dass Sportler beim IK-Training bemüht sind, ihre Kraft explosiv zu entfalten, um möglichst viele motorische Einheiten gleich-zeitig zu innervieren. Das Maximalkraftniveau eines Sportlers gibt immer die Obergrenze des Entwicklungspotenzials der Schnellkraft vor (CORMIE et al. 2011). Typischerweise kommen hierfür mehrgelenkige Kraftübungen wie die Kniebeuge oder das Bankdrücken zum Einsatz.

Höhere Schnellkraft durch IK-Training

QV

Schnellkraft bedingt vom MaximalkraftniveauQV

Angemessene nicht maximale Muskelmasse

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58 2. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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Nachdem die Maximalkraft angemessen entwickelt wurde (s. Maximalkraft), kann eine weitere Steigerung der Schnellkraftleistung bei fortgeschrittenen Sportlern nur noch durch eine Kombination aus mehreren Trainingsmetho-den erfolgen, um spezifische Anpassungen der Kraft und Geschwindigkeit zu erzielen. Folgende Möglichkeiten können hierfür von Trainern genutzt werden:

� Ballistisches Training (z. B. Sprungkniebeugen)

� Muskelleistungstraining (z. B. Variationen des Gewichthebens)

� Reaktivkrafttraining (z. B. plyometrische Übungen)

� Intermuskuläres Koordinationstraining (Techniktraining)

Der Vorteil von ballistischen Übungen besteht darin, dass ein Widerstand (übli-cherweise 30–40 % 1RM) über den gesamten Bewegungsumfang beschleu-nigt werden kann. Bei traditionellen Kraftübungen wie der Kniebeuge kommt es üblicherweise zu einer Abbremsung der Bewegung am Ende einer Wieder-holung (siehe auch Kapitelabschnitt 4.3.1 „Methode der explosiven maximalen Krafteinsätze“).

Beim Muskelleistungstraining („ Power-Training“) kommen hauptsächlich Variationen des olympischen Gewichthebens zum Einsatz. Diese sind in der Regel Umsetzen und Reißen als Gesamtbewegung, Umsetzen und Reißen in den Stand, Umsetzen und Reißen aus dem Hang oder Zugvarianten. Ein Vor-teil dieser Übungen ist, dass die Streckung im Hüft-, Knie- und Sprungge-lenk den Gelenkwinkeln und Anforderungen bei sportlichen Bewegungen wie dem Sprint oder Sprung sehr ähnlich sind (s. Abb. 21 „Gegenüberstellung der Gelenkwinkel und -streckungen im Hüft-, Knie- und Sprunggelenk beim Springen und beim Umsetzen des olympischen Gewichthebens“) (CHIU/SCHILLING 2005). Außerdem können Athleten mit vergleichsweise schweren Gewichten und hohen Geschwindigkeiten trainieren, was hohe mechanische Leistungen zur Folge hat. Diese Reize eignen sich besonders für Anpassungen der Schnellkraft (HAFF/TRIPLETT 2015). Tatsächlich konnte in Studien nach-gewiesen werden, dass die Schnellkraft besonders effektiv durch die Integration von Übungen aus dem Gewichtheben trainiert werden kann (HOFFMAN et al. 2004, TRICOLI et al. 2005) (siehe auch Kapitelabschnitt 4.5.2 „Muskelleis-tungsmethode“).

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592. Erscheinungsformen der Kraft im Sport

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Abb. 21 Gegenüberstellung der Gelenkwinkel und -streckungen im Hüft-, Knie- und Sprunggelenk beim Springen und beim Umsetzen des olympischen Gewichthebens(eigene Darstellung)

Wie an anderer Stelle bereits erwähnt sollte das spezifische Techniktraining mit hohen Bewegungsgeschwindigkeiten nicht vernachlässigt werden, um einen optimalen Übertrag des Krafttrainings zu ermöglichen. Das Zusam-menspiel synergistischer als auch antagonistischer Muskeln nennt sich inter-muskuläres Koordinationstraining und ist ein Aspekt des Techniktrainings. In der Regel findet dies im Rahmen des eigentlichen Trainings statt und wird nicht von Athletiktrainern durchgeführt. Die Imitation von sportlichen (Teil-)Bewegungen im Kraftraum ist vermutlich wenig zielführend. Der Fokus des Athletiktrainers sollte vielmehr auf der Verbesserung der Kraftcharakteristik der an der Sportart beteiligten Muskulatur liegen (TOIGO 2014).

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Modul: Diagnostik und Trainingswissenschaften

Trainings- und Bewegungslehre

Autor:

Prof. Dr. Stephan Geisler (Diplom-Sportwissenschaftler)

Benjamin Baak (Diplom-Sportwissenschaftler)

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

190 4. Sportmotorische Fähigkeiten

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Krafttraining im Alter

Teil des natürlichen Alterungsprozess ist der allmähliche Rückgang der kör-perlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, der unter anderem auf dem Abbau biologischer Strukturen, der Abnahme der Sensibilität verschiedener Systeme und nicht zuletzt einer Verminderung des Aktivitätsprofils im Alltag beruht. Neben pathologischen Einflüssen gilt die im Alter zunehmende Inaktivität als stärkster Prädiktor für den Abbau der verschiedenen Strukturen und Sys-teme (ZACIORSKIJ/KRAEMER 2008, S. 289). Eine sehr umfangreiche und differenzierte Darstellung der Entwicklungen im Alter liefern TAYLOR und JOHNSON (2008) sowie SPIRDUSO und FRANCIS et al. (2005) in ihren englischsprachigen Werken, die als „state of art“ gelten.

Der demografische Wandel wirkt sich, gekoppelt an die Wünsche eines „wür-devollen“ Alterns, als eine große Herausforderung für die zukünftigen Genera-tionen aus. Der Anspruch der älteren Menschen an ein jugendliches, gesundes Aussehen und einer ereignisreichen, aufregenden Freizeitgestaltung (Reisen etc.) erfreut sich ebenso großer Popularität wie der schlichte Wunsch, das eigene Leben möglichst lange selbstbestimmt gestalten zu können und ohne fremde Hilfe die eigenen Vorhaben in die Tat umsetzen zu können (Mobilität). Was hat dies aber mit den Inhalten von Trainings- und Bewegungslehre zu tun? Auf der einen Seite können sich die Einflüsse von sportlicher Aktivität äußerst positiv auf den Erhalt der körperlichen Leistungsfähigkeit auswirken und auf der anderen Seite könnte in der Zukunft ein wachsender Anteil der Kunden ein höheres „Baujahr“ haben. CISSIK (2012, S. 205) beschreibt Abbaupro-zesse inaktiver älterer Menschen als besonders rasant. Diese spiegeln sich in einer generalisierten Abnahme der Kraftfähigkeit, eines Schnellkraftverlusts und einer verminderten Beweglichkeit wider. Breite Untersuchungen in der Bevölkerung belegen, dass sich ab dem dritten Lebensjahrzehnt die konditi-onellen Fähigkeiten beider Geschlechter verringern, wenn diese nicht mittels regelmäßiger körperlicher Belastung stabilisiert werden (SCHNABEL/HARRE 2008, S. 90).

ZACIORSKIJ und KRAEMER (2008, S. 288) sprechen dann ab dem sechsten Lebensjahrzehnt von einer dramatischen Verschlechterung, sofern nicht mit einem adäquaten Training interveniert wird. Dabei galten auch hier für lange Zeit die Wirkungen eines Krafttrainings für Senioren als umstritten, in Teilen sogar als gesundheitsgefährdend, weitaus häufiger jedoch als schlichtweg inef-fektiv. Die steigende Belastung der Gesundheitssysteme, eigene Erwartungen älterer Menschen an ihren Lebensabend und die Entwicklung des gesellschaft-lichen Gefüges (Individualität, Anonymität, Leistungsgesellschaft etc.) münden letztlich vielerorts in der stillen Hoffnung, sich nicht einmal um pflegebedürf-tige Angehöriger kümmern zu müssen. Aber was kann das Training im Alter wirklich leisten? Mit Ausnahme einiger atemberaubender Rekorde, die von

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

1914. Sportmotorische Fähigkeiten

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Senioren aufgestellt wurden, gelten in erster Linie Trainingsprogramme zur Verbesserung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag als wünschens-wert und praktikabel. Gehörten moderate Ausdauerbelastungen und Gymnas-tik bereits seit langem zum Repertoire der Trainingsinterventionen bei älteren Menschen, häufen sich in den vergangenen Jahren Ergebnisse aus der For-schung, die ein intensives Krafttraining nahelegen. Studien zu verschiedenen Krafttrainingsprogrammen über den Zeitraum von 12–24 Wochen mit zuvor inaktiven Probanden resultierten in signifikanten Kraft- und Schnellkraftzu-wächsen, verbesserter Beweglichkeit und Gangverhalten (CASEROTTI et al. 2008; DeBELISO et al. 2005; HAKKINEN et al. 2001; HANSON et al. 2009; HARRIS et al. 2004; PERSCH et al. 2009). Gerade die Durchführung eines Explosivkrafttrainings mit älteren Menschen, das galt lange als unvorstellbar, fördert auf diesem Wege ebenso wenig vermutete Zuwächse in der Schnellkraft zum Vorschein. Dennoch muss in dem Zusammenhang auf den guten allge-meinen Gesundheitsstatus verwiesen werden, da mögliche Kontraindikationen besonders bei hochintensiven Belastungen starke Risiken bergen. Ein Kraft-training über die Dauer von wenigen Monaten kann bereits den Verlust von Kraft und Muskelmasse über zwei Lebensdekaden kompensieren (HURLEY/ROTH, 2000).

Der Vergleich verschiedener Trainingsgruppen mit einem Durchschnittsalter von 71,2 Jahren mit 76 Personen über den Zeitraum von 18 Wochen (2 TE/Woche) (Gruppe 1: 2 x 15 RM/Gruppe 2: 3 x 9 RM/Gruppe 3: 4 x 6 RM) wie bei HARRIS et al. (2004) erbrachte für alle Gruppen einen signifikanten Kraft-zuwachs, gruppenspezifisch hatten sich aber keine statischen Unterschiede im Trainingsnutzen ergeben. Auch DeBELISO (2005) kommt mit seiner Studie zu vergleichbaren Ergebnissen. Insgesamt werden 60 Probanden mit einem mittleren Alter von 71,6 Jahren über die Dauer von 18 Wochen (2 TE/Woche) in zwei Gruppen trainiert, von denen eine Gruppe gleichbleibend mit 3 x 9 RM je Übung und die andere ein periodisiertes Programm im Zyklus von 6 Wochen (2 x 15 RM/3 x 9 RM/4 x 6 RM) absolviert. Auch hier verbessern beide Grup-pen, ohne einen signifikanten Unterschied untereinander aufzuweisen, ihre Kraft im Oberkörper und den unteren Extremitäten.

Grundsätze eines Krafttrainings mit älteren Personen

Auch beim Krafttraining mit älteren Menschen gilt es, einen sicheren Umgang mit den Trainingsmitteln zu gewährleisten. Dazu gehört neben einer kompe-tenten technischen Schulung auch die Beaufsichtigung. Mängel in der Ausfüh-rung sollten frühzeitig korrigiert werden, um Fehlbelastungen zu vermeiden und die positiven Effekte zu verstärken. Gerade zu Beginn eines Trainings zeigt sich, welche Vorerfahrungen bezüglich des Krafttrainings bestehen. Grund-sätzlich wird die ältere Generation auf eher weniger Vorerfahrungen für ein

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

192 4. Sportmotorische Fähigkeiten

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systematisches Training an Kraftgeräten verfügen, darüber hinaus könnte die letzte regelmäßige sportliche Betätigung auch schon länger zurückliegen. Umfänge von wöchentlich zwei Einheiten (2 TE/Woche) stellen für die ersten 6 Monate ausreichende Anforderungen an den Körper dar. Auch wenn Studien mit hohen Intensitäten deutliche Kraftzuwächse hervorbringen, sollten Anfän-ger wie Wiedereinsteiger mit moderaten Volumina und Widerständen starten und gleichzeitig die Übungen mit 8–15 Wiederholungen absolvieren. In diesem Bereich ist mit Zuwächsen in Kraft und Muskelmasse zu rechnen. Obwohl das Training mit freien Gewichten exzellente Ergebnisse mit sich bringt, stellt es erhöhte Anforderungen an die Motorik, um eine korrekte Ausführung zu erreichen. Ein Einstieg mittels geführter Bewegungen, wie bei einem maschi-nengesteuerten Krafttraining, schafft eine ideale Grundlage, anschließend kön-nen mit freien Gewichten (Hanteln, Medizinbällen etc.) neue Belastungsreize gesetzt werden.

Auch wenn die Ansprüche an ein Krafttraining im Alter sehr differenziert ausfallen können, so gelten doch die größten Erwartungen einer einfache-ren Bewältigung alltäglicher Aktivitäten. Man fand heraus, dass Senioren im Umgang mit breitgefächerten Anforderungen im täglichen Leben besser zurechtkommen (Sturzprophylaxe, Treppensteigen, Erwartungsdruck, sozialer Umgang, Sicherheitsbedürfnis und Kommunikation, u.v.m.). ZACIORSKIJ und KRAEMER (2008, S. 288) heben ebenfalls hervor, dass sich das Krafttrai-ning neben einer allgemeinen Verletzungsprophylaxe sowie als Therapiemittel bei Schmerzen im Bewegungsapparat begleitend zu einer Sportart (Leichtath-letik, Tennis, Golf u. a.) betrieben werden sollte, um die disziplinspezifischen Anforderungen der Sportart an eine muskuläre Gelenksicherung, Belastungs-spitzen, muskuläres Gleichgewicht etc. sicherzustellen.

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

1934. Sportmotorische Fähigkeiten

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Folgen körperlicher Inaktivität im Alter – Chancen des Krafttrainings

Abb. 87 Natürliche Abnahme der Muskelkraft im Alter ohne Training(MARÉES/HECK 2006)

% max. Muskelkraft

20

10 20 30 40 50 60 70

40

60

80

100

Lebensalter/Jahre

Der Verlust von Muskelmasse im Altersgang beträgt bis zum 80. Lebensjahr zwischen 20–40 % (SCHIFFER/GEISLER et al. 2010) und ist vorrangig einer verminderten Aktivität geschuldet, die auf die altersbedingten Deadaptionen, Veränderungen im Stoffwechsel und im Hormonhaushalt beruhen. Allerdings kommt es in den meisten Fällen nicht zu einer reinen Gewichtsreduktion, son-dern durch eine falsche Ernährung sogar zu einer Gewichtszunahme zugunsten des Körperfettanteils. Negative Auswirkungen auf unterschiedliche physiologi-sche Systeme und grundlegende Funktionen des Körpers sind unausweichlich und begünstigen die Entstehung von Krankheiten im Stoffwechsel (Typ-II Diabetes), am kardiovaskulären System (Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlag-anfall etc.), am passivem (Osteoporose) und am aktiven Bewegungsapparat (Sarkopenie). Außerdem beeinflussen die aufgeführten Krankheitsbilder auch in zweiter Linie die Psyche und das Wohlbefinden der Patienten und können bei zusätzlicher Anstrengung in einem latenten Risiko für Stürze münden. Ein Teufelskreislauf ist entstanden, dem sich die Älteren immer seltener entziehen können. Aus Angst und Vorsicht vor möglichen Konsequenzen reagieren sie mit zunehmender Isolation und einer stetigen Verminderung in der täglichen Bewegung. SINGH (2004) räumt regelmäßigen Sportprogrammen ein immen-ses Potenzial für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ein. Ein Konditions-training mit progressivem Belastungsverlauf und unter korrekter Anleitung sorgt für Verbesserungen des Muskel-, Knochen-, Immun-, Endokrin- und Herz-Kreislauf-Systems.

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

194 4. Sportmotorische Fähigkeiten

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Die eindeutige Studienlage sollte also dringend in die Praxis umgesetzt werden und den zunehmend auftretenden Krankheitssymptomen des metabolischen Syndroms, ebenso wie einer im Alter häufig auftretenden Osteoporose, entge-gengewirkt werden.

Grenzen körperlicher Leistungsfähigkeit im Alter

20 40 60 800

500

Männer

Frauen

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

5000

Que

rsch

nitt

sflä

che

(µm

2 )

Alter (Jahre)

Abb. 88 Veränderungen der Muskelquerschnittsfläche der Typ-II-Muskelfasern des M. vastus lateralis bei Männern und Frauen im Altersverlauf(ZACIORSKIJ/KRAEMER 2008, S. 292)

Wie eingangs erwähnt folgen die Abbauprozesse im Alter einem natürlichen Verlauf, der allerdings zunehmend rasant verlaufen kann, wenn die körperliche Aktivität stark abnimmt. Ansonsten ist der Verlust des physiologischen Poten-zials vornehmlich auf den Verlust von Muskelfasern und die Zerstörung moto-rischer Einheiten zurückzuführen und im Rahmen eines aktiven Lebensstils unter bestimmten Voraussetzungen zu verlangsamen oder bei niedrigem Aus-gangsniveau sogar vorübergehend umzukehren. Gerade Leistungssportler oder ambitionierte Breitensportler höheren Alters kennen den Zustand, dass trotz regelmäßigem und korrektem Training die Leistungen nachlassen. Hiervon sind in besonderem Maße schnellkräftige, hochintensive und maximalkraftbetonte Sportarten betroffen (als Beispiel Sprint, Kugelstoßen, Hochsprung, Gewichthe-ben und Kraftsport). Denn es gibt sie natürlich doch, die Grenzen der Leistungs-fähigkeit und der Trainierbarkeit im Alter, die sich in einem unvermeidlichen Rückgang der Typ-II-Fasern äußern, welche prädestiniert sind für intensive

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1954. Sportmotorische Fähigkeiten

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und schnellkräftige Bewegungsformen und -abläufe. Darüber hinaus werden auch die Reizleitung und die Kontraktilität im Muskel gemindert, was auf einer Abnahme der Alpha-Motoneuronen sowie Veränderungen im Hormonhaushalt beruht. Gepaart mit einer vermehrten Produktion kataboler Stoffe wirkt sich dies negativ auf die Anpassungsfähigkeit durch Training aus. Es muss aber her-vorgehoben werden, dass diese Veränderungen bei aktiven älteren Sportlern in deutlich kleinerem Umfang auftreten als bei inaktiven Gleichaltrigen.

ZACIORSKIJ und KRAEMER (2008, S. 292) weisen darauf hin, dass die Abnah-me der Kraft in Phasen verläuft. Ausgehend von dem Gipfel, der zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr erreicht wird, stellt sich infolge ohne Training eine leichte Abnahme der Kraft ein, die bei Frauen auch deutlicher ausfallen kann. Die Geschwindigkeit des Abbauprozess nimmt ab dem 6. Lebensjahrzehnt mit zunächst 15 % Verlust zu, um sich in der 8. Lebensdekade um weitere 30 % zu reduzieren. Ein dramatischer Prozess, dem nach Empfehlung der Autoren nur mit körperlicher Belastung Einhalt zu gewähren ist. Aufgrund der physikali-schen Definition (Kraft = Masse . Beschleunigung) erachten sie Trainingsmaß-nahmen mit einem Schwerpunkt auf Beschleunigung für optimal. Das Buch der Autoren beinhaltet zu dieser und anderen Trainingsmethoden konkrete Belastungsprogramme und wichtige ergänzende Informationen zum Umgang mit älteren Sportlern.

Es ist absolut unumstritten, dass sich die vielfältigen Verschleißerscheinungen bei älteren Sportlern ungünstig auf ihre Bereitschaft zum Sport und ihr Verhal-ten im Sport auswirken. Es darf zudem angenommen werden, dass Schädigun-gen am Herz-Kreislauf-System und am Bewegungsapparat ein erhöhtes Risiko für bestimmte Sportformen darstellen, daher ist eine Untersuchung durch einen Mediziner vorab unumgänglich. Werden Einschränkungen von einem Arzt festgestellt, bedeutet dies jedoch noch lange kein generelles Sportverbot. Im Gegenteil, eine regelmäßige Aktivität kann sogar zusätzlich befürwortet werden, allerdings sind zum Teil spezifische Einschränkungen und besonde-re Sicherheitsmaßnahmen zu empfehlen. Jegliche Form des Schmerzes wäh-rend des Trainings stellt einen körpereigenen Warn- und Schutzmechanismus dar. Auf diese Zeichen sollte unbedingt angemessen reagiert werden. Einem Schmerz bei einer bestimmten Übung oder Bewegung könnte zum Beispiel durch den Austausch der Übung oder eine Veränderungen im Bewegungs-ausmaß wirkungsvoll begegnet werden. Im Zweifelsfall sollte das Training bei Unwohlsein auch komplett abgebrochen und ein Trainer über die Befindlich-keit in Kenntnis gesetzt werden.

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Ergänzungen zur Trainingspraxis mit Älteren

Die Begleiterscheinungen und Umstände eines Trainings mit Älteren sind sehr facettenreich und bedürfen einer sehr viel umfangreicheren Darstellung, um die Komplexität und die Kopplungsmechanismen zu erfassen, als es in die-sem Studienheft möglich und notwendig ist. Auch die Forschung wird in den kommenden Jahrzehnten für immer neue Erkenntnisse sorgen. Abschließend sollen einige Aspekte der Trainingspraxis ergänzt werden, die bisher in diesem Kapitel nicht aufgeführt wurden.

� Vor Trainingsbeginn ist zu klären, ob Therapeutika eingenommen wer-den, die in Wechselwirkung mit körperlicher Belastung stehen und z. B. Anzeichen und Reaktionen des Körpers kaschieren bzw. manipulieren (z. B. Betablocker).

� Aus den in diesem Kapitel aufgeführten Gründen empfiehlt sich ein allge-meines und spezifisches Aufwärmtraining durchzuführen.

� Die Beteiligung großer und für den Alltag funktionaler Muskeln ist von besonderer Bedeutung, um die Vorteile für tägliche Aktivitäten in vollem Umfang zu erhalten (z. B. Oberschenkel/Quadrizeps Treppensteigen).

� Neben der klassischen Kräftigung komplettieren Übungen zum Gleich-gewicht und der Koordination den positiven Nutzen, indem sie u.a. eine hervorragende Sturzprophylaxe darstellen (Propriozeptives Training, Core Stability Training etc.)

� Der zunehmenden Ungelenkigkeit und Einschränkungen in der Beweg-lichkeit ist durch ein angemessenes Dehnprogramm zu begegnen sowie im Krafttraining stets der größtmögliche Bewegungsradius auszuführen, sofern dabei keine Schmerzen auftreten.

� Bis die Technik der Übungen nicht ausreichend beherrscht wird, sollten die Intensitäten niedrig bis moderat ausfallen und die Bewegungsgeschwindig-keit gleichmäßig/kontrolliert sein.

� Ausreichend lange Ruhephasen haben einen elementaren Anteil an der Wirkung des Trainings und sind stark von den Trainingsreizen abhängig. Anpassungen verlaufen langsamer als bei jüngeren Sportlern.

� Neben einer ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme müssen gerade ältere Sportler auf die veränderte Nährstoff-, Mineral- und Eiweißnachfrage des Körpers hingewiesen werden.

� Muskel- und Kraftzuwächse verlaufen unter anderem wegen geringer Hor-monausschüttung (Testosteron, Wachstumshormon, IGF-1, Insulin) langsa-mer ab und in einem kleineren Ausmaß als bei jüngeren Sportlern.

� Um Gelenkbelastungen zu reduzieren sollten erschöpfende Sätze bis zur letztmöglichen Wiederholung vermieden werden.

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1974. Sportmotorische Fähigkeiten

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� Die Gestaltung des Trainings sollte der Gesundheit, dem Wohlbefinden und der Lebensqualität des Sportlers zuträglich sein und dieses mit oberster Priorität verfolgt werden.

� Abwechslungsreiche Programme mit einer umsichtig geplanten Progression gewähren ideale Leistungssteigerungen mit minimalem Verletzungsrisiko.

� Das Trainingsprogramm sollte die verschiedenen Elemente der sportlichen Leistung beinhalten und auf die individuellen Bedürfnisse des Sportlers abgestimmt sein.

� Ergänzende Maßnahmen, wie ein Ausdauer- und Beweglichkeitstraining, vervollständigen den Anspruch an ein ganzheitliches Training.

Sanftes Krafttraining

Darunter ist ein Training zu verstehen, das 20 % weniger Wiederholungen beinhaltet als eine muskuläre Ausbelastung, also ein Training bis zur letzten möglichen Wiederholung. Bei Anfängern führte dies in Versuchen zu fast iden-tischen Kraftsteigerungen, weniger in der Maximalkraft, dafür aber vermehrt in der Kraftausdauer (vgl. BOECKH-BEHRENS/BUSKIES 2008). Demnach ist bei vielen Risikogruppen das sanfte Krafttraining vorzuziehen, da es bei ähnlichen Adaptationen weniger Risikopotenzial beinhaltet:

� Geringere Belastung des aktiven und passiven Bewegungsapparates

� Geringere Gefahr von Bewegungsabfälschung

� Geringere Gefahr von Muskelkater

� Niedrigere Herzfrequenz- und Blutdrucksteigerung

� Reduzierte Ausschüttung von Stresshormonen

� Geringere Gefahr der Pressatmung

� Verkürzung der Regeneration

Subjektives Belastungsempfinden

Um dem Problem des Maximalkrafttests aus dem Weg zu gehen, eignet sich ein Krafttraining nach dem subjektiven Belastungsempfinden. Vorteil ist neben der geringeren Belastung (vgl. sanftes Krafttraining) eine Einschätzung nach der Belastung und nicht ein Berechnen aus einer Belastung mit nur einer Wieder-holung. Wenn eine Belastung als zu hoch empfunden wird, also das Kriterium erreicht wird, kommt es zum Abbruch der Belastung ohne Bezug zur Wieder-holungszahl. Bei einem Training mit vorgegebener Dauer/Wiederholung ist dies nicht der Fall.

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198 4. Sportmotorische Fähigkeiten

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Die Selbsteinschätzung muss ein Anfänger natürlich erst lernen, was häufig zu Kritik an der Trainingssteuerung führt. Jedoch hat ein klassischer Krafttest den Nachteil, dass ein Anfänger auch seine Motivation noch nicht geschult hat, wodurch es bei dieser Art der Gewichtsbestimmung ebenfalls zu ungenauen Werten kommt. Studien von BOECKH-BEHRENS/BUSKIES haben gezeigt, dass Anfänger nach etwa zwei Wochen in der Lage sind, ihr Belastungsempfin-den real mithilfe einer Skala einzuschätzen. Eine der ältesten und bekanntesten Skalen ist die RPE-Skala (rating of preceived exertion) von BORG (1982), mit der Belastungen im Ausdauertraining gesteuert werden; jedem RPE-Wert ist eine Herzfrequenz zugeordnet. Ähnliche Skalen sind auch im Krafttraining von verschiedenen Autoren entwickelt worden und helfen dem Sportler bei der Anpassung der Gewichte an seinen Trainingszustand.

RPE-Skala (Ausdauer) Wanner-Skala (Kraft)

6 1 sehr klein

7 sehr, sehr leicht 2 klein

8 3 mittel

9 sehr leicht 4 groß

10 5 sehr groß

11 ziemlich leicht

12

13 etwas anstrengend

14

15 anstrengend

16

17 sehr anstrengend

18

19 sehr, sehr anstrengend

20

Abb. 89 RPE-Skala (Recieved Perception of Exertion) nach BORG (1982) und fünfstufige Wanner-Skala nach WANNER (1985, S. 108)

Typischerweise wird die BORG-Skala im Ausdauerbereich verwendet, sie ver-deutlicht aber auch im Kraftsport die Bedeutung der Kommunikation zwischen Trainer und Kunde. Nach welchem Skalen-Niveau dort vorgegangen wird ist sekundär, viel wichtiger ist, dass der Trainierende dem Trainer Rückmeldung gibt, damit angemessene Lasten gewählt und optimale Ergebnisse erzielt wer-den können. Das Skalen-Niveau nach WANNER (1985) konnte bereits in einer Studie validiert werden. Empfanden die Probanden in dieser Untersuchung die Belastung als mittel-intensiv, so leisteten die Frauen zwischen 52,7 % bis 63,1 % und die Männer zwischen 59,2 % bis 70,2 % der maximal des Wiederholungs-maximums (BUSKIES/BOECKH-BEHRENS et al. 1996).

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Modul: Sportmedizinische Grundlagen

Physiologie

Autor:

Prof. Dr. Stephan Geisler (Diplom-Sportwissenschaftler)

David Loosen (Diplom-Sportwissenschaftler)

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492. Atmung

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2.4 Gasaustausch und Gastransport

Austausch und Transport von Sauerstoff

An der Oberfläche der Lungenbläschen findet der Gasaustausch statt. Dabei wandert der Sauerstoff, den physikalischen Gesetzen folgend, stets vom Ort des höheren zum Ort des niedrigeren Sauerstoffpartialdrucks (pO2).

In den Alveolen ist der Sauerstoffpartialdruck höher als in dem zur Lunge fließenden, sprich venösen Blut. Diese Druckdifferenz ist quasi die Triebkraft für die Wanderung der Sauerstoffmoleküle durch die dünne Alveolarwand in das Blut. Eine solche Molekülbewegung entlang eines Konzentrationsgefälles bezeichnet man als Diffusion. Damit dieser Prozess vollständig ablaufen kann, ist die Fließzeit des Blutes in den alveolären Kapillaren entsprechend lang.

Die Löslichkeit des Sauerstoffs im Blutplasma ist jedoch sehr gering und reicht daher nicht aus, um den gesamten Organismus zu versorgen. Aus diesem Grund verfügt das Blut der Wirbeltiere über ein Transportmolekül für den Sauerstoff, das sogenannte Hämoglobin. Dabei handelt es sich um den roten Blutfarbstoff der Erythrozyten.

Der im Blutplasma gelöste Sauerstoff diffundiert ebenfalls entlang des Druckgradienten in die Erythrozyten und wird dort an die Hämoglobin-moleküle gebunden. Dabei kann jedes Hämoglobinmolekül bis zu vier Sauerstoffmoleküle binden und transportieren. Nachdem sich das erste Sauerstoffmolekül an das Hämoglobin angelagert hat, verändert sich des-sen gesamte räumliche Struktur, sodass der Zutritt für die folgenden Sauer- stoffmoleküle erleichtert wird.

Auf diese Weise erfolgt bei hoher Sauerstoffkonzentration bzw. hohem Sauer-stoffpartialdruck eine annähernd 100-prozentige Sättigung des Hämoglobins in der Lunge. 100 ml Blut mit einem Hämoglobinanteil von 16 g enthalten dann ungefähr 20 g Sauerstoff, 5 l Blut also 1 l Sauerstoff.

Der Zusammenhang zwischen Sauerstoffpartialdruck und Menge des im Blut gelösten Sauerstoffs wird durch die S-förmige Sauerstoffbindungs kurve des Hämoglobins wiedergegeben.

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50 2. Atmung

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Abb. 21 Die Sauerstoffbindungskurve in Ruhe und bei körperlicher Belastung(in Anlehnung an WEINECK 2004, S. 209)

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

O2H

b

Hb

Sättigung (%)

Ruhe

Belastung pH = 7,2 Temp. = 39o C

p O2 (mm Hg)

2,66 4 5,33 8 12 13,33 (k Pa)

Der flache rechte obere Bereich (1) der Sauerstoffbindungskurve spiegelt die Ver-hältnisse in der Lunge wider, der linke steil verlaufende Bereich (2) die Verhältnisse in den Geweben.

In den sauerstoffarmen Körpergeweben ist der Sauerstoffpartialdruck nied-riger als derjenige des Blutes. Somit wird Sauerstoff entsprechend der Sauer-stoff bindungskurve freigesetzt, die Sättigung des Hämoglobins also ver ringert.

Im oberen Teil verläuft die Bindungskurve so flach, dass auch relativ große Schwankungen im Sauerstoffgehalt der Lunge und damit des Sauerstoffpartial-drucks in der Lunge die Sauerstoffaufnahme nur wenig beeinflussen können.

Im Gewebsbereich verläuft die Bindungskurve dagegen steil: Dadurch ist gesichert, dass auch bei Vergrößerung der Sauerstoffabgabe – wie dies beim Durchfluss durch die Gewebe der Fall ist – der Sauerstoffpartialdruck im Blut nur relativ gering abfällt und noch mit ausreichender Stärke den Sauerstoff ins Gewebe treibt.

Bei körperlicher Belastung kommt es zu einer „Rechtsverschiebung“ der Sauerstoffbindungskurve. Diese Verlagerung – sie erfolgt durch einen belas- tungsinduzierten Anstieg der Körpertemperatur, eine Zunahme des Kohlendi-oxidpartialdrucks sowie einen Abfall des pH-Wertes im Blut – begünstigt die Sauerstoffabgabe im Gewebe und beeinträchtigt die Sauerstoffsättigung im Bereich der Lunge nur unwesentlich.

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512. Atmung

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Austausch und Transport von Kohlendioxid

Neben dem Sauerstoff transportiert das Blut auch das bei den energie-gewinnenden Vorgängen entstehende Endprodukt Kohlendioxid. Zur Auf-rechterhaltung der Lebensfunktionen muss eine Anreicherung der Gewe be mit Kohlendioxid vermieden werden, d. h., es muss aus dem Körper ausgeschieden werden. Daher wird es vom Blut zu den Alveolen trans portiert und dort mit der Ausatmungsluft an die Umgebung abge geben.

Durch die in den Körperzellen ablaufenden Stoffwechselprozesse entsteht stän-dig Kohlendioxid. Der Kohlendioxidpartialdruck ist somit im Gewebe höher als in dem vorbeifließenden Blut, weshalb Kohlendioxid entlang des Druckge-fälles aus dem Gewebe in das Plasma diffundiert.

Nur ein geringer Teil dieses Gases kann jedoch im Blutplasma selbst gelöst werden. Der größte Teil diffundiert in die Erythrozyten und wird dort auf zwei verschiedene Arten gebunden:

1. Das Kohlendioxid (ca. 25 %) lagert sich an das Hämoglobin an, wodurch das sogenannte Carbaminohämoglobin entsteht. Diese Bindung erfolgt jedoch an anderer Stelle als diejenige des Sauerstoffs.

2. Der überwiegende Teil des Kohlendioxids (ca. 60 %) verbindet sich mit Wasser zu Kohlensäure. Dieser Prozess wird durch das Enzym Carboanhyd-rase beschleunigt. Anschließend zerfällt die Kohlensäure in Bicarbonat- und Wasserstoffionen, die in das Blutplasma wandern.

Auf diese Weise werden etwa 55 ml Kohlendioxid pro 100 ml Blut trans portiert.

Sinkt der Kohlendioxidgehalt und damit auch der Kohlendioxidpartialdruck in der Umgebung des Blutes wieder ab, wie dies z. B. in der Lunge der Fall ist, so läuft der oben beschriebene Prozess in umgekehrter Reihenfolge ab, d. h., Kohlendioxid wird freigesetzt und anschließend ausgeatmet.

Beide Prozesse, die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe in der Lunge wie auch die im Gewebe ablaufende Kohlendioxidaufnahme und Sauerstoff-abgabe, beeinflussen einander. So begünstigt die Aufnahme von Sauerstoff in den Alveolen die Kohlendioxidabgabe aus dem Körpergewebe ins Blut, und umgekehrt fördert die Koh len dioxidaufnahme die Abgabe von Sauerstoff.

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52 2. Atmung

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Abb. 22 Vereinfachte Darstellung der Gaspartialdrücke im Blutkreislauf und bei innerer und äußerer Atmung (KENNEY/WILMORE/COSTILL 2012)

Abb. 23 Aufbau der alveolokapillären Membran(KENNEY/WILMORE/COSTILL 2012)

Alveole

Erythrozyt in der Kapillare

kapillare Balsammenbranalveoläre Balsammenbran

KapillarendothelAlveolarepithel

Erythrozytalveolokapilläre Membran

Diffusion von O2

Diffusion von CO2

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

532. Atmung

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Gasaustausch im Muskelgewebe

Im Kapitelabschnitt 2.2 „Atemmechanik“ wurde bereits die Innere Atmung angesprochen und in den vorangegangenen Abschnitten wurde über die Auf-nahme von Sauerstoff in die Lunge und über die Alveolen ins Blut informiert. Der Sauerstoffgehalt in den Arterien beträgt etwa 20 ml O2 pro 100 ml Blut. Nachdem das Blut die Kapillaren im Muskelgewebe passiert hat, hat das Blut noch einen Restgehalt von 15–16ml O2 pro 100 ml Blut. Diese Werte gelten in Ruhe. Der Unterschied des Sauerstoffgehalts von arteriellem zu venösem Blut wird arterio-venöse Sauerstoffdifferenz (avDO2) genannt und ist proportio-nal zum Energiebedarf in der Muskulatur. Mit zunehmender Belastung steigt der Energiebedarf in der Muskulatur und die avDO2 ist dementsprechend größer, da mehr Sauerstoff aus dem Blut ausgeschöpft wird. Das Pendant zum Hämoglobin im Blut ist das Myoglobin im Muskelgewebe. Der Sauerstoff diffundiert vom Hämoglobin zum Myoglobin, welcher dann von diesem den Muskelzellen zur Verfügung gestellt wird. Myoglobin hat jedoch eine größere Bindungsaffinität zum Sauerstoff als das Hämoglobin und gibt diesen erst bei sehr geringem O2-Partialdruck ab.

Die Sauerstoffaufnahme in der Muskulatur ist abhängig vom Sauerstofgehalt des Bluts, der Durchblutungsrate der Muskulatur sowie den lokalen Bedingun-gen, wie etwa pH-Wert und Temperatur.

Das produzierte Kohlendioxid diffundiert einfach entlang des Partialdruckge-fälles aus dem Gewebe in die Kapillaren und wird dann wie bereits erläutert zur Lunge transportiert.

2.5 Atemregulation

Damit der Sauerstoff- und Kohlendioxid Partialdruck im Blut sowie der pH-Wert in homöostatischer Balance gehalten werden können, müssen das respira-torische- und das Kreislaufsystem sehr gut koordiniert werden. Die unbewusste Atemregulation spielt bei dieser Koordination eine entscheidende Rolle. So wird die Atemmuskulatur, genauer die Motoneuronen der Atemmuskulatur, durch das Atemzentrum im Hirnstamm reguliert.

Neben dem Hirnstamm wird der Atemantrieb ebenfalls durch verschiedene Chemorezeptoren im Körper, beeinflusst. Veränderungen der arteriellen Blut-gaskonzentrationen wirken auf die respiratorischen Neurone und beeinflussen so die Atmung. Ein gestiegener Level an CO2 und H+ Ionen führt zum Beispiel dazu, dass Chemorezeptoren im Aortenbogen aktiviert werden und das Atem-zeitvolumen durch eine gesteigerte Atemfrequenz vergrößert wird, damit der pH-Wert konstant gehalten wird.

QV

Atemzentrum

Chemische Kontrolle

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Auszug aus dem StudienheftAuszug aus dem Studienheft

54 2. Atmung

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HinweisBei intensiver sportlicher Belastung ist beim Übergang in den anaeroben laktaziden Stoffwechsel ein unproportionaler Anstieg des Atemzeitvolumens zu erkennen, der durch die gestiegene Konzentration an H+-Ionen im Blut begründet ist.

Als stärkster Atemreiz ist der CO2-Partialdruck im Blut anzusehen. Er steht hie-rarchisch noch über dem Atemreiz durch einen zu geringen O2-Partialdruck.

ÜbungsaufgabeWas ist die Ursache eines Schwimmbad-Blackouts?

Zusätzlich zum Atemzentrum im Hirnstamm und den Chemorezeptoren im Körper wird der Atemantrieb von Dehnungsrezeptoren in den Bronchiolen, der Pleura und den Alveolen beeinflusst, welche bei übermäßiger Dehnung einen Schutzmechanismus darstellen. Als Beispiel kann hier der Hering-Breu-er-Reflex genannt werden, welcher dafür sorgt, dass die Inspiration beendet wird und die Exspiration eingeleitet wird, sobald die Dehnungsrezeptoren am Ende der Einatmung aktiviert werden.

Zum Abschluss noch eine Frage im Zusammenhang mit der Atmung: „Sind Sie Raucher?“

Wenn ja, dann beeinträchtigen Sie durch das Rauchen Ihre Atmung!

� Die Atemarbeit wächst. Nach dem Rauchen einer Zigarette wirken ca. 1 nm große Rauchpartikel auf Rezeptoren in den Schleim häuten der unteren Atemwege. Diese Rezeptoren lösen eine Verengung der Bron chien mit ver-mehrter Schleimproduktion aus, wodurch der Strömungs widerstand steigt.

� Mit dem Zigarettenrauchen atmen Sie Kohlenmonoxid ein und dieses ver-drängt Sauerstoff vom Hämoglobin. Bei zehn Zigaretten täglich werden 5 % des Hämoglobins durch Kohlenmonoxid besetzt. Dadurch verringert sich die Sauerstofftransportkapazität des Blutes und die körperliche Leistungs-fähigkeit im Ausdauer bereich sinkt.

Reflektorische Kontrolle

Rauchen