Amerikas Hochschulen in der Krise - Ist das Modell USA in Gefahr? Hans N. Weiler Stanford University...
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Amerikas Hochschulen in der Krise - Ist das “Modell USA” in Gefahr?
Hans N. WeilerStanford UniversityFreiburg, 2. Juli 2012
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Kritische Stimmen in den USA
“the university’s crisis of purpose” (Faust)“is the U.S. losing its preeminence?”
(Adams)“how colleges are wasting our money and
failing our kids” (Hacker and Dreifus)“our underachieving colleges” (Derek Bok)“academically adrift” (Arum & Roksa)“college at risk” (Delbanco)“our universities: why are they failing?”
(NY Review)
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Vorschau: Meine SchlussfolgerungenDas amerikanische
Hochschulwesen hat in der Tat ein ernstes Problem.
Es hat sogar mehrere Probleme gleichzeitig.
Unterschiedliche Teile des Systems sind davon unterschiedlich stark betroffen.
Das amerikanische Hochschulwesen wird diese Probleme wahrscheinlich überleben.
Das “amerikanische Modell” ist keineswegs obsolet, könnte aber Schaden nehmen.
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Drei große Herausforderungen
Die philosophische Herausforderung: Die Frage nach dem Sinn und Zweck von Hochschulen
Die finanzielle Herausforderung: Private und staatliche Hochschulen in der Krise
Die politische Herausforderung: Hochschulen im politischen Konflikt
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Weitere Herausforderungen …
Die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Hochschulen und die internationale Konkurrenz
Die Auswirkungen moderner Technologien auf die soziale Qualität, Governance, Pädagogik und Finanzierung von Hochschulen
Probleme im amerikanischen Hochschulsport, im Übergang von Schulen zu Hochschulen und in der Lehrerbildung
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Krise an der University of Virginia (I)10. Juni 2012: Vom “Board of
Visitors” erzwungener Rücktritt der Präsidentin, Teresa Sullivan
26. Juni 2012: Einstimmige Entscheidung des “Board” zur Wiedereinsetzung der Präsidentin
Die Herausforderungen an die Universität aus der Sicht des “Board of Visitors” (Helen Dragas’ 10 Punkte vom 21. Juni 2012)
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Krise an der University of Virginia (II)State and federal funding challengesThe changing role of technologyA changing health care environmentNeed to prioritize use of scarce resourcesFaculty workload and student experienceDeclining relative faculty compensationSecuring philanthropic gifts and grantsDeclining research fundingIncreasing accountability for qualityIncreasing importance of communications
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DIE PHILOSOPHISCHE HERAUSFORDERUNG: DIE FRAGE NACH DEM SINN UND ZWECK VON HOCHSCHULEN
I
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Die philosophische Herausforderung
Drew Gilpin Faust: “Die zunehmende Dominanz ökonomischer Begründungen” – “Human beings need meaning, understanding and perspectives as well as jobs”
“A Crucible Moment” (AAC&U 2012)Neue Debatten zur Tradition des
Liberal Arts College Curriculare Reform und “citizenship”:
Inhaltliche Neuansätze
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Neue Debatten über die “Liberal Arts”“Not for Profit: Why Democracy
Needs the Humanities?” – “Cultivating Humanity: A Classical Defense of Reform in Liberal Education” (Nussbaum)
“Education’s End: Why Our Colleges and Universities Have Given Up On the Meaning of Life” (Kronman)
“The Liberal Arts as Guideposts in the 21st Century (Keohane)
“Why Choose the Liberal Arts?” (Roche)
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Stanford “Breadth Requirements” (2012)
Aesthetic and Interpretive InquirySocial InquiryScientific AnalysisFormal ReasoningQuantitative ReasoningEngaging DifferenceMoral and Ethical ReasoningCreative Expression
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DIE FINANZIELLE HERAUSFORDERUNG: DIE FRAGE NACH DER FINANZIERUNG VON HOCHSCHULEN IN EINER ZEIT FINANZIELLER KRISEN
II
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Die finanzielle Herausforderung (1)Das Problem der privaten Universitäten
◦Wertverlust des Kapitalvermögens (Harvard: 27.3%; Stanford: 26.7%; Cornell: 26%), aber kräftige Erholung (19,9% Rendite für 2011)
◦Verlust an Investitionsgewinn (Stanford: -16%)◦Folgen: Haushaltskürzungen (13-15%);
Entlassungen (450); Berufungsstop (50); Suspension von Baumaßnahmen ($1.1 Mrd.)
◦Notwendige Ausweitung der Studienfinanzierung ($66 Mio. in 2007 >> $127 Mio. in 2012)
◦Dennoch: Steigende Nachfrage
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Marktwert des Endowment (in Mrd. $), Stanford University, 2007-2012
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Die finanzielle Herausforderung (1)Das Problem der privaten Universitäten
◦Wertverlust des Kapitalvermögens (Harvard: 27.3%; Stanford: 26.7%; Cornell: 26%), aber kräftige Erholung (19,9% Rendite für 2011)
◦Verlust an Investitionsgewinn (Stanford: -16%)◦Folgen: Haushaltskürzungen (13-15%);
Entlassungen (450); Berufungsstop (50); Suspension von Baumaßnahmen ($1.1 Mrd.)
◦Notwendige Ausweitung der Studienfinanzierung ($66 Mio. in 2007 >> $127 Mio. in 2012)
◦Dennoch: Steigende Nachfrage
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Anstieg des Stipendienprogramms,Stanford University, 2007-2017
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Die finanzielle Herausforderung (1I)Das Problem der staatlichen Universitäten
◦Die Fiskalkrise der Einzelstaaten: Schrumpfende Haushalte (Steuereinnahmen) und steigende Kosten (Soziallasten)
◦Reduktion der Hochschulausgaben des Staates (bis zu 48%)
◦Damit drastischer Rückgang der Hochschulhaushalte und Erhöhung der Studiengebühren (30-50%), ohne gleichzeitige Ausweitung der Stipendienmittel
◦Gleichzeitig steigende Nachfrage nach Studienplätzen aus demographischen und Arbeitsmarktgründen (“more demand and fewer courses”)
◦Verlust von Lehrpersonal
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Die finanzielle Herausforderung (III)
Kalifornien: Staatszuschuss pro Studierenden (UC Berkeley und San Diego State) sinkt von $16,120 in 2002 auf $11,229 in 2011
Riskante Ersatzfinanzierung aus Bundesmitteln (ARRA 2009)
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Die finanzielle Herausforderung (IV)Verheerende Auswirkungen auf die
Hochschulen, insbesondere die Community Colleges (20% weniger Plätze in Kalif.)
Erhöhung der Studiengebühren und Einwerbung “zahlender Kunden”
Qualitätsverluste im StudienangebotHaushaltsdilemma: Medicaid vs.
HochschulenAuswirkungen auf die Governance
von Hochschulen
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DIE POLITISCHE HERAUSFORDERUNG: HOCHSCHULEN IN EINER ZEIT INTENSIVER POLITISCHER KONFLIKTE
III
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Die politische Herausforderung
Hochschulen und der Konflikt über die Rolle des Staates in der amerikanischen Gesellschaft
Obamas Hochschulprogramm: Bittere Niederlage für Community Colleges
Anti-intellektuelle Tendenzen, Hochschulen und die Tea Party
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1) WIE ERNST IST DIE LAGE?
2) WIRD DAS “AMERIKANISCHE MODELL” OBSOLET?
Ceterum censeo
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Wie ernst ist die Lage? (I)Die aktuellen Probleme schaden
den Hochschulen, vor allem den öffentlichen, die auf Dauer beschädigt zu werden drohen.◦Die Fiskalkrise der Einzelstaaten ist
strukturell, nicht zyklisch.◦Demographischer Druck schafft
zusätzliche Nachfrage bei schrumpfendem Angebot.
◦Eine nennenswerte Hilfe aus Bundesmitteln ist politisch und fiskalisch kaum denkbar.
◦Die amerikanische Politik bleibt von starken anti-Staat- und anti-Steuer-Kräften bestimmt.
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Wie ernst ist die Lage? (II)Manche Hochschulen – vor allem
private – werden aus der Krise unbeschädigt oder stärker als bevor hervorgehen◦Die öffentliche Wertschätzung für
Hochschulen hält unvermindert an◦Das Geschäftsmodell der privaten
Hochschulen funktioniert auch in der Krise
◦Die Synergien zwischen Hochschulen und Wirtschaft und Technologie bleiben zukunftsfähig (Silicon Valley)
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Wird das “amerikanische Modell” obsolet? (I)Disqualifizieren die aktuellen Probleme
das “amerikanische Modell” von Hochschulen?
Der Genius des amerikanischen Modells liegt in der Vereinbarung von Gegensätzen◦Breite des Zugangs und Höhe der Leistung◦Private und öffentliche Energien◦Die Logik des Staates und die Logik des
Marktes◦Community Colleges und Stanford, Land-Grant
Colleges und Ivy League, Liberal Arts Colleges und (for-profit) Phoenix University
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Wird das “amerikanische Modell” obsolet? (II)
Gerhard Casper:◦“In der amerikanischen
Hochschullandschaft glänzt bei weitem nicht alles und nicht alles, was glänzt, ist Gold. Das amerikanische Hochschulsystem ist ein hochdifferenziertes System, in dem der Idealtypus die verschiedensten Ausprägungen für die verschiedensten Erwartungen und Bedürfnisse gefunden hat. Es ist vor allem ein ohne das Profitmotiv auskommendes Wettbewerbssystem.” (1996)
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Wird das “amerikanische Modell” obsolet? (III)
In Zeiten rapiden Wandels ist das amerikanische Modell notwendiger und leistungsfähiger als je zuvor (Arbeitsmärkte, Mobilität, Wissensbedarf, Talentreserven)
Die aktuellen Probleme bedrohen jedoch das delikate Gleichgewicht des Modells.
Die schwierige Kalibrierung von Exzellenz und Breite: Amerika braucht sowohl Harvard & Co. als auch die Community Colleges.