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Research Collection Doctoral Thesis Ueber Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen und über neuartige Anhydride von Aminosäuren Author(s): Ensslin, Hellmut Publication Date: 1926 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000092326 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Ueber Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen und über neuartigeAnhydride von Aminosäuren

Author(s): Ensslin, Hellmut

Publication Date: 1926

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000092326

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Ober Aldehyd-Aminosäure-Verüindunoßnund Ober neuamge Anhydride von Aminosäuren.

Von der

Eidgenössischen Technischen Hochschule

in Zürieh

zur Erlangung der

Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften

genehmigte

Nr. 465. Promotionsarbeit

vorgelegt von

Hellmut Enßlin, dipl. Ingenieur-Chemiker

aus Zürich.

Referent: Herr Prof. Dr. E. Winterstein.

Korreferent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz.

Weida i. Thür. 1926.

Druck von Thomas & Hubert

Spezialdruckerei für Dissertationen.

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Die vorliegende Arbeit wurde am Kaiser Wilhelm-Institut

für Lederforschung, Dresden ausgeführt.Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Max Berg¬

mann, bin ich für Anregung und Förderung bei der Ausführungder Arbeit zu herzlichem Dank verpflichtet.

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Inhaltsverzeichnis.Seite

Einleitung 9

Theoretisoher Teil 11

I. Über Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen 11

A. Ältere Arbeiten 11

1. Die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak und Ammoniak¬

derivate 11

2. Die Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren 15

a) Aliphatische Aldehyde und Aminosäuren 18

b) Aromatische Aldehyde und Aminosäuren 21

B. Eigene Untersuchungen 24

1. Über die Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll . .24

2. Über die Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Amino¬

säuren und Peptiden 30

II. Über neuartige Anhydride von Aminosäuren 35

A. Altere Arbeiten 35

B. Eigene Untersuchungen 47

Experimenteller Teil 56

I. Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen 56

1. Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll 56

2. Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Aminosäuren und

Peptiden 61

II. Neuartige Anhydride von Aminosäuren 68

Zusammenfassung .82

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Einleitung.

Die bisherigen Untersuchungen über die Natur der Eiweißstoffe,die ihren Höhepunkt in den klassischen Arbeiten Emil Fischers

fanden, haben zu dem Ergebnis geführt, daß die Proteine bei

völliger Hydrolyse als wesentliche Bausteine Aminosäuren geben,daß die bei teilweisem Abbau erhaltenen Peptone den synthetischhergestellten Polypeptiden nahe verwandt sein dürften und daß

Polypeptide selbst aus den Spaltprodukten isoliert werden konnten.

Gegenwärtig beschäftigt sich die Forschung in zahlreichen Arbeiten

mit der Frage, ob neben der reinen Peptidbindung (Säureamid-bindung) noch andere Bindungen als wesentliche Bestandteile in

den Proteinen vorkommen und sucht deren Art zu ermitteln. Zum

Studium der feineren Bindungsverhältnisse der Eiweißstoffe hat

man häufig auch ihr Verhalten gegen Aldehyde untersucht und

hat zum Vergleich auch das Verhalten der Aminosäuren gegen

Aldehyde herangezogen. Solchen Forschungen kommt gleichzeitigein gewisses technisches Interesse zu im Hinblick auf die Er¬

scheinungen der Aldehyd- und Chinongerbung.Zu diesen Fragen möchte meine Arbeit einen Beitrag liefern,

indem sie zunächst die Einwirkung des Formaldehyds und

einiger aromatischer Aldehyde auf Aminosäuren be¬

handelt. Die Untersuchung führte zur Klarlegung der strukturellen

Verhältnisse bei Verbindungen von Formaldehyd mit Glykokoll-salzen und ferner zu einer neuen allgemein anwendbaren Methode

zur Darstellung von Aldehyd-aminosäure- und Aldehyd- peptid-salzen von dem allgemeinen Typus

RCH = N.OHß'-OOOMe'. (1)

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Im zweiten Teil meiner Arbeit sollte die Einwirkung von

Aldehyden auf Aminosäure-anhydride (Dioxopiperazine) behandelt

werden, wie sie schon von Sasaki in Gegenwart von Essigsäure¬

anhydrid und Natriumacetat vorgenommen worden ist. Dabei

wurde die überraschende Feststellung gemacht, daß manche

Dioxopiperazine schon mit Essigsäureanhydrid und

Natriumacetat allein, also in Abwesenheit von Aldehyden, unter

Wasserabspaltung in einen Zustand übergeführt werden

können, der dem der natürlichen Proteine in ihrem über¬

molekularen Verhalten in mancher Beziehung entspricht.Die erhaltenen Verbindungen erwiesen sich als isomer mit erst

kürzlich aufgefundenen hochmolekularen Aminosäureanhydridenvom Piperazintypus und stehen mit ihnen im engsten genetischen

Zusammenhang. Es läßt sich an ihnen als einem einfachen Modell

ein weiterer Einblick in die Strukturmögliehkeiten der Proteine

im besonderen, des hochmolekularen Zustandes im allgemeinen

gewinnen.

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Theoretischer Teil.

I. Über Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen.

A. Ältere Arbeiten.

1. Die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak und

Ammoniakderivate.

Ganz allgemein bilden Aldehyde und Ketone mit Ammoniak¬

derivaten Verbindungen, in denen der Carbonylsauerstoff durch

einen zweiwertigen stickstoffhaltigen Rest ersetzt ist1. Diese

Reaktion ist so allgemein und tritt meist auch so leicht ein, daß

sie direkt als Kriterium für die Zuordnung eines Stoffes zur

Klasse der Aldehyde und Ketone verwendet wird. Als stickstoff¬

haltige Komponenten kommen außer Ammoniak und Aminen

besonders Hydroxylamin, Semicarbazid und Phenylhydrazin in

Betracht. Die Reaktion von Carbonylverbindungen mit den zuletzt

angeführten Substanzen verläuft im Gegensatz zu den mannig¬

faltigen Umwandlungsmöglichkeiten bei Aldehyd-ammoniaken und

-aminen durchaus einheitlich so, daß 1 Mol Aldehyd oder Keton

mit 1 Mol der Base sich zu einer tertiären Verbindung mit der

Azomethingruppe — CJEI = N— vereinigt, also zu

Oximen ROH = NOH (2)

öemicarbaz'onen. .

ROH = N-NHCONH2 (3)

Phenylhydrazonen .RCH = N • NH • CeH6. (4)

1 Vgl. V. Meyer und P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie,II. Aufl., Bd. 1, Teil 1, S. 668.

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Diese Verbindungen werden deshalb in der organischen Analysezur Charakterisierung der einzelnen Aldehyde und Ketone ver¬

wendet, da sie auch im Gegensatz zu den Ausgangsstoffen meist

kristallisieren und scharf schmelzen.

Es darf als feststehend angenommen werden, daß die Reaktion

zwischen Aldehyden und Aminen über Anlagerungsverbindungen

führt, die von der Hydratform

v0H/XOH

der Oarbonylverbindungen abgeleitet werden können. Diese Stufe1

läßt sich für Ammoniak, primäre und sekundäre Amine folgender¬maßen formulieren:

OH OH OH

(5) RCH<( (6) RCH^ (7) RCH<NH2 NHR' : N(R')(R")

-Ha0-=.° /\

NHR' y N(R')(R")(8)ECH=NH (9)itCH = NÄ' (10) EOH<^ (11) RCH<^

NHß' N(R')(&")

Als Derivate des Athylidenglykols sind diese Verbindungen, die

man übrigens in manchen Fällen auch im Sinne der Wemerschen

Theorie2 formulieren kann, meistens wenig beständig und zerfallen

leicht wieder in ihre Komponenten oder spalten bei (5) und (6)Wasser ab, wobei sie in bestimmten Fällen noch in Polymereübergehen. Andererseits kann sich auch an (6) und (7) ein

weiteres Mol Amin unter Wasserabspaltung anlagern zu (10)und (11), bei (5) neben Ammoniak noch weiterer Aldehyd in die

Verbindung eintreten (z. B. bei den flydramiden). Welche von

diesen Reaktionen bei den verschiedenen Verbindungen eintritt,ist völlig abhängig von der Natur der einzelnen Substituenten.

So neigen Kupplungsprodukte mit einem aliphatischen Al¬

dehyd als Komponente im allgemeinen sehr zur Polymerisation.

1 Vgl. V. Meyer und P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie,IL Aufl., Bd. I, Teil 1, S. 750.

2 Vgl. P. Pfeiffer, Organische Molekülverbindungen, besonders S. 14ff.,22 ff., 69, 260 (1922).

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Bei der Einwirkung von aromatischen Aldehyden entstehen

dagegen fast ausschließlich monomolekulare Azomethine vom

Typus (9). Die Reaktion verläuft besonders glatt, wenn auch

das Amin aromatischen Charakter besitzt, und führt im einfachsten

Fall zum Benzyliden-anilin. Da H. Schiff1 zuerst solche Körper

untersuchte, werden oft aromatische und aliphatische Verbindungenvon diesem Typus (9) als Schiffsohe Basen bezeichnet.

Den genannten Verbindungstypen haben erst kürzlich Bergmannund Mieheley2 einen neuen angereiht, der freilich bisher nur für

die Kondensation von aliphatischen Aldehyden mit primärenAminen in Betracht kommt. Diese Forscher erhielten Triformal-

und Triacetaldehyd-verbindungen (12, 13), für die sie vorläufig

zyklische Struktur annehmen. Die Triacetaldehyd-verbindungensind als Alkylsubstitutionsprodukte des bekannten Paraldimins (14)aufzufassen : OH3

0—CH 0—CH

(12) CH2<( >NR (13) CH3CH^ ^>NR0—CH2 0—CH •

0H3 CH3

0—CH

(14) CH3CH<( )>NH.0—CH

CH3

HDer ungesättigte Charakter der Oarbonylgruppe — c/ befähigt

^0die Aldehyde zur Bildung von Additionsprodukten und Polymeren.In der gleichen Richtung wirkt die Doppelbindung der Azomethine;sie findet ihren Ausdruck in der leichten Bildung von Anlagerungs¬

verbindungen z. B. mit Bisulfit3, Blausäure, Salzsäure oder auch

Malonsäure4; sie bedingt aber auch die Valenzabsättigung durch

1 A. 131, 118 (1864); 140, 92 (1866); 148, 330 (1868); 201, 335 (1880).2 B. 57, 662 (1924); vgl. auch M. Bergmann, M. Jacobsohn und H. Schotte,

H. 131, 18 (1923).3 Vgl. Raschig, B. 59, 859 (1926), Konstitution.

4 Vgl. K. W. Rosenmund und Th. Böhm, A. 437, 125 (1924); dort

weitere Literaturangaben; dazu auch H. D. Dahin, Journ. of Biol. Chem. 7,49 (1909); C. 1910, I, 906.

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Polymerisation1, durch weitere Aldehydanlagerung (wie sie die

Befunde M. Bergmanns zeigen), oder schließlich durch weitere

Kondensation mit Aminen (wie z. B. in den Hydramiden). Durch

Substitution von Phenylresten wird der ungesättigte Charakter der

Doppelbindung abgeschwächt, eine bekannte Erscheinung bei der¬

artigen Verbindungen.Bekanntlich führten die Isomerieverhältnisse bei Kondensations¬

produkten von Aldehyden und Ammoniakderivaten, zumal bei den

Oximen und Hydrazonen Hantzsch und Werner* zur Aufstellungder Hypothese, daß „die drei Valenzen des Stickstoffatoms bei

gewissen Verbindungen nach den Ecken eines jedenfalls nicht

regulären Tetraeders hin gerichtet sind, dessen vierte Ecke vom

Stickstoffatom selbst eingenommen wird", und zur Annahme, daß

eine solche Anordnung der Stickstoffvalenzeu auch bei Verbindungenmöglich sei, die das Stickstoffatom als Glied einer offenen Kette

doppelt gebunden enthalten. Verbindungen vom TypusX

>C=NZ,T

bei denen X und Y verschieden sind, müssen also in zwei

Konfigurationen3 auftreten, dargestellt durch die Projektionen

X—C-Y X—C—Y

(15) 1 und ||N—Z Z—N

Bei Oximen und Phenylhydrazonen sind solche Fälle schon langebekannt, während bei den Schiffschen Basen der Nachweis erst 1909

durch Manchot und Furlong4, erfolgte, die den o-Oxybenzyliden-aminobenzoesäure-äthylester in zwei stereoisomeren Formen er¬

hielten:

HO-06Ht-OH HO-C6H4CH(16) II und II

N-OÄ-CÜÄHs C2HBC02-C6H4.N

1 Vgl. C. K. Ingold und H A. Piggott, Soe. 121, 2793 (1922); 123,2745(1923); C. K. Ingold, Soc. 125, 87 (1924).

s B. 23, 11 (1890); F. Hund, Zeitschr. f. Physik 81. 95, 106 (1925); auch

K. Heß Naturwissenschaften 14, 183 (1926).s Vgl. dazu J. Meisenheimer zuletzt A. 446, 205 (1925).4 B. 42, 3030 (1909); F. M. Jäger, C. 1921, I, 441.

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Darnach mußte auch bei den in dieser Arbeit untersuchten

Aldebydverbindungen von a-Aminosäuren das Auftreten von der¬

artigen Stereoisomeren in Betracht gezogen werden.

2. Die Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren.

Im Gegensatz zu den vielseitigen und zahlreichen Unter¬

suchungen über die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak

und Amine war über die Wechselwirkung von Aldehyden und

Aminosäuren bis vor kurzem wenig bekannt. Man bestimmte

wohl nach Sörensen1 mit Hilfe der Formoltitration die Amino-

gruppen bei den Aminosäuren und nahm allgemein an, daß sich

bei dieser Operation Formalverbindungen der Aminosäuren bildeten

nach Art der Schiffschen Basen ; einwandfrei isoliert wurden aber

Aldehyd-aminosäure-salze erst neuerdings von H. Krause*, dem

aber keine völlige Strukturaufklärung dieser Verbindungen gelang.Die weitere Untersuchung dieser Verbindungen gewann be¬

sonderes Interesse, weil nach der Hypothese von Baeyer3 Form¬

aldehyd als intermediäres Produkt der pflanzlichen Assimilation

anzunehmen wäre und es durchaus möglich erschien, daß seine

kondensierende Polymerisation zu Zuckern erst über Verbindungenirgendwelcher Art mit Proteinkörpern zustande käme. Fernerhin

mußte in gerbereichemischer Hinsicht von solchen Forschungenweiterer Aufschluß über das Wesen der Aldehydgerbung erwartet

werden. Es ist ja bekannt, daß Formaldehyd gerbende Eigen¬schaften besitzt; so führt Formaldehyd Proteine wie Gelatine und

Casein unter Härtung in unlösliche Körper über und bewirkt, daß

mit Formaldehyd behandelte Hautsubstanz nicht mehr zu Leim

verkocht werden kann4. Man darf wohl auch hier die Affinität

des Formaldehyds zu jeder Art von Ammoniakderivaten als Ur¬

sache für den Eintritt einer Reaktion ansehen, und die Aldehyd-

1 Bio. Z. 7, 43 (1907).2 B. 51, 136, 542, 1556 (1919); 52, 1211 (1920).3 B. 3, 68 (1870).4 Vgl. z. B. Schwarz, H. 31, 460.

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Wirkung auf die Stickstoffatome des Kollagens1 lokalisieren. Es

läßt sich also die Gerbung an Hand eines einfachen und einheit¬

lichen Gerbmittels, wie es der Formaldehyd darstellt, studieren,

möglichst wenig beeinträchtigt durch spezifisch physikalische

Vorgänge (z. B. Adsorption), die bei den üblichen kolloiden Gerb¬

stoffen stark in Erscheinung treten.

Schiff2 hat als erster in Erweiterung seiner Untersuchungenüber die nach ibm benannten Basen durch die Umsetzung von

aromatischen Aldehyden und aromatischen Aminosäuren in

wäßriger Lösung die entsprechenden Azomethinverbindungen er¬

halten, so aus Salicylaldehyd und m-Aminobenzoesäure das

(17) HO-C6H4-CH = N.C6H4-COOH,

aus Salicylaldehyd und Aminosalicylsäure das

(18) HO• C6H4-OH = N• OaH3(OH)•OOOH 8.

Schwierigkeiten bereitete teilweise schon die Anwendung von

aliphatischen Aldehyden an Stelle der aromatischen, und beim

Ersatz der kernamidierten aromatischen Säuren durch Amino¬

säuren, deren Aminogruppe in einer aliphatischen Kette

gebunden ist, konnte Schiff einwandfreie Kondensationsprodukteim allgemeinen nicht mehr fassen, und nur beim Asparagin4 eine

kristallisierte Monoformalverbindung gewinnen. Gerade diese

Aminosäuren mit aliphatisch gebundener Aminogruppe be¬

anspruchen besonderes Interesse, da sie bei jeder Hydrolyse von

pflanzlichem oder tierischem Eiweiß mit Säuren, Alkalien und

Permenten als Spaltprodukte gewonnen werden. In der vor¬

liegenden Arbeit handelt es sich stets um solche Aminosäuren,sofern nicht ausdrücklich anderes bemerkt ist. In eben jener

Untersuchung über Asparagin und Asparaginsaure gelaug es Schiff

1 Vgl. z. B. E. Stiasny, Collegium 1908, 132; 0. Gerngroß, ebenda 1920, 2;W. Fahrion, ebenda 1920, 128; dagegen Modler, ebenda 1918, 32.

2 A. 210, 114 (1881).8 Vgl. ferner die Literatur über die Einwirkung von Aldehyden auf

kernamidierte aromatische Säuren: Niementowski und Orzechowski, B. 28,2809 (1895); G.Heller und G. Fieselmann, A. 324, 118 (1902); J. Houben

und H. Arnold, B. 41, 1565 (1908).4 A. 310, 25 (1900).

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zum ersten Male Amin- und Säurefunktion der Amino¬

säuren zu trennen1: Er stellte fest, daß eine neutrale Lösungvon Asparagin auf Zusatz von Formol sauer wurde, daß also der

amphotere Charakter der Aminosäuren offenbar durch Festlegungder Aminogruppen verloren ging. In einfacher Analogie zu den

früher von ihm isolierten Verbindungen formulierte dieser Forscher

den Vorgang als Bildung von Methylen-aminosäuren:

CH2=N.OH(ß)-COOH. (19)

8. P. L. Sörensen* gelang es, diese Umsetzung zu einer all¬

gemein anwendbaren quantitativen Eestimmungsmethode von

Aminosäuren auszubauen. Auf Grund der Gleichung

RCH-ra, HCOH ÄCH.N = CH2 H20I + Z *" I + (20)COOH KOH COOK H20

wies er auf die ausschlaggebende Rolle der Hydroxylionen-konzentration beim Umschlagspunkt des Indikators hin. Die

Einwirkung von Formol und Lauge auf die Aminosäuren führt zu

einem Gleichgewichtszustand, der von den Mengen aller anwesenden

Stoffe abhängig ist. Eine Vermehrung der Lauge verschiebt also

das Gleichgewicht nach rechts, gleich wie eine Verminderung des

"Wassers oder eine Vermehrung des Aldehyds. Auf Grund dieser

Überlegung stellte Sörensen die für einen möglichst vollständigenßeaktionsverlauf genügende Wasserstoffionenkonzentration mit

10~9 bis 10—9'5 fest, und titrierte deshalb mit Phenolphtalein bis

zur stark roten Färbung. Die Methode leistet besonders beim

Verfolgen der proteolytischen Spaltung von Eiweißstoffen großeDienste. Denn bei jeder derartigen Spaltung werden Amino- und

Carboxylgruppen freigelegt. Die zu den einzelnen Zeitpunktendurch Festlegung der Aminogruppen mit Formaldehyd der Titration

zugänglichen Carboxylgruppen geben ein Maß für den Fortgangder Proteolyse. Eine weitere Unterscheidung über die Art der

jeweils vorliegenden Spaltprodukte, ob Aminosäuren oder Peptide,

1 Vgl. weiter A. 319, 59, 287 (1901); 325, 348 (1902).2 Bio. Z. 7, 43 (1907) ; vgl. auch H. Jessen - Hansen, in Abderhaldens

Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, 1922, Teil 8, S. 245.

Enßlin. 2

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bei enzymatischer Proteolyse erlaubt die bekannte Methode von

Willstätter und Waldschmidt-Leite1.

Die Arbeiten von Sörensen verfolgten nicht den Zweck, die

bei der Formoltitration entstehenden Verbindungen zu isolieren,

dagegen versuchte man später noch verschiedentlich Kupplungs¬

produkte von Aldehyden und Aminosäuren herzustellen. Es sei

zuerst über die Arbeiten berichtet, die sich mit der Einwirkungder aliphatischen Aldehyde beschäftigen, daran anschließend über

die bisherigen Untersuchungen über die Wechselwirkung von

aromatischen Aldehyden und Aminosäuren.

a) Aliphatische Aldehyde und Aminosäuren.

Sichere Unterlagen für die Annahme der Bildung von Methylen¬verbindungen bei der Formoltitration waren lange Zeit kaum vor¬

handen. "Wohl beschrieb H. Schiff* neben dem schon erwähnten

Methylen - asparagin noch aldehydreichere Asparaginverbindungenund ein Methylen-alanin, berichtet W. Löbs über ein Methylen-

glykokoll, -ff Euler4' über Trimethylenderivate bei Asparagin,Alanin und Tyrosiu, Framen und Fellmer6 über Methylen¬

verbindungen von verschiedenen anderen Aminosäuren, auch von

Grlycylglycin ; in keinem Falle ist jedoch die Einheitlichkeit der

erhaltenen Verbindungen nachgewiesen, da außer dem Methylen-

asparagin kaum kristallisierte Körper erhalten wurden.

H. Krause (loc. cit.) gelang es bei der Einwirkung von Form¬

aldehyd auf Glycin-salze in wäßriger Lösung kristallisierte Ver¬

bindungen zu gewinnen, die er in zwei Typen formulierte, die

einen abgeleitet vom sogenannten Oxytrimethylen-glycin (21), die

anderen vom N-Oxymethyl-glycin (22):CB2—N-CH2.OOOH

/

(21) CH(OH) (22) COOH-OHj.NH—CH2OH\

CH2 —N.OH2-COOH

1 B. 54, 2988 (1921).2 Loc. cit.; A. 319, 631 (1901).s Bio. Z. 51, 116 (1913).4 C. 1905, I, 941.

5 J. pr. (2) 95, 299 (1917).

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M.Bergmann und Mitarbeiter1 haben in den letzten Jahren die

Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren und ihre Derivate im

Hinblick auf verschiedene Bindungsarten des Stickstoffs systematisch

untersucht, um so einen Einblick in den Chemismus der Aldehyd-gerbung zu gewinnen. Sie unterscheiden hierbei drei Hauptgruppen :

1. Die Verbindungen, in denen der Stickstoff säureamid-

artig gebunden ist, eine Bindungsart, die nach den ForschungenE. Fischers in den Proteinen in überwiegendem Maße der Ver¬

knüpfung der einzelnen Aminosäuren dient.

2. Ferner Verbindungen, in denen man mit freien Amino-

gruppen zu rechnen hat. Dieses Modell ist wichtig zur Be¬

urteilung des Verhaltens von Diaminosäuren wie Lysin und

Arginin im Eiweiß, bei denen nur eine Aminogruppe zur Peptid-

bindung befähigt erscheint.

3. Schließlich Verbindungen, die in Nachbarstellung zur

Amino- eine Hydroxylgruppe enthalten, wie Serin. Bei ihnen

könnte man nach dem Vorgang von Knorr und Matthes* bei der

Einwirkung von Aldehyden auf Oxyamine die Bildung von

Oxazolidinen erwarten:

ROH CHR' RCH OHR'

| | + CH20 = | | + H20OH NH„ 0 NH (Aä)

vyCH2

Bergmann, Jacobsohn und Schotte erhielten auch bei der Ein¬

wirkung von Formaldehyd auf Dioxopiperazin ein Dimethylol-

dioxopiperazin, das unabhängig von ihnen auch Cherbuliez und

Feers darstellten. Dioxopiperazin verhält sich also ganz gleichwie andere Säureamide, die nach den Untersuchungen von

Einhorn4, ebenfalls Methylolverbindungen bilden:

— CO • NH2 + OH20 = —CO • NR CH2OH. (24)

1 H. 181, 18 (1923); Collegium 1924, 209.

2 ß. 34, 3484 (1901).s Helv. 5, 678 (1922).4 A. 343, 207 (1905); 361, 113 (1908).

2*

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Bei Dipeptiden sind derartige Verbindungen bisher noch nicht

gefunden worden, wenn auch nach Versuchen von Svehla1 mit

der Möglichkeit ihres Vorkommens gerechnet werden muß.

Freie Aminogruppen2, wie sie in den Aminosäure-estern

oder -amiden vorliegen, lagern nach Bergmann, Jacobsohn und

Schotte leicht 3 Mole Aldehyd auf eine Aminogruppe an unter

Austritt von 1 Mol Wasser, z. B. :

0-CH2 0-CH2/ \ / \

(25) OH2 N.OH2002C2H6 (26) CH2 N-CH2.CONH2\ / \ /

0—CH2 0 —CH2

Auch Oxyaminosäuren, wie Serin, bei denen Dach den obigen

Ausführungen Oxazolidine zu erwarten wären, zeigen gleichesVerhalten. Bei Säureamiden scheint sich die Säureamidgruppe an

der Eeaktion mit dem Aldehyd nicht zu beteiligen. Es können

also auch die freien Aminogruppen von Aminosäuren mit amid-

artig festgelegtem Carboxyl mit Formaldehyd Triformalverbindungen

bilden, deren Auftreten bei der Formaldehydgerbung oder ähnlichen

Prozessen damit durchaus möglich erscheint.

Bei der Einwirkung von Baryt auf diese Triformalverbindungenwerden dagegen 2 Mole Formaldehyd abgespalten, und man erhält

ein gut kristallisiertes Methylen-glycin-barium, das beim

Trocknen sämtliches "Wasser ohne tiefere Zersetzung abgibt. An

Hand dieses Befundes sprechen die Forscher die Vermutung aus,

daß das von ihnen erhaltene Methylen-glycin-barium3 identisch

sei mit einem Salz, das Krause aus Glykokoll, Baryt und Formal¬

dehyd erhalten und als N-Oxymethyl-glycin-barium4 formuliert

hatte. Das von diesem Forscher beschriebene Oxytrimetylen - glycin-barium6 haben sie nicht isolieren können. Sie halten weiter die

von Krause gewählte Formulierung seiner Oxytrimethylen-glycin-

verbihdungen als Derivate des /3-Diamino-isopropylalkohols für

1 B. 56, 331 (1923).2 Vgl. dazu Seite 13.

3 H. 131, 24 (1923).4 B. 52, 1218 (1919).6 B. 51, 143 (1918); H. 139, 217 (1924).

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unvereinbar mit der leichten Spaltung der Körper unter Rück¬

bildung des Formaldehyds. Einen Beitrag zur Klärung der hier

aufgeworfenen Fragen liefert meine Arbeit in ihrem ersten Teil.

b) Aromatische Aldehyde und Aminosäuren.

"Während man es bei der Einwirkung von aliphatischen

Aldehyden auf Aminosäuren mit verschiedenen Typen von Ver¬

bindungen zu tun hat,konnten bei decondensationvon aromatischen

Aldehyden mit Aminosäuren nur Azomethinverbindungen er¬

halten werden, wenn man von den Kondensationsprodukten absieht,

bei denen die der Amino- benachbarte Methylengruppe in Reaktion

tritt. Da beim einfachen Zusammengeben der Komponenten meist

keine Reaktion beobachtet wurde, führte die Darstellung von

Kupplungsprodukten über mehr oder weniger große Umwege und

war nur dann möglich, wenn wiederum die der Aminogruppe be¬

nachbarte Oarboxylgruppe irgendwie festgelegt und damit ihres

sauren Charakters beravibt war.

Zu dieser Maskierung des sauren Charakters hat man das

Verestern und die Salzbildung benutzt, Reaktionen, die bei den

oben erwähnten Kupplungsprodukten mit aliphatischen Aldehydenauch angewendet wurden. Es gelang so Oerngroß und Bitter1

durch einfaches Versetzen einer Lösung von Glycylglycin-äthyl-ester in alkoholischer Lösung mit o-Vanillin oder 2,3-Dioxy-

benzaldehyd, sowie aus 1-Tyrosin-methylester und 2,3-Dioxy-

benzaldehyd die entsprechenden gut kristallisierten Azomethin¬

verbindungen zu erhalten. Diese Forscher fanden, daß die

Verbindungen gegen Wasser und Alkali recht beständig sind, mit

Säuren aber (auch mit der fünffachen Menge n/50 Essigsäure)leicht gespalten werden. Im Gegensatz dazu tritt z. B. Glykokoll-

ester nach den Beobachtungen von H. Scheibler und P. Baumgarten2nicht in dieser einfachen "Weise mit Benzaldehyd oder Piperonal

zusammen, wohl aber wieder mit p-Nitrobenzaldebyds.

1 Bio. Z. 108, 89 (1920).2 B. 55, 1358 (1922).3 0. Gerngroß und E. Zühlke, B. 57, 1482 (1924).

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Schon früher hatte Erlenmeyer jun.1 die Umsetzung von

aromatischen Aldehyden mit Aminosäure-s alz en untersucht zur

Synthese von a-Amino-/?-oxysäuren. Er nahm an, daß sich der

Benzaldehyd mit Glykokoll in alkalischer Lösung — er verwendet

NaOH — zuerst zu dem Benzyliden-glycin-natrium vereinigt (27),das sich aber wegen seiner großen Wasserlöslickeit nicht abscheiden

läßt. Diese primär entstehende Benzylidenverbindung kann nun

nach zwei Richtungen reagieren. Einerseits verbindet sie sich mit

weiterem Benzaldehyd zu einem in zwei stereoisomeren Formen

auftretenden Natriumsalz (28), das sich mit Säuren leicht zu den

zwei stereoisomeren Phenylserinen (30) zersetzen läßt unter Ab¬

spaltung von 1 Mol Benzaldehyd. Andererseits bildet sich in

Gegenwart von überschüssigem Benzaldehyd in eigentümlicher Re¬

aktion die Benzylidenverbindung des lsodiphenyloxäthylamins (29).

(27) C6H6.CH = N-CHi!.COoNa

/ \(28) C6H6.CH(OH).CH.COONa - (29 06H5.CH(OH).CH.06H5

I !N = CH.C6H6 N = CH.C6H6

(30) C6H5.CH(OH).CH(NH2).COOH

Beim Einwirken von Anisaldehyd auf Glycin-natrium ver¬

mochte Erlenmeyer jun. ein schwer lösliches Natriumsalz zu fassen,dem er ohne Angabe weiterer Unterlagen die im übrigen von mir als

richtig bestätigte Formel p - CH80 • C6H4 • CH = N • CH2 • COONa

zuschreibt.

E. Abderhalden und H. Spinner* konnten bei gleicher Ver¬

suchsanordnung wie Erlenmeyer — sie ließen ebenfalls 1 Mol

Aldehyd auf 1 Mol Glycin - natrium einwirken — nur dessen

Angaben bestätigen und das bekannte Isodiphenyloxäthylamin(vgl. 29) isolieren.

1 A. 307, 114 (1899); 337, 212 (1904).2 H. 106, 309 (1919).

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K. W. Bosenmund und H. Dornsaft1 haben ähnlich wie

Erlenmeyer zur Herstellung substituierter Phenylserine Amino¬

säure-ester in alkoholischer Lösung mit überschüssigem Aldehydund Natriumäthylat kondensiert, auch wieder ohne die als

Zwischenprodukte anzunehmenden Azomethine zu isolieren.

Scheibler und Baumgarten (loc. cit.) fanden nun als erste

einen allgemeiner, auch für Ketone anwendbaren Weg zur Dar¬

stellung reiner Alkyliden-aminosäure-salze. Sie ließen die Aldehyd-

bisulfitadditionsprodukte auf Glycin-ester einwirken, setzten mit

Kaliumcyanid zu den N-Cyanalkyl-aminosäure-estern um, die in

absolut alkoholischer Lösung mit äquivalenten Mengen Alkali¬

hydroxyd und Alkaliäthylat leicht die manchmal schwer löslichen

Alkalisalze geben:

C6H6.OH(CN).NH.CH2.00002H5 + NaOH + NaOC2H5

>- C6H5.CH = N.CH2.COONa + NaCN + 2C2H5OH(30)

Außer dem Benzyliden-glycin-natrium wurden analog die

Piperonylidenverbindungen erhalten.

Das Verfahren wurde neuerdings durch Gerngroß und Zühlke

(loc. cit.) sehr vereinfacht. Diese Forscher ließen sich davon leiten,

daß bei den bisher dargestellten Alkyliden-aminosäure-estern das

Eintreten der Reaktion nur abhängig war von der Schwer¬

löslichkeit des Kondensationsproduktes, daß andererseits aber auch

die Entfernung des bei der Reaktion entstehenden Wassers das

Gleichgewicht zugunsten der Azomethinverbindung verschieben

müßte :

CH2 COOC2H5 CH2 C0002H5I -<

>" I +H20 (31)

NH2 + 00HC6H5 N = CHC6H5

Sie kondensierten Benzaldehyd und Glycin-ester in äquimolekularen

Mengen mit Natriumäthylat und erhielten so in sehr guter Aus¬

beute das in Alkohol schwer lösliche Benzyliden-glycin-natrium.Das bei der Vereinigung von Wasser und Natriumäthylat ent¬

stehende Mol NaOH verseift also unter diesen Bedingungen den

1 ß. 52, 1734 (1919).

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Ester unter Bildung des Natriumsalzes, das ausfällt und damit

das Gleichgewicht nach rechts verschiebt:

CH2 C0ÜC2H6 0H3 COONa

(32) | + H20 + NaOC2H6 = | + 2HOC2H5N = CHC6H5 N = CHC6H6

Die Forscher gelangten auf diesem Wege aber nicht in allen

Fällen zu wohl kristallisierten Salzen. Ein Versuch, Benzyliden-

glycin-natrium aus Glycin - natrium und Benzaldehyd zu erhalten,

ergab ihnen sehr schlechte Ausbeute und in keinem Fall ein reines

Produkt. Dieser Versuch scheint in alkoholischer Lösung vor¬

genommen worden zu sein. Dagegen hat früher H. Krause1 in

wäßriger Lösung gearbeitet und bei der Einwirkung von Acet-

aldehyd, Benzaldehyd und Furfurol auf Glycin-barium kein An¬

zeichen einer Reaktion feststellen können. Die Wechselwirkungvon Aldehyden und Aminosäure-salzen in wäßriger Lösung wird

in dieser Arbeit weiter verfolgt.

B. Eigene Untersuchungen.

1. Über die Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll.

Auf Grund der Arbeiten von Bergmann, Jacobsohn und

Schotte fragte es sich, ob auch Aminosäure-salze mehr als 1 Mol

Formaldehyd anlagern könnten. Gewisse Beobachtungen H. Krauses

schienen auf das Vorkommen von derartigen aldehydreicheren

Körpern hinzudeuten. Ich untersuchte zu diesem Zwecke die Ein¬

wirkung von Formaldehyd in großem Überschuß auf Glykokoll-

kupfer und erhielt ein Salz, das auf ein Metallatom und zwei

Glycinreste nahezu 6 Mole leicht abspaltbaren Formaldehyd ent¬

hielt (48,7 °/0 Formaldehyd). In Analogie zu den früher genannten

Triformalverbindungen (S. 20) ist es wohl als Triformal-glycin-kupfer aufzufassen und damit die Möglichkeit der Bildung von

aldehydreicheren Salzen erwiesen.

(33) [(CH2)302 : NCH2.000]2Cu.

1 B. 51, 554 (1918).

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Bei dieser Formulierung möge vorerst unentschieden bleiben, ob

die oben gewählte Formel die Struktur des Salzes erschöpfend

wiedergibt, oder ob noch besondere Bindungen des Kupfers zum

Stickstoff oder zu den Aldehydresten hin in Betracht kommen.

In ähnlicher Weise hat Krause1 früher eine Verbindung von

der gleichen Elementarzusammensetzung hergestellt und als Oxy-

trimethylen-glycin-kupfer formuliert:

CH„.NH-CH2.000

OH(OH)

SCH2-NH.CH2.C00y

Ca + 3CHaO. (34)

Die eigenen Angaben Krauses widersprechen durchaus dieser

Interpretation. Ein solches Salz dürfte bei der Spaltung mit Wasser

nicht Glycin-kupfer zurückliefern. Krause selbst bekommt aber

aus seinem Salz schon beim fünfmaligen Abdampfen mit der

15fachen Wassermenge über 40°/0 an Glycin-kupfer. Auch die

Bildung von Methylkalkohol, wie sie Krause bei der Zersetzungeines anderen Kupfersalzes2 und eines Silbersalzes8 gefunden zu

haben glaubt, bietet keine Stütze für diese Formulierung.Zum Vergleich habe ich deshalb Versuche genau nach den

Angaben Krauses angestellt, der mit etwa der halben Formaldehyd¬

menge, und damit im Effekt in verdünnterer Formaldehydlösunggearbeitet hatte. Hierbei bekam ich wie Krause Verbindungen,die weniger abspaltbaren Formaldehyd enthielten als das oben

beschriebene Salz (45—46% Formaldehyd). Diese Erscheinungfindet ihre hinreichende Erklärung in der hydrolytischen Emp¬findlichkeit des Triformal-glycin-restes, die auch bei den von

Bergmann und Mitarbeitern hergestellten Triformalverbindungenbeobachtet wurde. Weiter habe ich mich davon überzeugt, daß

sämtlicher Kohlenstoff der Verbindung, soweit er nicht dem

Glycinrest angehört, als Formaldehyd wieder abgespalten werden

kann, ohne daß auch nur eine Spur von Methylalkohol entsteht.

1 B. 51, 137, 148 (1918).2 B. 51, 547 (1918).3 B. 51, 149 (1918).

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Das Salz von Krause ist also im wesentlichen mit meinem

identisch und als Triformal-glycin-kupfer aufzufassen. Ich darf

noch hinzufügen, daß sich H. Krause nach Kenntnis meiner Ver¬

suchsergebnisse vollkommen meiner Ansicht angeschlossen hat.

Die Einwände, die gegen das sogenannte Oxytrimethylen-

glycin-kupfer erhoben wurden, gelten auch für alle anderen an¬

geblichen Oxytrimetylen-glycin-Verbindungen. Da sie aber schon

in die Sammelliteratur übergegangen sind und ihre Existenz von

Bedeutung für die Theorie der viel angewandten Formoltitration

wäre, schien es mir notwendig, die Existenz oder Nichtexistenz

dieser Körperklasse einer endgültigen Prüfung zu unterziehen.

Neben zahlreichen amorphen, und darum in ihrer Einheitlich¬

keit nicht sichergestellten Stoffen hatte Krause als weiteren

kristallisiertenVertreter dieserVerbindungen nur noch ein Bariumsalz

beschrieben, das zu diesen Versuchen in Betracht kam:

CH2.NH.CH2-000/

OH(OH)(35)\

CH^NH-CIL-COO

Ba

Krause1 gibt an, daß bei der Einwirkung von Formaldehydauf Glycin-barium bei reichlichem Überschuß besonders der

technischen, viel Methylalkohol enthaltenden Formalinlösungbei Temperaturen um 50° (früher war anfänglich leichte Kühlungund dann Erwärmung auf 50° vorgeschrieben) fast nur Oxytri-

methylen-glycin-barium entsteht. Bergmann und Mitarbeiter

hatten aber diese Verbindung bei ihren gleichartigen Unter¬

suchungen nicht erhalten können, sondern immer nur das Methylen-

glycin-barium. Ich konnte auch bei genauem Innehalten der

.Knmseschen Angaben unter Verwendung von methylalkoholreichem

Formaldehyd bei anfänglicher Kühlung und kurzem Erwärmen2

nur die Bildung der von Bergmann als Methylen-glycin-barium

1 B. 51, 143 (1918); 52, 1211 (1919); H. 139, 217 (1924).2 Ich verzichtete im ersten Versuch auf das von Krause vorgeschriebene

zehnstündige Erhitzen, das nur die Ausbeute verbessern sollte, da ich sofort

beim Zusammengeben der Komponenten eine reichliche Kristallausscheidungerhielt.

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erkannten Verbindung feststellen, identifiziert durch Analyse in

kristallwasserhaltigem Zustand und nach dem Trocknen bei 100".

Beim Trocknen konnte ich, in Übereinstimmung mit den früheren

Befunden von Bergmann keinen Formaldehydverlust feststellen,wie ihn Krause für seine Verbindung beschreibt.

Bei von Anfang an höherer Temperatur und längerem oder

auch kürzerem Erhitzen der Komponenten erhielt ich dagegen in

kristallwasserhaltigem Zustand etwas aldehydreichere Produkte,die aber nach dem Trocknen bei 100° auch wieder mit dem

Methylen-glycin-barium identisch waren. In diesem Falle war

also mit dem Kristallwasser etwas Aldehyd entwichen, in Über¬

einstimmung mit den Angaben von Krause. Doch wäre die Deutung,daß es sich dabei um eine Zersetzung anfänglich vorhandenen

Oxytrimethylen-glycin-salzes handelt, trotz alledem verfehlt. Eine

solche Empfindlichkeit würde auch gar nicht zu der von Krause

vorausgesetzten Formel (35) passen; denn nach allem, was wir

bisher über das Oxytrimethylen-diamin wissen,

KH2.OH2.CH(OH)-CH2-NH2, (36)

das dem Salz (35) zugrunde liegt, gibt es mit "Wasser oder Säuren

keinen Formaldehyd ab1. Es zeigt sich bei diesen Versuchen nur

die Tendenz der Methylenverbindungen weiteren Formaldehyd an¬

zulagern, freilich in bedeutend geringerem Maße als beim Kupfer¬salz. Dieser Befund steht wohl im Zusammenhang mit der leichteren

hydrolytischen Spaltbarkeit und Löslichkeit der Bariumsalze gegen¬

über dem Kupfersalz.Das Barium- und das Kupfersalz sind die beiden einzigen

wohldefinierten Verbindungen gewesen, die Krause für die Existenz

von sogenannten Oxytrimethylen-glycin-Verbindungen anführen

konnte. Durch meine Versuche hat sich H. Krause* veranlaßt

gesehen, die beiden Salze aus der Liste dieser Verbindungen zu

streichen. Er schließt sich ferner meiner Beweisführung an, daß

seine frühere Formulierung dieser Verbindungen nicht aufrecht

1 Vgl. Bergmann, Badt und Brand, B. 54, 1650 (1921); Goedeckemet/er,B. 21, 2690 (1888).

2 H. 150, 306 (1925).

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zu erhalten sei. Dagegen versucht er für die von ihm des weiteren

beschriebenen amorphen Oxytrimetbylen-glycin- Verbindungen eine

neue Formel einzuführen, um ihre, mir durchaus fraglich er¬

scheinende Existenz zu retten; er formuliert sie folgendermaßen:

CH2 = NH.CH,,-COOHI

(37) CH(OH)!

CH2 = NH.CH2-COOH

Ich möchte nur darauf hinweisen, daß Verbindungen von einem

derartigen Typus mit fünf gleichartigen Substituenten am Stickstoff

bis heute nicht bekannt sind, um die Unwahrscheinlichkeit dieser

Konstruktion darzutun.

Man wird im Gegenteil vermuten können, daß diese KörperGemische von Methylen-, Triformal-verbindungen und vielleicht

noch anderen Substanzen sind. Man darf sie aber keinesfalls, solangeihre Einheitlichkeit nicht nachgewiesen ist, als Vertreter eines Oxy-

trimethylen-glycins ansprechen und in die Literatur übernehmen.

Dann habe ich mich noch mit der Frage beschäftigt, in welchem

Verhältnis das sogenannte N-Oxymethyl-glycin-barium von

Krause1 (vgl. 22), das bei 0°, ohne Überschuß von Formaldehydund ohne Gegenwart von Methylalkohol entstehen sollte, zu dem

Methylen-glycin-barium von Bergmann steht. Ich konnte

dessen frühere Vermutung bestätigen und das sogenannte Oxymethyl-

glycin-barium mit dem Methylen-glycin-barium identifizieren.

Beide Verbindungen enthalten lufttrocken gleichviel Kristallwasser

und verlieren es ohne tiefere Zersetzung beim Trocknen bei 100°.

Krause hat sein Oxymethyl-glycin-barium früher über Calcium-

chlorid getrocknet und deshalb weniger Kristallwasser gefunden;außerdem sieht er das letzte, langsamer entweichende Mol Wasser

als Konstitutionswasser an. Schon Franzen und Fellmer* haben

die Frage diskutiert, ob die Methylen -aminosäuren und ihre Salze,die Kristallwasser enthalten, nicht besser als Methylol-verbindungenzu formulieren seien:

(38) OH2(OH).NH.CH(R)-ÜOOH.

1 B. 52, 1218 (1919).2 J. pr. (2) 95, 301 (1917).

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Sie haben aber in keinem Falle das Kristallwasser direkt bestimmt.

Da das kristallwasserhaltige Methylen-glycin-barium ohne tiefere Zer¬

setzung bei der üblichen Trocknung im Vakuum auch das letzte

Mol Wasser abgibt, das den Unterschied zwischen Methylol- und

Methylen-Verbindung ausmacht, ist die Existenz des Methylen-glycin-bariums sichergestellt. Dafür, ob die einzelnen Moleküle

„Kristallwasser" des wasserhaltigen Salzes verschieden gebundensind, liegt gegenwärtig keinerlei experimentelles Material vor, und

damit besteht keine Veranlassung, die Existenz eines besonderen

Oxymethyl-glycin-bariums anzunehmen.

Zu einer solchen Annahme dürften auch keinesfalls die neuer¬

dings von Krause angeführten Gründe-1 führen. Dieser Forscher

wendet ein, daß die Ausscheidung des unveränderten Glykokollsaus einer stark sauren Formaldehyd-glykokoll-Iösung mit Alkohol

unmöglich sei, wenn das mit seinen Komponenten in einem rasch

sich einstellenden Gleichgewicht befindliche Additionsprodukt von

Formaldehyd an Glykokoll bereits durch Wasserabspaltung in

Methylen-glycin übergegangen wäre. Nun weisen aber scharf ge¬

trocknete Methylen-glycin-bariumsalze an der Luft sofort einen

schwachen Geruch nach Formaldehyd auf, ein Beweis dafür, daß

sich das oben genannte Gleichgewicht auch von den Methylen¬

verbindungen aus rasch einstellen 'kann. Krause führt weiter aus,

daß die Konstitution des Silbersalzes, das beim Trocknen über

Calciumchlorid bei Atmosphärendruck 1 Mol Wasser mehr ent¬

hält als dem Methylen-glycin entspräche, dieses aber im Vakuum

über Schwefelsäure langsam verliert, auch für eine Methylol-formulierung spreche, da Silbersalze ziemlich ausnahmslos kristall¬

wasserfrei seien. Ganz abgesehen davon, daß beim Glycin-silberneben dem kristallwasserfreien Salz auch schon eines mit einem Mol

Kristallwasser2 beschrieben ist, können solche auf unsicherem

Boden stehende Analogieschlüsse nicht zu Strukturbeweisen dienen.

Bei einer zusammenfassenden Betrachtung der Einwirkungs¬produkte von aliphatischen Aldehyden auf Aminosäuren wird man

zum mindesten die folgenden Verbindungen als einwandfrei sicher-

1 H. 150, 307 (1925).2 Forcrand, C. r. 88, 974 und zwar 976 (1879).

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gestellt annehmen dürfen: Triformal-Verbindungen des Glykokoll-und Serin-äthyl-esters, des Glycin-amids und des Glycin-kupfers,

Methylen-Verbindungen von Glycin-barium und von Asparagin,sowie eine Athyliden- Verbindung des Asparagins1.

Vorläufig hat mau somit bei der Wechselwirkung von Form¬

aldehyd mit Aminosäurederivaten nur mit der Bindung von

Methylen- oder Triformalverbindungen zu rechnen. Zu welchem

Verbinduugstypus die Reaktion führt, dürfte in überwiegendemMaße vom Grade der Festlegung der der Aminogruppe benachbarten

Oarboxylgruppe abhängen. Triformalverbindungen bilden sich

rasch bei Estern und Amiden, sie bilden sich ferner bei den

wenig dissoziierenden Salzen, bei allen übrigen tritt im all¬

gemeinen die Reaktion mit nur 1 Mol Aldehyd zu Methylen¬

verbindungen ein. Man wird also bei der Einwirkung von Form¬

aldehyd auf Proteine mit amidartig gebundenen Carboxylgruppenauch mit der Bildung von aldehydreicheren Verbindungen rechnen

müssen, bei der Formoltitration von Aminosäuren nach Sörensen

aber wahrscheinlich mehr mit Methylen-aminosäuren.

2. Über die Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Amino¬

säuren und Peptiden.

Nach Klarlegung der Verhältnisse bei der Wechselwirkungzwischen Formaldehyd und Aminosäure-salzen habe ich mich der

Frage zugewandt, wie sich andere Aldehyde gegenüber Aminosäure¬

salzen verhielten. Diese Untersuchung war theoretisch und weiter

methodisch wichtig, da es möglich erschien, auf dem Wege über

leicht isolierbare Aldehydverbindungen Gemische von Aminosäuren

zu trennen, und so auch bei Eiweißstoffen selbst ohne tiefer

greifende Einwirkungen eine Fraktionierung zu ermöglichen.

Entgegen früheren Angaben stellte ich fest, daß sich ohne

weiteres bei der Einwirkung von aromatischen Aldehyden auf

Aminosäure-salze in wäßriger Lösung die betreffenden Azomethin-

verbindungen bilden und in den meisten Fällen leicht rein isoliert

werden können. Ihre Gewinnung gestaltet sich folgendermaßen:

1 Cherbuliez und Stavritch, Helv. 5, 274 (1922).

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Man läßt die Aldehyde auf wäßrige oder wäßrig-alko¬holische Lösungen von Aminosäure- oder Peptid-salzen,

hergestellt aus den Aminosäuren und geeigneten Basen

oder auch Salzen, einwirken. Bei günstiger Auswahl von

Aldehyd und salzbildender Base entstehen schwer lös¬

liche Aldehyd-aminosäure-salze, die ausfallen und da¬

durch eine dauernde Gleichgewichtsverschiebung von

links nach rechts bewirken:

RCHO + H2N-CHß'.COOMe' ^~> ROH = N-CHR'-COOMe' + H20

2RCHO + (H2N-CHR'.COO)2Me"^>:(RCH=N.OHR'.COO)2Me" + 2H20

(Me' = einwertige Base)

(Me" = zweiwertige Base).

Als aldehydische Komponenten habe ich bisher Benzaldehyd,

Salicylaldehyd, JFurfurol (das wegen seiner mannigfachen Be¬

ziehungen zu den Zuckern von Interesse ist) und Chloral ver¬

wendet; an Aminosäuren Glykokoll, Phenylalanin und als Beispielfür Peptide das Glycyl-glycin. Als Basen verwendete ich aus ex¬

perimentellen Gründen Barium und Calcium; denn ihre Amino-

säure-salze sind verhältnismäßig leicht, die Verbindungen der Salze

mit den Aldehyden aber meist so schwer löslich, daß sie auch

in wäßriger Lösung mit oder ohne Alkoholzusatz ausfallen. Ich

konnte an Stelle der Metallbasen mit Vorteil manchmal auch ihre

Acetate verwenden, was besonders bei sehr alkaliempfindlichen

Aldehyden von Wichtigkeit sein dürfte.

Wie aus dieser Darstellungsweise der Aldehydverbindungen

hervorgeht, ist ihre Säureempfindlichkeit doch nicht so groß, wie

nach den Angaben der Literatur anzunehmen gewesen wäre (S. 21).So bildet sich das o-Oxy-benzyliden-glycin-barium noch leicht

bei einer Essigsäurekonzentration, die ungefähr einer äquimole¬kularen Menge von n/1 Säure entspricht.

Bei wenig ausgeprägter Kristallisationsfähigkeit derartiger

Metallverbindungen kann die Metallkomponente durch organische

Basen, wie Brucin ersetzt werden, wovon ich bei der gelegentlichen

Herstellung einer Chloral-glycin-brucin-verbindung Gebrauch

machte.

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Nach dieser Methode wurden die folgenden neuen, gut kristalli¬

sierten Verbindungen von Aminosäuren und Peptiden gewonnen:

N-Benzyliden-glycin, Bariumsalz, Calciumsalz,

N-o-Oxybenzyliden-glycin, Bariumsalz,

N-Furfuryliden -glycin, Bariumsalz,N - o - Oxybenzyliden - d, 1 - Phenylalanin, Bariumsalz,

N - Benzyliden -glycylglyein, Bariumsalz,N- o - Oxybenzyliden - glycylglycin, Bariumsalz.

Diese Verbindungen sind allgemein als Azomethine mit der

Gruppe —CH —N— zu formulieren. In keinem Fall habe

ich Zwischenprodukte mit der Gruppe —CHOH—NH— fest¬

stellen können, wie sie Dimroth und Zoeppritz1 bei rein aro¬

matischen Azomethinen beobachteten.

Bei den Dipeptiden war es nach den früheren Ausführungen

möglich, daß am Amidstickstoff ein weiteres Mol Aldehyd ge¬

bunden werden könnte. Das untersuchte Glycylglycin2 verband

sich aber nur mit einem Mol Aldehyd, ganz gleich wie die übrigenhier beschriebenen Aminosäuren. Beim Serin, dessen o-Oxy¬

benzyliden-bariumsalz ich darstellte, aber nicht weiter untersuchte,wäre wohl (vgl. S. 19) auch die Formulierung der Aldehyd¬

verbindung als Oxazolidinderivat in Betracht zu ziehen.

Nach der Theorie von Hantzsch und Werner (vgl. S. 14) waren

bei diesen Aldehyd-aminosäure-Verbindungen Stereoisomere zu

erwarten, gleich wie sie Manchot und Fourlong erhielten (S. 14).Ich habe bei den Salzen in einzelnen Fällen verschiedene Kristall¬

formen feststellen können. Da es sich aber um nicht, oder nur

unscharf schmelzende Substanzen handelt, habe ich sie bisher

nicht trennen und entscheiden können, ob es sich um die von

der Theorie geforderten Isomeren handelt. "Wegen der leichten

Zersetzlichkeit erscheint eine Fraktionierung durch Umlösen aus¬

geschlossen.Die Aryliden-aminosäure-salze spalten sich schon beim stärkeren

Erhitzen mit Wasser leicht in die Komponenten, leichter unter

1 B. 35, 984 (1902).2 Eine Verbindung von Glycyl-glycin-barium mit Formaldehyd ist schon

von H. Franzen und E. Fellrner, J. pr. (2) 95, 299 (1917) beschrieben.

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Säurezusatz, kaum in alkalischer Lösung. Selbst bei Zimmer¬

temperatur findet manchmal in wäßriger Lösung Zersetzung statt,wie der starke Geruch nach Benzaldehyd beim Benzyliden-glycin-barium zeigt. Diese leichte Spaltung der Verbindungen in die

Komponenten ist fürpräparativeund analytische Zwecke erwünscht,da die Aminosäuren so auf einfache Weise wiedergewonnen werden

können. Tatsächlich zeigen die Untersuchungen von M. Bergmannund L. Zervas, die im Anschluß an meine Versuche vorgenommen

wurden und inzwischen auch schon veröffentlicht sind1, daß mit

Hilfe dieser Methodik das Aufarbeiten von Hydrolysaten sich

bedeutend vereinfachen läßt, so daß manche Aminosäuren, wie

Arginin und Lysin viel leichter zugänglich werden. Auch beim

Arbeiten mit Eiweißstoffen selbst scheinen damit weitere Forschungen

ermöglicht zu werden, wie das Beispiel der Benzyliden-Verbindungdes Salmins zeigt, die die erste kristallisiert erhaltene Verbindung

eines natürlichen Eiweißes mit einer anderen Komponente ist.

Aus den Verbindungen der Aldehyd-aminosäure-salze kann

man andererseits durch Acylierung die Basen entfernen und so

von den physikalisch schwer definierbaren Salzen zu Verbindungenmit charakteristischem Schmelzpunkt gelangen. Ich habe so das

Benzyliden-glycin-barium in die entsprechenden Acetyl- und

Benzoyl-verbindungen verwandelt. Die Acylierung erfolgt in

Pyridin- oder Tetrachlormethanlösung, wobei die Ausbeuten an¬

nähernd dieselben sind. Durch Spalten mit Salzsäure lassen sich

aus den Verbindungen Acetursäure bzw. Hippursäure gewinnen.Schon früher haben Seheibler und Baumgarten2 aus Benzyliden-

glycin-natrium und Essigsäureanhydrid in Tetrachlormethanlösungdas Acetyl-benzyliden-glycin bereitet. Sie formulierten die Acetyl-

verbindung als N-Acetyl-N-benzyliden-betain:

COCH3

C8H6-OH = N-CH2-CO(40)

l—o—'

1 H. 152, 282 (1926).2 B. 55, 1363 (1922).

Enßlin 3

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Sie haben bei der Darstellung des Benzyliden-glycin-natriumsdurch Verseifung des N-Cyanalkyl-aminosäure-esters mit Alkali¬

hydroxyd in absolut alkoholischer Lösung ein hypothetisches

Zwischenprodukt von der Formel (41) angenommen, und davon

die auch mögliche Formulierung des Acetylproduktes als Oxa-

zolidonderivat (42) abgeleitet:

CH2 CO CHä=CONaII II

(4S) CH.CÜN 0 (43) NH 0

\ / \ /

CH.C6H5 OH.C.H,

Sie verwerfen sie aber, da dann dem Natriumsalz die Formel (43)zuzuschreiben wäre, gegen die aber das Verhalten des Salzes

beim Hydrieren spreche. Ihre Folgerung, ausgehend vom Verhalten

des Natriumsalzes, erscheint nicht zwingend. Denn, ob man nun

die Oxazolidon- oder die Betainformel vorzieht (die Formulierungals gemischtes Säureanhydrid ist wegen der Acetursäurebiidungbei der Spaltung unwahrscheinlich), eine Übereinstimmung mit

der Struktur des Natriumsalzes ergibt sich in keinem Falle. Nach

den Eigenschaften der Acylverbindungen dürfte das Acetyl -

benzyliden-glycin eher als 2-Phenyl-3-acetyl-oxazolidon-(5) (42)aufzufassen sein. Denn es löst sich nur schwer in Wasser, sehr

leicht in Tetrachlormethan und läßt sich im Vakuum destillieren;aus der angenommenen Struktur geht auch die leichte Spaltbarkeitin Benzaldehyd und Acetursäure hervor. Auch mit dem niedrigenSchmelzpunkt und dem Fehlen von salzartigen Eigenschaftenscheint der eigenartige Verbindungstypus der Betainformel mit

einer Alkyliden-, einer Acyl- und einer salzbildenden Gruppe am

gleichen Stickstoffatom nicht recht vereinbar zu sein.

Das Benzoylderivat ist dann diesen Ausführungen entsprechendals 2-Phenyl-3-benzoyl-oxazolidon-(5) zu formulieren:

CH„—CO

I"

I

(44) C6H6CON 0

\ /

CH-CeH5

CH2 CO

I I

(41) NH 0

\ /

CH.C6H5

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Zum Schlüsse dieses Abschnittes erwähne ich noch eine einfache

Art der Darstellung von Aldehyd-aminosäure-estern. Nach

den oben dargelegten Anschauungen von Gerngroß und Zühlke

findet eine Umsetzung von Aldehyden und Aminosäure-estern in

Lösung nur statt, wenn das ßeaktionsprodukt genügend schwer

löslich ist. In manchen Fällen kommt man aber auch bei leicht

löslichen Produkten zum Ziel, wenn man ohne Anwendung eines

Lösungsmittels arbeitet. Ich habe so Salicylaldehyd in Glycin-äthylester eingetragen und unter starker Erwärmung und Wasser-

abscheidung glatt Kondensation erreichen können. Man darf an¬

nehmen, daß auch in anderen Fällen dieser einfache Weg zu den

gesuchten Azomethinverbindungen führen wird.

II. Über neuartige Anhydride von Aminosäuren.

A. Ältere Arbeiten.

Die Anschauung von einem außerordentlich großen Molekül¬

umfang der Proteine, die noch JE. Fischer bei seiner Syntheselanger Polypeptidketten leitete, ist in den letzten Jahren unsicher

geworden. Der verschiedene Widerstand, den anscheinend ein¬

heitliche Eiweißkörper bei der hydrolytischen Spaltung darin

zeigten, daß bei der Unterbrechung von Hydrolysen neben den

Endprodukten, den Aminosäuren, auch noch Peptone und un¬

verändertes Ausgangsmaterial gefunden wurden, dann auch die

ganz verschiedene Einwirkungsweise von tryptischen und peptischenFermenten1 zwingen zur Annahme von mindestens zwei ver¬

schiedenen Bildungseiemeuten.

Wenn man ganz allgemein annimmt, daß die Proteine aus den

durch Hydrolyse entstehenden Aminosäuren irgendwie durch

Anhydridbilduug aufgebaut seien, und von der neueren Ansicht

1 Vgl. neuerdings E. Waldschmidt-Leitz und Mitarbeiter: A. Schaffner,B. 58. 1356 (1925); A. Harteneck, H. 147, 286; 149, 203, 221 und A. Schaffner,H. 151, 3 (1926); vgl. auch E. Waldschmidt-Leitz Naturwissenschaften 14,129 (1926).

3*

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Troensegaards1 absieht, so würden die damit gegebenen Bindungs¬

möglichkeiten neben der Amidbindung zur Erklärung dieser Er¬

scheinung genügen. Man würde also bei der Auffassung von

großen Molekülen bleiben können. 0. Cohnheim2 hat nun wohl

als erster eine prinzipiell neuartige Erklärung versucht, die später von

Heßs auf Grund seiner Vorstellungen über den Bau der Cellulose

wieder aufgenommen wurde. Darnach sollen in den Eiweißkörperu

polypeptidartige Elementarbausteine durch Restaffinitäten zu hoch¬

komplexen Gebilden vereinigt sein; Heß hat dabei besonders auf

den ungestättigten Charakter von Säureamidbindungen hingewiesen,deren Neigung zur Komplexbildung durch die Versuche von

Pfeiffer* dargetan wurde. Etwas später hat Stiasny6 die gleichen

AnschauungenüberNebenvalenzverbindungen von zwei odermehreren

Peptidmolekülen entwickelt. M. Bergmann6 hat dann die Möglich¬keit in Betracht gezogen, daß die Aminosäuren im Eiweiß zunächst

zu ganz einfachen Untergruppen vereinigt sein könnten, die erst

durch weitere Aneinauderlagerungen von anderer Art in größereGebilde übergehen sollten. Diese Ansichten ließen es zu, daß

sich evtl. auch verschiedenartige Bausteine in dieser Weise ver¬

einigten, und damit war eine weitere Variationsmöglichkeit im

Aufbau gegeben.

Eine gewisse Bestätigung fanden derartige Anschauungen zuerst

in den Ergebnissen der von Herzog und seinen Mitarbeitern7 auf

die UntersuchunghochmolekularerNaturstoffe angewandtenRöntgen-

spektroskopie. Sie stellten fest, daß die meisten der untersuchten

1 H. 112, 86 (1920); 127, 187; 130, 84 (1923); N. Troensegaard und

J. Schmidt, H. 133, 116 (1924); N. Troensegaard, H. 134, 100 (1924);N. Troensegaard und Mitarbeiter: E.Fischer, H. 142, 35 (1925) und B. Koudahl,H. 153, 93, 111 (1926); vgl. auch Z. Ang. 38, 623 (1925).

2 0. Cohnheim, Chemie der Eiweißkörper, 3. Aufl., S. 77/78 (1911).3 K Heß und W. Witteisbach, Z. El. Ch. 26, 232 und zwar 248/49 (1920).4 P. Pfeiffer, Organische Molekülverbindungen, 8.106 ff. (1922); P. Pfeiffer

und 0. Angern, H. 143, 265 (1925); Z. Ang. 39, 253 (1926).6 Collegium 1920, 255.

6 Collegium 1922, 314.

> R. 0. Herzog und W. Jancke B. 53, 2162 (1920); JB. Brill, A. 434, 204

(1923); B 0. Herzog, Naturwissenschaften 12,955,1153 (1924); Z. Ang. 39, 297

(1926); H. W. Gonell, H. 152, 18 (1926).

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Eiweißstoffe, wie Seide, Elastin, Haar ein Kristallgitteraufweisen und daß der kristallographische Elementarkörper relativ

klein ist. Brill1 diskutierte am Beispiel des Seidenfibroins die

verschiedenen Strukturmöglichkeiten, die für den Aufbau des

Elementarkörpers in Betracht kommen unter Berücksichtigungder bekannten Hydrolysenresultate. Auf Grund eines Elementar¬

körpergewichtes von 500 — 660 leitet sich aus Symmetriebeziehungeneine maximal zulässige Aggregatgröße von 125 —165 im Elementar¬

körper ab. Es sind damit vereinbar:

1. Dipeptide aus Alanin und Glykokoll oder das zugehörigeAnhydrid.

2. Polymerisationsprodukte dergenannten Peptide und des Anhydrids.3. Polypeptide, die aus Glycyl-alanin abwechselnd aufgebaut sind.

Es würde dann im Elementarkörper von vier Ketten je 1 Glycyl-d-alanin vorhanden sein.

Herzog bevorzugt später den Aufbau aus Glycyl - alanin-

anhydrid-strukturen, da das Röntgendiagramm dieses Anhydridsdem der Seide sehr nahe kommt; es ist aber nicht damit identisch.

Eine weitere Entscheidung über die Bindungsarten liefert das

Röntgendiagramm nicht; es gibt nur Auskunft über die Anordnungvon Atomaggregaten im Gitter.

Eine weitere Stütze finden diese Ansichten in der Fest¬

stellung von Troensegaard und Schmidt1*, daß gewisse Proteine in

manchen Lösungsmitteln in ziemlich kleine Einzelteile zer¬

fallen. Sie geben für Gliadin und Gelatine die Werte von 440

und 350 an. East gleichzeitig haben jB. O. Herzog und M. Kobels

diese Resultate am Seidenfibroin bestätigt; sie verwendeten Resorcin

als Lösungsmittel und geben aus der kryoskopischen BestimmungZahlen an, die zwischen 200 und 370 variieren. Eine Änderungder physikalischen und chemischen Eigenschaften derartig auf¬

geteilter und wieder ausgefällter Proteine konnten weder Troensegaardnoch Herzog beobachten. Es muß also im Eiweißaggregat die

1 A. 484, 204 (1923); 446, 307 (1925).2 H. 183, 116 (1924).3 H. 134, 296 (1924).

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Möglichkeit zu reversibler Aufteilung in kleine Bruchstücke ge¬

geben sein.

Es soll hier noch kurz an eine ähnliche Bestimmung von

C. Paal1 erinnert werden, der schon 1892 ebullioskopisch in

Wasser bei Gelatine ein Molekulargewicht von 900 fand, das

aber gegenüber den sonst bekannten Zahlen von 3000 bis 13000

für einzelne Proteine, die sich entweder auf den Schwefelgehaltoder osmotische und kryoskopische Bestimmungen stützen, nicht

beachtet wurde. Diese letzten Bestimmungen, die, das sei ein¬

schränkend wiederholt, nur an Gerüsteiweißen durchgeführt wurden,

ergaben bei diesen Körpern eine ungefähre obere Grenze für die

Größe der in Lösung beständigen Teilchen.

Wenn nun auch die Art der Verknüpfung dieser Bausteine

im Kristallgitter noch ganz unbestimmt ist, weil über die. Gitter¬

kräfte einfacher organischer Körper selbst kaum etwas Näheres

bekannt ist (bei den Radikalgittern anorganischer Körper lassen

sich im großen ganzen die sogenannten chemischen Kräfte mit

den Gitterkräften identifizieren2), so hat man doch schon versucht,bestimmte chemische Anschauungen über die Struktur der

Bausteine zu entwickeln.

So hat E.Abderhalden3 insbesondere auf Grund von zahlreichen

Untersuchungen geschlossen, daß im Eiweiß 2,5-Dioxo-

piperazinringe oder auch tautomere Formen dieser Anhydridevorgebildet seien. Er nimmt die oben erwähnten Ansichten auf,versteht unter dem Sammelbegriff „Eiweiß" eine Zusammen¬

fassung von untereinander mittels Nebenvalenzen assoziierten

Komplexen und glaubt, daß im wesentlichen gemischte Anhydride,vielleicht kombiniert mit Aminosäuren und darüber hinaus auch

mit Polypeptiden, als die Elementarkomplexe der Proteine auf¬

zufassen sein dürften.

1 B. 25, 1235 (1892).' Vgl. z. B. K. Weißenberg, Z. El. Ch. 31, 530 (1925).3 KatarWissenschaften 12, 716 (1924) und in C. Oppenheimer, Handbuch

der Biochemie, II. Aufl., Bd. 1, S. 596 (1924), Literatur bis Ende 1923; vgl.auch E. Fischer, Proteine I, S. 80.

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Abderhaldens1 Beweisführung für das Vorkommen von Dioxo-

piperazinringen in den Proteinen stützte sich zuerst darauf, daß

bei partieller Hydrolyse von Proteinen mit H2S04 von 70°/0 oder

Salzsäure von 0,5 —1°/0 (bei 160 —180°) in manchen Fällen in sehr

geringer Ausbeute Anhydride aus zwei oder mehr Aminosäuren

erhalten wurden, deren Struktur im einzelnen oft unsicher ist.

Der Schluß aber, daß man auf diese "Weise Dioxopiperazinringeaus dem Eiweiß herausschäle, war nicht mehr gerechtfertigt, als

P. Brigl2 unter gleichen Bedingungen am Glycyl-glyein Ringschlußzum Dioxopiperazin erzwingen konnte.

Damit wurden gleichzeitig die Befunde von W. S. SsadiJcow

und N.D.Zelinskys gegenstandslos, die bei gleicher Abbaumethodeeine größere Auzahl von Dioxopiperazinen isoliert haben wollten

und daraus ohne weitere Unterlagen Eiweißstrukturformeln ab¬

leiteten.

Die Ergebnisse der von Abderhalden und Mitarbeitern* ver¬

gleichsweise an Proteinen, Dioxopiperazinen und Peptiden durch¬

geführten Oxydation mit Permanganat und der Reduktion mit

Natrium und Amylalkohol können auch nicht als eindeutige Belegefür das Vorkommen von Dioxopiperazinen herangezogen werden,gleichfalls nicht die Farbreaktionen5 mit Pikrinsäure nach

T. Sasaki* oder mit m-Dinitroverbindungen und m-Diaminen

nach von Bitte. Die Pikrinsäurereaktion zeigt nur, daß eine be¬

stimmte Affinitätsbeschaffenheit von CO- und CH2-Gruppen not¬

wendig ist, um die Farbreaktion zu geben, und daß diese, wenn

man ganz einfache Stoffe prüft, meist bei »einfachen Dioxo-

1 Vgl. weiter E. Abderhalden und E. Komm, H. 132, 1; 134, 113, 121;139, 147 (1924).

2 B. 56, 1887 (1923).3 Bio. Z. 136, 241 (1923); 147, 30 (1924).4 E.Abderhalden und Mitarbeiter: W.Stix, H. 132, 238 (1924) ; E. Klarmann

und E. Schwab, H. 135, 180 (1924); E. Schwab, H. 139, 68,169 (1924); E. Klar¬

mann und E. Komm, H. 140, 92 (1924); E. Komm, H. 143, 128 (1925);E. Schwab, H. 143, 290 (1925); E. Komm, H. 144, 234 (1925); E. Schwab,H. 148, 254 (1925) und H. Quast, H. 151, 145 (1926) ; vgl. auch P. Brigl und

R. Held, H. 152, 230 (1926).5 E. Abderhalden und E. Komm, H. 139, 147, 181 ; 140, 99 (1924).6 Bio. Z. 114, 63 (1920).

f

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piperazinen und meist nicht bei einfachen Peptiden vorhanden ist.

Da viele Eiweißstoffe die Reaktion geben, ist nur bewiesen, daß

dort CO- oder CH2-Gruppen mit geeigneten Affinitätswerten vor¬

kommen. Es beweist aber nicht, daß es sich um gewöhnliche

Dioxopiperazine handeln muß. Bei der ganzen physikalischenNatur der gewöhnlichen Dioxopiperazine war vielmehr zu erwarten,daß sie als maßgebende Faktoren des Proteinaufbaues nicht in

Betracht kämen1.

S. Goldschmidt und C. Steigerwald2 konnten denn auch mit

ihrer Abbaumethode mittels Hypobromit das Vorkommen von

Dioxopiperazinen im Eiweiß nicht eindeutig nachweisen. Wohl ist

die Einwirkung in ihrem zeitlichen Verlauf bei Dioxopiperazinenund Proteinen gleich und verschieden von der bei Benzoyl-peptiden. Wird aber der Benzoylrest der Peptide durch Kohlen¬

säure ersetzt — P. Brigl und R. Held3 führten die Versuche am

Carbonyl-bis-glycyl-glycin durch — so verläuft auch bei Peptidendie Reaktion zeitlich gleich wie bei Proteinen.

Wenn diese Untersuchungen auch nicht zum Nachweis von

Dioxopiperazinen in Proteinen geführt haben, so ließen sie trotz

alledem noch die Möglichkeit ihres Vorkommens offen. Wald¬

schmidt- Leitz und Schaffner4 haben nun festgestellt, daß 2,5-Dioxo-

piperazine unter physiologischen Bedingungen nicht gespalten

werden, daß sie also nicht wesentlich am Aufbau der proteolytischleicht spaltbaren Eiweißstoffe beteiligt sein könnten. Dagegenziehen diese Forscher besonders auf Grund der Resistenz von

Gerüsteiweiß gegenüber proteolytischen Fermenten die Möglichkeitin Betracht, daß in Skelettsubstanzen solche einfache Anhydrideam Aufbau wesentlich beteiligt seien, und halten es für möglich,so vielleicht anhydridreichere und anhydridärmere Proteine zu

1 Vgl. auch M.Bergmann, Naturwissenschaften 12, 1156 (1924); M. Berg¬mann und Mitarbeiter: A.Miekeley, F. Weinmann, E.Kann, H. 143,115 (1925);A. Miekeley und E. Kann, H. 146, 255 (1925); ferner J. Greenwald, Am. Soc. 47,1443 (1925).

* B. 58, 1346 (1925); dazu E. Abderhalden, B. 58, 1821 (1925).3 H. 152, 230 (1926).4 B. 58, 1356 (1926), Literatur; E. Abderhalden und B. Haas, H. 151,

114 (1926); vgl. auch H. Steudel, J. Ellinghaus und A. Gottschalk, H. 151, 21,198 (1926).

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unterscheiden. Eine Stütze für eine derartige Annahme einer

wesentlichen Beteiligung von Anhydridstrukturen im allgemeinenam Aufbau der Skieroproteine könnte man im Vergleich des

Verhältnisses von 0 zu N in den einzelnen Proteinen, worauf

P. Brigl und R. Held1 aufmerksam gemacht haben, finden.

Neben dem Vorkommen von einfachen Dioxopiperazinen ist

auch das noch anderer Strukturen und Bindungsarten in

den Proteinen diskutiert und experimentell behandelt worden.

Abbauversuche an Proteinen, die zu diesem Zweck im Gegensatzzu den auch oben angewandten hydrolytischen Methoden unter

"Wasserausschluß vorgenommen wurden, haben noch zu keinen

bestimmten Resultaten geführt; ich erinnere an die Arbeiten

Troensegaards^ im Anschluß an seine Hypothese des Eiwei߬

aufbaues aus Pyrrolringen, die Phtalsäureanhydridschmelze von

P. Brigl und E. KlenJc3 und die neuerlichen Versuche der Druck-

alkoholyse von C. Gränaeher4.

Auf Grund von synthetischen Versuchen hat M. Bergmann9die Möglichkeit noch anderer, labiler Strukturen im Eiweiß zur

Diskussion gestellt, wie Oxazolinen und O-Acylaten bei Oxyamino-säuren, deren Empfindlichkeit gegen Säure und Alkali ein Bild

vom Wesen der Umwandlungen geben könnte, die unter ähnlichen

Bedingungen bei Proteinen vor sich gehen. In ähnlicher Weise

hat später Karrer6 Imidazolone, Oxazole und Metoxazine er¬

halten, die sich ebenfalls durch ihre Labilität auszeichnen. Die

Existenz von desmotropen Dioxopiperazinen haben Bergmann'1

1 H. 152, 235 (1926).2 Loc. cit.

s H. 181, 66 (1923).4 Helv. 8, 784 (1925).B M. Bergmann und Mitarbeiter: E. Brand, B. 56, 1280 (1923); E. Brand

und F. Weinmann, H. 131, 1 (1923) und A. Miekeley, fl. 140, 128 (1924). .

6 P. Karrer und Mitarbeiter: 0. Gränaeher, Helv. 1,763(1924); E.Miyamichi,H. Storm und jß. Widmer, Helv. 8, 205; R. Widmer, Helv. 8, 203; ferner

C. Gränaeher, Helv. 8. 911, 865; C. Gränaeher, V. Schelling und E. Schlatter,Helv. 8, 873 (1925).

' M. Bergmann und Mitarbeiter: A. Miekeley,B.. 140,128(1924);AMiekeley,F. Weinmann, E. Kann, H. 143,108 (1925); A. Miekeley und E. Kann, H. 146,247 (1925); A. 445, 17 (1925).

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und Mitarbeiter an verschiedenen Beispielen erwiesen. Auch meine

Arbeit wird dazu einen Beitrag liefern. Diese Isomeren sind ver¬

hältnismäßig beständig. In einigen anderen Fällen glaubt Abder¬

halden1 ebenfalls desmotrope Dioxopiperazine wahrscheinlich

gemacht zu haben. Doch sind seine Stoffe meist so unbeständig,daß sie fast immer nur mit großen Mengen gewöhnlicher Dioxo¬

piperazine vermischt erhalten wurden und infolge Umlagerungbald gänzlich aus den Gremischen verschwanden. Eine Verknüpfungvon Peptidketten durch Harnstoffreste in den Proteinen wird

schließlich von BrigP wieder in Betracht gezogen.

Diese ganzen Untersuchungen über stabile und labile Strukturen

in den Eiweißbausteinen berühren aber nicht die Frage nach dem

allgemeinen Aufbauprinzip der Proteine. Röntgendiagramme und

die angeführten Molekulargewichtsbestimmungen weisen in manchen

Fällen auf einen kristallgitterartigen Aufbau aus kleineren Teilen hin.

Einen Gitterbau zeigen auch die komplexen Kohlenhydrate;für sie sind am Beispiel der Cellulose zwei wesentlich verschiedene

Theorien über die Art der Bausteine und ihre gegenseitige Ver¬

knüpfung entwickelt worden: Die der Assoziation und die der

Polymerisation. Heß3 als Vertreter der einen nimmt an, daß die

Cellulose aus strukturchemisch selbständigen Glukoseanhydrid¬molekülen bestehe, die zur Assoziation neigen, während H. Prings-heim4 als entschiedenster Vertreter der anderen der Meinung ist,daß die komplexen Polysaccharide Assoziate von polymeren

Elementarkörpern seien. Dabei ist unter Assoziation eine Molekül¬

vergrößerung ohne Änderung der chemischen Eigenschaften, unter

Polymerisation eine Verbindung von Molekülen durch Neben¬

valenzen in unbekannter Weise verstanden. Die Anschauungenanderer Forscher, wie Karrer5, Vieweg, Heuser unterscheiden sich

nur in einigen Punkten etwas von den obigen.

1 E. Abderhalden und E. Schwab, H. 149, 100, 298 (1925); H. 152, 88;153, 83, 88 (1926): E. Abderhalden und F. Gebelein, H. 152, 125 (1926).

2 P. Brigl und B. Held, H. 152, 230 (1926).3 Vgl. z. B. K. Heß, W. Weltzien und E. Meßmer, A. 435, 1 (1924),

Literatur; K. Heß, Z. El. Ch. 31, 316 (1925).4 Naturwissenschaften 12, 360 (1924); 13, 1084 (1925).5 Vgl. z. B. Einführung in die Chemie der polymeren Kohlenhydrate (1925).

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Staudinger1 vertritt dagegen die Ansicht, daß sich der Vorgangder Polymerisation durch die Annahme von Hauptvalenzbindungenausreichend erklären lasse; aus den Grundmolekeln soll durch

chemische Bindung die Makromolekel entstehen, die erst nach

chemischer Veränderung wieder molekular dispergiert werden

kann ; die Vorgänge sind dabei nicht reversibel, die Makromolekel

entsteht aus der molekulardispersen Verbindung erst wieder durch

neue Synthese.

Staudinger bleibt also vollkommen auf dem Boden der

klassischen organischen Strukturlehre steheu und nimmt an, daß

die hochmolekularen Naturstoffe wirklich aus sehr umfangreichenEinzelmolekülen erster Ordnung bestehen. Naturgemäß bleibt die

Staudingersähe Auffassung die Erklärung dafür schuldig, daß man

z. B. gewisse Proteine schon durch Auflösen in kleine Bruchstücke

spalten kann.

Eine bessere Lösung scheint mir hier die Auffassung von

Bergmann und Mitarbeitern zu bieten,. die diese JForscher auf

Grrund ihrer Untersuchungen am Lichosan2 als Vertreter der

komplexen Kohlenhydrate und an Methylen -dioxopiperazinen3als peptidähulichen Stoffen entwickelt haben. Auf die Versuche

an diesen letzten Verbindungen soll hier näher eingegangen werden.

Bergmann, Miekeley uud Kann haben nämlich in dem

von ihnen aus einfachen Aminosäuren synthetisch aufgebauten

Methylen-dioxopiperazin (46) und Methylen-methyl-dioxo-piperazin (50) Materialien gefunden, die sich leicht in isomere,schwerlösliche Formen überführen lassen, welche einen durchaus

hochmolekularen eiweißähnlichen Eindruck machen: Sie sind, wie

schon erwähnt, in Wasser und fast allen organischen Lösungs¬mitteln außerordentlich schwer löslich, geben also wie die Eiwei߬

stoffe keine molekulardispergierenden Lösungen mehr. Von Phenolen

dagegen werden sie, genau wie viele Proteine, in ganz kleine

1 ß. 53, 1073 (1920); H. Staudinger und A. Meiner, Helv. 7, 23 (1924);H. Staudinger und M. Lüthy, Helv. 8, 41, 165 (1925); H. Staudinger, Helv. 8,67, 306, besonders S. 330ff. (1925); H. Staudinger und H. A. Bruson, A. 447,97, 110 (1926).

2 M Bergmann und E. Knehe, A. 448, 76 (1926); vgl. auch A. 445,1 (1925).8 Loc. cit.

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Bruchstücke zerlegt. Sie besitzen eine erhebliche Affinität zu

Gerb- und Farbstoffen; besonders wichtig ist nun, daß sich hat

beweisen lassen, daß die Einzelteilchen CäH802N2 und CeH802N2beim Übergang aus der normalen Dioxopiperazinform in die Iso¬

form eine prinzipielle Veränderung ihrer Selbständigkeit erfahren

haben.

Die Verhältnisse seien am Methylen - methyl - dioxo - piperazin (50)näher besprochen:

CH,OH

(45)

I

CO—NH—CH

I I

CH2—NH2 COOH

Glycyl - serin

(49)

CO—NH—CH

CH—NH, COOH

CH3

(46)

CH2II

CO—NH—C

I I

CH2—NH—CO

Methylen - dioxopiperazin

(50)

Alanyl- serin

CH,II

CO—NH—C

I ICH—NH—CO

I

CR,

y

(47) (C6H602N2)xIso - methylen - dioxopiperazin

(48) C10H1606N4C12Tetrapeptid

Methylen - methyl - dioxopiperazin

(51) (C6H802N2)xIso - methylen - methyl - dioxopiperazin

(52) (C12H2206N4C12

Tetrapeptid.

Das Methylen-methyl-dioxopiperazin löst sich in siedendem

Phenol monomolekular, die Isoform gibt bei kryoskopischer Be¬

stimmung in Phenol1 auch monomokulare, bei ebullioskopischer

1 M. Bergmann und F. StatAer, A. 448, 32 (1926).

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Bestimmung in Phenol dimolekulare Werte. Beide Verbindungenlassen sich durch katalytische Hydrierung in dasselbe Alanin-

anhydrid überführen. Sie geben aber beim Acetylieren voneinander

verschiedene, in Bisessig monomolekulare Diacetate.

Diese Befunde würden die Annahme einer einfachen Isomeri-

sierung von (50) nach (51) erlauben. Dagegen spricht das Ergebnisder Säurespaltung von (51), bei der Derivate isoliert werden

konnten, die aus vier Aminosäuren aufgebaut sind und deshalb

als Tetrapeptide bezeichnet werden. Ihre Strukturaufklärung steht

noch aus, ist aber für das wesentliche Problem nicht maßgebend.Schließt man die Möglichkeit sekundärer Bildung dieser Produkte

aus, und das darf man, da bisher noch kein Fall einer Vereinigungvon Aminosäuren in salzsaurer Lösung bei 100° bekannt ist, so

schlägt man aus den Piperaziuen (C5H602N2)x und (CgH8N202)xmit Salzsäure doppelt so große Stücke heraus wie bei der

Hydrierung oder Acetylierung.Wenn man nach der Assoziationstheorie bei diesen Verbindungen

selbständige Moleküle im Kristall annähme, von der hier in

Phenol gefundenen Größe C5He02N2 und CeH802N2, so wäre

damit das Auftreten eines Tetrapeptides vom doppelten Molekular¬

gewicht bei der Hydrolyse nicht in Einklang zu bringen.Faßt man andererseits diese Verbindungen als Polymerisate

auf, zustande gekommen durch Neben- oder Hauptvalenzbindungen,so müßte man, ausgehend vom Tetrapeptid, im ursprünglichenKristall Aggregate von mindestens der gleichen Größe, also Ketten

von 4 Aminosäuren annehmen, gleich wie man z. B. bei Kohle¬

hydraten aus der Größe der Spaltstücke auf die der Elementar¬

körper geschlossen hat. Gegen eine solche Interpretation sprichtder Zerteilungsgrad der Isoformen in Phenol und das Ergebnisder katalytischen Hydrierung, einer sehr milden Methode, bei der

Umlagerungen nicht anzunehmen sind.

Die ganzen Erscheinungen zeigen an einem einfachen Modell

deutlich, daß man bei festen Stoffen nicht mehr von selbständigenMolekülen, von einem bestimmten Molekülumfang sprechen kann.

Selbständige Moleküle existieren nur bei Gasen und in einem

gewissen Sinne in Lösung. In den Kristallen hat man es nur mit

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Atomaggregaten von der Größenordnung der Moleküle zu tun,die durch die Gitterkräfte zusammengehalten werden, deren Festig¬keit gegenüber der zerteilenden Wirkung von verschiedenen Lösungs¬mitteln verschieden ist und damit wesentlich das Verhalten der

einzelnen Stoffe bestimmt. Beim einen Kristall werden die Gitter¬

kräfte leicht, beim anderen schwer gelöst; beim einen sind selb¬

ständige Moleküle im Gaszustand bekannt, beim anderen nicht.

Körper, die diese Eigenschaften besitzen, sich nicht im Dampf¬zustand oder in Lösung aufteilen zu lassen, bezeichnet man als

hochmolekular. Karrer führt für diese Anschauung an, daß die

meisten Metalle nach ihrem kolloidalen Verhalten in wäßriger

Lösung als hochmolekular bezeichnet werden müßten, falls nicht

bekannt wäre, daß sie sich durch Verdampfen atomar zerteilen

lassen. Es besteht somit ein gradueller, nicht ein prinzipiellerUnterschied zwischen einem Naphtalinkristall, diesen Dioxopiperazin-derivaten und z. B. der Cellulose. Beim Naphtalin reagiert bei

reversiblen chemischen Prozessen, und dazu ist auch die Solvat-

bildung beim Lösen einer Substanz zu rechnen, immer das einzelne

Molekül, bei den Methylen-dioxopiperazinen in einzelnen Fällen,bei der Cellulose nur der Kristallverband (Nitrocellulose usw.).

Man wird deshalb streng genommen die Isoformen nicht als

hochmolekular bezeichnen können, da sie sich ja molekular di-

spergieren lassen, sondern besser von ihrem übermolekularen Zustand

sprechen, dabei aber im Auge behalten, daß zwischen diesem ver¬

schiedenen Verhalten gegenüber Lösungsmitteln nur ein graduellerUnterschied besteht.

Das Beispiel der Methylen -dioxopiperazine zeigt auch klar,daß ein Rückschluß aus den Spaltprodukten auf die Art der An¬

ordnung der Bausteine im festen Körper nicht ohne weiteres

erlaubt ist, sofern der Körper, der einem chemischen Abbau unter¬

worfen wird, sich im angewandten Agens nicht von vornherein

molekular löst, eine Bedingung, die von den sogenannten hoch¬

molekularen Körpern nicht erfüllt wird.

In ihrem übermolekularen Verhalten sind, wie erwähnt, die

Iso-dioxopiperazine den natürlichen Proteinen, wie Gelatine,Seidenfibroin, Gliadin an die Seite zu stellen, in bezug auf die

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Unlöslichkeit in Wasser, auf die weitgehende Dispergierung in

Phenol, die Bildung von Polypeptiden bei saurer Hydrolyse. Nur

hängen bei den Kunstprodukten die Eigenschaften des über¬

molekularen Zustandes aufs engste mit der Methylengruppe

zusammen, während bei den Proteinen andere Gruppen diese

stabilisierende "Wirkung haben dürften. Es ist aber in diesem

Zusammenhange immerhin erwähnenswert, daß es Troensegaard1in einigen Versuchen gelungen ist, Gliadin in verdünnt alkoholischer

Lösung katalytisch mit Palladium und Wasserstoff zu hydrieren,wobei auf 1 Atom N ungefähr 2 Atome H aufgenommen wurden,

so daß man auch bei nativem Eiweiß mit der Möglichkeit des

Vorkommens von Lückenbindungen, vielleicht in ähnlicher Art

wie bei diesen Methylen-dioxopiperazinen, rechnen darf.

B. Eigene Untersuchungen.

Auf anderem Wege bin ich von demselben Glycyl- und Alanyl-serin ausgehend wie Bergmann, Mieheley und Kann zu neuen

Formen von übermolekularen, proteinähnlichen Stoffen vom

Piperazintypus gelangt. Ich habe diese Dipeptide zuerst unter

Abspaltung von 1 Molekül Wasser in die lange bekannten Dioxo-

piperazine übergeführt, die dann mit Essigsäureanhydrid und

Natriumacetat behandelt wurden. Dabei wird nochmals 1 Molekül

Wasser abgespalten. Die so bereiteten übermolekularen Anhydridesind isomer mit den Iso-methylen-dioxopiperazinen, unterscheiden

sich aber in ihrem chemischen Verhalten scharf von ihnen; sie

werden deshalb vorerst als Allo-methylen-dioxopiperazinebezeichnet.

Die Eigenschaften der Alloanhydride zwingen wie die der

Isoformen zur Annahme eines Aufbaues aus Atomaggregaten mit

verfestigten Gitterkräften. Sie finden wie jene keine genügende

Erklärung in den Theorien der Assoziation oder Polymerisation.Diese Iso- und AlloVerbindungen erlauben weiter ein Studium der

1 H. 134, 108 (1924).

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Isomerieverhältnisse bei hochmolekularen Stoffen am übersichtlichen

Modell1.

Ich beschreibe hier die beiden übermolekularen Körper

(CgHgOoN^x, das Alio - 3 - methylen - 2, 5 - dioxo - piperazin aus Glycyl-serin-anhydrid und (C6H802N2)x, das Alio-3-methylen-6-methyl-

2,5-dioxo-piperazin aus Alanyl-serin-anhydrid und beginne mit

dem Nachweis ihrer übermolekularen Natur.

Als Charakteristikum für den übermolekularen Zustand der

Iso-anhydride hat sich ihr mit dem Medium variierender Zerteilungs-

grad erwiesen. Auf der einen Seite ergeben die Lösung in

schmelzendem Phenol2, die Hydrierung und Acetylierung Aggregatevon der Größe C5He02N2 und C6Hg02N2, auf der anderen die

Säurespaltung doppelt so große Tetrapeptide. Dieselben Er¬

scheinungen bei den Allo-anhydriden : Teilchen von der Größe

CBH602N2 und 06H8O2N2 in Resorcinlösung, doppelt so große

Tetrapeptide bei der Hydrolyse, berechtigen dazu, auch sie als

übermolekular zu bezeichnen.

Man darf die Bildung der Tetrapeptide als ein Kriterium zum

Nachweis des übermolekularen Zustandes verwenden, denn sie

hängt aufs engste damit und nicht mit den Aufbaukomponentenan sich zusammen. Weder die isomeren Methylen - dioxopiperazine,die dieselben Komponenten enthalten wie die Iso- und Alloformen,noch das um 1 Molekül Wasser reichere Glycyl-serin-anhydridgeben bei der gleichen Behandlung mit Salzsäure Tetrapeptide;bei den ersteren haben Bergmann, Mielceley und Kann3 Brenz-

traubensäure neben Glykokoll oder Alanin isoliert, beim Glycyl-serin-anhydrid habe ich nur Glykokoll und Serin nachweisen können.

Die aus den Allo-anhydriden gewonnenen Tetrapeptide haben

sich als identisch mit den aus den Iso-anhydriden dargestelltenerwiesen. Alio- und Isoformen unterscheiden sich hierbei nur

durch die verschiedene Spaltungsgeschwindigkeit, die unter gleichen

Bedingungen bei den ersteren größer ist. Zum Nachweis der

Identität der aus den beiden Anhydridformen hergestellten Tetra-

1 Vgl. auch H. Staudinger und H. A. Bruson, A. 447, 110 (1926).2 In siedendem Phenol war (C6H802N2)2 gefunden worden.

3 H. 146, 247 (1925).

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peptide habe ich jeweils die freien Hydrochloride und ihre Methyl¬ester hergestellt, beim Tetrapeptid aus Iso- und Allo-methylen-

dioxopiperazin auch noch die freien Methylester; sie lassen sich

aus dem Hydrochlorid durch Behandeln mit Natriummethylat nach

E. Fischer1 leicht rein gewinnen und zeigen im Gegensatz zu den

anderen DeriTaten einen scharfen Schmelzpunkt, der eine leichte

Identifizierung erlaubt.

Am Tetrapeptid aus Allo-methylen-methyl-dioxopiperazinstellen meine Versuche die früheren, nicht eindeutigen Befunde

dahin sicher, daß diese Verbindung 1 Mol Wasser mehr enthält als

das methylärmere Homologe.Die Bezeichnung „Tetrapeptid" (vgl. S. 45) soll nur andeuten,

daß die erhaltenen Verbindungen aus 4 Aminosäuren zusammen¬

gesetzt sind. Daß das Molekül nicht kleiner sein kann, zeigt die

ungerade Anzahl der 0-Atome des aus Iso- und Allo-methylen-

dioxopiperazin gewonnenen Körpers C10H14O5N4, 2 HCl. Zudem

enthält der Methylester nur ein Methoxyl, das freie Tetrapeptid-hydrochlorid somit nur eine Carboxylgruppe. Mit Polypeptidenim gewöhnlichen Sinne hat man es aber sicher nicht zu tun. Die

Formel C10HuO5N4 berechnet sich zwar aus

2 Mol 06H602N2 ,

2 Mo1 SeriQ

+ imoih2ooder +2MolG1ycin

— 5 Mol Wasser

Da bei der letzten Formulierung 2 Moleküle Wasser aus den Oxy-

gruppen des Serinrestes stammen dürften, könnten die restlichen

3 Moleküle bei der Verknüpfung der 4 Aminosäuren abgespaltensein, und damit wäre eine einfache amidartige Verkettung ver¬

einbar. Dagegen spricht der Befund, daß beim Hydrochloriddie beiden Chloratome sich mit Natriummethylat in der Kälte

glatt entfernen lassen, also ionogen gebunden sind. Es müssen

somit zwei freie Aminogruppeu vorhanden sein. Eine Doppel¬bindung läßt sich mit Brom nicht nachweisen.

Allo-methylen-dioxopiperazin und Alio -methylen- methyl -

dioxopiperazin führen bei der Hydrolyse zu den gleichen Produkten

1 E. Fischer, B. 89, 453, und zwar 470 (1906).Enßlin. 4

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wie die Isoformen, verhalten sich aber im übrigen ganz anders

wie jene. Sie werden bei der Darstellung als nicht deutlich

kristalline, in Wasser kaum lösliche Pulver erhalten, lassen sich

leicht aus Lauge und Säure oder aus Resorcin umlösen und

zeigen dann wie die Iso-anhydride gut ausgebildete Kristalle, die,im Gegensatz zu jenen immer schwach gelblich gefärbten Ver¬

bindungen, farblos sind. Die Alio- unterscheiden sich weiter von

den Isoformen durch die Natur ihrer Natriumsalze, den Wider¬

stand, den sie der Acetylierung und katalytischen Hydrierung

entgegensetzen, und ihre bedeutend geringere Löslichkeit in

siedendem Phenol.

Während sich die Iso-anhydride leicht mit tiefgelber Farbe in

Natronlauge lösen, gehen die Allo-anhydride schwer und nur mit

einem erheblichen Überschuß an Lauge (mehr als 2 Mol NaOH

auf 1 Mol Anhydrid) in Lösung, ohne irgendwelche Färbung.Kristallisierte Natriumverbindungen, die den tiefgelben Dinatrium-

salzen der Isoanbydride entsprechen würden, haben sich bis jetztnicht herstellen lassen.

Eine Acetylierung der Allo-anhydride, sei es durch direktes

Behandeln mit Essigsäureanhydrid oder über Natriumverbindungen,hat sich bisher uicht durchführen lassen und ist auf Grund der

Darstellungsweise auch kaum zu erwarten. Währeud die kataly-tische Hydrierung beim Iso-methylen-methyl-dioxopiperazin sehr

rasch vor sich geht, habe ich bei keinem der untersuchten Allo-

anhydride eine Wasserstoffaufuahme in Gegenwart von Palladium¬

mohr beobachten können.

Nach den Untersuchungen von Bergmann und Stather1 lösen

sich die Iso-anhydride genügend in schmelzendem Phenol, so daß

eine kryoskopische Bestimmung der Teilchengröße nach Beckmann

möglich ist. Bei den Allo-anhydriden erlaubt erst die Verwendungvon Resorcin2 eine derartige Bestimmung, und auch dann nur bei

geringen Konzentrationen. In beiden Fällen erhält man dieselben

Werte, die auf Molekularteile C5H402N2 und C8H802N2 hinweisen.

Diese niederen Zahlen für die Teilchengröße sind zusammen mit

1 A. 448, 32 (1926).2 Vgl. B. 0. Herzog und M. Kobel, H. 184, 296 (1924).

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der Bildung der Tetrapeptide ausschlaggebend für die Feststellung

des übermolekularen Zustandes der Alio-anhydride. Ich habe

mich deshalb vergewissert, daß bei der Einwirkung des Resorcins,selbst bei höherer Temperatur und längerer Erhitzungsdauer als

bei den kryoskopischen Bestimmungen, die Alio-anhydride keines¬

falls weitergehend zersetzt werden. Die aus E-esorcin wieder¬

gewonnenen Verbindungen verhalten sich gleich wie die nicht

vorbehandelten Anhydride und liefern bei der Salzsäurehydrolysedie gleichen Tetrapeptide wie jene.

Nach neueren Versuchen von Bergmann, Miekeley und Kann1

gelangt man auch durch Behandeln des Methylen-dioxopiperazinsmit wenig Essigsäureanhydrid und Natriumacetat zum Allo-

anhydrid (C5H602N2)x. Aus einem und demselben Methylen-

dioxopiperazin bilden sich Iso-und Alloformen, also übermolekulare

Stoffe von ganz verschiedenem Verhalten, je nachdem man die

Umlagerung zu diesen Körpern in alkalischem oder saurem Medium

vornimmt. Ich veranschauliche die Zusammenhänge für das

Beispiel des Glycyl-serins durch die folgende Übersicht:

CH„OH Cfl„OH

00—NH—CH

I I

CH2-NH2 COOH

Glycyl - serin

- 2 H20 1 CH2y II

CO—NH—(

-H20CH NH—CH

I I

CH2—NH—CO

Glycyl- serin - anhydrid

Essigsäureanhydrid + Natriumacetat

Essigsäure-

CH,—NH CO anhydrid +

Natrium-

3 - Methylen - 2,5 - dioxopiperazin aoetat

j Alkali, dann Säure ,

y TT

(C5H602N2)x (C6Hfl02N3)xIso - 3 - methylen - 2,5 - dioxopiperazin Alio - 3 - methylen - 2,5 - dioxopiperazin

(53)

Tetr&peptid C^R^O^Cl,,

1 Unveröffentlicht.

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Nach diesem Reaktionsverlauf liegt es nahe, zu vermuten, daß

die Bildung der Alloformen ganz allgemein, also auch bei der

direkten Darstellung aus Glycyl- und Alanyl-serin-anhydrid über

die Methylen-dioxopiperazine führt. Man muß annehmen, daß die

leichte Wasserabspaltung an diesen Anhydriden an der Oxygruppedes Serins, am außerhalb des Ringes liegenden ß- Kohlenstoffatom

eintritt unter Bildung eben dieser Methylen-dioxopiperazine. Denn

Bergmann und Stather1 haben erst neuerdings gezeigt, daß die

S-S-Briicke beim Di-alanyl-cystin-anhydrid sehr leicht mit Alkali

gespalten wird, leichter als beim entsprechenden Peptid; Bergmannund Stern11 haben ferner nachgewiesen, daß auch nicht hydroxyl-oder schwefelhaltige Aminosäuren unter geeigneten Umständen

leicht in a-/?-ungesättigte Aminosäuren oder ihre Tautomeren

übergehen können. In allen Fällen werden durch den Ringschlußzum Dioxopiperazin oder Oxazolidon die Affinitätsverhältnisse am

außerhalb liegenden /?-Kohlenstoffatom stark im Sinne einer

Lockerung der Bindung von Substituenten beeinflußt, eine Er¬

scheinung, die man bisher kaum beobachtete, da man Dioxo-

piperazinringe weitgehend mit einer einfachen Verdoppelung der

Peptidbindung identifizierte.

Die primär entstehenden Methylen-dioxopiperazine können sich

unter den gegebenen Bedingungen, wie oben für das Beispiel des

Methylen-dioxopiperazins auseinandergesetzt wurde, zu den Allo¬

formen umlagern. Die Zwischenprodukte selbst wurden bei den

Glycyl- und Alanyl-serin-anhydriden noch nicht gefaßt, sie lassen

sich aber nach gewissen Beobachtungen an den unten erwähnten

Serin-anhydriden dort anscheinend isolieren, so daß der an¬

genommene Reaktion sverlauf zutreffen dürfte.

Bei der theoretischen Behandlung der Kohlenhydrate hat man

häufig die Frage aufgeworfen, ob aus einem und demselben Aufbau¬

element lediglich durch verschiedene Aggregationsweise, also ohne

strukturell chemische Veränderung der Bauelemente, größere

Aggregate von verschiedenen kolloidchemischen und chemischen

Eigenschaften und von verschiedenem Aggregatumfaug hervor-

1 H. 152, 189 (1926); A. 418, 32 (1926).8 A. 118, 20 (1926).

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gehen können. Ich erinnere an den Vergleich von Cellulose und

Lichenin1, von Glykogen mit Amylopektin2, den Vergleich der

verchiedenen Amylosen3. Es scheint mir aber durchaus fraglich,ob man aus ein und demselben molekularen Bauelement lediglichdurch Variation der Aggregationszahl mehrere verschiedene che¬

mische Stoffe entstanden denken darf, ohne daß zugleich die

innere Struktur der molekularen Bausteine in Mitleidenschaft

gezogen ist. Es muß auf jeden Fall betont werden, daß ein der¬

artiges Experiment bisher nie gelungen ist4; und wenn z. B. für

Cellulose und Lichenin gleiche Struktur der Bausteine angenommen

wird, so schwebt eine solche Annahme vorerst vollkommen in der

Luft, weil uns bis jetzt jedes Mittel fehlt, die feinere Struktur

des Bausteines zu ermitteln, also seine Identität oder Ver¬

schiedenheit zu beweisen.

Viel näher liegt jedenfalls die Annahme, daß Aggregationgradund innere Struktur des Bausteines sich gegenseitig bedingen, daß

also mit jeder Veränderung des Aggregationsgrades auch die innere

Struktur bzw. die Affinitätsverhältnisse des Bausteines in Mit¬

leidenschaft gezogen und verändert werden.

Da klares, experimentelles Material für derartige Anschauungenschwer beizubringen ist, scheint mir das Verhalten meiner Allo-

piperazine und ihr Verhältnis zu den Iso-piperazinen im Hinblick

auf ihren engen genetischen Zusammenhang besonders bemerkens¬

wert. Die Verschiedenheit dieser beiden Formen besteht auch

nach der Zerteilung in die kleinsten Teilchen C8H602N2 und

C6H8OaN2 durch Lösen in Phenolen bei den aus der Lösung zurück¬

gewonnenen übermolekularen Verbindungen fort. Man wird diese

Verschiedenheit in der chemisch festlegbaren Struktur dieser

kleinsten Teilchen suchen müssen, wenn wir auch heute noch nicht

imstande sind, uns ein klares Bild von der feineren Verteilungihrer Valenzfelder zu machen. Verschiedener Aggregationsgrad

1 Vgl. z. B. P. Karrer, Z. Ang. 37, 1003 (1924).2 Vgl. z. ß. H. Pringsheim, Die Polysaccharide u. a., S. 214 (1923).8 Vgl. z. B. P. Karrer, Polymere Kohlenhydrate^ S. 70ff. (1925).4 Vgl. z. B. Lichenin-Lichosan: H. Pringsheim, W. Knoll und E.Kasten,

B. 58, 2135 (1925); H. Pringsheim, Naturwissenschaften 13, 1084 (1925),Literatur; dazu M. Bergmann und E. Knehe, A. 448, 76 (1926).

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kann hier nicht der Grund für das chemisch verschiedene Verhalten

sein. Es ist weiter bemerkenswert, daß von so einfachen Verbindungen

C5H602N2 und 06H8O2N2 drei Isomere beständig sind.

Ich glaube mit diesen Versuchen einen Beitrag zur Klärungder oben aufgeworfenen Frage gegeben zu haben.

Es wäre nun denkbar, daß die Asymmetrie dieser Iso- und

Allô-anhydride, der Aufbau aus zwei verschiedenen Aminosäuren,einen wesentlichen Einfluß auf die Bildung der hochmolekularen

Verbindungen hätte. Ich habe mich deshalb am Beispiel des

symmetrischen dl-Seryl-dl-serin-anhydrids davon überzeugt, daß

auch hier hochmolekulare Stoffe entstehen. Ihre Untersuchungist aber wegen der schweren Zugänglichkeit des Materials noch

nicht abgeschlossen.Im Zusammenhang mit der wichtigen Funktion der Methylen¬

gruppe bei der Bildung der übermolekularen Anhydride darf noch

ein Versuch Erwähnung finden. Bergmann, Miékeley und Kann1

haben auf die formale Ähnlichkeit ihrer Methylen-dioxopipe-razine (54) mit den von 8asa'ki'i beschriebenen Aryliden - dioxo -

piperazinen (55) aufmerksam gemacht:

CH2 CHAr

II IICO—C CO—c

/ \ / \

(54) NH NH (55) NH. NH

\ / \ /

OH—CO C CO

I IIK, CHAr

Ihre Versuche zur Darstellung der Methylen-dioxopiperazine nach

der Methode von Sasaki durch Erhitzen von Paraformaldehyd und

Dioxopiperazin mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat führten

aber nur zum Diacetat des schon bekannten N, N'-Dimethylol-

dioxopiperazins (S. 19):CO--CH2

/ \

(56) CHsCOOCH2N NCH2OOCCH.\ /

,253

, (1925).

CH2--CO

l H. 146

2 B. 54, 163, 168, 2056 (1921).

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Die Verschiedenheit schien noch weiter zu gehen. Die Methylen-

dioxopiperazine lassen sich leicht in Brenztraubensäure, Glykokollund Ammoniak spalten; Sasaki hat seine Körper nur einer

reduktiven Spaltung unterworfen und auf diesem Wege in sehr

guter Ausbeute Phenylalanin erhalten, eine Bildung von Keto-

säuren aber nicht festgestellt.Es fragte sich nun, ob nicht doch zwischen beiden Ver¬

bindungsarten eine weitergehende Übereinstimmung gegenüberchemischen Einwirkungen bestehe. Ich habe zu dieser Unter¬

suchung wegen der leichten Zugänglichkeit das Dibenzal-dioxo¬

piperazin gewählt. Wie zu erwarten war, löst sich dieser Körpermit tiefgelber Farbe recht leicht in n-Natronlauge unter Zusatz

von etwas Aceton, läßt sich aber unverändert wieder ausfällen,im Gegensatz zu Methylen-dioxopiperazin, das sich bei dieser

Behandlung in die übermolekulare Isoform umlagert.Man könnte dagegen einwenden, das Dibenzal-dioxopiperazin

sei selbst schon hochmolekular; dem widersprechen seine weiteren

Eigenschaften, der scharfe Schmelzpunkt und vor allem das Er¬

gebnis der Spaltung mit Salzsäure. Sie führt, genau wie beim

Methylen-dioxopiperazin zur entsprechenden Ketosäure, hier zur

Phenyl-brenztraubensäure und Ammoniak; sie erfolgt nur be¬

deutend langsamer und war selbst bei 13 stündiger Einwirkungvon Eisessig-Salzsäure noch nicht vollständig. Die Ausbeute an

Ketosäure ist recht gut.Die Neigung zur Komplexbildung ist also durch die Sub¬

stitution der Phenylreste vollkommen verschwunden, eine Er¬

scheinung, die der Erfahrung entspricht, daß durch Substitution

von Phenylresten die Fähigkeit zur Polymerisation abnimmt.

Dieser Vorgang zeigt wieder, daß die Bildung der übermolekularen

Anhydride aufs engste mit der Methylengruppe zusammenhängt.

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Experimenteller Teil.

I. Aldehyd -Aminosäure -Verbindungen.

1. Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll.

Triformal-glycin-kupfer:

[(OH2)302:N.CH2.OOÜ)]2Ou.

3 g Glykokoll-kupfer werden mit 20 ccm Formalinlösung von

30°/0 15 Stunden auf 50 — 52° erwärmt, dann die reichlich (3,75 g)

abgeschiedenen, tiefblauen Kristalle abgesaugt, mit wenig eiskaltem

Formaldehyd gewaschen, unter 500 Atmosphären Druck zwischen

Papier abgepreßt und bei 20° und 12 mm über Phosphorpentoxydauf konstantes Gewicht gebracht. Bei 78° und 0,5 mm tritt dann

kein bemerkenswerter Gewichtsverlust mehr ein.

0,1351 g Substanz, 0,1657 g C02, 0,0585 g H20.

5,984 mg Substanz, 0,423 ccm N (20°, 750 mm, 50% KOH).

0,3071 g Substanz, 0,0698 g OuO.

Zur Formaldehydbestimmung wurden bei diesem und den folgendenVersuchen ca. 0,2 g Substanz mit 20 ccm Phosphorsäure von

25°/o unter ständigem Wasserzufluß destilliert, so lange Form¬

aldehyd überging, und dieser im Destillat mit Jod und Alkali

bestimmt1.

0,2788 g Substanz brauchen 90,55 ccm n /10 Jodlösung.

O10H16O8N2Cu. Ber.: 0 33,73 H 4,53 N 7,88 Cu 17,87 CH20 50,6%.(355,72) Gef-. 0 33,45 H 4,85 N 8,13 Cu 18,16 0H20 48,75%-

1 Romjin, Z. f. analyt. Chem. 36, 19 (1897).

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*

Da das Kupfersalz nicht umkristallisiert ist, können die

gefundenen Werte als recht befriedigend angesehen werden. Die

kleinen Abweichungen von der Theorie (sie ist für eine Aufnahme

Ton 6 Molekülen Aldehyd bei Austritt von 2 Wassermolekülen

berechnet) erklären sich durch etwas zu niedrigen Aldehydgehalt.

Angebliches Oxytrimethylen-glycin-kupfer1:

1,15 g Glykokoll-kupfer werden mit 3 ccm Formalinlösungvon 35°/0, die auf 55° vorgewärmt ist, 24 Stunden auf 50— 51°

erhitzt. Die erstarrte Kristallmasse wird mit 2,5 ccm Formalin

aufs Filter gebracht, mit 3 X 2,5 ccm Formalin und 4 X 2,5 ccm

Methylalkohol ausgewaschen und bei 20° und 12mmüberPhophor-

pentoxyd getrocknet. Erhalten 0,95 g.

0,1372 g Substanz brauchen 41,45 ccm n/10 Jodlösung.

C10H1608N2Cu (355,72). Ber.: CH20 50,6 %.Gef.: CH20 45,34 °/0.

Ein anderes Präparat, das in gleicher Weise bereitet, nach

dem Auswaschen mit Formalin aber bei 500 Atmosphären Druck

zwischen Papier abgepreßt und bei 20° und 12 mm über

Phosphorpentoxyd getrocknet war, ergab eine ähnliche Menge

abspaltbaren Formaldehyd:

0,2568 g Sabstanz brauchen 79,76 ccm n/10 Jodlösung.0,2503 g Substanz brauchen 78,06 ccm n/10 Jodlösung.

Ber.: CH20 50,6"/„.Gef.: CH20 46,74 und 46,81%.

Angebliches Oxytrimethylen-glycin-barium2:

1. Versuch: 22,1 g reiner kristallisierter Baryt werden in

30 ccm Wasser heiß gelöst, filtriert, mit 5 ccm Wasser nach¬

gewaschen und zum Filtrat rasch 10,7 g Glykokoll zugesetzt.Beim Zugeben von 25 ccm Formalin (30°/0) und zum Überflußnoch 5 ccm Methylalkohol bei 35° zu dieser Lösung, steigt die

» Krause, B. 51, 137, 148 (1918).2 Krause, B. 51, 142 (1918); H. 139, 217 (1924).

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Temperatur spontan auf 45°, und nach wenigen Sekunden erstarrt

die Flüssigkeit zu einem Brei farbloser, mikroskopischer Nadeln

oder flacher Stäbe. Da die Abscheidung eine sehr reichliche

war, habe ich nur noch */4 Stunde bei etwa 50° gehalten und

auf das von Krause angegebene 10stündige Erwärmen verzichtet,das nur die Ausbeute verbessern sollte. Im übrigen habe ich

nach seiner Vorschrift bei Zimmertemperatur mit 20 ccm Formalin

verrührt, abgesaugt und dreimal mit je 5 ccm Formalin, dann mit

Alkohol und Äther gewaschen. Ausbeute sehr befriedigend,besonders, wenn man die Mutterlauge der ersten Filtration mit

Alkohol-Ather versetzt.

0,1909 g lufttrockene Substanz brauchen 19,13 ccm n/10 Jodlösung.

0.1712 g Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über P206 0,0377 g an Gewicht.

Für Oxytrimethylenglycin-barium C7H1205N2Ba, 3H20 (395,56):

Ber. für 2 Mol CH^O: 0H20 15,17 H20 13,66°/0.

Für Methylenglycin-barium C6H804JST2Ba, 5H20 (399,56):

Ber. für 2 Mol CH20: CH20 15,02 H2Ü 22,54%.Gefunden: CH20 15,04 H20 22,02%.

0,1319 g wasserfreies Salz brauchen 16,55 ccm n/10 Jodlösung.

C,H1205N2Ba (341,52). Ber. für 2 Mol CH20: CH20 17,58%.

C6H804N2Ba (309,48). Ber. für 2 Mol CH2Ü: CH20 19,40%.Gefunden: CH20 18,83%.

DerGehalt au Kristallwasser zeigt, daßkeinesfallsOxytrimethylen-

glycin-barium in der von Krause angegebenen Zusammensetzung

vorliegt. Würde man mit anderem Gehalt an Kristallwasser rechneu,so würde wieder die Formaldehydbestimmung ganz unbrauchbar.

Die Analysenzahlen stimmen völlig mit denen von früheren

Bestimmungen am Methylen-glycin-barium1 überein. Zum Über¬

fluß habe ich dieses Salz nach den Angaben von Bergmann,Jacobsohn und Schotte1 nochmals dargestellt und wieder analysiert.

0,2047 g Substanz (lufttrocken) brauchen 20,32 ccm n/10 Jodlösung.

0,2697 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0589 g an Gewicht.

1 H. 131, 24 (1924).

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0,2073 g getrocknete Substanz brauchen 25,70 ccm n/10 Jodlösung.

C6Hs04N2Ba, 5H20. Ber.: 0H.2ü 15,02 H20 22,4 %.Gef.: CH20 14,93 H20 21,84%.

C8H8OtN,Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: CH20 18,61%.

In kristallwasserhaltigem Zustand aldehydreichereProdukte:

2. Versuch: 10,7 g Glykokoll und 23,5 g Baryt werden wie

üblich in 30 ccm Wasser gelöst und rasch bei 50° 25 ccm

technisches Formalin von 30% und 5 ccm Methylalkohol zugesetzt,

wobei die Temperatur vorübergehend auf 56° steigt.Beim Kühlen auf 50ü erstarrt nach wenigen Sekunden die Lösung

zu einem festen Brei von Nadeln. Man hält nun noch 10 Stunden

auf 50°, dann wird in der oben angegebenen Weise abgesaugtund ausgewaschen. Erhalten 25,5 g.

0,2026 g lufttrockene Substanz brauchen 22,87 ccm n/10 Jodlösung.

0,2416 g lufttrockene Substanz brauchen 27,86 ccm n/10 Jodlösung.

0,3817 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 13 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0784 g an Gewicht.

0,1631 g getrocknete Substanz verbrauchen 20,30 ccm n/10 Jodlösung.

C6H804N2Ba, 5H20. Ber.: CH20 15,02 H20 22,4%.Gef.: CH20 16,94 Gewichtsverlust: 20,55%.

OH20 17,31 %.

C6H804N2Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: OH20 18,68%.

3. Versuch: 2,8 g Glykokoll und 5,9 g Baryt werden wie

üblich in 7,5 ccm Wasser gelöst und bei 50° 6,25 ccm Formalin

30°/0 und 1,25 ccm Methylalkohol zugesetzt, wobei die Temperaturauf 58— 59° steigt. Es wird sofort auf 50° gekühlt, die Lösungerstarrt rasch zu einem Kristallbrei, der noch 10 Minuten bei

50 ° gehalten wird. Weitere Verarbeitung wie oben. Erhalten 4,8 g.

0,2647 g lufttrockene Substanz brauchen 33,98 ccm n/10 Jodlösung.

0,2817 g lufttrockene Substanz brauchen 35,62 ccm n/10 Jodlösung.

0,5400 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 13 mm über P2050,1175 g an Gewicht.

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0,1980 g getrocknete Substanz brauchen 25,87 ccm n/10 Jodlösung.

C8H804N2Ba, 5H20. ßer.: CH20 15,02 JH20 22,4%.Gel: CH20 19,27 Gewichtsverlust: 21,75%.

CH20 18,98%.

C6H8OtN2Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: CH,0 19,16 %.

Beim Zusatz des Formaldehyds bei der erhöhten Temperaturvon 50° bei Versuch 2 und 3 gegenüber 35° bei Versuch 1 und

beim Methylen-glycin-barium enthalten die kristallwasserhaltigenBariumsalze zu viel Aldehyd, der beim Trocknen mit dem Kristall¬

wasser entweicht. Bei allen drei Versuchen ist aber auf Grund

der Formaldehydbestimmung die Zusammensetzung der getrocknetenProdukte gleich und identisch mit der des Methylen-glycin-bariums.

Angebliches N-Oxymethyl-glycin-barium1.

Bereitung nach Krause bei 0° ohne Überschuß an Form¬

aldehyd und ohne Gegenwart von Methylalkohol. 2,07 g Glykokollund 4,55 g kristallisierter, reiner Baryt werden wie üblich in

9 ccm Wasser gelöst und nach dem Kühlen in Eis bei einer

Temperatur von 0— 3° tropfenweise rasch 2,7 ccm (berechnet

2,53 ccm) reine Formaldehydlösung (31,7 °/0) zugefügt. Nach

einer Minute beginnt beim Beiben mit dem Glasstab die Kristalli¬

sation in farblosen dünnen Stäbchen, nach einer weiteren Minute

ist die Masse völlig erstarrt. Sie wird mit 7 ccm Eiswasser

verrührt, abgesaugt und mit wenig Eiswasser, Alkohol und Äther

gewaschen. Erhalten lufttrocken 4,05 g.

0,2082 g lufttrockene Substanz brauchen 20,78 ccm n/10 Jodlösung.

0,2754 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0607 g an Gewicht.

0,1641 g getrocknete Substanz brauchen 21,0 ccm n/10 Jodlösung.

06H804N2Ba, 5H20. Ber. für 2 Mol CH20: CH20 15,02 H20 22,54%.

(399,56) Gefunden: CH20 14,98 H20 22,04%.

C6H804N2Ba (309,48). Ber. für 2 Mol CH20: CH20 19,40%.Gefunden: OH30 19,21%.

1 B. 52, 1218 (1919).

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2. Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Aminosäuren

und Peptiden.

N-Benzyliden-glycin.

Bariumsalz :

(C6H5-CH = N-CH2-COO)2Ba, 4H20.

2,2 g reiner, kristallisierter Baryt werden in 3 com heißem

Wasser gelöst, klar filtriert, mit 1 ccm "Wasser nachgewaschenund zum Filtrat 1 g Glykokoll zugesetzt. Die Lösung wird rasch

in einer Kältemischung gekühlt und sofort mit 1,4 g Benzaldehydversetzt. Wenn mau nun bei Zimmertemperatur kräftig durch¬

schüttelt, tritt unter geringer Selbsterwärmung in wenigen Minuten

so starke Kristallisation ein, daß die ganze Masse erstarrt. Die

farblosen Kristallblättchen werden nach kurzer Zeit abgesaugt,mit ca. 15 ccm Eiswasser gewaschen und sofort im Hochvakuum

über Phosphorpentoxyd getrocknet. Ausbeute etwa 1,7 g oder

56 °/0 der Theorie. Bei der mehr oder minder großen Löslichkeit

der meisten derartigen Aldehyd-aminosäure- salze in Wasser muß

naturgemäß durch das sorgfältige Auswaschen die Ausbeute erheblich

zurückgehen. Die Zahlen sind darum Mindestwerte, und man

kann bei obigem Salz leicht 85°/0 der Theorie an Rohprodukterhalten.

0,1153 g Substanz (getrocknet), 0,1966 g C02, 0,0382 g H20.5,218 mg Substanz (getrocknet), 0,284 ccm N(22°, 763 mm, 50% KOH).

0,3650 g Substanz (getrocknet), 0,1846 g BaSÜ4.

C18H1804N2Ba. Ber.: C 46,80 H 3,49 N 6,07 Ba 29,77%.

(461,55) Gel: C 46,50 H 3,70 N 6,32 Ba 29,76%.

In lufttrockenem Zustand enthält das Salz 4 Mol Kristallwasser.

0,3541 g lufttrockene Substanz verlieren bei 20° und 0,1 mm über Phosphor¬

pentoxyd 0,0458 g an Gewicht.

018H1604N2Ba, 4H20 (533,61). Ber.: H20 13,50%.Gef.: H20 12,93%.

An feuchter Luft riecht das Präparat stark nach Benzaldehyd,weil es sich mit Wasser in der Kälte schon allmählich zersetzt,

rascher beim Erhitzen. Darum erhält man bei unvorsichtiger

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Herstellung leicht erheblich zu niedrige Kohlenstoffwerte. Das

Salz löst sich erheblich in kaltem Wasser, läßt sich aber nur

unter großen Verlusten daraus Umkristallisieren, es löst sich leicht

in Methylalkohol.

Calciumsalz:

(C„H6 • CH = N • CH2 • COO)2Ca

1 g Glykokoll und 0,4 g Calciumoxyd werden in 4 ccm heißem

Wasser gelöst, filtriert und unter Eiskühlung 1,4 g Benzaldehyd

zugesetzt. Beim Schütteln bei Zimmertemperatur erstarrt wie

beim Bariumsalz nach 2— 3 Minuten die Flüssigkeit unter geringer

Erwärmung zu einem Kristallbrei von farblosen, mikroskopischenkurzen Nadeln. Nach kurzem Stehen bei 0" wird abgesaugt, mit

25 ccm Eiswasser gewaschen und dann sofort bei 20° und 0,5 mm

über Phosphorpentoxyd getrocknet. Erhalten 1,1 g = 45°/0 der

Theorie.

6,234 mg Substanz, 0,412 ccm N (21°, 764 mm, 50% KOH).

0,3020 g Substanz, 0,1108 g CaS04.

C18H1604N2Ca (364,22). Ber.: N 7,69 Ca 11,00 %.

Gef.: N 7,79 Ca 10,80%.

2-Phenyl-3-acetyl-oxazolidon-(5).

(N- Acetyl -[N, O-benzyliden-glycin]): (42).

1,15 g scharf getrocknetes N-Benzyliden-glycin-barium werden

mit 0,51 g Essigsäureanhydrid in 25 ccm Pyridin 8/4 Stunden

auf dem Wasserbad erhitzt. Dann wird vom essigsauren Barytabgesaugt, unter geringem Druck verdampft und mit wenig heißem

Tetrachlormethan aufgenommen. Beim Erkalten werden 0,45 g

farbloser Nadeln erhalten, die nach zweimaliger Kristallisation

aus Tetrachlormethan bei 103° (korrigiert) schmelzen. Schüttler

und -Baumgarten geben 103 —104° (korrigiert) an. Die Verbindungist unter 2 mm Druck aus einem Bad von 210 — 220° destillierbar,erstarrt in der Vorlage sofort wieder und schmilzt dann scharf

bei 103,5° (korrigiert).

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Da die Analyse und die Überführung in Acetursäure den

Angaben von Scheibler und Baumgarten1 im wesentlichen ent¬

sprechen, verzichte ich auf ausführliche Wiedergabe.

2-Phenyl-3-benzoyl-oxazolidon-(5).

(N - Benzoyl - [N, 0 - benzyliden - glycin]) : (44).

3,7 g N-Benzyliden-glycin-barium und 2,1 g Benzoylchloridwerden in 40 ccm Tetrachlormethan aufgekocht und nach beendeter

Reaktion noch 10 Minuten weiter erhitzt, bis der Geruch nach

Benzoylchlorid verschwunden ist, dann abgesaugt und mit 50 ccm

heißem Essigester nachgewaschen. Die unter geringem Druck

verdampften Filtrate geben einen kristallisierenden Rückstand,der, aus 5 ccm Alkohol unter Zusatz von 20 ccm Petroläther

kristallisiert, schwach gelbe, mikroskopische Prismen lieferte (1,15 g).Durch Lösen in 4 ccm heißem, wasserfreiem Essigester, Kochen

mit Tierkohle und Zusatz von etwas Petroläther werden sie ganz

farblos vom Schmelzpunkt 134,5—135° erhalten (korrigiert).Trocknen bei 20 ° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.

0,1251 g Substanz, 0,3294 g C02, 0,0654 g H20.

4,826 mg Substanz, 0.226 ccm N (22°, 754 mm, 50% KOH).

C16H13OsN. Ber.: O 71,88 H 4,90 N 5,24 °/0.(267,11) Gef.: O 71,81 H 4,93 N 5,40%.

Bariumsalz des N-o-Oxybenzyliden-glycins.

(HO(o).C6H4-CH=N-CH2.COO),Ba.

Die wie üblich bereitete Lösung von 0,5 g Glykokoll und 1,1 g

kristallisiertem Baryt in 2,5 ccm Wasser wird bei —5° mit 0,8 g

Salicylaldehyd versetzt. Unter kräftiger Selbsterwärmung scheidet

sich beim Umschütteln sofort das schön gelbe Bariumsalz der

Salicyliden-aminosäure aus, so daß ein dicker Kristallbrei entsteht.

Er wird bei 0° abgesaugt, mit 15 ccm Eiswasser gewaschen und

rasch bei 11 mm, dann bei 0,1 mm und 78° über Phosphorpentoxydgetrocknet. Ausbeute 1,1 g oder etwa 65°/0 der Theorie.

1 ß. 55, 1372 (1922).

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0,1719 g Substanz, 0,2727 g COa, 0,0486 g H20.

4,092 mg Substanz, 0,193 ccm N (20°, 752 mm, 50°/0 KOH).

0,2569 g Substanz 0,1233 g BaS04.

C18H1606N2Ba. Ber.: C 43,76 H 3,27 N 5,68 Ba 27,84%.

(493,5) Gef.: C 43,27 H 3,16 N 5,49 Ba 28,24 »/„.

Das Salz ist in der Hauptsache nicht sehr deutlich kristallisiert,nur aus der Mutterlauge werden oft größere Kristallblätter erhalten.

Es läßt sich auch ziemlich schlecht aus Wasser Umkristallisieren.

Leichter läßt sich ein ganz reines und hübsch kristallisiertes Salz

beim Arbeiten mit Bariumacetat auf folgende Weise erhalten:

0,5 g Glykokoll und 1,4 g kristallisiertes, wasserhaltiges Barium¬

acetat werden zusammen in 3 ccm heißem Wasser gelöst, abgekühltund 1,2 g (50u/0 Überschuß) Salicylaldehyd zugefügt. Auf Zusatz

von 6 ccm Alkohol von 50°/0 tritt bei Zimmertemperatur bald

Kristallisation in büschelförmig vereinigten, flachen Nadeln oder

Prismen ein, die rasch zunehmen. Nach halbstündigem Stehen

bei 0° wird der dicke Brei aufs Filter gebracht und mit verdünntem

Alkohol und mit Wasser gründlich gewaschen. Trocknen bei 78°

und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Ausbeute 0,95 g=58°/0der Theorie.

0,1407 g Substanz, 0,2256 g C02, 0,0408 g H20.

4,538 mg Substanz, 0,230 ccm N (22°, 753 mm, 50 °/0 KOH).

0,2519 g Substanz, 0.1200 g BaS04.

C18H1606N,Ba. Ber.: 0 43,76 H 3,27 N 5,68 Ba 27,84 °/0.

(493,5) Gef.: 0 43,73 H 3,24 N 5,83 Ba 28,03%.

Das Bariumsalz des N-o-Oxybenzyliden-glycins löst sich schwer

in kaltem Wasser, leichter in warmem und kristallisiert daraus,wenn nicht zu lange erwärmt wird, auf Zusatz von Alkohol und

Äther in mikroskopischen, schmalen Blättchen. Beim Stehen am

Licht geht die rein zitronengelbe Farbe manchmal in ein tieferes

Orange über, besonders bei dem mit Baryt hergestellten Präparat,ein Verhalten, das sich bei den anderen untersuchten o-Oxy-

benzyliden - aminosäure- salzen wiederholt '.

1 Vgl. auch A. Senier und P. H. Gallagher, Soc. 113, 28 (1918).

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Bariumsalz des N-Furfuryliden-glycins.

(C4H30 • OH = N • CH2 • COO) 2Ba.

Hier wird in der mehrfach beschriebenen Weise mit 1 g

GlykokoU, 2,2 g kristallisiertem Baryt, 1,3 g Furfurol und 4,5 ccm

Wasser gearbeitet. Der Aldehyd geht unter geringer Rotfärbungrasch in Lösung und beim Kühlen in Eis und Kratzen mit dem

Glasstab scheiden sich schwach gelbliche, mikroskopische, flache

Nadeln ab. Sie werden nach einigem Stehen bei 0° abgesaugtund mehrmals mit wenig Wasser (im ganzen 12 ccm) und dann

mit etwas Alkohol von 50°/0 gewaschen. Wegen der großen Lös¬

lichkeit des Salzes in Wasser beträgt die Ausbeute nur 1,1 g= 33°/0der Theorie. Das bei 20° und 2 mm über Phosphorpentoxydauf konstantes Gewicht gebrachte Salz enthält noch 1 Mol Wasser:

Das Kristallwasser haftet hier also etwas fester als im N-Benzyliden-

glycin-barium.

0,1709 g Substanz, 0,2272 g 002, 0,0487 g H20.

0,2792 g Substanz, 0,1422 g BaS04.

5,630 mg Substanz, 0,286 ccm N (20°, 764 mm, 50% KOH).

0,4168 g Substanz verlieren bei 78° und 1 mm über Phosphorpentoxyd0,0161 g an Gewicht.

CuH1206N2Ba, H20. ßer.: C36,56 H 3,07 N 6,09 Ba 29,90 H20 3,92%.

(459,52) Gef.: C36,26 H 3,19 N 5,95 Ba 29,99 H20 3,86%.

Analyse des wasserfreien Salzes:

0,1408 g Substanz, 0,1969 g C02, 0,0361 g H20.

5,747 mg Substanz, 0,322 ccm N (22°, 765 mm, 50% KOH).

0,1967 g Substanz, 0,1031 g BaS04.

CuH1206N2Ba. Ber.: 0 38,05 H 2,74 N 6,35 Ba 31,12%.

(441,51) Gef.: C 38,14 H 2,87 N 6,52 Ba 30,85%.

Das Salz löst sich in 70°/0igem Alkohol und kann daraus

durch Benzol in verfilzten Nadeln wieder abgeschieden werden.

Bariumsalz des o-Oxybenzyliden-d,l-phenylalanins.

[HO(o).C6H4.CH = N.CH.(CH2.C6HB).COO]2Ba.

0,85 g d, 1-Phenylalanin werden zusammen mit 0,8 g reinem

kristallisiertem Baryt wie üblich in 5 ccm Wasser gelöst und unter

Enßlin. 5

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Eiskühlung mit 0,55 g Salicylaldehyd kurze Zeit geschüttelt, bis

der größte Teil des Aldehyds gelöst ist. Dann wird die tiefgelbe

Lösung möglichst rasch filtriert, weil alsbald im Filtrat die

Abscheidung gelber, nicht sehr gut ausgebildeter Blättchen beginnt,deren Menge rasch zunimmt. Nach einigem Stehen bei etwa —5°

wird möglichst kalt abgesaugt, mit 10 ccm Eiswasser schnell auf

dem Filter gewaschen und bei 78° und 1 mm über Phosphor¬

pentoxyd getrocknet. Ausbeute nur 0,37 g, zum Teil wegen der

großen Löslichkeit in Wasser= 21 °/0 der Theorie.

0,1367 g Substanz, 0,2840 g C02, 0,0522 g H20.

0,1981 g Substanz, 0,0688 g BaS04.

5,115 mg Substanz, 0,185 ccm N (20°, 755 mm, 50% KOH).

C32H2g06N3Ba. ßer.: 0 57,00 H 4,19 N 4,16 Ba 20,40 °/0.

(673,64) Gef.: o 56,66 H 4,27 N 4,19 Ba 20,44%.

Bariumsalz des N-Beuzyliden-[N-glycyl-glycins].

(C6H6 • CH=N • CH2 • 00 •NH • CH2COO)2Ba.

0,35 g Glycyl-glycin werden in 1 ccm Wasser gelöst und mit

der Lösung von 0,4 g kristallisiertem Baryt in 1,5 ccm Wasser

versetzt. Zu der mit Eis gekühlten farblosen Flüssigkeit werden

0,25 g Benzaldehyd zugefügt; beim Schütteln tritt nach wenigenMinuten starke Kristallisation farbloser Nädelchen ein. Nach dem

Absaugen und "Waschen mit 10 ccm Eiswasser und raschem

Trocknen im Vakuum, erst bei 11 mm und dann bei 1 mm und 20°

über Phosphorpentoxyd, beträgt ihre Menge 0,37—0,4 g. Sie ist

aber erheblich größer (82°/0 der Theorie), wenn man weniger

gründlich mit Wasser wäscht.

0,1504 g Substanz, 0,2512 g C02, 0,0536 g H20.

0,1717 g Substanz, 0,0699 g BaS04.

4,706 mg Substanz, 0,412 ccm N (22°, 754 mm, 50% KOH).

C22H2206N4Ba. Ber.: 0 45,86 H 3,85 N 9,73 Ba 23,87%.(575,61) Gel: C 45,55 H 3,99 N 10,05 Ba 23,96%.

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Barinmsalz des N'-o-Oxyb enzyliden-[N-glycyl-glycins],

(H0(o).C6H4-0H=N.CH2.0O.NH-CH2.000)2Ba.

Zur Lösung von 0,35 g Glycyl-glycin in 2 ccm "Wasser werden

0,4 g kristallisierter Baryt, in 2,5 ccm Wasser gelöst, gegeben,dann unter Eiskühlung 0,3 g Salicylaldehyd zugefügt. Nach kurzem

Schütteln tritt plötzlich Kristallisation von verfilzten gelben Nadeln

ein. Nach kurzem Stehen bei 0° wird abgesaugt und mit Eis¬

wasser gewaschen. Erhalten 0,47 g = 58 °/0 der Theorie. Die

Substanz wird bei 1 mm über Phosphorpentoxyd bei 78 ° getrocknet.

0,1347 g Substanz, 0,2152 g C02, 0,0440 g H20.

0,1573 g Substanz, 0,0601 g BaS04.

3,906 mg Substanz, 0,314 ccm N (21°, 748 mm, 50°/0 KÜH).

O^H^O^Ba. Ber.: 0 43,45 H 3,65 N 9,22 Ba 22,61%.

(607,61) Gef.: O 43,57 H 3,66 N 9,19 Ba 22,48%.

Das Salz ist von zitronengelber Farbe, die aber beträchtlich

heller ist, als bei dem entsprechenden Salz des einfachen Glycins.

Ganz ähnlich verläuft die Gewinnung des Salzes unter Verwendung

von essigsaurem Baryt an Stelle des Bariumhydroxydes.

0,35 g Glycyl-glycin und 0,5 g kristallisiertes Bariumacetat

werden in 4 ccm Wasser gelöst, unter gutem Kühlen 0,5 g Salicyl¬

aldehyd und dann 5 ccm Alkohol zugesetzt. Nach einigem Reiben

tritt rasche Kristallisation in Nadeln ein. Nach kurzem Stehen

bei 0° wird abgesaugt und mit 10 ccm Wasser und 5 ccm

50°/0 Alkohol gewaschen. Trocknen bei 78° und 1 mm über

Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,36 g = 45u/0 der Theorie.

5,058 mg Substanz, 0,405 ccm N (24°, 754 mm, 50 % KOH).

3,564 mg Substanz, 1,380 mg BaS04.

C22B2208N4Ba (607,6). Ber.: N 9,22 Ba 22,61%.Gef.: BT 9,31 Ba 22,78 %.

o-Oxybenzyliden-glycin-äthylester.

H0(o)-C6H4-qH=N-0H2-C00C2H5.

6,9 g Salicylaldehyd (berechnet 6,76 g) werden unter Eiskühlung

in 5,7 g Glycinäthylester eingetragen. Es tritt sofort Reaktion

5*

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unter Erwärmung, Gelbfärbung und Wasserabscheidung ein, und

nach einigen Minuten erstarrt die Flüssigkeit zu einem Brei

von zitronengelben, spießigen Kristallen. Zur Analyse wird in

8 ccm Äther gelöst, mit 20 ccm Petroläther gefällt, auf — 20 ° gekühlt,

abgesaugt und diese Operation noch zweimal wiederholt. Trocknen

bei 20° und 0,2 mm über Phosphorpentoxyd.

0,1223 g Substanz, 0,3103 g C03, 0,0760 g HaO.

8,326 mg Substanz, 0,487 ccm N (16°, 761 mm, 50% KOH).

CnH^OsN (207,1). Ber.: O 63,73 H 6,33 N 6,76%.öef.: C 63,96 H 6,42 N 6,92%.

Schmelzpunkt 38,5"(korrigiert). o-Oxybenzyliden-glycin-äthylesterist leicht löslich in Methylalkohol, Tetrachlormethan und Essigester,reichlich löslich in warmem Petroläther, er gibt mit Wasser ein

Ol, das bei 0° rasch in Nadeln oder Prismen kristallisiert. Die

Substanz läßt sich monatelang unverändert über Phosphorpentoxydoder Chlorcalcium aufbewahren. Sie ist lichtempfindlicher als

die entsprechenden Salze. Bei der Darstellung ist auf möglichstenLichtabschluß zu achten, da sonst Zersetzung unter Braunfärbungeintritt.

II. Neuartige Anhydride von Aminosäuren.

Allo-3-methylen-2,5-dioxopiperazin (CsIWh^)* aus Glycyl-

serin-anhydrid.

2 g Glycyl-d,l-serin-anhydrid1 wurden mit 3,4 ccm Essigsäure¬

anhydrid und 2,4 g wasserfreiem Natriumacetat 3 Stunden im Bad

von 120—130° erhitzt. Dabei schied sich schon die Hauptmassedes gebildeten Allo-anhydrids ab und gleichzeitig färbte sich die

überstehende Flüssigkeit braun. Am Schluß wurde abgekühlt, mit

10 ccm Wasser das überschüssige Essigsäureanhydrid zersetzt, der

Niederschlag, der nichts Kristallisiertes erkennen ließ, aufs Filter

gespült und mit 50 ccm Wasser und dann mit ebensoviel Alkohol

in Portionen sorgfältig gewaschen. Das fast farblose, ein wenig

graue Pulver zeigte schon annähernd die richtige Zusammen¬

setzung (C5H603N2)x. über die Umkristallisation der Rohprodukte

1 E. Fischer und R. Rösner, A. 375, 202 (1910).

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berichte ich weiter unten und gebe dort weitere Analysen an.

Trocknen bei 78°, 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.

0,0968 g Substanz, 0,1659 g C02, 0,0450 g HaO.

0,1064 g Substanz, 20,5 ccm N (22», 747 mm, 33°/0 KOH).

0,1190 g Substanz (anderes Präparat), 23,1 com N (18°, 747 mm, 33 % KOH).

(C6H602N2)x. Ber.: 0 47,60 H 4,80 N 22,22%.(126,06)x. Gef.: 0 46,74 H 5,20 N 21,47%.

(anderes Präparat) 22,08%.

Die Ausbeute betrug im besten Fall 0,85 g, war aber meist er¬

heblich niedriger.Das Allo-piperazin hat keinen eigentlichen Schmelzpunkt,

sondern verkohlt allmählich über 250°, wird aber dabei nicht

flüssig. Es löst sich schwer in indifferenten organischen Mitteln,auch sehr schwer in siedendem Phenol, ein wenig leichter in ge¬

schmolzenem Resorcin und in geschmolzenem Acetamid. Von

kochendem Wasser sind mindestens 3000 Teile nötig; in kaltem

Wasser ist die Löslichkeit nur wenig geringer. Es kann sich aber

hierbei nur um eine ungefähre Minimalzahl handeln, um so mehr

als die Löslichkeit derartiger Stoffe besonders stark von der Be¬

schaffenheit des Wassers und vor allem von dem kaum gänzlichzu vermeidenden Aschengehalt der Präparate abhängen muß.

Dieser Einfluß von Salzen auf die Löslichkeit hochmolekularer

Stoffe ist aus der Chemie der Proteine hinreichend bekannt.

Spaltung mit Salzsäure zum Tetrapeptid.

Man nimmt sie am bequemsten mit konzentrierter Salzsäure im

geschlossenen Gefäß vor, weil mit verdünnten Säuren auch bei

Siedehitze viel langsamer Lösung eintritt.

0,582 g Anhydroprodukt lösen sich in 10 ccm rauchender

Salzsäure (D = 1,19) beim Erwärmen im Rohr sofort auf. Die

Lösung wird 3/4 Stunden auf 100° erhitzt, nach dem Erkalten

mit 15 ccm Wasser versetzt, von geringen Mengen brauner Flocken

abfiltriert und unter geringem Druck zur Trockne gebracht. Der

farblose, oft kristallinische Rückstand wird in höchstens 5 ccm

n/1 Salzsäure gelöst, nötigenfalls nitriert, dann mit 20 ccm Eis¬

essig und allmählich mit Äther in kleinen Portionen versetzt.

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Eine manchmal zuerst auftretende ölige Abscheidung wird bald

kristallinisch. Nach nochmaliger Umkristallisation auf die gleicheWeise betrug die Menge des erhaltenen Tetrapeptids 0,504 g ent¬

sprechend 76°/0 der Theorie. Ich erhielt das Tetrapeptid auf diese

Weise in glänzenden, mikroskopischen, sechsseitigen Tafeln oder

auch in millimeterlangen Prismen, die sich im Kapillarröhrchen

von 250° an braun färben und gegen 305" (unkorrigiert) völligzersetzen. Trocknen bei 20° und 1 mm über Phosphorpentoxyd.

0,1266 g Substanz, 0,1631 g C02, 0,0558 g H20.

2,055 mg Substanz, 0,292 ccm N (20°, 753 mm, 50°/0 £OH).

0,1172 g Substanz, 0,0966 g AgOl (nach Carius).

C10H1605N4C12. Ber.: 0 34,98 H 4,70 N 16,33 Ol 20,67%.

(343,08) Gef.: C 35,14 H 4,93 N 16,40 Ol 20,39%.

Das Tetrapeptid -hydrochlorid entspricht also in seiner Zu¬

sammensetzung ganz dem früher1 beschriebenen Tetrapeptid, das

aus dem Isomeren (C6He02N2)x auf ganz analoge Weise, nur mit

verdünnter Säure bereitet war. Um diese Übereinstimmung durch

weiteren Vergleich zu belegen, habe ich das neue Präparat mit

Methylalkohol und Chlorwasserstoff, wie früher angegeben, verestert.

0,209 g Tetrapeptid-hydrochlorid werden in 20 ccm Methyl¬alkohol gelöst und durch Einleiten von Chlorwasserstoff ohne

Kühlung verestert. Nach wenigen Minuten beginnt sich das Ester-

hydrochlorid kristallisiert abzuscheiden. Es wird im Vakuum bei

30— 40° zur Trockne eingedampft und das Verestern in der

gleichen Weise wiederholt. Nach dem Aufnehmen mit 5 ccm Wasser

wird mit viel Aceton gefällt, wobei das Esterhydrochlorid in

lanzettförmigen, oft zu Büscheln verwachsenen Blättchen kristallisiert.

Zur Analyse wird nochmals auf die gleiche Weise umkristallisiert.

Erhalten 0,174 g== 76°/0 der Theorie.

4,657 mg Substanz (bei 20° und 1 mm über P205 getrocknet), 6,238 mg 002,2,115 mg H2Ü.

3,239 mg Substanz, 0,443 ccm N (21°, 758 mm, 50% KOH).

5,690 mg Substanz, 4,480 mg AgCL (Pregl, Perlrohr).

3,195 mg Substanz, 2,015 mg AgJ (nach Zeisd).

CiiHi8°5N4CI2- Ber-: ° 36,96 H 5,08 N 15,69 Cl 19,86 CHsO 8,68%.

(357,09) Gef.: 0 36,53 H 5,08 N 15,84 Cl 19,52 0H3O 8,33%.

1 M. Bergmann, A. Miekeley und E. Kann, A. 445, 32 (1925).

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Das Präparat enthielt 0,43% Asche. Die Substanz bräunte sich

über 220° und zersetzte sich bei ungefähr 280° (unkorrigiert).Zur weiteren Identifikation der aus Iso- und Allo-methylen-

dioxopiperazinen erhaltenen Tetrapeptide wurden ferner die freien

Methylester hergestellt.

0,406 g Methylester-hydrochlorid werden in 80 ccm Methyl¬alkohol heiß gelöst, rasch abgekühlt und mit der äquivalenten

Menge, 2,73 ccm, n/1 Natriummethylatlösung versetzt. Nach dem

Eindampfen der klaren Lösung im Vakuum bis 35° Badtemperaturwird mit 8 ccm Methylalkohol warm aufgenommen. Beim Stehen

bei 0° scheiden sich nach einigen Stunden farblose Prismen und

Tafeln aus, die abgesaugt werden. Aus der Matterlauge lassen

sich beim Wiederholen der Operationen noch weitere Kristalle

isolieren, die zusammen mit den früher gewonnenen aus 3,2 ccm

Methylalkohol umkristallisiert werden. Trocknen bei 20° und

0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,06 g.

3,175 mg Substanz, 0,549 ccm N (18,5°, 745 mm, 50% KOH).

6,860 mg Substanz, 5,770 mg AgJ (nach Zeisel).

CnH1605N4 (284,15). Ber.: N 19,72 CH3Ü 10,92 °/0.Gef.: N 19,85 CHsO 11,10%.

Die Verbindung schmilzt bei 201° (korrigiert) zu einer klaren

farblosen Flüssigkeit; kurz darüber tritt Zersetzung unter Gas¬

entwicklung ein. Die Substanz löst sich leicht in Wasser, ist

ziemlich löslich in Methylalkohol, schwerer in Äthylalkohol und

kaum in Aceton und Chloroform.

In ähnlicher Weise wird der freie Methylester aus dem Ester-

hydrochlorid des Tetrapeptids aus dem Iso-methylen-dioxopiperazin

hergestellt.

0,442 g Esterhydrochlorid1 gelöst in 80 ccm Methylalkoholwerden mit 2,96 ccm n/1 Natriummethylatlösung in der Kälte um¬

gesetzt, zur Trockne eingedampft, mit 5 ccm Methylalkohol auf¬

genommen und von einem geringen Rückstand abzentrifugiert.Nach einstündigem Stehen bei 0° werden die Kristalle abgesaugtund aus der Mutterlauge in der gleichen Art nochmals eine geringe

1 Bergmann, Miekeley und Kann, A. 445, 33 (1925).

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Menge gewonnen und insgesamt aus 3 ccm Methylalkohol um¬

kristallisiert: Büschel von dünnen Prismen und Tafeln. Trocknen

bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,07 g.

2,800 mg Substanz, 0,485 ccm N (18°, 745 mm, 50"/0 KOH).

3,920 mg Substanz, 3,125 mg AgJ (nach Zeisd).

CnH1605N4. Ber.: N 19,72 CH30 10,92%.(284,15) öef.: N 19,92 CH30 10,53%.

Der Schmelzpunkt ist gleich wie früher 201° (korrigiert), Misch¬

schmelzpunkt mit der oben erhaltenen Verbindung 201 "(korrigiert).Löslichkeiten wie oben angegeben.

UmJcristallisation des Allo-anhydrids aus Lauge und Säure.

Man kann das Allo-anhydrid in gut kristallisiertem Zustand

gewinnen, wenn man es in heißer Natronlauge löst und alsbald

in der Hitze mit Essigsäure wieder abscheidet.

Hierfür wurden 0,37 g mit 14 ccm n/1-Natronlauge in der Siede¬

hitze aufgelöst und die farblose Flüssigkeit nach rascher Filtration

sofort mit 1 ccm Eisessig versetzt. Sofort begann die Abscheidungfarbloser Nädelchen in großer Menge. Nach einigem Stehen bei 0°

wurde zentrifugiert, dreimal mit je 25 ccm Wasser ausgekocht,

gekühlt und wieder zentrifugiert. Schließlich betrug die Mengeder reinen Substanz nur 0,142 g. Aus der Mutterlauge schieden

sich bei mehrtägigem Stehen noch weitere Mengen ab.

4,488 mg Substanz (bei 78° und 1 mm über P206 getrocknet), 7,843 mg C02,1,963 mg H20.

2,080 mg Substanz, 0,397 ccm N (22°, 746 mm, 50 % KOH).

3,400 mg Substanz, 0,642 ccm N (20°, 753 mm, 50% KOH).

C5He02N2 (126,06). Ber.: 0 47,60 H 4,80 N 22,22%.Gef.: 0 47,66 H 4,89 N 21,68; 21,80%.

Wie man sieht, sind die Stickstoffwerte nicht ganz befriedigend.Ich habe darum trotz der schwierigen Zugänglichkeit des Materials

eine große Anzahl von Versuchen angestellt, um noch reinere

Präparate zu gewinnen. Sie scheiterten an der Schwerlöslichkeit

der Verbindung und an der Hartnäckigkeit, mit der sie Fremd-

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Stoffe festhält. Trotzdem kann an der Individualität der Ver¬

bindung kein Zweifel sein. Leichter gelang die Reinigung bei

dem weiter unten beschriebenen homologen Allo-methylen-methyl-dioxopiperazin.

Auch die mit Hilfe von Natronlauge und Essigsäure bereiteten,

gut kristallisierten Präparate gaben bei der Salzsäurehydrolysedas mehrfach beschriebene Tetrapeptid-hydrochlorid. Ich erhielt

in der gleichen Weise wie früher aus 0,174 g Allo-anhydrid0,182 g salzsaures Tetrapeptid entsprechend 77°/0 der Theorie.

Kristallform und Schmelzpunkt sind gleich wie oben angegeben.Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.

3,00 mg Substanz, 0,445 com N (21°, 739 mm, 50% KOH).

4,350 mg Substanz, 3,600 mg AgOl (nach Pregl, Perlrohr).

C10H16O5N4Cl2 (343,08). Ber.: N 16,33 0120,67%.

Gef.: N 16,41 01 20,47%.

Zerteilungsgrad in Besorcinlösung.

Phenol kommt hier als Lösungsmittel kaum in Frage, weil

das Allo-anhydrid darin viel zu wenig löslich ist. Bin wenig

größer ist seine Löslichkeit in Resorcin, so daß ich damit nach

dem Gefrierverfahren im bekannten Bechmannschen Apparat unter

sorgfältigem Ausschluß von Feuchtigkeit arbeiten konnte.

0,018 g Alio - methylen - dioxopiperazin, das mit "Wasser gründlich

ausgekocht, aber nicht mit Lauge-Essigsäure umgelöst war, wurden

mit 19,2 g Resorcin 30 Minuten im Bad von 120° erhitzt, bis

völlige Lösung eingetreten war.

^=0,068°, 0,064°, 0,071°, im Mittel 0,068°.

Dann wurden nochmals 0,0202 g Substanz zugegeben.

^=0,119°, 0,122°, 0,125°, im Mittel 0,122°.

Am Schluß war die Lösung im ganzen 3 Stunden auf 110°

bis 120° erhitzt.

C6H602N2. ßer.: M = 126.

Gef.: M = 90 und 108.

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Um festzustellen, daß das Allo-piperazin durch das Erhitzen

mit dem Besorcin während der eben beschriebenen Bestimmungnicht tiefgreifend verändert wird, sondern großenteils wieder

gewonnen werden kann, habe ich 0,4730 g Allo-methylen-dioxo-

piperazin in 110 g Besorcin 2 Stunden im Bad von 165° erhitzt,also unter viel schärferen Bedingungen, als sie bei der zuvor be¬

schriebenen Bestimmung des Zerteilungsgrades benutzt waren.

Dann wurde in der Kälte mit im gauzen 600 ccm absolutem

Alkohol in mehreren Portionen das Besorcin ausgelaugt, wobei

jedesmal gründlich verrieben und dann zentrifugiert wurde, und

schließlich noch mit Wasser aufs Filter gebracht. Ausbeute nach

dem Trocknen bei 78" und 1 mm über Phosphorpentoxyd 0,395 g

entsprechend 84u/0 der Theorie.

3,475 mg Substanz, 0,661 ccm N (21 °, 758 mm, 50% KOH).

C6H602N2 (126,06). Ber.: N 22,22%.Get: N 21,59%.

Das Begenerat löste sich in Natronlauge farblos und gab keine

gelbe Natriumverbindung (Unterschied von der Iso-Verbindung).

0,3170 g des Begenerates wurden mit 7 ccm rauchender Salz¬

säure in der oben beschriebenen Weise gespalten. Die Lösungfärbt sich dabei tief dunkelbraun; nach dem Verdünnen mit

20 ccm Wasser und einigem Stehen wird klar filtriert und die

farblose Lösung im Vakuum eingedampft. Erhalten wurden nach

zweimaliger Fällung aus sehr wenig Wasser mit Eisessig und

Äther 0,3460 g kristallisiertes Tetrapeptid-hydrochlorid.

C10HieO5N4Cl2 (Tafeln) entsprechend 80°/0 der Theorie. Zer¬

setzungspunkt gegen 305° (unkorrigiert) wie früher angegeben.Trocknen bei 20° und 1 mm über P205.

2,555 mg Substanz, 0,374 ccm N (24°, 740 mm, 50% KOH).

6,350 mg Substanz, 5,220 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).

C10HleOBN4Cl2. Ber.: N 16,33 Ol 20,67%.(343,08) Gef.: N 16,38 0120,34%.

Schließlich habe ich auch von einem mit Natronlauge-Essig¬säure umkristallisierten Präparat des Alio- methylen-dioxopiperazinsden Molekularumfang in Besorcinlösung bestimmt.

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0,0188 g Substanz in 19,6 g JJesorcin:

J= 0,069°, 0,065°, 0,066°, im Mittel 0,067°.

C5H602N2. ßer.: M = 126.

Gef.: M = 93,1.

Um mich auch hier zu überzeugen, daß das Präparat während

der Bestimmung nicht zersetzt war, habe ich es hinterher mit

Wasser gefällt, abzentrifugiert und sehr sorgfältig mit insgesamt150 ccm "Wasser gewaschen. Trocknen bei 78° und 0,5 mm über

Phosphorpentoxyd.

3,155 mg Substanz, 0,617 ccm N (22°, 750 mm, 50% KOH).

C6H602N2 (126,06). Ber.: N 22,22%.Gef.: N 22,37%.

Hydrolyse von d,l- Glyeyl-serin- anhydrid mit Salzsäure.

Da aus Iso- und Alio-methylen-dioxopiperazin beim Erwärmen

mit Salzsäure ein Tetrapeptid entsteht, und da das Glyeyl-serin-

anhydrid sich von diesen Piperaziuen nur durch den Mehrgehaltvon 1 Mol Wasser unterscheidet, habe ich es für nötig befunden,es genau auf dieselbe Weise mit Salzsäure zu spalten und in den

Produkten der Hydrolyse ebenfalls nach dem Tetrapeptid zu

suchen. Ich hatte aber damit keinen Erfolg. Dagegen konnte

ich Glykokoll und Serin nachweisen.

0,500 g d, 1-Glyeyl-serin-anhydrid wurden mit der 20fachen

Menge rauchender Salzsäure (D = 1,19) 1 Stunde im geschlossenenKohr auf 100° erhitzt und dann die klare, farblose Lösung unter

geringem Druck verdampft. Im Destillat waren höchstens Spurenvon Brenztraubensäure vorhanden. (Nitroprussidfarbenreaktionschwach positiv, Phenylhydrazinprobe negativ). Mit dem sirupösenRückstand habe ich eine Reihe von vergeblichen Versuchen unter¬

nommen, um das mehrfach beschriebene salzsaure Salz des Tetra-

peptids Cjofl^OgN^Cijj zu finden. Auch mit der Bemühung, das

Ganze mit Äthylalkohol zu verestern und das in Alkohol schwer

lösliche Athylester-bydrochlorid des Tetrapeptids zu fassen1, hatte

Diesen Äthylester habe ich gelegentlich dargestellt, beschreibe ihn aber

nicht weiter.

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ich nicht mehr Glück. Erst nach starkem Einengen der alkoholischen

Flüssigkeit wurden 0,310 g farblose Nädelchen erhalten, die nach

dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 144° (korrigiert) schmolzen

und ebenso das Gemisch mit salzsaurem Glykokoli-ester. Erhalten

also 65°/o der Theorie. Trocknen bei 20° und 1 mm über P206.

4,080 mg Substanz, 0,374 ccm N (210, 738 mm, 50°/0 KOH).

C^H^N, HCl (139,55). Ber.: N 10,04 %.Gef.: N 10,36%.

Das Filtrat vom Glykokoll-ester-salz wurde verdampft und mit

konzentrierter wäßriger Salzsäure 1 Stunde verkocht, wieder ein¬

gedampft und nach E. Fischer und P. Bergeil1 mit /?-Naphtalin-sulfochlorid behandelt. Erhalten wurden 0,22 g, die nach Kristalli¬

sation aus Alkohol bei 210° (korrigiert) schmolzen, und bei genau

derselben Temperatur verflüssigte sich ein Gemisch mit dem

/?-Naphtalinsulfo-d,l-serin, das nach der Vorschrift von E.Fischer

und P. Bergell bereitet war. Ich erhielt bei dieser Hydrolyseaber nur 22°/0 der Theorie an dem Serinderivat. Das ist bei

der erheblichen Zahl der ausgeführten Operationen, der Em¬

pfindlichkeit des Serins und der kleinen Versuchsmenge nicht

verwunderlich.

Alio - 3 - methylen - 6 - methyl - 2,5 - dioxopiperazin

(CeHsOiNg^ aus d, l-Alanyl-d,l- serin -anhydrid.

1,5 g Alanyl-serin -anhydrid2 wurden mit 1,55 g wasserfreiem

ossigsaurem Natrium und 2,2 ccm Essigsäureanhydrid 21/, Stunden

im Bad von 125° erhitzt, wobei sich das schwer lösliche Reaktions¬

produkt aus der braun gefärbten Flüssigkeit als schwach grau

gefärbtes Pulver absetzte. Ich zersetzte in der Kälte das Essig¬

säureanhydrid mit 10 ccm Wasser, zentrifugierte, laugte nochmals

mit der gleichen Wassermenge, dann mit Alkohol aus und kochte

schließlich dreimal mit je 15 ccm Wasser aus. Ausbeute nach

1 B. 36, 3779 (1902).2 E. Fischer und H. Bösner, A. 375, 199 (1910).

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dem Trocknen bei 78° und 0,5 mm über PKosphorpentoxyd 0,36 g

Alio - methylen - methyl - dioxopiperazin.

6,698 mg Substanz, 12,620 mg 002, 3,447 mg H20.

3,925 mg Substanz, 0,689 ccm N (22°, 753 mm, 50°/0 KOH).

C6H802N2 (140,08). Ber.: C 51,40 H 5,76 N 20,00%.

Gef.: 0 51,39 H 5,76 N 20,12 °/0.

Das Präparat enthielt noch 0,57 °/0 Asche, deren Entfernungdurch Auskochen mir bisher nicht gelungen ist. Aus den wäßrigen

Mutterlaugen, mit denen ich das Rohprodukt ausgekocht hatte,erhielt ich, allerdings bei längerem Stehen, regelmäßig das Allo-

anhydrid in hübschen Nädelchen. Die Menge war aber ziemlich

gering. Trocknen bei 78°, und 5 mm über P2Os.

3,025 mg Substanz, 0,532 ccm N (22°, 747 mm, 50% KOH).

C6H802N2 (140,08). Ber.: N 20,00%.

Gef.: N 20,00%.

Das Allo-methylen-methyl-dioxopiperazin löst sich sehr schwer

in kochendem Wasser, aber doch deutlich leichter als das zuvor

beschriebene methylärmere Allo-anhydrid aus Glycyl-serin-anhydrid. Bei längerem Stehen scheidet es sich kristallisiert ab.

In den meisten organischen Mitteln löst es sich so gut wie gar

nicht, in siedendem Phenol auch sehr wenig, dagegen etwas

reichlicher in heißem Resorcin. Man erhält auch hübsche,

mikroskopische, zentrisch angeordnete Nädelchen, wenn man in

kalter, starker Natronlauge löst, mit Wasser verdünnt und mit

Essigsäure ansäuert. Beim Erhitzen mit Natronlauge scheint da¬

gegen eine Veränderung vor sich zu gehen.Beim Versuch, das Allo-anhydrid in Eisessig suspendiert in

Gegenwart von Palladiummohr (nach Tausz-Putnohy) zu hydrieren,wurden in 4 Stunden noch nicht 4°/0 der berechneten Wasserstoff-

menge verbraucht, während nach den früheren Angaben1 beim

entsprechenden Iso-piperazin schon nach 10 Minuten 70°/0 der

Theorie aufgenommen waren.

1 Bergmann, Miekeley und Kann, A. 445, 32 (1925).

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Zerteilüngsgrad in Besorcinlösung.

Zur Bestimmung des Molekulargewichtes wurde in Resorcin

bei 120° aufgelöst, was etwa 15 Minuten dauerte, dann vergingaber noch etwa 1ji— 1 Stunde, bis der Gefrierpunkt, der dauernd

sank, konstant wurde. Ich habe mich aber selbstverständlich von

dieser Konstanz über ein längeres Zeitintervall hinweg überzeugt.

0,0203 g Substanz gelöst in 17,8 g ßesorcin:

J= 0,057°, 0,060°, 0,061°, im Mittel 0,059°.

0,0483 g Substanz gelöst in 17,8 g Resorcin :

J= 0,152°, 0,151°, 0,149°, im Mittel 0,151°.

C,H8Ü,N,. Ber.: M = 140.

Gef.: M = 125 und 117.

Der zweite Wert wurde durch Zugabe von weiterer Substanz

nach der ersten Bestimmung erhalten, so daß hier im ganzen

3*1^ Stunden auf 110 —120° erhitzt war. Am Schluß wurde die

gelöste Substanz durch Weglösen des Resorcins mit insgesamt80 com Wasser, Zentrifugieren und wiederholtes Auskochen mit

im ganzen 20 com Wasser regeneriert. Dabei ging naturgemäßviel verloren. Trocknen bei 78° und 0,5 mm über Phosphor-

pentoxyd.

3,380 mg Substanz, 0,580 com N (20°, 749 mm, 50 °/0 KOH).

0„H802N2 (140,08). Ber.: N 20,00 °/0.

Gef.: N 19,70%.

Das Régénérât zeigte alle Eigenschaften des ursprünglichen Allo-

anhydrids; es löste sich farblos, nicht mit gelber Farbe in Natron¬

lauge (Unterschied vom Iso-anhydrid).Daß kein tiefergehender Eingriff stattgehabt hatte, zeigte weiter

die Hydrolyse mit Salzsäure bei einer größeren Menge Anhydrid,die in der gleichen Weise mit Resorcin behandelt und regeneriertworden war. Regeneriert 0,124 g aus 0,208 g des ursprünglichenPräparates entsprechend 60°/0 der Theorie.

0,110 g dieses Regenerates gaben bei der Hydrolyse mit Salz¬

säure das Tetrapeptid, von dem weiter unten die Rede sein wird.

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Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten

0,106 g entsprechend 69% der Theorie.

3,245 mg Substanz, 0,412 ccm N (23°, 753 mm, 50% KOH).

5,420 mg Substanz, 4,082 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).

C12H2206N4C12 (389,13). Ber.: N 14,40 01 18,23%.(lef.: N 14,51 01 18,63%.

Spaltung mit Salzsäure zum Tetrapeptid 0laH2206N4Ci2.

Während bei der Hydrolyse des isomeren Iso-methylen-

methyl-dioxopiperazins bisher das entstandene Tetrapeptid von

Bergmann, MieJceley und Kann, sowie von Stather nur in Form

seines Methylester-hydrochlorids isoliert wurde, das bei der Analyse

einige Schwierigkeiten bereitet1, ist mir jetzt bei der Hydrolysedes Allo-piperazins die Gewinnung des salzsauren Salzes vom

freien Tetrapeptid gelungen. Damit ließ sich seine Zusammen¬

setzung noch einwandfreier sicherstellen, als dies bisher möglichwar. Zur Identifizierung habe ich aber auch hier wieder das

Methylester-hydrochlorid bereitet.

0,40 g Alio -methylen- methyl - dioxopiperazin wurden 8 ccm

rauchender Salzsäure (D = l,19) 3/4 Stunden auf 100° erhitzt,die klare Lösung mit Wasser verdünnt and unter geringem Druck

eingedampft. Der Rückstand kristallisierte in zentrisch ver¬

wachsenen Nadeln und Prismen. Sie wurden in 4 ccm n/1 Salz¬

säure gelöst, mit 20 ccm Eisessig und dann mit viel Äther versetzt.

Bald schieden sich farblose, dünne Nädelchen ab. Nach noch¬

maliger Kristallisation betrug ihre Menge noch 0,316 g = 57°/0der Theorie.

4,703 mg Substanz (bei 20° und 0,5 mm über Ps,08 getrocknet), 6,437 mg C03,2,342 mg H20.

3,680 mg Substanz, 0,472 ccm N (24°, 747 mm, 50% KOH).

9,640 mg Substanz, 7,200 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).

C12H2206N4C12. Ber.: 0 37,01 H 5,70 N 14,40 0118,23%.

(389,13) Gef-: 0 37i33 h 5,57 N ^49 C1 18,48%.

1 Vgl. H. 152, 201 (1926).

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Das Salz zersetzt sich im Kapillarrohr ohne sich vorher zu

verfärben gegen 261 — 264° (korrigiert) unter starker Bräunungund Gasentwicklung. An der Luft zieht es kein Wasser an. Es

gibt Biuretreaktion, wenn auch nicht so stark, wie das methylärmereAlio - methylen - dioxopiperazin.

Das Methylester-hydrochlorid wird in der üblichen Weise her¬

gestellt. 0,245 g Tetrapeptid-hydrochlorid werden in 20 ccm Methyl¬alkohol gelöst, ohne Kühlung mit Chlorwasserstoff verestert, im

Vakuum eingedampft und die Operationen wiederholt. Nach dem

Lösen in 4 ccm n/1 Salzsäure wird mit viel Aceton gefällt und zur

Analyse nochmals in derselben Art umkristallisiert: Zentrisch

angeordnete, farblose Nadeln, die sich bei 243° (korrigiert) zer¬

setzen. Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.Erhalten 0,211 g entsprechend 83°/0 der Theorie.

3,620 mg Substanz, 0,441 ccm N (21°, 753 mm, 50% KOH).

5,675 mg Substanz, 4,102 mg AgCl (nach Pregl).

5,215 mg Substanz, 3,115 mg AgJ (nach Zeisel).

CuHmOjN^CI,. Ber.: N 13,90 Ol 17,59 CH30 7,69%.

(403,14) Gef.: N 14,01 Cl 17,88 CH30 7,89%.

Spaltung von Dibenzal-dioxopiperazin zu Phenylbrenz¬traubensäure.

3 g Dibenzal-dioxopiperazin werden 13 Stunden mit 100 ccm

Eisessig und 100 ccm konzentrierter Salzsäure am Rückfluß zum

Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen wird von 1,1 g unverändertem

Dibenzal-dioxopiperazin abgesaugt (identifiziert durch Schmelzpunktbei 292° [unkorrigiert]). Das Filtrat wird bei 50° Badtemperaturim Vakuum eingedampft, der gelbliche Bückstand mit Äther

extrahiert, zur Trockne gebracht und aus Benzol umkristallisiert:

Silberglänzende, sechseckige Blättchen vom Schmelzpunkt 154-155°.

Kurz darüber Zersetzung. Mit Eisenchlorid tritt die charak¬

teristische tief blaugrüne Färbung der Phenylbrenztraubensäure

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ein. Die Kristalle sind leicht löslich in Äther, heißem Wasser

und Alkohol (dil.) und Benzol, recht schwer in Eisessig und ab¬

solutem Alkohol. Trocknen bei 20° und 1 mm über Phosphor-

pentoxyd. Erhalten 1,25 g entsprechend 59°/0 der Theorie.

0,0830 g Substanz, 0,1996 g CO,,, 0,0365 g H20.

OeH803 (164,1). Ber.: 0 65,84 fl 4,91 %.

Gef.: C 65,61 H 4,92%.

Enfilin. 6

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Zusammenfassung.

Im Anschluß an Arbeiten von M. Bergmann und H. Krause

wird die Einwirkung von Formaldehyd auf Aminosäure-salze

systematisch untersucht und durch Darstellung eines Triformal-

glycin-kupfers der Nachweis geleistet, daß auch Aminosäure-salze

Triformalverbindungen zu bilden vermögen. Es wird ferner gezeigt,daß die von H. Krause beschriebenen Verbindungen vom Typuseines sogenannten Oxytrimethylen - glycins aus der Literatur zu

streichen sind, da ihren zwei einzigen kristallisierten Vertretern,

einem Kupfer- und einem Bariumsalz, andere Strukturen zu¬

kommen: Das Kupfersalz wird mit dem obengenannten Triformal-

glycin-kupfer identifiziert, das Bariumsalz mit dem Methylen-glycin-barium von Bergmann. Als identisch mit diesem letzteren

erweist sich auch das sogenannte Oxymethyl-glycin- barium von

Krause. Damit reduziert sich die Zahl der Verbindungstypenvon Formaldehyd und Glykokoll-salzen auf zwei: Methylen- und

Triformal-Verbindungen.Es wird eine neue, allgemein anwendbare Methode zur Dar¬

stellung von Azomethinverbindüngen aus aromatischen AldehydenundAminosäure- oderPeptid-salzen in wäßriger Lösung beschrieben,auf diesem Wege die Synthese einiger solcher Stoffe durchgeführt,und weiter an einem Beispiel eine einfache Möglichkeit zur Ge¬

winnung auch leicht löslicherAryliden - aminosäure - ester besprochen.Im Anschlüsse daran werden Acylderivate des Benzyliden-glycinshergestellt, ihre Struktur diskutiert und auf Grund ihrer Eigen¬schaften im Gegensatz zu Scheibler und Baumgarten die For¬

mulierung als Oxazolidonderivate vorgezogen.

Es wird eine neue Methode zur Darstellung „hochmolekularer"Anhydride aus Serin als Komponente enthaltenden Dioxopiperazinen

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angegeben und auf diesem Wege ein Allo-3-methylen-2,5-dioxo-

piperazin und ein Alio-3-methylen-6-methyl-2,5-dioxo-piperazin

hergestellt, die den,.hochmolekularen " Iso-anbydriden von Berg¬

mann, Mieheley und Kann isomer sind. Es wird an ihnen der

Nachweis des übermolekularen Zustandes durch variierende Ag¬

gregatgröße in verschiedenen Medien und die Erscheinung der

Isomeric hochmolekularer Stoffe erörtert, die dazu führt, auch

bei diesen Stoffen chemische Verschiedenheiten als in der Struktur

des Elementarbausteins bedingt und nicht als allein vom Aggre¬

gationsgrad abhängig anzunehmen. Diese Anschauung wird auf

die Betrachtung komplexer Kohlehydrate ausgedehnt. — Es wird

weiter die leichte Wasserabspaltung an der Oxygruppe des Glycyl-und Alanyl-serin-anhydrides als Folge der durch den Ringschlußzum Dioxopiperazin gesteigerten Labilität der Substituenten am

außerhalb des Ringes stehenden /?-Kohlenstoffatom diskutiert, und

auf Grund von Versuchen am Dibenzal-dioxopiperazin auf die

wichtige Rolle der Methylengruppe bei der Bildung der „hoch¬molekularen" Iso- und Allo-anhydride hingewiesen.

Anmerkung: Die vorliegende Arbeit ist auszugsweise erschienen in

H. 145,194 bis 201 (1925); B. 58, 1034 bis 1043 (1925): A. 448, 38 bis 48 (1926).

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Curriculum vitae.

Ich, Hellmut August Enßlin, wurde 1902 in Zürich geborenals Sohn des Kaufmanns August Enßlin. Ich besuchte die Primar¬

schule und darauf die Kantonsschule (Literargymnasium) in Zürich.

Nach der Maturitätsprüfung im Herbst 1920 begann ich das

Studium der Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hoch¬

schule in Zürich, war 1922/23 während zwei Semestern zur Fort¬

setzung meiner Studien an der Technischen Hochschule zu Berlin

beurlaubt, und bestand im Frühjahr 1924 die Diplomprüfung an

der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Zur

weiteren Ausbildung war ich im Sommersemester 1924 in Paris

und seit Herbst 1924 zur Ausführung meiner Promotionsarbeit

am Kaiser Wilhelm-Institut für Lederforschung in Dresden.