Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect...

27
Schutzverantwortun g Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale Politik Dozenten: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Meyers, Dr. Dina Rossbacher Referenten: Daniel Lafond, Christiane Tomaschewski, Mirko Woitzik

Transcript of Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect...

Page 1: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Schutzverantwortung

Responsibility to protect (R2P)

Veranstaltung: Menschenrechte und internationale Politik

Dozenten: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Reinhard Meyers, Dr. Dina Rossbacher

Referenten: Daniel Lafond, Christiane Tomaschewski, Mirko Woitzik

Page 2: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

EinleitungWe have led the coalition into Libya in order to prevent massacres that would have stained the conscience of the world.“

(Barack Obama, September 2011)

Page 3: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Gliederung1. Vorstellung des Konzepts R2P

1. Skizzierung der Geschichte humanitärer Intervention 2. Kofi Anans Engagement: Die ICISS Kommission3. UNO-Weltgipfel 2005

2. Wandel des Souveränitätsbegriffs1. Definition von Souveränität nach dem westfälischen Konzept2. Paradigmenwechsel zur „humanen“ Souveränität3. Dilemma: Souveränität Vs. Menschenrechtsschutz

3. Machtverschiebung im internationalen System1. Eine neue Bipolarität2. Die Probleme bei der Umsetzung des Konzepts R2P3. Entwicklung des Menschenrechtsbegriffs im 21. Jahrhundert

4. Resolution 1973 oder: Welche Zukunft für die Schutzverantwortung?1. Der Missbrauch des UNO-Mandats2. Das Ende von R2P3. Exkurs: Rückblick auf die deutsche Enthaltung im Sicherheitsrat

5. Fazit & Diskussion

Page 4: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Skizzierung der Geschichte humanitärer Interventionen

• 1980er: Theorisierung des „Einmischungsrechts“ (Droit d'ingérence) der Staaten im internationalen System

• Problem: Abwägung zweier völkerrechtlicher Grundsätze: Achtung der staatlichen Souveränität vs. der Schutz der Menschenrechte

Page 5: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Somalia 1992: ein Präzedenzfall?

• UNOSOM-Einsatz durch UN legitimiert

• Schlacht von Mogadischu 1993

• Nicht-Intervention in Bosnien und Ruanda in der Folge

Page 6: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Das Engagement Kofi Annans

• Fordert Paradigmenwechsel in der Konstruktion staatlicher Souveränität

• Sicherheitspolitische Debatte: Rechtmäßigkeitsproblem & Legitimitätsproblem

Page 7: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

International Commission on Intervention

and State Sovereignty (ICISS)• Situation der betroffenen

Bevölkerung wird vordergründig

• Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft wird proklamiert

• Dreifache Verantwortung externer Akteure (in Präventions-, Reaktions- und Wiederaufbaukomponente)

• Legitimierung des Einsatzes

Page 8: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Bericht : Eine sichere Welt – Unsere gemeinsame Verantwortung

• Recht auf Selbstverteidigung bleibt unbestritten

• Ausschließlich Legitimation der Einsätze durch UN-Sicherheitsrat

• Grundlegende Normendebatte VS Konfliktfälle in der Praxis

Page 9: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

UNO-Weltgipfel 2005: „Alter Wein in neuen Schläuchen?“

• Verantwortung hinsichtlich einer „responsibility to protect“ wird anerkannt

• Rechtmäßigkeits- und Legitimitätsproblem bleiben bestehen

Page 10: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

UNO-Weltgipfel 2005: „Alter Wein in neuen Schläuchen?“

Die internationale Gemeinschaft habe die Pflicht, beim Schutz der Zivilbevölkerung „behilflich zu sein“, und sei „im Einzelfall und in Zusammenarbeit mit den zuständigen regionalen Organisationen rechtzeitig und entschieden, kollektive Maßnahmen über den Sicherheitsrat im Einklang mit der Charta, namentlich Kapitel VII, zu ergreifen, falls friedliche Mittel sich als unzureichend erweisen und die nationalen Behörden offenkundig dabei versagen, ihre Bevölkerung […] zu schützen“ (Ziff. 139).

Jeder einzelne Staat hat die Verantwortung für den Schutz seiner Bevölkerung vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Zu dieser Verantwortung gehört es, solche Verbrechen, einschließlich der Anstiftung dazu, mittels angemessener und notwendiger Maßnahmen zu verhüten. Wir akzeptieren diese Verantwortung und werden im Einklang damit handeln“. (Ziffer 138, Resolution 60/1.: Ergebnis des Weltgipfels 2005)

Page 11: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

UNO-Weltgipfel 2005: „Alter Wein in neuen Schläuchen?“

Resolutionen nicht bindend

Ergebnisdokument : kein Rechtsstatus

Keine Definition einer neuen völkerrechtlichen Norm

Offen gebliebene Debatte: Bedingungen und Voraussetzungen : klare Kriterien für die Zulässigkeit militärischer Maßnahmen zum Menschenrechtsschutz?

Page 12: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Wandel des Souveränitätsbegriffs

« L'ennemi n'était pas seulement le colonel Kadhafi, mais la notion westphalienne de souveraineté absolue des Etats. »Le Monde, 24.09.2011.

Page 13: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Westfälisches Konzept von Souveränität

• Im Innern können Staaten frei und ohne Einmischung von außen Hoheitsgewalt ausüben (innere Souveränität)

• Nach außen unterstehen Staaten keiner anderen Rechtsordnung

Page 14: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Wandel zur „humanen Souveränität“

• Paradigmenwechsel des Souveränitätsverständnisses

• „ At the heart of this conceptual approach is a shift in thinking about the essence of sovereignty, from control to responsibility.“ (Evans, Gareth/ Sahnoun, Mohamed: The responsibility to protect. In: Foreign Affairs Vol. 81, No. 6/2002. S.99- 110)

Page 15: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Wandel zur „humanen Souveränität“

Humane Souveränit

ät

Erstverantwortung beim Staat

Schutzverantwortung der

internationalen Gemeinschaft

NEU: Individuen im

Wirkungsbereich von Souveränität

Page 16: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Dilemma: Souveränität vs. Schutz der Menschenrechte

Der Schutz von Menschenrechten :

Art. 1 Nr. 3 Zielkatalog der

Charta

Oberstes Friedensziel durch Achtung

staatlicher Souveränität und Nichteinmischung

Page 17: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Klaus Dieter Naumann, Vorsitz NATO-Militärausschuss 1996-

1999„Die Entscheidung zum Handeln, in der Regel auf der Grundlage eines VN-Mandates und nur dann ohne, wenn anders zum Beispiel eine humanitäre Katastrophe nicht abwendbar wäre, ist immer eine Fall-zu-Fall- Entscheidung von 19 demokratischen Regierungen und Parlamenten. Ich meine, es ist sicher eine ausreichende Legitimation, wenn 19 demokratische Staaten unabhängig voneinander und übrigens mit sehr unterschiedlichen Begründungen zu einer gemeinsamen Entscheidung kommen.“

(Süddeutsche Zeitung vom 23.4.1999: 7).

Page 18: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Eine neue Bipolarität

Internationale Gemeinschaft

Achse der Demokratien

Club der Autokraten

Page 19: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Umsetzungsprobleme von R2P

Machtpolitisches Missbrauchspotent

ial

Fehlende Reform im UN-

Sicherheitsrat

Angst vor dem New Militarism

Page 20: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Entwicklung des Menschrechtsbegriff im 21.

Jahrhundert

• Krieg um den Willen der Menschenrechte ?

Page 21: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Interview mit Francois Nassier, Pressereferent der

Informationsabteilung

Page 22: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Resolution 1973 oder: Welche Zukunft für die

Schutzverantwortung?

Neue Dimension über die Prävention hinaus

Alex Bellamy: Neuer Präzedenzfall

Thomas Weiss: Mehr Demokratie in der arabischen Welt

Page 23: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Resolution 1973 oder: Welche Zukunft für die

Schutzverantwortung?

Das Ende des R2P durch den Missbrauch des UNO-Mandats

David Rieff: Das Argument der humanitären Intervention ist nur ein Vorwand

Marcel Boisard: R2P mit Libyen gefallen

Page 24: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Interview mit Francois Nassier, Pressereferent der

Informationsabteilung

Page 25: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Exkurs zur deutschen Position in der Libyen-

Krise„Die wichtigsten Lektion der deutschen Politik – nie wieder sollte Deutschland alleine stehen – wurde anscheinend mit Leichtigkeit von der Bundesregierung beiseite gewischt.“

(Angela Merkel, 2003, bezüglich der Position Schröder/Fischers zu einer Beteiligung am Irakkrieg)

Page 26: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Eine neue Doktrin in der deutschen Außenpolitik?

1. Nur Kriege, die mit unvermischt lauteren Motiven geführt werden, sind gerechtfertigt.

2. Kriege zur Abwehr eines Massakers sind nur dann legitim, wenn die Opfer unbescholten sind.

3. Nur solche militärische Einsätze sind legitim, die unter moralische vergleichbaren Umständen sofort überall auf der Welt durchgeführt werden.

4. Nur solche Kriege sind verantwortbar, deren Ausgang nach menschlichem Ermessen gewiss ist.

Page 27: Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Schutzverantwortung Responsibility to protect (R2P) Veranstaltung: Menschenrechte und internationale.

Fazit & Diskussion• Ein Versuch das Prinzip der Schutzverantwortung

ins Völkergewohnheitsrecht umzusetzen…• …der scheinbar jedoch gescheitert ist und zu

einer neuen Blockade in der UN geführt hat (z.B. im Fall Syrien)

• Jedoch wird dies die Staatengemeinschaft nicht daran hindern das Prinzip auch außerhalb des Völkerrechts anzuwenden.