Johann Patroclus Möller-Orgel
Transcript of Johann Patroclus Möller-Orgel
F e s t s c h r i f t
Z u r W i e d e r e i n w e i h u n g d e r
J o h a n n P a t r o c l u s M ö l l e r - O r g e l
i n d e r A b t e i k i r c h e M a r i e n m ü n s t e ra m 2 3 . N o v e m b e r 2 0 1 2
Gruß-undGeleitworte
4 Hans-JosefBecker,ErzbischofvonPaderborn 5 HanneloreKraft,MInisterpräsidentindesLandesNordrhein-Westfalen 6 PaterGerdBlickcp,HausobererderPassionisteninMarienmünster 7 HeinrichMicus,LeiterBau-undLiegenschaftsbetriebNRW,Bielefeld 8 RobertKlocke,BürgermeistervonMarienmünster 9 ManfredSeifert,VorstanddesPfarrgemeinderatesSt.Jakobusd.Ä.,Marienmünster
DasFestprogrammvonderOrgelweihebiszum31.12.2012 16 FeierlicherGottesdienstmitOrgelweihe,23.11.2012,17.00Uhr 17 FestkonzertzurWiedereinweihung,23.11.2012,20.00Uhr 18 Magnificat-Vertonungen 18 ZwischenImprovisationundBearbeitung 19 Konzert„InMemoriamGustavLeonhardt“
Beiträge20 EinJuwelderwestfälischenOrgellandschaft Christian Ahrens, Bochum
29 ZurOrgelregionOstwestfalen Prof. Gerhard Weinberger
30 AusdauerundvielGeduldfüreinAbenteuer Patrick Armand, Manufacture d‘Orgues Muhleisen
47 DispositionderrenoviertenMöller-Orgel 50 EinigeSonderfragen–DieMixturen,dieZungenstimmenunddieTemperatur Koos van de Linde
56 LebensstationendeswestfälischenOrgelbaumeistersJohannPatroclusMöller Dr. Wolf Kalipp
60 AusdemDiariumdesAbtesHeinrichSchröder-Dronemann(1483–1548) Hans Hermann Jansen
62 DertreueDiener–ErinnerungenanAlbertBollens64 EineOrgelruineausklassischerZeit(Marienmünster-BesuchsberichtausdemJahr1913)68 „Admultosannos“–20JahreehrenamtlicherEinsatzfürdieKirchenmusik Hans Hermann Jansen
72 Hören–Erkennen–Erfahren Nachwort von Hans Hermann Jansen
Impressum Inhalt
HerausgeberKath.KirchengemeindeSt.JakobusderÄltere,Marienmünster
Konzeption und RedaktionHansHermannJansen,Detmold
Druckxyz
Design, Fotografieonebreaker.de,Paderborn
© CopyrightBeidenAutorenderBeiträgeundAbbildungen
BildnachweiseInEinzelfällenwieanderAbbildungangegeben.
HistorischeFotos:ArchivdesLWLArchivderKulturstiftungMarienmünsterNeuaufnahmen:onebreaker.dePaderborn
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InOstwestfalen-Lippeistwiedereinerlese-nerMusikgenusszuerleben:NachüberzweijährigerPauseundumfangreichenRestaurierungsarbeitenertönterneutdieOrgeldesWestfalenJohannPatroclusMöllerinMarienmünster.InderehemaligenAbtei-kirchegibtdie,,KöniginderInstrumente”endlichwiederdenTonan!lchbinmirsicher,dassalle42RegisteraufdendreiManualengezogenwerden,damitdieZuhörerinnenundZuhörereinunvergesslichesOrgelspiel–nichtnurzurEinweihung–erleben.
DenndieOrgelvermagwiekeinanderesakustischesInstrumenttiefereundhöhereTönezuerzeugenundistEinzelstimmeundOrchesterineinem.SieberührtdieSeeleundregtdieSinnean,sieerklingtzurEhreundzumLobGottesundbildetinihrereinzigartigenHarmoniedieBrückevonderVergangenheitzurGegenwart.Ichfreuemich,dassdurchdieRestaurierungindenbeinahehistorischenOriginalzustanddasbeeindruckendeKlangbildvonursprüng-lichemCharakterundStimmhöhewiederhergestelltist.
Liebe Schwestern und Brüder in der St.-Jakobus-Gemeinde in Marienmünster!
IhreindenJahren1736bis1768vomLipp-städterOrgelbauerJohannPatroclusMöllererbauteBarockorgelgehörtzudenbedeu-tendstenundklangschönstenInstrumentendieserGattunginunsererRegion.NachfastzweieinhalbJahrenderumfangreichenRes-taurierungkönnenSieamFreitag,dem23.November2012,dieWiedereinweihungIhrerOrgelbegehen.ZudiesemfürIhreGemeindebedeutendenEreignissendeichIhnenmeineherzlichenGlück-undSegenswünsche!
„Wersingt,derbetetdoppelt“–dieseraufdenheiligenAugustinuszurückgehendeAphorismusistnichtnureineRedensart,sonderneineGlaubenserfahrungmit„SitzimLeben“.DavonkündetauchderPsalm150.DieserletztePsalmdesAltenTestamentsisteineinzigesGotteslobderGemeinde,dasjaseitJahrhunderteninunserenBreitendurchdieOrgelunterstütztwird.InPsalm150heißtes:
Halleluja!
Lobet Gott in seinem Heiligtum,
lobt ihn mit dem Schall der Hörner,
lobt ihn mit Pauken und Tanz,
lobt ihn mit Flöten und Saitenspiel!
Lobt ihn mit hellen Zimbeln,
lobt ihn mit klingenden Zimbeln!
Alles was atmet, lobe den Herrn!
Halleluja!
InPsalm150wirdsichtbar:SchonbeimGot-tesdienstdesVolkesIsraelimTempelvonJerusalemhabenMusikinstrumenteeinewichtigeRollegespieltunddenLobpreisderGemeindebegleitet.KönigDavidistbekanntalsDichtersolcherPsalmen,aberauchalsMusiker.DurchseinHarfenspielistesihmgelungen,KönigSaulzubesänftigenundzuerfreuen.Bereitshierwirddeutlich,dassMusikBalsamfürdieSeeleistundetwasmitdemHeil-SeinundGanz-SeindesMenschenvorGottzutunhat.
WennwirMenschenmitGesangundInstru-mentenGottlobenundpreisen,dannistdassicherlicheinederschönstenFormen,dieNäheGotteszuerfahrenundzuihmzube-ten.WerGottlobt–singendundmusizie-rend–derfreutsich,dassesdiesenGottgibtunddasserdieWelterschaffenhat,inderwirleben.DerMensch,deraufdieseWeiseGottlobt,blicktzuihmaufunderkenntan,dassesjemandengibt,dergrößeristalserselbst:den„Deussempermaior“,denimmergrößerenGott–unddassdieserGrößereihmindenAnforderungenundNötendesLebensauchbeistehtundihnhält.SodientunserGotteslobderVerherrlichungGottesundunseremeigenenHeil.
IchwünscheIhnenvonHerzen,dassderKlangIhrerrenoviertenOrgelIhnenauchinZukunftFreudeundGeborgenheitschenktundinallemdieNäheundZuwendungGot-teserahnenlässt.
Ihr
Erzbischof
Hans-JosefBeckerErzbischofvonPaderborn
HanneloreKraftMinisterpräsidentindenLandesNordrhein-Westfalen
SehrherzlichgrüßeichalleKonzertbesucherausNahundFern.LassenSiesichvondenTonhöhenundKlangfarbenderbarockenOrgelpfeifeninderBasilikaverzaubernundgenießenSiedeneinzigartigenKlangderbedeutendenJohann-Patroclus-Möller-OrgelandiesemtraditionsreichenOrt–ganzobeninNordrhein-Westfalen!
Gruß-undGeleitworte
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„Schönheit ist eines der seltenen Wunder,
die unsere Zweifel an Gott verstummen lassen.“
Jean Anouilh
IchstimmedemWortdesfranzösischenDichtersundDramaturgenJeanAnouilhauseigenerErfahrungzu.DieSchönheitderinihrerArtsovielfältigenundoftkompliziertenNaturvermagdenMenscheninErstaunenzuversetzen,zumSchweigenzubringenundihnsogarzumGlaubenandieSchöpfer-machtGotteszuführen.
VielleichthabenSieauchschoneinmaldieErfahrunggemacht:Musikkanneinfach„schön“sein!Musikkanntrösten,MusikkannzumJubelnundMitsingenreizen,Musikkann,wennsiedie„SaitenmeinerSeele“trifft,michsozumSchweigenbringen,dassichnurnochLauschenderbinundallesandereummichherumüberhöreundvergesse.
DarummöchteichdasWortAnouilhsdemAnlassderOrgelweiheentsprechendabwan-delnundsagen:MusikisteinesderseltenenWunder,dieunsereZweifelanGottver-stummenlassenkönnen.OderandersgesagtmiteinemWortvonBettinavonArnim:„Die Berührung zwischen Gott und der Seele ist die Musik.!“
PaterGerdBlickcpLeiterPfarrverbundMarienmünster
UnsererestaurierteOrgelhat,wennichmichsoausdrückendarf,„Musikinsich“.Wir,dieganzeGemeinde,freuenunsüberdieRes-taurierungderOrgelundsindsehrdankbar,dasssienunnachderlangenZeitdesWar-tensneugeweihtundvorgestelltwerdenkann.Dankemöchteichalldenensagen,diesichindenletztenJahrenfürdieRestaurierungderOrgelstarkgemachthaben.Stellvertre-tendfüralleerwähneichandieserStellePatrickArmand(Manufactured‘OrguesMuhleisen)unddieOrgelsachverständigenProf.ChristianAhrens(Bochum)undRegionalkantorJörgKrämer(Borgentreich).UnserbesondererDankgiltdemLandNRW,besondersdemMinisteriumfürWirtschaft,Energie,Bauen,WohnenundVerkehrNRW,fürdieKostenübernahme.
IchwünscheunserenPfarrangehörigenundallen,dieunsereOrgelinnerhalboderaußer-halbderGottesdienstehörenwerden,dassihrKlangdie„SaitenunsererSeelen“anzu-rührenundsoinSchwingungzuversetzenvermag,dasstraurigeMenschenTrost,Rast-loseRuhe,ZweifelndeZuversichtundfroheMenschenBegeisterungempfinden.
MögeunsereneueOrgelzumLobGottesundunsunddenkommendenGenerationenzurFreudeerklingen.
InderAbteiMarienmünsterbefindetsichdieinunsererRegionwohlbedeutendstehistorischeBarock-OrgeldesbekanntenSoesterOrgelbaumeistersJohannPatroclusMöller.DieOrgelmitihren42Registernundca.2750PfeifengehörtzudengrößtenundklangschönstenBarock-OrgelndesLandes.FürmichsindbesondersdiePositionderOrgelimKirchraumundihreArchitekturbeeindruckend.Siestelltmitihremreichhal-tigenSchmuckeinenkraft-undwürdevollengestalterischenKontrapunktzumAltarundChorgestühlher.
DieRestaurierungdiesesrund280JahrealtenbesonderenInstrumentesisteinePatronatsaufgabedesLandesNordrhein-Westfalen.HistorischgehtdiesePatronats-verpflichtungaufdenReichsdeputations-hauptschlussvon1803zurück.DiemitdiesemletztenbedeutendenGesetzdesHeiligenRömischenReicheseinhergehendenrechtlichenFolgenbildendieGrundlagefürdasheutigePatronat.
FürdenBau-undLiegenschaftsbetriebNRWistdiesmehrfacheAufgabe.
DasLandNRWmussseineMittelimRah-menderDenkmalpflegesorgsameinsetzen.DarüberhinauswarfüralleBeteiligtendieMitwirkungandiesemeinzigartigenWerkeinebesondereHerausforderung.Diedetail-lierteundsorgfältigeVorbereitungmusstehohenAnsprüchenundderQualitätdeshistorischenInstrumentsgerechtwerden.So
wurdedasProjektvonAnfanganaus-schließlichvonausgewiesenenExpertenaufihremGebietbegleitetunddurchgeführt.AmAnfangstandeinGutachten,dasvonderrenommiertenOrgelbauwerkstattKlaisausBonnerstelltwurde.WährendderArbeitenhatProf.Dr.ChristianAhrensalsSachver-ständigerdieRestaurierungbegleitet,bera-tenvomLandschaftsverbandWestfalen-LippemitFrauDr.BarbaraSeifenundHerrnDr.ChristophHeuter.DenSanierungsarbei-tengingeineAusschreibungvoraus.DiesenWettbewerbhatdieManufactured´OrguesMuhleisenausEschauunterderLeitungdesOrgelbaumeistersPatrickArmand,alsausge-wiesenenExpertenfürdieRestaurierunghistorischerOrgeln,gewonnen.SiehatdieArbeitenimLaufederJahre2011bis2012ausgeführt.
Nun,dadieArbeitenunddieIntonationderOrgelbeendetsind,dürfenwirallestolzdaraufsein,dasswiranderRestaurierungdieseskostbarenundeinzigartigenKultur-gutesmitarbeitendurften.Wirhoffenunse-renTeilzumunvergleichlichenHörgenussbeigetragenzuhaben,hoffentlichfürlangeZeit!
HeinrichMicusLeiterderNiederlassungBielefelddesBau-undLiegenschaftsbetriebNRW
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Liebe Kirchenbesucher, liebe Mitglieder unseres Pastoralverbundes
Eswarjaauchmalschön,demOrganistenbeiderArbeitüberdieSchultersehenzukönnen,abernunistsiewiederdaundbegleitetunsbeidenFeierninderKirche–dieOrgelderAbteikircheMarienmünster.
Irgendwiehatsiejadochgefehlt,malvomCharmederBaustelleabgesehen,wareshaltimmereinBehelf.Ichweißnicht,obSiedenklanglichenUnterschiedzwischenderRestauration1965/66und2012erkennen,ichhabejedenfallsmeineSchwierigkeitendamit,vielleichtfragenSiesichauch:
§ „TatdasdennNot,sovielSteuergeldfürdieInstandsetzungauszugeben?“
§ „BrauchenwirdieOrgelnoch,wennimmerwenigerindieKirchekommen?“
§ „BrauchtdieKirchederZukunft,diebaldRealitätseinwird,soeinmächtigesInstrument?“
ZurBeantwortungderFragenreichteinkurzerBlickindieBeschlüssedeszweitenVatikanischenKonzils,dasunsereheutigeKircheprägtundauchinZukunftLeitfadenallerEntwicklungenseinwird:DieOrgelistnichtnurzurVerschönerungderLiturgievorgesehen,sondernintegrierterTeilderselbenunddamituntrennbarerBestandteilallerliturgischenFeiern.
ManfredSeifertErsterVorsitzenderPfarrgemeinderatSt.Jakobusd.Ältere,Marienmünster
LassenSiesichimmerwiederneudaraufein,GottinderKircheganznahzusein,seineAnwesenheitinderFeierderLiturgiezuspüren,damitdieFeiereineKraftquellefürunsseinkann.DazumögeunsdieOrgeleinhilfreicherBegleitersein.
AndieserStellemöchteichallenDankesagen,diemehrzumGelingenderRestaurierungbeigetragen,alsesderJobgeforderthätte.
SiegehörtebenzurAbtei:DieJohannPatroclusMöller-OrgelinvollemGlanz.
AlsBürgermeisterderStadtMarienmünsterfreueichmichsehrdarüber,dassnachzweiJahrenintensiverRestaurierungnunderKath.KirchengemeindeSt.JakobusinderAbteikircheMarienmünstermitderOrgel-weiheam23.November2012diegroßehistorischeOrgelwiederzurückgegebenwerdenkann.
DaswertvolleInstrumentkanndann,wieschonindenvielenJahren,JahrzehntenundJahrhundertenvorher,MenschenandenOrtführen,derauchdasWappenunsererStadtziert:diedreiTürmederKirchedesehemali-genBenediktinerklostersMarienmünster.Handwerklichvollendet,klanglichbewahrtunddurchdieOrgelmanufakturMuhleisenausStraßburgmeisterlicherneuert,wirddiehistorischeJohannPatroclusMöller-OrgelausdemJahr1738hoffentlichvieleMen-schenimGesangundZuhörenverbindenundsozueinemAnziehungspunktfürdieStadtMarienmünster,fürdieRegionundganzWestfalenwerden.
ImEinklangmitdenebenfallsrestauriertenehemaligenWirtschaftsgebäuden,diezueineröffentlichenBegegnungs-undBil-dungsstättemitmusikalischemSchwer-punktausgebautwurdenundvonderKul-turstiftungbetriebenwerden,hatsichinderAbteiMarienmünstereinePerleimkulturel-lenAngebotunsererStadt,inderKloster-region,imgesamtenKulturlandKreisHöxterundweitdarüberhinausentwickelt.
RobertKlockeBürgermeisterderStadtMarienmünster
Daraufkönnenwirstolzsein.ZusammenmitdenzahlreichenweiterentouristischenAt-traktioneninunseremStadtgebietkönnenwirzeigen,dassdieStadtMarienmünstersehrvielzubietenhat.
WirdankendenbeteiligtenBehördenfürdenprofessionellenundreibungslosenAb-laufderRestaurierungunddenvielenHand-werkernfürihreaufopferndeArbeit.Ichhoffe,dasssiesichhierinMarienmünsterwohlgefühlthaben.
Persönlichfreueichmichaufdiesicherzahl-reichenBesucherundGäste,diesichwiederdurchdieFaszinationdereinmaligenKlang-wirkungunddieAusstrahlungskraftderrestauriertenJohannPatroclusMöller-OrgelinihrenBannziehenlassen.
Marienmünster,November2012
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Freitag, 23. November
17.00 Uhr Feierlicher Gottesdienst mit OrgelweiheZelebrant:DomkapitularMonsignoreAndreasKurte,PaderbornOrgel:Prof.GerhardWeinberger,München
20.00 Uhr Festkonzert zur WiedereinweihungWerkevonJohannSebastianBachundseinemUmfeldOrgel:Prof.GerhardWeinberger,München
Samstag, 24. November
11.00–13.00 Uhr Führung mit dem OrgelbauerPatrickArmand,Fa.Muhleisen,Straßburg
15.00–16.30 Uhr Vortrag und KlangbeispieleProf.Dr.ChristianAhrensundKooperationspartner,u.a.HfMDetmold
17.00 Uhr Feierliche Vesper – Orgel und GregorianikMagnificat-VertonungenProf.MartinLücker,Frankfurt/M.
20.00 Uhr Zwischen Improvisation und BearbeitungProf.EmanuelLeDivellec,Basel/HannoverBachunddieFranzösischeSchule
Sonntag, 25. November
10.00 Uhr Gottesdienst zur äußeren Feier der Hl. CaeciliazugleichGedenktagdesSel.NilsStensenKirchenchorSt.JakobusMarienmünsterLeitung:HansHermannJansen
17.00 Uhr Orgelvesper am Totensonntag(inmemoriamGustavLeonhardt)KMDDr.FriedhelmFlamme
Samstag, 1. Dezember
20.00 Uhr Lange Nacht der KerzenTaizé-Gesänge
Sonntag, 9. Dezember
17.00 Uhr OrgelvesperProf.TomaszAdamNowak,Münster/Detmold
Freitag, 14. Dezember
19.00 Uhr AdventskonzertmitdemMädchenchorWernigerode
Sonntag, 23. Dezember
17.00 Uhr Orgelvesper am 4. AdventChristophGrohmann,Rheda-Wiedenbrück
Dienstag, 25. Dezember (1. Weihnachtstag)
15.00 Uhr „Ich steh an Deiner Krippe hier“WeihnachtlicheOrgelmusik
Mittwoch, 26. Dezember (2. Weihnachtstag)
15.00 Uhr „In dulci jubilo“Orgelmusikzum2.Weihnachtstag
Sonntag, 30. Dezember
15.00 Uhr WeihnachtskonzertSolisten,KirchenchöreausAltenbergen,MarienmünsterundVörden
Montag, 31. Dezember (Silvester)
20.00 Uhr Musik und Wort zum JahresschlussJosefOhagencp
DasFestprogrammvonderOrgelweiheam23.NovemberbiszumJahresende2012
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Johann Sebastian Bach
1685–1750
§ Toccata,AdagioundFugeC-DurBWV564
Johann Schneider
1702–1788
(Schüler Bachs)
§ Choralbearbeitung„MeinGott,dasHerzebringichdir“
Carl Philipp Emanuel Bach
1714–1788
(Schüler Bachs)
§ DuettofürzweiFlöten(Mäßiggeschwind)
§ DuettofürzweiClarinetten(Adagiosostenuto–Allegro)
Heinrich Nicolaus Gerber
1702–1775
(Schüler Bachs)
§ InventioG-Dura2Clav.etPedal
§ InventioC-Dura2Clav.etPedal
Johann Sebastian Bach § ConcertoG-DurBWV592nachJohannErnstPrinzvonSachsen-Weimar(ohneTempobezeichnung–Grave–Presto)
Johann Ludwig Krebs
1713–1780
(Schüler Bachs)
DreiChoralbearbeitungen:§ Fantasiasopra„Jesus,meineZuversicht“
§ „WirglaubenallaneinenGott“
§ Fantasiasopra„Freudichsehr,omeineSeele“
Johann Sebastian Bach § PräludiumundFugeD-DurBWV532
Freitag, 23. November 2012, 20.00 Uhr
FestkonzertzurWiedereinweihungOrgel:Prof.GerhardWeinberger,Detmold
Einzug Gemeindelied GLNr.474,1.+4.+5.(ohneOrgel)
Begrüßung
Kyrie-Rufe GregorianikSchola
Weihegebet
Johann Sebastian Bach ToccataundFuged-MollBWV565(1685–1750)
Ansprache
Johann Sebastian Bach „Adagioedolce“F-Dur ausderTriosonateNr.3BWV527
Gebet Psalm150(abwechselndmitderGemeinde)
Hymnus „CoelestisurbsJerusalem“ Gregorianik-Schola
Johann Sebastian Bach Choralbearbeitung"LobedenHerren,denmächtigenKönigderEhren"(Kommstdunun,Jesu,vomHimmelherunter)BWV650
Schlussgebet und Segen
Gemeindelied GLNr.267,1.–4.(mitOrgel)
Johann Ludwig Krebs PräludiumundFugeC-Dur(1713–1780)
Freitag, 23. November 2012, 17.00 Uhr
FeierlicherGottesdienstmitOrgelweiheZelebrant:DomkapitularMonsignoreAndreasKurte,Paderborn
Orgel:Prof.GerhardWeinberger,München
Gregorianik-ScholaMarienmünsterundCorvey
Foto: Burkhard Battran
ZwischenImprovisationundBearbeitungOrgelkonzertmitEmmanuelLeDivellecAbteikircheMarienmünsterSamstag,24.November2012·20.00Uhr
Magnificat-VertonungenFeierlicheOrgelvespermitProf.MartinLücker,Frankfurt/M.AbteikircheMarienmünsterSamstag,24.November2012·17.00Uhr
inMemoriamGustavLeonhardtOrgelvesperamTotensonntagmitKMDDr.FriedhelmFlamme–AbteikircheMarienmünsterSonntag,25.November2012·17.00Uhr
PräludiumundFugeübereingegebenesThema
PartitaübereinengegebenenChoral
InterludioI
Johann Sebastian Bach
(1685–1750)
PräludiumundFuged-MollBWV1001/539(Präludium:Orgelbearbeitungdes1.SatzesderSonateg-MollBWV1001fürViolinesolodurchE.LeDivellec)
Improvisationeiner“BiblischenSonate”übereinegegebeneGeschichte
InterludioII
Johann Sebastian Bach CiacconaausderPartitad-MollBWV1004fürViolinesolo(OrgelfassungE.LeDivellec)
Eröffnung Schola
Jean Titelouze
(1561–1633)
„Conditoralmesiderum”(3Verse)aus:Hymnesdel’Eglise(1624)
Psalm Schola
Dietrich Buxtehude
(1637–1707)
MagnificatI.toniBuxWV203
Johann Sebastian Bach
(1685–1750)
„MeineSeeleerhebtdenHerren”BWV648
Samuel Scheidt
(1583 – 1654)
Magnificatnonitoniaus„Tabulaturanova“(alternatimmitderSchola)
Arnold Schlick
(1483 – 1522)
„MariazartvonguterArt“
Johann Sebastian Bach FugasopraMagnificatBWV733
Schola
André Raison
um (1640–1719)
Trioenpassacaille(Christeeleison)aus:MesseduPremierTon
Johann Sebastian Bach Passacagliac-mollBWV582
Jan Pieter Sweelinck
(1562–1621)
Fantasiachromatica
Jean Titelouze
(1562/63–1633)
Conditoralmesiderum
Johann Praetorius
(1595–1660)
VaterunserimHimmelreich
Johann Adam Reincken
(1623 [1643?]–1722)
Toccataing
Heinrich Scheidemann
(ca. 1595–1663)
VaterunserimHimmelreich
Matthias Weckmann
(ca. 1616–1674)
Magnificatsecunditoni
Heinrich Scheidemann BenedicamDomino
Vincent Lübeck
(1654–1740)
Praeludium/Postludiumind
Prof. Emmanuel Le DivellecProf. Martin Lücker
Gustav Leonhardt(1928–2012)
war ein niederländischer Dirigent, Cembalist und
Organist.
Die Aufnahmen entstanden nach seinen zwei
Konzerten am 24. Juli im Rahmen das Kloster
festivals 2011 in Marienmünster und
Corvey.
KMD Dr. Friedhelm Flamme
Thema 1 für Präludium und Fuge:Francois Couperin, Basse de Trompette aus
Messe á l‘usage des ParoissesAusgewählt von Prof. Martin Lücker
18 19
EinJuwelderwestfälischenOrgellandschaftundeinklanglichesMeisterwerk–dieMöller-OrgelinderAbteikircheMarienmünsterChristian Ahrens, Bochum
EinJuwelderwestfälischenOrgellandschaft
DieGeschichtederOrgel
DieJohannPatroclusMöller-OrgelinderAbteiMarienmünstermit42(heute:42+2)RegisternaufdreiManualenundPedalistzwarnichtdiegrößtebarockeOrgelWestfa-lens,undsiebesitztauchkeinehistorischenSpringladenmehr(diesewurdenbeieinerRestaurierung1920/21zuSchleifladenum-gebaut).Dennochistsieeinaußergewöhn-liches,unvergleichlichesInstrument.Immer-hinstehtsienochimmeranjenemPlatzundinjenemRaum,fürdieMöllersieseinerzeitkonzipierthatte;ihrProspektistweitgehendoriginalerhalten,esgibtkeinerleisubstan-ziellespätereZutaten;rund80%ihrerPfeifenstammenvonMöller,anihnener-folgtenimLaufederJahrhunderte,vergli-chenmitanderenOrgelnderRegion,nursehrgeringeEingriffe.
ErrichtetwurdedasOrgelwerk1736–38vonJohannPatroclusMöller(1698–1772)ausLippstadt,einemderberühmtestenOrgel-bauerderRegion.EstratandieStelleeinerkleineren,1677–79erbautenOrgelvonAndreasSchneiderausHöxter,diedannverkauftund1737indieKlosterkirchezuBrakel-Gehrdenumgesetztwurde.MöllerwareintraditionellarbeitenderOrgelbauerundhieltauchinseinemWerkfürMarien-münsteranderaltertümlichenSpringladen-konstruktion( jezweiSpringladenfürHaupt-werk,RückpositivundPedal)fest;dasBrustwerkhatteeineSchleiflade,dienochheuteexistiert.DieOrgelwurdeimLaufederJahrhundertezwarimmerwiederrepariertundinTeilenaucherneuert,dochbliebenwesentlicheBauteiletrotzallerEingriffeerhalten.DieoriginalenPfeifenmiteinemBleianteilvonca.99,5%sindüberwiegendineinemgutenZustand,Bleifraßbeispielswei-sezeigtsichnurganzvereinzelt.EshandeltsichmithinnichtnurumeinehistorischbedeutsameOrgel,sondernzugleichumeinesderambestenerhaltenenZeugnissedesbarockenOrgelbausinWestfalen.
DieletztegrundlegendeRestaurierungderMöller-Orgelerfolgte1966durchdieFirmaFranzBreil,Dorsten,unterderLeitungdesdamaligenOrgelsachverständigendesLWLMünster,Prof.Dr.RudolfReuter(1920–1983).SeinBestrebenwares,allespäterentechni-schenZutaten,insbesonderejene,diebeiderRestaurierung1920/21durchdieFirmaAntonFeith,Paderborn,eingebautwordenwaren–u.a.einepneumatischeBetätigungderRegisterschleifen;festeKombinationen;SpieltischmitSpiel-undRegistertraktur;StummschaltungvielerProspektpfeifenundPlatzierungderErsatzpfeifenimGehäuse–zuentfernenunddenvermutetenur-sprünglichenZustand,auchinBezugaufdie
Die Johann Patroclus MöllerOrgel in der Abteikirche Marienmünster
ca. 1913, Archiv des LWLDas Innere der Abtei kirche Marienmünster nach Westen
mit der Johann Patroclus MöllerOrgel, ca. 1913, Archiv des LWL
SchneiderOrgel von 1677–79 in der ehem. Klosterkirche Gehrden
Ein Juwel der westfälischen Orgellandschaft
2120
Historisch nachweisbare Reparaturen und Restaurierungen
um1790 keineInformationenüberArtundUmfang 1823 Johann Isvording, Soest
(keineInformationenüberArtundUmfang) 1856 Albert Bollens
SanierungnachUmbaudesWestturmsunddendabeientstandenenSchäden› NeueBälge(durcheinenTischler;Aufstellunghinter
demWerk)undWindkanäle› StöckeundVentileüberarbeitet,teilweiseerneuert› Pfeifenabgetragen,gereinigt,Schädenbehoben› TastaturundRegistraturrepariert› StimmungundIntonation
[fol.166r:„mussfrisch,kräftigundangenehmwerden“]› KeineVeränderungderDisposition!
1879 Andreas Döhre (Vorschlag1877erarbeitetvonA.Bollens)› einigeDispositions-Änderungen,u.a.:PedalregisterSubbaß16’
undGedackt8’(gekoppelt)aufseparaterLadehinterdemGehäuseneu;einigeRegisterdurchneueersetzt;weiteregeplanteErsetzungenhochliegenderRegisterkonntenwegenPlatzmangelsnichtdurchgeführtwerden
1891 Andreas Döhre 5Registerrepariert
1896 Andreas Döhre› Choralflöte1’(Pedal)entfernt› NeuesGebläse
1903 Andreas Döhre› Gehäusevergrößert› MechanikundWindanlageüberholt
1904 Andreas Döhre› MechanikundTraktur
1912 W. F. Stegerhoff› Prospektpfeifenvon„Staniol“(Silberfolie?)entferntund
mitSilberbroncegestrichen 1920/21 Anton Feith ErheblicheEingriffe,aberWahrungderGrundsubstanz
(vgl.Dispositions-Tabelle)› (doppelte)SpringladendesHauptwerksundPedalszu
Schleifladenumgebaut;SpringladendesRückpositivsdurchKegelladenersetzt
› neuerSpieltisch
Disposition,zurekonstruieren(derOrgel-bauvertragexistiertnicht,esgibtdaherkei-neauthentischenDispositionsaufzeichnun-gen).ObschoneinigeDetailsnichtrestlosgeklärtwerdenkonnten,warR.ReuterderÜberzeugung,dassbeiderRestaurierungvon1966derOriginalzustandderOrgel–auchhinsichtlichderAnordnungderPfeifenimGehäuseunddessenäußererGestaltung–wiederhergestelltwordensei.
InderVorbereitungderjetztabgeschlosse-nenRestaurierunggingeszunächstvorallemdarum,eineBestandsaufnahmedesPfeifenwerksvorzunehmen(siewurdevomVerfasserundvonDr.Hans-WolfgangTheo-bald,OrgelbauKlais,durchgeführt),diedenanderAusschreibungbeteiligtenFirmenfürihrAngebotandieHandgegebenwurde,sowiedieverfügbarenhistorischenDoku-mentenocheinmalzusichtenundderenInformationengenauestenszuüberprüfen.Dabeizeigtesich,dasseineQuelle,dieR.Reuterfürproblematischhielt,sehrbedeut-samist:dieDispositionsaufstellungundBeschreibungderOrgel,diederLehrerundOrganistinMarienmünster,AlbertBollens(1816–1894),1880anlegte.A.Bollensspielteimmerhinannähernd50Jahrelang,von1843biszuseinerPensionierungimJahre1890,dieseOrgel.Erhatsieauchtechnischbe-treut,gewartetundingeringemUmfangrepariert,zudemgenosserbeiseinenZeitge-nossenalsOrganistundOrgelexpertehohesAnsehen.AusheutigerSichtbestehtkeinZweifeldaran,dassseineBeschreibungalseinesderbedeutendstenDokumentezurGeschichtedieserOrgelzubewertenist.ImÜbrigenhatA.BollensnichtnurminutiösArtundUmfangjenerReparaturenprotokol-liert,die1879vonderFirmaAntonDöhre,Steinheim,ausgeführtwurden,sondernsiedurchentsprechendeGutachtenundVor-
schlägevorbereitetundmaßgeblichbe-stimmt.DöhresKostenanschlagvon1877liegtebensovor,wiederseinesKonkurren-tenAugustRandebrock,Paderborn,von1878,dersehrvielweitergehendeVerände-rungenempfahl,letztlichabernichtzumZugekam.BeideOrgelbauerlegtenjeweilseineZustandsbeschreibungderOrgelvor,diemitdenAngabenvonA.Bollensvollständigübereinstimmt.DieserUmstandunddieTatsache,dassdiegenaueUntersuchungderOrgelimLaufederRestaurierungseineAn-gabenbestätigten,bestärktendenSachver-ständigenunddieOrgelbauerdarin,dieseQuellederRestaurierungunddemVersuch,dieOrgelaufihrenvermutlichenOriginalzu-standzurückzuführen,zugrundezulegen.
ImÜbrigenwurdenauchdievonihmmitge-teiltenRegisterbezeichnungenübernom-men,dakeineauthentischenausderZeitderErbauungdesOrgelwerksüberliefertsind.
DieaktuelleRestaurierung
ZieldergesamtenMaßnahmewardieWie-derherstellungderOrgelunddieRückfüh-rungaufdenvermutlichenOriginalzustand.Dabeigaltes,folgendedenkmalschützeri-scheGesichtspunktezuberücksichtigen:
1. SoweitwiemöglichRespektierungderoriginalenSubstanzderOrgel.Dabeiwurden,andersalsbeiderRestaurie-rungvon1966,auchVeränderungendes19.Jahrhundertsaufgrundihrerhistori-schenDimensionalsbewahrenswertangesehen,soweitsiealsspätereZuta-tenerkennbarbliebenunddieGesamt-substanzderOrgelnichtnegativbeein-flussten.
› einigeProspektpfeifenwurdenstummgemacht,anihrerStellesprachenPfeifenimInnerndesGehäuses
› EinfügungeinesSubbass16’;obeinSalicional8’eingefügtwurde,wieineinemGutachtenvon1919angedeutetundineinerBeschreibungvon1930behauptet,istunklar;1966waresjedenfallsnichtmehrvorhanden
› Stiefel,KehlenundZungennachdenhistorischenVorbildernerneuert
› Stimmtonhöhe(ca.465Hz=ca.½TonüberNormstimmtonhöhe)beibehalten;gleichschwebendeTemperierungeingestimmt
1950 (keineweiterenInformationen) FehlendeProspektpfeifenersetzt 1966 Franz Breil ErheblicheEingriffe,obschondieRestaurierungund‚Rückführung
aufdenOriginalzustand‘intendiertwar(vgl.Dispositionstabelle)› u.a.Spiel-undRegistertrakturerneuert;Gehäuseverkleinertund
ZugangzurEmporeverlegt;infolgedessenSpieltischasymmet-rischpositioniert;KegelladendesRückpositivsdurcheineneue,durchgehendeSchleifladeersetzt
› vermuteter‚originaler’Subbass16’rekonstruiert;Pfeifenteilweiserepariertundbearbeitet(dabeiMaterialtreue,wiebeianderenerneuertenRegistern,nichtgewahrt);sämtlicheZungen,Kehlen,StiefelundNüsse(alleTeilevonderFirmaGiesecke,Göttingen)erneuert
› relativwenigeEingriffeindiePfeifensubstanz:einigeAnlängungen/Kürzungen;einigeLabialetiefergesetzt;Kastenbärte;dievonFeithseinerzeitstummgemachtenProspektpfeifenwurdenwiederklingendgemacht
› StimmtonhöheundgleichschwebendeTemperierungbeibehalten
2003 Orgelbau Klais› StabilisierungeinerProspektpfeife
(Cis,Principal16’/Pedal) 2010–2012 Manufacture d‘Orgues Muhleisen WeitgehendeRückführungaufdenquellenmäßigbelegten
Originalzustand› zusätzlichePedalregistervon1879rekonstruiertundauf
separaterLadeinstalliert› dauerhafteStabilisierungallergroßenProspektpfeifen
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EinJuwelderwestfälischenOrgellandschaft
2. SoweitwiemöglichRückführungaufdenZustandvon1738.DabeimusstedieersteMaximeebensoberücksichtigtwerdenwiediejuristischeVorgabe,dassdieOrgelzu95%liturgischgenutztwirdunddasvornehmsteZielderRes-taurierungdarinlag,dieErfüllungdie-serFunktionsicherzustellen.Ausdie-semGrundwareneinigeKompromisseerforderlich,diebeieinerkonsequentundausschließlichandenkmalschütze-rischenForderungenorientiertenRes-taurierungnichtnotwendiggewesenwären.
DesWeiterenwarzuberücksichtigen,dassdasKlangbildderOrgelvorBeginnderRes-taurierungnachdemUrteilrenommierterOrganistenundOrgelsachverständigermusikalischvollaufüberzeugenkonnte.DasBemühenmusstedaherdaraufgerichtetsein,diesenQualitätsstandardunterallenUmständenmindestenszubewahrenbzw.ihn,womöglich,zuverbessernunddemvermutetenOriginalzustandanzunähern.Dassetztevoraus,dieBefundeandenori-ginalenPfeifenohneEinschränkungzures-pektierenundsiezumAusgangspunktfüreinebehutsameRückführungaufdenMöl-ler-Klangzunehmen.NichtdieÜbertragungeinervorgefasstenKlangvorstellungaufdieOrgelwardasZiel,sonderndieRekonstruk-tiondesvermutlichen‚Originalklanges’aufderBasisdessen,wasjedeeinzelnePfeifedemgeübtenIntonateuranspezifischenInformationenvermittelt.Dazugehörtenichtzuletzt,dassbeispielsweisedieBefun-dezurAufschnittshöheernstgenommenwurden,selbstwennsiedenheutigenVor-stellungenkeineswegsimmerentsprachen.
Undesgingschließlichdarum,anhandderBestandsaufnahmedesPfeifenmaterialsjeneungleichschwebendeTemperierung
herauszufinden,diemiteinigerWahrschein-lichkeitalsoriginalzugeltenhat.Daswarmöglich,weilbeidenRestaurierungen1920/21und1966zwareinegleichschweben-deTemperierunggelegtwordenwarundmandiemeistenPfeifenentsprechendge-kürztbzw.verlängerthatte,aberimmerhinca.10%inihrerOriginallängeerhaltenblieben.
ImHinblickaufdieseAufgabenundGrund-sätzederRestaurierungerfolgte,nachaus-führlichenDiskussionenvorOrtmitallenvieranderAusschreibungbeteiligtenFir-men,dieAuswahlderManufactured’OrguesMuhleisenmitihremGeschäftsführerPatrickArmandundihremChef-IntonateurJean-ChristopheDebély.DieEntscheidungführtenichtnurzueinerengen,vertrauens-vollenundsehrinspirierendenZusammen-arbeit,sondernauchzueinemErgebnis,dasichinjederHinsichtalsüberzeugendemp-finde.DasgroßeInteresseallerFirmen-Mit-arbeiterfürdieseOrgel,ihrbesonderesEn-gagementbeiallenauszuführendenArbeiten,dieIntensität,mitderdieSpuren-sucheandenOriginalteilenbetriebenwur-de,warenständigspürbarundbeeindruck-tenmichsehr.Ichbinsicher,dassdiesesInteresseundEngagementsichauchimEndergebnisniederschlagenunddassdasResultatderRestaurierungalle,diedieMöl-ler-OrgelnachAbschlussderRestaurierunghörenundspielen,überzeugenwird.ZudenZielenderRestaurierunggehörteesauch,dieüberauslabilenProspektpfeifendau-erhaftzusichern,dasieinihremZu-standvorderRestaurierungeinepotentielleGefahrenquelledarstellten(2003drohteeinePfeifeherabzufallenundmussterepa-riertwerden).InfolgedeshohenGewichtsvonmaximalca.60kgneigtensämtlicheProspektpfeifenin16’-Lage,dazudiegröße-
renin8’-Lage,vonBeginnanzumZusam-mensinkenundmusstenimLaufederZeitimmerwiederstabilisiertwerden:teilsdurchaufgelöteteVerstärkungenausBlei,vor-nehmlichandenundumdieLabialie,teilsdurchZinkeinsätze.AlsdauerhaftesteunddiePfeifenamstärkstenentlastendeLösungbotsichdieAufhängungmittelsStahlseilenanmassivenMetallstrebenan,dieoberhalbderTürmeanderWandbefestigtwurden.DasaufdenPfeifenfüßenlastendeGewichtkonntedadurchsoweitreduziertwerden,dassnachmenschlichemErmessenkeineGefahrmehrbestehtundeinweiteresAn-bringenvonVerstärkungsvorrichtungenaufdenPfeifeninZukunftnichtmehrnotwen-digseinwird.
DieOrgelundihreBesonderheiten
BeiBetrachtungderDispositionwirder-kennbar,dasssichdieMöller-Orgelzwarnurwenig,jedochinspeziellerWeisevonande-renWerkenderZeitinWestfalenunterschei-detundinsoweiteinebesondereOrgelbau-Konzeptionwiderspiegelt.HinzukommentechnischeDetails,diederZusammenstel-lungderDispositionnichtzuentnehmensind,denKlangdesInstrumentesabernach-haltigbestimmen.
Zunächstfälltauf,dassTerzenundterzhalti-gegemischteStimmeneinebesondereBe-deutunghaben.IstdasRückpositivnurmiteinerSequialteraversehen,soverfügtdasHauptwerksogarüberdreiderartigeRegis-ter:dieTerz31/5’,dieSesquialteraunddasCornett;obderjetztdisponierteTerzchorderZimbelauthentischist,lässtsichnichtmitletzterSicherheitsagen(vgl.dazudenBei-tragvonKoosvandeLinde).
WasdieeinzelnenWerkebetrifft,soistbe-merkenswert,dassdasHauptwerkkonse-quentaufdemPrincipal16’aufbaut.DiesesRegisterbildetauchimübertragenenSinnedasFundament:esistinderunterenOktavedeutlichweitermensuriertalsdieOktave8’unddaherindieserLagetragfähigeralsjenesRegister.DashängtnatürlichmitdenPlatzverhältnissenzusammen–dasPrincipal16’stehtimProspekt,dieOktave8’imOrgel-gehäuseaufdensehrengdimensioniertenWindladen–dürfteaberdenästhetischenVorstellungendesOrgelbauersentsprochenhaben.DennMöllerwandtediesesPrinzipinabgewandelterFormauchimRückpositivan:dessenBasisistdasPrincipal8’,esstehtebenfallsimProspektundistweitermensu-riert(fürCfastdreiHalbtöne!)alsdieOktave8’imHauptwerk.UnddasCderOktave4‘imRückpositivistfastsoweitwiedasderOkta-ve8‘imHauptwerkund1HalbtonweiteralsdasderOktave4‘imHauptwerk.
IndiesenGegebenheitenspiegeltsicheinzweitesMöllerschesDispositionsprinzipwider:dasRückpositivistderakustisch-klanglicheGegenpolzumHauptwerk.DabeinimmtesgleichsameineZwitterstellungein.EsistzwarschwächerbesetztalsdasHauptwerk,seinKlangistjedochaufgrundderPositionierunginderBrüstungvomHö-rerimRaumdirekterwahrnehmbarundvonderFülleherdemdesHauptwerksmindes-tensebenbürtig.EseignetsichdahernichtnurzurVerwendungim‚klassischen’SinnealsEchowerk,sondernauchhervorragendfürbesondereräumlicheKlangwirkungeninderAbstufungNah–Fern.DaseigentlicheSolowerkistdasBrustwerk.BeiderRestau-rierung1966warendiebeidenoriginalenTürenanderVorderfrontdesGehäusesmit-tigvordasBrustwerkgesetztworden,ob-schonhistorischeFotosbelegen,dasssie
Dokumentierte Zustände der MöllerOrgel vor der Restaurierung 2010Fotos: H.H. Jansen
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sichvorderRestaurierungdurchFeith1920/21nochanihremursprünglichenPlatzbefanden:jeweilsunmittelbarnebendenDurchgangstürenzurEmpore,außerhalbdesSpieltisches.Diese,heutewiederrekonstru-iertePlatzierungdämpftdenKlangaustrittganzerheblich,namentlichfürdenOrganis-ten,undvermitteltihmsoeinvielbesseresGefühlfürdieDynamikabstufung.
DerKlangdesHauptwerkswirdeinerseitsbestimmtdurchdiehochliegendeZimbel4f.,diedemWerkeinenSilberklangverleiht,andererseitsdurchdie(Groß-)Quinte52/3’unddie(Groß-)Terz31/5’,diebeidezurFär-bungundzurSteigerungderKlangfüllebeitragen.EsscheintdiesedeutlicheBeto-nungdesHauptwerk-Fundamentsgewesenzusein,dieimletztenDritteldes19.Jahr-hundertsdenWunschnacheinemzusätzli-chenSubbassimPedalaufkommenließ,der1879gemeinsammiteinemGedackt8’aufeinerseparatenLadehinterdemGehäuseerrichtetwurde–dieserZusatzwurdeingleicherWeiseundentsprechenddenüber-liefertenMensurenrekonstruiert.
EinbesonderesKennzeichendieserOrgelistnichtzuletztdieTatsache,dassalleLagenvom16’biszum1’vertretensind,selbstimPedal.HiermanifestiertsichMöllersbeson-dereKlangästhetik.Erverzichtetaufeinzweites,leises16’-Register(Subbass)undfügtdafüramanderenEndederTonhöhen-skalaeine2’-Zunge(Cornet)undeineFlötein1’-Lage(Choralflöte)ein.BeideRegisterbegünstigendieGestaltungvirtuoserPedal-partieninbesondererWeiseundverleihendemPedalklangeineganzeigeneFärbung.DasssowohlimBrustwerkalsauchimRück-positivjeweilszweiQuintregisterdisponiertsind–inersteremals11/3’,inletzteremals22/3’–hatbisindiejüngsteZeitzuDiskussio-
nendarübergeführt,obdiese‚Verdoppe-lung’tatsächlichMöllersÄsthetikentsprä-che.TatsächlichistdieKombinationjeeinerQuinteinPrinzipal-undinFlötenmensuraberdurchaussinnvoll,weilsiedieMöglich-keitenähnlicherRegistrierungsprinzipienaufunterschiedlichenKlang-undDynamik-stufenvergrößert.InderTatsinddiePfeifenderQuintflötendeutlichweiteralsdiederQuinten:fürCbetragendieWerte(Innen-durchmesser)imBrustwerk41,8mmzu25,8mm,imRückpositiv66,2mmzu50,8mm.
DerUmfangderManualevonC,Dbisc3entsprichtdenNormenderZeit.Derchro-matischeUmfangdesPedals(C–d1)mitdemCisisthingegenungewöhnlich,seineAu-thentizitätgaltbiszurjetzigenRestaurie-rungalsumstritten.Zunächstistfestzuhal-ten,dassdasCisimPedalindenRestaurie-rungsberichtenvon1879alsbereitsvorhandenbezeichnetistundjeglicherAn-haltspunktdafürfehlt,dassesbeieinerfrü-herenReparatureingebrachtwordenseinkönnte.DieletzteaktenkundigegrößereMaßnahmeerfolgte1856durchA.Bollens.ErdürftetechnischnichtinderLagegewesenwäre,denEinbaudererforderlichenPfeifenunddenUmbauderPedalladendurchzufüh-ren.ZudemhätteereinesolcheMaßnahmeohnejedenZweifelinseinerChroniker-wähnt.ÜberdieserbrachtediesorgfältigeUntersuchungderPedal-WindladenundderVentiledenBeweis,dassdieBohrungenundÖffnungenfürdenTonCisoriginalsind.UndschließlichzeigensichwederimMaterialnochindenMensurenderPfeifenCisresp.CoderDUnterschiede.IndenRegisternNachthorn4’,denChörenderMixtur6f.sowieimPrincipal16’tragenPfeifendesTonsCisimübrigenTonbezeichnungenindersel-benHandschriftwiedieübrigenMöller-
Pfeifen.DerAmbitusdesPedalsmussmithinalsauthentischangesehenwerden.
DieDokumentationderRestaurierungsarbeiten
BeidenRestaurierungen1920/21und1966wurdenoffenkundignichtgezieltFotosan-gefertigt,umdenjeweiligenZustandvorBeginnderArbeitensowiedieseselbstfürzukünftigeGenerationenfestzuhalten;ent-sprechendesMaterialstehtjedenfallsheutenichtzurVerfügung.Eineumfassende,ge-schlosseneTextdokumentationzurletztenRestaurierungexistiertnicht,dochhatR.ReutergeradedieArbeitenanderMöller-OrgelinMarienmünsterinmehrerenseinerPublikationenrelativausführlichdargestellt.FreilichlassensichvieleseinerEntscheidun-genheutenichtmehrnachvollziehen,zu-dembleibtderZustandvorderletztenRes-taurierungweitgehendunbekannt.UmgenaueInformationenüberdenZustandderOrgelvorihremAbbau2010auchfürzu-künftigeArbeitenbereitzustellen,wurdeeinedetaillierteBestandsaufnahme–unterEinschlussvonAufmessungenderPfeifenundderenZustandsbeschreibung–erarbei-tetundeineumfangreicheFotodokumen-tationerstellt;siesindbeimLWLMünsterhinterlegt.ZudemerfolgteeineKlangdoku-mentationvonEinzeltönenvorundnachderRestaurierung.DieTonaufnahmenwurdenvondenTonmeisternMatthiasKockundMariaAnufrievunterLeitungvonProf.Dr.MalteKob,HochschulefürMusikDetmold,erstellt.SiewerdenvomVerfassergemein-sammitdemDiplom-PhysikerDr.-Ing.Se-bastianSchmidt,Bochum,ausgewertet,sobalddieVergleichsaufnahmennachAb-schlussderRestaurierungvorliegen.
Schlussgedanken
JedeRestaurierungunterliegtdenbesonde-renVorstellungenihrerZeitundhatderenAnsprüchenzugenügen.Unddennochneh-mendiejeweilsVerantwortlichenfürsichinAnspruch,ihreArbeitensozusagenneutral,mitallerSorgfaltundObjektivitätausge-führtunddenWillendesErbauerssoweitwiemöglichrespektiertzuhaben.Ange-sichtsderTatsache,dassspätereGeneratio-nenzumeistschonmitgeringemzeitlichemAbstandzueineranderenBewertungkom-men,wäreesvermessen,wenndiejetztVerantwortlichenbehauptenwollten,esseigelungen,denOriginalzustanddieserherrli-chenOrgelvollkommenunduneinge-schränktwiederherzustellen.ZumeinengabesäußereZwänge,diebeiallenEntscheidun-genberücksichtigtwerdenmussten.ZumanderenfehleneinfachzuvieleInformatio-nenübertechnischeDetailseinerMöllerOrgel–entscheidendeBauteileundErkennt-nissesindimLaufederZeitverlorengegan-gen.Zumindestaberlässtsichdaraufverweisen,dassdieEntscheidungentranspa-rentundnachvollziehbargemachtwurdenundderZustandvorderRestaurierungum-fassenddokumentiertist.SobestehtdieHoffnung,dassspätereGenerationendieEntscheidungsprozessewenigstensnach-vollziehenkönnen,selbstwennsiederenErgebnissekritischbeurteilen.SiesolltenbeiderBewertungfreilichGoethesWort:„EsirrtderMensch,solangerstrebt“bedenken,dasganzsicherauchfürdiesesProjektundalledaranBeteiligtengilt.
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Anmerkungen1 Vgl.hierzuKlausDöhring,„JohannPatroclusMöl-
ler“,in:BarockeOrgelkunstinWestfalen.EineAusstellunginnerhalbdesFestivals„BarockinWestfalen“zum300.GeburtstagvonJohannConradSchlaun,hrsg.vonHannaloreReuter,Münster1995,S.66–73,sowieWolfKalipp,„JohannPatroclusMöller(1698–1772).GipfelpunktbarockerOrgelbaukunstinWestfalenoder:„BewahrenimFortschreiten“beikunsthandwerklich-künstleri-scherAuseinandersetzung(auch)mitwestfäli-schen(Denkmal-)Orgeln.EinEssayzum300.Geburtstag1998desbedeutendenOrgelbaumeis-ters“,in:300JahreJohannPatroclusMöller.OrgelnundAlteMusikinWestfalenundLippe.1.Festival5.bis20.September1998,hrsg.vonWolfKalipp,Soest1998,S.15–23.
2 ZurVorgeschichtederMöller-OrgelinMarien-münstervgl.RudolfReuter,„DieOrgelbautenderAbteiMarienmünster“,in:Marienmünster1128–1978,[Marienmünster1978],S.73–86,hierS.73–78(DispositionundKontraktS.76f.);dieQuellenhattebereitsJohannesLinneborn(„ZurGeschichtederOrgelnimehemaligenBenediktinerklosterMari-enmünsterinWestfalen“,in:Caecilienvereinsor-gan49(1914),Hft.1,S.168–170)veröffentlicht.ZuAndreasSchneidervgl.GerhardAumüller,„AndreasSchneider“,in:BarockeOrgelkunstinWestfalen.EineAusstellunginnerhalbdesFestivals„BarockinWestfalen“zum300.GeburtstagvonJohannConradSchlaun,hrsg.vonHannaloreReuter,Münster1995,S.43–49.
3 RudolfReuter,„DieOrgelbautenderAbteiMarien-münster“,S.84f.;esheißtdortjeweilsüberderrechtenSpalte:„Zustand1738und1967(Zutaten1967inKlammern)“.AlsZusätzevon1967sindjedochlediglichdieTremulanteninRückpositivundBrustwerksowiedieKoppelnangeführt,dieDispositionselbsthieltR.Reuterfürauthentisch.ZurdamaligenRestaurierungskonzeptionvgl.seinenAufsatz„DertechnischeAblaufdereinzel-nenRestaurierung“,in:ders.,DieOrgelinderDenkmalpflegeWestfalens1949–1971(Veröffentli-chungenderOrgelwissenschaftlichenForschungs-stelle,Nr.4),Kasselu.a.1971,S.80–87,hierS.81–84.DieDispositionsangabenineinerweiterenPubli-kationvonR.Reuter–OrgelninWestfalen.Inven-tarhistorischerOrgelninWestfalenundLippe,Kasselu.a.1956,S.159ff.–differierenetwaszudeneninderPublikationvon1978.
4 R.Reuter,„DieOrgelbautenderAbteiMarienmünster“,S.83.
5 SchulchronikzuMarienmünster;angelegtvonAlbertBollens,Januar1880;StadtarchivMarien-münsterSign.C604,insbesondereS.16–22.
6 Vgl.J.Werpup,„LehrerAlbertBollens“,in:Mittei-lungsblattStadtMarienmünster21(2008),Nr.7,25.7.2008,S.10.DerknappeArtikelbasiertaufeinschlägigenQuellenimStaatsarchivDetmold.
7 LandesarchivNordrhein-Westfalen.AbteilungOstwestfalen-Lippe(Detmold),Sign.D4DNr.215,Bd.1+2„KirchezuMarienmünster–Unterhaltung,Restaurierung,Dächer,Türme“[1853–1889],fol.542r–544r.;fol.550r–552;Datum:11.11.1877;dazuNachtragvonSuperrevisorJuliusSchneidervom11.2.1878(fol.229v–230r).
8 Ebd.,fol.565r–573v;Datum:17.6.1878.
9 DieseReparaturistnichtgenaudatiertundnurbeiläufigerwähntineinemBerichtvom16.6.1823(ErzbischöflichesGeneralvikariat,Bd.72rot,fol.391r/v;),indemdieDurchführungderaktuellenReparaturdurch„Esparding“[i.e.Isparding/Isvor-ding]angekündigtwird.
10ZurOrgelbauerfamilieIsvordingvgl.HannaloreReuter,HistorischeOrgelninSoest,Münster2009,S.13.JohannIsvordingwarderSchwagervonJ.P.Möller.
11DerKostenanschlagvonA.Bollensincl.derDispo-sitionbefindetsichimLandesarchivNordrhein-Westfalen,AbteilungOstwestfalen-Lippe(Detmold),Sign.D4D,Bd.1,fol.165r–166r;Datum:15.7.1856.
12DatumderRechnungStegerhoff:1.1.1913;dieArbei-tenwarenimSeptember1912erfolgt(PfarrarchivMarienmünster,KlosterkircheIII.KlostergebäudeI.).DiebereitsvonR.Reuter(„DieOrgelbautenderAbteiMarienmünster“,S.79)zitiertefrüheChronikderAbtei(ErzbischöflichesGeneralvikariatPader-born,Codex28,fol.9v/10r)legtwegendessehrhohenBetrages,derdemMalerJohannNepomukausBrenckhausen„proauroetargentummalleatis[geschlagen]“gezahltwurde,denSchlussnahe,dassnichtnurdasOrgelgehäuse,sondernauchdieProspektpfeifenursprünglichmitSilberfoliebelegtwaren.SpureneinerFoliierungsindheutenochsichtbar;dassessichumeinespätereArbeithan-delt,lässtsichquellenmäßignichtbelegenundistausfinanziellenGründenziemlichunwahrschein-lich.EineRekonstruktionderFoliierungwarange-
sichtsdervertraglichfestgelegten,fastausschließ-lichliturgischenFunktionderOrgelinderAbteinichtmöglich.
13DieVorbereitungenzudieserRestaurierungunddieVerhandlungenmitderFirmaA.FeithhattennochwährenddesKriegesbegonnen,dieMaßnah-meließsichjedocherstnachKriegsenderealisie-ren.
14PfarrarchivMarienmünster,KlosterkircheIII.Klos-tergebäudeI.,OrdnerOrgel1916–1921;GutachtenvonProf.Thiel,Berlin,vom15.1.1919.Thielbefürwor-tetedenVorschlagFeiths,„dieschwachintonierteGambe8’diesesManualsineinSalicional8’umzu-wandeln“.
15Fr.ArminWiese,„DiealteOrgelzuMarienmüns-ter“,S.9–12,hierS.10f.;R.Reutererwähntsieje-denfallsnicht.
16Hervorhebenmöchteichebenfallsdievertrauens-volleZusammenarbeitmitdenVertreterndesLWLMünster–Dr.BarbaraSeifen,Dr.ChristophHeuter–,demzuständigenVerantwortlichendesBLBBielefeld–Hans-PeterBeyer–,demOrganisten–HansHermannJansen–,PaterGerdvonderAbteiMarienmünstersowiedenMitgliederndesVereinsderOrgelfreundeMarienmünster.
17FürdieRekonstruktioneinzelnerTeiledesGehäu-seswarenhistorischeFotosimArchivdesLWLMünsterbedeutsam,dieausderZeitvorundnachderRestaurierungvon1920/21stammen.
EinigepersönlicheGedankenzurOrgelregionOstwestfalen
DieOrgellandschaftOstwestfalenisteineeigenständigeKulturregionmiteinerlangenOrgeltradition,diebisinsMittelalterzurück-reicht.DieOrgelinOstönnenunddieSpätre-naissance-OrgelinSt.MarieninLemgo,bei-dezwischenzeitlichhervorragendrestauriert,gehörenzudenältestenerhalte-nenInstrumenten-auchwennz.T.nurnochwenigoriginalesKlangmaterialvorhandenist.InteressantistdieBeziehungzumnie-derländischenOrgelbau,dessenEinflüsseimmerwiederbeiOrgelninWestfalenspür-barist.BedeutendeOrgelbauerwiedieFa-milieBader,dieFamilieSlegelausZwolle(GeorgSlegelbauteinLemgo),dieFamilieKlausing(JohanBerenhardKlausingbautediegutrestaurierteOrgelinOelinghausen),dieFamilieKröger,dieFamilieReinkingoderAndreasSchneider,derdieimmernochaufdieRestaurierungwartendeOrgelinCorveyschuf,wareninWestfalentätig.ZweifellosderbedeutendstewestfälischeOrgelbauerdes18.JahrhundertswarPatroclusMöller,der„OrgelbauerausLippstadt“,wieersichinSignaturenbezeichnete.InMarienmünsterbauteer1736–38eineseinerklangschönstenundgrößtenOrgeln.
AlledieseInstrumentesindoftverändertworden,vorallemim19.und20.Jahrhun-dert.KeinInstrumentistheuteimvölligenOriginalzustandvorhanden.DieseVerände-rungen,diebesondersdieKlanggestaltbe-treffen,warendenInstrumentenmeistensnichtdienlich.NochindenfünfzigerundsechzigerJahrendes20.Jahrhundertsres-taurierteman–oftinUnkenntnisderhisto-rischenGegebenheitenundauchinGering-schätzunggegenüberdemhistorischenMaterial–ineinerausheutigerSichtschwernachvollziehbarenArtundWeise.
ManmussdendamaligenOrgelbauernaller-dingszugutehalten,dassmanbeiRestaurie-rungeneinenanderenAnsatzverfolgteundvielesorgeltechnischundorgelwissenschaft-lichnochnichtbekanntunderforschtwar.Alsichvorfast30Jahren1983andieHoch-schulefürMusikDetmoldberufenwurde,wardieSituationderhistorischenOrgelninderRegionsehrschlecht.AufdereinenSeitegabesinvielenaltenKirchenbeeindrucken-deOrgelprospekte,aufderanderenSeitewarbeimSpielenderInstrumentedasklanglicheResultatmehralskläglich.GeradediebeidenParameter,diefüreinenOrganis-tensehrentscheidendsind,nämlichdieklanglicheAussagedesInstrumentssowohlinseinerGesamtheitalsauchinseinenEin-zelstimmenunddieSpieltechnik,dieeinehochdifferenzierteArtikulationmöglichmachensoll,warenbeiallenhistorischenInstrumentendefizitär.
ZurOrgelregionOstwestfalen
Prof. Gerhard Weinberger
DadurchergabensichfürKonzerte,fürCD-Aufnahmenoderz.B.auchfüreinenkünstle-rischhochstehendenOrgelunterrichtweni-gePerspektiven.
Umsoerfreulicheristes,dassnunnachfast30JahrenOrgelnzurVerfügungstehen,dienachneuestenwissenschaftlichenErkennt-nissenhervorragendrestauriertwurden.IchdenkedabeivorallemandieInstrumenteinBorgentreich,inLemgoundjetztinMarien-münster.DieseInstrumentesindwiederzudemgeworden,wassieeinstwaren:großar-tigekünstlerischeSchöpfungenbedeuten-derOrgelbauerderVergangenheit.Sieer-klingeninersterLinie„admajoremDeigloriam“unddannauchzurFreudevielerMenschen.Sieerlauben,dieWerkevonKom-ponistendes16.,17.und18.Jahrhundertsstilgerechtunddamitendlichwiedersoerklingenzulassen,wiesieeinstvondiesenMeisternintendiertwaren.DadurcherfährtdiewestfälischeOrgellandschaftnichtnureinegroßeBereicherung,sondernwirdauchwiederzudem,wassieeinmalwar:einebedeutendeOrgelregioninderMitteDeutschlands.
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EinJuwelderwestfälischenOrgellandschaft
AusdauerundvielGeduldfüreinAbenteuerGedankendesOrgelbauersPatrickArmand–Manufactured’orguesMuhleisen,Straßburg
FürunsereWerkstattbeganndasProjektMarienmünster–ohnedasswirdieswuss-ten–imHerbst2008.Prof.ChristianAhrensstatteteunseinenBesuchab,ohneunsKonkretessagenzukönnen…NachseinemBesuchvergingen8Monate,biswirwiedervonihmhörten.Daerfuhrenwir,dasswirdemnächstdazuaufgefordertwerdenwür-den,einAngebotfürdieRestaurierungderberühmtenPatroclus-Möller-OrgelvonMarienmünsterabzugeben.UrsprünglichwareinersterBesuchderOrgelfürdenSom-mer2009vorgesehen,dochdadieFinanzie-rungnichtgeklärtwar,begabichmicherstimMärz2010nachMarienmünster,uminBegleitungvonProf.AhrensdasInstrumentkennenzulernen.
DerersteKontaktmitderAbteiwarma-gisch:beiderAnfahrtwurdeichvonderSchönheitdesOrtesgefangengenommen,dieKirchtürmeerschienenzwischendenBäumenundwiesenaufdieeinigeKilome-terentfernteAbteihin.NatürlichhatteichmichvorherüberdieGeschichtedesOrtesunddesInstrumentesinformiert,denAus-schreibungstextgenaugelesen,dochkeinArtikeloderFotohattenmicherahnenlas-sen,welcheAtmosphärederRuheunddesGleichgewichtesvondiesemOrtausgeht.DieProportionenderKirche,ihreHelligkeitundForm,ihrebescheideneseitlicheEin-gangstür,fürdiemanerstdenFriedhofüberquerenmuss,dochauchihreaußerge-wöhnlicheAkustik,sindfürmichAusdruckeinereinfachen,unprätentiösenSchönheit.
AufdenFotoshattemichdasInstrumentdurchseinmajestätischesGehäusemitdenbeiden16’-Registernbeeindruckt,dochichwarüberrascht,alsichvorOrtfeststellte,dassdieOrgelüberhauptnichtdominantwirkteundsichaufeineharmonischeArtundWeiseindasGebäudeintegrierte.
AlsichmichandenSpieltischsetzte,warenmeineerstenKlangeindrückeähnlicherArt:nachderLektürederDispositionundderBeschreibungderOrgelhatteichscharfe,sehrdirekteKlangfarbenerwartet,starkausgeprägteObertöne,sogareinegewisseHärtedesKlanges!Dochstattdessenhörteichsehrweiche,rundeKlänge(zweifellossogaretwaszudunkel),einKlanggleichge-wicht,welchesdemunsererneuenOrgelnerstaunlichnahekommt!Kurz,ichwarüber-wältigtvondemPotential,welchesichschonerahnthatte.
Natürlichwarnichtallesindiese„rosaroten“Farbtönegetaucht!DemAnschlagmangelteesanPräzision,underwarsehrschwergän-gig,derWindhattekeinerleiLebendigkeit,zahlreichePfeifenfunktioniertensehrschlechtoderüberhauptnicht…SofortnachmeinenerstenBlickenindasInnerederOr-gelwarichsehrüberraschtüberdengutenZustanddesPfeifenwerkesundvorallemdarüber,dassesbisaufselteneAusnahmenkeinerleigrößere,sichtbareVeränderungengab(beiwievielenähnlichenOrgelnwurdensystematischdieAufschnitteniedrigerge-setztunddiePfeifenfüßeübertriebenweitgeöffnet?).IchverbrachtezweiTagedamit,alleTeiledesInstrumentesgenauzuunter-suchenundmichmitProf.ChristianAhrensüberdasRestaurierungsprojektauszutau-schen.
GemeinsammitunserenMitarbeiternwur-dedasAngebotwährendmehrererWochensehrgenaustudiertundausgearbeitetundimMaiabgegeben.WiesooftaufdemGe-bietderRestaurierung,lagdieSchwierigkeitdarin,dassmandieGesamtheitdernotwen-digenArbeitensopräzisewiemöglichbe-schreibenundabschätzenmusste,obwohlzahlreicheDetailsnochnichtbekanntwaren,
danochzahlreicheRecherchenausgeführtwerdenmussten.Ichdenke,dasseinederStärkenunseresAngebotesdarinbestand,dasswirkeinvorgefertigtesKonzeptvorge-legthaben,beiwelchemalleDetailsschonfestgelegtwaren,sonderndasswirunsen-gagierten,unsereArbeitdemanzupassen,waswirbeiderDemontageunddemgenau-enStudiumdesInstrumentesentdeckenwürden.
DieWartezeitwarlang.Am27.August2010erhieltenwirmitgroßerFreudedieBestäti-gungunseresAngebotes.MeineersteEnt-scheidungbestanddarin,eineReisefürun-seregesamteBelegschaftzuorganisieren:ichfandesunerlässlich,dassalleMitarbeiterunsererWerkstatt(eingeschlossenderMit-arbeiterinnenderAdministration)denOrtunddasInstrumentkennenlernenkonnten,bevordasAbenteuerderRestaurierungbe-gann.WährendeinesWochenendesEndeSeptemberfuhrenwirmiteinemBusdurchdiespektakulärenHerbstfarbennachMari-enmünster,wowirmiteinemprivatenKon-zertvonFriedhelmFlammeverwöhntwur-den.AufdieseWeisekonntesichjederMitarbeiter,jenachseinerSpezialisierung,aufdiefürihninteressantenTeiledesInstru-menteskonzentrierenundseineEindrückesowohlmitProf.Ahrens,derauchfürdieseGelegenheitangereistwar,alsauchmitdemTitularorganistenHans-HerrmannJansenoderdenMitgliederndesOrgelvereinsaus-tauschen.EinefestlicheMahlzeitim„Klos-terkrug“markiertedensymbolischenBeginnunseresAbenteuers.AndiesemWochenendekonntenwirauchunserenAufenthaltsortkennenlernen,wowirwährendderArbeitenwohnenwürden:derAuftraggeber(BLBNRW)hatteverlangt,dassdasPfeifenwerk(ausgenommendieZungenregister)vorOrtundnichtinderWerkstattrestauriertwer-
densollte.WirwurdenindenGebäudenderehemaligenAbteibeherbergt,sowurdeauchandieTraditionangeknüpft,dassdieOrgelbauerinderGemeindebeherbergtwurden,wiefrüherüblich.IchmöchteandieserStelleallenPersonendanken,dieunsdieseUnterkunftermöglichthaben,jedochauchdenFamilienunsererMitarbeiter,wel-chewährendderlangenWochendieserAr-beitenderenAbwesenheithinnehmenmussten.IchhabemeineMitarbeitergebe-ten,einigepersönlicheZeilenüberdieseaußergewöhnlicheArbeitzuschreiben.Diesistnachfolgendzulesen.
Manvergisstesoft,dochderErfolgeinersolchenArbeithängtanderQualitätjedeseinzelnenKettengliedesdesTeams.Weiteruntenkommendie„Techniker“zuWort,dochdiegesamteArbeitwurdeauchdurcheinegutematerielleOrganisationundadmi-nistrativeBegleitungermöglicht,dieeben-fallsvonvergleichbarerQualitätseinmusste.DieswurdevondreiPersonenausgeführt:Annett Jehmlich(derenEindrückeweiteruntenzulesensind),Clarisse El Hajjami,EnkeltochterdesWerkstattgründersErnestMuhleisenundtreueMitarbeiterin,diefol-gendesschreibt:
„Nach intensiven Recherchen und zahlreichen Monaten der Arbeit hier in der Werkstatt und vor Ort erstrahlt die wunderbare Orgel der Abtei wieder in ihrer ursprünglichen Pracht. Vor allem möchte ich die exzellente
und sehr angenehme Zusammenarbeit mit den für dieses Projekt verantwortlichen Personen hervorheben, die es erlaubt hat, dieses außergewöhnliche Vorhaben zu einem guten Ende zu
Clarisse El Hajjami
Patrick Armand
Spieltisch vor der Restaurierung 2010/12
Ausdauer und viel Geduld für ein Abenteuer
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führen. Ich glaube, dass alle Mitarbeiter des Hauses Muhleisen dadurch sehr reiche Erfahrungen gewonnen haben.“DiedrittePersonistdieSekretärinSophie Grieshaber,dievorallemfürdieLogistikderReisenverantwortlichwarunddieauchanderReisezumBeginnderArbeitenteilgenommenhatte:
„Die Entdeckung der historischen Orgel von Marienmünster war der Ausgangspunkt von einzigartigen professionellen Erfahrungen. Während der zwei Jahre dauernden Arbeiten wurden sehr komplexe historische und
wissenschaftliche Recherchen durchgeführt, welche zum Schriftwechsel mit deutschen, französischen und holländischen Experten führten. Wenn die Orgel in den Mauern der Abtei wieder erklingt, kann sich der Großteil der Zuhörer sicherlich kaum vorstellen, von welcher Komplexität die ausgeführten Arbeiten sind. Sie werden sicherlich die Ästhetik und den Klang schätzen, und vielleicht sind einige neugierig genug, um nach technischen Details zu fragen …“
DieStudien(1660Arbeitsstunden)
Am6.Oktober2010begannenwir,aktivzurSachezurgehen:eswarvorgesehen,vorderDemontageakustischeStudienanzuferti-gen,daentschiedenwerdensollte,obdiePedalladeneventuellwiederhinterderOrgelaufgestelltwerdensollten.Außerdemsolltedarüberentschiedenwerden,obesnotwen-digsei,hinterderOrgeleineWandeinzuzie-hen.DieseMessungenwurdengemeinsammiteinemTeamvonWissenschaftlerndesFraunhofer-InstitutesStuttgartdurchge-führt:nachdemwirMessungenfürdieReso-nanzkurvederKirchenakustikdurchgeführthatten,wurdeüberNachthinterderOrgeleineprovisorischeWanderrichtet.DanachwurdenalleMöller-Register,welchesichaufdenWindladenimUnterbauderOrgelbe-fanden,TonfürTonaufgenommen.DieseAufnahmenwurdenanschließendmitderHilfevonLautsprechernsehrhoherQualitätvonverschiedenenPlätzenaufderEmporeauswiederabgespielt.FürjedenderPlätzewurdedieResonanzdesGebäudesanvierOrtenanalysiert(Spieltisch,MittedesKir-chenschiffs,SeitedesSchiffsundChorraum).AnschließendwurdedieHälftederprovisori-schenWanddemontiertunddiegesamtenMessungenwiederholtundschließlichnocheinmalmitderkomplettdemontiertenRück-wand.Insgesamtwurdenmehrals2300Messungenausgeführt!Anschließendha-bendieWissenschaftleralledieseMessun-genimLaborausgewertetunddarüberei-nenBerichtverfasst.DurchdieMessungenwurdebewiesen,dassdieKlangabstrahlungderRegisterindieKirchekaum(sogutwiegarnicht)verändertwerdenwürde,wenndieWindladenhinterderOrgelaufgestelltwürden.Dochvorallemkamheraus,dassesnichtempfehlenswertist,einehintereWandeinzuziehen,dadadurchdasKlangvolumen
desPedalsbeträchtlicherhöhtwerdenwür-de.DieseMessungenhabenaucherlaubtfestzustellen,welchenklanglichenEffektdieinderAusschreibungverlangtenzweizu-sätzlichenRegisterSubbass16’undGedackt-bass8’habenwürden(dieseRegisterwaren1878vonDöhrezugefügtworden,zwischen-zeitlichverschwunden,undsinddochTeilderGeschichtediesesInstrumentes).AndiesenTagenderAkustik-Messungenhabeichauchdavonprofitiert,vonjedemTonjedesvorhandenenRegisterseineAudio-AufnahmezumZweckderArchivierungzumachen.DiegleichenAufnahmenwurdenauchamEndederArbeitenausgeführt.WirverfügensoüberdieeinzigartigeMöglich-keit,denKlangjedereinzelnenPfeife(oderPfeifengruppe,beidenzusammengesetztenRegistern)imZustandvorundnachderRes-taurierungzuvergleichen(undwennnötig,zuanalysieren).
WährenddesMonatsNovember2010wur-dendiegesamtenPfeifenausgebautundkomplettvermessen.Insgesamtwurdensofast30.000MessdatenundAnmerkungeninTabellenaufgenommen.Nebendemmu-seologischenunddenkmalpflegerischenInteresseandieserArbeithabenunsdieseMessungenerlaubt,insHerzderKonzep-tions-undKonstruktionsmethodenderMöl-ler-Pfeifenvorzudringen.Ziemlichschnellwurdeunsklar,dasssicheinebeträchtlicheAnzahlvonPfeifennichtmehranihremursrpünglichenPlatzbefanden(vorallemdiekleinstenPfeifen,welchemanleichtver-wechselnkann).ImZugederverschiedenenAusreinigungenundRestaurierungenwur-densiedermaßenumgestellt,dassrechtaufwändigeArbeitendesSortierensnot-wendigwurden.DetaillierteStudienderSignaturenerlaubtenuns,allePfeifenwiederanihrenursrpünglichenPlatzzustellen.
UnserIntonateur,Jean-ChristopheDebèly,schreibtweiterhintenimArtikelüberseineEntdeckungenundEindrückebeidiesemSchlüssel-KapitelunsererRestaurierung.
Gleichzeitigbesuchtenwirmehrals20Ver-gleichsorgelnderRegion,fuhrenbisnachHolland,inBegleitungvonProf.AhrensOSV,undDipl.-Ing.ArchitektHans-PeterBeyer,stellvertretenderAbteilungsleiterBLBNRW.Wirmusstenfeststellen,dasszahlreicheInstrumente,dieals„historisch“bezeichnetwerden,nurnochsehrwenigeoriginaleElementeenthalten,diealsReferenzundModellfürdieverschwundenenTeilederMöller-Orgeldienenkönnten.Einederinter-essantestenEntdeckungenmachtenwiraufdemDachbodenderJesuitenkirchevonBü-ren,wozwischen1838und1887eineMöller-Orgelvon1742installiertwar,dieursprüng-lichausderKirchevonGesekestammte.VerteiltimSchmutz,fandenwirzahlreicheMechanikteile:WellendöckchenundWellen-ärmchen,Eiche-AbstraktenmitLedermut-tern,Holzwinkel(diedenenimOrgelmuse-umvonBorgentreichglichen,welchesebenfallsbesuchtwurde)undselbsteineManualtaste.DieseElementeerlaubtenesauch,denmaximalenQuerschnittder
WellenderSpielmechanikzurekonstruieren.DiekompletteneueMechanik,diewirfürdieRestaurierungrealisierthaben,basiertaufdiesenkostbarenModellen.
Am29.NovemberbegabsicheineMann-schaftvon5PersonenvorOrt,umalleinne-renTeilederOrgelzudemontieren(dasGe-häusebliebamPlatz,daesauseinereinzigenFassadebestand,welcheindenGebäudemauernverankertunddahernichtdemontierbarwar).GemäßdemAusschrei-bungstextwurdenalle„modernen“Elemen-tevon1967entsorgt(MechanikteileausPlastikundAluminium,WindkanäleausSpanplatten,moderne,zweiarmigeManual-klaviaturen,etc.).WährendderDemontageerkanntenwir,dass,obwohldieWindladedesRückpositivs1967neugebautwurde,dieWindladenstöckevonälterenWindladenstammten!Wirentschieden,dieseWindlademitindieWerkstattzunehmenundanhandderStöckediezukünftigenLadenzurekonst-ruieren.
DieStudienderMöller-LadendesHaupt-werksunddesPedalswarenziemlichlangundkomplex:wirwolltenmitdergrößtmög-lichenExaktheitherausfinden,welcheUmbautenandiesenLaden(ursprünglichSpringladenundspäterzuSchleifladenumgebaut)durchgeführtwordenwaren.AnmehrerenProbestückenwurdendendro-chronologischeUntersuchungendurchge-führt(durchdasLabordesLouvreinParis),umherauszufinden,auswelchenEpochendieunterschiedlichenTeiledieserWindladenstammten.NachmehrerenWochenvonRecherchenundDebattenwurdeentschie-den,dasobereFundamentbrett(von1921)zuerneuern,umandieserStelledieDichtigkeitgarantierenzukönnen.Weiterhinwurdeentschieden,einenTeildermitVinylleim
(welcherzueinerKorrosionderBleipfeifenführenkann)bedecktenTeilezuersetzenundaufdenPedalladendieoriginaleDispo-sitionwiederherzustellen.WährenddieserArbeitenlösteichauchdasRätselder28vorhandenenTonkanzellen,VentilenundBohrungenindenPedalladen,dessenPfei-fenwerkjedochnuraus27Tönenbestand!BeiderletztenRestaurierungwurdendiePedalladen„seitenverkehrt“eingebaut.DeshalbsahsichderOrgelbauergezwun-gen,eineBohrungfüralleRegisteraufderCis-Lade(diezurC-Ladegewordenwar)hin-zuzufügenunddieBohrungendesd’aufderC-Lade(welchezurCis-Ladegewordenwar)zuverschließen.DurchdieseFeststellungwurdevieleslogisch:dieBasspfeifenbefan-densichwiedervornamGehäuse,wodurchdieLängederKonduktenzudenPedaltür-menwesentlichkürzerwurde,dieursprüng-lichen(zugesetzten)EingängederWind-kanälefandensichwiederamhinterenTeil,wasauchviellogischerwar.WährenddieserStudienhabenwirgleichermaßenfestge-stellt,dassdurchdieWiederherstellungderoriginalenDispositionunddieRückführungderLadenaufihrenursprünglichenPlatzdieseaufeinesehrlogischeWeiseimUnter-bauderOrgelplatziertwerdenkonntenundtrotzdemaufjederSeiteeinZugangzumSpieltischerhaltenblieb.
DurchwiederholtesBetrachteneinigerunszurVerfügungstehenderArchivfotos,stellteichfest,dassdiegeschnitztenTürendesBrustwerkesursprünglichnichtinderMittedesUnterbausangebrachtwaren(wiebeiderDemontagevorgefunden),sondernlinksundrechtsdavon.DurchdieseFeststellungkonnteichmiteinergewissenSicherheitdieFormdesUnterbaus,diePlatzierungderBalkenundderDurchgängesowiediePlatzierungdesSpieltischesrekonstruieren.
Sophie Grieshaber
Akustische Messungen
Fundstücke vom Dachboden der Jesuitenkirche Büren: Mechanische Teile als nützliche Vorlagen
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Ausdauerundviel GeduldfüreinAbenteuer
WährenddieserBeobachtungenhabeichauchentdeckt,dassdasGehäusedesRück-positivskomplettumgebautwordenwar(1921oder1967):dadieOriginalladenersetztwordenwaren,wurdendieneuenLadenhöheralsdievonMöllergelegt.AlsKonse-quenzmangelteesanHöhefürdieSchall-becherderZungenregister.DieDeckendesMittelturmeswurdendeshalb1967erhöhtunddenAußenkantensogarkleineHolz-kistenaufgesetzt,umdielängstenPfeifenabzudecken.
ZumAbschlussdiesesKapitelsüberdieStu-dienbeschreibtAnnett Jehmlich,diefürdieRedaktionderdetailliertenDokumentationverantwortlichwar,ihreEindrücke:«Als ich die ersten Bilder dieser großartigen Orgel sah und einiges über ihre Geschichte und das Restaurierungsprojekt gelesen hatte, war ich sofort in den Bann dieses Projektes gezogen. Hier sollte eine Königin wirklich wieder in ihrem ursprünglichen Glanz auferstehen, ohne dass dafür Mühen gescheut würden. Eine solche Arbeit ausführen zu dürfen, ist der Traum vieler Orgelbauer! Durch ihre Größe und das Vorhandensein von Originalsubstanz, die es so nicht noch einmal gibt, ist diese Orgel ein ganz besonderer Schatz. Ich empfand es als große Ehre und Herausforderung für unsere Werkstatt, dass uns diese Arbeit anvertraut wurde. Es war sehr angenehm, dass alle Beteiligten offen, achtsam und professionell vorgingen, so dass bei sich er gebenden Fragen gemeinsam die beste Lösung gefunden werden konnte. Diesem Instrument fühle ich mich auf besondere Weise verbunden und freue mich auf viele schöne Konzerte.»
DasGehäuse(1020Arbeitsstunden)
DadieGehäusefrontvoreinigenJahrenrestauriertwordenwar,warennurkleinereReparaturenvorgesehen.Jedochwarwäh-rendder1967erfolgtenRestaurierungderOriginal-Unterbauersetztwordenundbe-fandsichnichtmehranseinerursprüngli-chenStelle:esgabnurnocheineneinzigenDurchgang,umzumSpieltischzugelangen,welchernichtmehrinderMittestand,Ver-setzungdergeschnitztenTürendesBrust-werkes,VeränderungderDecken,Versetzung
derRückseite…NachlangenRecherchenundÜberlegungen,denkenwir,dasswirdenOriginalzustandwiederhergestellthaben.EinTeildieserRecherchen(vorallemüberdasRückpositiv)wurdevonunseremKolle-genMarcus Stahlausgeführt,welcherunsmehrmalswährendderDauerderRestaurie-rungsarbeitentatkräftigunterstützte.Erschreibtdarüberfolgendes:„Nachdem ich während einer ganzen Woche damit beschäftigt war, das Gehäuse der Orgel zu vermessen, zu zeichnen und zu fotografieren, möchte ich Sie dazu ermutigen, den Blick in aller Ruhe und nicht nur für einen Moment auf das Werk zu richten: Zerlegen Sie den Prospekt gedanklich in seine Einzelteile und Grundformen, suchen Sie nach Linien, Spiegelungen, Rhythmen, nach Spannung und Ruhe, Strenge und Verspieltheit... Was Sie sehen, werden Sie auch hören und spüren.“ Mankanndavonausgehen,dassdasHauptwerkzuMöllersZeitenwedereineDeckenocheineRückwandhatte.JedochwurdeausnaheliegendenGründendesSchutzesundderErhaltungbeschlossen,dieseElementezurealisieren.UmeineEin-heitlichkeitzuwahren,schlugichvor,derneuenDeckedesHauptwerkesdiegleicheFormwiederdesPositivszugeben.DieRückwandundDeckendesLetzterenwarenauchersetztworden,umdenOriginal-zustandwiederherzustellen.
WirhattenamhorizontalverlaufendenHauptbalken,derinderHöhederHaupt-werksladenverläuft,kleineEinschnittefest-gestellt.NachdemwirlangeZeitüberihremöglicheFunktionnachgedachthatten,(ihregeringeGrößehätteesnichterlaubt,darinhölzerneTragebalkenzuplatzieren),wurdeesfürunslogisch,dasssiefürEisen-stangenvon40x40mmgeschnittenwaren,
welchedasGehäusedurchquertenundso-garaufdemNiveauderPfeifenstöckedieProspekttürmedurchbrachen,umaufsehrgeschickteWeisedasGewichtderPfeifenzutragen.SelbstwennihreAnordnungnichtperfektsymmetrischwar(einigemmAbwei-chung),erlaubtenihreAbstände,dieHaupt-werkswindladenaufihnenzuplatzieren!Sokonntenwirsehrwahrscheinlichden
ursrpünglichenPlatzderWindladenundihrerWindversorgungrekonstruieren.Letzte-refunktionierteübereinenzentralenWind-kanal,derbeiderletztenRestaurierungent-ferntwordenwar(damalswarendieLadenengnebeneinanderliegendangebrachtworden).
Annett Jehmlich
erkennbare Durchgänge und Türen auf Archivfotos
Marcus Stahl
Dies könnte eine Zeichnung sein, oder so.
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1967waranderRückseitederEmporenbrüs-tungundunterdengeschwungenen,ge-schnitztenFüllungendesHW-UnterbauseinesehreinfachgearbeiteteVerkleidungangebrachtworden.WirschlugenwährendderArbeitenvor,dieseVerkleidungdurchRahmenundFüllungenausMassivholzzuersetzen,indenendieSchwüngederBrüs-tungunddesGehäusesweitergeführtwur-den.DiesetechnischsehranspruchsvolleArbeitwurdemitBravourdurchPierre-HenriLautrealisiert,einemSchreinergesellenaufWanderschaft,deraufseinerTourdeFranceaucheinigeMonateinunsererWerkstattgearbeitethat.DurchihnlerntenwireinehistorischeArbeitstechnikkennen,beiderdasHolzgebogenwird,nachdemesmittelsWasserdampferhitztwurde.SozeigensichheutedieSeitendesSpieltischsinEinklangmitdemrestlichenGehäuse.Erschreibt:„IchhabefürdieseOrgelviergroßegeschwunge-neTeileausEichehergestellt.DieBesonder-heitdieserTeileist,dasssiemitHilfevonDampfgebogenwerden.DasPrinzipbestehtdarin,dasHolzmittelsWasserdampfzu
erhitzen.HatdasHolzstückdienotwendigeZeitimDampfverbracht,genügtes,dasStückaufeineFormzuspannen,welchevorherangefertigtwurde.DadurcherhaltendieseTeileihrenunverwechselbarenStil,weildieseTechnikheutepraktischnichtmehrangewendetwird.Ichbinglücklich,anderRestaurierungdieserOrgelteilgenommenzuhaben.AuchanderHerstellungderre-konstruiertenPfeifenkonnteichteilnehmen,indemichvonHandeinigeMetallplattenabgezogenhabe.“
UmdasPfeifenwerkzuschützen,wurdenvierdurchbrochengearbeiteteFüllungenangefertigt,diesichaufdenbeidenSeitenderbeidenDurchgängebefinden,diezumSpieltischführen.
AlleTeiledesUnterbaus,diesichanderPros-pektseitebefinden,wurdeninderTechnikdes„falschenMarmors“angemalt,inspiriertvondenhistorischenTeilendesGehäusesundderEmporenbrüstung.DieMotiveunddieFarbenwurdenvondenVerantwort-
lichendesDenkmalschutzesfestgelegt.DieseArbeiten(sowiedieReinigungundSicherungderSchnitzereien)wurdenvonderFirmaArsColendiGmbHausgeführt.
DieWindladen(3180Arbeitsstunden)
Selbstwennesbewiesenist,dassdieWind-ladendesHauptwerksunddesPedals,diewiralsSchleifladenvorgefundenhaben,ursprünglichSpringladenwaren,bestandvonSeitendesDenkmalschutzeseinKon-sensdarüber,nichtzudiesemZustandzu-rückzukehren.EssolltederZwischenzustandvon1921restauriertwerden.DieWindladenwarenbeimAbbaumitkleinenMembranenausZiegenlederversehen,welchesichaufdenWindladenfundamentenundunterdenStöckenbefanden.HiermitsollteandieserStelleeinebestmöglicheDichtigkeitge-währtwerden,dasichdieTeilederLadenimLaufderJahrhunderteverzogenhatten.DieserechtsinnvolleTechnikwarabernichtkonformmiteinemInstrumentdes18.Jh.Deshalbwurdebeschlossen,dieseMembra-
nenzuentfernenundneueFundamenteausmassiverEicheanzufertigen,nachdemdieKanzellenundStöckeüberprüftwurden.DieSchleifenausPlastikwurdennatürlichwie-derdurchsolcheausEicheersetzt.EsgabeinelangeDebatteüberdieübertriebengroßenSpielventile(62mmfürdasCdesHW!).AuchwenndieDimensionierungorigi-nalist,habenwirsehrdaraufbestanden,dieKanzellenbreitezureduzieren(ohnedieOriginalventilezuverändern),damitdieTrakturnichtzuschwergängigwird.AuchwennunsereVersuchegezeigthatten,dassmandieKanzellenauf20mmhätteverklei-nernkönnen,akzeptiertederDenkmalschutzletztendlicheineReduzierungderersten17Kanzellenauf30mm,wasimmernocheinziemlichhoherWertistundwodurchderimmernochschwereAnschlagaufdiesemManualerklärtwird–auchwennervielangenehmeralsvorderDemontageist.NachdemdieLadendesHWkomplettres-tauriertwaren,verliefendieWerkstattversu-chejedochnichtzufriedenstellend:ummög-lichstvielehistorischeTeilezuerhalten,war
zuerstbeschlossenworden,diealteWind-ladenunterseitemitderVentilauflagezubelassen.Leiderstelltesichheraus,dasses,vonaußenunsichtbar,verstecktimInnerenderWindladedermaßengroßeRisseimHolzgab,dasseszwischenvielenKanzellenDurchstechergab,trotzderkomplettneuenAbdichtungmitWarmleim,diewirdurchge-führthatten!SomusstenwirwiedereinigeSchrittezurückgehen,dieneubeledertenVentileabreißenunddasuntereFundamentersetzen,indergleichenTechnikwiedasobere.DiezweiteTestserieverlieferfolgreich.NurzumVergleich:dieRestaurierungdieserLadenkostetedasDoppelteanZeit,diemanzurHerstellungvonidentischenneuenLadenbenötigthätte!
FürdieverschwundenenLadendesRückpo-sitivswurdebeschlossen,zweineueLadenzubauen,dochdiealtenStöckezunutzen,diesehrwahrscheinlichvonderMöllerschenOriginalladestammten.DieDispositionderRegisterdesRPistdaherso,wiesie1736gewesenseindürfte.
DieLadedesBrustwerkswardiejenige,dieimLaufederJahrhunderteambestenerhal-tenbliebundnursehrwenigverändertwur-de.WirhabendieBelederungkompletter-neuert,diePlastikschleifenvon1967durchsolcheausEicheersetztundeinneuesWind-ladenfundamentausmassiverEicheeinge-baut(dieseswurdeaufPapieraufgeleimt,damitesreversibelist),umDichtigkeitundlangeLebensdauerzugarantieren.GemäßdemWunschdesDenkmalschutzeswurdenzweikleineZusatzladengebautundzwischendemMöller-GehäuseundderBalg-anlageaufgestellt,woraufSubbass16‘undGedacktbass8‘platziertsind,welchealsKopiederRegistervonDöhrevon1878angefertigtwurden.
GastonMarx,dergemeinsammitDavidBleusethauptsächlichanallenWindladengearbeitethat,teiltunsseineEindrückemit:„Seitich1976indieWerkstattkam,habeichanvielenProjektenmitgearbeitet,Restaurie-rungenundNeubauten.EsgabimmerBe-schränkungen,diemanrespektierenmusste,dochbeidenArbeitenfürMarienmünstererreichtediesfürmichbisdahinunbekannteDimensionen!WirließeneinigeWindladen-teilemittelsDendrochronologiedatieren,umdieunterschiedlichenEtappennachvoll-ziehenzukönnen,inwelchendieTeileverän-dertwordenwaren.Wirbemühtenuns,diehistorischenTechnikenundMaterialiensoähnlichwiemöglichanzuwenden,damitderOriginalzustandwiederhergestelltwerdenkonnte.WirwohntenindenGebäudenderehemaligenAbtei,wasunserlaubte,ge-meinsammitdenKollegenentspannteMo-mentenachdenlangenArbeitstagenzuerleben.AndenWochenendenunternah-menwirsogareinigeWanderungen,umunsanderschönenUmgebungzuerfreuen.DieRealisierungdiesesProjekteswarwegenseinerDauerunddenarbeitstechnischenHerausforderungenziemlichschwierig,dochichbindarumumsostolzeraufdaserreichteErgebnis!“
DieBalganlage(1685Arbeitsstunden)
AusdenArchivtextenerfuhrenwir,dassesbeimBauderOrgel4BälgevonrespektablerGrößegegebenhatte:3,36mx1,59m,dasentspricht11’1/2x5’1/2.Eswurdesogarkriti-siert,dassnurkräftigeMännerinderLagewaren,diesezubedienen!AbgesehenvondiesenMaßengabeskeineHinweisedarauf,wiedieBalganlagekonzipiertwar.
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NachlangenDiskussionenmitdemDenk-malschutzwurdebeschlossen,dieBälgeundWindkanäleausTannenholzundnichtausEichezubauen,umzuvermeiden,dassdieBleipfeifendurchdieAusdünstungenderGerbsäureausdemEichenholzangegriffenwerdenkönnten(dieseÜberlegungenbasie-renaufForschungsarbeiten,welchevomOrgelforschungszentrumGOArtinGöteborgausgeführtwordenwaren).DieKonzeptionwarnichteinfach,daaufderEmporehinterderOrgelnurwenigPlatzverfügbarwar.DarüberhinauskanndieseBalganlageaufdreiverschiedeneWeisenfunktionieren:überdashistorischübliche,manuelleAuf-pumpenderBälgeüberFußtritte,mittelseinemmodernenOrgelwindmotoroderübereinautomatischgesteuertesAufziehenderBälge(dabeireproduzierteinpneumatischesSystemdasmanuelleAufpumpen).Nach-demesinderWerkstatteineWeilegedauerthatte,diesedreiSystemezuregulieren,funk-tionierensieheutealledreiinMarien-münster.
DiekompletteBelederungderBälgewurdesystematischdoppeltausgeführt,umeinemaximaleLebensdauerzuerreichen.DasdafürausgewählteSchafslederwurdeaufhistorischüblicheWeisegegerbt(chromfrei)undmittelsHaut-undKnochenleimaufge-leimt.JederBalgwiegt250kg,unddiege-samteBalganlagebringtesauf1,8t!SielieferteinenWinddruckvon65mmWS.DievierBälgewur-dendurchLaureMartinundNicolas Florentzrealisiert.Letztererschreibt:„Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, die historischen Techniken anzuwenden
(Anwendung von Warmleim, Oberflächen von Hand gehobelt …), was mich weitergebildet hat. Das Vorhandensein von so vielen historischen Pfeifen war auch sehr eindrucksvoll. Und der Rahmen, in dem wir arbeiten konnten, war ganz außergewöhnlich und sehr angenehm für die Entspannung zum Feierabend.“
DerSpieltisch(440Arbeitsstunden)
VomhistorischenSpieltischwarenleiderkeinerleiSpurenvorhanden.NachunseremWissenstandexistiertheutewedereineManual-oderPedalklaviaturnocheinNoten-pultvonMöller.IchmusstedeshalbdieseTeileneukreieren,imEinklangmitdennochvorhandenenhistorischenOrgelteilen.Bei-spielsweisegingvonderKonstruktionsweisederWindladeneinegewisseRustikalitätaus.Eswurdebeschlossen,fürdieManualklavia-turenkeinezufiligrangearbeitetenMotivezunutzen.DeshalbwurdendieTastenfron-tenmittraditionellenbarockenkreisförmi-genMotivenverziert,unddieUntertastenerhieltenkeineEinlegarbeiten,sondernnureineElfenbeinauflage(ausaltenVorräten,dienochausderZeitvordemHandelsverbot
stammten).DieVorderseitederKlaviatur-wangenwurdemiteinerEinlegarbeitver-ziert,welcheeinBlütenmotivaufnimmt,dassichindemwunderschönenschmiedeeiser-nenGitterdesChorraumesderKirchebefin-det.
DiegewählteOktavteilungbeträgt163mm,dieUntertastendesHWundRPsind40mm,diedesBW37mmlang.DieObertastenha-beneineLängevon67mm,wiedasaufdemBürenerDachbodengefundeneModell.FürdiePedalklaviaturwurdeeineklassischeTeilunggewählt,umdenGewohnheitenderOrganistenentgegenzukommen.JedochhabendieObertastendietypischbarockeSchnabelform,unddieUntertastensindnichtabgerundet.GemäßdemAusschrei-bungstextwurdenureineeinzigeKoppeleingebaut,RPanHW(Schiebekoppel).DieOrgelbankausmassiverEicheistauftraditi-onelleWeisemitschrägenZinkengebaut.InOstönnenexistiertnocheinMöllerscherRegisterknopf,logischerweisewurdediesesModellkopiert.DieRegisterknöpfesindausNussbaumgedrechselt.DieRegisterschild-chenwurdenvoneinerStraßburgerKalli-
graphinausPergamenthergestellt,nachhistorischenSchriftvorlagen.DadieDenk-malschützerspätereineRegisterbeschrif-tunginmodernerFormmitNummerierungverlangthatten,kannüberdenPergament-SchildchennocheinezweiteSerievonRegis-terschildchenangebrachtwerden,welcheausgraviertemHolzbestehen.
WasdasNotenpultangeht,sohatteichLust,derGemeindeeinGeschenkzumachen:ursprünglichwarnureinmassivesBrettausNussbaumvorgesehen.DochdieseswurdejetztmitdurchbrochenenMotivenge-schmückt,welchevondengeschnitztenTürendesBrustwerkesinspiriertsind.
Balghausmontage in der Werkstatt
Nicolas Florentz
Klaviaturbacken mit neu geschaffenen blütenförmigen Intarsien, analog zum ChorraumGitter Der neue Spieltisch, Notenpult mit Schnitzereien
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Ausdauer und viel Geduld für ein Abenteuer
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Ausdauerundviel GeduldfüreinAbenteuer
DieSpielmechanik(630Arbeitsstunden)
DieaufdemBürenerDachbodengefunde-nenOrgelteiledientenunsalswertvolleModelle:durchdieWellendöckchenerfuhrenwirdiemaximaleWellengröße,dieWellen-ärmchenwurdenkopiert,genausodie
Winkel,welcheeineganzspezielleFormhatten.DieAbstraktenwurdenwiedievor-gefundenenModelleausEichegefertigt,selbstwennderQuerschnittunddasGe-wichtinunserenzeitgenössischenAugenübertriebenerscheinenmögen.DieLeder-mutternwurdenvonHandhergestellt,da-mitsienichtalszumodernerscheinen.DiemiteinemGewindeversehenenAbstrakten-drähtewurdenverzinnt,damitsiegegendieOxydationmitderGerbsäuredesLedersgeschütztsind.MarcusStahl,dereinenGroßteildieserBauteilehergestellthat,meintdazu:„EswarmeineAufgabe,dieTrak-tur,alsodiemechanischeVerbindungzwi-schenTasteunddemVentil,welchediePfei-fenmitWindversorgt,zubauen.DieoriginalenTrakturteilewarenbeiderletztenRestaurierungdurchdamalsmoderneTeileersetztworden,funktioniertennichtrichtigundpasstennichtzumhistorischenInstru-
ment.DieneuentstandeneMechanikstelltnundemOrganistendasrichtigeWerkzeugzurVerfügung,mitwelchemerdenKlangjedereinzelnenPfeifegenaunachseinenVorstellungenbeginnenundbeendenkann.“WeildieVentilgrößenfürdiedreiWerkesounterschiedlichsind,istfürdenAnschlagverschiedenvielKraftaufwandnotwendig:imHauptwerkgibtesdengrößtenWider-stand(sieheauchdieErklärungdazuimKapitel„Windladen“),mit260g,danachkommtdasRückpositivmit170g(wirbelie-ßenbewusstdieVentileeinermittlerenGrö-ße)undletztendlichdasBrustwerk,welchesmit120geinsehrleichtesunddetailliertesSpielerlaubt.DerOrganistmussauchnachderLogikdesentsprechendenStückesunddergewünschtenGravitätdesAnschlagesdasjeweiligpassendeWerkauswählen.
ObwohldiePedalmechaniksehrkomplexist,dasiesowohlaufbeideSeitenderOrgel(zudenMöller-Laden)alsauchhinterdieOrgel(Zusatzladen)führt,erlaubtsieeinpräzisesundruhigesSpiel.
DieRegistermechanik(610Arbeitsstunden)
DiegeringeHöhedesUnterbaus,dieAnwe-senheitdesBrustwerkesdirekthinterdemSpieltischunddasVorhandenseinderbeidenDurchgängelinksundrechtsdesSpieltischessindkeinegeringfügigenHindernissegewe-sen,umPlatzfürdie46Registerzügezufinden!DieoriginaleMechanikvonMöllerwargezwungenermaßenganzandersalsdieheutige,dasiefürSpringladengebautwar.Jedochwaresmirsehrwichtig,eineMecha-nikinderTraditiondes18.Jh.zubauen,mitEichenwelleneinesrelativgroßenQuer-schnitts,ausgerüstetmitArmenausSchmie-deeisen,WellenausEisenfürdasRückpositiv
unddasPedal,Holzschwertern,durchwel-chedieSchleifenbewegtwerden,überdieSchleifenenden,dievominBürengefunde-nenModellinspiriertwurden.
DasPfeifenwerk(5080Arbeitsstunden)
AufderhinterenUmschlagseitedieserBroschürebefindensichDetailsüberdasPfeifenwerk.
DieswardergrößtePostenbeidieserRes-taurierung!IndiesemKapitelmussmanzwischendenbeidenPfeifenfamilienunter-scheiden:denLabialpfeifen,derenQuasi-TotalitätausOriginalpfeifenvonMöllerbe-steht,unddenZungenpfeifen,vondenenleidernurnochdieSchallbecheroriginalsind,vondenenallerdingseinigestarkver-ändertwurden.
DerDenkmalschutzhattegewünscht,dassdieLabialpfeifenausschließlichvorOrtres-tauriertwerden,ummöglicheBeschädigun-genbeimTransportindieWerkstattzuver-meiden.DeshalbhabenwirunterderEmporeeinerichtigeWerkstatteingerichtet,wounserePfeifenmacherundIntonateure
währendmehrererMonategearbeitetha-ben,wieesauchseinerzeitbeimOrgelbauüblichwar.SiehabendiePfeifengerichtet,ausgebeult,sortiert,dieursprünglichenSeri-enwiederhergestellt,die„modernen“Me-tallstücke(von1967)durchTeileersetzt,dieausdenOriginalenentsprechendenMetall-legierungenhergestelltwordenwaren.Meh-rereProbendesOriginalmetallswarenaneinLaborgeschicktworden,umdieexakteZusammensetzungzubestimmen.
BeidenProspektpfeifenhandeltessichumfastreinesBlei,undbeidenInnenpfeifengibtes7%Zinn.MehralseineTonneMetallwurdegeschmolzen,inPlattengegossenundmitderHandausgehobelt,umdasAus-gangsmaterialfürdieseRestaurierungunddieRekonstruktionderverlorengegangenenRegisterherzustellen.Mehrals300PfeifenhabeneinenbeweglichenDeckel,derwäh-
rendderletztenRestaurierungmitFilzgar-niertwurde.Dieses„moderne“MaterialmussteentferntunddurchLederersetztwerden,dessenStärkesorgfältigausgewähltwerdenmusste,umeineperfekteDichtig-keitzugewährleisten.AlleindieRestaurie-rungderProspektpfeifendauertemehrals
1100Stunden.DieDenk-malpflegehattedarumgebeten,derenFüßeundKernenichtsystematischzudemontieren(selbstwennallegroßenPfeifeninderVergangenheitei-nenInnenfusserhaltenhattenundihreKerneersetztwordenwaren,zogenwiresvor,nichtnocheinmalmehrzuin-tervenieren,außerbeigrößterNotwendigkeit).Die1967zugefügtenTeile
sindalsoheutenochanihremOrt.Wirins-tallierteneinSystem,umdie21größtenPfei-fenmittelsKabelnzuhalten.DafürmusstenüberdenbeidenPedaltürmenMetallbogenangebrachtwerden,welcheinderKirchen-mauerverankertsind.DieseMaßnahmeverhindert,dassindenkommendenJahrendieFüßedieserPfeifenerneuteinsinken.Alle1967eingebautenPfeifenrasterundHalte-vorrichtungen(ausSperrholz)wurdendurchsolcheausmassiverEicheersetzt.AllePfei-fenverlängerungen,die1967angebrachtwordenwarenundderVereinfachungderStimmbarkeitdieserPfeifengedienthatten,wurdenentfernt.HeutesinddieProspekt-pfeifenwieder„aufTon“gestimmt,wiezurEpocheMöllers.
InderoriginalenDispositiongabesnursechsHolzpfeifen.SiewarenverschwundenunddurchgedeckteMetallpfeifenersetzt
worden.WirhabendiesesechsPfeifenausEichenholzrekonstruiert(4fürdenPrincipal16HWund2fürdenPrincipal8RP).Diebei-denvonDöhre1878zugefügtenRegisterwurdenausFichtenholzrekonstruiert,aufderBasisderMensuren,welcheimAngebotdiesesOrgelbauersangegebenwerden
(137x125mmfürdasC).SiesindaußerhalbderMöller-Orgelplatziert,damitdieserZu-satzganzunmissverständlichsichtbarist.KonträrzudenLabialpfeifen,hattenwirbeidenZungenpfeifenleidernichtdasGlück,überumfangreichesOriginalmaterialzuverfügen.AusschwererklärbarenGründenistdieGesamtheitderNüsse,Kehlen,Zun-genblätter,StimmkrückenundFüßeeiners-tesMalbeider1921erfolgtenRestaurierungundeinzweitesMal1967ersetztworden!NurdieMöllerschenSchallbechersindunserhaltengeblieben.JedochsindLetztereleidernichtintaktgeblieben.Gemäßunse-renBeobachtungennehmenwiran,dassdiesePfeifen,dieschlechtgehaltenwaren,anverschiedenenStelleneingesunkenundeingeknicktwaren.AnstattdieKnickstellenwiederzurichten,habenesdieOrgelbauervorgezogen,dieBecherandiesenStellenzuschneiden.Dochstattdiegeschnittenen
Wellenbrett der Spielmechanik Holzschwerten im Pedal Quintadena Deckel Restaurierte Zungenbecher
geknickte Pfeifen, Foto ca. 1921
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Teilewiederzurekonstruieren,habensieempirischeVerlängerungenangebracht,mitTeilen,dieaufverschiedeneArtkonischwa-renundunterschiedlicheDurchmesserhat-ten.Dadurchwarensieanschließendge-zwungen,dieSchallbecherobenabzuschneiden,umsiekorrektstimmenzukönnen!Mankanndaherbehaupten,dassdieFormunddamitauchderklanglicheEffektdieserBechernichtmehrvielmitdenOriginalenzutunhatte.GlücklicherweisewarenaufeinigenBecherinnenseitenRestederZirkelspurenvomAnreiseneingraviert,wodurchihreursrpünglicheFormundLängerekonstruiertwerdenkonnte.ManmusstedeshalbfürjedederbetroffenenPfeifensowohleinePapierschablonefürdieSpitzealsaucheinefürdenoberenTeilderPfeifeanfertigen,umdieseFormaufeineMetall-platteübertragenzukönnen,auswelcherdanndieVerlängerunggefertigtwurde,dieandenhistorischenBecherangelötetwurde.NachlangenDiskussionenwurdeentschie-den,dievon1967stammendenKehlenzubehalten.FürdieseverschiedenenZungenre-gistergibteskeinexistierendesVorbildvonMöllermehr,undanstattneueKehlenohneeinadäquatesModellanzufertigen,schienesvernünftigerzusein,dievon1967(vonGieseke)zubehalten,welcheguterQualitätsind.SollteneinesTagesOriginalmodellevonMöller(?)auftauchen,kannmanimmernochdarübernachdenken,davoneineKopiefürMarienmünsteranzufertigen!AusästhetischenGründenwurdendiein-dustriellhergestelltenPfeifennüssevon1967durchsolcheausgedrechseltem,massivemNussbaumholzunddieFüßeausZinn/ZinkdurchsolcheausBleiersetzt.
Aurélien Reichart,derverantwortlichePfeifenmacher,erzähltuns:
„Die Orgel von Marienmünster ist eines der schönsten Instrumente, das wir je restaurieren durften. Ich hatte das Vergnügen, verschwundene Pfeifen als Kopie anzufertigen und diejenigen von 1736 zu restaurieren. In unserer heutigen Zeit ist es
nicht immer möglich, solche Arbeiten, wo auf Authentizität ein so großer Wert gelegt wird, zu finanzieren. Deshalb war es ein richtiger Glücksfall, diese Arbeiten ausführen zu dürfen. Darüber hinaus ist die Umgebung wunderschön und erlaubte es, dass ich die Monate, die ich fern von zu Hause gearbeitet habe, unter sehr guten Bedingungen verbrachte.“
Philippe Zussy,PfeifenmacherundIntonateur,erinnertsich:
„Ich habe bei der Restaurierung der Pfeifen mitgearbeitet und bei den Nachforschungen über die Register, deren ursprünglichen Pfeifen auf mehrere Register verteilt worden waren. Ich habe auch bei der Intonation mitgearbei
tet. Es war sehr interessant, die Arbeitsweisen wieder aufzunehmen, mit denen zur Zeit Möllers gearbeitet worden war und die Restaurierung so nah wie möglich an den Originalzustand zu führen, mit den damals üblichen Materialien und Techniken. Für die Arbeit vor Ort hatten wir eine fast klösterliche Ruhe!“
DieMontage(3900Arbeitsstundeninkl.Reisezeit)
UmdieOrgelteileinderWerkstattgenauvorbereitenzukönnen,habenwirdenStand-ortdesaltenGehäusesunddieEmporemitLasertechnikvermessen.Anschließendha-benwirinunsererWerkstattsowohldieWändederKirchemitihrerNeigungunddieunterschiedlichenNiveausdesBodensnach-gebautalsauchdieBalkenprovisorischalsKopiedervorOrtgebliebenenangefertigt.SokonntenwirdiekompletteBalganlage,denneuenUnterbau,dieWindladen,denSpieltischunddieverschiedenenMechanis-menaufbauenunddieHochrasterfürdiePosaune16’realisieren.
Am21.Mai2012kameinbisuntersDachvoll-geladenerLastwageninMarienmünsteran.EinTeamvonneunMitarbeiternwarindererstenWochevorOrt,umalleTeileaufdieEmporehinaufzutransportieren.Aucheini-geMitgliederdesKirchenchoreshalfenbeimAbladenderBälgemit.
WieMöllerzuseinerZeit,justiertenauchwirdieRasterbretterfürdiePfeifenmittelsAus-brennenimKirchenraum,natürlichmitdemEinverständnisdesPfarrers(wegendesdurchdieseArbeitfreigesetztenRauches).DieseArbeitkonntenwirankeinemanderenOrtausführen,dadiePfeifeninderKirchegebliebenwaren.
Nachundnach,gutversteckthinterdemProspekt,fandenalleTeileihrenPlatzinderOrgel,sodassam9.Juli2012mitderIntona-tionbegonnenwerdenkonnte.
EinigeOrgelbauerteilenunsihreErfahrun-gendieserlangen,intensivenArbeitswochenmit:
Christoph Göb: „Für mich war es ein besonderes Erlebnis, an der Orgel zu Marienmünster mitwirken zu dürfen. Eine solche Restaurierung ermöglicht es, Arbeitsweisen anzuwenden, die heute
auf Grund des hohen Zeit und Arbeitsaufwandes leider immer mehr drohen, verloren zu gehen. Alte Verfahrenstechniken, die zwar viel Zeit in Anspruch nehmen, aber dadurch auch wesentlich langlebiger einem Instrument dienen können, und die ihm ( meiner Ansicht nach) darüber hinaus mehr Leben und Ästhetik zu verleihen wissen. Außerdem war es beeindruckend, während der Arbeiten in der Abtei wohnen, aus der Küche auf die Baustelle fallen und ab und zu in der Mittagspause oder nach dem Abendessen um den kleinen See laufen zu können. Ich danke daher besonders für die außergewöhnliche Unterkunft der Werkstatt, dass ich an einem solchen Projekt habe mitarbeiten dürfen, als auch für die immerwährend gute Laune, im Besonderen aber meiner Familie und meiner Freundin, die mir über all die Zeit des Werdens des Instrumentes Unterstützung und Kraft gegeben haben!“
Christoph Brandstetter: „Gleich nach meiner Ankunft in der Firma hatte ich Gelegenheit, die
Pfeifen für das Zusatzpedal herzustellen. Hierbei kam eine mir bis dahin unbekannte Technik zur Anwendung. Das ist es, was unser Handwerk interessant macht. Jede Orgel ist ein Prototyp, zumal eine wie diese:
man erfährt immer etwas Neues. Des Weiteren habe ich die Windkanäle ausgeführt.“
Alexandre Brunner:„Während der Restaurierungsarbeiten war ich Lehrling. Durch dieses Projekt habe ich einiges vom traditionellen Knowhow unseres Berufes entdeckt und konnte es sofort anwenden; einerseits bei den verwendeten Materialien und andererseits auch bei den Arbeitstechniken. Es war sehr interessant, die Orgel wieder zu rekonstruieren, „so, wie sie ursprünglich gewesen ist“. Dadurch musste man viel nachdenken und vor allem mit dem größten Respekt vor dem Instrument vorgehen. Bei diesen Arbeiten wurde mir auch bewusst, welche Erfahrungen die „Alten“ an uns Jüngere weitergeben können. Dies lief sehr gut in unserem Team, welches bei diesem Projekt zusammengearbeitet hat und war sehr gewinnbringend für meine berufliche Ausbildung. Darüber hinaus erinnere ich mich mit Vergnügen an die guten Momente, welche wir im Team vor Ort erlebt haben. Nach den langen Arbeitstagen konnten wir uns eine Mahlzeit teilen und uns gegenseitig versichern, dass wir mit unserer Arbeit zufrieden waren. Und ich erfuhr, dass man selbst in schwierigen Momenten mit etwas gutem Willen doch noch erfolgreich sein kann. Ich empfinde es als eine große Bereicherung, während meiner Lehrzeit mit einer Orgel wie in Marienmünster in Berührung gekommen zu sein.“
Yves Schultz:„Ich bin stolz darauf, einen so noblen Beruf wie den unseren ausüben zu können, wo wir die Früchte unserer Arbeit noch an zukünftige Generationen weitergeben. Es berührt mich zum Beispiel,
daran zu denken, dass mehrere Generationen von Organisten auf der Orgelbank sitzen werden, welche ich hergestellt habe. Zu wissen, dass wir
die Fackel von Kunsthandwerkern übernehmen, die vor uns gewirkt haben, ihren Spuren zu folgen und ihre Arbeit zu respektieren, ist sehr motivierend. Ich konnte nicht verhindern, jeden Abend von einem Gefühl des Stolzes bewegt zu werden, wenn ich beim Verlassen der Kirche die Orgel betrachtete.“
Aurélien Reichart
Philippe Zussy
Helfereinsatz beim Transport der vormontierten Gehäuseteile in die Abteikirche
Christoph Göb
Christoph Brandstetter
Yves Schultz
Ausbrennen der Rasterbretter
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Ausdauerundviel GeduldfüreinAbenteuer
DieIntonation(1400Arbeitsstunden)
IndererstenPhasegingesdarum,allePfei-fenwiederzumkorrektenFunktionierenzubringen.DieseArbeitwurdeaneinerWerk-bankunterderEmporeausgeführt,indemjedePfeifemitdemMundangeblasenwur-de(wobeieinAufsatzgenutztwurde,umdenIntonateurvordemdirektenKontaktmitdemBleiindenPfeifenzuschützen).
DerIntonateurJean-Christophe Debélyschreibt:
Als wir mit den Restaurierungsarbeiten begannen, war die Orgel von Marienmünster dafür bekannt, noch über ca. 80% ihres originalen Pfeifenbestandes zu verfügen. Jedoch stellten sich uns bei der Demontage
viele Fragen, was genau diesen offensichtlich wenig veränderten Pfeifen im Laufe ihrer Geschichte zugestoßen war. Deshalb ist es wichtig, einen kurzen Blick auf die Geschichte der verschiedenen Arbeiten an der Orgel zu werfen, um besser zu verstehen, was passiert sein konnte.
ZwischenihremBauimJahr1738und1854,alsofast150Jahrelang,sindunskeineAuf-zeichnungenübererfolgteReparaturenoderUmbautenbekannt.1854erwähntderOrga-nistAlbertBollensinseinerSchulchronikArbeiten,diemitderRekonstruktionderbeidenKirchtürmeinZusammenhangstan-den.TrotzeinerSchutzabdeckungbefandsichdieOrgeleinigeZeitunteroffenemHimmel.EsregneteindieOrgel,Steine,Mör-telundHolzstückchenfielenindiePfeifen…SpäterübernimmtBollensdieReparaturderOrgel.Wirwissennichtgenau,waser
gemachthat,ererwähntnurdasEndederArbeiten.
ImJahr1877legendieOrgelbauerRande-brockausPaderbornundDöhreausStein-heim(derdieArbeitendannauchausführ-te)beideeinenKostenvoranschlagvor,derumfassendeReparaturenundeinigeUm-bautenbeinhaltet,unteranderemwirder-wähnt:beträchtlicheKostenfürdieRepara-turdereingesunkenenodergeknicktenPfeifen,derErsatzvonkaputtenZungenblät-tern,derUmbauderMixturVdesHaupt-werkesineineMixturIV,ErsatzderCymbaleIVdurcheinenPrestant4’,UmbauderWald-flöte2’desPositivsineinen1’,EntfernungvonKornett2’undBauernflöte1’ausdemPedal,NutzungvonPfeifenausdenentfern-tenRegisternzurKomplettierungvonver-schwundenenPfeifenausanderenRegistern.
1921führtderOrgelbauerAntonFeithausPaderbornwesentlichumfangreichereArbei-tenaus:dieSpringladenvomHauptwerkundPedalwerdenzuSchleifladenumge-baut,dochunterBeibehaltungdesKanzel-lenrahmens,dieLadedesRückpositivswirddurcheineKegelladeersetzt,dochglückli-cherweiseunterBeibehaltungderursprüng-lichenStöckeundRaster,diePedalladenwerdenhinterdieOrgelgelegt,mitpneuma-tischerTraktur,dieNüsse,KehlenundStiefelderZungenregisterwerdenersetzt,undzuguterLetztwirddiemechanischeRegister-trakturdurcheinepneumatischeersetzt.ImAbnahmegutachtenwirderwähnt,dassderoriginaleWinddruckvon65mmbeibehaltenwirdunddiehalbmondförmigenEinschnitteandenoberenPfeifenrändernsorgfältigmitMetallstückendergleichenFormgeschlos-senwerdenunddassFeithdieIntonationdesInstrumentessehrgutausgeglichenhabe.
1967restauriertdieFirmaBreilausDorstendasInstrument.DieseRestaurierunghattezumZiel,zumOriginalzustandzurückzukeh-ren.DiePedalladenwerdeneffektivwiederinsGehäuseverlegtunddiemechanischeRegistertrakturwirdwiederhergestellt.GlücklicherweisewerdendieLabialstimmennichtverändert,vorallembleibendieAuf-schnitthöhenerhalten,wasfürdieseZeiteinebemerkenswerteSeltenheitist.DieZungenregisterwerdenhingegenstarkver-ändert:mitdemlobenswertenAnliegen,diefragilenSpitzenderZungenbecherzukonso-lidieren,werdendaranAnlängungenausZinngelötet,diejedochanderskonischalsdieBechersind.DadurchwerdendieBecherverlängertunddeshalbobenabgeschnitten.
BeidenAufschnitthöhenhatmandenEin-druck,dasseinigeerhöhtwordensind,dochnichtaufeinesystematischeArtundWeise.EinesehrgroßeAnzahlderAufschnittescheintoriginalzusein.WirhabendahereinigewenigeAufschnittewiederniedrigergesetzt,dochnurdort,woesunbedingtnotwendigwar.DieKernsticheschienennachträglichgesetztund/odervertieftwor-denzusein;selbstkleinePfeifenhattentiefeKernstiche,wasbeieinerOrgelausdieserZeitkaumoriginalseinkann.DarüberhinaushattenvieleKerneanderunterenFlächeeinenmerklichenGrat,deraufdiemarkan-tenStichezurückzuführenist.Deshalbha-benwirmitHilfeeinesabgerundetenMe-tallstabes,derdurchdasFußlocheingeführtwurde,dieseStichewiederverschlossenunddenGratentfernt,umdemKlangseineFri-schezurückzugeben.
DiePfeifenfüßewarenstarkgeschlossen.Wirnehmenan,dassDöhre1879praktischnichtsanderIntonationveränderthat,trotzderverändertenRegisterunddassderGroß-teilseinerArbeitdarinbestandenhat,dieSchädenvon1856zureparieren,dieBollensvielleichtnichtsogutreparierthatte.Jedochnehmenwiran,dasFeith1921dieIntonationstarkverändert(„verdunkelt“)unddieOrgelgleichstufiggestimmthatte.Denn1919hat-teFidelisBöserdasInstrumentbesuchtundseinespezielleStimmungfestgestellt.Daherkannmanannehmen,dasszudieserZeitdieTemperierungnochungleichstufigwar.BeiderAbnahmederFeithschenArbeitenmerktderSachverständigean,dassdieInto-nationausgeglichenwurdeundmanjetztauchmoderneKompositionenspielenkön-ne.Deshalbnehmenwiran,dassderGroß-teildererfolgtenVeränderungendesKlan-geszudieserZeiterfolgte.Darüberhinausdenkenwir,dassderUmbauvonSpring-zuSchleifladenunddieVeränderungenderBohrungenundFräsungenderStöckedesHauptwerkeseinegroßeAuswirkungaufdieIntonationhatten,dadieWindzufuhrandenPfeifenfüßensignifikantverändertwurde,woraufhindieFüßeweitergeschlossenwur-den.AlsKonsequenzdaraushatesdenAn-schein,dassbeider1967erfolgtenRestaurie-rungbeidenLabialstimmennichtsverändertwurde,wederinRichtungRoman-tiknochinRichtungBarock,wieeszudieserZeitoftderFallgewesenist.
FürdieRecherchenderursprünglichenTem-perierungsindbesondersdiePfeifenlängenwichtig,dafandenwirvierArtenunter-schiedlichstarkveränderterPfeifenvor,vondenenwireineArtalsMöllerscheOriginal-längeklassifizierenkonnten:Pfeifen,derenobereEndenunregelmäßigundabgenutztwaren,mitkleinen,abgerundetenSchnittflä-
chenvonwahrscheinlichmitdemMesserausgeführtenSchnitten.BeiallenanderenPfeifenhabenwirfestgestellt,dasssieimLaufederGeschichteabgeschnittenwordenwaren.
BeimWiedereinbauderPfeifen,d.h.beiderIntonation,wurdendiePfeifen,dieihreOri-ginallängebehaltenhatten,markiertundmiteinanderverglichen.Esstelltesichher-aus,dasseinigeTönewieD‘sundBdurchEinkulpenoderAnlötenvonSeitenbärtenofttiefergestimmtwordenwaren.Andere,wieF‘soderC‘swarenfastalleabgeschnitten.SofandenwirnachderIntonationeinigerRegistereineOrientierungzumitteltönigerTemperierung.NachgenauenMessungenallernichtverändertenPfeifenstelltesichheraus,dasseinemitteltönigeTemperierungmit1/6KommabestmöglichdemoriginalenPfeifenwerkentspricht.
Esistimmerschwierig,denKlangeinesInst-rumentesmitWortenbeschreibenzuwol-len.Wirhabenfestgestellt,dassdieGrund-stimmenfarbig,jedochsanftintoniertwaren,mitrelativdiskretenBässen,wieesauchdieschmalenMensurenim4’-und8’-Bereichbezeugen.DiesichimProspektbefindlichenRegister,mitmerklichweiterenMensurenklingenauchvielvoller.DieMix-turenundandereAliquot-Stimmenschei-nen,vonihrerLängeherzuschließen,ziem-lichlautintoniertgewesenzusein.Allgemeinlässtsichfeststellen,dassdienichtverändertenAufschnitthöhenziemlichunregelmäßigwaren,worausmanschließenkann,dassMöllerandereKlangidealehattealswirheutzutage,wowireineinStärke,KlangfarbeundAnsprachesehrausgegliche-neIntonationanstreben.EinbesondersschwierigesUnterfangenwares,zuunter-scheidenzwischendemZustandderPfeifen,
JeanChristophe Debély
im Hintergrund pneumatische Registratur, 1921
Originale Aufschnitthöhen
Verformte Pfeifenmündungen
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dendurchgeführtenVeränderungenundReparaturenundunserermodernenAuf-fassungvonPfeifenklang.UnserVorgehenbestanddarin,dasswirnurdortvorsichtignachgebesserthaben,woaufoffensichtlicheWeiseetwasverändertwordenwar.UnserVorgehenkannmanmitderReinigungvoneinemhistorischenGemäldevergleichen:womanvorsichtigversucht,sowohldenSchmutzalsauchdiespäterzugefügtedunkleFarbschichtzuentfernen,umdieoriginalenFarbenundFormenwiederzufinden.Wirhabenwederversucht,zukorri-gieren,wasunsvielleichtalsnichtlogischerschien,nochbeieinemMangelanAn-haltspunktenwildspekuliert,wienundiesesoderjenesDetailgewesenseinmüsste.DieswarbeispielsweisebeidenZungenpfeifenderFall,wowirdieKehlenvon1967wiedergenutzthaben,dawirnirgendwoeineMöl-ler-Kehlegefundenhatten,dieunshättealsModelldienenkönnen.
„DieseOrgelhatvonmirmehrArbeitver-langtalseinneuesInstrument,daesbeifastjederPfeifeeinanderesProblemgab,undjedesMalmussteichmirverschiedeneFra-genstellen,wiez.B.:WaskannmanfürdiesePfeifemachen?WasistdieserPfeifewider-fahren?BestanddasProblem(Blas-oderNebengeräusch,schlechteAnsprache,Labi-umzuhochoderzutief…)schonseitdemOrgelbau,undwasmachenwirnun?Solassenoderkorrigieren?
DiesisteinesehrinteressanteArbeit,dochaucheinegroßeHerausforderung,daichnichtdieFreiheithattewiebeieinerneuenOrgel.EswarjedocheinesehrguteÜbung,meineDenkweiseinFragezustellenundmichaufdieGrenzeneinzulassen,diediePfeifenvorgaben.DerbewegendsteMomentfürmichwar,alsessichbeidenNachfor-
schungenundMessungenzurursprüng-lichenTemperierungherauszustellenbe-gann,dassdieseinemitteltönigegewesenwar,274JahrenachdemOrgelbauunddenganzenUmbauten!“
WieesJean-ChristopheDebélyweiterobenberichtethat,ließenwirunswährendderIntonationvondenPfeifenleiten,habensiebestmöglichzumKlingengebracht,ohnedieImperativedermitteltönigenTemperierungausdemBlickzuverlieren.DiePfeifenpara-meterhabenunsdieRichtungfürdieInten-sitätunddenKlangcharaktervorgegeben.Manchmalwarenwirvondiesemoderje-nemKlanggleichgewichtüberrascht,dochhabennieversucht,einepersönlicheNoteeinzubringen.Ichglaube,dasssichdiesesInstrumentheuteinseinermusikalischenBestformbefindetunddieKlangfarbendenvonPatroclusMöllergeschaffenenundge-wünschtensehrnahesind.JetztistesandenOrganisten,ihrTalentzunutzenundsichgleichermaßenvondenKlangfarbeninspirierenzulassen,sowiewirvonjedereinzelnenPfeifeinspiriertwurden.
AbschließendmöchteichallenMitwirken-denundVerantwortlichendieserRestaurie-rungdanken,allenvoranProf.ChristianAhrensundDipl.-Ing.Hans-PeterBeyer(BLBNRW).SelbstwenneswährenddesgesamtenProjektverlaufeseinigeschwierigePhasenundkomplexeVerhandlungengab,konnteichdochimmerspüren,dassihrVer-traueninunsereWerkstattunerschütterlichblieb.UnddiesesVertrauenschenkteunsdienotwendigeEnergie,deneingeschlagenenWegimmerweiterzuverfolgenundunsvondenSchwierigkeitennichtentmutigenzulassen.GleichermaßenmöchteicheinigenPersönlichkeitenausderOrgelweltdanken,diewirbeidenverschiedenenRecherchen
kontaktierthabenunddienichtzögerten,ihre„Geheimnisse“mitunszuteilen:OBMHelmutWernervomEule-Orgelbau,Muse-umsleiterJörgKraemer(Borgentreich),e.Kfm.HendrikAhrend,KoosvandeLinde,OBMRowanWestundandere.
PaterGerdBlick,Hans-HermannJansenundseinerFrauCarmensowieSabineSchmidt-BerendesundderDerenthal‘schenStiftungsindwirdankbarfürdenaußergewöhn-lichenRahmenunsererUnterbringungindenGebäudenderAbtei.
DasSchlusswortüberlasseichunseremWerkstattmeisterDavid Bleuset,derdenTeamgeist,welcherwährenddergesamtenArbeitenwirksamwar,sehrschöninWortegefassthat:Diese vielen gefahrenen Kilometer, um die Abtei mit der Werkstatt zu verbinden. Diese lange Zeit der Konzentration, um angemessene Lösungen zu finden. Diese Stunden des Arbeitsalltages, ausgefüllt mit Tragen, Anreißen, Sägen, Hobeln, Anpassen, Zusammenbauen, Regulieren… Diese Momente des Zweifels und der Müdigkeit.Die Mahlzeiten und Abende unter Kollegen: diese Momente der Entspannung. Alle diese Erinnerungen haben sich in meinem Gedächtnis eingeprägt. Aber nun lade ich Sie ein, die Empore zu besteigen, Ihre Augen weit zu öffnen und Ihren Blick langsam schweifen zu lassen; anschließend hinunter in die Kirche zu gehen, um dieses Mal Ihre Ohren gut zu öffnen und jeden Ton des In strumentes hineinzulassen. In der Hoffnung, dass sich diese Erinnerung in Ihrem Gedächtnis einprägen wird.
Marienmünster, Oktober 2012
Patrick Armand
PED:C-d‘
BW:C,D-c‘‘‘
HW:C,D-c‘‘‘
PED:C,D-c‘‘‘
OriginalMöller
TeilweiseOriginal
Neu:Muhleisen
Principal16
Octav8
Mixtur6f
Subbass16
Gedactbass8
PED
Winddruck:65mmWSStimmhöhe:477Hzbei18°CTemperierung:MitteltönigB/g‘
SchreibweisenachBollens(1879)
Quintadena8
Gedact4
Quinte1B/c
Mixtur3f
BW
Flötetraverso8
Octav2
Flageolett1B/c
Krummhorn8
BW
Choralflöte1
Posaune16
Nachthorn4
Trompet8
Cornett2
PEDPrincipal8
Octav4
Super-Octav2
Sesquialtera2f
Quinte3
Mixtur4f
Ventilator
RP
Principal16
Octav8
Octav4
Sesquialtera3f
Quinte6
Mixtur5f
Cimbal4f
HW
VioladiGamba8
Gemshorn8
Tertia3
Cornett3f
Flöteduis4
Trompet8
Voxhumane8
HWGedact8
Rohrflöte4
Waldflöte2
Fagott16
Quintflöte2C/d
Hautbois8
Calcant
RP
Disposition
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Ausdauerundviel GeduldfüreinAbenteuer
AndieserRestaurierunghabenmitgearbeitet:
§ PatrickArmand§ JulienBailly§ DavidBleuset§ ChristophBrandstetter§ AlexandreBrunner§ Jean-ChristopheDebély§ ClarisseElHajjami§ NicolasFlorentz§ ChristophGöb§ SophieGrieshaber§ AnnettJehmlich§ Pierre-HenriLaut§ LaureMartin§ GastonMarx§ AntoinePicard§ AurélienReichart§ AndréSchaerer§ YvesSchultz§ MarcusStahl§ VictorWeller§ PhilippeZussy.
DarüberhinausfolgendeelsässischenKunsthandwerker:
§ AlineFalco(Kalligraphie)§ GabrielGoerger(Schmiedearbeiten)§ Jean-LucKuntz(Holzdrechseln)§ MichelWagner(Einlegearbeiten)§ StéCintech(Balgautomat).
AusdauerundvielGeduldfüreinAbenteuer
Foto:Manufacture
d‘Orgues Muhleisen
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Ausdauer und viel Geduld für ein Abenteuer
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Ausdauerundviel GeduldfüreinAbenteuer
EinigeSonderfragen–DieMixturen,dieZungenstimmenunddieTemperaturKoos van de Linde
MeineAufgabewar,imAuftragderGesellschaftderMusikfreundederAbteiMarienmünstere.V.dieanderRestaurierungBeteiligtenbeikompliziertenEntscheidun-genzusätzlichzuberaten.IneinemerstenWerkstattbesuchbeimOrgelbauerwurdenanhandeinervonihmdurchgeführtengründlichenDokumentationdesPfeifen-werksdieZusammensetzungderHaupt-werksmixturenunddieFragenachdemUrsprungszustandderZungenstimmenbesprochen.
Letztereerwiessichinsoweitalseinfach,dassvomOrgelbauersowohlobenindenBechernalsauchuntenindenBecherspitzenRestevonKreisengefundenwordenwaren,anhanddererdieursprünglichenBecher-längenrekonstruiertwerdenkonnten.WesentlichschwierigerwardieFragenachderFormunddenMensurenderaltenKeh-len,diebeimUmbauvon1967durchmoder-neFabrikskehlenersetztwordenwaren.HierwarnurmiteinigerSicherheitzusagen,dassdieKehlenMöllersannähernddiegleichenAußendurchmesserwiedieheutigengehabthabenmüssen.DabeimheutigenFor-schungsstandnochzuvieleFragenunbeant-wortetsindundimRahmenderRestaurie-rungkeineausführlicheForschungindiesemBereichvorgesehenwar,istletztendlichent-schiedenworden,wieanfänglichgeplant,dieKehlenvon1967wiederzuverwenden.
BezüglichderZusammensetzungderHauptwerksmixturenunddervor1921vorhandenenTemperaturwarenwirdagegenwesentlicherfolgreicher.IndiesenPunktenkamenwirzufolgendenErgebnis-sen.
DieZusammensetzungderHauptwerksmixturen
EinederschwierigstenAufgabenbeiderRestaurierungwardieRekonstruktionderZusammensetzungderMixturundderZimbeldesHauptwerkes.Diesewurden1877vonDöhreverändertbzw.entfernt.
DieneueZusammensetzungderMixtursolltelautKostenanschlagDöhresvom11.11.1877diefolgendewerden:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘cA 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘ B⁄c‘cB 1‘ C⁄d‘ B⁄c‘ B⁄d‘cC C⁄d‘ B⁄c‘ B⁄d‘ B⁄e‘
WennmandieoffensichtlichabsolutaufzufassendenFußangabenindieheuteüblichenrelativenZahlenumschreibt,lautetedieZu-sammensetzungalsofolgendermaßen:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘cA 2 C⁄d‘ 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘cB 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘ 1 B⁄d‘cC 5 B⁄d‘ 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘
DiesistdiegleicheZusammensetzung,dieam6.4.1960nochvonRudolfReuteraufgezeichnetwurde.SieistalsovonFeith1921nichtverändertworden.DieZusammensetzungbeimAbbau2010gingfolglichaufdenUmbauvon1967zurück.Sielautete:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘ B⁄c‘csB 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘
Döhreerwähnt,dassdievorher5-facheMixtur„durchWegnahmeeinesChoresinMixtur4’[sic!]umgewandelt“wurde.DassdieZu-sammenstellungvon1877nurdurchsolcheineneinfachenEingriffzustandekam,istausmehrerenGründenjedochhöchstunwahr-scheinlich.AusdenoriginalenBeschriftungenaufdenerhaltenenPfeifengehenkeineHinweisefüreinen2C⁄d‘-ChorimBassoderei-nen5B⁄d ‘-ChorimAllgemeinenhervor.LetztereristunsauskeinerMöller-Orgelbekannt,selbstnichtausdergroßenDomorgelinMünster.1Manmussdeshalbdavonausgehen,dassDöhrenichtnurdieStärkederMixturreduziert,sondernauchderenZusammen-setzungtiefergemachthat.
AusdenMixturstöckendesRückpositivsunddesPedalsgehthervor,dassMöllerindieserOrgeldieMixturpfeifensehrknappaufgestellthat.Esscheintdeswegenunwahrscheinlich,dassmandieursprüng-lichenStöckenochfüreinetiefereZusammensetzunghätteeinrich-tenkönnen.ObwohldiesaufgrundvonMaterialunterschiedennichtnachzuweisenist,mussDöhrefürdieMixturneueStöckeangefer-tigthaben.DerTeilderheutigenStöcke,aufdemdieZimbelsteht,stammtoffensichtlichausdem20.Jahrhundert.Diesbedeutet,dassmanausdenerhaltenenStöckenundRasterbretternkeineSchlüssehinsichtlichderZusammensetzungmehrziehenkann.
DieeinzigeInformationsquelleinderOrgelselbstfürdieursprüng-licheZusammensetzungderHauptwerksmixturensinddeshalbdieSignaturenaufdenerhaltenenMixturpfeifen.DieUntersuchungderSignaturenergabfolgendes:
§ DiePfeifenderRegisterinPrinzipalmensurwarenimLaufederZeitmehrfachinchaotischerundwillkürlicherWeiseumgestelltworden.
§ DiePfeifenausgemischtenStimmen,dienichtausOktavchörenstammen,sinddoppeltbeschriftet.BeimLötkreuzstehenauf4‘bezogeneTonhöhenbeschriftungendesPfeifenmachers,undvorneaufdemKörperstehteineTastenbeschriftung.
§ WennmanalleaufgrunddieserBeschriftungenausTerzchörenstammendenPfeifendennochexistierendenTerzregisternzuord-net,gibteskeineüberflüssigenPfeifen.EsgibtdeshalbkeinenzwingendenGrund,TerzchöreinderMixturoderderZimbelzuunterstellen.
ExpertenTreffen in Marienmünster am 4. September 2012 mit Koos van de Linde, Patrick Armand, Prof. Frank Löhr, Hans Hermann Jansen,
Piet van Eijsden und Mitarbeitern von Manufacture d’Orgues Muhleisen
Einige Sonderfragen – Die Mixturen, die Zungenstimmen und die Temperatur
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§ DieviersicherenChöreinderMixtursindfolgende:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘csB 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘ 1 B⁄d‘
§ EsgibtkeinePfeifen,derenSignaturenirgendwelcheSchlüssehinsichtlichderArtdesfünftenChoresermöglichen.
§ EsbleibtnachZuordnungeinekleineAnzahlMöller-Pfeifenübrig,derenHerkunftnichtmehrzubestimmenist.DiesekönntenausderZimbelstammen.
AufgrunddieserFeststellungenalleineließsichwederdieErgän-zungderMixturnochdieZusammenstellungderZimbelrekon-struieren.WennmandiebekanntenZusammenstellungenanderergemischtenStimmenMöllersmiteinbezieht,2lassensichergänzendfolgendeSchlüsseziehen:1. DieManualmixturenfangenauchingroßenOrgelnaufC
nietieferals2‘an.DieZimbelnfangenaufCimmeraufB⁄c‘an,wennmandieScharfinMünsterauchalseineArtZimbelbetrachtet,nietieferalsB⁄c‘.
2. DerhöchstebekannteChoraufCistB⁄f‘(Münster,ScharfRP).DienormaleObergrenzeaufCistjedochB⁄e‘.IndeneinzigenFällen,indenendieRepetitionenbekanntsind,repetierensolcheRegis-teroftgenug,uminderzweigestrichenenOktavedenoberstenChorauf1‘zubegrenzen.
3. EineUntergrenzetieferals4‘istnirgendsnachzuweisen.WennmanRepetitionenvonmehralseinerOktaveausschließt,kanndertiefsteChorderHauptwerksmixturindergroßenOrgelzuMünsternichttieferals4‘gewesensein.
4. AufCüberschneidenMixturundZimbelsichniemehralsumeinenChor.
5. EineÜberschneidungtrittoffensichtlichnurauf,wenndiesenötigist,umdievorgenanntenPunkte1–3ohneTerzchöreein-zuhalten(Lippstadt).
6. TerzmixturensindnurbekanntausdenOrgelninHoinkhausen(1746)undMünster(1751).DadiesdiebeidenspätestenOrgelnMöllersmitbekanntenMixturzusammensetzungensind,könntemandarausschließen,dassMöllererstinspätererZeitTerzmix-turendisponierte.Vorsichtisthierabergeboten.ImFallevonMünsterkönnteauchdiemehrals8-fachenGesamtstärkederHauptwerksmixturenAnlasszuderEinführungvonTerzchörengegebenhaben,undinHoinkhausenfälltdiemerkwürdigeStelle
derTerzauf.Manhättehierehergc‘e‘g‘(vgl.Münster)erwartet.Liegthierein(Ab)schreibfehlerunterEinflussderdarüberste-hendenZusammensetzungderSexquialtervor,undhättehierc g c‘ g‘(vgl.Geseke)stehenmüssen?
DieaufalleInstrumentezutreffendenBeobachtungen(Punkt1-5)sindnichtmiteinermehrals8-fachenGesamtbesetzungvonMix-turundZimbel/ScharfohneTerzchörezuvereinbaren.Deshalbistesdurchausdenkbar,dassabeiner9-fachenBesetzungauchbeifrühenInstrumentenschonTerzchöreindenMixturendisponiertwurden,wennvielleichtauchsparsamer.LeideristdieseHypothesenichtzuüberprüfen,dakeinaussagekräftigesfrühesÄquivalentvonMünstererhaltengebliebenist(daswäreMarienmünstergewesen!).
DieseungünstigeLageführtdazu,dassjedeZusammensetzungderKombinationMixtur+ZimbelzueinerSituationführt,fürdieeskeineanalogenFälleinanderenunsbekanntenMöller-Orgelngibt.DeshalbistihreZusammenstellungnichtmehrbeweisbarzurekon-struieren.Manmusssichdamitbegnügen,dassdiegewähltenZusammenstellungennichtstreitigmitdenobenangeführtenBeobachtungensind.
Wennmandavonausgeht,dassaußerdenErgebnissenderFor-schungamInstrumentselberauchdieBeobachtungen1–5beiderZusammensetzungderMixturenalsRegelneingehaltenwerdenmüssen,ergebensichfolgendeLösungen:
A: Mixtur ohne Terz / Zimbel mit TerzIndiesemFallbekommtdieMixturdieausLippstadtbekannteAnfangszusammensetzung,undmandarfannehmen,dassauchdieRepetitiondortsoausgesehenhatwiehier:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ C⁄d‘ B⁄c‘csB 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘
Um1–3alsKriterieneinzuhalten,mussdieZimbeldannwieinMünsterzusammengestelltwerden:
C B⁄c‘‘ C⁄f‘ B⁄d‘ B⁄e‘csA 1‘ E⁄f‘ C⁄d‘ B⁄c‘csB 2‘ 1 D⁄f‘ 1 B⁄d‘ 1‘
wobeidiebeidenRepetitionenaucheineOktavehöherstattfindenkönnten.DabeiwürdedannzwardreimaldieextremhoheOber-grenzevon1⁄16‘erreicht,aberdieskönnteauchinOstönnenderFallgewesensein.
FürdieseZusammensetzungsprichtdieTatsache,dassimheutigenBestandkeine„überflüssigen“PfeifenauseinerTerzreiheerhaltensind.InderMixturhätteesdiesenichtgegebenundinderZimbelnurineinersehrhohenLage,inderDöhresowiesokaumErsatz-pfeifengebrauchthätte.AuchwärederKontrastvomterzhaltigenHauptwerksplenumzudenterzlosenPlenenderanderenWerkenichtzugroß.
GegendieseZusammensetzungkönntesprechen,dassBeobach-tung6abgeschwächtwerdenmüssteindemSinne,dasseineÜberschneidungnichtnurzurVermeidung,sondernauchzurMini-mierungvonTerzchörendienenkonnte.WarumhaterdiesdanninMünsternichtgemacht?AngesichtsderkleinenZahlderüberliefer-tenMixturzusammensetzungenmussdiese„Inkonsequenz“jedochnichtüberbewertetwerden.
B: Mixtur und Zimbel beide mit TerzIndiesemFallbekommendieMixturunddieZimbelbeidedieZusammensetzung,dievonMünsterbekanntist:
C 2‘ 1 B⁄d‘ 1‘ E⁄f‘ C⁄d‘csB 4‘ 2 C⁄d‘ 2‘ 1 D⁄f‘ 1 B⁄d‘
(Zimbel wie bei A)VorteildieserZusammensetzungist,dasssieauchauseineranderenMöller-Orgelbekanntist.
EsistbeidieserMixturzusammenstellungjedochwesentlichun-wahrscheinlicher,dasskeineeinzigePfeifeauseinerTerzreihealsErsatzfürschlechteoderbeschädigteanderePfeifenwiederverwen-detwordenwäre.Eswäreaußerdemschwerzuerklären,warumhiereinKontrastzwischendenPlenenangestrebtwäre,dersichinkeineranderenMöller-OrgelnachweisenlässtundderinMünsteroffensichtlichnichterwünschtwar.SchließlichpasstdietiefereZusammensetzungderMixturimBassschlechteraufdenknappenStockalsdievonMöglichkeitA.
5352
EinigeSonderfragen–Die Mixturen,die Zungenstimmenunddie Temperatur
DerVollständigkeithalbermussnocherwähntwerden,dassdieZusammensetzungvon1967nichtinFragekommenkann,dadieZusammensetzungderZimbelnichtmitBeobachtung3zuvereinbarenist.
AufgrunddergenanntenVor-undNachteileerschienunsMöglichkeitAdiewahrscheinlichere,unddeswegenhabenwirunsfürdieseentschieden.
DieRekonstruktionderaltenTemperatur
VorderRestaurierungwardieOrgelgleichstufiggestimmt.Vermut-lichgingdieseStimmungzurückaufdenUmbaudurchFeithimJahr1921.DabeiderUmstimmungeinerungleichschwebendtem-periertenOrgelunterBeibehaltungdesStimmtonsmancheTönesystematischtiefergestimmtwerdenmüssten,müsstemandazuvielePfeifenanlängen.AusKostengründenwurdedeshalbinvielenFällendierelativhöchstenPfeifeninderOktavezumAusgangs-punktfürdenneuenStimmtongenommen.AlleanderenTönewur-dendannohnegroßenAufwanddurchAbschneidenderPfeifenderneuengleichstufigenTemperaturangepasst.DieshatzweiFolgen:DerStimmtonwirdleichterhöhtunddieSpurenderälterenTemperaturwerdenweitgehendgelöscht.
ZumGlückwurdenichtimmerinsolcheinertechnisch„sauberen“Weisevorgegangen.Manchmalhatmansichdamitbegnügt,etwaszulangePfeifenanderMündungstarkauszukulpenundkurzePfeifenanderMündungstarkeinzukulpen.InsolchenFällenkannmannochSpurenderaltenTemperierungzurückfinden,indemmanallePfeifenmündungengerademacht.Damanauchbeieinerneu-enOrgeldiePfeifenimmernochleichtnachstimmenmussunddieTonhöheaußerdemnochvonderIntonation(vorallemvonderLautstärke)beeinflusstwird,mussmandamitrechnen,dassdienachBegradigungderPfeifenmündungengemessenenTonhöhenauchimbestenFallnurannähernddenursprünglichenentspre-chen.DamitmandurchAnalysevonMittelwertennocheiniger-maßenzuverlässigeSchlüssebezüglichderoriginalenTemperaturziehenkann,brauchtmanfürsolcheAnalyseneinestatistischaus-reichendgroßeAnzahlPfeifenfürjedeNoteinderOktave.DiesePfeifendürfenaußerdemnichtzukleinsein,dakleinePfeifeneinenderartgroßenStimmbereichhabenbeimEin-undAuskulpenderPfeifenmündungen,dassderenmutmaßlichoriginaleTonhöhesichnichtausreichendgenaubestimmenlässt.
EineersteUntersuchungderPfeifeninMarienmünsterzeigte,dassFeithzwarvielePfeifenabgeschnitten,jedochauchmanchenurdurchEin-bzw.AuskulpendergleichstufigenTemperaturangepassthatte.Etwa46offenePfeifeninderGrößevon4‘bis1⁄2‘befandensichineinemderartigenZustand,dassMessungendaranHinweisebezüglicheinerälterenTemperaturergebenkönnten.DieAnalysedervomOrgelbauerdurchgeführtenMessungenzeigteleider,dassdarausineinerdirektenWeisekeine„fertige“
Temperaturhervorging.Siezeigtejedochauch,dassesmitgroßerWahrscheinlichkeiteineWolfsquintegegebenhabenmüsste,dieaberfüreinereinmitteltönigeTempera-turnichtgroßgenugwar.AufgrunddieserErgebnisseerschienesunssinnvoll,statis-tischzuberechnen,inwieweitdiegemesse-nenTonhöhenmitdentheoretischenWer-tenverschiedenervorgegebenenregelmäßigenungleichstufigenTemperatu-renübereinstimmen.Getestetwurdenfol-gendeStimmungen:B/fPythagoreischesKomma,B/fsyntonischesKomma,B/gpyth.Komma,B/gsynt.KommaundB/ipyth.Kom-ma.ZurÜberprüfungderZuverlässigkeitunsererMethodewurdezusätzlichgegendiegleichstufigeTemperaturValottiundWerckmeisterIIIgetestet.NebenderreinenKorrelationwurdeauchgetestet,welcheTemperaturdasgeringsteRisikoaufAnlän-gungenmitsichbrachte.3
Anmerkungen1 sieheWulfhorstII,S.98und133–134und
dieÜbersichtaufS.76–77.TheoretischkönnteinMünsterdertiefsteChorderMixturdesRückpositivsnachzweiOktav-repetitionen5B⁄d‘erreichen,wahrschein-lichistdiesangesichtsder4‘UntergrenzederHauptwerksmixturjedochnicht.
2 DiesbetrifftsowohldiegemischtenStimmenderanderenWerkederOrgelinMarienmünsteralsauchdieausanderenInstrumentenvollständigoderunvollstän-digbekanntenZusammensetzungen.EineÜbersichtderarchivalischüberliefertenZusammenstellungenistzufindeninWulfhorstII,S.76–77.AusTastenbeschriftungenausdemspäteren18.Jh.aufdenInnenprinzipaleninOstönnengehtzusätzlichfolgendeshervor:DieMixturfingaufCals2‘+1B⁄d‘+1‘+C⁄d‘an,ihr1‘Chormussmindestensbish1durchgelaufensein,ein4‘ChoristabdsC,undein2C⁄d‘ChorabeCnachzuweisen.VermutlichgabesalsoeineRepetitionaufcCodercsCnach4‘+2C⁄d‘+2‘+1B⁄d‘.DertiefsteChorderZimbelaufCwarof-fensichtlich B⁄c‘,zumindestabcsB1‘,zumindestabdC1B⁄d‘und(obwohlnuranhandvonzweiPfeifennachweisbar)zumindestabgC2‘.WardieZusammenstellungB⁄c‘+B⁄d‘+[B⁄e‘]aufC,1‘+C⁄d‘+[B⁄c‘]aufcsBund2‘+1B⁄d‘+[1‘]aufcsC?
3 Davonausgehend,dassAbschneidenprin-zipiellnichtinFragekommtunddurchdieWahleinesausreichendtiefenStimmtonsvermiedenwerdenmuss.
Dieüberzeugende„Gewinnerin“warinbei-denHinsichtendieregelmäßigeB/gsynt.Komma-Temperatur.DieamschlechtestenpassendenTemperaturenwarendiegleich-stufigeunddieB/fpyth.Komma-Temperatur.AuchfürValottiundWerckmeisterIIIhättenvielePfeifeninderOktaveangelängtwerdenmüssen.
AufgrunddieserErgebnissewurdedieOrgelindieserTemperatureingestimmt.Wirsindunsbewusst,dassdieseStimmungnurdieamBestenpassendeauseinerReihevonunsvorherausgewähltenTemperaturenistunddassdamitdieMöglichkeitunregelmäßigmodifiziertermitteltönigerStimmungengrundsätzlichaußerBetrachtgelassenist.Esgibtim18.JahrhundertfürsolcheStimmungenjedochkaumhistorischeHin-weise.Deswegendarfmandavonausgehen,dassdiejetztgewählteTemperaturnichtgrundsätzlichvonderaltenabweichenwird.
Koos van de Linde
Foto:Manufacture d‘Orgues Muhleisen
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Einige Sonderfragen – Die Mixturen, die Zungenstimmen und die Temperatur
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EinigeSonderfragen–Die Mixturen,die Zungenstimmenunddie Temperatur
GroßePersönlichkeitenderOrgelbaukunstsindindenregionalenlandschaftstypischenGegebenheitenihresKunsthandwerksver-wurzelt.JedichterundkontinuierlichersieTraditioneninsichvereinen,destoeheristesmöglich,dasseinSprunginnerhalbihrerKunstNeueshervorbringt.ProminenteBei-spielezuMöllersLebzeitengibtesdagenug:ArpSchnitgerbringtrund200Jahreham-burgisch-norddeutscheOrgelbaugeschichtezurVollendung,GottfriedSilbermannver-schmilztdasBesteausfranzösisch-sächsi-scherBarockorgelbaukunst,unddasPhäno-menJohannSebastianBachist,sowillesscheinen,nurdurchdiehohepraktischeundtheoretischeKunstseinerVorfahren,wiedieseinesmitteldeutschenUmfeldes,zuerklä-ren.Allenistaberzueigen,dasssiekeineRevolutionäresind,sonderndassausderVerdichtungdestraditionellenMaterialsimkunsthandwerklichenwieauchkompositori-schenProzesserstdasOriginelle,dasAußer-gewöhnlicheentsteht.
Lebensstationen
JohannPatroclusMöller,1698inSoest–deranbedeutendenhistorischenBauwerkenundkulturhistorischemVermächtnisrei-chen,ältestenStadtWestfalensgeboren,undam19.Septemberinderspätromani-schen,inderReformationevangelischge-wordenenKircheSt.MariazurHöhe(imVolksmund„Hohnekirche“genannt)getauft,versinnbildlichtmitseinemzweitenVorna-men„Patroclus“sowohldieRückbindungan
denSchutzpatronderStadt,dessenReli-quienseitdem10.JahrhundertinderDom-kirchegleichenNamensaufbewahrtwerden,alsauchdiespäterePositioneinesquasi„ökumenischen“Orgelbauers,der,selbstevangelischundalsOrganistaneinerevan-gelischenStadtkircheimbenachbartenLipp-stadtamtierend,frappierenderweisezu-meistfürkatholischeKirchen,DomkirchenundKlösterbaut.
SeineLehrzeitbereitetdenOrgelwissen-schaftlernbislangSchwierigkeiten:Daerlebt
derjungeJohannPatrocluszweifellosdenbedeutendenreisendenOrgelbauerPeterHenrichVarenholt(1637–ca.1720),der1717inderzuSoestbenachbartenDorfkircheSt.SeverinzuSchwefezusammenmitMöllersVaterbautundwächstmitdessenArbeitenindenJahren1712/13sowohlinSt.MariazurHöhealsauchanderzusammenmitAndreasSchneider(ca.1646/47–1685)imJahre1676erstelltenOrgelderSoesterPaulikircheauf.VermutlicherhälterOrgelunterrichtbeimOrganistenvonSt.Petri;VoraussetzungfürseinspäteresOrganistenamtinLippstadt.
LebensstationendeswestfälischenOrgelbaumeistersJohannPatroclusMöllerDr. Wolf Kalipp
Die MöllerOrgel der St. PauliKirche, Soest
Die nicht mehr existierende MöllerOrgel von St. Thomae, Soest, auf einer alten ArchivAufnahme
56 57
WeitereEinflüssedersichim16.und17.Jahr-hundertausprägenden,fundiertenwestfä-lischenOrgelbautraditionkonnteMöllerinseinerHeimatstadtsowohldurchdieOrgel-bautenderimniederländischen,norddeut-schenundwestfälischenRaumvon1600bis1742wirkendenFamilieBader(DomSt.Patrokli;ArnoldBaderlebte1632inSoest),durchdieArbeitenderostwestfälischenOrgelbauerHansHenrichReinking(gest.um1670inBielefeld,1649/54NeubauinSt.Petri)undHinrichKlausingausHerford(1642/43–1720)alsauchdurchdasinnerwestfälischeSchaffendes1607/08alsOrganistanSt.MariazurWiesegenanntenJohannBusse(Wirkungszeitca.1607–1665)inundumSoeststudierensowiediegrundlegendenhandwerklichenVoraussetzungenfürdasOrgelbauhandwerkinderväterlichenWerk-statterlangen:MertinMöllerwarnämlichKunsttischler,stammteausHerdeckeundwarseit1696SoesterBürger.
AberauchmöglicheAusbildungszeitensowohlbeimBeckumerHeinrichMencke(1677–1727)undbeiminThüringengebür-tigen,ab1701vonEinbeckauswirkendenJohannJakobJohn(1665–1707)alsauchBeziehungenzumOsnabrückerOrgelbauerJ.A.Bernerd.Ä.(1693–1737)stehenderzeitzurDiskussion.
WichtigeHandwerksgrundlagebildetezudieserZeitfürdiewestfälischeOrgelbau-kunstunddamitfürden„anfahenden“Or-gelbauerJohannPatroclusMöllerdieTradi-tiondesniederländischenRenaissance-undBarockorgelbausdervorausgehendenJahr-hundertemitihrenimbestenSinnearchai-sierendenKlangcharakteristika.
1720,imJahrseinesopus1,derOrgelfürAltSt.ThomaeinSoest,übernahmJohannPatroclusMöllerdievakantgewordeneKüster-undOrganistenstelleanderKleinen
MarienkircheinLippstadtundheirateteAnnaMariaElsabeinMillius,TochterseinesAmtsvorgängers.NachderenfrühemTodgingMöller1732dieEhemitderTochterdesbetagtenOrganistenanderLippstädterGroßenMarienkirche,HelenaCatharinaErdtsieck,ein.1738erhielterzusätzlichdieKüster-undOrganistenstelleanderGroßenMarienkirche,Möllerwarinzwischenange-sehenerLippstädterBürger.1744verstarbauchdiezweiteEhefrau,1746heirateteerLuiseMargarethaSchwollmann.ElfKindersindausdiesenEhenbekannt,vondenennurzweidasKindesalterüberlebten.JohannMartinMöller(1723–1754),ältesterSohnausersterEhe,konntedieNachfolgederWerk-stattdurchseinenfrühenTodnichtantreten.MöllersSchwiegersohnDanielChristophVahlkamp(1731–1777),übrigensSchülervonWilhelmFriedemannBach,hatte1754JohannMartinsWitwegeheiratetundwur-denebenMöllersNeffenJohannArnoldIsvording(1727-1777)zumengstenMitarbei-ter.ÜberdenvonDringenbergauswirken-denFamilienzweigJ.A.IsvordingskonntedieOrgelbautraditionMöllersnochbisindas19.Jahrhundertweitergetragenwerden.
MöllerhattezuLebzeiteneineflorierendeWerkstattmitbiszuachtMitarbeitern;nursokonnteerseinenweitverstreutenAuf-trägenvomzentralenWestfalenbiszumNiederrheinundzurWesergerechtwerden.
JohannPatroclusMöller,dessenreichesLebenswerkinauffallendemGegensatzzuseinemfamiliärenSchicksalsteht,starbalsangesehenerLippstädterBürger:„den 27. Juli 1772 ist Herr Joannes Patroclus
Möller Orgelmacher und Organist an der
hiesigen Großen Marienkirche geburtig aus Soest
begraben, welcher den 24ten Jul. an einem
auszehrenden Fieber gestorben. Alt 74. Jahr“.
St. Marienkirche, Lippstadt
Die„FacietäteineshalbenMonden“
DieSchauseitenvonMöllersgroßenOrgeln,soauchdiederjüngstwiedergewonnenenAnsichtder1943endgültiguntergegange-nenmünsteranerDomorgel,seinemgrößtenInstrument,habenihreigenes,unverwech-selbaresProfilinnerhalbdereuro-päischenOrgelbaugeschichte.AndaszentraleHaupt-werkmitdenwestfälischenProspektmerk-malen(nämlichdemzentralenRundturm,sichanschließendenseitlichenRundtürmen)schließensichbeidseitigzudenweitvor-springendenPedaltürmengebogeneFelderan(exemplarisch1736/38inMarienmünsterverwirklicht).Dieserinsgesamtbogenförmi-geGrundrisswirdvonMüllerals„Facietät
eines halben Monden“ bezeichnet.StilistischeÄhnlichkeitenfindensich,zeitgleich,anthü-ringischenOrgeln,soz.B.anderTrost-Orgelvon1735–39inderSchlosskircheAltenburg.Dieinnovatorische,konkaveFormgebungbleibtalleinMöllervorbehalten.
VorbehaltenbleibtihmauchdasRegister„SpanischKornett“imHauptwerk.HierlässtsichaneinedirekteBeeinflussungausdemniederländischenOrgelbaudenken,selbstwenndortdasCornettalsdenGemeindege-sangführendesSoloregisterimRückpositivdisponiertwurde.DiefürdieseZeittypi-schenundstetsauchbeiMöllerauftreten-den„westfälischen“RegisterwiedieSesqui-altera3-fachunddieVioladaGamba8’imHauptwerk,dasNachthorn4’alscantus-firmus-RegisterimPedalsowieterzhaltigeRegisterundtiefeAliquotenwerdenineinefarbige,vonsatt-grundiertem,kräftigstreichendemPrinzipalchorgetrageneRegis-terpaletteintegriert,auchhiersowohlCharakteristikaderaltniederländisch-alt-westfälischenalsauchderneuzeitlicherennorddeutschenOrgelnichtverleugnend.
Ausblick
DievielfachinderwestfälischenKunstge-schichteauftretende,quasiarchetypischeVerwendungvonqualitätvollErprobtemverleihtdenjeweiligenKunstwerkeneinebesondereInnenspannung;wieesimÜbri-geninderDenkmalpflegeoftvonVorteilwar,dassKircheninventarwegenGeldman-gelsnicht„wegsaniert“werdenkonnte(vgl.Borgentreich).DiewestfälischeOrgelland-schaftistreichan„Errata“dieserArt.EineLegitimationzuderenErhaltundzurBesin-nungaufeinedifferenzierteRestaurierungallerinfragekommendenwestfälischenOrgelninnerhalbdernächstenJahrzehntebietendiemehralshundertbislangrestau-rierten,vollständigoderteilweiseerhaltenenhistorischenOrgelninWestfalenundLippe,bietetdieunterProf.Dr.RudolfReuterbe-gonneneAuseinandersetzung(undvoral-lemundgerademitdenprächtigen,monu-mentalenDenkmalorgelneinesJohannPatroclusMöller)mitderwahrenhistori-schenOrgel,dieunserJahrhundertinalleneuropäischenOrgellandschaftendurchzieht.
[...]EinBlickaufdieMöllerschenOrgelpros-pekte,einKlangerlebnismitwestfälischenBarockregisternlässtnachwievordasAu-ßergewöhnlichedesPhänomensMöllererkennen,derallenseineInstrumenteSpielenden,LauschendenundBetrachten-deneinebesondereLiebezurOrgelmitaufdenWeggibt.
DashatwohlauchdermünsterischeSuccentorCrinsimJahre1751soempfunden,alserdemDomkapitelzumNeubauderDomorgelJohannPatroclusMöllersOrgel-baukunstansHerzlegte:
„... umb demehr, da man das Glück in Händen
hat, einen in der Nähe geseßenen so tüchtigen als
fleißigen und bei Jahren seienden Orgelbauer zu
haben, welcher von so vielen neu aufgerichteten
herlichen, großen Orgelwerkeren – welche auch
teils von vielen hießigen gnädigen Herren gese-
hen und gehöret worden – großen Ruhm und
Lob erhalten.“
DerAufsatzstammtausdemProgrammheftzum300.GeburtstagJohannPatroclusMöllers,Soest1998)
LiteraturWulfhorst,Ulrich:„DerwestfälischeOrgelbauerJohannPatroclusMöller—Teil1,LebenundWerk“,Bärenreiter-Verlag,1967
Döhring,Klaus:„JohannPatroclusMöller“,inArsOrgani2/1998,Mettlach1998
Kalipp,Wolf:„JohannPatroclusMöller(1698—1772)“,inProgrammbuch„300JahreJohannPatroclusMöl-ler,OrgelnundalteMusikinWestfalenundLippe,1.Festivalvom5.bis20.September1998“,Soest1998
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Lebensstationen des westfälischen Orgelbaumeisters Johann Patroclus Möller
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LebensstationendeswestfälischenOrgelbaumeisters JohannPatroclusMöller
AusdemDiariumdesAbtesHeinrichSchröder-Dronemann(1483–1548)
Hans Hermann Jansen
Diarium des Abtes Heinrich SchröderDronemann mit Berichten aus dem Zeitraum 1503–1548
Erwähnung einer OrgelRenovierung Im Jahre 1539 auf fol. 44r
ErwähnungderOrgel
DerumfangreichsteEinschubistderBerichtüberdieRenovierungderOrgelimJahre1536.ErstammtoffenbarvonandererHand,istaberdeswegennichtwenigerbedeut-sam.DortwirdvoneinerentscheidendenErneuerungeinerbisdahinexistierendengotischenSpielanlageberichtet,dievomOrgelsachverständigenProf.RudolfReuter1978alsäußerstwertvollerFundeingestuftwurde.Dortheißtes:
Anno 1536. resauratumseu innovatum est
organum nostrum...
„Im Jahre 1536 wurde unsere Orgel von Meister
Goswin aus Münster wiederhergestellt und er-
neuert. Der untere Teil wurde anderes eingerich-
tet als vorher. Weil er allzu laut, wurde der klang
gedämpft, eine neue Pauke wurde hinzugefügt.
Der obere Teil wurde ganz neu gemacht mit
Ausnahme der Prospektpfeifen, die vorher stumm
waren. ... Außerdem hat er ein neues Werkstück
gemacht, das „lade“ heißt, und darauf vier ganz
neue unterschiedliche Klangfarben, nämlich
Humelen, Cimbalen, Horniken und Duppen.“
AufdenletztenSeitenderChronikdesAbtesSchöder-Dronemannfindensichschließlich9Fundationsurkunden.Dieersten5stam-mennochvonAbtSchröder,danneinkleinesVerzeichnisverstorbenerMitbrüderzwischen1518und1519,weiterhinProphe-zeihungenausNeapelausdemJahr1734überHimmelszeichenundNaturereignisse,dieandenKurfürstenvonKölngerichtetwaren,aufdieJahre1734bis1809.DiesestammenoffensichtlichvoneinemGreven-burgerKopisten.ZumEndefolgenMemoirenvonÄbtenundPfarrernderJahre1694bis1723miteinemVerzeichnisderKonventeindenOrdensprovinzen.
InsgesamtisteseinzentralesBuch,Aufbe-wahrungsorteinermonastischenIdentität,diefürdieLebendeneinesKonventsVerant-wortungfürdasErbefixiertundfürunsheuteinderNachbetrachtungeinebeson-dereWeltdokumentiert.
Interessantmagabschließendnochsein,wiedieseHandschriftindenBesitzdeso.g.berühmtenenglischenSammlersgelangte,dadamitwiedereinZeitzeugefürMarien-münsteroffenbarwird,deralsletzterBibliothekarvorderAuflösungdesKlostersimJahre1803überWertundFunktionderKlosterbücherBescheidwusste:LeandervanEß.
DasDiariumdesAbtesHeinrichSchröder-Dronemannberichtetvonunterschiedlich-stenEreignisseninMarienmünsterzwischen1503und1548.DerAutor,AbtHeinrich,stammt,wieerselberschreibt,„deBraculis“–ausBrakel.1503warerinsKlostereingetre-tenundhatte,wieeresausdrückt,„dieKapuzeempfangen“.DiePrimizfeierfandam6.2.1508statt.Dadieseim25.Lebensjahrüblichwar,wirderum1483geborensein.WohlimJahre1515–jedenfallsbiszuseinerAbtswahl1518–wirdihmdiePfarreiStein-heimübertragen.AbtHeinrichstirbtimNovemberdesJahres1548.
DerCodexistinHolzdeckelgebunden,diemitrotgefärbtemLederbezogenundsovonAbtAugustinMüllerim18.Jahrhundertals„Codicillus,vulgariterdasrotheBuch“bezeichnet.
Von1503bis1548schriebHeinrichSchröder-DronemannJahrfürJahraufeinerneuenSeiteauf,wassichereignete,bzw.,wasihmwertwar,festgehaltenzuwerden.VereinzeltsindgroßeEreignissewiedieReichstage,dasTrienterKonzil,derSchmalkaldischeKriegoderdieEroberungMünstersbenannt,meistabergehtesumdasWirtschaftliche,dieEinnahmenundAusgaben,umdieBau-tätigkeitunddieNaturereignisse.
DerRückgangderZahlderKonventualenundeineSchwächungdesKonventsz.B.durchdiePest1520oderdieFolgenderReformationwerdeninAufzeichnungenvon1525,1534,1544und1545nurmit„spiritusmalignus“und„lutherischeKetzerei“bezeichnet.
Leander van Eß
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AusdemDiariumdesAbtesHeinrichSchröder-Dronemann(1483 – 1548)
DieschwierigefinanzielleSituationderVolksschullehreraufdemLandeim19.Jahr-hundertistvielfältigdokumentiert.Vieleversuchtendaher,sichaufbesserdotierteStellenversetzenzulassen.Dasführtezuzahlreichen,pädagogischsehrproblemati-schenLehrerwechseln.Soerhieltbeispiels-weisePapenhöfeninderZeitvon1830bis1900imDurchschnittallefünfJahreeinenneuenLehrer.UnddochgabesAusnahmen:Lehrer,dieJahrzehntelanganeinemOrtblieben–zumSegenfürdieKinderunddieDorfgemeinschaft.ZuihnenzählteAlbertBollens,LehrerinMarienmünstervon1843bis1893.
Erwurdeam19.10.1816alsSohndesUhrma-chersFriedrichBollensundseinerEhefrauGertrud,geb.Hüls,inHöxtergeboren.MitzehnJahrenbegannerunterAnleitungdesOrgelbaumeistersundOrganistenAdamOesterreichzuCorveydieOrgelzuspielen.NachBeendigungderSchulzeitbegleitetederJugendlicheihnzurReparaturvonOrgelnindieDörferderbenachbartenLänder(Lippe,Braunschweig,Hannover).DieseMitarbeitbegeisterteihnso,dasseresverschmähte,dasUhrmachergeschäftseinesVatersfortzuführen.
DochseinVormund–BollensElternwarenfrühgestorben–kümmertesichwenigumdieWünschedesJugendlichenundschickteihnnachEversen,woseinBruderLehrerwar.DortsollteersichdasRüstzeugzumLebens-unterhalterwerben.
DertreueDienerErinnerungenandenLehrerundOrganistenAlbertBollens
NacheinerkurzenLehrtätigkeitinBlanke-nautratBollens1836indasBürenerLehrer-seminarein.ZweiJahrespäterbestanderdasExamenmitdemPrädikat„sehrgut“unddemZusatz„zumOrgelspielensehrgutqualifiziert“.
AufgrundeinerEmpfehlungdesangesehe-nenSeminardirektorsKöchlingerhielterdieLehrer-undOrganistenstelleinBorgentreich.SeinegroßeChancekam,alsderUnterlehrerundOrganistinMarienmünster,Berken-kamp,1843pensioniertwurde.SoguteOrgelnwieinderAbteiMarienmünster,schriebBollensam5.8.1843derMindenerBezirks-regierung,seienabsoluteAusnahmen,undniewiederwerdesichfürihneinederartigeGelegenheitergeben.EinZeugnisdesbe-rühmtenOrgelvirtuosenHomeyerfügteerhinzu:Eshabeihm,soschriebdieser,größtesVergnügenbereitet,inBorgentreichderOrgelmusikzulauschen.AufseinenvielenKunstreisen,selbstindiegroßenStädteDeutschlands,habeernurwenigevergleich-bareOrganistengefunden.AngesichtsseineraußergewöhnlichenTalenteunddesMangelsanfähigenOrganistenwünscheerdringendst,manmögeBollenssowürdigen,wieeresmitRechtverdiene.DiesbezeugeerausfreiemAntrieb.SchonzweiWochenspäterhieltBollensseineErnennungzumOrganistenundLehrerinMarienmünsterindenHänden.
InMarienmünsterkonntemansichwahrlichglücklichschätzen.SeinRufalsOrganistundOrgelexpertestrahlteweitüberdieHeimat-grenzenhinaus,undseineLeistungenalsPädagogewurdenausnahmslosmitexzel-lentenPrädikatenbewertet.InihrenGutach-tenhobendieSchulinspektorenimmerwiederdenGesangsunterrichthervor;soderSchul-undRegierungsratKoppderBezirks-
regierungMinden:„DerGesangsunterrichtkannnurinallerhöchstenTönengelobtwerden.“Undwieselbstverständlichfügteerhinzu:„Andereswärebeidiesembefähig-tenLehrerauchnichtzuerwartengewesen.“1888,72Jahrealt,konnteBollensaufeine50jährigeDienstzeitzurückblicken.Staat,Amt,Schul-undKirchengemeindennahmendieszumAnlass,seineLeistungenundVer-diensteumSchuleundKircheinMarien-münstergebührendzuwürdigen.SchulratLaureckausHöxterbeantragtebeiderBe-zirksregierung,ihnaufdieListederKandida-tenzusetzen,denenderköniglicheHaus-ordenvonHohenzollerninderAbteilungderAdlerverliehenwerdensollte.ErbegründeteseinenVorschlagmitdessentadelloser50jährigerTätigkeitimSchuldienst.
DieserhoheOrdenmitvierRangstufenwur-deinseinerzivilenVariantenuranWissen-schaftler,KünstlerundLehrerverliehen,diesichgegenüberdemHauseHohenzollernausgezeichnethatten.MitseinerweithinbekanntenundgeschätztenObstbaum-undBienenzuchthatteerzudemMaßstäbegesetztundsichsofürdasAmtgrößteVerdiensteerworben.
DieoffiziellenFeierlichkeitenfandenam24.Oktober1888statt,eingeleitetdurchfeierlichesGlockengeläutunddurcheinStändchendesLehrergesangvereinsamVorabend.ChoräleundeineMusikkapelleeröffnetendenFesttag.PastorWrede,seit1848inMarienmünsterundvieleJahreollensSchulinspektor,hieltdieFestredeimGottesdienst.NachfeierlichemTeDeumzogenalleGästeindiewürdevollge-schmückteSchule,woderoffizielleTeilderVeranstaltungstattfand.SchulkinderausdenGemeindentrugenLiederundGedichtevor.AmtmannSchroedergratulierteim
NamenderSchulgemeinde,allerLehrerundGeistlichen.ZahlreicheToasteundAnspra-chennamhafterPersönlichkeiten(u.a.CarlvonHaxthausen,verschiedeneLehrerorgani-sationenderKirchengremienetc.)schlossensichan–allesinallemeingroßer,würdigerTagfürMarienmünsterunddasAmt.
AlbertBollenswarennochdreiweitereJahreimAmtvergönnt,dannließenseineKräftenach.ErbatdieSchulbehördeumVerset-zungindenRuhestand.
Am3.Juni1894verstarberzuLüchtringen.
(Quelle: Staatsarchiv Detmold,
nach einem Bericht von Dr. Josef Werpup)
Aus alter Zeit: MarienmünsterImpressionen aus der Zeit bis ca. 1930 · Foto: Kommunalarchiv Herford, Sammlung Fenske
Handschriftliche Aufsstellung von Albert Bollens der Orgeldisposition in Marienmünster
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Der treue Diener
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Es ist ein trüber Novembermorgen. Kalt und unerfreulich streicht der Wind uns um den Kopf und lässt die Regentropfen unter das schützende Dach des Autos, während wir aus dem alten Brakel mit seinen moosbewachsenen Stadtmauern durch den Nethegau dahinsausen dem örtlichen Gebirge entgegen. Mein Begleiter zitiert einen Vers aus Dreizehnlinden bei der Überfahrt über die Brucht. Dann taucht der Habichtshof zur Linken auf und dann geht’s vorbei an dem alten Bodinkthorpe. Nach einigen Minuten durchfahren wir Vörden, dessen Burgfeste einst in kriegerischer Zeit den Gottesfrieden des nahen Benediktinerklosters Marienmünster schützen sollte. Jetzt werden die Türme der Abteikirche sichtbar. Nun noch eine scharfe Kurve und schnurrend hält das Gefährt vor einem wappengekrönten Torbogen.
EineOrgelruineausklassischerZeitHerausgegebenin:Caecilien-Vereinsorgan1913,S.10f.
von Pater Fidelis Böser aus Kloster Beuron
Aber nicht diese von längst vergangenen Zeiten redenden Steine fesseln heute unsere Aufmerksamkeit; auch die mit viel Pietät und Verständnis jüngst restaurierte Abteikirche vermag nicht lange unsere Blicke an sich zu ketten, so sehr auch die Altäre mit ihrem reichen, goldstrahlenden Barock und das herrliche, der gleichen Kunstperiode angehörige Chorgestühl mit seinen wirkungsvollen, freundlichen Farbtönen uns anziehen möchte. Einem anderen der liturgischen Inventarstücke des Gotteshauses gilt heute vor allem unser Interesse: der Orgel. Es ist merkwürdig, dass auch ihr Äußeres neben Altar, Chorgestühl, Kanzel und Beichtstühlen ein Prachtstück des reichen, lebensfrohen Barock darstellt, während die Architektur der Kirche älteren, ernsteren Stilperioden angehört.
Es ist, als sollte die bald zwei Jahrtausende überdauernde und alle Nationen umspannende Weltkirche in den romanischen Gewölben, in den massiven Pfeilern und Mauern ein Abbild finden, während die neuzeitlichen Formen des Barock für das stets sich erneuernde Prophetenwort Priestertum und Hirtenamt Christi einen würdiges Gewalt zu leben und der Predigt, der Sakramentenspendung und dem heiligen Opfer einer Stätte zu bereiten und zu schmücken berufen sind.
Am 12. März des Jahres 1735 hatte der seitherige Prior Josef Zurmühlen den Abtsthron bestiegen. Eine seiner ersten Regierungssorgen war der Neubau einer großen Orgel. Schon im folgenden Jahre 1736 bezog der Orgelbauer Johann Patroclus Möller aus Lippstadt mit seinem Gesellen eine Wohnung im Kloster und blieb zwei Jahre an Ort und Stelle, bis am 19. Mai 1738 das Werk vollendet dastand und von zwei spielgewandten Organisten geprüft und für gut befunden wurde.
Alles Material war vom Kloster geliefert worden. 1021 Reichstaler verzeichnete der Abt für die Schreinerarbeit und das Material, soweit es nicht im Besitze der Mönche war. 450 Reichstaler erhielt der Meister außer der freien Station im Kloster.
214 Reichstaler war der Preis für das schöne Gehäuse. Es besteht aus zwei von unten unterscheidbaren Hauptteilen: im Hauptwerk, das die ganze Breite des Mittelschiffes bildet und dessen Prospektpfeifen sich in herrlicher Symmetrie auf der drei Rundtürme und die Flächen zwischen ihnen verteilen – und dem Nebenwerk
Das Innere der Abtei kirche Marienmünster nach Westen mit der Johann Patroclus MöllerOrgel. Foto: Ludorff, 1897Archiv des LWL
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EineOrgelruineausklassischerZeit
(Rückpositiv), das sich in der Mitte der Emporenbrüstung befindet und die Formen des Hauptwerkes in kleinerem Maßstabe wiederholt. Zwei größere Rundtürme mit den großen Prospektpfeifen flankieren das Ganze zur Rechten und zur Linken und stellen die organische Verbindung zwischen Haupt und Nebenwerk dar.„Hoc organum“ – so heißt es im Tagebuch des Abtes und diese Worte verraten seine Intention – „Deus conservare velit ad multos annos et in
hoc organo laudetur Deus laudabilis nimis“.
Die ältesten Nachrichten über die Disposi tion des Werkes, die ich finden konnte, stammen aus einer Zeit, da der Wunsch des Abtes schon über 100 Jahren sich erfüllt hatte und das Gotteslob der Orgel immer noch weiter tönte, während das Gotteslob im Chore infolge der Säkularisation längst verstummt war. […]Ähnlich wie die Barockkunst, die zumeist diesen Orgeln aus der klassischen Zeit ihr Gewand gewoben und die herrlichen Gotteshäuser geschaffen, in deren lichten, weiten Hallen ihre Stimmen wieder klingen, so atmet auch diese klassische Orgelbaukunst ein reiches, harmonisches Leben.
Es geht ein organischer Zug durch ihre Stimmenzusammensetzung, wie durch diese großartigen, reichen Tempel. Die einzelnen Stimmen sind nicht, wie bei vielen unserer modernen Orgelwerke zu sehr prononciert und zu einseitig charak terisiert. Vielmehr sind sie in unserer, wie in den wenigen anderen geretteten klassischen Orgeln, als Glieder eines schönen Ganzen gedacht und intoniert, in einem bestimmten Raum hinein abgetönt, ohne damit ihre individuelle Schönheit opfern zu müssen. Wenn ich das die Raumwirkung der klassischen Orgel nennen darf, so finde ich darin eine akustische Parallele zu der unnachahmlichen Raumwirkung, die einen wesentlichen Grundzug und Vorzug der Barockkirchen bildet. Die genannte Raumwirkung unserer Orgel wird
erreicht, nicht durch Hochdruckregister oder andere unnatürliche Kraftäußerungen – auch hier in Marienmünster haben wir einen sehr niedrigen Windruck – sondern durch entsprechende Disposition und durch eine Intonation, Gegenstimmen nicht eine absolute Kraft und Stärke geben will, sondern eine relative, berechnet für den Raum, in dem sie beständig ihr Gotteslob erschallen lassen soll. Darum müssen wir dem Brauch – wie hier in Marienmünster statt hatte – , die Orgel an Ort und Stelle zu bauen und nicht in einer fernliegenden Werkstätte, unstreitig seine hohen Vorzüge vor der modernen Weise zu erkennen.
So fluten die Tonwellen hindurch durch diese erhabenen Gottestempel mit ihren weitgespannten Gewölben und die gewaltigen Mauern und hochragenden Säulen und Bildwerke werden mit hineingezogen in die Wellenbewegung und fangen an mitzuschwingen und mitzusingen, und wir verstehen auf einmal unter dem Eindruck der machtvollen Predigt, warum die Heiligenfiguren an den Pfeilern eine so ekstatische Haltung einnehmen, und warum ihre Gewänder in so Wanderbewegung sind und warum die Engel auf den Altären so lebensfroh und frei und kühn sich tummeln – der Hauch des Lebens, den die Königin der Instrumente entfacht hat, weht durch die Hallen und weckt alles zu freudigem, lebensfrohem Gotteslob. Wir fühlen im nämlichen Augenblick, dass sie dieser Kunst unrecht tun, wenn wir Sie „unkirchlich“ nennen, wenn wir von „überladen, unruhig“, von „zweckloser Ornamentik“ reden. Es ist dasselbe Unrecht, dass man begangen hat an den herrlichen Orgelwerken aus klassischer Zeit, wenn man die mächtige, kunstvolle Sprache ihres hell klingenden Gotteslob ist nicht mehr verstand, das eigentümliche Leben ihrer seines Art verkannte, den Reichtum ihrer Mixturen und AliquotStimmen und Rohrwerke, die wie Goldglanz und Blumenornamente sich über den festen Mauern und Pfeilern der Grund
stimmen ausbreiten und Festesfreude über das Werktagsantlitz zaubern ....
Allerdings – den geschilderten Eindruck hat man hier in Marienmünster nur zum Teile. Unsere Orgel ist dem Laufenden 180 Jahre ihres Bestehens alt geworden und Eingriffe von außen haben stark mitgewirkt, das herrliche Werk zu einer Ruine zu machen. In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde die Westfassade der Abteikirche einer Erneuerung unterzogen. In dieser Bau Periode scheint das Werk nicht genügend geschützt gewesen zu sein. Denn nach Vollendung der Bautätigkeit musste von fachmännischer Seite die Summe von 1000 Taler zur Reinigung und Wiederinstandsetzung der Orgel als nötig erklärt werden, die baupflichtige Regierung aber genehmigte den Posten nicht und so musste sich der damalige Organist selber „helfen“. Noch einmal in den siebziger Jahren und ein drittes Mal in den neunziger Jahren wurde an der Orgel „restauriert“.
In dieser Zeit sind einige Register ganz verschwunden, darunter die Choralflöte des Pedals, die von solchen, die sie schon gehört haben, als eine besonders schöne Stimme gerühmt wird. Jeder Kenner der bachschen Orgelmusik weiß, welche Bedeutung diese Choralflöte hatte. Die Traversflöte des dritten Manuals ist in gänzlich Verkennung der dem Werg zugrundeliegenden Intention mit einer unserer „berühmten“ modernen Gamben vertauscht worden. Die Rohrwerke lassen nur noch in wenigen Tönen an, was sie einmal waren. Aber trotz alledem singt und jubiliert die Orgel noch, als ob sie uns zum Bewusstsein bringen wollte, dass sie trotz ihres hohen Alters noch ein jugendfrisches Herz sich bewahrt habe, als ob sie uns selbst alle Zweifel an der Möglichkeit einer Wiederherstellung ihrer alten Schönheit und Klangfülle benehmen, und eindringlich zurufen wollte: noch fühle ich die Kraft in mir, nach Ausbesserung der Schäden und
Wiederersatz des Geraubten und nach Heilung der geschlagenen Wunden auch weiterhin freudig zu erfüllen, was Abt Josef Zurmühlen mir einst aufgetragen: „in hoc organo laudetur Deus ad multos annos.“
Aber – wo ist der Meister, von dem die kranke und hilfsbedürftige Königin der Instrumente die Heilung ihrer Wunden erhofft? Das ist sicher – es darf nur ein Orgelbauer sein, der seinen Beruf als Ausübung einer hehren, heiligen Kunst betrachtet; – ein Orgelbauer, der nicht von den Ehrgeiz getrieben wird, etwas Neues aus dieser alten Orgel zu machen; – ein Orgelbauer der so viel Selbstverleugnung besitzt, um auf die gegebene Intention zu einzugehen und die Gedanken eines anderen nachzudenken, dann aber auch befähigt und im Stande ist, die alte ursprüngliche klassische Tongebung wiederherzustellen. Reden von den „notwendigen Ergänzung“ oder von „Einrichtung nach den neuesten Errungenschaften der heutigen Zeit“ oder von „Notwendigkeit“, das Werk und seine Disposition und Intonation dem modernen Geschmack näher zu bringen“ dürfen die berufenen Instanzen nicht hinwegtäuschen über die sich oft dahinter verbergende Unfähigkeit, aus dem gewohnten engen Kreise herauszutreten und auf eine Höhe sich zu erheben, die der Orgelbau in der klassischen Zeit erstiegen hatte. In einem fachmännischen Gutachten, das von einer staatlichen Behörde als Grundlage für die Wiederherstellung einer Orgel aus dem 18. Jahrhundert vorgeschrieben wurde, heißt es: „Es gibt nichts in der gesamten modernen Orgelbau Kunst, was in das wunderbare Ausgabe dieser alten Meisterwerke hinein passte.“
Wie schön wäre es, wenn die ehrwürdige Abteikirche, die nun – dank der vortrefflichen Leitung und Ausführung ihrer Restaurationsarbeiten – in ihrem alten Glanze und in einer Farbe Umgebung erstrahlt, wie sie sowohl der ernsten romanischen Architektur, als den hellen, lebensfreudigen
Barock der Inneneinrichtung gerecht wird – Wie schön wäre es, wenn diese Abteikirche zu den leuchtenden Farben am Auge Gehäuse auch die leuchtenden Klangfarben des inneren Werkes wieder besäße, – wenn diesem kulturhistorisch ebenso kostbaren wie seltenen Denkmal nicht nur seine Schale und körperliche Hülle erhalten, sondern auch seine Seele und sein Geist wieder eingehaucht würde! Ich habe schon mehr als einmal in Westfalen die bittere Enttäuschung erlebt, dass ich von einer Orgel aus klassischer Zeit gelesen, und als ich in Erwartung des mir werdenden Hochgenusses mich an Ort und Stelle gegeben hatte, da dröhnten mir aus dem alten Gehäuse aufdringlichen Prinzipale und die mit einem Mark und Bein durchdringenden Strich versehenen Gamben aus irgend einer neueren Orgelwerkstätte entgegen. Es wäre sicher ein Glück, wenn man auch in Westfalen eine der wenigen klassischen Orgeln in ihrer edlen, vornehmen Tongebung zu hören und zu spielen Gelegenheit hätte. Vor mir liegt der Bericht eines staatlichen Generalkonservators an sein Ministerium über die Erhaltung einer Orgel aus der klassischen Zeit; Darin wird unter Berufung auf seine sehr kompetente Hochschule Autorität darauf hingewiesen, dass es „von großem Interesse“ sei, die fragliche „Orgel in ihrem wesentlichen Charakter zu erhalten“ und es sei „wichtig dass man alte Kompositionen auf Werken spielen könne, für diese bestimmt waren“. Die allen Kompositionen eines J. S. Bach sind für uns immer noch unübertroffene Muster und Vorbilder des Orgelspiels und werden es auch wohl bleiben. Wenn nun auch die Orgel von Marienmünster infolge einer Wiederherstellung ihrer alten Intonation zu den Werken gerechnet werden dürfte, für die Bachs unsterblich aber Komposition geschrieben waren und auf denen wir heute noch klingen, wie sie einst unter des Meisters Künstler abgeklungen haben – dann hätten sich die berufenen Instanzen den freudigen Dank der Mitwelt und Nachwelt verdient.
EineAnekdotewurdewährendderVorbereitungenzudieserPublikationvonAlbrechtGüntherausSteinheimzuge-steuert:ErerinnertsichanseinenOnkelJosefFröhlingsdorf(1905–1975),dervon1937bis1948alsLehrerundOrganistinMarienmünstertätigwar,späterauchinSteinheimundBrakel.Güntherberichtet:
„JosefFröhlingsdorfhatalleKinderderGemeindenunterrichtet,diezumEinzugs-bereichderAbteiMarienmünstergehör-ten.DieKlassenräumebefandensichindemFlügelderAbtei,indemheutederPfarrsaalunddieWohnungenderPatreseingerichtetsind.HierbefandsichauchdieDienstwohnungdesOnkelsundseinerFamilie.FürdenSohnhattederfürsorglicheVaterunterderOrgelbühneeinenSandhaufenaufgeschüttet.DortkonntederkleineKlaus(*1941)sichdieZeitvertreiben,währendseinVateralsOrganistanderKirchenorgelspielte.“
Josef Fröhlingsdorf (1905–1975), Lehrer und Organist in Marienmünster (1937–1948)Foto: privat Albrecht Günther
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Eine Orgelruine aus klassischer Zeit
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EineOrgelruineausklassischerZeit
„Admultosannos“–20JahreehrenamtlicherEinsatzfürdieKirchenmusik
Hans Hermann Jansen
DieGesellschaftderMusikfreundederAbteiMarienmünster,dieseitdemJahre1993alsFördervereindiemusikalischeArbeitinderehem.AbteiaufvielfältigeWeisebefördert,hatallenGrundzurFreude.Nichtnur,dasseinJubiläumbegangenwird,sondernvorallem,dassdieMöller-OrgelalsZentrumundEnergiequellederMusikinMarienmünsterwiederhergestelltistundnunihrenAuftragzurVerkündigungwiedergänzlichwahrneh-menkann.JedeOrgelmussaußergewöhn-lichsein,siestehtals„KöniginderInstru-mente“fürdieFüllederMusikundals„Kommunikator“fürdieThemen,dieMusikbetrifft:Gotteslob,Harmonie,Klang,Spiritu-alität,Gebet,BesinnungundmitreißendeLebendigkeit.
UmdiesesmitdenMöglichkeitenderOrgelunddesOrteszuverwirklichen,habensichdieMusikfreunde1992zusammengeschlos-sen.NachderGründungderGesellschaftwidmetsichderVereinmitseinenca.100MitgliedernsatzungsgemäßderPflegeundUnterstützungmusikalisch-literarischerKunstvorOrt.DieGesellschaftdeMusik-freundederAbteiMarienmünstere.V.fördertBildungsaufgabenimBereichderweltlichenundgeistlichenVokal-undInstru-mentalmusiksowiedieStärkungderkultu-rellenIdentitätderostwestfälischenRegion.
ErfördertinternationaleGesinnungundToleranzaufallenGebietenderKulturunddesVölkerverständigungsgedankens.DieseZweckdienlichkeitfindetihrenAusdruckin:
§ ideellerundfinanziellerFörderungjungerKünstler
§ einemForumfürangehendeSolisten
§ musikalischerFreizeitundFortbildung
§ kulturellenVeranstaltungenwieKonzerte,Dichterlesungen,Vorträge.
DerOrtdafüristdieAbteikircheMarienmünster,derKonzertsaalmitdenangrenzendenGebäuden,aberauchandereStätteninderRegionOstwestfalen.
PflegederKirchenmusikandenbesonderenKlosterortenbedeutet,immerwiederneuMenschenfürdieSchätzederMusikzubegeistern,BesucherzuführenundjungeMenschenmitaufdieinteressanteReisezurSpiritualitätundsinnlichkünstlerischerErfahrungzunehmen.AlleinimNetzwerk-projekt„Klang-Bild-Kloster“konntenmehre-retausendMenschenanbesondereKlängeundanbesondereOrtegeführtwerden.
ImRahmenderFerienkurseferientheater.defindenimJahreskreismehrmalssinnstiften-deProjektefürKinderundJugendlichestatt,undbeiderAkademie„ForumAbtei“habenMenschenGelegenheit,imBereichderbil-dendenKünsteErfahrungenaneinemOrtderStillezumachen.
DieGregorianik-ScholaMarienmünsterCor-vey,gegründetimJahr1999,oderauchdasERANOS-EnsemblefürAlteMusikmitjun-genStudierendenderHochschulenHam-burg,Hannover,DetmoldundBremensindMultiplikatorenundlebendigeBausteinezudenThemenderMusikfreundegeworden.IhreVerankerungliegtinMarienmünsterSowirddieehem.BenediktinerabteialseineOasederKulturundSpiritualitätimWeser-berglandwahrgenommenundgernalsdas„KlosterderKlänge“bezeichnet.
Zentrumistdieehem.KlosterkirchemitderberühmtenbarockenKlosterorgelvon1736,diegeradeineinemaufwändigenProzessrestauriertwordenist.DiesePublikationberichtetdavon.DieKircheisteineinzig-artigerRaumfürreicheauthentischeKlängeunddievielfältigeMusikkulturvonderGregorianikbiszurJazzimprovisation.
EingebettetineinemalerischnatürlicheUmgebungmitausgedehntenHöhenzügen,Quellen,WäldernundvielenTeichenbietetdiehistorischeKlosteranlagedenBesucherneinlohnenswertesZielihrerErholung,besondersanWochenenden.
Die GregorianikSchola Marienmünster Corveyim Chorgestühl der Abteikirche
Konzertsaale der Kulturstiftung Marienmünster – entstanden aus der ehem. Ackerscheune
Foto: Irina Jansen
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„Ad multos annos“ – 20 Jahre ehrenamtlicher Einsatz für die Kirchenmusik
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„Admultosannos“– 20JahreehrenamtlicherEinsatzfürdie Kirchenmusik
Jährlicher5tägiger Musik und
TanzWorkshop für Kinder und Jugendliche:
ferientheater.de
MarienmünsterResidentKomponist Walter Steffens
Lautenist Axel Wolf
ERANOS Ensemble für alte Musik
Laura Ullrich bei einer spontanen MusicalEinlage
Vocalensembe ColVoc, Detmold · Leipzig
Indenehem.KonventsgebäudenwohnennebendenPatresderPassionisten-Gemein-schaftunddenheutigenBesitzerneinigeKünstler,diedieseBesonderheitdesOrtesfürsicherkannthabenundnutzen.IndenfrischrenoviertenhistorischenRäumenderKulturstiftungfindenhochwertigeKonzertestatt,imKlangsaalmitganzbesonderenakustischenEigenschaftenwerdenaudio-phileCD-Aufnahmenhergestellt,SeminareundKurserundendasSpektrumaufdemWirtschaftshofab.
RegelmäßigeKunstausstellungenundAkademienfüllendenJahreskalenderdieserjungenundzugleichtraditionsreichenKultur-Oase.
WennderdamaligeAbtJosephZurmühlenanlässlichderOrgelweihe1738das„admultosannos“ausrief,konntebisaufdenOrgelbauerkaumjemandahnen,wienachhaltigdieserRufbisheutewirkt.
Infos im Internetwww.musikfreunde.orgwww.eranos.dewww.colvoc.dewww.ferientheater.dewww.gregorianik-schola.dewww.kulturstiftung-marienmuenster.dewww.abteimarienmuenster.de
„Ad multos annos“ – 20 Jahre ehrenamtlicher Einsatz für die Kirchenmusik
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DieBenediktsregelbeginntmitdembekann-tenWort„Höre,meinSohn,aufdieWeisungdesMeisters,neigedasOhrdeinesHerzens“(RB,Prolog1).undim59.KapitelderBene-diktsregelstehtdieAufforderung„Ut in
omnibus glorificetur Deus“ –damitGottinallemverherrlichtwerde.DieseLeitlinienentstandenim5.JahrhundertundsindübervieleEpochenbisheuteLeitliniedesgeist-lichenWirkensderBenediktineringanzEuropa.SiehattenbiszurAuflösungdesKlostersimJahre1803auchinMarienmünsterBestand.UndheutewerdenSpurendiesesbenediktinischenGeistesinderehemaligenAbteineuwirksamundlebendig.
DiewunderschöneArchitekturderKirchelädtzumInnehalteneinundindenerneuer-tenKlängenderOrgelverbindensichHimmelundErdealseinevielschichtigeVerkündigungderBotschaft.WennnundieWirtschaftsgebäudenachdemUmbaualsStättederBegegnunggenutztwerden,soerzählenMenschenundBauwerkeneuvondiesenLeitliniendesMiteinanders.
MehrdennjebrauchendiesebesonderenOrteMenschenundmutigeMenschen,diesichmitHandundHerzdenTraditionenundGedankendesklösterlichenKontextesbe-wusstsindundaufZukunfthinausrichten.SoistdieKlosterregionimKulturlandKreisHöxterschonjetzteinwertvollerEdelstein,einNetzwerkinlebendigerVielfalt.
Hören–Erkennen–ErfahrenGottesWortundhimmlischeKlänge–NachwortvonHansHermannJansen
DarineingebettetkönntedieRoutederhistorischenOrgelnvonCorveyüberMarienmünster,Gehrden,BorgentreichundWormelndurchhimmlischeKlängeBesucherzumZuhörenanregen.
MusikkannHerzenöffnenundGlaubenerfahrbarmachen.Dieseszuverkünden,istdieOrgelinMarienmünstereingeeignetesInstrument.
Marienmünster, 21. November 2012
am Fest der Hl. Cäcilia
Corvey
Borgentreich
Gehrden
Wormeln
Foto: Ansgar Hoffmann
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F e s t s c h r i f t z u r W i e d e r e i n w e i h u n g d e r
J o h a n n P a t r o c l u s M ö l l e r - O r g e li n d e r A b t e i k i r c h e M a r i e n m ü n s t e r
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Konstruktionszeichnung „Schnitt“ · Manufacture d‘Orgues MuhleisenKonstruktionszeichnung „Vorderansicht“ · Manufacture d‘Orgues Muhleisen
PED : C-d‘
BW : C, D-c‘‘‘
HW : C, D-c‘‘‘
PED : C, D-c‘‘‘
Original Möller
Teilweise Original
Neu: Muhleisen
Principal 16
Octav 8
Mixtur 6f
Subbass 16
Gedactbass 8
PED
Winddruck: 65 mm WSStimmhöhe: 477 Hz bei 18 °CTemperierung: Mitteltönig B/g‘
Schreibweise nach Bollens (1879)
Quintadena 8
Gedact 4
Quinte 1 B/c
Mixtur 3f
BW
Flöte traverso 8
Octav 2
Flageolett 1 B/c
Krummhorn 8
BW
Choralflöte 1
Posaune 16
Nachthorn 4
Trompet 8
Cornett 2
PEDPrincipal 8
Octav 4
Super-Octav 2
Sesquialtera 2f
Quinte 3
Mixtur 4f
Ventilator
RP
Principal 16
Octav 8
Octav 4
Sesquialtera 3f
Quinte 6
Mixtur 5f
Cimbal 4f
HW
Viola di Gamba 8
Gemshorn 8
Tertia 3
Cornett 3f
Flöte duis 4
Trompet 8
Vox humane 8
HWGedact 8
Rohrflöte 4
Waldflöte 2
Fagott 16
Quintflöte 2 C/d
Hautbois 8
Calcant
RP
Disposition
Orgeln sind Wunderbauten, Tempel, von Gottes Hauch beseeltJohann Gottfried von Herder
Die orgl ist doch in meinen augen und ohren der könig aller instrumenten.Wolfgang Amadeus Mozart in einem Brief an seinen Vater vom 18. Oktober 1777
Versäume keine Gelegenheit, dich auf der Orgel zu üben. Es gibt kein Instrument, das am Unreinen und Unsauberen im Tonsatz wie im Spiel alsogleich Rache nähme als die Orgel.Robert Schumann in Musikalische Haus- und Lebensregeln
Orgelspielen heißt, einen mit dem Schauen der Ewigkeit erfüllten Willen offenbaren.Charles Marie Widor
Die Pfeifenorgel soll in der lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben.“Konstitution über die heilige Liturgie –
Sacrosanctum Concilium, Kapitel VI: Die Kirchenmusik, 120
Die Orgel ist den Hörenden eine behutsame Predigerin und Missionarin, die tiefer in das Geheimnis Gottes hineinführen kann.
Kardinal Karl Lehmann
Kein anderes Instrument bietet soviel KosmosAntje Vollmer, Politikerin und Theologin
Die Orgel ist ein wunderbarer, sehr menschlicher und daher nicht wegzudenkender Träger der christlichen Botschaft.
Egidius Braun, ehemaliger Präsident des Deutschen Fußballbunds
Die spirituelle Dimension der Orgel trägt in sich die Kraft, Musik als Spiegel kosmischer Weisheit zu vermitteln und somit den menschlichen Weg in die Freiheit stützend zu begleiten.Wolfram Graf, Komponist