Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
-
Upload
dieter-zirnig -
Category
Documents
-
view
215 -
download
0
Transcript of Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
1/12
Christian Kern in der #zib2 mit ArminWolf #transkript
von Dieter Zirnig
17. Mai 2016
Transkript zum Gespräch mit Christian Kern (Bundeskanzler) vom 17. Mai 2016 in der
ZIB2 mit Armin Wolf.
Dienstag, 17. Mai 2016ORFTranskriptstatus: Dienstag, 17. Mai 2016, 23:30Quelle: ORF TVthekBildquelle: tvthek.orf.at (Screenshot)
Die Idee hinter dem Transkript ist, ein gesprochenes TV-Interview auch in einem
zusätzlichen Kanal – und zwar in Textform – zur Verfügung zu stellen. Oft ergeben sichbeim Lesen andere und klarere Zusammenhänge. Strukturen werden erkannt undeigentliche Botschaften, Textbausteine werden noch klarer und können weiterrecherchiert werden. Wir möchten Politik, politische Ideen und Veränderung und denWeg in ein neues, offenes und mitgestaltbares politisches Zeitalter unterstützen. Unddem Gesagten mit dem Transkript einen ernstzunehmenden anderen Zugang sowieeine möglichst breite Reflektion bieten. Danke an die ModeratorInnen und dieTV-Anstalten, dass Interviews transkribiert werden können.
Idee, Feedback oder Fehler gefunden? Bitte an info [at] neuwal.com schicken! Danke.
http://tvthek.orf.at/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12751437/ZIB2-Interview-mit-SPOe-Bundeskanzler-Kern/12751441https://neuwal.com/author/adminneuwal/http://tvthek.orf.at/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12751437/ZIB2-Interview-mit-SPOe-Bundeskanzler-Kern/12751441https://neuwal.com/author/adminneuwal/https://neuwal.com/kategorie/interview/transkripte/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
2/12
Armin Wolf: Und Den designierten SPÖ-Vorsitzenden begrüße ich jetzt bei mir im
Studio. Guten Abend, Herr Kern.
Christian Kern (Bundeskanzler): Guten Abend.
Vielen Dank fürs Kommen. Herr Kern: Inhaltslos, Machtversessen,
Zukunftsvergessen. Mit einer Sprache, die niemand mehr hören kann . Das war ja
ein wirklich gnadenloses Urteil über die Arbeit Ihrer eigenen Partei und des
Koalitionspartners in den letzten Monaten und Jahren. Niemand hat Ihnen
widersprochen. Aber: Warum sollte das mit den beiden gleichen Parteien jetzt
plötzlich anders werden?
Transkript: Die erste Pressekonferenz von Christian Kern
„Wenn wir dieses Schauspiel weiter liefern, ein Schauspiel der Machtversessenheit und
der Zukunftsvergessenheit, dann haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall. Wenige Monate, bis das Vertrauen und die Zustimmung in der Bevölkerung
restlos verbraucht sind.“
Transkript: Die erste Pressekonferenz von Christian Kern
Ich denke, das ist eine Kritik an den bisherigen Vorgehensweisen gewesen. Ich möchte
allerdings hinzufügen: Damit sind nicht nur die beiden Regierungsparteien gemeint. Das
ist ja ein Phänomen, das die österreichische Politik generell betrifft. Und wie Sie richtig
gesagt haben: Ich habe da etwas zum Ausdruck gebracht, das viele Bürger und
Bürgerinnen in unserem Land so empfinden. Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass das
besser wird. Aber ich kann Ihnen garantieren, dass wir mit einem völlig anderen Zugang
an die Sache herangehen werden. Ich bin mir da auch mit Reinhold Mitterlehner einig. Wir
neuwal.com 1
Dieter Zirnig
https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
3/12
beide werden das versuchen. Und werden unser bestes daransetzen, dass das dann
tatsächlich dann Wirklichkeit wird.
Sie sind – außer vor knapp dreißig Jahren als Studentenvertreter – noch nie für eine
politische Funktion gewählt worden. Und haben auch bei der letzten
Nationalratswahl nicht kandidiert. In wie fern sind Sie als Regierungschef eigentlich
demokratisch legitimiert?
Die Sozialdemokratische Partei hat einen klaren Wählerauftrag bekommen. Im Zuge
dieses Wählerauftrags hat sie immer wieder Personal gewählt. Den Bundeskanzler, der –
haben Sie recht – auf der Liste kandidiert hat, der Spitzenkandidat war, Minister – also
wesentliches politisches Führungspersonal. Ja, in der Tat ist das so, dass natürlich diese
Form der Legitimation eine stärkere ist. Aber am Ende des Tages haben wir in Österreich
bekanntermaßen ein Listenwahlrecht. Das heißt: Sie wählen eine politische Partei und
nicht eine Person bei einer Nationalratswahl. Das ist ja auch der Unterschied zur
Bundespräsidentenwahl.
Es hat in den letzten 50 Jahren erst einen Bundeskanzler in Österreich gegeben, der
ohne jede Regierungserfahrung ins Amt gekommen ist. Nämlich Alfred Gusenbauer.
Und er ist bekanntlich nach zwei Jahren gescheitert. Sie hatten überhaupt noch nie
überhaupt ein politisches Amt inne und werden gleich Chef der Regierung und der
SPÖ. Sind das wirklich Jobs für einen Quereinsteiger?
Ich denke, dass das eine Vorgehensweise ist, die Sinn macht. Logischerweise werde ich
das jetzt natürlich verteidigen. Sie können ja nicht von mir erwarten, dass ich heute
angelobt werde und dann erkläre: Das alles ist ein großes Missverständnis. Nein, aber
wenn Sie sich die Herausforderungen ansehen, dann muss man sagen, dass man wirklich
an einem Punkt angelangt ist, mit dem gesamten politischen System. Aber auch was die
Zustimmung und das Vertrauen in die Regierung betrifft, wo wir eindeutige eineTrendwende brauchen. Die Art und Weise, wie wir Politik betrieben haben, die Sprache
neuwal.com 2
Dieter Zirnig
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
4/12
der Politik, die Rituale, die Erscheinungsformen, die finden zunehmend weniger
Verständnis in der Bevölkerung. Und vor dieser Situation, denke ich, angesichts der
Dimensionen, Problemen und Herausforderungen, dass es viele Menschen im Land
verstehen, dass man hier einmal einen neuen Weg geht.
Das vielleicht bekannteste Zitat über Sie stammt von einer prominenten
Parteifreundin von Ihnen. Die Sie sehr gut kennt und die Sie auch als ÖBB-Chef
geholt hat. Und Sie hat gesagt: „ So wie ich keine gute Bahn-Managerin wäre, wäre
er [Kern] kein guter Politiker. “ Was weiß denn Doris Bures über Sie, dass wir noch
nicht wissen?
Doris Bures hat im Konjunktiv gesprochen. Mein Ehrgeiz ist es jetzt, das zu falsifizieren
und zu zeigen, dass dem eben nicht so ist.
Aber warum glauben Sie, dass Sie das können?
Ich… Sie haben völlig recht. Das ist eine völlig berechtigte Frage. Und der muss man sich
stellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir in diesem Land eine andere Form der Politik
brauchen. Ich glaube, dass das eine Politik sein muss, die viel stärker faktengestützt ist.
Die sich viel stärker auf Analysen beruft. Die sich letztendlich aber auch konsequent mit
der Frage der Erfolgskontrolle auseinandersetzt. Das alles sind Methoden, mit denen Sie
üblicherweise Unternehmen, große Organisationen führen. Nicht, dass wir uns
missverstehen.
Dass das heute eine Situation ist, wo wir neue Wege suchen müssen. Dass das die
Bevölkerung auch von uns erwartet. Dass letztendlich die Unzufriedenheit so groß ist –
und da nehme ich die Oppositionspolitik genau so wenig aus -, dass wir hier alle
miteinander gut beraten sind, uns hinzusetzen, und zu sagen: Was sind die Mitteln, was
sind die Instrumente und was sind die Denkweisen, mit der wir an Politik herangehen. Ich
weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber ich habe in den letzten Jahren zunehmend mein
neuwal.com 3
Dieter Zirnig
http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4623838/Bures_Kern-waere-kein-guter-Politikerhttp://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4623838/Bures_Kern-waere-kein-guter-Politiker
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
5/12
Interesse an innenpolitischen Politikberichterstattungen in den Zeitungen zum Beispiel
verloren. Weil ich immer das Gefühl hatte…
So ging es mir nicht. Wäre in meinem Beruf auch seltsam.
Schwierig, ja.
Aber trotzdem. Gerhard Zeiler war letzte Woche hier im Studio. Und er hat etwas
ganz Interessantes über die Innenpolitik erzählt. Nämlich, dass seit einem Jahr
daran gearbeitet worden sei, Werner Faymann zu stürzen. Und dabei hätten Sie
beide eine Rolle gespielt . Sie haben das heute ein bisserl verspottet in Ihrer
Pressekonferenz als „House of Cards für Arme“ . Aber Herr Zeiler hat es schon
etwas detaillierter geschildert. Und er hat wörtlich gesagt: „ Sie hatten in diesem
Projekt beide eine Rolle zu spielen. “ Was war denn da genau Ihre Rolle?
Transkript: Gerhard Zeiler in der ZIB2
Transkript: Gerhard Zeiler in der ZIB2 bei Lou Lorenz-Dittlbacher
Also, da müssen Sie ganz ehrlich den Gerhard Zeiler fragen. Natürlich ist das eine
großartige Geschichte. Die bedient viele Klischees. Die bedient viele Vorurteile. Gerhard
Zeiler haben uns vor längerer Zeit darüber unterhalten, dass wir meinen, in diesem Land
sind Veränderungen notwendig. Er hat mir erzählt, dass er hier kandidieren möchte. Ich
bin der Meinung gewesen, seine inhaltliche Analyse trifft voll und ganz zu. Aber eine
Verschwörung oder etwas… da würden Sie uns wirklich sehr überschätzen.
neuwal.com 4
Dieter Zirnig
https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/http://kurier.at/meinung/kolumnen/im-bild/house-of-cards/199.341.653https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/https://neuwal.com/2016/05/12/gerhard-zeiler-in-der-zib2-transkript-spoe/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
6/12
Ich habe ja nur wiedergegeben, was Gerhard Zeiler gesagt hat. Aber kommen wir zu
den Inhalten. Mir ist nach Ihrer Pressekonferenz heute unklar geblieben, wie denn
nun Ihre konkrete Haltung in der Flüchtlingsdebatte aussieht. Die ÖVP hat ja zur
Bedingung gemacht, dass es da keine Änderung gibt. Heißt das jetzt, dass diese
berühmte Obergrenze von 37.500 Asylanträgen in diesem Jahr nach wie vor für Sie
gilt?
Ich habe das versucht, an Hand des Beispiels der Bahn zu erklären, wo wir im
vergangenen Jahr im Sommer aus Menschlichkeit und aus einer humanitären
Verpflichtung heraus gehandelt haben. Weil da ging es um Menschen, die keine Herberge
hatten, sind tausende Kilometer weit gereist. Denen ist es nicht gut gegangen. Die zu
versorgen war ein klarer Fall für uns. Wir sind der Meinung: Respekt vor der
Menschenwürde kann sich nicht nur auf unsere Bahnkunden beziehen. Sondern, jeder
der hier ein Bedürfnis hat, sollte in unserem Land entsprechend aufgenommen werden
und nach den Möglichkeiten – letztendlich die uns zur Verfügung stehen – geholfen
werden.
Aber auf der anderen Seite haben wir ganz logisch gesagt: Na gut, wir müssen uns auchdeshalb darum kümmern, weil, wenn diese Menschen weitermarschieren, dann tun sie
das über die Bahngleise. Und gehen von Stadt zu Stadt. Die Konsequenz wäre ein
Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs in Österreich gewesen. Und eineinhalb
Millionen Österreicher wären nicht in der Lage gewesen, zu ihren Arbeitsplätzen, in die
Schule, zu ihren Familien zu kommen. Und das ist für mich ein gutes Beispiel, wie wir
damit auch in Zukunft umzugehen haben.
Ja, wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Menschenrechten. Aber auf der anderen
Seite gibt es im Land ein berechtigtes Sicherheitsbedürfnis. Und es gibt auch ein
berechtigtes Bedürfnis nach Ordnung. Das erwarten die Bürger von der Politik, dass wir
diese Sorgen vollumfänglich ernst nehmen. Und aus meiner Sicht heißt es, dass es eine
Grundlage für die Asylpolitik gibt. Das ist ein intensiv diskutierter Kompromiss zwischen
den beiden Regierungsparteien. Das ist eine taugliche Grundlage, hier damit umzugehen.
neuwal.com 5
Dieter Zirnig
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
7/12
Aber heißt das jetzt, dass wenn 37.500 Asylanträge erreicht sind – und so versteht ja
die ÖVP diesen Kompromiss -, dass dann diese umstrittene Notverordnung in Kraft
tritt? Und keine weiteren Asylanträge an österreichischen Grenzen mehr
angenommen werden?
Das ist der Plan, den die Regierung gefasst hat. Schon vor meiner Zeit. Zu diesem Plan
stehe ich auch. Das ist überhaupt keine Frage. Aber ich denke, dass wir den Fokus viel
stärker auf die Frage richten müssen: Wie integrieren wir die Menschen, die schon da
sind. Und das habe ich mit dem Beispiel der Bahn gemeint. Hier geht es um einen
vernünftigen Umgang in unserem Interesse. Weil die Menschen sind da.
Die werden wir nicht aus dem Land bekommen. Das können wir uns wünschen. Wirkönnen Symbolpolitik betreiben so viel wir wollen. Aber die Aufgabe muss sein, dafür zu
sorgen, dass sie auf den Arbeitsmärkten integriert werden können. Dass ausreichend
Wohnungen zur Verfügung stehen. Und vor allem, dass das Bildungssystem sie
aufnehmen muss. Dann gibt es eine Diskussion – die ist ja auch bekannt – oder manche
sagen: Die Ausländer bekommen das ganze Geld, denen werfen wir alles nach. Meine
These ist: Ja, natürlich ist das eine Verpflichtung, die wir haben. Das hat mit dem Asylrecht zu tun.
Aber auf der anderen Seite tun wir das ja auch im Interesse der Österreicher. Weil wir
können ja kein Interesse daran haben, junge Menschen in die Illegalität abzudrängen, sie
quasi der Hoffnungslosigkeit auszusetzen und der Kleinkriminalität zuzutreiben. Und
deshalb meine ich, dass wir gemeinsam auch überlegen müssen, wie diese Zahl an
Menschen, die vorhanden ist, die in Österreich ist, tatsächlich auch bestens integriertwerden kann. Im Interesse aller.
Der zweite große Streitpunkt in der SPÖ war zuletzt die Haltung zur FPÖ. Da haben
Sie jetzt heute gesagt: „Es wird einen Kriterienkatalog für Koalitionsbedingungen
geben.“ Aber auch – wörtlich: „Die SPÖ wird mit niemandem zusammenarbeiten,
neuwal.com 6
Dieter Zirnig
https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
8/12
der gegen Menschen oder Minderheiten hetzt.“ Deshalb jetzt die konkrete Frage: Ist
die FPÖ für Sie eine Partei, die gegen Menschen oder Minderheiten hetzt?
Das entscheidende dabei ist: Wir wollen so stark werden, dass wir in dem Land den
Führungsanspruch auch in Zukunft stellen werden können. Dann werden sich die anderenParteien an unserer Haltung zu orientieren haben. Diese Haltung werden wir ganz klar
festmachen an Hand eines Kriterienkatalogs. Da gehört die Absicherung des Sozialstaats
zum Beispiel dazu – sehr wichtig. Da gehört aber auch dazu, dass bestimmte Prinzipien
eingehalten werden wie z.B. Minderheitenschutz. Angesichts der Äußerungen und der
Eskalation – wenn man so will -, der Rhetorik, halte ich die FPÖ auf Bundesebene, so wie
sich heute darstellt, für keinen Koalitionspartner.
Das heißt, Sie können sich nicht vorstellen, in einer Regierung mit Herrn Strache zu
sitzen. Oder mit Herrn Vilimsky?
Angesichts der Einstellungen, die die Damen und Herren der FPÖ zuletzt verbreitet
haben, ist das ein langer Weg, bis wir da uns möglicherweise mal zusammenfinden
können.
Jetzt ist ja die SPÖ eine gigantische Baustelle. In den letzten Umfragen – seit
Monaten – liegt sie weit hinter der FPÖ zurück. Bei der Bundespräsidenten-Wahl
haben gerade nochmal elf Prozent den sozialdemokratischen Kandidaten gewählt.
Wie erklären Sie sich das eigentlich?
Ja, ich denke, das ist genau Ausdruck dessen, was ich ganz am Beginn gesagt habe und
auch der Ausführungen in der Pressekonferenz heute. Es gibt einen grassierenden
Vertrauensverlust, der mit der Art und Weise, wie Politik gedacht, gelebt, auch in die
Öffentlichkeit getragen wird zusammenhängt.
neuwal.com 7
Dieter Zirnig
http://wahl16.bmi.gv.at/http://wahl16.bmi.gv.at/http://neuwal.com/wahlumfragenhttps://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
9/12
Und trotzdem hat ein Kandidat 35 Prozent, ein anderer 21 Prozent bekommen . Und
Ihrer elf.
Ja, die haben offensichtlich vieles richtiggemacht. Haben offenbar den Nerv getroffen.
Und, ich glaube, das muss das Ziel sein. Dass wir uns am Ende des Tages nicht mitDiskussionen über Rot-Blau und ähnliches beschäftigen. Weil das interessiert die Leute in
Wahrheit auch nicht besonders. Das ist interessant für eine kleine Gruppe an
Politikbeobachtern – ist natürlich eine Prinzipienfrage, die wir ernsthaft angehen und
einhalten werden. Aber letztendlich geht es darum, wieder klar zu machen, dass wir
verstehen, dass wir uns um Problemlösungen kümmern. Diese ganzen Diskussionen, die
nie zu Ergebnissen führen… Ich glaube, das ist genau das, was die Leute überhaben.
Gut. Machen wir es hier konkret. Sie haben heute sehr viel über die Wirtschaft in
ihrer Pressekonferenz heute. „ Da muss etwas passieren. Kurzfristig und
längerfristig. “ Was muss den kurzfristig passieren? Ganz konkret.
Sie haben vor kurzem – ich glaube, es ist in der vergangenen Woche gewesen – den
Generaldirektor der VOEST hier zu Gast gehabt. Und der hat seine Probleme mit dem
Wirtschaftsstandort Österreich geschildert. Und er hat unter anderem gesagt: „Es ist nicht
klar, ob er in Österreich weiter in Hochöfen investieren wird.“ Mein Ziel ist es, dafür zu
sorgen, dass 2025 ein Unternehmen wie die VOEST immer noch fünf Hochöfen in
Österreich hat, bzw. die Wertschöpfung und damit die Arbeitsplätze in Österreich. Das ist
eine komplexe Fragestellung. Da gibt es keine einfache Antwort. Aber das hat mit
Energiekosten zu tun. Das hat mit Standortbedingungen in vielfacher Art und Weise zu
tun, die wir gemeinsam analysieren müssen und da weiterkommen. Und ein zweiter Punkt
aus meiner Sicht, ist, dass wir viel stärker öffentliche und private Investitionen verzahnen
müssen.
Ich musste jetzt vorher mein Telefon draußen abgeben. Aber ich habe ein Apple iPhone.
Wenn Sie sich die Geschichte dieses Telefons anschauen, dann sehen Sie, dass sowohl
das Display, das Navigationssystem, das GPS-System, Siri der Spracherkennungsdienst,
neuwal.com 8
Dieter Zirnig
http://tvthek.orf.at/index.php/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12700013/Voest-Generaldirektor-Wolfgang-Eder/12700230http://tvthek.orf.at/index.php/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/12700013/Voest-Generaldirektor-Wolfgang-Eder/12700230https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/https://neuwal.com/2016/05/17/transkript-erste-pressekonferenz-von-christian-kern/http://wahl16.bmi.gv.at/
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
10/12
alles aus Forschungsprojekten entstanden sind, die staatlich angetrieben worden sind.
Die mit öffentlichen Geldern finanziert worden sind. Steve Jobs hat die Teile
zusammengesetzt und hat ein geniales Produkt daraus gemacht. Das ist eine perfekte
Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Investitionen.
Wir haben in Österreich übrigens ein perfektes Beispiel. Bei der Bahn funktioniert das
genauso. Ein ganz ein wichtiger Sektor, wo die ÖBB den Heimmarkt geboten hat, auf
deren Basis Produkte abgenommen wurden. Exporterfolge sichergestellt worden. Wir
haben heute österreichische Weichen zwischen Shanghai und Peking liegen.
Österreichische Schienen, die in Donawitz produziert sind. Zwischen St. Petersburg und
Moskau.
Insights: neuwal Positionen
neuwal.com/positionen ist eine reine Daten-Aggregation aus unterschiedlichen Medien zu
einem Thema und visualisiert Zusammenhänge.
neuwal Positionen: Wer war für welche SPÖ-Position medial im Gespräch?
neuwal Positionen: Wer hat sich für wen als Bundeskanzler ausgesprochen?
Ich muss jetzt schon auf die Zeit schauen, komme zu einem kleineren Thema, das
aber für viel Unmut in den letzten Jahren bei vielen Kommentatoren gesorgt hat.
Nämlich eine besondere Politik Ihres Vorgängers Werner Faymanns: Sehr viel Geld
für teure Inserate – vor allem in Boulevard-Zeitungen – auszugeben. Diese berühmte
Inseratenpolitik ist nun wirklich viel kritisiert worden. Wird es unter Ihnen auch so
viele Inserate geben? Bei der ÖBB waren Sie ja da nicht so sparsam.
Naja, die ÖBB ist ein Unternehmen, das Kunden zu überzeugen hat. Und Menschen fürdie Bahn zu begeistern hat. Und das Angebot zu bewerben. Logischerweise hat das
neuwal.com 9
Dieter Zirnig
https://neuwal.com/positionen/roles.php?tid=1#focushttps://neuwal.com/positionen/roles.php?tid=1#focushttps://neuwal.com/positionen/roles.php?tid=3#focus
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
11/12
einen Marketing-Etat. Allerdings ist der nicht unter den fünfzig größten in Österreich
gewesen – die Werbeausgaben der ÖBB. Also, das muss man angesichts der Größe des
Unternehmens relativieren. Aber offen gesagt: Ich habe mich mit der Frage noch gar nicht
auseinandergesetzt. Weil ich wüsste gar nicht, wo die Mitglieder der Bundesregierung
inserieren sollen. Unsere vorderrangige Aufgabe ist es nicht zu inserieren, sondern Politik
zu machen. Taten zu setzen und klar identifizierbar zu machen, was wir für das Land tun.
Sie haben heute gesagt, Sie werden am Sonntag bei der Bundespräsidenten-Wahl
Alexander Van der Bellen wählen . Aber die SPÖ hat als Partei auch heute keine
Wahlempfehlung abgegeben für den zweiten Wahlgang. Warum eigentlich nicht?
Wir haben uns heute mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt. Das ist nicht zur
Diskussion gestanden. Ich persönlich habe ein klares Bekenntnis dazu. Ich habe das
mehrfach und immer wieder gesagt, dass ich Alexander Van der Bellen für einen fähigen
Bundespräsidenten halte. Ich bin mir nicht sicher, ob der Herr Van der Bellen jetzt großen
Wert auf eine Wahlempfehlung der SPÖ gelegt hätte.
Norbert Hofer sagt: Er sehe es als Aufgabe des Präsidenten, der Regierung Ziele
vorzugeben. Und wenn sie seine Ziele nicht erfüllt – auch nach mehreren
Gesprächen -, dann wird er die Regierung entlassen. Sehen Sie das auch so, dass
der Bundespräsident die Ziele vorgibt?
Heinz Fischer hat heute bei der Angelobung gesagt: Der Bundespräsident ist nicht derChef des Bundeskanzlers. Und der Bundeskanzler ist nicht der Chef des
Bundespräsidenten. Das ist eine sehr weise Ausführung. Weil wir in unserem Land eine
Machtbalance haben. Und wir alle gut beraten wären, hier ein Auge auf diese
Machtbalance zu haben und dafür zu sorgen, dass die Architektur der Verfassung der
Zweiten Republik mit größter Ernsthaftigkeit betrieben wird. Das ist kein Feld für
neuwal.com 10
Dieter Zirnig
https://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=OKMB9jYWDUYhttps://www.youtube.com/watch?time_continue=3&v=OKMB9jYWDUY
-
8/17/2019 Transkript: Christian Kern in der #zib2 mit Armin Wolf
12/12
Experimente. Das ist kein Feld, wo man einem – wenn man so will – eine
Machtausübungsüberschreitung ankündigen sollte.
Gut, möglicherweise ist der Bundespräsident aber doch der Vorgesetzte des
Kanzlers. Weil er kann den Kanzler entlassen. Sie können den Bundespräsidenten
nicht entlassen. Jetzt sagt Herr Hofer schon:Wenn er Bundespräsident wird, dann
rechnet er mit baldigen Neuwahlen. Sie auch?
Der Vorgesetzte des Bundeskanzlers ist ganz eindeutig der österreichische Wähler und
die österreichischen Wählerinnen.
Das beantwortet jetzt aber nicht meine Frage, ob Sie mit baldigen Neuwahlen
rechnen, wenn Herr Hofer Bundespräsident wird.
Nein, damit rechne ich nicht. Weil zunächst einmal ist ja so, dass höchst offen ist, wer
tatsächlich diese Wahl gewinnt. Und wie auch immer der Wahlgewinner aussieht, wird
man sich dann hinsetzen. Und dann gibt es den Spruch: Es wird wohl nicht so heiß
gegessen, wie gekocht. Ich glaube, wir haben alle miteinander ein Interesse an der guten
Entwicklung unseres Landes. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand bereit
ist, dass ernsthaft, leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
Herr Bundeskanzler Kern, vielen Dank für Ihren Besuch im Studio.
Danke.
neuwal.com 11
Dieter Zirnig
http://www.heute.at/news/politik/Hofer-Wenn-ich-gewinne-gibt-es-Neuwahlen;art23660,1264967http://www.heute.at/news/politik/Hofer-Wenn-ich-gewinne-gibt-es-Neuwahlen;art23660,1264967