Der Mensch und sein Mikrobiom
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Der Menschund sein
MikrobiomW. Florian Fricke, Nutrigenomics
[email protected] 5. Juni, 2014
Studium Generale, Hohenheim
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• Demographischer Wandel und Mikrobiom?
• Was ist das Mikrobiom?
• Das Mikrobiom in Wissenschaft, Medizin und öffentlicher Wahrnehmung
• Demographischer Wandel: Etablierung des Mikrobioms und altersbedingte Veränderungen des Mikrobioms
Übersicht
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Demographischer Wandel
Aus medizinischer Sicht:1. Mehr alte Menschen mit altersspezifischen Problemen2. Heranwachsende Generationen mit neuen Gesundheitsproblemen
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Veränderungengesellschaftlicher Krankheitsprofile
• Rückgang klassischer Infektionskrankheiten
• Anstieg entzündlicher Krankheiten, z.B. Allergien/Asthma, Auto-ImmunerkrankungenVeränderte medizinische Anforderungen der
heranwachsenden im Vergleich zur heutigen Bevölkerung.
Bach (2002). NEJM 347:911-20
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These:Das menschliche Mikrobiom spielt eine entscheidende Rolle für die spezifischen Gesundheitsproblematiken der alternden und einer verändert heranwachsenden jungen Bevölkerung.
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Definitionen:Die Gesamtheit aller nicht-menschlichen DNA (Mikrobiom) bzw. allen nicht-menschlichen Lebens (Mikrobiota / Mikroflora) am menschlichen Körper.
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Mikrobiom
Was und wo?• Bakterien, Viren/Phagen, Hefen/Pilze, Protisten, Würmer,
Parasiten etc...• am ganzen Körper: wo man auch sucht, findet man
Mikroorganismen...
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Wo steckt das Mikrobiom?
Mikrobiom-Komponenten stellen adaptierte Ökosysteme mit Nutzen für den gesamten
menschlichen Organismus dar.
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Paradigmen-Wechsel
Die Identifizierung von Bakterien in vielen klinischen Proben ist nicht gleichbedeutend
mit einem medizinischen Problem!
Ehemals „steril“ geglaubte Körperstellen beherbergen komplexe Mikrobiome: Bakterium ≠ Infektion• traditionelle mikrobielle Diagnostik beruht auf der Kultivierung von
Bakterien,Sequenz-basierten Methoden identifizieren auch nicht-kultivierbare Bakterien
• Beispiele: Lunge, Magen, Fruchtblase, Harnblase...• Beispiel Harnblase: symptomatische Patienten oft negativen Kultur-
basierten Tests, asymptomatische Patienten oft mit komplexem (protektivem?) Mikrobiom
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Komplexität
1-2 kgWeight of microbes on human person
10xMore microbial than human cells
100xMore microbial than human genes
10,000Microbial species
Die Mehrheit aller Bakterien des Mikrobioms kann (noch) nicht
kultiviert werden.
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1. Gute Keime – böse Keime(Bakterien = Bazillen, Keime, Kulturen, Stämme,...)
2. Antibiotika3. Wirtschaft ($$$)
Wahrnehmung des Mikrobioms
in der Öffentlichkeit
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• gesundheitlicher Nutzen von Probiotika im Menschen bisher kaum belegt
• Gefahr gering, Nutzen nicht unwahrscheinlich...
Gute Keime
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Böse Keime
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Antibiotika
• Einerseits: „Antibiotika helfen nicht bei Erkältung!”• Andererseits: „Warum verschreibt sie mir dann mein Arzt?“ –
„Der Husten ist wirklich unangenehm und nächste Woche muss ich fit sein wegen der Prüfung...“
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Antibiotika ≠ Mikrobiom
Mikrobiom
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Michael Pollen (2013); http://www.nytimes.com/2013/05/19/magazine/say-hello-to-the-100-trillion-bacteria-that-make-up-your-microbiome.html
„Einige meiner besten Freunde sind Keime...“
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Industrie
Pharmazeutische Industrie sieht enormes diagnostisches und therapeutisches Potential des Mikrobioms und hat begonnen, selbst massiv in Forschung und Entwicklung zu investieren.
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1. Beispiel:Adipositas / FettleibigkeitMikrobiom zur Unterstützung des menschlichen Stoffwechsels
Gesundheitliche Bedeutung des menschlichen Mikrobioms
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Maus-Modelle
• ob/ob-Maus: - Appetit-Regulation fehlt, stark übergewichtig- gutes Modell für menschliche Fettleibigkeit
• keimfreie Mäuse- herangezogen unter sterilen Bedingungen, Mikrobiom-
frei!- können nachträglich durch Fütterung besiedelt werden
z.B. “humanisierte” Mäuse
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Fettleibigkeit
• übergewichtige Mäuse haben ein verändertes Mikrobiom• Fettleibigkeit ist durch das Mikrobiom übertragbar auf
keimfreie Mäuse• Henne-Ei-Problem:
- führt Fettleibigkeit zu Mikrobiom-Veränderungen?- ...oder ist Fettleibigkeit eine Folge von Mikrobiom-Veränderungen?Mikrobiom-Komponente der Fettleibigkeit
eröffnet neue medizinische Ansätze für Diagnostik und Therapie!
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2. Beispiel:Antibiotika-assoziierte DurchfallerkrankungenMikrobiom zum Schutz vor der Invasion pathogener Bakterien
Gesundheitliche Bedeutung des menschlichen Mikrobioms
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Clostridium difficile-Infektion
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Stuhl-Transplantation
Mikrobiom als Ökosystem:1. Störung - Behandlung mit Antibiotikum2. Resistenz – Rückkehr zum Normalzustand oder
Krankheit3. Manipulation – Stuhl-Transplantation (Mikrobiom-
Therapie)
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1. Beispiel:Benennung von bakteriellen Spezies• Fokus auf Bakterien• vom “wer ist da?” wird geschlossen auf “was wird
gemacht?”Idee: verwandte Bakterien üben ähnliche Funktionen aus
Was macht ein Mikrobiom
„gut“ oder „schlecht“?
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Mikrobiom: Spezies-
Zusammensetzung
Human Microbiome Project• >100 gesunde Menschen• Referenz für Normalzustand
Normale/gesunde Menschen zeigen extreme Unterschiede in der Spezies-
Zusammensetzung ihres Mikrobioms.
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2. Beispiel:Benennung von genetischen Funktionen• Charakterisierung aller Gene (aller Organismen) des
Mikrobiomsum bioinformatisch Funktions-Zusammensetzung zu bestimmen
• = Metagenom
Was macht ein Mikrobiom
„gut“ oder „schlecht“?
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Mikrobiom: Funktions-
Zusammensetzung
Human Microbiome Project• >100 gesunde Menschen• Referenz für Normalzustand
Unterschiedliche Bakterien üben ähnliche Funktionen aus.
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1. Beispiel:Gesellschaftliche Veränderungen des Mikrobioms
Das Mikrobiom im Kontext des
demographischen Wandels
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Woher bekommen wirunser Mikrobiom?
Exposition und Selektion sind entscheidend für die Etablierung eines „guten“ Mikrobioms:• gestillte Menschen weisen noch im Erwachsenenalter eine
andere Struktur des Darm-Mikrobioms auf• Kaiserschnitt, Verzicht auf Stillen und Antibiotika im 1.
Lebensjahr erhöhen das Risiko, später Allergien oder Asthma zu entwickeln
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Hygiene-Hypothese
Herkunft bestimmt das Risiko, Allergien/Asthma und Autoimmunerkrankungen zu entwickeln• Geographie: Geburt/Jugend in industrialisiertem Land und
städtischem Milieu,statt Entwicklungsland und ländlichem Milieu / Bauernhof
• Infektionskrankheiten: geringes Risiko klassischer Infektionen (Würmer/Parasiten, Helicobacter pylori)
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2. Beispiel:Altersbedingte Veränderungen des Mikrobioms
Das Mikrobiom im Kontext des
demographischen Wandels
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Wohnform + Gesundheit
im Alter
Claesson (2012) “Gut microbiota composition correlates with diet and health in the elderly.” Nature 488, 178-185
Gesundheit
Selbständigwohnend
AmbulantePflege
Pflegeheim<6 Monate
Pflegeheim>6 Monate
Klinische Entzündungs-
parameter
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Veränderungen des alternden Mikrobioms
nach Wohnform
Selbständigwohnend
AmbulantePflege
Pflegeheim<6 Monate
Pflegeheim>6 Monate
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Ernährung +Wohnform + Mikrobiom im
Alter
Selbständigwohnend
AmbulantePflege
Pflegeheim<6 Monate
Pflegeheim>6 Monate
FettBallaststoffe
![Page 35: Der Mensch und sein Mikrobiom](https://reader036.fdocuments.us/reader036/viewer/2022081420/56816641550346895dd9b11c/html5/thumbnails/35.jpg)
Ausblick:Über eine ausgewogene Ernährung können wir unser Mikrobiom im Alter positiv beeinflussen und damit entscheidend zu einem gesunden Altern beitragen.
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36
1. Das Mikrobiom kann sowohl über taxonomische („wer?“) als auch funktionelle („was?“) Zusammensetzungen charakterisiert werden.
2. Das menschliche Mikrobiom ergänzt und erweitert den menschlichen Metabolismus (Übergewicht) und schützt vor Infektionen (Antibiotika-assoziierte Durchfall-Erkrankungen).
3. Gesamt-gesellschaftliche Veränderungen des Mikrobioms (gestiegene Hygiene-Standards, veränderte Ernährung im Alter) tragen zu den medizinischen Herausforderungen des demographischen Wandels bei.
4. Häufung entzündlicher Erkrankungen könnten aus dem Wegfall typischer Infektionskrankheiten in industrialisierten Ländern resultieren.
5. Veränderte Ernährungsgewohnheiten im Alter könnten die Entstehung altersspezifischer Erkrankungen begünstigen.
Zusammenfassung