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UvA-DARE is a service provided by the library of the University of Amsterdam (http://dare.uva.nl) UvA-DARE (Digital Academic Repository) Effi Briest, eine Deutsche Emma Bovary Voetelink, H.M. Link to publication Citation for published version (APA): Voetelink, H. M. (2000). Effi Briest, eine Deutsche Emma Bovary. Amsterdam: in eigen beheer. General rights It is not permitted to download or to forward/distribute the text or part of it without the consent of the author(s) and/or copyright holder(s), other than for strictly personal, individual use, unless the work is under an open content license (like Creative Commons). Disclaimer/Complaints regulations If you believe that digital publication of certain material infringes any of your rights or (privacy) interests, please let the Library know, stating your reasons. In case of a legitimate complaint, the Library will make the material inaccessible and/or remove it from the website. Please Ask the Library: https://uba.uva.nl/en/contact, or a letter to: Library of the University of Amsterdam, Secretariat, Singel 425, 1012 WP Amsterdam, The Netherlands. You will be contacted as soon as possible. Download date: 24 Dec 2019

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UvA-DARE (Digital Academic Repository)

Effi Briest, eine Deutsche Emma Bovary

Voetelink, H.M.

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Citation for published version (APA):Voetelink, H. M. (2000). Effi Briest, eine Deutsche Emma Bovary. Amsterdam: in eigen beheer.

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4.. RELIGIONSUNTERSCHIEDE UND SCHULDBEWUBTSEI N N

Flauber tt und Fontan e haben beide den christliche n Glaube n afs ein ge-wichtige ss Momen t in ihr e Roman e einbezogen . Emma war katholisch , Effi evangelisc hh erzoge n worden . Ihr Glaub e natt e ihne n heimliche , auBereheli -chee Kontakt e mi t andere n Manner n untersagt . Beide Frauen haben dieses Verbo tt übertreten . Haben in diese m Kontex t Unterschied e zwische n dem Katholizismu ss und dem Protestantismu s das Verhalte n beide r Frauen noch beeinfluBt ?? Das gil t im besondere n in bezug auf die dem Katholizismu s eigen ee Beichtmöglichkei t dem Prieste r gegenüber . [Vgl. Betz, S.1219 ff.] Im katholische nn Glaube n ist der Prieste r anschlieBen d an die Beicht e kraf t gött -liche rr Vollmach t zu einer Lossprechun g des Sunder s im Namen Gotte s be-fugt .. Der protestantisch e Glaub e kenn t diese n Beichtritu s und sein e Los -sprechun gg nicht . (Übrigen s handel t es sich im Rahmen meine r Studi e nich t urnn eine theologisch-wissenschaftlich e Wiedergab e von Glaubensunterschie -den,, sonde m urn die Weise, in der die weibliche n Romanfigure n sich dami t beschaftigen. ) )

Wass Emma Bovar y anbelangt , hat Henri Guillemi n 1939 ein Buch unte r demm Tite l Flaubert devant la vie et devant Dieu veröffentlicht . Das Vorwort , vonn dem katholische n Schriftstelle r Francoi s Mauriac , bezieh t sich auf den allmahliche nn Untergan g Emmas aus religiöse r Sicht :

Mêmee quan d Flauber t nous pein t la miserabl e Emma ... Ie romancie r véridiqu ee ne peut pas, ne pas suivr e Dieu a la trac e dans l'homme , de blessur ee en blessure , de chut e en chut e . . . . [S.VIII]

DaBB diese Schilderunge n Flaubert s auch fast imme r von einem satiri -schenn Unterto n 'gefarbt ' wurden , erwahn t er nicht .

Wass Effi anbelangt , ist Peter-Klau s Schuste r (1978) der Meinung , daB siee wahren d ihre r Ehe "i n völlige r MiBachtung " des christliche n Ideals der Liebee "mannliche n GeseHschaftstyranne n unterworfen " war . [S.126] Einig e Nuancierun gg schein t mir hier jedoc h am Platze. Effi hat Innstette n auch 'tyrannisiert' .. Sie hat wissentlic h das Risik o heraufbeschworen , daB er sein Lebenn in einem Duell aufs Spiel setzen muBte . Ihre heimliche n Begegnunge n mitt Crampa s waren ebenfall s nich t in Übereinstimmun g mi t dem christliche n Ideall der Liebe . Innstetten s Aussag e Wüllersdor f gegenüber , daB er sich in seine mm letzte n Herzenswinke l "zu m Verzeihe n geneigt " fühlte , war das wohl . Erfüg tt aber hinzu :

'.... im Zusammenlebe n mi t den Mensche n hat sich ein Etwas ausge -bildet ,, das nun mal da ist und nach dessen Paragraphe n wir uns ge-wöhn tt haben , alles zu beurteilen , die andere n und uns selbst . Und da-

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gegenn zu verstoBe n geht nich t ... . Ich habe kein e Wahl . Ich muB. ' [S.374] [S.374]

Wüllersdor ff finde t es furchtbar , daB Innstette n rech t hat , gib t aber zu:

'Siee haben rech t ... . Die Welt ist einmal , wie sie ist , und die Ding e verlaufe nn nich t wie wir wollen , sonder n wie die andern wollen. ' [S.375]

Innstetten ss Bereitschaf t zur Verzeihun g wird an sich von Wüllersdor f nich tt bestritten . Es ist gerad e dies e Bereitschaft , die in dem christliche n Vaterunse rr zum Ausdruc k gebrach t wird . "Vergi b uns unser e Schuld , wie auchh wir jede m verzeihen , der uns Unrech t getan hat." [Matthaus 6 und Lu-kaskas 11] Diese christlich e Bereitschaf t wir d bei Innstette n aber von einem preuBisch-adlige nn GeselIschaftszwan g überschatte t und verdrangt . Und wer sindd dies e andern , auf welch e Wüllersdor f zielt ? Nich t das Volk , dessen Ge-setzgebe rr ein strafrechtliche s Duellverbo t natt e ergehe n lassen , sonder n die wenigen ,, die zum GeselIschaftskrei s der Satisfaktionsfahige n gehöre n und diee sich mi t Hilf e des Kaiser s über das Gesetz erhabe n erachten . lm nach -stenn Kapite l komm e ich darau f zurück .

Guillemi nn und Schuste r gehen übrigen s nich t auf die Entwicklun g der christliche nn Bedürfniss e beide r Frauen ein . Auch in den in meine r Einleitun g genannte nn Verhandlunge n andere r konnt e ich das nich t finden . Glaser und Stern ,, die beid e Romane gründlic h studier t haben , lassen die religiöse n As-pekt ee auBer Betracht . Aus den Darstellunge n beide r Romane ergib t sich jedoch ,, daB die christlich e Religio n des 19. Jahrhundert s die Entwicklun g von Emmaa und Effi beeinfluB t hat und wie die katholisch e Emma und die evan-gelisch ee Effi , jed e auf ihr e Weise, das Christentu m erleb t haben . In Madame BovaryBovary erfahr t der Leser eine Gegenüberstellun g von Katholizismu s und Auf -klarun gg (Bournisie n und Homais) , in Effi Briest eine von Protestantismu s und Katholizismu ss (Eff i und Roswitha) . In der Diskussio n über Katholizismu s und Aufklarun gg stehe n bei Flauber t nich t ein gebildete r Jesui t und ein aufgeklar -terr Akademike r einande r gegenüber , sonder n ein beschrankte r Dorfspasto r undd ein aufgeblasene r Halbintellektueller . In Effi Briest wir d der Leser mi t einemm brave n evangelische n Pasto r und einer unwissenden , dann und wann komisc hh wirkende n Dieneri n konfrontiert . Deswegen zuers t ein paar rein sachlich ee Bemerkunge n über die geistig e und geistlich e Situation , in der sich Emmaa und Effi in ihre m Gesellschaftskrei s des 19. Jahrhundert s befunde n haben . .

Frankreic h h 16844 natt e Ludwi g XIV. das den Hugenotte n frei e Religionsausübun g

gestattend ee Edik t von Nantes aufgehoben . Viele französisch e Protestante n flüchtete nn nach Deutschland . (Unter ihne n befand sich auch der Strumpf -wirke rr Jacque s Fontaine , einer der Vorfahre n von Fontane) . Was danac h ge-

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schah ,, ist kur z zusammengefaB t dies : Nach dem Auszu g der Hugenotte n konnt ee die aus Englan d eindringend e geistig e Strömun g der Aufklarun g feste nn FuB fasse n und zur Wegbereiteri n der Revolutio n von 1789 werden . Diee französisch e Bevolkerun g wurd e mehr und mehr von der Kirch e abtrön -nig ,, bis 1814 wiederu m die Bourbon s an die Macht kamen und wahren d der Jahree 1814-1830 eine Restauratio n einsetzte . Emmas Elter n zeigen sich der traditionelle nn katholische n Christiichkei t getre u und schicke n ihr e Tochte r in einee Klosterschule . Flaubert s Darstellun g hingege n wirk t eher kritisch . Die katholisch ee Kirchlichkei t komm t nich t gerad e gut weg.

Deutschlan d d lmm Norden Deutschland s hatt e sich seit Marti n Luthe r ein evangelische s

Christentu mm herausgebildet . Ein Christentum , das die Stellun g des Glaubige n undd des Geistliche n star k veranderte . Luthe r ging davon aus, daB die Gnade Gotte ss allei n durc h den Glaube n gewonne n werd e und nich t durc h den Voll -zugg von Rituale n wie die Absolutio n Oder Praktike n wie den AblaB . Luthe r hatt ee nur die Taufe und das Abendmah l als sakramental e Riten bestehe n lassen ,, hatt e allerding s auch der Beicht e noch Bedeutun g zuerkenne n wollen . Inn seine m Katechtsmu s wir d sie nach Taufe und Abendmah l noch eigen s be-sprochen .. Als sakramentale r Ritus verschwan d sie jedoch , so daB die GewiB -heitt der Vergebun g der Sünden ebenfall s einzi g im Glaube n gewonne n wer-denn muBte .

Mitt der Bedeutun g des Glauben s nahm auch die Bedeutun g des Worte s Gotte ss für den individuelle n Glaubige n zu. Luthe r übersetzt e die Bibe l in die denn Mensche n vertraut e Volkssprache , so daB sie vorta n das Wort Gotte s selbs tt verstehe n konnten , und er raumt e der Verkündigun g des Wortes einen wichtige nn Platz ein , was den Geistliche n mehr zum Predige r als zum Voll -strecke rr rituelle r Handlunge n machte .

Diesess evangelisch e Christentu m kannt e weni g katholisch e Kon -kurrenz ,, besonder s in dem führende n gesellschaftliche n Kreis , dem Efft und Innstette nn angehörten . Übrigen s kannt e PreuBen Religionsfreiheit , jeder konnt ee in diese m Staat 'nach seine r Facon seli g werden' , und als Effi an ihre mm Anreiseta g in Kessi n zwei Kirchtürm e wahrnimmt , erklar t Innstetten : "Kessi nn nimm t sich auf. Es hat jetz t auch eine katholisch e Kirche. " [5.207]

Derr Leser erfahrt , wie beide Frauen in ihre r Entwicklun g von ihre r Reli -gionn und der entsprechende n Glaubigkei t beeinfluB t werden . Gerade dies e Glaubigkei tt wir d zum bestimmende n Fakto r bei der Entwicklun g ihre s SchuldbewuBtsein ss wahren d der Ehe. Anfang s ist Emma von den dem Katho -lizismu ss inharente n Rituale n beeindruckt , Effi von der Persönlichkei t des evangelische nn Pastor s ihre r Jugen d Niemeyer , der als Seelsoroe r für sie ihr e Religio nn verkörpert . Als sie verheirate t ist , lern t Effi zwar in Kessi n den Pasto rr Lindequis t kennen , doch sie, die öfter s nach Hohen-Cremme n zurück -

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verlangt,, überlegt sich kurz vor Annies Geburt: "... Lindequist, so gut er ist -aberr Niemeyer ist mir lieber; er hat mich getauft und eingesegnet und ge-traut,, und Niemeyer soil mich auch begraben. Und dabei fiel eine Trane auf ihree Hand." [S.262]

Betrachtenn wir die religiose Entwicklung beider Frauen zuerst nochmals wahrendd Kindheit, Hochzeit und Ehe.

I .. a Emma s Kindhei t

Alss die dreizehnjahrige Emma, von ihrem Vater begleitet, nach Rouen reist,, urn sich dort in einem katholischen Internat weiter ausbilden zu lassen, steigtt man zum Abendessen in einem Gasthof ab. Die Bilder auf den dort benutztenn Tellern verherrlichen die Frömmigkeit, die Wallungen des Herzens undd den höfischen Prunk; Bilder, die Emma wahrend ihres Aufenthalts in der Klosterschulee abwechselnd beschaftigen werden. Frömmigkeit, wenn sie Reli-gionsunterrichtt bekommt, Wallungen des Herzens, wenn eine alte, die Waschee besorgende Jungfer dort mit halber Stimme Liebeslieder singt, höfi-scherr Prunk, wenn Emma die abenteuerlichen Romane Mest, die diese Jung-ferr Schülerinnen heimlich leiht. Der Inhalt dieser Lektüre macht, daB Emma immerr an die Teller des Gasthofes zurückdenken muB. Emmas Frömmigkeit stehtt damit von vornherein in einem bedenklichen Gegensatz zur strengen Kirchlichkeit. .

Alss nun Emma im Religionsunterricht von dem Leiden Jesu Kenntnis nimmtt und in ihrem Gebetbuch Abbildungen von ihm betrachtet, wie er auf demm Wege zur Hinrichtung unter dem Kreuz zusammenbricht, möchte sie dass Geschehen nachahmen. An sich ist das noch nichts Besonderes. In ihrer Phantasiee ahmen Kinder gerne groBe Vorbilder nach. Heutzutage Sport- und Fernsehhelden,, damals Jesus Christus. Wie diese kindliche Imitatio Christi beii Emma aussieht, erklart uns Flauberts Erzahler wie folgt:

Ellee essaya, par mortification, de rester tout un jour sans manger. Quandd elle alia it a confesse, elle inventait de petits péchés afin de resterr plus longtemps, a genoux dans l'ombre, les mains jointes, Ie visagee a la grille sous Ie chuchotement du prêtre. Les comparaisons de fiancé,, d'époux, d'amant céleste et de mariage éternel qui reviennent danss les sermons lui soulevaient au fond de l'ame des douceurs inat-tendues.. [S. 357]

Emmaa traumt über das Leiden, wie sie es bei Christus meint wahrzu-nehmen,, und gleichzeitig über das Leben, wie es sich ihr bei den adligen Da-menn des Mittelalters zeigt. Als sie aber von dem Tod ihrer Mutter hort, wird siee wieder mit der Alltagsrealitat konfrontiert. Ihre traumerische Gemütsver-fassungg veranlaBt als erste Reaktion das Bedürfnis, spater bei ihrer Mutter

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imm gteichen Grabe beerdigt zu werden. Die Ehrfurcht vor dem Klosterleben verschwindett langsam, und die dort herrschende Disziplin beginnt sie zu irri-tieren.. Die Klosteroberin zeigt sich darüber enttauscht und fühlt sich sogar erleichtert,, als Emma endiich die Schule verlaBt, urn auf den vaterlichen Bauemhoff zurückzukehren.

Nachdemm Emma sich mit der Atmosphere des Internats nicht mehr hat begnügenn können, sehnt sie sich nach dem Bauemhof, wo sie das Personal kommandierenn darf. Nachdem der Wechsel ihrer Umwelt langere Zeit gedau-ertt hat, sehnt sie sich jedoch wieder nach dem katholischen Internat zurück. Siee glorifiziert das dortige Leben, vergiBt die sie damals storende Disziplin undd zeigt Charles die hübschen Bücher und Eichenlaubkranze, mit denen sie inn der Klosterschule ausgezeichnet worden war. Emma wird eine unausge-glichenee Person. Sie erfahrt mehr und mehr die Schattenseiten der Situation, inn der sie sich befindet und vergleicht diese mit den Vorteilen der Situation, inn der sie sich nicht befindet.

I .. b Effi s Kindhei t

Robertt Minder mag recht haben wenn er schreibt: "Der glaubige Pfarrer verschwindett zusehends in der hohen Literatur in der zweiten Halfte des neunzehntenn Jahrhunderts" [S.56]; in Effi Briest ist er aber in der Figur von Pastorr Niemeyer noch durchaus vorhanden, und gegen Ende des Romans er-weistt er sich auch als Effis seelsorgerlicher Begleiter in ihrer letzten Lebens-phase.. Am Anfang des Romans sind Effi und ihre Mutter fieiBig bei der Ar-beit,, und beschaftigen sich mit der Herstellung eines aus Einzelquadraten zu-sammenzusetzendenn Altarteppichs. Yvonne Rollins qualifiziert dies lediglich alss eine zur Bourgeoisie gehorende Aufgabe. [S.115] Meines Erachtens han-deltt es sich aber urn eine mehr spezifische Arbeit, die eine bestimmte Be-ziehungg zur evangelischen Religion unterstellt. Was für eine Beziehung das ist,, wird im Text allerdings nicht weiter umschrieben. Fontane durfte davon ausgehen,, daB seine damaligen Leser diese Beziehung ohne weiteres er-kennenn würden. Der preuBische Rittergutsbesitzer war gleichzeitig Patronats-herrr in der evangelisch-lutherischen Kirche. Der örtliche Pastor Niemeyer war insofernn dem adligen Briest untergeordnet, und dessen Frau und Tochter be-mühtenn sich urn die Herstellung eines neuen Altarteppichs. Noblesse oblige.

Alss Kind wird Effi von Pastor Niemeyer den üblichen Religionsunterricht bekommenn haben, und sie wird desweiteren auch seine Predigten gehort ha-ben.. Ob seine Beziehung zu ihrem Vater noch zu besonderer Aufmerksamkeit dess Pastors Effi gegenüber geführt hat, teilt Fontanes Erzahler nicht mit. Wohll steht fest, daB Effi sich am Tage der Verlobung mit Innstetten freiwillig beurlaubt,, "um einen Besuch drüben bei Pastors zu machen". Erst wahrend derr Ene zeigt sich, welche Bedeutung der evangelische Glaube für Effi hat, aberr auch, was sie gerade in dieser Religion vermiBt.

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I I .. Die Hochzei t beide r Frauen

Flaubertss Erzahler beschretbt Emmas Hochzeitsfest und die dort anwe-sendenn Bauernfamilien mit groBer Genauigkeit, die kirchliche Trauung jedoch mitt auBerster Kargheit. Das junge Paar kehrt nach der Feierlichkeit in der Kirchee mit allen Gasten vom Standesamt auf den Bauernhof zurück. Über die kirchlichee Trauung selbst, und wie Charles und Emma die erlebt haben, wird demm Leser nichts mitgeteilt.

Auchh Fontanes Erzahler zeigt sich wortkarg. Nach der ausführlichen Schiiderungg des Polterabends teilt er mit, daB auch der Hochzeitstag selbst gutt verlaufen sei. Niemeyer hat vorzüglich gesprochen. Es liegt auf der Hand,, daB er Effi und ihrem Vater gegenüber keine schablonenhafte Predigt hielt.. Über den Inhalt seiner Ansprache teilt der Erzahler nichts mit. Auch im deutschenn Roman wird nicht erwahnt, wie Braut und Brautigam die kirchliche Trauungg erlebt haben. Mancher Leser wird diese als eine überwiegend gesell-schaftlichee Angelegenheit betrachten, die darum auch keiner weiteren Be-schreibungg bedurfte.

III.. Ehe

Wahrendd der Ehe geht Emma mehrmals und Effi einmal eine heimliche undd intime Beziehung zu einem anderen Mann ein. Die beiden Frauen ver-stoBenn damit gegen die christliche Moral. In beiden Romanen tragt diese Be-ziehungg zum Tod der weiblichen Hauptgestalt bei. Hat in diesem Kontext die katholischee bzw. die evangelische Erziehung noch eine (hemmende) Rolle gespielt? ?

Emma a Inn Emmas Garten in Tostes befand sich, wie schon erwahnt, die Statue

einess in seinem Brevier lesenden Mönchs. Im Laufe der Zeit verlor sie ihren rechtenn FuB. Auf dem Transport nach Yonville-L'Abbaye zerbricht die Skulp-turr vollig. Laut Mitteilung des Erzahlers hatte dort das Holzdach der Kirche schonn zu faulen angefangen, und in dem blauen Anstrich der Wölbung waren schwarzee Flecken erschienen. Die Erwahnung dieser Tatsachen könnte als symbolischee Andeutung eines eintretenden religiösen Verfalls interpretiert werden.. Es ist auch Yonville-L'Abbaye, wo Emma zum ersten Mai mit negati-venn AuBerungen über den katholischen Glauben konfrontiert wird. Nach ihrer dortigenn Ankunft unterhalt sich Homais mit Charles über den hier noch vorkommendenn Aberglauben:

'Ah!! Vous trouverez bien des préjugés a combattre, monsieur Bovary; bienn des entêtements de la routine, oü se heurteront quotidiennement touss les efforts de votre science; car on a recours encore aux neuvai-

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nes,, aux reliques , au cure , plutö t que de veni r naturellemen t chez Ie médeci nn ou chez Ie pharmacien. ' [S.398]

Bovar yy reagier t nich t auf diese Mlttellung . Ebensoweni g Emma, die sich zurr gleiche n Zeit mi t Léon Dupui s unterhalt . Nachde m diese r ihr dann er-zahlt ,, daB man in Yonville-L'Abbay e nich t vie l Büche r besitzt , und Emma er-widert ,, sie habe in Tostes ein Abonnemen t in der Leihbibliothe k gehabt , unterbrich tt Homai s das Gesprach , von dem er die letzte n Wort e gehor t hat . Emmaa würd e ihm eine Ehre erweisen , wenn sie sich für ihr e Lektür e an ihn wende .. Er selbs t verfüg e über eine klein e Bibliothe k der beste n Autore n und nenn tt dabei in erste r Lini e Voltaire . Emma reagier t aber nicht .

Auchh wahren d ihres weitere n Aufenthalt s in Yonville-L'Abbay e wir d Emmaa sich nich t mi t der Aufklarung , sonder n nur mi t ihre m katholische n Glaube nn beschaftigen . Nachdem Léon sie verlasse n hat , geht sie treu in die Kirche ,, kann aber nich t verstehen , weshal b ihr Verlange n nach Léon trotz -demm nich t aufhórt . Wahren d ihre r noch rein platonische n Beziehun g zu Léon gerate nn ihr e Gefühl e scho n in Verwirrung , und als sie eines Abend s das Lautenn des Angelu s hort , denk t sie an ihr e Klosterschul e zurüc k und begib t sich ,, mi t der Bitt e ihre n Pfarre r zu sprechen , zur Kirche . Emma erzahl t Bournisien ,, daB sie sich nich t wohlfühlt . Dieser weis t sie auf die erste n warme nn Tage des Jahres hin und fragt , was ihr Mann dazu mein e und ob diese rr ihr nicht s verordne t habe. Als Emma ihm erwidert , keine irdische n Heilmitte ll zu brauchen , muB der Pfarre r sich gerad e urn einig e seine r fah -rige nn Lausbube n kümmern , die sich dor t kur z vor dem Anfan g ihre r Kathe -chismusstund ee versammel t haben . Was Emma Bournisie n nachhe r auch er-zahlt ,, er miBversteh t ihr Anliegen , und schlieBlic h teil t der Romanerzahle r demm Leser mit , daB Emma nich t mehr weiB , weshal b sie sich eigentlic h an Bournisie nn gewende t hat und daB sie unverrichtete r Ding e heimkehrt .

Dass Zwiegesprac h zwische n Emma und Bournisie n nötig t zu einem dreifache nn Kommentar :

(1)) Literarische r Realismu s versu s Alltaaswirklichkei t

Emmaa hat sich ohne vorherig e Verabredun g an Bournisie n gewandt . Es stell tt sich heraus , daB diese r gerad e im Begrif f ist , mi t seinem Religions -unterrich tt anzufangen. In der übliche n ailtagliche n Wirklichkei t würd e in einemm solche n Falie ein andere r Zeitpunk t für ein Gesprac h verabrede t wer-den.. Wenn die Frau des örtliche n 'Landarztes ' sich wegen persönliche r Pro-blem ee an ihre n örtliche n Prieste r wendet , wir d diese r sie voraussichtlic h nich t ohnee weitere s gehen lassen .

Zuu bedenke n ist , daB die realistisch e Dichtun g ihr Materia l zwar aus der Alltagswirklichkei tt bezieht , es aber nachhe r unte r spezifisc h künstlerische n

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Form -- und Strukturgesetze n verwandelt . \Huyssen, S.16] Die Verwandlun g muBB den Wirklichkeitscharakte r allerding s sowei t aufrech t erhalten , daB die Darstellun gg fü r den Leser glaubwürdi g bleibt . Dazu ist erforderlich , daB ihm derr Inhal t des Textes faktisc h nich t unmöglic h vorkommt . Ein Gesprach , wie dass zwische n Emma und Bournisie n könnt e einem Leser in seine r Alltags -wirklichkei tt zwar wenige r wahrscheinlic h vorkommen , faktisc h unmöglic h ist ess nicht . Auch könnt e das wenige r Wahrscheinlich e mi t einer besondere n Darste ll I ungsweis e zusammenhangen , auf die der Leser erst einma l aufmerk -samm werde n muB .

(2)) Satirisch e Charakterisierun q

Derr Gedankenaustausc h mi t Bournisie n bleib t fü r Emma ohn e Resultat . Bournisie nn hat ihr keinerle i Ansat z zur Lösun g ihre r Problem e verschafft . Ein Leserr könnt e deshal b Mitlei d mi t Emma und eine Abneigun g gegen diese n beschrankten ,, nicht s verstehende n Dorfpasto r bekommen . Der Leser aber kenn tt die Zuneigung , die Emma zu Léon gefaBt hat , der Prieste r nicht . Als siee Bournisie n vorhalt , daB er doch derjenig e sei , der alle Elende n troste , denk tt dieser , daB sie die armen Landleut e meint . DaB ihr Gewisse n von einer Versuchun gg belaste t wird , entgeh t ihm . Das Gesprac h geht weiter :

'I ll y en a d'autres, ' répondit-elle . 'Assurément !! Les ouvrier s des villes , par exemple. ' 'Cee ne son t pas eux ... .' 'Pardonnez-moi !! j'a i conn u la de pauvre s mères de familie , des femme s vertueuses ,, je vous assure , de véritable s saintes , qui manquaien t mêmee de pain. ' 'Maiss celles, ' repri t Emma (et les coin s de sa bouch e se tordaien t en parlant) , , 'celles ,, monsieu r Ie cure , qui ont du pain , et qui n'on t pas ... .' 'Dee feu l'hiver, ' di t Ie prêtre . 'Eh!! qu'importe? ' 'Comment !! qu'importe ? II me semble , a moi , que lorsqu'o n est bien chauffé ,, bien nourri... , car enfin ! ... .' 'Monn Dieu! mon Dieu! ' soupirait-elle . (Hervorhebun g HMV) [S.428]

Emmaa versucht , Bournisie n fü r ihr e nicht-ökonomisc h bestimmte n Pro-blem ee zu interessieren , Bournisie n aber denk t nur an Mensche n mi t mate -rielle nn Sorgen , zu denen Emma nich t gehort : arme Landleute , Arbeite r aus derr Stadt , Menschen , denen es an Bro t und Heizung fehlt . Auf dies e Weise entsteh tt ein Dialo g volle r MiBverstandnisse , wie man es in einer Komödi e erwarte nn würde . Denken wir zum Beispie l an Molière s Orgon , der , was man ihmm auch zu verdeutliche n versucht , die Heuchele i von Tartuff e nich t durch -schaue nn kann . Die Komi k des Dialog s triff t den miBverstehende n Orgon . Ahnlic hh Bournisien . Bournisie n wir d lacherlich , nich t Emma. DaB Bournisie n

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demm Leser als eine lacherlich e Figu r erscheint , bring t für ihn die von Shlo -mit hh Rimmon-Kena n aufgewiesene n Konsequenze n mi t sich : Den erste n Ein-druck ,, den ein Leser von einer Romanfigu r bekommt , wir d er solang e wie möglic hh beibehalten . Dies hier ist das erst e Gesprach , das Emma mi t Bour -nisie nn führt . Obgleic h diese r sich im weitere n Verlau f der Geschicht e vie l Mühee gibt , urn Emma zu helfen , wir d manche r Leser ihn auch dann noch als einee lacherlich e Figu r betrachten . Es frag t sich auch , ob der Leser lediglic h ann ein unglückliche s MiBverstandni s denk t Oder an geistlich e Unzulanglich -keit ,, und ob er sie allei n auf die besonder e Figu r Bournisie n bezieh t oder demm geistliche n Stand im allgemeine n zuschreibt . Das Urtei l des Lesers könnt ee sich dami t verscharfe n und ironisc h oder satirisc h werden .

(3)) Bournisien . Arzt der Seele

Amm Anfan g des Gesprach s mi t Emma erkundig t Bournisie n sich nach Charles '' Wohlbefinden .

tt M. Bovary , commen t va-t-il? ' Ellee semblai t ne pas entendre . II continua : Toujour s for t occupé , sans doute ?? car nous somme s certainement , lui et moi , les deux personne s dee la paroiss e qui avons Ie plus a faire . Mats lui , il est Ie médeci n des corps ,, ajouta-t-i l avec un rir e épais , et moi , je Ie sui s des ames! ' \SA27/428\ \SA27/428\

Diee Selbstgefalligkeit , mi t der diese These verkünde t wird , mag dem Leserr lacherlic h vorkommen , inhaltlic h stimm t die Aussag e mi t den damali -genn Auffassunge n überein . Psychotherapeutisch e Methode n zur Linderun g psychische rr Problem e bestande n noch nicht . (Freud wurd e erst nach der Ver-öffentlichun gg von Madame Bovary geboren. ) Bevor Charle s und Emma nach Yonville-L'Abbay ee übersiedelten , war Charles mi t seine r Frau nach Rouen gefahren ,, um seine n alten Chef aufzusuchen . Dieser Arzt - dessen Name und eventuell ee Spezialisierun g nich t erwahn t werde n - steltt e bei Emma ein nervöse ss Leiden fest und meinte , da6 Luftveranderun g nöti g sei . DaB er auch imstand ee war , die Ursache n von Emmas Leiden zu diagnostizieren , wir d nich t erwahnt .. Emmas Gang zum örtliche n Prieste r war unte r diesen Umstande n logisch ,, ja vernünftig .

Bournisie nn hilf t ihr nicht , zeigt sich dazu nich t imstande . Als ihr Leiden aberr nich t aufhört , versuch t Emma selbs t eine religios e Lösun g zu finden :

.... les mauvai s jour s de Toste s recommencèrent . Elle s'estimai t a pré-sentt beaucou p plus malheureuse , car elle avai t ('experienc e du chagrin , avecc la certitud e qu'i l ne finirai t pas. Une femm e qui s'étai t impos e de sii grand s sacrifice s pouvai t bien se passer des fantaisies . Elle s'achet a unn prie-Die u gothique... . [S.438/439]

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Diesee Handlungsweis e könnt e als ein Versuc h Emmas verstande n wer -den ,, die zerbrochen e Statu e des in seine m Brevie r lesende n Mönch s zu er-setzen .. Christlichkei t und Luxusbedürfni s sind in ihre m Geist aber nich t deut -lichh getrennt . Sie schaff t sich nich t nur einen - vermutlic h kostspielige n -gotische nn Betstuh l an,

.... elle écrivi t a Rouen , afin d'avoi r une robe en cachemir e bleu ; elle choisi tt chez Lheureu x la plus bell e de ses écharpes ; elle se la nouai t a laa taill e par-dessu s sa robe de chambre ; et , les volet s fermés , avec un livr ee a la main , elle restai t étendu e sur un canap é dans eet accoutre -ment .. [S.439]

Siee versuch t wiederum , vie l zu lesen , und kauf t sich philosophisch e Bü-cher .. Mit dem Lesen geht es aber wie mi t ihren Strickereien , von denen eine ganzee Menge, alles nur angefangen , im Schran k liegt . Sie nimm t ein Buch zurr Hand, legt es wiede r zur Seite , urn sich mit der Lektür e eines andere n zu beschaftigen .. Der Leser wir d sich frage n mussen , ob Emmas vorzeiti g abge-brochen ee Ausbildun g in der Klosterschul e wohl ausreichte , um den Inhal t philosophische rr Büche r einigermaSe n verstene n zu können .

Jedenfall ss erfahr t der Leser , daB derartig e Versuch e Emmas ihr Leiden nich tt haben milder n können . Im Gegenteil , die Haut ihre r Nase beginn t sich zuu verkrampfen . Sie entdeck t ein paar grau e Haare und nenn t sich eine alte Frau.. Aber Schlimmere s passiert . Emma bekomm t Schwindelanfall e und spuck tt soga r Blut . Verzweifel t wende t Charles sich an sein e Mutter . Ihre Reaktio nn istdeutlich :

'Sais-t uu ce qu'i l faudrai t a ta femme? ' reprenai t la mère Bovary . 'Ce seraien tt des occupation s forcées , des ouvrage s manuels! ' 'Pourtan tt elle s'occupe!' , disai t Charles . 'Ah !! elle s'occupe ! A quo i done? A lir e des romans , de mauvai s livres , dess ouvrage s qui son t contr e la religio n et dans lesquel s on se moqu e dess prêtre s par des discour s tiré s de Voltaire.. . .' [S.440]

Romane ,, besonder s französisch e Romane , wurde n im 19. Jahrhunder t nochh vielfac h als 'schlechte ' Lektür e für Frauen beurteilt . Michel a de Giorgi o schreib tt darüber :

Derr Roman besaB nach dem geitende n kirchliche n Moralkode x eine aus-gesproche nn korrumpierend e Kraft.. . Es dauert e lange , bis ein Roman in Frauenhande nn sichtba r dargestell t und fotografier t werde n durft e ... Mitt ee des 19Jahrhundert s bekraftigte n deutsch e Padagoge n den Bann -fluc hh gegen den französische n Roman .... [S.145]

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Alss Lösun g schlag t Charles ' Mutte r vor , Emma das Lesen unmögllc h zu machen .. Auf ihre r Rückreis e über Rouen wir d sie in der Leihbüchere i erkla -ren ,, daB Emma ihr Abonnemen t kundige . Ob das auch noch geschah ? Kurz darau ff betrit t Rodolph e die Bühn e und Emmas Leiden schein t vorüber . "J'a i unn amant" , jauchz t sie für sich selbst .

Jamai ss Mme. Bovar y ne fu t auss i bell e qu'a cett e époque.. . Sa voi x maintenan tt prenai t des inflexion s plus molles , sa taill e aussi ; quelqu e chos ee de subti l qui vous pénétrai t se dégageai t même des draperie s de saa robe et de la cambrur e de son pied . Charles , comm e aux premier s temp ss de son mariage , la trouvai t délicieus e et tou t irresistible . [S.503]

Diee hier zitierte n Textausschnitt e zeigen dem Leser die Kontaktlosigkei t inn der Ehe von Charle s und Emma. Seit ihre r sexuelle n Beziehun g zu Rodol -phee ist Emma sichtlic h aufgeblüht . Charles nimm t letztere s wahr , legt sich aberr nich t die Frage vor , wie das auf einma l geschehe n konnte . Er stell t nur fest ,, daB sie unwiderstehlic h aussieht , wie in der erste n Zeit seine r Ehe. Man darff annehmen , daB er sie nun mehr begehrt , obgleic h darübe r nicht s im Textt erwahn t wird . Was das Geschlechtlich e anbelangt , zeigt Flauber t sich nachh Fontane s MaBstabe n als ein freimütiger , nach den unsere n als ein diskrete rr Schriftsteller .

Nachde mm Rodolph e sich Emma plangema B vom Halse geschaff t hat , verfall tt sie in eine noch tiefer e Depressio n als je zuvor . Charles weiB nicht , daBB es sich um eine abgebrochene , auBerehelich e Beziehun g handel t und zeigtt sich verzweifelt .

Pendan tt quarante-troi s jours , Charle s ne la quitt a pas. II abandonn a tou ss ses malades ; il ne se couchai t plus , il étai t continuellemen t a lui tate rr Ie pouls , a lui poser des sinapismes , des compresse s d'eau froide . [S.517] [S.517]

Bournisien ,, der offenba r von ihre m Leiden gehor t hat , statte t Emma Besuch ee ab. Er erkundig t sich nich t nur nach ihre m Befinden , erzahl t ihr fast taglich ,, was sich Neues begeben hat . Seine Plaudere i gefall t Emma. Aber biete tt sie auch geistliche n Halt? Oder hang t der mehr von etwas andere m ab,, auBeren Zeiche n und rituelle n Handlungen , die sie mit ihre r eigene n besondere nn Frömmigkei t fülle n kann?

Alss Emma sich frühe r an Bournisie n gewand t natte , natt e er sie nur misverstanden .. Jetzt hat der bloB e Anblic k der Soutan e dieses Mannes für siee scho n etwas Tröstliches . In Alfre d Wolfenstein s Übersetzun g von Madame BovaryBovary sind die Wörte r "La vue seule de sa soutane " übersetz t mit "Der bloB e Anblic kk der Soutane" . (Hervorhebun g HMV). Als ob dami t zum Ausdruc k gebrach tt werde n solle , daB nich t das Gewand des Individuum s Bournisie n

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Emmaa Tros t verleiht , sonder n das den Vermittle r Gotte s als solche n cha-rakterisierend ee Kleid .

Alss ihr e Krankhel t einen Höhepunk t erreich t hat und Emma sich dem Todee nahe glaubt , verlang t sie nach dem Abendmah l - "ell e avai t demand é la communion "" - und wahren d man zum Vollzu g dieses Ritus in ihre m Zimme r diee Vorbereitunge n trifft , geht in Emma etwas Seltsame s vor :

Emmaa sentai t quelqu e chos e de for t passan t sur elle , qui la débar -rassai tt de ses douleurs , de tout e perception , de tou t sentiment . Sa chai rr allégé e ne pesai t plus , une autr e vie commengait ; il lui sembl a quee son être , montan t vers Dieu ... Son ame, courbatu e d'orgueil , se reposai tt enfi n dans rhumilit é chrétienn e ... [S.520]

Wass sodan n im Text über Emmas "joi e celeste " mitgeteil t wird , die flammende nn Kerzen , die ihr wie ein strahlende r Heiligenschei n vorkomme n ("de ss gloire s éblouissantes") , kann einerseit s als eine erns t zu nehmend e mystisch ee Erfahrun g gedeute t werden , kann andererseit s aber auch als ko-misc hh erfahre n werden . Der Text schein t zwische n Erns t und Ironi e zu schweben ,, wie in Flaubert s spatere r Erzahlun g Un coeur simple. AuBerde m erfahr tt der Leser , wie diese r Text in Emmas Phantasi e zu einer kindliche n Vorstellun gg der Majesta t Gotte s führt . Verbinde t Emma mi t der sakramen -talenn Handlun g wirkliche n Glaube n oder phantastisch e Frömmigkeit ? Wie demm auch sei , die zitiert e Passage weis t darau f hin , daB Madame Bovary mehrr ist als die Geschicht e einer Frau, die ehebrecherisc h geworde n ist , wei l siee sich der sie umringende n bürgerliche n Gesellschaf t in einer französische n Kleinstad tt nich t anpasse n konnte . Der Roman kann auBer als ein bürqerliche r zugleic hh auch als ein reliaiöse r Roman betrachte t werden , der die Geschicht e einerr katholisc h erzogene n Frau darstellt , die vergeben s versucht , ihr e Sün-denn zu sühnen . Ohne die ausreichend e Hilf e ihres Priester s bleib t Emma ihre r eigene nn phantastische n Frömmigkei t überlassen . Emma beichte t auch nicht , zeig tt sich jedoc h beruhigt , als Bournisie n an ihre m Sterbebet t das Misereatu r undd das Indulgentia m betet und sie zu salbe n anfangt .

.... d'abor d sur les yeux , qui avaien t tan t convoit é toute s les somptuosité ss terrestres ; pui s sur les narines , friande s de brise s tiède s ett de senteur s amoureuses ; puis sur la bouche , qui s'étai t ouvert e pour Iee mensonge , qui avai t gémi d'orguei l et cri é dans la luxure ; puis sur less mains , qui se délectaien t aux contact s suaves , et enfi n sur la plant e dess pieds , si rapide s autrefoi s quan d elle courai t a l'assouvissanc e de dess désirs , et qui maintenan t ne marcheraien t plus . [S.622]

Undd das Ergebnis ?

Ellee n'étai t plus auss i pale , et son visag e avai t une expressio n de

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sérénité .. comm e si ie sacremen t l'eü t auérie . [S.622]

Hierr stirb t eine Frau, die sich andere n nich t anpasse n konnte , wei l sie ihr ee eigen e kompliziert e Persönlichkei t nich t genügen d kannte . Als sie sich verliebt ,, spiel t der Glaub e kein e Rolle mehr , und sie verdrang t ihre Religiosi -tat .. Als Rodolph e sie im Stic h laBt , gewinn t Thumilit é chrétienne " die Ober-handd und verdrang t ein SchuldbewuBtsei n ihr e Sexualitat . Ein SchuldbewuBt -seinn aber nur Gott und nich t dem oden Eheman n gegenüber . Sie versucht , auff eigen e Faust Gott zu dienen , ohne auf ihr e ehelich e Beziehun g zu Charless Rücksich t zu nehmen !

Alors ,, elle se livr a a des charité s excessives . Elle cousai t des habit s pourr les pauvres ; elle envoyai t du bois aux femmes en couches ; et Charles ,, un jou r en rentrant , trouv a dans la cuisin e troi s vaurien s atta -bléss qui mangeaien t un potage . Elle fi t reveni r a la maiso n sa petit e fille ,, que son mari , duran t sa maladie , avai t renvoyé e chez la nourrice . Ellee voulu t lui apprendr e a lire ; Berth e avai t beau pleurer , elle ne s'irritai tt plus . C'étai t un part i pri s de resignation , une indulgenc e universelle .. [S.522]

Diee Erziehun g im Klosterinterna t muB in Emma eine derarti g stren g normativ ee Kontrollinstan z entwickel t haben , daB sie in der Gesellschaft , in derr sie lebte , kein vernünftige s Gleichgewich t zwische n religiöse n und sexu -ellenn Bedürfnisse n erreiche n und die Unterschied e zwische n Realita t und Traumwel tt nich t erkenne n konnte . Sie hat nich t rechtzeiti g eingesehen , daB Rodolph ee ein Betrüge r war , ihr beschrankte r Eheman n hingege n auch über positiv ee Eigenschafte n verfügte . Sie verlier t stet s die Realita t aus den Augen undd zeigt sich nich t imstande , ihr e unterschiedliche n Wünsch e auf eine für siee erreichbar e Weise zu ordnen . Meiner Meinun g nach natt e Psychoanalys e ihrr helfe n können , fall s sie berei t gewesen ware , sich einer derartigen , lang -wierige nn Behandlun g zu unterziehen . Aber wie gesagt , eine solch e Behand -lungg bestan d noch nicht . Wohl kann man feststellen , daB ihr religiöse s Be-dürfni ss Emma dazu führt , den Frieden zu finden , urn zu sterben : "un e ex-pressio nn de sérénité , comm e si Ie sacremen t l'eü t guerie " [S.622], daB aber baldd danach die Ruhe wiede r zerstör t wird , als sie das anzüglich e Lied des blinde nn Bettler s hort : "Et Emma se mit a rire , d'un rir e atroce , frénétique , désespére ee ... . " [S.623] Die Spannun g zwische n ihre m leichtsinnigen , ehe-brecherischen ,, sexuelle n Verlange n einerseit s und ihre r in der Jugen d ent -standenen ,, religiö s gefarbte n Selbstbeherrschun g bleib t bis zum letzte n Atemzu gg ungelöst .

Inn der frühe r (oben S.9) scho n genannte n und von Fontan e positi v bewertete nn Geschichte der französischen Literatur erwahn t Eduard Engel , wiee Flauber t die sogenannte n 'interessanten ' Mensche n künstlerisc h zuwide r waren .. Flauber t natt e gerad e Durchschnittscharakter e bevorzugt , an denen

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diee meiste n Romandichte r verachtlic h vorübergingen . Meiner Meinun g nach istt Emma mi t ihre r imme r wiede r zwische n Sexualita t und Religionsbedürfni s schwebende nn Verfassun g kein Durchschnittscharakter . Emma erweis t sich im Gegentei ll als ein komplizierter , tragische r Ausnahmemensch .

Effi i Wiee in Madame Bovary die Frau die komplizierter e Romanfigu r darstellt ,

soo ist das in Effi Briest der Mann. Innstette n bestatig t Wüllersdorf , sein e Frau nochh imme r zu lieben , fühl t sich aber gleichzeiti g genötigt , sich von ihr scheide nn zu lassen . Effi kenn t eine solch e innerlich e Widersprüchlichkei t nicht .. Der evangelisch e Glaub e bereite t ihr wahren d der Ehe anfang s kein e besondere nn Probieme , auch nich t als ein katholische s Kindermadche n bei ihr inn Diens t tritt . Die evangelisch e Hausangestellt e Johann a paBt natürlic h bes-serr zu dem evangelisch-adlige n Lebenssti l des Hauses . Als es zu einer Tren -nungg zwische n Innstette n und Effi kommt , wahl t Johann a auch sofor t Inn -stetten ss Seite und zeigt kein Verstandni s fürda s Mitleid , das die katholisch e Roswith aa mi t Effi hat . Bei ihre m Dienstantrit t natt e Roswith a mitgeteilt , katholisc hh zu sein und hinzugefügt , wie in ihre r Sich t ander e Mensche n Katholike nn fokalisieren :

'Viel ee wolle n kein e kattolsche , weil sie so vie l in die Kirch e rennen . Im -merr in die Beichte , und die Hauptsach e sagen sie doch nich. ' [S.264]

Werr in der Beicht e die Hauptsach e nich t erwahnt , wir d nach der Beicht e wegenn diese r "Hauptsache " auch kein e guitige , kraf t göttliche r Vollmach t vollzogen ee Absolutio n empfangen . Innstette n und Effi fande n Roswith a auch einn biBche n dumm . Effi natt e aber Angs t vor dem Gardinengerausch e auf der Dielee und meinte , daB Roswith a sie auf Grund ihre s Glauben s móglicherweis e besse rr vor derartige n Angste n schütze n würde .

Roswith aa lachte , was auf ihr e jung e Herri n einen besonder s gute n Eindruc kk machte . Effi war fest protestantisc h erzoge n und würd e sehr erschrocke nn gewese n sein , wenn man an und in ihr was Katholische s entdeck tt natte ; trotzde m glaubt e sie, daB der Katholizismu s uns gegen solch ee Ding e 'wi e da oben ' besse r schütze ; fa, dies e Betrachtun q hatt e beii dem Plane, Roswith a ins Haus zu nehmen , aanz erheblic h mitae -wirkt .. (Hervorhebun g HMV)[S.266/267j

Weshal bb Effi der Meinun g ist , daB der Katholizismu s besse r gegen solch ee Ding e 'wi e da oben ' schütze n könne , steh t nich t im Text . Effi wir d aberr gewuB t haben , daB damal s in einer christlic h gelebte n Ehe dem Mann diee von Got t verordnet e Gewal t zukam . Die Frau sollt e ihm gehorsa m sein . Innstette nn wollt e aber kein e MaBnahme n treffen , um das Effi beangstigend e Gardinengerausc hh aus der Welt zu schaffen . Effi konnt e daru m beten , aber nurr im katholische n Glaube n ware sie imstand e gewesen , sich in der Beicht e

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wegenn ihre r Angst e und Schuldgefühl e an einen dazu berufene n irdische n Vermittle rr Gotte s zu wenden , der sie stellvertreten d von ihre r Last natt e befreie nn können .

Nachde mm das Ehepaar nach Berli n umgezoge n ist , fahr t Effi wegen ihre r Gesundhei tt nach Bad Ems. Wahren d ihre r Abwesenhei t entdeck t Innstette n diee Crampas-Korrespondenz . Bevor sie auf die Reise gent , ist Roswith a Effi beimm Packen behilflich . Effi frag t sie nochmals , ob sie nie zur Beicht e gene, bekomm tt aber kein e befriedigend e Antwort . Was Effi s Proble m angeht , er-fahr tt der Leser , wie ihr in ihre m evangelische n Glaube n die Beicht e und die GewiBhei tt der durc h den Geistliche n in der Absolutio n im Namen Gotte s zugesicherte nn Vergebun g fehlen . Deswegen fang t sie an, sich noch mehr für diee katholisch e Religio n zu interessieren . Sie frag t Roswitha , ob sie denn nie empfunde nn habe, daB es ein Glück ist , wenn man etwas auf der Seele hat , "daBB es runte r kann" . Entsprechen d heiB t es bei Bance : "Sh e envie s the servan tt Roswitha' s advantag e as a catholi c in thi s respect. " [1979, 5.413]

Diee 'Affare ' mi t Crampas belaste t Effi noch immer . Obgleic h sie den Mannn scho n mehr als sechs Jahre nich t gesehe n hat , kann die Geschicht e nich tt "runter" . Wie auch immer , die Frage an Roswith a beweis t ihr Bediirfnis , urnn mi t jemande m vertraulic h iibe r Crampas * Verfiihrungsversuch e und ihr e alss schuldhaf t erfahren e Reaktio n darau f reden zu können . Der Berline r Pasto rr Lindequis t hatt e für sie nich t dieselb e Bedeutun g wie Niemeyer , den siee frühe r in Hohen-Cremme n als erste n iibe r ihr e bevorstehend e Heirat mi t Innstette nn informierte . Als der vertraut e Seelsorge r würd e Niemeye r ihr wahrscheinlic hh nach Vermoge n Beistan d gewahr t haben , und das hatt e eine Beicht ee vielleich t einigermaBe n ersetze n können .

Effi ss aufrichtige s Bediirfni s nach einer Beicht e ware wahrscheinlic h auchh dann bestehe n geblieben , wenn ihr e Korresponden z mit Crampas nich t entdeck tt und ihr e Schul d nich t bekann t geworde n ware. Ihr Gewisse n hatt e siee nich t in Ruhe gelassen , auch wenn sie die Spure n ihre s auBereheliche n Verhaltnisse ss ausreichen d getilg t hatt e und die scho n erwahnt e Entrüstun g derr Geheimrati n Zwicke r nich t nöti g gewesen ware :

Ess ist unglaublic h - erst selbe r Zette l und Brief e schreibe n und dann auchh noch die des andere n aufbewahren ! Wozu gib t es Öfen und Ka-mine?? [S.394]

Bezeichnen dd für Effi ist die Episod e kur z vor ihre m Tod. Sie ist wiede r auff Hohen-Cremme n und hat noch einma l geschaukelt . Sie spring t von der Schauke ii herab und nimm t Niemeyer s Arm :

'Effi ,, du bis t doch noch immer , wie du frühe r warst. ' 'Nein .. Ich wollte , es ware so. Aber es lieg t ganz zurück , und ich nab' es

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nurr noch einma l versuche n wollen . Ach , wie schö n es war , und wie mir diee Luf t wohltat ; mi r war , als flög ' ich in den Himmel . Ob ich woh l hineinkomme ?? Sagen Sie mir's , Freund , Sie musse n es wissen . Bitte , bitt ee ... .' Niemeye rr nahm ihre n Kopf in sein e zwei alten Hande und gab ihr einen KuBB auf die Stir n und sagte : 'Ja, Effi , du wirst. ' [S.414]

Persönlic hh erfahr e ich dies e Passage als eine der ergreifendste n im Roman .. Es scheint , daS Effi ihr e Frage rech t sponta n stellt , ausgelös t von demm alten Gefüh l des Schaukelns : als flö g ich in den Himmel . Obwoh l es zu keine rr Beicht e kommt , und ohn e daB ihr der evangelisch e Pasto r die Verge-bungg ihre r Schul d und die Gnade Gotte s kraf t seines Amte s zuspreche n könnte ,, tröste t er sie dennoc h mi t den Worten : "Ja , Effi , du wirst. " Auf diese Weisee konnt e er Effi s Glaube n starke n und konnt e Effi in Friede n sterben . Ein Gefüh ll der Befreiun g überkomm t sie. "Rune , Rune" sind ihr e letzte n Ge-danken . .

Effii hat nach der Crampas-Affar e an erste r Stell e Angs t vor Gott , nich t vorr Innstetten . Das ergib t sich aus ihre m Abschiedsbrie f an Crampas : "DaB wirr hier abberufe n werden , ist mir wie ein Zeichen , daB ich noch zu Gnaden anoenomme nn werde n kann" . (Hervorhebun g HMV) [S.333] Ihre Abneigun g gegenn Innstette n nach der Ehescheidun g verlier t sie erst , nachde m Niemeye r ihrr bestatig t hat , sie werd e in den Himme l kommen . Wenn Got t ihr ihre n Fehltrit tt mi t Crampa s verzeiht , soi l sie ihrerseit s Innstette n sein e Handlungs -weis ee auch verzeihen . Und auf ihre m Sterbebet t gesteh t sie ihre r Mutter , daB err ihr eigene s Kind in einer Art Abweh r gegen sie erzoge n natte , auch dari n habee er ja rech t gehabt . "LaB ihn das wissen , daB ich in diese r Überzeugun g gestorbe nn bin. " [5.425]

Emmaa entwickelt e nur ein religiöse s SchuldbewuBtsei n gegenübe r Gott , Effii kenn t auch ein diese m SchuldbewuBtsei n zugeordnete s SchuldbewuBt -seinn Innstette n gegenüber . Jeder Leser kann zur Kenntni s nehmen , wie -wenigsten ss letztendlic h - Emma und Effi in ihre r christliche n Religio n den ethische nn MaBstab fü r ihr e Lebensgestaltun g gefunde n haben . Ihre religiöse n Bedürfniss ee werde n jedoc h von einer unterschiedlichen , wenn auch ver -gleichbare nn Tragi k gekennzeichnet . Beide sind schuldbewust , beide suche n einee Vergebun g im Namen Gottes , und beide suche n den Weg der Beichte . Alss Emma beichte n möchte , versteh t der Prieste r sie nicht . Als Effi beichte n möchte ,, fehl t dazu die institutionell e Möglichkeit . In beiden Romane n ent -wickel tt sich eine Diskrepan z zwische n den persönliche n Bedürfnisse n und denn kirchliche n Gegebenheiten . Allerdings , Emmas Tragi k verscharf t sich da-durch ,, daB sie sich in der Entbehrun g geistliche n Beistand s ihre r eigenen , phantastische nn Frömmigkei t überlaBt . Effi s Tragi k milder t sich , inde m ihr durc hh den Tros t Niemeyer s doch so etwas wie eine GewiBhei t der Erlösun g zutei ll wird , obgleic h diese r evangelisch e Geistlich e mi t seine m Zuspruc h

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nich tt als irdtsche r Vertrete r Gotte s auftrete n kann . Mit ihre m Verlange n nach derr Mögllchkei t einer persönliche n Betcht e und einer im Anschlu B daran zu empfangende nn ausdrückliche n Vergebun g im Namen Gotte s hat Effl sich in diese mm für sie so wesentliche n Punk t innerlic h in die Richtun g des Katholizis -muss entwickelt , ohn e das in dem ihr vertraute n preuBisch-adlige n Geselt -schaftskrei ss zeigen zu können .