Soziale Sicherheit im Alter Familie, Staat, Kultur
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Soziale Sicherheit im Alter
Familie, Staat, Kultur
Ringvorlesung Soziale Sicherheit und Lebenslauf
Zürich, 18. Mai 2016
Klaus Preisner
Soziologisches Institut, Universität Zürich
18.05.2016 Page 1
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Quelle: BfS (2016 ), Panaroma. Page 2
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Was meint Soziale Sicherheit?
Administrative / politische Perspektive
• Ausgaben, Bezug von Sozialleistungen
(AHV, IV, EL, Familienzulagen, Pflegeversicherung etc)
• ABER: Hoher Anteil der Ausgaben nicht bedarfsabhängig!
Individuelle Perspektive
• Subjektiv: Kontrolle, Autonomie, Selbstrealisation, Sorglosigkeit
Freiheit von… & Freiheit zu...
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3.35694
2.651055
Soziale Sicherheit im Alter in Europa
(Individuelle Perspektive)
Daten: SHARE, w2, 2010, eigene Berechnungen, n=15’422. Page 4
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Was beeinflusst Soziale Sicherheit?
Gegenwart
• Individuum: Gesundheit, finanzielle Lage, Bildung etc
• Familien/Partnerschaft: Solidargemeinschaft & Unterstützung
• Gesellschaft: Wohlfahrtsstaat, Wirtschaft, Kultur
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Was beeinflusst Soziale Sicherheit? Lebenslauf
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Gegenwart als Folge früherer Ereignisse
• Erwerbsbiografie: Arbeitslosigkeit, Stellenwechsel etc
• Familienbiografie: Elternschaft, Heirat, Trennung
• Wechselwirkungen: Beruf & Familie
Gesellschaftlicher Kontext: Ereignisse & Folgen
Diskontinuität = Unsicherheit vs. Wandel als Chance
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Forschungsbeispiele
Lebenslauf und gesellschaftlicher Kontext
• Veränderungen von Lebensverläufen
und Soziale Sicherungsleistungen
• Erwerbs-/Familienbiografien und Soziale Sicherheit
Länder-/kulturvergleichende Perspektive
• Zusammenhang von Familie und Soziale Sicherheit
in unterschiedlichen Schichten und Gesellschaften
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Lebenslauf und gesellschaftlicher Kontext
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Veränderungen Erwerbsbiografien (Schweiz)
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Erwerbsbiografie Altersgruppe 1970 2010
Anzahl Arbeitsplätze ab 50 J. (Männer) 2.08 4.21
Arbeitslosigkeitserfahrung (>6 Mon.) ab 50 J. (Männer) 2% 7%
Mütter mit Kind <18 Jahre
Erwerbslos 40% 32%
Familienzeit (temporär) 26% 14%
Teilzeit 18% 41%
Vollzeit 16% 13%
Daten: SHARE, Welle 1, 2, 3 (SHARELIFE), eigene Berechnungen, n=1241.
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Veränderung der Familienbiografien (Schweiz)
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Familienbiografie Altersgruppe 1970 2010
Anzahl Lebenspartnerschaften ab 50 J. 1.08 1.49
Eheerfahrung ab 50 J. 93% 85%
Scheidungserfahrung ab 50 J. 8% 22%
Trennung mit Kind <18 9% 20%
Kinderlosigkeit (Frauen) ab 45 J. 10% 19%
Daten: SHARE, Welle 1, 2, 3 (SHARELIFE), eigene Berechnungen, n=1241.
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Familialer Wandel und Politik: Zwei Perspektiven
1. Sozialpolitik entkoppelt Soziale Sicherheit und Familie
• Familie: Glück statt Absicherung, aber: Instabilität
• Sozialpolitik begünstigt Freiräume & familialen Wandel
2. Sozialpolitik fördert Sicherungsfunktion der Familie
• Schutz der (Heirats-) Familie vor ökonomischen Zwängen
• Sozialpolitik entlastet und stabilisiert Familien
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19801985
1990
19952000 20052010
2011
24
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Heirats
ziffe
r
10 15 20 25Ausgaben Soziale Sicherung (% BSP)
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4
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r10 15 20 25
Ausgaben Soziale Sicherung (% BSP)
198019851990
199520002005
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11.5
22.5
Geburt
enra
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10 15 20 25Ausgaben Soziale Sicherung (% BSP)
19901995
2000
20072008
10
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20
Aussere
helic
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eburt
en
0 0.5 1Dienstleistungen für Familien(% BSP)
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Familialer Wandel und Sozialpolitik
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Zwischenfazit: Veränderung von Lebensläufen
Erwerbsbiografien
• Häufiger Stellenwechsel und Arbeitslosigkeitserfahrung
• Mütter: Steigende Erwerbstätigkeit Teilzeitarbeit
Familienbiografien
• Mehr Partnerschaften, weniger Ehen, mehr Scheidungen
• Mehr familiale Brüche, häufiger Kinderlosigkeit
Sozialpolitik als Ursache UND Folge familialen Wandels
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Regression: Soziale Sicherheit im Alter auf Lebenslauf
Daten: SHARE, Welle 1, 2, 3 (SHARELIFE), eigene Berechnungen. Lineare Regression, Personen ab 50 Jahre, Kontrolle
für Alter, Bildung, Gesundheit, Einkommen.
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Soziale Sicherheit im Alter Frauen Männer
Elternschaft POS X
Trennung Kind <18 J. NEG X
Nie verheiratet
1. Ehe X X
Scheidungserfahrung NEG X
Anzahl Lebenspartnerschaften X X
Familienzeit (in Jahren) NEG X
Arbeitslosigkeit (Anzahl Phasen) NEG NEG
Anzahl Arbeitsstellen POS X
Fallzahl 10589 8013
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Zwischenfazit
Familienbiografie
• Brüche bergen für Frauen erhebliche Risiken
• Kein Einfluss auf Soziale Sicherheit von Männern
Erwerbsbiografie
• Unterbrüche wirken sich nachteilig aus
• Wandel hingegen positiv (Frauen)
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Länder-/kulturvergleichende Perspektive
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Schicht- und gesellschaftsabhängige Einflüsse
Bsp. Elternschaft (mit Franz Neuberger)
Kinder leisten bedeutende Unterstützung an betagte Eltern
Einfluss Elternschaft auf Soziale Sicherheit abhängig von
• Sozialer Schicht: „Children as poor man‘s capital“?
• Gesellschaftlicher Kontext: Entkopplung von Sozialer
Sicherheit und Familie durch Staat und Wirtschaft?
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Soziale Sicherheit im Alter Finanzielle Schwierigkeiten Elternschaft
Ja / Nein Ja / Nein
Daten: SHARE Welle 2 & 4, ELSA Welle 6, gewichtet Page 18
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Mehrebenen-Modelle mit 16 europäischen Ländern
Elternschaft und Soziale Sicherheit im Alter
Daten: SHARE, Welle 1, 2, 3 (SHARELIFE), eigene Berechnungen. Personen ab 50 Jahre, Kontrolle für Alter, Bildung,
Gesundheit, Erwerbsstatus.
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Soziale Sicherheit im Alter Finanzielle
Schwierigkeiten
Ohne finanzielle
Schwierigkeiten
Familiale Situation X X
Partnerschaft POS POS
Elternschaft POS X
Grosselternschaft NEG X
Gesellschaftlicher Kontext
Ausgaben für Soz. Dienstleistungen X X
BIP pro Kopf POS X
Elternschaft*Ausgaben Soz. Dienstl. POS X
Elternschaft*BIP pro Kopf NEG X
Fallzahl 17997 29623
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Befunde
Wirtschaftlicher Kontext bedeutender als Wohlfahrtsstaat
Elternschaft bedeutend in widrigen Umständen,
z.B. finanzielle Schwierigkeiten, „ärmeres“ Land
Privilegierte: nicht von Kindern, Staat, nat. Wohlstand abhängig
Schulze (1973): Children are the poor man‘s capital!
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Schlussfolgerungen / Zusammenführung
Erwerbs-/Familienbiografie bedeutend für Soziale Sicherheit
Wandel der Lebensläufe höhere Risiken für Frauen
Wohlfahrtsstaatliche Absicherung oft nicht bedarfsabhängig,
Risiken der Familienführung werden nicht aufgefangen
Drei Strategien
Kürzungen vs. gezielte Massnahmen vs. Grundsicherung
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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