Rights / License: Research Collection In Copyright - …...Die vorliegende Arbeit wurde am Kaiser...
Transcript of Rights / License: Research Collection In Copyright - …...Die vorliegende Arbeit wurde am Kaiser...
Research Collection
Doctoral Thesis
Ueber Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen und über neuartigeAnhydride von Aminosäuren
Author(s): Ensslin, Hellmut
Publication Date: 1926
Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000092326
Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection. For moreinformation please consult the Terms of use.
ETH Library
Ober Aldehyd-Aminosäure-Verüindunoßnund Ober neuamge Anhydride von Aminosäuren.
Von der
Eidgenössischen Technischen Hochschule
in Zürieh
zur Erlangung der
Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften
genehmigte
Nr. 465. Promotionsarbeit
vorgelegt von
Hellmut Enßlin, dipl. Ingenieur-Chemiker
aus Zürich.
Referent: Herr Prof. Dr. E. Winterstein.
Korreferent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz.
Weida i. Thür. 1926.
Druck von Thomas & Hubert
Spezialdruckerei für Dissertationen.
Leer - Vide - Empty
Meinen Eltern
Leer - Vide - Empty
Die vorliegende Arbeit wurde am Kaiser Wilhelm-Institut
für Lederforschung, Dresden ausgeführt.Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Max Berg¬
mann, bin ich für Anregung und Förderung bei der Ausführungder Arbeit zu herzlichem Dank verpflichtet.
Leer - Vide - Empty
Inhaltsverzeichnis.Seite
Einleitung 9
Theoretisoher Teil 11
I. Über Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen 11
A. Ältere Arbeiten 11
1. Die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak und Ammoniak¬
derivate 11
2. Die Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren 15
a) Aliphatische Aldehyde und Aminosäuren 18
b) Aromatische Aldehyde und Aminosäuren 21
B. Eigene Untersuchungen 24
1. Über die Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll . .24
2. Über die Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Amino¬
säuren und Peptiden 30
II. Über neuartige Anhydride von Aminosäuren 35
A. Altere Arbeiten 35
B. Eigene Untersuchungen 47
Experimenteller Teil 56
I. Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen 56
1. Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll 56
2. Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Aminosäuren und
Peptiden 61
II. Neuartige Anhydride von Aminosäuren 68
Zusammenfassung .82
Leer- Vide - Empty
Einleitung.
Die bisherigen Untersuchungen über die Natur der Eiweißstoffe,die ihren Höhepunkt in den klassischen Arbeiten Emil Fischers
fanden, haben zu dem Ergebnis geführt, daß die Proteine bei
völliger Hydrolyse als wesentliche Bausteine Aminosäuren geben,daß die bei teilweisem Abbau erhaltenen Peptone den synthetischhergestellten Polypeptiden nahe verwandt sein dürften und daß
Polypeptide selbst aus den Spaltprodukten isoliert werden konnten.
Gegenwärtig beschäftigt sich die Forschung in zahlreichen Arbeiten
mit der Frage, ob neben der reinen Peptidbindung (Säureamid-bindung) noch andere Bindungen als wesentliche Bestandteile in
den Proteinen vorkommen und sucht deren Art zu ermitteln. Zum
Studium der feineren Bindungsverhältnisse der Eiweißstoffe hat
man häufig auch ihr Verhalten gegen Aldehyde untersucht und
hat zum Vergleich auch das Verhalten der Aminosäuren gegen
Aldehyde herangezogen. Solchen Forschungen kommt gleichzeitigein gewisses technisches Interesse zu im Hinblick auf die Er¬
scheinungen der Aldehyd- und Chinongerbung.Zu diesen Fragen möchte meine Arbeit einen Beitrag liefern,
indem sie zunächst die Einwirkung des Formaldehyds und
einiger aromatischer Aldehyde auf Aminosäuren be¬
handelt. Die Untersuchung führte zur Klarlegung der strukturellen
Verhältnisse bei Verbindungen von Formaldehyd mit Glykokoll-salzen und ferner zu einer neuen allgemein anwendbaren Methode
zur Darstellung von Aldehyd-aminosäure- und Aldehyd- peptid-salzen von dem allgemeinen Typus
RCH = N.OHß'-OOOMe'. (1)
— 10 —
Im zweiten Teil meiner Arbeit sollte die Einwirkung von
Aldehyden auf Aminosäure-anhydride (Dioxopiperazine) behandelt
werden, wie sie schon von Sasaki in Gegenwart von Essigsäure¬
anhydrid und Natriumacetat vorgenommen worden ist. Dabei
wurde die überraschende Feststellung gemacht, daß manche
Dioxopiperazine schon mit Essigsäureanhydrid und
Natriumacetat allein, also in Abwesenheit von Aldehyden, unter
Wasserabspaltung in einen Zustand übergeführt werden
können, der dem der natürlichen Proteine in ihrem über¬
molekularen Verhalten in mancher Beziehung entspricht.Die erhaltenen Verbindungen erwiesen sich als isomer mit erst
kürzlich aufgefundenen hochmolekularen Aminosäureanhydridenvom Piperazintypus und stehen mit ihnen im engsten genetischen
Zusammenhang. Es läßt sich an ihnen als einem einfachen Modell
ein weiterer Einblick in die Strukturmögliehkeiten der Proteine
im besonderen, des hochmolekularen Zustandes im allgemeinen
gewinnen.
Theoretischer Teil.
I. Über Aldehyd-Aminosäure-Verbindungen.
A. Ältere Arbeiten.
1. Die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak und
Ammoniakderivate.
Ganz allgemein bilden Aldehyde und Ketone mit Ammoniak¬
derivaten Verbindungen, in denen der Carbonylsauerstoff durch
einen zweiwertigen stickstoffhaltigen Rest ersetzt ist1. Diese
Reaktion ist so allgemein und tritt meist auch so leicht ein, daß
sie direkt als Kriterium für die Zuordnung eines Stoffes zur
Klasse der Aldehyde und Ketone verwendet wird. Als stickstoff¬
haltige Komponenten kommen außer Ammoniak und Aminen
besonders Hydroxylamin, Semicarbazid und Phenylhydrazin in
Betracht. Die Reaktion von Carbonylverbindungen mit den zuletzt
angeführten Substanzen verläuft im Gegensatz zu den mannig¬
faltigen Umwandlungsmöglichkeiten bei Aldehyd-ammoniaken und
-aminen durchaus einheitlich so, daß 1 Mol Aldehyd oder Keton
mit 1 Mol der Base sich zu einer tertiären Verbindung mit der
Azomethingruppe — CJEI = N— vereinigt, also zu
Oximen ROH = NOH (2)
öemicarbaz'onen. .
ROH = N-NHCONH2 (3)
Phenylhydrazonen .RCH = N • NH • CeH6. (4)
1 Vgl. V. Meyer und P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie,II. Aufl., Bd. 1, Teil 1, S. 668.
— 12 —
Diese Verbindungen werden deshalb in der organischen Analysezur Charakterisierung der einzelnen Aldehyde und Ketone ver¬
wendet, da sie auch im Gegensatz zu den Ausgangsstoffen meist
kristallisieren und scharf schmelzen.
Es darf als feststehend angenommen werden, daß die Reaktion
zwischen Aldehyden und Aminen über Anlagerungsverbindungen
führt, die von der Hydratform
v0H/XOH
der Oarbonylverbindungen abgeleitet werden können. Diese Stufe1
läßt sich für Ammoniak, primäre und sekundäre Amine folgender¬maßen formulieren:
OH OH OH
(5) RCH<( (6) RCH^ (7) RCH<NH2 NHR' : N(R')(R")
-Ha0-=.° /\
NHR' y N(R')(R")(8)ECH=NH (9)itCH = NÄ' (10) EOH<^ (11) RCH<^
NHß' N(R')(&")
Als Derivate des Athylidenglykols sind diese Verbindungen, die
man übrigens in manchen Fällen auch im Sinne der Wemerschen
Theorie2 formulieren kann, meistens wenig beständig und zerfallen
leicht wieder in ihre Komponenten oder spalten bei (5) und (6)Wasser ab, wobei sie in bestimmten Fällen noch in Polymereübergehen. Andererseits kann sich auch an (6) und (7) ein
weiteres Mol Amin unter Wasserabspaltung anlagern zu (10)und (11), bei (5) neben Ammoniak noch weiterer Aldehyd in die
Verbindung eintreten (z. B. bei den flydramiden). Welche von
diesen Reaktionen bei den verschiedenen Verbindungen eintritt,ist völlig abhängig von der Natur der einzelnen Substituenten.
So neigen Kupplungsprodukte mit einem aliphatischen Al¬
dehyd als Komponente im allgemeinen sehr zur Polymerisation.
1 Vgl. V. Meyer und P. Jacobson, Lehrbuch der organischen Chemie,IL Aufl., Bd. I, Teil 1, S. 750.
2 Vgl. P. Pfeiffer, Organische Molekülverbindungen, besonders S. 14ff.,22 ff., 69, 260 (1922).
— 13 —
Bei der Einwirkung von aromatischen Aldehyden entstehen
dagegen fast ausschließlich monomolekulare Azomethine vom
Typus (9). Die Reaktion verläuft besonders glatt, wenn auch
das Amin aromatischen Charakter besitzt, und führt im einfachsten
Fall zum Benzyliden-anilin. Da H. Schiff1 zuerst solche Körper
untersuchte, werden oft aromatische und aliphatische Verbindungenvon diesem Typus (9) als Schiffsohe Basen bezeichnet.
Den genannten Verbindungstypen haben erst kürzlich Bergmannund Mieheley2 einen neuen angereiht, der freilich bisher nur für
die Kondensation von aliphatischen Aldehyden mit primärenAminen in Betracht kommt. Diese Forscher erhielten Triformal-
und Triacetaldehyd-verbindungen (12, 13), für die sie vorläufig
zyklische Struktur annehmen. Die Triacetaldehyd-verbindungensind als Alkylsubstitutionsprodukte des bekannten Paraldimins (14)aufzufassen : OH3
0—CH 0—CH
(12) CH2<( >NR (13) CH3CH^ ^>NR0—CH2 0—CH •
0H3 CH3
0—CH
(14) CH3CH<( )>NH.0—CH
CH3
HDer ungesättigte Charakter der Oarbonylgruppe — c/ befähigt
^0die Aldehyde zur Bildung von Additionsprodukten und Polymeren.In der gleichen Richtung wirkt die Doppelbindung der Azomethine;sie findet ihren Ausdruck in der leichten Bildung von Anlagerungs¬
verbindungen z. B. mit Bisulfit3, Blausäure, Salzsäure oder auch
Malonsäure4; sie bedingt aber auch die Valenzabsättigung durch
1 A. 131, 118 (1864); 140, 92 (1866); 148, 330 (1868); 201, 335 (1880).2 B. 57, 662 (1924); vgl. auch M. Bergmann, M. Jacobsohn und H. Schotte,
H. 131, 18 (1923).3 Vgl. Raschig, B. 59, 859 (1926), Konstitution.
4 Vgl. K. W. Rosenmund und Th. Böhm, A. 437, 125 (1924); dort
weitere Literaturangaben; dazu auch H. D. Dahin, Journ. of Biol. Chem. 7,49 (1909); C. 1910, I, 906.
— 14 —
Polymerisation1, durch weitere Aldehydanlagerung (wie sie die
Befunde M. Bergmanns zeigen), oder schließlich durch weitere
Kondensation mit Aminen (wie z. B. in den Hydramiden). Durch
Substitution von Phenylresten wird der ungesättigte Charakter der
Doppelbindung abgeschwächt, eine bekannte Erscheinung bei der¬
artigen Verbindungen.Bekanntlich führten die Isomerieverhältnisse bei Kondensations¬
produkten von Aldehyden und Ammoniakderivaten, zumal bei den
Oximen und Hydrazonen Hantzsch und Werner* zur Aufstellungder Hypothese, daß „die drei Valenzen des Stickstoffatoms bei
gewissen Verbindungen nach den Ecken eines jedenfalls nicht
regulären Tetraeders hin gerichtet sind, dessen vierte Ecke vom
Stickstoffatom selbst eingenommen wird", und zur Annahme, daß
eine solche Anordnung der Stickstoffvalenzeu auch bei Verbindungenmöglich sei, die das Stickstoffatom als Glied einer offenen Kette
doppelt gebunden enthalten. Verbindungen vom TypusX
>C=NZ,T
bei denen X und Y verschieden sind, müssen also in zwei
Konfigurationen3 auftreten, dargestellt durch die Projektionen
X—C-Y X—C—Y
(15) 1 und ||N—Z Z—N
Bei Oximen und Phenylhydrazonen sind solche Fälle schon langebekannt, während bei den Schiffschen Basen der Nachweis erst 1909
durch Manchot und Furlong4, erfolgte, die den o-Oxybenzyliden-aminobenzoesäure-äthylester in zwei stereoisomeren Formen er¬
hielten:
HO-06Ht-OH HO-C6H4CH(16) II und II
N-OÄ-CÜÄHs C2HBC02-C6H4.N
1 Vgl. C. K. Ingold und H A. Piggott, Soe. 121, 2793 (1922); 123,2745(1923); C. K. Ingold, Soc. 125, 87 (1924).
s B. 23, 11 (1890); F. Hund, Zeitschr. f. Physik 81. 95, 106 (1925); auch
K. Heß Naturwissenschaften 14, 183 (1926).s Vgl. dazu J. Meisenheimer zuletzt A. 446, 205 (1925).4 B. 42, 3030 (1909); F. M. Jäger, C. 1921, I, 441.
— 15 —
Darnach mußte auch bei den in dieser Arbeit untersuchten
Aldebydverbindungen von a-Aminosäuren das Auftreten von der¬
artigen Stereoisomeren in Betracht gezogen werden.
2. Die Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren.
Im Gegensatz zu den vielseitigen und zahlreichen Unter¬
suchungen über die Einwirkung von Aldehyden auf Ammoniak
und Amine war über die Wechselwirkung von Aldehyden und
Aminosäuren bis vor kurzem wenig bekannt. Man bestimmte
wohl nach Sörensen1 mit Hilfe der Formoltitration die Amino-
gruppen bei den Aminosäuren und nahm allgemein an, daß sich
bei dieser Operation Formalverbindungen der Aminosäuren bildeten
nach Art der Schiffschen Basen ; einwandfrei isoliert wurden aber
Aldehyd-aminosäure-salze erst neuerdings von H. Krause*, dem
aber keine völlige Strukturaufklärung dieser Verbindungen gelang.Die weitere Untersuchung dieser Verbindungen gewann be¬
sonderes Interesse, weil nach der Hypothese von Baeyer3 Form¬
aldehyd als intermediäres Produkt der pflanzlichen Assimilation
anzunehmen wäre und es durchaus möglich erschien, daß seine
kondensierende Polymerisation zu Zuckern erst über Verbindungenirgendwelcher Art mit Proteinkörpern zustande käme. Fernerhin
mußte in gerbereichemischer Hinsicht von solchen Forschungenweiterer Aufschluß über das Wesen der Aldehydgerbung erwartet
werden. Es ist ja bekannt, daß Formaldehyd gerbende Eigen¬schaften besitzt; so führt Formaldehyd Proteine wie Gelatine und
Casein unter Härtung in unlösliche Körper über und bewirkt, daß
mit Formaldehyd behandelte Hautsubstanz nicht mehr zu Leim
verkocht werden kann4. Man darf wohl auch hier die Affinität
des Formaldehyds zu jeder Art von Ammoniakderivaten als Ur¬
sache für den Eintritt einer Reaktion ansehen, und die Aldehyd-
1 Bio. Z. 7, 43 (1907).2 B. 51, 136, 542, 1556 (1919); 52, 1211 (1920).3 B. 3, 68 (1870).4 Vgl. z. B. Schwarz, H. 31, 460.
— 16 —
Wirkung auf die Stickstoffatome des Kollagens1 lokalisieren. Es
läßt sich also die Gerbung an Hand eines einfachen und einheit¬
lichen Gerbmittels, wie es der Formaldehyd darstellt, studieren,
möglichst wenig beeinträchtigt durch spezifisch physikalische
Vorgänge (z. B. Adsorption), die bei den üblichen kolloiden Gerb¬
stoffen stark in Erscheinung treten.
Schiff2 hat als erster in Erweiterung seiner Untersuchungenüber die nach ibm benannten Basen durch die Umsetzung von
aromatischen Aldehyden und aromatischen Aminosäuren in
wäßriger Lösung die entsprechenden Azomethinverbindungen er¬
halten, so aus Salicylaldehyd und m-Aminobenzoesäure das
(17) HO-C6H4-CH = N.C6H4-COOH,
aus Salicylaldehyd und Aminosalicylsäure das
(18) HO• C6H4-OH = N• OaH3(OH)•OOOH 8.
Schwierigkeiten bereitete teilweise schon die Anwendung von
aliphatischen Aldehyden an Stelle der aromatischen, und beim
Ersatz der kernamidierten aromatischen Säuren durch Amino¬
säuren, deren Aminogruppe in einer aliphatischen Kette
gebunden ist, konnte Schiff einwandfreie Kondensationsprodukteim allgemeinen nicht mehr fassen, und nur beim Asparagin4 eine
kristallisierte Monoformalverbindung gewinnen. Gerade diese
Aminosäuren mit aliphatisch gebundener Aminogruppe be¬
anspruchen besonderes Interesse, da sie bei jeder Hydrolyse von
pflanzlichem oder tierischem Eiweiß mit Säuren, Alkalien und
Permenten als Spaltprodukte gewonnen werden. In der vor¬
liegenden Arbeit handelt es sich stets um solche Aminosäuren,sofern nicht ausdrücklich anderes bemerkt ist. In eben jener
Untersuchung über Asparagin und Asparaginsaure gelaug es Schiff
1 Vgl. z. B. E. Stiasny, Collegium 1908, 132; 0. Gerngroß, ebenda 1920, 2;W. Fahrion, ebenda 1920, 128; dagegen Modler, ebenda 1918, 32.
2 A. 210, 114 (1881).8 Vgl. ferner die Literatur über die Einwirkung von Aldehyden auf
kernamidierte aromatische Säuren: Niementowski und Orzechowski, B. 28,2809 (1895); G.Heller und G. Fieselmann, A. 324, 118 (1902); J. Houben
und H. Arnold, B. 41, 1565 (1908).4 A. 310, 25 (1900).
— 17 —
zum ersten Male Amin- und Säurefunktion der Amino¬
säuren zu trennen1: Er stellte fest, daß eine neutrale Lösungvon Asparagin auf Zusatz von Formol sauer wurde, daß also der
amphotere Charakter der Aminosäuren offenbar durch Festlegungder Aminogruppen verloren ging. In einfacher Analogie zu den
früher von ihm isolierten Verbindungen formulierte dieser Forscher
den Vorgang als Bildung von Methylen-aminosäuren:
CH2=N.OH(ß)-COOH. (19)
8. P. L. Sörensen* gelang es, diese Umsetzung zu einer all¬
gemein anwendbaren quantitativen Eestimmungsmethode von
Aminosäuren auszubauen. Auf Grund der Gleichung
RCH-ra, HCOH ÄCH.N = CH2 H20I + Z *" I + (20)COOH KOH COOK H20
wies er auf die ausschlaggebende Rolle der Hydroxylionen-konzentration beim Umschlagspunkt des Indikators hin. Die
Einwirkung von Formol und Lauge auf die Aminosäuren führt zu
einem Gleichgewichtszustand, der von den Mengen aller anwesenden
Stoffe abhängig ist. Eine Vermehrung der Lauge verschiebt also
das Gleichgewicht nach rechts, gleich wie eine Verminderung des
"Wassers oder eine Vermehrung des Aldehyds. Auf Grund dieser
Überlegung stellte Sörensen die für einen möglichst vollständigenßeaktionsverlauf genügende Wasserstoffionenkonzentration mit
10~9 bis 10—9'5 fest, und titrierte deshalb mit Phenolphtalein bis
zur stark roten Färbung. Die Methode leistet besonders beim
Verfolgen der proteolytischen Spaltung von Eiweißstoffen großeDienste. Denn bei jeder derartigen Spaltung werden Amino- und
Carboxylgruppen freigelegt. Die zu den einzelnen Zeitpunktendurch Festlegung der Aminogruppen mit Formaldehyd der Titration
zugänglichen Carboxylgruppen geben ein Maß für den Fortgangder Proteolyse. Eine weitere Unterscheidung über die Art der
jeweils vorliegenden Spaltprodukte, ob Aminosäuren oder Peptide,
1 Vgl. weiter A. 319, 59, 287 (1901); 325, 348 (1902).2 Bio. Z. 7, 43 (1907) ; vgl. auch H. Jessen - Hansen, in Abderhaldens
Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden, 1922, Teil 8, S. 245.
Enßlin. 2
— 18 —
bei enzymatischer Proteolyse erlaubt die bekannte Methode von
Willstätter und Waldschmidt-Leite1.
Die Arbeiten von Sörensen verfolgten nicht den Zweck, die
bei der Formoltitration entstehenden Verbindungen zu isolieren,
dagegen versuchte man später noch verschiedentlich Kupplungs¬
produkte von Aldehyden und Aminosäuren herzustellen. Es sei
zuerst über die Arbeiten berichtet, die sich mit der Einwirkungder aliphatischen Aldehyde beschäftigen, daran anschließend über
die bisherigen Untersuchungen über die Wechselwirkung von
aromatischen Aldehyden und Aminosäuren.
a) Aliphatische Aldehyde und Aminosäuren.
Sichere Unterlagen für die Annahme der Bildung von Methylen¬verbindungen bei der Formoltitration waren lange Zeit kaum vor¬
handen. "Wohl beschrieb H. Schiff* neben dem schon erwähnten
Methylen - asparagin noch aldehydreichere Asparaginverbindungenund ein Methylen-alanin, berichtet W. Löbs über ein Methylen-
glykokoll, -ff Euler4' über Trimethylenderivate bei Asparagin,Alanin und Tyrosiu, Framen und Fellmer6 über Methylen¬
verbindungen von verschiedenen anderen Aminosäuren, auch von
Grlycylglycin ; in keinem Falle ist jedoch die Einheitlichkeit der
erhaltenen Verbindungen nachgewiesen, da außer dem Methylen-
asparagin kaum kristallisierte Körper erhalten wurden.
H. Krause (loc. cit.) gelang es bei der Einwirkung von Form¬
aldehyd auf Glycin-salze in wäßriger Lösung kristallisierte Ver¬
bindungen zu gewinnen, die er in zwei Typen formulierte, die
einen abgeleitet vom sogenannten Oxytrimethylen-glycin (21), die
anderen vom N-Oxymethyl-glycin (22):CB2—N-CH2.OOOH
/
(21) CH(OH) (22) COOH-OHj.NH—CH2OH\
CH2 —N.OH2-COOH
1 B. 54, 2988 (1921).2 Loc. cit.; A. 319, 631 (1901).s Bio. Z. 51, 116 (1913).4 C. 1905, I, 941.
5 J. pr. (2) 95, 299 (1917).
— 19 —
M.Bergmann und Mitarbeiter1 haben in den letzten Jahren die
Einwirkung von Aldehyden auf Aminosäuren und ihre Derivate im
Hinblick auf verschiedene Bindungsarten des Stickstoffs systematisch
untersucht, um so einen Einblick in den Chemismus der Aldehyd-gerbung zu gewinnen. Sie unterscheiden hierbei drei Hauptgruppen :
1. Die Verbindungen, in denen der Stickstoff säureamid-
artig gebunden ist, eine Bindungsart, die nach den ForschungenE. Fischers in den Proteinen in überwiegendem Maße der Ver¬
knüpfung der einzelnen Aminosäuren dient.
2. Ferner Verbindungen, in denen man mit freien Amino-
gruppen zu rechnen hat. Dieses Modell ist wichtig zur Be¬
urteilung des Verhaltens von Diaminosäuren wie Lysin und
Arginin im Eiweiß, bei denen nur eine Aminogruppe zur Peptid-
bindung befähigt erscheint.
3. Schließlich Verbindungen, die in Nachbarstellung zur
Amino- eine Hydroxylgruppe enthalten, wie Serin. Bei ihnen
könnte man nach dem Vorgang von Knorr und Matthes* bei der
Einwirkung von Aldehyden auf Oxyamine die Bildung von
Oxazolidinen erwarten:
ROH CHR' RCH OHR'
| | + CH20 = | | + H20OH NH„ 0 NH (Aä)
vyCH2
Bergmann, Jacobsohn und Schotte erhielten auch bei der Ein¬
wirkung von Formaldehyd auf Dioxopiperazin ein Dimethylol-
dioxopiperazin, das unabhängig von ihnen auch Cherbuliez und
Feers darstellten. Dioxopiperazin verhält sich also ganz gleichwie andere Säureamide, die nach den Untersuchungen von
Einhorn4, ebenfalls Methylolverbindungen bilden:
— CO • NH2 + OH20 = —CO • NR CH2OH. (24)
1 H. 181, 18 (1923); Collegium 1924, 209.
2 ß. 34, 3484 (1901).s Helv. 5, 678 (1922).4 A. 343, 207 (1905); 361, 113 (1908).
2*
— 20 —
Bei Dipeptiden sind derartige Verbindungen bisher noch nicht
gefunden worden, wenn auch nach Versuchen von Svehla1 mit
der Möglichkeit ihres Vorkommens gerechnet werden muß.
Freie Aminogruppen2, wie sie in den Aminosäure-estern
oder -amiden vorliegen, lagern nach Bergmann, Jacobsohn und
Schotte leicht 3 Mole Aldehyd auf eine Aminogruppe an unter
Austritt von 1 Mol Wasser, z. B. :
0-CH2 0-CH2/ \ / \
(25) OH2 N.OH2002C2H6 (26) CH2 N-CH2.CONH2\ / \ /
0—CH2 0 —CH2
Auch Oxyaminosäuren, wie Serin, bei denen Dach den obigen
Ausführungen Oxazolidine zu erwarten wären, zeigen gleichesVerhalten. Bei Säureamiden scheint sich die Säureamidgruppe an
der Eeaktion mit dem Aldehyd nicht zu beteiligen. Es können
also auch die freien Aminogruppen von Aminosäuren mit amid-
artig festgelegtem Carboxyl mit Formaldehyd Triformalverbindungen
bilden, deren Auftreten bei der Formaldehydgerbung oder ähnlichen
Prozessen damit durchaus möglich erscheint.
Bei der Einwirkung von Baryt auf diese Triformalverbindungenwerden dagegen 2 Mole Formaldehyd abgespalten, und man erhält
ein gut kristallisiertes Methylen-glycin-barium, das beim
Trocknen sämtliches "Wasser ohne tiefere Zersetzung abgibt. An
Hand dieses Befundes sprechen die Forscher die Vermutung aus,
daß das von ihnen erhaltene Methylen-glycin-barium3 identisch
sei mit einem Salz, das Krause aus Glykokoll, Baryt und Formal¬
dehyd erhalten und als N-Oxymethyl-glycin-barium4 formuliert
hatte. Das von diesem Forscher beschriebene Oxytrimetylen - glycin-barium6 haben sie nicht isolieren können. Sie halten weiter die
von Krause gewählte Formulierung seiner Oxytrimethylen-glycin-
verbihdungen als Derivate des /3-Diamino-isopropylalkohols für
1 B. 56, 331 (1923).2 Vgl. dazu Seite 13.
3 H. 131, 24 (1923).4 B. 52, 1218 (1919).6 B. 51, 143 (1918); H. 139, 217 (1924).
— 21 —
unvereinbar mit der leichten Spaltung der Körper unter Rück¬
bildung des Formaldehyds. Einen Beitrag zur Klärung der hier
aufgeworfenen Fragen liefert meine Arbeit in ihrem ersten Teil.
b) Aromatische Aldehyde und Aminosäuren.
"Während man es bei der Einwirkung von aliphatischen
Aldehyden auf Aminosäuren mit verschiedenen Typen von Ver¬
bindungen zu tun hat,konnten bei decondensationvon aromatischen
Aldehyden mit Aminosäuren nur Azomethinverbindungen er¬
halten werden, wenn man von den Kondensationsprodukten absieht,
bei denen die der Amino- benachbarte Methylengruppe in Reaktion
tritt. Da beim einfachen Zusammengeben der Komponenten meist
keine Reaktion beobachtet wurde, führte die Darstellung von
Kupplungsprodukten über mehr oder weniger große Umwege und
war nur dann möglich, wenn wiederum die der Aminogruppe be¬
nachbarte Oarboxylgruppe irgendwie festgelegt und damit ihres
sauren Charakters beravibt war.
Zu dieser Maskierung des sauren Charakters hat man das
Verestern und die Salzbildung benutzt, Reaktionen, die bei den
oben erwähnten Kupplungsprodukten mit aliphatischen Aldehydenauch angewendet wurden. Es gelang so Oerngroß und Bitter1
durch einfaches Versetzen einer Lösung von Glycylglycin-äthyl-ester in alkoholischer Lösung mit o-Vanillin oder 2,3-Dioxy-
benzaldehyd, sowie aus 1-Tyrosin-methylester und 2,3-Dioxy-
benzaldehyd die entsprechenden gut kristallisierten Azomethin¬
verbindungen zu erhalten. Diese Forscher fanden, daß die
Verbindungen gegen Wasser und Alkali recht beständig sind, mit
Säuren aber (auch mit der fünffachen Menge n/50 Essigsäure)leicht gespalten werden. Im Gegensatz dazu tritt z. B. Glykokoll-
ester nach den Beobachtungen von H. Scheibler und P. Baumgarten2nicht in dieser einfachen "Weise mit Benzaldehyd oder Piperonal
zusammen, wohl aber wieder mit p-Nitrobenzaldebyds.
1 Bio. Z. 108, 89 (1920).2 B. 55, 1358 (1922).3 0. Gerngroß und E. Zühlke, B. 57, 1482 (1924).
— 22 —
Schon früher hatte Erlenmeyer jun.1 die Umsetzung von
aromatischen Aldehyden mit Aminosäure-s alz en untersucht zur
Synthese von a-Amino-/?-oxysäuren. Er nahm an, daß sich der
Benzaldehyd mit Glykokoll in alkalischer Lösung — er verwendet
NaOH — zuerst zu dem Benzyliden-glycin-natrium vereinigt (27),das sich aber wegen seiner großen Wasserlöslickeit nicht abscheiden
läßt. Diese primär entstehende Benzylidenverbindung kann nun
nach zwei Richtungen reagieren. Einerseits verbindet sie sich mit
weiterem Benzaldehyd zu einem in zwei stereoisomeren Formen
auftretenden Natriumsalz (28), das sich mit Säuren leicht zu den
zwei stereoisomeren Phenylserinen (30) zersetzen läßt unter Ab¬
spaltung von 1 Mol Benzaldehyd. Andererseits bildet sich in
Gegenwart von überschüssigem Benzaldehyd in eigentümlicher Re¬
aktion die Benzylidenverbindung des lsodiphenyloxäthylamins (29).
(27) C6H6.CH = N-CHi!.COoNa
/ \(28) C6H6.CH(OH).CH.COONa - (29 06H5.CH(OH).CH.06H5
I !N = CH.C6H6 N = CH.C6H6
(30) C6H5.CH(OH).CH(NH2).COOH
Beim Einwirken von Anisaldehyd auf Glycin-natrium ver¬
mochte Erlenmeyer jun. ein schwer lösliches Natriumsalz zu fassen,dem er ohne Angabe weiterer Unterlagen die im übrigen von mir als
richtig bestätigte Formel p - CH80 • C6H4 • CH = N • CH2 • COONa
zuschreibt.
E. Abderhalden und H. Spinner* konnten bei gleicher Ver¬
suchsanordnung wie Erlenmeyer — sie ließen ebenfalls 1 Mol
Aldehyd auf 1 Mol Glycin - natrium einwirken — nur dessen
Angaben bestätigen und das bekannte Isodiphenyloxäthylamin(vgl. 29) isolieren.
1 A. 307, 114 (1899); 337, 212 (1904).2 H. 106, 309 (1919).
— 23 —
K. W. Bosenmund und H. Dornsaft1 haben ähnlich wie
Erlenmeyer zur Herstellung substituierter Phenylserine Amino¬
säure-ester in alkoholischer Lösung mit überschüssigem Aldehydund Natriumäthylat kondensiert, auch wieder ohne die als
Zwischenprodukte anzunehmenden Azomethine zu isolieren.
Scheibler und Baumgarten (loc. cit.) fanden nun als erste
einen allgemeiner, auch für Ketone anwendbaren Weg zur Dar¬
stellung reiner Alkyliden-aminosäure-salze. Sie ließen die Aldehyd-
bisulfitadditionsprodukte auf Glycin-ester einwirken, setzten mit
Kaliumcyanid zu den N-Cyanalkyl-aminosäure-estern um, die in
absolut alkoholischer Lösung mit äquivalenten Mengen Alkali¬
hydroxyd und Alkaliäthylat leicht die manchmal schwer löslichen
Alkalisalze geben:
C6H6.OH(CN).NH.CH2.00002H5 + NaOH + NaOC2H5
>- C6H5.CH = N.CH2.COONa + NaCN + 2C2H5OH(30)
Außer dem Benzyliden-glycin-natrium wurden analog die
Piperonylidenverbindungen erhalten.
Das Verfahren wurde neuerdings durch Gerngroß und Zühlke
(loc. cit.) sehr vereinfacht. Diese Forscher ließen sich davon leiten,
daß bei den bisher dargestellten Alkyliden-aminosäure-estern das
Eintreten der Reaktion nur abhängig war von der Schwer¬
löslichkeit des Kondensationsproduktes, daß andererseits aber auch
die Entfernung des bei der Reaktion entstehenden Wassers das
Gleichgewicht zugunsten der Azomethinverbindung verschieben
müßte :
CH2 COOC2H5 CH2 C0002H5I -<
>" I +H20 (31)
NH2 + 00HC6H5 N = CHC6H5
Sie kondensierten Benzaldehyd und Glycin-ester in äquimolekularen
Mengen mit Natriumäthylat und erhielten so in sehr guter Aus¬
beute das in Alkohol schwer lösliche Benzyliden-glycin-natrium.Das bei der Vereinigung von Wasser und Natriumäthylat ent¬
stehende Mol NaOH verseift also unter diesen Bedingungen den
1 ß. 52, 1734 (1919).
— 24 —
Ester unter Bildung des Natriumsalzes, das ausfällt und damit
das Gleichgewicht nach rechts verschiebt:
CH2 C0ÜC2H6 0H3 COONa
(32) | + H20 + NaOC2H6 = | + 2HOC2H5N = CHC6H5 N = CHC6H6
Die Forscher gelangten auf diesem Wege aber nicht in allen
Fällen zu wohl kristallisierten Salzen. Ein Versuch, Benzyliden-
glycin-natrium aus Glycin - natrium und Benzaldehyd zu erhalten,
ergab ihnen sehr schlechte Ausbeute und in keinem Fall ein reines
Produkt. Dieser Versuch scheint in alkoholischer Lösung vor¬
genommen worden zu sein. Dagegen hat früher H. Krause1 in
wäßriger Lösung gearbeitet und bei der Einwirkung von Acet-
aldehyd, Benzaldehyd und Furfurol auf Glycin-barium kein An¬
zeichen einer Reaktion feststellen können. Die Wechselwirkungvon Aldehyden und Aminosäure-salzen in wäßriger Lösung wird
in dieser Arbeit weiter verfolgt.
B. Eigene Untersuchungen.
1. Über die Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll.
Auf Grund der Arbeiten von Bergmann, Jacobsohn und
Schotte fragte es sich, ob auch Aminosäure-salze mehr als 1 Mol
Formaldehyd anlagern könnten. Gewisse Beobachtungen H. Krauses
schienen auf das Vorkommen von derartigen aldehydreicheren
Körpern hinzudeuten. Ich untersuchte zu diesem Zwecke die Ein¬
wirkung von Formaldehyd in großem Überschuß auf Glykokoll-
kupfer und erhielt ein Salz, das auf ein Metallatom und zwei
Glycinreste nahezu 6 Mole leicht abspaltbaren Formaldehyd ent¬
hielt (48,7 °/0 Formaldehyd). In Analogie zu den früher genannten
Triformalverbindungen (S. 20) ist es wohl als Triformal-glycin-kupfer aufzufassen und damit die Möglichkeit der Bildung von
aldehydreicheren Salzen erwiesen.
(33) [(CH2)302 : NCH2.000]2Cu.
1 B. 51, 554 (1918).
— 25 —
Bei dieser Formulierung möge vorerst unentschieden bleiben, ob
die oben gewählte Formel die Struktur des Salzes erschöpfend
wiedergibt, oder ob noch besondere Bindungen des Kupfers zum
Stickstoff oder zu den Aldehydresten hin in Betracht kommen.
In ähnlicher Weise hat Krause1 früher eine Verbindung von
der gleichen Elementarzusammensetzung hergestellt und als Oxy-
trimethylen-glycin-kupfer formuliert:
CH„.NH-CH2.000
OH(OH)
SCH2-NH.CH2.C00y
Ca + 3CHaO. (34)
Die eigenen Angaben Krauses widersprechen durchaus dieser
Interpretation. Ein solches Salz dürfte bei der Spaltung mit Wasser
nicht Glycin-kupfer zurückliefern. Krause selbst bekommt aber
aus seinem Salz schon beim fünfmaligen Abdampfen mit der
15fachen Wassermenge über 40°/0 an Glycin-kupfer. Auch die
Bildung von Methylkalkohol, wie sie Krause bei der Zersetzungeines anderen Kupfersalzes2 und eines Silbersalzes8 gefunden zu
haben glaubt, bietet keine Stütze für diese Formulierung.Zum Vergleich habe ich deshalb Versuche genau nach den
Angaben Krauses angestellt, der mit etwa der halben Formaldehyd¬
menge, und damit im Effekt in verdünnterer Formaldehydlösunggearbeitet hatte. Hierbei bekam ich wie Krause Verbindungen,die weniger abspaltbaren Formaldehyd enthielten als das oben
beschriebene Salz (45—46% Formaldehyd). Diese Erscheinungfindet ihre hinreichende Erklärung in der hydrolytischen Emp¬findlichkeit des Triformal-glycin-restes, die auch bei den von
Bergmann und Mitarbeitern hergestellten Triformalverbindungenbeobachtet wurde. Weiter habe ich mich davon überzeugt, daß
sämtlicher Kohlenstoff der Verbindung, soweit er nicht dem
Glycinrest angehört, als Formaldehyd wieder abgespalten werden
kann, ohne daß auch nur eine Spur von Methylalkohol entsteht.
1 B. 51, 137, 148 (1918).2 B. 51, 547 (1918).3 B. 51, 149 (1918).
— 26 —
Das Salz von Krause ist also im wesentlichen mit meinem
identisch und als Triformal-glycin-kupfer aufzufassen. Ich darf
noch hinzufügen, daß sich H. Krause nach Kenntnis meiner Ver¬
suchsergebnisse vollkommen meiner Ansicht angeschlossen hat.
Die Einwände, die gegen das sogenannte Oxytrimethylen-
glycin-kupfer erhoben wurden, gelten auch für alle anderen an¬
geblichen Oxytrimetylen-glycin-Verbindungen. Da sie aber schon
in die Sammelliteratur übergegangen sind und ihre Existenz von
Bedeutung für die Theorie der viel angewandten Formoltitration
wäre, schien es mir notwendig, die Existenz oder Nichtexistenz
dieser Körperklasse einer endgültigen Prüfung zu unterziehen.
Neben zahlreichen amorphen, und darum in ihrer Einheitlich¬
keit nicht sichergestellten Stoffen hatte Krause als weiteren
kristallisiertenVertreter dieserVerbindungen nur noch ein Bariumsalz
beschrieben, das zu diesen Versuchen in Betracht kam:
CH2.NH.CH2-000/
OH(OH)(35)\
CH^NH-CIL-COO
Ba
Krause1 gibt an, daß bei der Einwirkung von Formaldehydauf Glycin-barium bei reichlichem Überschuß besonders der
technischen, viel Methylalkohol enthaltenden Formalinlösungbei Temperaturen um 50° (früher war anfänglich leichte Kühlungund dann Erwärmung auf 50° vorgeschrieben) fast nur Oxytri-
methylen-glycin-barium entsteht. Bergmann und Mitarbeiter
hatten aber diese Verbindung bei ihren gleichartigen Unter¬
suchungen nicht erhalten können, sondern immer nur das Methylen-
glycin-barium. Ich konnte auch bei genauem Innehalten der
.Knmseschen Angaben unter Verwendung von methylalkoholreichem
Formaldehyd bei anfänglicher Kühlung und kurzem Erwärmen2
nur die Bildung der von Bergmann als Methylen-glycin-barium
1 B. 51, 143 (1918); 52, 1211 (1919); H. 139, 217 (1924).2 Ich verzichtete im ersten Versuch auf das von Krause vorgeschriebene
zehnstündige Erhitzen, das nur die Ausbeute verbessern sollte, da ich sofort
beim Zusammengeben der Komponenten eine reichliche Kristallausscheidungerhielt.
— 27 —
erkannten Verbindung feststellen, identifiziert durch Analyse in
kristallwasserhaltigem Zustand und nach dem Trocknen bei 100".
Beim Trocknen konnte ich, in Übereinstimmung mit den früheren
Befunden von Bergmann keinen Formaldehydverlust feststellen,wie ihn Krause für seine Verbindung beschreibt.
Bei von Anfang an höherer Temperatur und längerem oder
auch kürzerem Erhitzen der Komponenten erhielt ich dagegen in
kristallwasserhaltigem Zustand etwas aldehydreichere Produkte,die aber nach dem Trocknen bei 100° auch wieder mit dem
Methylen-glycin-barium identisch waren. In diesem Falle war
also mit dem Kristallwasser etwas Aldehyd entwichen, in Über¬
einstimmung mit den Angaben von Krause. Doch wäre die Deutung,daß es sich dabei um eine Zersetzung anfänglich vorhandenen
Oxytrimethylen-glycin-salzes handelt, trotz alledem verfehlt. Eine
solche Empfindlichkeit würde auch gar nicht zu der von Krause
vorausgesetzten Formel (35) passen; denn nach allem, was wir
bisher über das Oxytrimethylen-diamin wissen,
KH2.OH2.CH(OH)-CH2-NH2, (36)
das dem Salz (35) zugrunde liegt, gibt es mit "Wasser oder Säuren
keinen Formaldehyd ab1. Es zeigt sich bei diesen Versuchen nur
die Tendenz der Methylenverbindungen weiteren Formaldehyd an¬
zulagern, freilich in bedeutend geringerem Maße als beim Kupfer¬salz. Dieser Befund steht wohl im Zusammenhang mit der leichteren
hydrolytischen Spaltbarkeit und Löslichkeit der Bariumsalze gegen¬
über dem Kupfersalz.Das Barium- und das Kupfersalz sind die beiden einzigen
wohldefinierten Verbindungen gewesen, die Krause für die Existenz
von sogenannten Oxytrimethylen-glycin-Verbindungen anführen
konnte. Durch meine Versuche hat sich H. Krause* veranlaßt
gesehen, die beiden Salze aus der Liste dieser Verbindungen zu
streichen. Er schließt sich ferner meiner Beweisführung an, daß
seine frühere Formulierung dieser Verbindungen nicht aufrecht
1 Vgl. Bergmann, Badt und Brand, B. 54, 1650 (1921); Goedeckemet/er,B. 21, 2690 (1888).
2 H. 150, 306 (1925).
— 28 —
zu erhalten sei. Dagegen versucht er für die von ihm des weiteren
beschriebenen amorphen Oxytrimetbylen-glycin- Verbindungen eine
neue Formel einzuführen, um ihre, mir durchaus fraglich er¬
scheinende Existenz zu retten; er formuliert sie folgendermaßen:
CH2 = NH.CH,,-COOHI
(37) CH(OH)!
CH2 = NH.CH2-COOH
Ich möchte nur darauf hinweisen, daß Verbindungen von einem
derartigen Typus mit fünf gleichartigen Substituenten am Stickstoff
bis heute nicht bekannt sind, um die Unwahrscheinlichkeit dieser
Konstruktion darzutun.
Man wird im Gegenteil vermuten können, daß diese KörperGemische von Methylen-, Triformal-verbindungen und vielleicht
noch anderen Substanzen sind. Man darf sie aber keinesfalls, solangeihre Einheitlichkeit nicht nachgewiesen ist, als Vertreter eines Oxy-
trimethylen-glycins ansprechen und in die Literatur übernehmen.
Dann habe ich mich noch mit der Frage beschäftigt, in welchem
Verhältnis das sogenannte N-Oxymethyl-glycin-barium von
Krause1 (vgl. 22), das bei 0°, ohne Überschuß von Formaldehydund ohne Gegenwart von Methylalkohol entstehen sollte, zu dem
Methylen-glycin-barium von Bergmann steht. Ich konnte
dessen frühere Vermutung bestätigen und das sogenannte Oxymethyl-
glycin-barium mit dem Methylen-glycin-barium identifizieren.
Beide Verbindungen enthalten lufttrocken gleichviel Kristallwasser
und verlieren es ohne tiefere Zersetzung beim Trocknen bei 100°.
Krause hat sein Oxymethyl-glycin-barium früher über Calcium-
chlorid getrocknet und deshalb weniger Kristallwasser gefunden;außerdem sieht er das letzte, langsamer entweichende Mol Wasser
als Konstitutionswasser an. Schon Franzen und Fellmer* haben
die Frage diskutiert, ob die Methylen -aminosäuren und ihre Salze,die Kristallwasser enthalten, nicht besser als Methylol-verbindungenzu formulieren seien:
(38) OH2(OH).NH.CH(R)-ÜOOH.
1 B. 52, 1218 (1919).2 J. pr. (2) 95, 301 (1917).
— 29 —
Sie haben aber in keinem Falle das Kristallwasser direkt bestimmt.
Da das kristallwasserhaltige Methylen-glycin-barium ohne tiefere Zer¬
setzung bei der üblichen Trocknung im Vakuum auch das letzte
Mol Wasser abgibt, das den Unterschied zwischen Methylol- und
Methylen-Verbindung ausmacht, ist die Existenz des Methylen-glycin-bariums sichergestellt. Dafür, ob die einzelnen Moleküle
„Kristallwasser" des wasserhaltigen Salzes verschieden gebundensind, liegt gegenwärtig keinerlei experimentelles Material vor, und
damit besteht keine Veranlassung, die Existenz eines besonderen
Oxymethyl-glycin-bariums anzunehmen.
Zu einer solchen Annahme dürften auch keinesfalls die neuer¬
dings von Krause angeführten Gründe-1 führen. Dieser Forscher
wendet ein, daß die Ausscheidung des unveränderten Glykokollsaus einer stark sauren Formaldehyd-glykokoll-Iösung mit Alkohol
unmöglich sei, wenn das mit seinen Komponenten in einem rasch
sich einstellenden Gleichgewicht befindliche Additionsprodukt von
Formaldehyd an Glykokoll bereits durch Wasserabspaltung in
Methylen-glycin übergegangen wäre. Nun weisen aber scharf ge¬
trocknete Methylen-glycin-bariumsalze an der Luft sofort einen
schwachen Geruch nach Formaldehyd auf, ein Beweis dafür, daß
sich das oben genannte Gleichgewicht auch von den Methylen¬
verbindungen aus rasch einstellen 'kann. Krause führt weiter aus,
daß die Konstitution des Silbersalzes, das beim Trocknen über
Calciumchlorid bei Atmosphärendruck 1 Mol Wasser mehr ent¬
hält als dem Methylen-glycin entspräche, dieses aber im Vakuum
über Schwefelsäure langsam verliert, auch für eine Methylol-formulierung spreche, da Silbersalze ziemlich ausnahmslos kristall¬
wasserfrei seien. Ganz abgesehen davon, daß beim Glycin-silberneben dem kristallwasserfreien Salz auch schon eines mit einem Mol
Kristallwasser2 beschrieben ist, können solche auf unsicherem
Boden stehende Analogieschlüsse nicht zu Strukturbeweisen dienen.
Bei einer zusammenfassenden Betrachtung der Einwirkungs¬produkte von aliphatischen Aldehyden auf Aminosäuren wird man
zum mindesten die folgenden Verbindungen als einwandfrei sicher-
1 H. 150, 307 (1925).2 Forcrand, C. r. 88, 974 und zwar 976 (1879).
— 30 —
gestellt annehmen dürfen: Triformal-Verbindungen des Glykokoll-und Serin-äthyl-esters, des Glycin-amids und des Glycin-kupfers,
Methylen-Verbindungen von Glycin-barium und von Asparagin,sowie eine Athyliden- Verbindung des Asparagins1.
Vorläufig hat mau somit bei der Wechselwirkung von Form¬
aldehyd mit Aminosäurederivaten nur mit der Bindung von
Methylen- oder Triformalverbindungen zu rechnen. Zu welchem
Verbinduugstypus die Reaktion führt, dürfte in überwiegendemMaße vom Grade der Festlegung der der Aminogruppe benachbarten
Oarboxylgruppe abhängen. Triformalverbindungen bilden sich
rasch bei Estern und Amiden, sie bilden sich ferner bei den
wenig dissoziierenden Salzen, bei allen übrigen tritt im all¬
gemeinen die Reaktion mit nur 1 Mol Aldehyd zu Methylen¬
verbindungen ein. Man wird also bei der Einwirkung von Form¬
aldehyd auf Proteine mit amidartig gebundenen Carboxylgruppenauch mit der Bildung von aldehydreicheren Verbindungen rechnen
müssen, bei der Formoltitration von Aminosäuren nach Sörensen
aber wahrscheinlich mehr mit Methylen-aminosäuren.
2. Über die Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Amino¬
säuren und Peptiden.
Nach Klarlegung der Verhältnisse bei der Wechselwirkungzwischen Formaldehyd und Aminosäure-salzen habe ich mich der
Frage zugewandt, wie sich andere Aldehyde gegenüber Aminosäure¬
salzen verhielten. Diese Untersuchung war theoretisch und weiter
methodisch wichtig, da es möglich erschien, auf dem Wege über
leicht isolierbare Aldehydverbindungen Gemische von Aminosäuren
zu trennen, und so auch bei Eiweißstoffen selbst ohne tiefer
greifende Einwirkungen eine Fraktionierung zu ermöglichen.
Entgegen früheren Angaben stellte ich fest, daß sich ohne
weiteres bei der Einwirkung von aromatischen Aldehyden auf
Aminosäure-salze in wäßriger Lösung die betreffenden Azomethin-
verbindungen bilden und in den meisten Fällen leicht rein isoliert
werden können. Ihre Gewinnung gestaltet sich folgendermaßen:
1 Cherbuliez und Stavritch, Helv. 5, 274 (1922).
— 31 —
Man läßt die Aldehyde auf wäßrige oder wäßrig-alko¬holische Lösungen von Aminosäure- oder Peptid-salzen,
hergestellt aus den Aminosäuren und geeigneten Basen
oder auch Salzen, einwirken. Bei günstiger Auswahl von
Aldehyd und salzbildender Base entstehen schwer lös¬
liche Aldehyd-aminosäure-salze, die ausfallen und da¬
durch eine dauernde Gleichgewichtsverschiebung von
links nach rechts bewirken:
RCHO + H2N-CHß'.COOMe' ^~> ROH = N-CHR'-COOMe' + H20
2RCHO + (H2N-CHR'.COO)2Me"^>:(RCH=N.OHR'.COO)2Me" + 2H20
(Me' = einwertige Base)
(Me" = zweiwertige Base).
Als aldehydische Komponenten habe ich bisher Benzaldehyd,
Salicylaldehyd, JFurfurol (das wegen seiner mannigfachen Be¬
ziehungen zu den Zuckern von Interesse ist) und Chloral ver¬
wendet; an Aminosäuren Glykokoll, Phenylalanin und als Beispielfür Peptide das Glycyl-glycin. Als Basen verwendete ich aus ex¬
perimentellen Gründen Barium und Calcium; denn ihre Amino-
säure-salze sind verhältnismäßig leicht, die Verbindungen der Salze
mit den Aldehyden aber meist so schwer löslich, daß sie auch
in wäßriger Lösung mit oder ohne Alkoholzusatz ausfallen. Ich
konnte an Stelle der Metallbasen mit Vorteil manchmal auch ihre
Acetate verwenden, was besonders bei sehr alkaliempfindlichen
Aldehyden von Wichtigkeit sein dürfte.
Wie aus dieser Darstellungsweise der Aldehydverbindungen
hervorgeht, ist ihre Säureempfindlichkeit doch nicht so groß, wie
nach den Angaben der Literatur anzunehmen gewesen wäre (S. 21).So bildet sich das o-Oxy-benzyliden-glycin-barium noch leicht
bei einer Essigsäurekonzentration, die ungefähr einer äquimole¬kularen Menge von n/1 Säure entspricht.
Bei wenig ausgeprägter Kristallisationsfähigkeit derartiger
Metallverbindungen kann die Metallkomponente durch organische
Basen, wie Brucin ersetzt werden, wovon ich bei der gelegentlichen
Herstellung einer Chloral-glycin-brucin-verbindung Gebrauch
machte.
— 32 —
Nach dieser Methode wurden die folgenden neuen, gut kristalli¬
sierten Verbindungen von Aminosäuren und Peptiden gewonnen:
N-Benzyliden-glycin, Bariumsalz, Calciumsalz,
N-o-Oxybenzyliden-glycin, Bariumsalz,
N-Furfuryliden -glycin, Bariumsalz,N - o - Oxybenzyliden - d, 1 - Phenylalanin, Bariumsalz,
N - Benzyliden -glycylglyein, Bariumsalz,N- o - Oxybenzyliden - glycylglycin, Bariumsalz.
Diese Verbindungen sind allgemein als Azomethine mit der
Gruppe —CH —N— zu formulieren. In keinem Fall habe
ich Zwischenprodukte mit der Gruppe —CHOH—NH— fest¬
stellen können, wie sie Dimroth und Zoeppritz1 bei rein aro¬
matischen Azomethinen beobachteten.
Bei den Dipeptiden war es nach den früheren Ausführungen
möglich, daß am Amidstickstoff ein weiteres Mol Aldehyd ge¬
bunden werden könnte. Das untersuchte Glycylglycin2 verband
sich aber nur mit einem Mol Aldehyd, ganz gleich wie die übrigenhier beschriebenen Aminosäuren. Beim Serin, dessen o-Oxy¬
benzyliden-bariumsalz ich darstellte, aber nicht weiter untersuchte,wäre wohl (vgl. S. 19) auch die Formulierung der Aldehyd¬
verbindung als Oxazolidinderivat in Betracht zu ziehen.
Nach der Theorie von Hantzsch und Werner (vgl. S. 14) waren
bei diesen Aldehyd-aminosäure-Verbindungen Stereoisomere zu
erwarten, gleich wie sie Manchot und Fourlong erhielten (S. 14).Ich habe bei den Salzen in einzelnen Fällen verschiedene Kristall¬
formen feststellen können. Da es sich aber um nicht, oder nur
unscharf schmelzende Substanzen handelt, habe ich sie bisher
nicht trennen und entscheiden können, ob es sich um die von
der Theorie geforderten Isomeren handelt. "Wegen der leichten
Zersetzlichkeit erscheint eine Fraktionierung durch Umlösen aus¬
geschlossen.Die Aryliden-aminosäure-salze spalten sich schon beim stärkeren
Erhitzen mit Wasser leicht in die Komponenten, leichter unter
1 B. 35, 984 (1902).2 Eine Verbindung von Glycyl-glycin-barium mit Formaldehyd ist schon
von H. Franzen und E. Fellrner, J. pr. (2) 95, 299 (1917) beschrieben.
— 33 —
Säurezusatz, kaum in alkalischer Lösung. Selbst bei Zimmer¬
temperatur findet manchmal in wäßriger Lösung Zersetzung statt,wie der starke Geruch nach Benzaldehyd beim Benzyliden-glycin-barium zeigt. Diese leichte Spaltung der Verbindungen in die
Komponenten ist fürpräparativeund analytische Zwecke erwünscht,da die Aminosäuren so auf einfache Weise wiedergewonnen werden
können. Tatsächlich zeigen die Untersuchungen von M. Bergmannund L. Zervas, die im Anschluß an meine Versuche vorgenommen
wurden und inzwischen auch schon veröffentlicht sind1, daß mit
Hilfe dieser Methodik das Aufarbeiten von Hydrolysaten sich
bedeutend vereinfachen läßt, so daß manche Aminosäuren, wie
Arginin und Lysin viel leichter zugänglich werden. Auch beim
Arbeiten mit Eiweißstoffen selbst scheinen damit weitere Forschungen
ermöglicht zu werden, wie das Beispiel der Benzyliden-Verbindungdes Salmins zeigt, die die erste kristallisiert erhaltene Verbindung
eines natürlichen Eiweißes mit einer anderen Komponente ist.
Aus den Verbindungen der Aldehyd-aminosäure-salze kann
man andererseits durch Acylierung die Basen entfernen und so
von den physikalisch schwer definierbaren Salzen zu Verbindungenmit charakteristischem Schmelzpunkt gelangen. Ich habe so das
Benzyliden-glycin-barium in die entsprechenden Acetyl- und
Benzoyl-verbindungen verwandelt. Die Acylierung erfolgt in
Pyridin- oder Tetrachlormethanlösung, wobei die Ausbeuten an¬
nähernd dieselben sind. Durch Spalten mit Salzsäure lassen sich
aus den Verbindungen Acetursäure bzw. Hippursäure gewinnen.Schon früher haben Seheibler und Baumgarten2 aus Benzyliden-
glycin-natrium und Essigsäureanhydrid in Tetrachlormethanlösungdas Acetyl-benzyliden-glycin bereitet. Sie formulierten die Acetyl-
verbindung als N-Acetyl-N-benzyliden-betain:
COCH3
C8H6-OH = N-CH2-CO(40)
l—o—'
1 H. 152, 282 (1926).2 B. 55, 1363 (1922).
Enßlin 3
— 34 —
Sie haben bei der Darstellung des Benzyliden-glycin-natriumsdurch Verseifung des N-Cyanalkyl-aminosäure-esters mit Alkali¬
hydroxyd in absolut alkoholischer Lösung ein hypothetisches
Zwischenprodukt von der Formel (41) angenommen, und davon
die auch mögliche Formulierung des Acetylproduktes als Oxa-
zolidonderivat (42) abgeleitet:
CH2 CO CHä=CONaII II
(4S) CH.CÜN 0 (43) NH 0
\ / \ /
CH.C6H5 OH.C.H,
Sie verwerfen sie aber, da dann dem Natriumsalz die Formel (43)zuzuschreiben wäre, gegen die aber das Verhalten des Salzes
beim Hydrieren spreche. Ihre Folgerung, ausgehend vom Verhalten
des Natriumsalzes, erscheint nicht zwingend. Denn, ob man nun
die Oxazolidon- oder die Betainformel vorzieht (die Formulierungals gemischtes Säureanhydrid ist wegen der Acetursäurebiidungbei der Spaltung unwahrscheinlich), eine Übereinstimmung mit
der Struktur des Natriumsalzes ergibt sich in keinem Falle. Nach
den Eigenschaften der Acylverbindungen dürfte das Acetyl -
benzyliden-glycin eher als 2-Phenyl-3-acetyl-oxazolidon-(5) (42)aufzufassen sein. Denn es löst sich nur schwer in Wasser, sehr
leicht in Tetrachlormethan und läßt sich im Vakuum destillieren;aus der angenommenen Struktur geht auch die leichte Spaltbarkeitin Benzaldehyd und Acetursäure hervor. Auch mit dem niedrigenSchmelzpunkt und dem Fehlen von salzartigen Eigenschaftenscheint der eigenartige Verbindungstypus der Betainformel mit
einer Alkyliden-, einer Acyl- und einer salzbildenden Gruppe am
gleichen Stickstoffatom nicht recht vereinbar zu sein.
Das Benzoylderivat ist dann diesen Ausführungen entsprechendals 2-Phenyl-3-benzoyl-oxazolidon-(5) zu formulieren:
CH„—CO
I"
I
(44) C6H6CON 0
\ /
CH-CeH5
CH2 CO
I I
(41) NH 0
\ /
CH.C6H5
— 35 —
Zum Schlüsse dieses Abschnittes erwähne ich noch eine einfache
Art der Darstellung von Aldehyd-aminosäure-estern. Nach
den oben dargelegten Anschauungen von Gerngroß und Zühlke
findet eine Umsetzung von Aldehyden und Aminosäure-estern in
Lösung nur statt, wenn das ßeaktionsprodukt genügend schwer
löslich ist. In manchen Fällen kommt man aber auch bei leicht
löslichen Produkten zum Ziel, wenn man ohne Anwendung eines
Lösungsmittels arbeitet. Ich habe so Salicylaldehyd in Glycin-äthylester eingetragen und unter starker Erwärmung und Wasser-
abscheidung glatt Kondensation erreichen können. Man darf an¬
nehmen, daß auch in anderen Fällen dieser einfache Weg zu den
gesuchten Azomethinverbindungen führen wird.
II. Über neuartige Anhydride von Aminosäuren.
A. Ältere Arbeiten.
Die Anschauung von einem außerordentlich großen Molekül¬
umfang der Proteine, die noch JE. Fischer bei seiner Syntheselanger Polypeptidketten leitete, ist in den letzten Jahren unsicher
geworden. Der verschiedene Widerstand, den anscheinend ein¬
heitliche Eiweißkörper bei der hydrolytischen Spaltung darin
zeigten, daß bei der Unterbrechung von Hydrolysen neben den
Endprodukten, den Aminosäuren, auch noch Peptone und un¬
verändertes Ausgangsmaterial gefunden wurden, dann auch die
ganz verschiedene Einwirkungsweise von tryptischen und peptischenFermenten1 zwingen zur Annahme von mindestens zwei ver¬
schiedenen Bildungseiemeuten.
Wenn man ganz allgemein annimmt, daß die Proteine aus den
durch Hydrolyse entstehenden Aminosäuren irgendwie durch
Anhydridbilduug aufgebaut seien, und von der neueren Ansicht
1 Vgl. neuerdings E. Waldschmidt-Leitz und Mitarbeiter: A. Schaffner,B. 58. 1356 (1925); A. Harteneck, H. 147, 286; 149, 203, 221 und A. Schaffner,H. 151, 3 (1926); vgl. auch E. Waldschmidt-Leitz Naturwissenschaften 14,129 (1926).
3*
— 36 —
Troensegaards1 absieht, so würden die damit gegebenen Bindungs¬
möglichkeiten neben der Amidbindung zur Erklärung dieser Er¬
scheinung genügen. Man würde also bei der Auffassung von
großen Molekülen bleiben können. 0. Cohnheim2 hat nun wohl
als erster eine prinzipiell neuartige Erklärung versucht, die später von
Heßs auf Grund seiner Vorstellungen über den Bau der Cellulose
wieder aufgenommen wurde. Darnach sollen in den Eiweißkörperu
polypeptidartige Elementarbausteine durch Restaffinitäten zu hoch¬
komplexen Gebilden vereinigt sein; Heß hat dabei besonders auf
den ungestättigten Charakter von Säureamidbindungen hingewiesen,deren Neigung zur Komplexbildung durch die Versuche von
Pfeiffer* dargetan wurde. Etwas später hat Stiasny6 die gleichen
AnschauungenüberNebenvalenzverbindungen von zwei odermehreren
Peptidmolekülen entwickelt. M. Bergmann6 hat dann die Möglich¬keit in Betracht gezogen, daß die Aminosäuren im Eiweiß zunächst
zu ganz einfachen Untergruppen vereinigt sein könnten, die erst
durch weitere Aneinauderlagerungen von anderer Art in größereGebilde übergehen sollten. Diese Ansichten ließen es zu, daß
sich evtl. auch verschiedenartige Bausteine in dieser Weise ver¬
einigten, und damit war eine weitere Variationsmöglichkeit im
Aufbau gegeben.
Eine gewisse Bestätigung fanden derartige Anschauungen zuerst
in den Ergebnissen der von Herzog und seinen Mitarbeitern7 auf
die UntersuchunghochmolekularerNaturstoffe angewandtenRöntgen-
spektroskopie. Sie stellten fest, daß die meisten der untersuchten
1 H. 112, 86 (1920); 127, 187; 130, 84 (1923); N. Troensegaard und
J. Schmidt, H. 133, 116 (1924); N. Troensegaard, H. 134, 100 (1924);N. Troensegaard und Mitarbeiter: E.Fischer, H. 142, 35 (1925) und B. Koudahl,H. 153, 93, 111 (1926); vgl. auch Z. Ang. 38, 623 (1925).
2 0. Cohnheim, Chemie der Eiweißkörper, 3. Aufl., S. 77/78 (1911).3 K Heß und W. Witteisbach, Z. El. Ch. 26, 232 und zwar 248/49 (1920).4 P. Pfeiffer, Organische Molekülverbindungen, 8.106 ff. (1922); P. Pfeiffer
und 0. Angern, H. 143, 265 (1925); Z. Ang. 39, 253 (1926).6 Collegium 1920, 255.
6 Collegium 1922, 314.
> R. 0. Herzog und W. Jancke B. 53, 2162 (1920); JB. Brill, A. 434, 204
(1923); B 0. Herzog, Naturwissenschaften 12,955,1153 (1924); Z. Ang. 39, 297
(1926); H. W. Gonell, H. 152, 18 (1926).
— 37 —
Eiweißstoffe, wie Seide, Elastin, Haar ein Kristallgitteraufweisen und daß der kristallographische Elementarkörper relativ
klein ist. Brill1 diskutierte am Beispiel des Seidenfibroins die
verschiedenen Strukturmöglichkeiten, die für den Aufbau des
Elementarkörpers in Betracht kommen unter Berücksichtigungder bekannten Hydrolysenresultate. Auf Grund eines Elementar¬
körpergewichtes von 500 — 660 leitet sich aus Symmetriebeziehungeneine maximal zulässige Aggregatgröße von 125 —165 im Elementar¬
körper ab. Es sind damit vereinbar:
1. Dipeptide aus Alanin und Glykokoll oder das zugehörigeAnhydrid.
2. Polymerisationsprodukte dergenannten Peptide und des Anhydrids.3. Polypeptide, die aus Glycyl-alanin abwechselnd aufgebaut sind.
Es würde dann im Elementarkörper von vier Ketten je 1 Glycyl-d-alanin vorhanden sein.
Herzog bevorzugt später den Aufbau aus Glycyl - alanin-
anhydrid-strukturen, da das Röntgendiagramm dieses Anhydridsdem der Seide sehr nahe kommt; es ist aber nicht damit identisch.
Eine weitere Entscheidung über die Bindungsarten liefert das
Röntgendiagramm nicht; es gibt nur Auskunft über die Anordnungvon Atomaggregaten im Gitter.
Eine weitere Stütze finden diese Ansichten in der Fest¬
stellung von Troensegaard und Schmidt1*, daß gewisse Proteine in
manchen Lösungsmitteln in ziemlich kleine Einzelteile zer¬
fallen. Sie geben für Gliadin und Gelatine die Werte von 440
und 350 an. East gleichzeitig haben jB. O. Herzog und M. Kobels
diese Resultate am Seidenfibroin bestätigt; sie verwendeten Resorcin
als Lösungsmittel und geben aus der kryoskopischen BestimmungZahlen an, die zwischen 200 und 370 variieren. Eine Änderungder physikalischen und chemischen Eigenschaften derartig auf¬
geteilter und wieder ausgefällter Proteine konnten weder Troensegaardnoch Herzog beobachten. Es muß also im Eiweißaggregat die
1 A. 484, 204 (1923); 446, 307 (1925).2 H. 183, 116 (1924).3 H. 134, 296 (1924).
— 38 —
Möglichkeit zu reversibler Aufteilung in kleine Bruchstücke ge¬
geben sein.
Es soll hier noch kurz an eine ähnliche Bestimmung von
C. Paal1 erinnert werden, der schon 1892 ebullioskopisch in
Wasser bei Gelatine ein Molekulargewicht von 900 fand, das
aber gegenüber den sonst bekannten Zahlen von 3000 bis 13000
für einzelne Proteine, die sich entweder auf den Schwefelgehaltoder osmotische und kryoskopische Bestimmungen stützen, nicht
beachtet wurde. Diese letzten Bestimmungen, die, das sei ein¬
schränkend wiederholt, nur an Gerüsteiweißen durchgeführt wurden,
ergaben bei diesen Körpern eine ungefähre obere Grenze für die
Größe der in Lösung beständigen Teilchen.
Wenn nun auch die Art der Verknüpfung dieser Bausteine
im Kristallgitter noch ganz unbestimmt ist, weil über die. Gitter¬
kräfte einfacher organischer Körper selbst kaum etwas Näheres
bekannt ist (bei den Radikalgittern anorganischer Körper lassen
sich im großen ganzen die sogenannten chemischen Kräfte mit
den Gitterkräften identifizieren2), so hat man doch schon versucht,bestimmte chemische Anschauungen über die Struktur der
Bausteine zu entwickeln.
So hat E.Abderhalden3 insbesondere auf Grund von zahlreichen
Untersuchungen geschlossen, daß im Eiweiß 2,5-Dioxo-
piperazinringe oder auch tautomere Formen dieser Anhydridevorgebildet seien. Er nimmt die oben erwähnten Ansichten auf,versteht unter dem Sammelbegriff „Eiweiß" eine Zusammen¬
fassung von untereinander mittels Nebenvalenzen assoziierten
Komplexen und glaubt, daß im wesentlichen gemischte Anhydride,vielleicht kombiniert mit Aminosäuren und darüber hinaus auch
mit Polypeptiden, als die Elementarkomplexe der Proteine auf¬
zufassen sein dürften.
1 B. 25, 1235 (1892).' Vgl. z. B. K. Weißenberg, Z. El. Ch. 31, 530 (1925).3 KatarWissenschaften 12, 716 (1924) und in C. Oppenheimer, Handbuch
der Biochemie, II. Aufl., Bd. 1, S. 596 (1924), Literatur bis Ende 1923; vgl.auch E. Fischer, Proteine I, S. 80.
— 39 —
Abderhaldens1 Beweisführung für das Vorkommen von Dioxo-
piperazinringen in den Proteinen stützte sich zuerst darauf, daß
bei partieller Hydrolyse von Proteinen mit H2S04 von 70°/0 oder
Salzsäure von 0,5 —1°/0 (bei 160 —180°) in manchen Fällen in sehr
geringer Ausbeute Anhydride aus zwei oder mehr Aminosäuren
erhalten wurden, deren Struktur im einzelnen oft unsicher ist.
Der Schluß aber, daß man auf diese "Weise Dioxopiperazinringeaus dem Eiweiß herausschäle, war nicht mehr gerechtfertigt, als
P. Brigl2 unter gleichen Bedingungen am Glycyl-glyein Ringschlußzum Dioxopiperazin erzwingen konnte.
Damit wurden gleichzeitig die Befunde von W. S. SsadiJcow
und N.D.Zelinskys gegenstandslos, die bei gleicher Abbaumethodeeine größere Auzahl von Dioxopiperazinen isoliert haben wollten
und daraus ohne weitere Unterlagen Eiweißstrukturformeln ab¬
leiteten.
Die Ergebnisse der von Abderhalden und Mitarbeitern* ver¬
gleichsweise an Proteinen, Dioxopiperazinen und Peptiden durch¬
geführten Oxydation mit Permanganat und der Reduktion mit
Natrium und Amylalkohol können auch nicht als eindeutige Belegefür das Vorkommen von Dioxopiperazinen herangezogen werden,gleichfalls nicht die Farbreaktionen5 mit Pikrinsäure nach
T. Sasaki* oder mit m-Dinitroverbindungen und m-Diaminen
nach von Bitte. Die Pikrinsäurereaktion zeigt nur, daß eine be¬
stimmte Affinitätsbeschaffenheit von CO- und CH2-Gruppen not¬
wendig ist, um die Farbreaktion zu geben, und daß diese, wenn
man ganz einfache Stoffe prüft, meist bei »einfachen Dioxo-
1 Vgl. weiter E. Abderhalden und E. Komm, H. 132, 1; 134, 113, 121;139, 147 (1924).
2 B. 56, 1887 (1923).3 Bio. Z. 136, 241 (1923); 147, 30 (1924).4 E.Abderhalden und Mitarbeiter: W.Stix, H. 132, 238 (1924) ; E. Klarmann
und E. Schwab, H. 135, 180 (1924); E. Schwab, H. 139, 68,169 (1924); E. Klar¬
mann und E. Komm, H. 140, 92 (1924); E. Komm, H. 143, 128 (1925);E. Schwab, H. 143, 290 (1925); E. Komm, H. 144, 234 (1925); E. Schwab,H. 148, 254 (1925) und H. Quast, H. 151, 145 (1926) ; vgl. auch P. Brigl und
R. Held, H. 152, 230 (1926).5 E. Abderhalden und E. Komm, H. 139, 147, 181 ; 140, 99 (1924).6 Bio. Z. 114, 63 (1920).
f
— 40 —
piperazinen und meist nicht bei einfachen Peptiden vorhanden ist.
Da viele Eiweißstoffe die Reaktion geben, ist nur bewiesen, daß
dort CO- oder CH2-Gruppen mit geeigneten Affinitätswerten vor¬
kommen. Es beweist aber nicht, daß es sich um gewöhnliche
Dioxopiperazine handeln muß. Bei der ganzen physikalischenNatur der gewöhnlichen Dioxopiperazine war vielmehr zu erwarten,daß sie als maßgebende Faktoren des Proteinaufbaues nicht in
Betracht kämen1.
S. Goldschmidt und C. Steigerwald2 konnten denn auch mit
ihrer Abbaumethode mittels Hypobromit das Vorkommen von
Dioxopiperazinen im Eiweiß nicht eindeutig nachweisen. Wohl ist
die Einwirkung in ihrem zeitlichen Verlauf bei Dioxopiperazinenund Proteinen gleich und verschieden von der bei Benzoyl-peptiden. Wird aber der Benzoylrest der Peptide durch Kohlen¬
säure ersetzt — P. Brigl und R. Held3 führten die Versuche am
Carbonyl-bis-glycyl-glycin durch — so verläuft auch bei Peptidendie Reaktion zeitlich gleich wie bei Proteinen.
Wenn diese Untersuchungen auch nicht zum Nachweis von
Dioxopiperazinen in Proteinen geführt haben, so ließen sie trotz
alledem noch die Möglichkeit ihres Vorkommens offen. Wald¬
schmidt- Leitz und Schaffner4 haben nun festgestellt, daß 2,5-Dioxo-
piperazine unter physiologischen Bedingungen nicht gespalten
werden, daß sie also nicht wesentlich am Aufbau der proteolytischleicht spaltbaren Eiweißstoffe beteiligt sein könnten. Dagegenziehen diese Forscher besonders auf Grund der Resistenz von
Gerüsteiweiß gegenüber proteolytischen Fermenten die Möglichkeitin Betracht, daß in Skelettsubstanzen solche einfache Anhydrideam Aufbau wesentlich beteiligt seien, und halten es für möglich,so vielleicht anhydridreichere und anhydridärmere Proteine zu
1 Vgl. auch M.Bergmann, Naturwissenschaften 12, 1156 (1924); M. Berg¬mann und Mitarbeiter: A.Miekeley, F. Weinmann, E.Kann, H. 143,115 (1925);A. Miekeley und E. Kann, H. 146, 255 (1925); ferner J. Greenwald, Am. Soc. 47,1443 (1925).
* B. 58, 1346 (1925); dazu E. Abderhalden, B. 58, 1821 (1925).3 H. 152, 230 (1926).4 B. 58, 1356 (1926), Literatur; E. Abderhalden und B. Haas, H. 151,
114 (1926); vgl. auch H. Steudel, J. Ellinghaus und A. Gottschalk, H. 151, 21,198 (1926).
— 41 —
unterscheiden. Eine Stütze für eine derartige Annahme einer
wesentlichen Beteiligung von Anhydridstrukturen im allgemeinenam Aufbau der Skieroproteine könnte man im Vergleich des
Verhältnisses von 0 zu N in den einzelnen Proteinen, worauf
P. Brigl und R. Held1 aufmerksam gemacht haben, finden.
Neben dem Vorkommen von einfachen Dioxopiperazinen ist
auch das noch anderer Strukturen und Bindungsarten in
den Proteinen diskutiert und experimentell behandelt worden.
Abbauversuche an Proteinen, die zu diesem Zweck im Gegensatzzu den auch oben angewandten hydrolytischen Methoden unter
"Wasserausschluß vorgenommen wurden, haben noch zu keinen
bestimmten Resultaten geführt; ich erinnere an die Arbeiten
Troensegaards^ im Anschluß an seine Hypothese des Eiwei߬
aufbaues aus Pyrrolringen, die Phtalsäureanhydridschmelze von
P. Brigl und E. KlenJc3 und die neuerlichen Versuche der Druck-
alkoholyse von C. Gränaeher4.
Auf Grund von synthetischen Versuchen hat M. Bergmann9die Möglichkeit noch anderer, labiler Strukturen im Eiweiß zur
Diskussion gestellt, wie Oxazolinen und O-Acylaten bei Oxyamino-säuren, deren Empfindlichkeit gegen Säure und Alkali ein Bild
vom Wesen der Umwandlungen geben könnte, die unter ähnlichen
Bedingungen bei Proteinen vor sich gehen. In ähnlicher Weise
hat später Karrer6 Imidazolone, Oxazole und Metoxazine er¬
halten, die sich ebenfalls durch ihre Labilität auszeichnen. Die
Existenz von desmotropen Dioxopiperazinen haben Bergmann'1
1 H. 152, 235 (1926).2 Loc. cit.
s H. 181, 66 (1923).4 Helv. 8, 784 (1925).B M. Bergmann und Mitarbeiter: E. Brand, B. 56, 1280 (1923); E. Brand
und F. Weinmann, H. 131, 1 (1923) und A. Miekeley, fl. 140, 128 (1924). .
6 P. Karrer und Mitarbeiter: 0. Gränaeher, Helv. 1,763(1924); E.Miyamichi,H. Storm und jß. Widmer, Helv. 8, 205; R. Widmer, Helv. 8, 203; ferner
C. Gränaeher, Helv. 8. 911, 865; C. Gränaeher, V. Schelling und E. Schlatter,Helv. 8, 873 (1925).
' M. Bergmann und Mitarbeiter: A. Miekeley,B.. 140,128(1924);AMiekeley,F. Weinmann, E. Kann, H. 143,108 (1925); A. Miekeley und E. Kann, H. 146,247 (1925); A. 445, 17 (1925).
— 42 —
und Mitarbeiter an verschiedenen Beispielen erwiesen. Auch meine
Arbeit wird dazu einen Beitrag liefern. Diese Isomeren sind ver¬
hältnismäßig beständig. In einigen anderen Fällen glaubt Abder¬
halden1 ebenfalls desmotrope Dioxopiperazine wahrscheinlich
gemacht zu haben. Doch sind seine Stoffe meist so unbeständig,daß sie fast immer nur mit großen Mengen gewöhnlicher Dioxo¬
piperazine vermischt erhalten wurden und infolge Umlagerungbald gänzlich aus den Gremischen verschwanden. Eine Verknüpfungvon Peptidketten durch Harnstoffreste in den Proteinen wird
schließlich von BrigP wieder in Betracht gezogen.
Diese ganzen Untersuchungen über stabile und labile Strukturen
in den Eiweißbausteinen berühren aber nicht die Frage nach dem
allgemeinen Aufbauprinzip der Proteine. Röntgendiagramme und
die angeführten Molekulargewichtsbestimmungen weisen in manchen
Fällen auf einen kristallgitterartigen Aufbau aus kleineren Teilen hin.
Einen Gitterbau zeigen auch die komplexen Kohlenhydrate;für sie sind am Beispiel der Cellulose zwei wesentlich verschiedene
Theorien über die Art der Bausteine und ihre gegenseitige Ver¬
knüpfung entwickelt worden: Die der Assoziation und die der
Polymerisation. Heß3 als Vertreter der einen nimmt an, daß die
Cellulose aus strukturchemisch selbständigen Glukoseanhydrid¬molekülen bestehe, die zur Assoziation neigen, während H. Prings-heim4 als entschiedenster Vertreter der anderen der Meinung ist,daß die komplexen Polysaccharide Assoziate von polymeren
Elementarkörpern seien. Dabei ist unter Assoziation eine Molekül¬
vergrößerung ohne Änderung der chemischen Eigenschaften, unter
Polymerisation eine Verbindung von Molekülen durch Neben¬
valenzen in unbekannter Weise verstanden. Die Anschauungenanderer Forscher, wie Karrer5, Vieweg, Heuser unterscheiden sich
nur in einigen Punkten etwas von den obigen.
1 E. Abderhalden und E. Schwab, H. 149, 100, 298 (1925); H. 152, 88;153, 83, 88 (1926): E. Abderhalden und F. Gebelein, H. 152, 125 (1926).
2 P. Brigl und B. Held, H. 152, 230 (1926).3 Vgl. z. B. K. Heß, W. Weltzien und E. Meßmer, A. 435, 1 (1924),
Literatur; K. Heß, Z. El. Ch. 31, 316 (1925).4 Naturwissenschaften 12, 360 (1924); 13, 1084 (1925).5 Vgl. z. B. Einführung in die Chemie der polymeren Kohlenhydrate (1925).
— 43 —
Staudinger1 vertritt dagegen die Ansicht, daß sich der Vorgangder Polymerisation durch die Annahme von Hauptvalenzbindungenausreichend erklären lasse; aus den Grundmolekeln soll durch
chemische Bindung die Makromolekel entstehen, die erst nach
chemischer Veränderung wieder molekular dispergiert werden
kann ; die Vorgänge sind dabei nicht reversibel, die Makromolekel
entsteht aus der molekulardispersen Verbindung erst wieder durch
neue Synthese.
Staudinger bleibt also vollkommen auf dem Boden der
klassischen organischen Strukturlehre steheu und nimmt an, daß
die hochmolekularen Naturstoffe wirklich aus sehr umfangreichenEinzelmolekülen erster Ordnung bestehen. Naturgemäß bleibt die
Staudingersähe Auffassung die Erklärung dafür schuldig, daß man
z. B. gewisse Proteine schon durch Auflösen in kleine Bruchstücke
spalten kann.
Eine bessere Lösung scheint mir hier die Auffassung von
Bergmann und Mitarbeitern zu bieten,. die diese JForscher auf
Grrund ihrer Untersuchungen am Lichosan2 als Vertreter der
komplexen Kohlenhydrate und an Methylen -dioxopiperazinen3als peptidähulichen Stoffen entwickelt haben. Auf die Versuche
an diesen letzten Verbindungen soll hier näher eingegangen werden.
Bergmann, Miekeley uud Kann haben nämlich in dem
von ihnen aus einfachen Aminosäuren synthetisch aufgebauten
Methylen-dioxopiperazin (46) und Methylen-methyl-dioxo-piperazin (50) Materialien gefunden, die sich leicht in isomere,schwerlösliche Formen überführen lassen, welche einen durchaus
hochmolekularen eiweißähnlichen Eindruck machen: Sie sind, wie
schon erwähnt, in Wasser und fast allen organischen Lösungs¬mitteln außerordentlich schwer löslich, geben also wie die Eiwei߬
stoffe keine molekulardispergierenden Lösungen mehr. Von Phenolen
dagegen werden sie, genau wie viele Proteine, in ganz kleine
1 ß. 53, 1073 (1920); H. Staudinger und A. Meiner, Helv. 7, 23 (1924);H. Staudinger und M. Lüthy, Helv. 8, 41, 165 (1925); H. Staudinger, Helv. 8,67, 306, besonders S. 330ff. (1925); H. Staudinger und H. A. Bruson, A. 447,97, 110 (1926).
2 M Bergmann und E. Knehe, A. 448, 76 (1926); vgl. auch A. 445,1 (1925).8 Loc. cit.
— 44 —
Bruchstücke zerlegt. Sie besitzen eine erhebliche Affinität zu
Gerb- und Farbstoffen; besonders wichtig ist nun, daß sich hat
beweisen lassen, daß die Einzelteilchen CäH802N2 und CeH802N2beim Übergang aus der normalen Dioxopiperazinform in die Iso¬
form eine prinzipielle Veränderung ihrer Selbständigkeit erfahren
haben.
Die Verhältnisse seien am Methylen - methyl - dioxo - piperazin (50)näher besprochen:
CH,OH
(45)
I
CO—NH—CH
I I
CH2—NH2 COOH
Glycyl - serin
(49)
CO—NH—CH
CH—NH, COOH
CH3
(46)
CH2II
CO—NH—C
I I
CH2—NH—CO
Methylen - dioxopiperazin
(50)
Alanyl- serin
CH,II
CO—NH—C
I ICH—NH—CO
I
CR,
y
(47) (C6H602N2)xIso - methylen - dioxopiperazin
(48) C10H1606N4C12Tetrapeptid
Methylen - methyl - dioxopiperazin
(51) (C6H802N2)xIso - methylen - methyl - dioxopiperazin
(52) (C12H2206N4C12
Tetrapeptid.
Das Methylen-methyl-dioxopiperazin löst sich in siedendem
Phenol monomolekular, die Isoform gibt bei kryoskopischer Be¬
stimmung in Phenol1 auch monomokulare, bei ebullioskopischer
1 M. Bergmann und F. StatAer, A. 448, 32 (1926).
— 45 —
Bestimmung in Phenol dimolekulare Werte. Beide Verbindungenlassen sich durch katalytische Hydrierung in dasselbe Alanin-
anhydrid überführen. Sie geben aber beim Acetylieren voneinander
verschiedene, in Bisessig monomolekulare Diacetate.
Diese Befunde würden die Annahme einer einfachen Isomeri-
sierung von (50) nach (51) erlauben. Dagegen spricht das Ergebnisder Säurespaltung von (51), bei der Derivate isoliert werden
konnten, die aus vier Aminosäuren aufgebaut sind und deshalb
als Tetrapeptide bezeichnet werden. Ihre Strukturaufklärung steht
noch aus, ist aber für das wesentliche Problem nicht maßgebend.Schließt man die Möglichkeit sekundärer Bildung dieser Produkte
aus, und das darf man, da bisher noch kein Fall einer Vereinigungvon Aminosäuren in salzsaurer Lösung bei 100° bekannt ist, so
schlägt man aus den Piperaziuen (C5H602N2)x und (CgH8N202)xmit Salzsäure doppelt so große Stücke heraus wie bei der
Hydrierung oder Acetylierung.Wenn man nach der Assoziationstheorie bei diesen Verbindungen
selbständige Moleküle im Kristall annähme, von der hier in
Phenol gefundenen Größe C5He02N2 und CeH802N2, so wäre
damit das Auftreten eines Tetrapeptides vom doppelten Molekular¬
gewicht bei der Hydrolyse nicht in Einklang zu bringen.Faßt man andererseits diese Verbindungen als Polymerisate
auf, zustande gekommen durch Neben- oder Hauptvalenzbindungen,so müßte man, ausgehend vom Tetrapeptid, im ursprünglichenKristall Aggregate von mindestens der gleichen Größe, also Ketten
von 4 Aminosäuren annehmen, gleich wie man z. B. bei Kohle¬
hydraten aus der Größe der Spaltstücke auf die der Elementar¬
körper geschlossen hat. Gegen eine solche Interpretation sprichtder Zerteilungsgrad der Isoformen in Phenol und das Ergebnisder katalytischen Hydrierung, einer sehr milden Methode, bei der
Umlagerungen nicht anzunehmen sind.
Die ganzen Erscheinungen zeigen an einem einfachen Modell
deutlich, daß man bei festen Stoffen nicht mehr von selbständigenMolekülen, von einem bestimmten Molekülumfang sprechen kann.
Selbständige Moleküle existieren nur bei Gasen und in einem
gewissen Sinne in Lösung. In den Kristallen hat man es nur mit
— 46 —
Atomaggregaten von der Größenordnung der Moleküle zu tun,die durch die Gitterkräfte zusammengehalten werden, deren Festig¬keit gegenüber der zerteilenden Wirkung von verschiedenen Lösungs¬mitteln verschieden ist und damit wesentlich das Verhalten der
einzelnen Stoffe bestimmt. Beim einen Kristall werden die Gitter¬
kräfte leicht, beim anderen schwer gelöst; beim einen sind selb¬
ständige Moleküle im Gaszustand bekannt, beim anderen nicht.
Körper, die diese Eigenschaften besitzen, sich nicht im Dampf¬zustand oder in Lösung aufteilen zu lassen, bezeichnet man als
hochmolekular. Karrer führt für diese Anschauung an, daß die
meisten Metalle nach ihrem kolloidalen Verhalten in wäßriger
Lösung als hochmolekular bezeichnet werden müßten, falls nicht
bekannt wäre, daß sie sich durch Verdampfen atomar zerteilen
lassen. Es besteht somit ein gradueller, nicht ein prinzipiellerUnterschied zwischen einem Naphtalinkristall, diesen Dioxopiperazin-derivaten und z. B. der Cellulose. Beim Naphtalin reagiert bei
reversiblen chemischen Prozessen, und dazu ist auch die Solvat-
bildung beim Lösen einer Substanz zu rechnen, immer das einzelne
Molekül, bei den Methylen-dioxopiperazinen in einzelnen Fällen,bei der Cellulose nur der Kristallverband (Nitrocellulose usw.).
Man wird deshalb streng genommen die Isoformen nicht als
hochmolekular bezeichnen können, da sie sich ja molekular di-
spergieren lassen, sondern besser von ihrem übermolekularen Zustand
sprechen, dabei aber im Auge behalten, daß zwischen diesem ver¬
schiedenen Verhalten gegenüber Lösungsmitteln nur ein graduellerUnterschied besteht.
Das Beispiel der Methylen -dioxopiperazine zeigt auch klar,daß ein Rückschluß aus den Spaltprodukten auf die Art der An¬
ordnung der Bausteine im festen Körper nicht ohne weiteres
erlaubt ist, sofern der Körper, der einem chemischen Abbau unter¬
worfen wird, sich im angewandten Agens nicht von vornherein
molekular löst, eine Bedingung, die von den sogenannten hoch¬
molekularen Körpern nicht erfüllt wird.
In ihrem übermolekularen Verhalten sind, wie erwähnt, die
Iso-dioxopiperazine den natürlichen Proteinen, wie Gelatine,Seidenfibroin, Gliadin an die Seite zu stellen, in bezug auf die
— 47 —
Unlöslichkeit in Wasser, auf die weitgehende Dispergierung in
Phenol, die Bildung von Polypeptiden bei saurer Hydrolyse. Nur
hängen bei den Kunstprodukten die Eigenschaften des über¬
molekularen Zustandes aufs engste mit der Methylengruppe
zusammen, während bei den Proteinen andere Gruppen diese
stabilisierende "Wirkung haben dürften. Es ist aber in diesem
Zusammenhange immerhin erwähnenswert, daß es Troensegaard1in einigen Versuchen gelungen ist, Gliadin in verdünnt alkoholischer
Lösung katalytisch mit Palladium und Wasserstoff zu hydrieren,wobei auf 1 Atom N ungefähr 2 Atome H aufgenommen wurden,
so daß man auch bei nativem Eiweiß mit der Möglichkeit des
Vorkommens von Lückenbindungen, vielleicht in ähnlicher Art
wie bei diesen Methylen-dioxopiperazinen, rechnen darf.
B. Eigene Untersuchungen.
Auf anderem Wege bin ich von demselben Glycyl- und Alanyl-serin ausgehend wie Bergmann, Mieheley und Kann zu neuen
Formen von übermolekularen, proteinähnlichen Stoffen vom
Piperazintypus gelangt. Ich habe diese Dipeptide zuerst unter
Abspaltung von 1 Molekül Wasser in die lange bekannten Dioxo-
piperazine übergeführt, die dann mit Essigsäureanhydrid und
Natriumacetat behandelt wurden. Dabei wird nochmals 1 Molekül
Wasser abgespalten. Die so bereiteten übermolekularen Anhydridesind isomer mit den Iso-methylen-dioxopiperazinen, unterscheiden
sich aber in ihrem chemischen Verhalten scharf von ihnen; sie
werden deshalb vorerst als Allo-methylen-dioxopiperazinebezeichnet.
Die Eigenschaften der Alloanhydride zwingen wie die der
Isoformen zur Annahme eines Aufbaues aus Atomaggregaten mit
verfestigten Gitterkräften. Sie finden wie jene keine genügende
Erklärung in den Theorien der Assoziation oder Polymerisation.Diese Iso- und AlloVerbindungen erlauben weiter ein Studium der
1 H. 134, 108 (1924).
— 48 —
Isomerieverhältnisse bei hochmolekularen Stoffen am übersichtlichen
Modell1.
Ich beschreibe hier die beiden übermolekularen Körper
(CgHgOoN^x, das Alio - 3 - methylen - 2, 5 - dioxo - piperazin aus Glycyl-serin-anhydrid und (C6H802N2)x, das Alio-3-methylen-6-methyl-
2,5-dioxo-piperazin aus Alanyl-serin-anhydrid und beginne mit
dem Nachweis ihrer übermolekularen Natur.
Als Charakteristikum für den übermolekularen Zustand der
Iso-anhydride hat sich ihr mit dem Medium variierender Zerteilungs-
grad erwiesen. Auf der einen Seite ergeben die Lösung in
schmelzendem Phenol2, die Hydrierung und Acetylierung Aggregatevon der Größe C5He02N2 und C6Hg02N2, auf der anderen die
Säurespaltung doppelt so große Tetrapeptide. Dieselben Er¬
scheinungen bei den Allo-anhydriden : Teilchen von der Größe
CBH602N2 und 06H8O2N2 in Resorcinlösung, doppelt so große
Tetrapeptide bei der Hydrolyse, berechtigen dazu, auch sie als
übermolekular zu bezeichnen.
Man darf die Bildung der Tetrapeptide als ein Kriterium zum
Nachweis des übermolekularen Zustandes verwenden, denn sie
hängt aufs engste damit und nicht mit den Aufbaukomponentenan sich zusammen. Weder die isomeren Methylen - dioxopiperazine,die dieselben Komponenten enthalten wie die Iso- und Alloformen,noch das um 1 Molekül Wasser reichere Glycyl-serin-anhydridgeben bei der gleichen Behandlung mit Salzsäure Tetrapeptide;bei den ersteren haben Bergmann, Mielceley und Kann3 Brenz-
traubensäure neben Glykokoll oder Alanin isoliert, beim Glycyl-serin-anhydrid habe ich nur Glykokoll und Serin nachweisen können.
Die aus den Allo-anhydriden gewonnenen Tetrapeptide haben
sich als identisch mit den aus den Iso-anhydriden dargestelltenerwiesen. Alio- und Isoformen unterscheiden sich hierbei nur
durch die verschiedene Spaltungsgeschwindigkeit, die unter gleichen
Bedingungen bei den ersteren größer ist. Zum Nachweis der
Identität der aus den beiden Anhydridformen hergestellten Tetra-
1 Vgl. auch H. Staudinger und H. A. Bruson, A. 447, 110 (1926).2 In siedendem Phenol war (C6H802N2)2 gefunden worden.
3 H. 146, 247 (1925).
— 49
peptide habe ich jeweils die freien Hydrochloride und ihre Methyl¬ester hergestellt, beim Tetrapeptid aus Iso- und Allo-methylen-
dioxopiperazin auch noch die freien Methylester; sie lassen sich
aus dem Hydrochlorid durch Behandeln mit Natriummethylat nach
E. Fischer1 leicht rein gewinnen und zeigen im Gegensatz zu den
anderen DeriTaten einen scharfen Schmelzpunkt, der eine leichte
Identifizierung erlaubt.
Am Tetrapeptid aus Allo-methylen-methyl-dioxopiperazinstellen meine Versuche die früheren, nicht eindeutigen Befunde
dahin sicher, daß diese Verbindung 1 Mol Wasser mehr enthält als
das methylärmere Homologe.Die Bezeichnung „Tetrapeptid" (vgl. S. 45) soll nur andeuten,
daß die erhaltenen Verbindungen aus 4 Aminosäuren zusammen¬
gesetzt sind. Daß das Molekül nicht kleiner sein kann, zeigt die
ungerade Anzahl der 0-Atome des aus Iso- und Allo-methylen-
dioxopiperazin gewonnenen Körpers C10H14O5N4, 2 HCl. Zudem
enthält der Methylester nur ein Methoxyl, das freie Tetrapeptid-hydrochlorid somit nur eine Carboxylgruppe. Mit Polypeptidenim gewöhnlichen Sinne hat man es aber sicher nicht zu tun. Die
Formel C10HuO5N4 berechnet sich zwar aus
2 Mol 06H602N2 ,
2 Mo1 SeriQ
+ imoih2ooder +2MolG1ycin
— 5 Mol Wasser
Da bei der letzten Formulierung 2 Moleküle Wasser aus den Oxy-
gruppen des Serinrestes stammen dürften, könnten die restlichen
3 Moleküle bei der Verknüpfung der 4 Aminosäuren abgespaltensein, und damit wäre eine einfache amidartige Verkettung ver¬
einbar. Dagegen spricht der Befund, daß beim Hydrochloriddie beiden Chloratome sich mit Natriummethylat in der Kälte
glatt entfernen lassen, also ionogen gebunden sind. Es müssen
somit zwei freie Aminogruppeu vorhanden sein. Eine Doppel¬bindung läßt sich mit Brom nicht nachweisen.
Allo-methylen-dioxopiperazin und Alio -methylen- methyl -
dioxopiperazin führen bei der Hydrolyse zu den gleichen Produkten
1 E. Fischer, B. 89, 453, und zwar 470 (1906).Enßlin. 4
— 50 —
wie die Isoformen, verhalten sich aber im übrigen ganz anders
wie jene. Sie werden bei der Darstellung als nicht deutlich
kristalline, in Wasser kaum lösliche Pulver erhalten, lassen sich
leicht aus Lauge und Säure oder aus Resorcin umlösen und
zeigen dann wie die Iso-anhydride gut ausgebildete Kristalle, die,im Gegensatz zu jenen immer schwach gelblich gefärbten Ver¬
bindungen, farblos sind. Die Alio- unterscheiden sich weiter von
den Isoformen durch die Natur ihrer Natriumsalze, den Wider¬
stand, den sie der Acetylierung und katalytischen Hydrierung
entgegensetzen, und ihre bedeutend geringere Löslichkeit in
siedendem Phenol.
Während sich die Iso-anhydride leicht mit tiefgelber Farbe in
Natronlauge lösen, gehen die Allo-anhydride schwer und nur mit
einem erheblichen Überschuß an Lauge (mehr als 2 Mol NaOH
auf 1 Mol Anhydrid) in Lösung, ohne irgendwelche Färbung.Kristallisierte Natriumverbindungen, die den tiefgelben Dinatrium-
salzen der Isoanbydride entsprechen würden, haben sich bis jetztnicht herstellen lassen.
Eine Acetylierung der Allo-anhydride, sei es durch direktes
Behandeln mit Essigsäureanhydrid oder über Natriumverbindungen,hat sich bisher uicht durchführen lassen und ist auf Grund der
Darstellungsweise auch kaum zu erwarten. Währeud die kataly-tische Hydrierung beim Iso-methylen-methyl-dioxopiperazin sehr
rasch vor sich geht, habe ich bei keinem der untersuchten Allo-
anhydride eine Wasserstoffaufuahme in Gegenwart von Palladium¬
mohr beobachten können.
Nach den Untersuchungen von Bergmann und Stather1 lösen
sich die Iso-anhydride genügend in schmelzendem Phenol, so daß
eine kryoskopische Bestimmung der Teilchengröße nach Beckmann
möglich ist. Bei den Allo-anhydriden erlaubt erst die Verwendungvon Resorcin2 eine derartige Bestimmung, und auch dann nur bei
geringen Konzentrationen. In beiden Fällen erhält man dieselben
Werte, die auf Molekularteile C5H402N2 und C8H802N2 hinweisen.
Diese niederen Zahlen für die Teilchengröße sind zusammen mit
1 A. 448, 32 (1926).2 Vgl. B. 0. Herzog und M. Kobel, H. 184, 296 (1924).
— ol¬
der Bildung der Tetrapeptide ausschlaggebend für die Feststellung
des übermolekularen Zustandes der Alio-anhydride. Ich habe
mich deshalb vergewissert, daß bei der Einwirkung des Resorcins,selbst bei höherer Temperatur und längerer Erhitzungsdauer als
bei den kryoskopischen Bestimmungen, die Alio-anhydride keines¬
falls weitergehend zersetzt werden. Die aus E-esorcin wieder¬
gewonnenen Verbindungen verhalten sich gleich wie die nicht
vorbehandelten Anhydride und liefern bei der Salzsäurehydrolysedie gleichen Tetrapeptide wie jene.
Nach neueren Versuchen von Bergmann, Miekeley und Kann1
gelangt man auch durch Behandeln des Methylen-dioxopiperazinsmit wenig Essigsäureanhydrid und Natriumacetat zum Allo-
anhydrid (C5H602N2)x. Aus einem und demselben Methylen-
dioxopiperazin bilden sich Iso-und Alloformen, also übermolekulare
Stoffe von ganz verschiedenem Verhalten, je nachdem man die
Umlagerung zu diesen Körpern in alkalischem oder saurem Medium
vornimmt. Ich veranschauliche die Zusammenhänge für das
Beispiel des Glycyl-serins durch die folgende Übersicht:
CH„OH Cfl„OH
00—NH—CH
I I
CH2-NH2 COOH
Glycyl - serin
- 2 H20 1 CH2y II
CO—NH—(
-H20CH NH—CH
I I
CH2—NH—CO
Glycyl- serin - anhydrid
Essigsäureanhydrid + Natriumacetat
Essigsäure-
CH,—NH CO anhydrid +
Natrium-
3 - Methylen - 2,5 - dioxopiperazin aoetat
j Alkali, dann Säure ,
y TT
(C5H602N2)x (C6Hfl02N3)xIso - 3 - methylen - 2,5 - dioxopiperazin Alio - 3 - methylen - 2,5 - dioxopiperazin
(53)
Tetr&peptid C^R^O^Cl,,
1 Unveröffentlicht.
— 52 —
Nach diesem Reaktionsverlauf liegt es nahe, zu vermuten, daß
die Bildung der Alloformen ganz allgemein, also auch bei der
direkten Darstellung aus Glycyl- und Alanyl-serin-anhydrid über
die Methylen-dioxopiperazine führt. Man muß annehmen, daß die
leichte Wasserabspaltung an diesen Anhydriden an der Oxygruppedes Serins, am außerhalb des Ringes liegenden ß- Kohlenstoffatom
eintritt unter Bildung eben dieser Methylen-dioxopiperazine. Denn
Bergmann und Stather1 haben erst neuerdings gezeigt, daß die
S-S-Briicke beim Di-alanyl-cystin-anhydrid sehr leicht mit Alkali
gespalten wird, leichter als beim entsprechenden Peptid; Bergmannund Stern11 haben ferner nachgewiesen, daß auch nicht hydroxyl-oder schwefelhaltige Aminosäuren unter geeigneten Umständen
leicht in a-/?-ungesättigte Aminosäuren oder ihre Tautomeren
übergehen können. In allen Fällen werden durch den Ringschlußzum Dioxopiperazin oder Oxazolidon die Affinitätsverhältnisse am
außerhalb liegenden /?-Kohlenstoffatom stark im Sinne einer
Lockerung der Bindung von Substituenten beeinflußt, eine Er¬
scheinung, die man bisher kaum beobachtete, da man Dioxo-
piperazinringe weitgehend mit einer einfachen Verdoppelung der
Peptidbindung identifizierte.
Die primär entstehenden Methylen-dioxopiperazine können sich
unter den gegebenen Bedingungen, wie oben für das Beispiel des
Methylen-dioxopiperazins auseinandergesetzt wurde, zu den Allo¬
formen umlagern. Die Zwischenprodukte selbst wurden bei den
Glycyl- und Alanyl-serin-anhydriden noch nicht gefaßt, sie lassen
sich aber nach gewissen Beobachtungen an den unten erwähnten
Serin-anhydriden dort anscheinend isolieren, so daß der an¬
genommene Reaktion sverlauf zutreffen dürfte.
Bei der theoretischen Behandlung der Kohlenhydrate hat man
häufig die Frage aufgeworfen, ob aus einem und demselben Aufbau¬
element lediglich durch verschiedene Aggregationsweise, also ohne
strukturell chemische Veränderung der Bauelemente, größere
Aggregate von verschiedenen kolloidchemischen und chemischen
Eigenschaften und von verschiedenem Aggregatumfaug hervor-
1 H. 152, 189 (1926); A. 418, 32 (1926).8 A. 118, 20 (1926).
— 53 —
gehen können. Ich erinnere an den Vergleich von Cellulose und
Lichenin1, von Glykogen mit Amylopektin2, den Vergleich der
verchiedenen Amylosen3. Es scheint mir aber durchaus fraglich,ob man aus ein und demselben molekularen Bauelement lediglichdurch Variation der Aggregationszahl mehrere verschiedene che¬
mische Stoffe entstanden denken darf, ohne daß zugleich die
innere Struktur der molekularen Bausteine in Mitleidenschaft
gezogen ist. Es muß auf jeden Fall betont werden, daß ein der¬
artiges Experiment bisher nie gelungen ist4; und wenn z. B. für
Cellulose und Lichenin gleiche Struktur der Bausteine angenommen
wird, so schwebt eine solche Annahme vorerst vollkommen in der
Luft, weil uns bis jetzt jedes Mittel fehlt, die feinere Struktur
des Bausteines zu ermitteln, also seine Identität oder Ver¬
schiedenheit zu beweisen.
Viel näher liegt jedenfalls die Annahme, daß Aggregationgradund innere Struktur des Bausteines sich gegenseitig bedingen, daß
also mit jeder Veränderung des Aggregationsgrades auch die innere
Struktur bzw. die Affinitätsverhältnisse des Bausteines in Mit¬
leidenschaft gezogen und verändert werden.
Da klares, experimentelles Material für derartige Anschauungenschwer beizubringen ist, scheint mir das Verhalten meiner Allo-
piperazine und ihr Verhältnis zu den Iso-piperazinen im Hinblick
auf ihren engen genetischen Zusammenhang besonders bemerkens¬
wert. Die Verschiedenheit dieser beiden Formen besteht auch
nach der Zerteilung in die kleinsten Teilchen C8H602N2 und
C6H8OaN2 durch Lösen in Phenolen bei den aus der Lösung zurück¬
gewonnenen übermolekularen Verbindungen fort. Man wird diese
Verschiedenheit in der chemisch festlegbaren Struktur dieser
kleinsten Teilchen suchen müssen, wenn wir auch heute noch nicht
imstande sind, uns ein klares Bild von der feineren Verteilungihrer Valenzfelder zu machen. Verschiedener Aggregationsgrad
1 Vgl. z. B. P. Karrer, Z. Ang. 37, 1003 (1924).2 Vgl. z. ß. H. Pringsheim, Die Polysaccharide u. a., S. 214 (1923).8 Vgl. z. B. P. Karrer, Polymere Kohlenhydrate^ S. 70ff. (1925).4 Vgl. z. B. Lichenin-Lichosan: H. Pringsheim, W. Knoll und E.Kasten,
B. 58, 2135 (1925); H. Pringsheim, Naturwissenschaften 13, 1084 (1925),Literatur; dazu M. Bergmann und E. Knehe, A. 448, 76 (1926).
— 54 —
kann hier nicht der Grund für das chemisch verschiedene Verhalten
sein. Es ist weiter bemerkenswert, daß von so einfachen Verbindungen
C5H602N2 und 06H8O2N2 drei Isomere beständig sind.
Ich glaube mit diesen Versuchen einen Beitrag zur Klärungder oben aufgeworfenen Frage gegeben zu haben.
Es wäre nun denkbar, daß die Asymmetrie dieser Iso- und
Allô-anhydride, der Aufbau aus zwei verschiedenen Aminosäuren,einen wesentlichen Einfluß auf die Bildung der hochmolekularen
Verbindungen hätte. Ich habe mich deshalb am Beispiel des
symmetrischen dl-Seryl-dl-serin-anhydrids davon überzeugt, daß
auch hier hochmolekulare Stoffe entstehen. Ihre Untersuchungist aber wegen der schweren Zugänglichkeit des Materials noch
nicht abgeschlossen.Im Zusammenhang mit der wichtigen Funktion der Methylen¬
gruppe bei der Bildung der übermolekularen Anhydride darf noch
ein Versuch Erwähnung finden. Bergmann, Miékeley und Kann1
haben auf die formale Ähnlichkeit ihrer Methylen-dioxopipe-razine (54) mit den von 8asa'ki'i beschriebenen Aryliden - dioxo -
piperazinen (55) aufmerksam gemacht:
CH2 CHAr
II IICO—C CO—c
/ \ / \
(54) NH NH (55) NH. NH
\ / \ /
OH—CO C CO
I IIK, CHAr
Ihre Versuche zur Darstellung der Methylen-dioxopiperazine nach
der Methode von Sasaki durch Erhitzen von Paraformaldehyd und
Dioxopiperazin mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat führten
aber nur zum Diacetat des schon bekannten N, N'-Dimethylol-
dioxopiperazins (S. 19):CO--CH2
/ \
(56) CHsCOOCH2N NCH2OOCCH.\ /
,253
, (1925).
CH2--CO
l H. 146
2 B. 54, 163, 168, 2056 (1921).
— 55 —
Die Verschiedenheit schien noch weiter zu gehen. Die Methylen-
dioxopiperazine lassen sich leicht in Brenztraubensäure, Glykokollund Ammoniak spalten; Sasaki hat seine Körper nur einer
reduktiven Spaltung unterworfen und auf diesem Wege in sehr
guter Ausbeute Phenylalanin erhalten, eine Bildung von Keto-
säuren aber nicht festgestellt.Es fragte sich nun, ob nicht doch zwischen beiden Ver¬
bindungsarten eine weitergehende Übereinstimmung gegenüberchemischen Einwirkungen bestehe. Ich habe zu dieser Unter¬
suchung wegen der leichten Zugänglichkeit das Dibenzal-dioxo¬
piperazin gewählt. Wie zu erwarten war, löst sich dieser Körpermit tiefgelber Farbe recht leicht in n-Natronlauge unter Zusatz
von etwas Aceton, läßt sich aber unverändert wieder ausfällen,im Gegensatz zu Methylen-dioxopiperazin, das sich bei dieser
Behandlung in die übermolekulare Isoform umlagert.Man könnte dagegen einwenden, das Dibenzal-dioxopiperazin
sei selbst schon hochmolekular; dem widersprechen seine weiteren
Eigenschaften, der scharfe Schmelzpunkt und vor allem das Er¬
gebnis der Spaltung mit Salzsäure. Sie führt, genau wie beim
Methylen-dioxopiperazin zur entsprechenden Ketosäure, hier zur
Phenyl-brenztraubensäure und Ammoniak; sie erfolgt nur be¬
deutend langsamer und war selbst bei 13 stündiger Einwirkungvon Eisessig-Salzsäure noch nicht vollständig. Die Ausbeute an
Ketosäure ist recht gut.Die Neigung zur Komplexbildung ist also durch die Sub¬
stitution der Phenylreste vollkommen verschwunden, eine Er¬
scheinung, die der Erfahrung entspricht, daß durch Substitution
von Phenylresten die Fähigkeit zur Polymerisation abnimmt.
Dieser Vorgang zeigt wieder, daß die Bildung der übermolekularen
Anhydride aufs engste mit der Methylengruppe zusammenhängt.
Experimenteller Teil.
I. Aldehyd -Aminosäure -Verbindungen.
1. Verbindungen des Formaldehyds mit Glykokoll.
Triformal-glycin-kupfer:
[(OH2)302:N.CH2.OOÜ)]2Ou.
3 g Glykokoll-kupfer werden mit 20 ccm Formalinlösung von
30°/0 15 Stunden auf 50 — 52° erwärmt, dann die reichlich (3,75 g)
abgeschiedenen, tiefblauen Kristalle abgesaugt, mit wenig eiskaltem
Formaldehyd gewaschen, unter 500 Atmosphären Druck zwischen
Papier abgepreßt und bei 20° und 12 mm über Phosphorpentoxydauf konstantes Gewicht gebracht. Bei 78° und 0,5 mm tritt dann
kein bemerkenswerter Gewichtsverlust mehr ein.
0,1351 g Substanz, 0,1657 g C02, 0,0585 g H20.
5,984 mg Substanz, 0,423 ccm N (20°, 750 mm, 50% KOH).
0,3071 g Substanz, 0,0698 g OuO.
Zur Formaldehydbestimmung wurden bei diesem und den folgendenVersuchen ca. 0,2 g Substanz mit 20 ccm Phosphorsäure von
25°/o unter ständigem Wasserzufluß destilliert, so lange Form¬
aldehyd überging, und dieser im Destillat mit Jod und Alkali
bestimmt1.
0,2788 g Substanz brauchen 90,55 ccm n /10 Jodlösung.
O10H16O8N2Cu. Ber.: 0 33,73 H 4,53 N 7,88 Cu 17,87 CH20 50,6%.(355,72) Gef-. 0 33,45 H 4,85 N 8,13 Cu 18,16 0H20 48,75%-
1 Romjin, Z. f. analyt. Chem. 36, 19 (1897).
— 57 —
*
Da das Kupfersalz nicht umkristallisiert ist, können die
gefundenen Werte als recht befriedigend angesehen werden. Die
kleinen Abweichungen von der Theorie (sie ist für eine Aufnahme
Ton 6 Molekülen Aldehyd bei Austritt von 2 Wassermolekülen
berechnet) erklären sich durch etwas zu niedrigen Aldehydgehalt.
Angebliches Oxytrimethylen-glycin-kupfer1:
1,15 g Glykokoll-kupfer werden mit 3 ccm Formalinlösungvon 35°/0, die auf 55° vorgewärmt ist, 24 Stunden auf 50— 51°
erhitzt. Die erstarrte Kristallmasse wird mit 2,5 ccm Formalin
aufs Filter gebracht, mit 3 X 2,5 ccm Formalin und 4 X 2,5 ccm
Methylalkohol ausgewaschen und bei 20° und 12mmüberPhophor-
pentoxyd getrocknet. Erhalten 0,95 g.
0,1372 g Substanz brauchen 41,45 ccm n/10 Jodlösung.
C10H1608N2Cu (355,72). Ber.: CH20 50,6 %.Gef.: CH20 45,34 °/0.
Ein anderes Präparat, das in gleicher Weise bereitet, nach
dem Auswaschen mit Formalin aber bei 500 Atmosphären Druck
zwischen Papier abgepreßt und bei 20° und 12 mm über
Phosphorpentoxyd getrocknet war, ergab eine ähnliche Menge
abspaltbaren Formaldehyd:
0,2568 g Sabstanz brauchen 79,76 ccm n/10 Jodlösung.0,2503 g Substanz brauchen 78,06 ccm n/10 Jodlösung.
Ber.: CH20 50,6"/„.Gef.: CH20 46,74 und 46,81%.
Angebliches Oxytrimethylen-glycin-barium2:
1. Versuch: 22,1 g reiner kristallisierter Baryt werden in
30 ccm Wasser heiß gelöst, filtriert, mit 5 ccm Wasser nach¬
gewaschen und zum Filtrat rasch 10,7 g Glykokoll zugesetzt.Beim Zugeben von 25 ccm Formalin (30°/0) und zum Überflußnoch 5 ccm Methylalkohol bei 35° zu dieser Lösung, steigt die
» Krause, B. 51, 137, 148 (1918).2 Krause, B. 51, 142 (1918); H. 139, 217 (1924).
— 58 —
Temperatur spontan auf 45°, und nach wenigen Sekunden erstarrt
die Flüssigkeit zu einem Brei farbloser, mikroskopischer Nadeln
oder flacher Stäbe. Da die Abscheidung eine sehr reichliche
war, habe ich nur noch */4 Stunde bei etwa 50° gehalten und
auf das von Krause angegebene 10stündige Erwärmen verzichtet,das nur die Ausbeute verbessern sollte. Im übrigen habe ich
nach seiner Vorschrift bei Zimmertemperatur mit 20 ccm Formalin
verrührt, abgesaugt und dreimal mit je 5 ccm Formalin, dann mit
Alkohol und Äther gewaschen. Ausbeute sehr befriedigend,besonders, wenn man die Mutterlauge der ersten Filtration mit
Alkohol-Ather versetzt.
0,1909 g lufttrockene Substanz brauchen 19,13 ccm n/10 Jodlösung.
0.1712 g Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über P206 0,0377 g an Gewicht.
Für Oxytrimethylenglycin-barium C7H1205N2Ba, 3H20 (395,56):
Ber. für 2 Mol CH^O: 0H20 15,17 H20 13,66°/0.
Für Methylenglycin-barium C6H804JST2Ba, 5H20 (399,56):
Ber. für 2 Mol CH20: CH20 15,02 H2Ü 22,54%.Gefunden: CH20 15,04 H20 22,02%.
0,1319 g wasserfreies Salz brauchen 16,55 ccm n/10 Jodlösung.
C,H1205N2Ba (341,52). Ber. für 2 Mol CH20: CH20 17,58%.
C6H804N2Ba (309,48). Ber. für 2 Mol CH2Ü: CH20 19,40%.Gefunden: CH20 18,83%.
DerGehalt au Kristallwasser zeigt, daßkeinesfallsOxytrimethylen-
glycin-barium in der von Krause angegebenen Zusammensetzung
vorliegt. Würde man mit anderem Gehalt an Kristallwasser rechneu,so würde wieder die Formaldehydbestimmung ganz unbrauchbar.
Die Analysenzahlen stimmen völlig mit denen von früheren
Bestimmungen am Methylen-glycin-barium1 überein. Zum Über¬
fluß habe ich dieses Salz nach den Angaben von Bergmann,Jacobsohn und Schotte1 nochmals dargestellt und wieder analysiert.
0,2047 g Substanz (lufttrocken) brauchen 20,32 ccm n/10 Jodlösung.
0,2697 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0589 g an Gewicht.
1 H. 131, 24 (1924).
— 59 —
0,2073 g getrocknete Substanz brauchen 25,70 ccm n/10 Jodlösung.
C6Hs04N2Ba, 5H20. Ber.: 0H.2ü 15,02 H20 22,4 %.Gef.: CH20 14,93 H20 21,84%.
C8H8OtN,Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: CH20 18,61%.
In kristallwasserhaltigem Zustand aldehydreichereProdukte:
2. Versuch: 10,7 g Glykokoll und 23,5 g Baryt werden wie
üblich in 30 ccm Wasser gelöst und rasch bei 50° 25 ccm
technisches Formalin von 30% und 5 ccm Methylalkohol zugesetzt,
wobei die Temperatur vorübergehend auf 56° steigt.Beim Kühlen auf 50ü erstarrt nach wenigen Sekunden die Lösung
zu einem festen Brei von Nadeln. Man hält nun noch 10 Stunden
auf 50°, dann wird in der oben angegebenen Weise abgesaugtund ausgewaschen. Erhalten 25,5 g.
0,2026 g lufttrockene Substanz brauchen 22,87 ccm n/10 Jodlösung.
0,2416 g lufttrockene Substanz brauchen 27,86 ccm n/10 Jodlösung.
0,3817 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 13 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0784 g an Gewicht.
0,1631 g getrocknete Substanz verbrauchen 20,30 ccm n/10 Jodlösung.
C6H804N2Ba, 5H20. Ber.: CH20 15,02 H20 22,4%.Gef.: CH20 16,94 Gewichtsverlust: 20,55%.
OH20 17,31 %.
C6H804N2Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: OH20 18,68%.
3. Versuch: 2,8 g Glykokoll und 5,9 g Baryt werden wie
üblich in 7,5 ccm Wasser gelöst und bei 50° 6,25 ccm Formalin
30°/0 und 1,25 ccm Methylalkohol zugesetzt, wobei die Temperaturauf 58— 59° steigt. Es wird sofort auf 50° gekühlt, die Lösungerstarrt rasch zu einem Kristallbrei, der noch 10 Minuten bei
50 ° gehalten wird. Weitere Verarbeitung wie oben. Erhalten 4,8 g.
0,2647 g lufttrockene Substanz brauchen 33,98 ccm n/10 Jodlösung.
0,2817 g lufttrockene Substanz brauchen 35,62 ccm n/10 Jodlösung.
0,5400 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 13 mm über P2050,1175 g an Gewicht.
— 60 —
0,1980 g getrocknete Substanz brauchen 25,87 ccm n/10 Jodlösung.
C8H804N2Ba, 5H20. ßer.: CH20 15,02 JH20 22,4%.Gel: CH20 19,27 Gewichtsverlust: 21,75%.
CH20 18,98%.
C6H8OtN2Ba. Ber.: CH20 19,40%.Gef.: CH,0 19,16 %.
Beim Zusatz des Formaldehyds bei der erhöhten Temperaturvon 50° bei Versuch 2 und 3 gegenüber 35° bei Versuch 1 und
beim Methylen-glycin-barium enthalten die kristallwasserhaltigenBariumsalze zu viel Aldehyd, der beim Trocknen mit dem Kristall¬
wasser entweicht. Bei allen drei Versuchen ist aber auf Grund
der Formaldehydbestimmung die Zusammensetzung der getrocknetenProdukte gleich und identisch mit der des Methylen-glycin-bariums.
Angebliches N-Oxymethyl-glycin-barium1.
Bereitung nach Krause bei 0° ohne Überschuß an Form¬
aldehyd und ohne Gegenwart von Methylalkohol. 2,07 g Glykokollund 4,55 g kristallisierter, reiner Baryt werden wie üblich in
9 ccm Wasser gelöst und nach dem Kühlen in Eis bei einer
Temperatur von 0— 3° tropfenweise rasch 2,7 ccm (berechnet
2,53 ccm) reine Formaldehydlösung (31,7 °/0) zugefügt. Nach
einer Minute beginnt beim Beiben mit dem Glasstab die Kristalli¬
sation in farblosen dünnen Stäbchen, nach einer weiteren Minute
ist die Masse völlig erstarrt. Sie wird mit 7 ccm Eiswasser
verrührt, abgesaugt und mit wenig Eiswasser, Alkohol und Äther
gewaschen. Erhalten lufttrocken 4,05 g.
0,2082 g lufttrockene Substanz brauchen 20,78 ccm n/10 Jodlösung.
0,2754 g lufttrockene Substanz verlieren bei 100° und 70 mm über Phosphor-pentoxyd 0,0607 g an Gewicht.
0,1641 g getrocknete Substanz brauchen 21,0 ccm n/10 Jodlösung.
06H804N2Ba, 5H20. Ber. für 2 Mol CH20: CH20 15,02 H20 22,54%.
(399,56) Gefunden: CH20 14,98 H20 22,04%.
C6H804N2Ba (309,48). Ber. für 2 Mol CH20: CH20 19,40%.Gefunden: OH30 19,21%.
1 B. 52, 1218 (1919).
— 61 —
2. Verbindungen aromatischer Aldehyde mit Aminosäuren
und Peptiden.
N-Benzyliden-glycin.
Bariumsalz :
(C6H5-CH = N-CH2-COO)2Ba, 4H20.
2,2 g reiner, kristallisierter Baryt werden in 3 com heißem
Wasser gelöst, klar filtriert, mit 1 ccm "Wasser nachgewaschenund zum Filtrat 1 g Glykokoll zugesetzt. Die Lösung wird rasch
in einer Kältemischung gekühlt und sofort mit 1,4 g Benzaldehydversetzt. Wenn mau nun bei Zimmertemperatur kräftig durch¬
schüttelt, tritt unter geringer Selbsterwärmung in wenigen Minuten
so starke Kristallisation ein, daß die ganze Masse erstarrt. Die
farblosen Kristallblättchen werden nach kurzer Zeit abgesaugt,mit ca. 15 ccm Eiswasser gewaschen und sofort im Hochvakuum
über Phosphorpentoxyd getrocknet. Ausbeute etwa 1,7 g oder
56 °/0 der Theorie. Bei der mehr oder minder großen Löslichkeit
der meisten derartigen Aldehyd-aminosäure- salze in Wasser muß
naturgemäß durch das sorgfältige Auswaschen die Ausbeute erheblich
zurückgehen. Die Zahlen sind darum Mindestwerte, und man
kann bei obigem Salz leicht 85°/0 der Theorie an Rohprodukterhalten.
0,1153 g Substanz (getrocknet), 0,1966 g C02, 0,0382 g H20.5,218 mg Substanz (getrocknet), 0,284 ccm N(22°, 763 mm, 50% KOH).
0,3650 g Substanz (getrocknet), 0,1846 g BaSÜ4.
C18H1804N2Ba. Ber.: C 46,80 H 3,49 N 6,07 Ba 29,77%.
(461,55) Gel: C 46,50 H 3,70 N 6,32 Ba 29,76%.
In lufttrockenem Zustand enthält das Salz 4 Mol Kristallwasser.
0,3541 g lufttrockene Substanz verlieren bei 20° und 0,1 mm über Phosphor¬
pentoxyd 0,0458 g an Gewicht.
018H1604N2Ba, 4H20 (533,61). Ber.: H20 13,50%.Gef.: H20 12,93%.
An feuchter Luft riecht das Präparat stark nach Benzaldehyd,weil es sich mit Wasser in der Kälte schon allmählich zersetzt,
rascher beim Erhitzen. Darum erhält man bei unvorsichtiger
— 62 —
Herstellung leicht erheblich zu niedrige Kohlenstoffwerte. Das
Salz löst sich erheblich in kaltem Wasser, läßt sich aber nur
unter großen Verlusten daraus Umkristallisieren, es löst sich leicht
in Methylalkohol.
Calciumsalz:
(C„H6 • CH = N • CH2 • COO)2Ca
1 g Glykokoll und 0,4 g Calciumoxyd werden in 4 ccm heißem
Wasser gelöst, filtriert und unter Eiskühlung 1,4 g Benzaldehyd
zugesetzt. Beim Schütteln bei Zimmertemperatur erstarrt wie
beim Bariumsalz nach 2— 3 Minuten die Flüssigkeit unter geringer
Erwärmung zu einem Kristallbrei von farblosen, mikroskopischenkurzen Nadeln. Nach kurzem Stehen bei 0" wird abgesaugt, mit
25 ccm Eiswasser gewaschen und dann sofort bei 20° und 0,5 mm
über Phosphorpentoxyd getrocknet. Erhalten 1,1 g = 45°/0 der
Theorie.
6,234 mg Substanz, 0,412 ccm N (21°, 764 mm, 50% KOH).
0,3020 g Substanz, 0,1108 g CaS04.
C18H1604N2Ca (364,22). Ber.: N 7,69 Ca 11,00 %.
Gef.: N 7,79 Ca 10,80%.
2-Phenyl-3-acetyl-oxazolidon-(5).
(N- Acetyl -[N, O-benzyliden-glycin]): (42).
1,15 g scharf getrocknetes N-Benzyliden-glycin-barium werden
mit 0,51 g Essigsäureanhydrid in 25 ccm Pyridin 8/4 Stunden
auf dem Wasserbad erhitzt. Dann wird vom essigsauren Barytabgesaugt, unter geringem Druck verdampft und mit wenig heißem
Tetrachlormethan aufgenommen. Beim Erkalten werden 0,45 g
farbloser Nadeln erhalten, die nach zweimaliger Kristallisation
aus Tetrachlormethan bei 103° (korrigiert) schmelzen. Schüttler
und -Baumgarten geben 103 —104° (korrigiert) an. Die Verbindungist unter 2 mm Druck aus einem Bad von 210 — 220° destillierbar,erstarrt in der Vorlage sofort wieder und schmilzt dann scharf
bei 103,5° (korrigiert).
— 63 —
Da die Analyse und die Überführung in Acetursäure den
Angaben von Scheibler und Baumgarten1 im wesentlichen ent¬
sprechen, verzichte ich auf ausführliche Wiedergabe.
2-Phenyl-3-benzoyl-oxazolidon-(5).
(N - Benzoyl - [N, 0 - benzyliden - glycin]) : (44).
3,7 g N-Benzyliden-glycin-barium und 2,1 g Benzoylchloridwerden in 40 ccm Tetrachlormethan aufgekocht und nach beendeter
Reaktion noch 10 Minuten weiter erhitzt, bis der Geruch nach
Benzoylchlorid verschwunden ist, dann abgesaugt und mit 50 ccm
heißem Essigester nachgewaschen. Die unter geringem Druck
verdampften Filtrate geben einen kristallisierenden Rückstand,der, aus 5 ccm Alkohol unter Zusatz von 20 ccm Petroläther
kristallisiert, schwach gelbe, mikroskopische Prismen lieferte (1,15 g).Durch Lösen in 4 ccm heißem, wasserfreiem Essigester, Kochen
mit Tierkohle und Zusatz von etwas Petroläther werden sie ganz
farblos vom Schmelzpunkt 134,5—135° erhalten (korrigiert).Trocknen bei 20 ° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.
0,1251 g Substanz, 0,3294 g C02, 0,0654 g H20.
4,826 mg Substanz, 0.226 ccm N (22°, 754 mm, 50% KOH).
C16H13OsN. Ber.: O 71,88 H 4,90 N 5,24 °/0.(267,11) Gef.: O 71,81 H 4,93 N 5,40%.
Bariumsalz des N-o-Oxybenzyliden-glycins.
(HO(o).C6H4-CH=N-CH2.COO),Ba.
Die wie üblich bereitete Lösung von 0,5 g Glykokoll und 1,1 g
kristallisiertem Baryt in 2,5 ccm Wasser wird bei —5° mit 0,8 g
Salicylaldehyd versetzt. Unter kräftiger Selbsterwärmung scheidet
sich beim Umschütteln sofort das schön gelbe Bariumsalz der
Salicyliden-aminosäure aus, so daß ein dicker Kristallbrei entsteht.
Er wird bei 0° abgesaugt, mit 15 ccm Eiswasser gewaschen und
rasch bei 11 mm, dann bei 0,1 mm und 78° über Phosphorpentoxydgetrocknet. Ausbeute 1,1 g oder etwa 65°/0 der Theorie.
1 ß. 55, 1372 (1922).
— 64 —
0,1719 g Substanz, 0,2727 g COa, 0,0486 g H20.
4,092 mg Substanz, 0,193 ccm N (20°, 752 mm, 50°/0 KOH).
0,2569 g Substanz 0,1233 g BaS04.
C18H1606N2Ba. Ber.: C 43,76 H 3,27 N 5,68 Ba 27,84%.
(493,5) Gef.: C 43,27 H 3,16 N 5,49 Ba 28,24 »/„.
Das Salz ist in der Hauptsache nicht sehr deutlich kristallisiert,nur aus der Mutterlauge werden oft größere Kristallblätter erhalten.
Es läßt sich auch ziemlich schlecht aus Wasser Umkristallisieren.
Leichter läßt sich ein ganz reines und hübsch kristallisiertes Salz
beim Arbeiten mit Bariumacetat auf folgende Weise erhalten:
0,5 g Glykokoll und 1,4 g kristallisiertes, wasserhaltiges Barium¬
acetat werden zusammen in 3 ccm heißem Wasser gelöst, abgekühltund 1,2 g (50u/0 Überschuß) Salicylaldehyd zugefügt. Auf Zusatz
von 6 ccm Alkohol von 50°/0 tritt bei Zimmertemperatur bald
Kristallisation in büschelförmig vereinigten, flachen Nadeln oder
Prismen ein, die rasch zunehmen. Nach halbstündigem Stehen
bei 0° wird der dicke Brei aufs Filter gebracht und mit verdünntem
Alkohol und mit Wasser gründlich gewaschen. Trocknen bei 78°
und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Ausbeute 0,95 g=58°/0der Theorie.
0,1407 g Substanz, 0,2256 g C02, 0,0408 g H20.
4,538 mg Substanz, 0,230 ccm N (22°, 753 mm, 50 °/0 KOH).
0,2519 g Substanz, 0.1200 g BaS04.
C18H1606N,Ba. Ber.: 0 43,76 H 3,27 N 5,68 Ba 27,84 °/0.
(493,5) Gef.: 0 43,73 H 3,24 N 5,83 Ba 28,03%.
Das Bariumsalz des N-o-Oxybenzyliden-glycins löst sich schwer
in kaltem Wasser, leichter in warmem und kristallisiert daraus,wenn nicht zu lange erwärmt wird, auf Zusatz von Alkohol und
Äther in mikroskopischen, schmalen Blättchen. Beim Stehen am
Licht geht die rein zitronengelbe Farbe manchmal in ein tieferes
Orange über, besonders bei dem mit Baryt hergestellten Präparat,ein Verhalten, das sich bei den anderen untersuchten o-Oxy-
benzyliden - aminosäure- salzen wiederholt '.
1 Vgl. auch A. Senier und P. H. Gallagher, Soc. 113, 28 (1918).
— 65 —
Bariumsalz des N-Furfuryliden-glycins.
(C4H30 • OH = N • CH2 • COO) 2Ba.
Hier wird in der mehrfach beschriebenen Weise mit 1 g
GlykokoU, 2,2 g kristallisiertem Baryt, 1,3 g Furfurol und 4,5 ccm
Wasser gearbeitet. Der Aldehyd geht unter geringer Rotfärbungrasch in Lösung und beim Kühlen in Eis und Kratzen mit dem
Glasstab scheiden sich schwach gelbliche, mikroskopische, flache
Nadeln ab. Sie werden nach einigem Stehen bei 0° abgesaugtund mehrmals mit wenig Wasser (im ganzen 12 ccm) und dann
mit etwas Alkohol von 50°/0 gewaschen. Wegen der großen Lös¬
lichkeit des Salzes in Wasser beträgt die Ausbeute nur 1,1 g= 33°/0der Theorie. Das bei 20° und 2 mm über Phosphorpentoxydauf konstantes Gewicht gebrachte Salz enthält noch 1 Mol Wasser:
Das Kristallwasser haftet hier also etwas fester als im N-Benzyliden-
glycin-barium.
0,1709 g Substanz, 0,2272 g 002, 0,0487 g H20.
0,2792 g Substanz, 0,1422 g BaS04.
5,630 mg Substanz, 0,286 ccm N (20°, 764 mm, 50% KOH).
0,4168 g Substanz verlieren bei 78° und 1 mm über Phosphorpentoxyd0,0161 g an Gewicht.
CuH1206N2Ba, H20. ßer.: C36,56 H 3,07 N 6,09 Ba 29,90 H20 3,92%.
(459,52) Gef.: C36,26 H 3,19 N 5,95 Ba 29,99 H20 3,86%.
Analyse des wasserfreien Salzes:
0,1408 g Substanz, 0,1969 g C02, 0,0361 g H20.
5,747 mg Substanz, 0,322 ccm N (22°, 765 mm, 50% KOH).
0,1967 g Substanz, 0,1031 g BaS04.
CuH1206N2Ba. Ber.: 0 38,05 H 2,74 N 6,35 Ba 31,12%.
(441,51) Gef.: C 38,14 H 2,87 N 6,52 Ba 30,85%.
Das Salz löst sich in 70°/0igem Alkohol und kann daraus
durch Benzol in verfilzten Nadeln wieder abgeschieden werden.
Bariumsalz des o-Oxybenzyliden-d,l-phenylalanins.
[HO(o).C6H4.CH = N.CH.(CH2.C6HB).COO]2Ba.
0,85 g d, 1-Phenylalanin werden zusammen mit 0,8 g reinem
kristallisiertem Baryt wie üblich in 5 ccm Wasser gelöst und unter
Enßlin. 5
— 66 —
Eiskühlung mit 0,55 g Salicylaldehyd kurze Zeit geschüttelt, bis
der größte Teil des Aldehyds gelöst ist. Dann wird die tiefgelbe
Lösung möglichst rasch filtriert, weil alsbald im Filtrat die
Abscheidung gelber, nicht sehr gut ausgebildeter Blättchen beginnt,deren Menge rasch zunimmt. Nach einigem Stehen bei etwa —5°
wird möglichst kalt abgesaugt, mit 10 ccm Eiswasser schnell auf
dem Filter gewaschen und bei 78° und 1 mm über Phosphor¬
pentoxyd getrocknet. Ausbeute nur 0,37 g, zum Teil wegen der
großen Löslichkeit in Wasser= 21 °/0 der Theorie.
0,1367 g Substanz, 0,2840 g C02, 0,0522 g H20.
0,1981 g Substanz, 0,0688 g BaS04.
5,115 mg Substanz, 0,185 ccm N (20°, 755 mm, 50% KOH).
C32H2g06N3Ba. ßer.: 0 57,00 H 4,19 N 4,16 Ba 20,40 °/0.
(673,64) Gef.: o 56,66 H 4,27 N 4,19 Ba 20,44%.
Bariumsalz des N-Beuzyliden-[N-glycyl-glycins].
(C6H6 • CH=N • CH2 • 00 •NH • CH2COO)2Ba.
0,35 g Glycyl-glycin werden in 1 ccm Wasser gelöst und mit
der Lösung von 0,4 g kristallisiertem Baryt in 1,5 ccm Wasser
versetzt. Zu der mit Eis gekühlten farblosen Flüssigkeit werden
0,25 g Benzaldehyd zugefügt; beim Schütteln tritt nach wenigenMinuten starke Kristallisation farbloser Nädelchen ein. Nach dem
Absaugen und "Waschen mit 10 ccm Eiswasser und raschem
Trocknen im Vakuum, erst bei 11 mm und dann bei 1 mm und 20°
über Phosphorpentoxyd, beträgt ihre Menge 0,37—0,4 g. Sie ist
aber erheblich größer (82°/0 der Theorie), wenn man weniger
gründlich mit Wasser wäscht.
0,1504 g Substanz, 0,2512 g C02, 0,0536 g H20.
0,1717 g Substanz, 0,0699 g BaS04.
4,706 mg Substanz, 0,412 ccm N (22°, 754 mm, 50% KOH).
C22H2206N4Ba. Ber.: 0 45,86 H 3,85 N 9,73 Ba 23,87%.(575,61) Gel: C 45,55 H 3,99 N 10,05 Ba 23,96%.
— 67 —
Barinmsalz des N'-o-Oxyb enzyliden-[N-glycyl-glycins],
(H0(o).C6H4-0H=N.CH2.0O.NH-CH2.000)2Ba.
Zur Lösung von 0,35 g Glycyl-glycin in 2 ccm "Wasser werden
0,4 g kristallisierter Baryt, in 2,5 ccm Wasser gelöst, gegeben,dann unter Eiskühlung 0,3 g Salicylaldehyd zugefügt. Nach kurzem
Schütteln tritt plötzlich Kristallisation von verfilzten gelben Nadeln
ein. Nach kurzem Stehen bei 0° wird abgesaugt und mit Eis¬
wasser gewaschen. Erhalten 0,47 g = 58 °/0 der Theorie. Die
Substanz wird bei 1 mm über Phosphorpentoxyd bei 78 ° getrocknet.
0,1347 g Substanz, 0,2152 g C02, 0,0440 g H20.
0,1573 g Substanz, 0,0601 g BaS04.
3,906 mg Substanz, 0,314 ccm N (21°, 748 mm, 50°/0 KÜH).
O^H^O^Ba. Ber.: 0 43,45 H 3,65 N 9,22 Ba 22,61%.
(607,61) Gef.: O 43,57 H 3,66 N 9,19 Ba 22,48%.
Das Salz ist von zitronengelber Farbe, die aber beträchtlich
heller ist, als bei dem entsprechenden Salz des einfachen Glycins.
Ganz ähnlich verläuft die Gewinnung des Salzes unter Verwendung
von essigsaurem Baryt an Stelle des Bariumhydroxydes.
0,35 g Glycyl-glycin und 0,5 g kristallisiertes Bariumacetat
werden in 4 ccm Wasser gelöst, unter gutem Kühlen 0,5 g Salicyl¬
aldehyd und dann 5 ccm Alkohol zugesetzt. Nach einigem Reiben
tritt rasche Kristallisation in Nadeln ein. Nach kurzem Stehen
bei 0° wird abgesaugt und mit 10 ccm Wasser und 5 ccm
50°/0 Alkohol gewaschen. Trocknen bei 78° und 1 mm über
Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,36 g = 45u/0 der Theorie.
5,058 mg Substanz, 0,405 ccm N (24°, 754 mm, 50 % KOH).
3,564 mg Substanz, 1,380 mg BaS04.
C22B2208N4Ba (607,6). Ber.: N 9,22 Ba 22,61%.Gef.: BT 9,31 Ba 22,78 %.
o-Oxybenzyliden-glycin-äthylester.
H0(o)-C6H4-qH=N-0H2-C00C2H5.
6,9 g Salicylaldehyd (berechnet 6,76 g) werden unter Eiskühlung
in 5,7 g Glycinäthylester eingetragen. Es tritt sofort Reaktion
5*
— 68 —
unter Erwärmung, Gelbfärbung und Wasserabscheidung ein, und
nach einigen Minuten erstarrt die Flüssigkeit zu einem Brei
von zitronengelben, spießigen Kristallen. Zur Analyse wird in
8 ccm Äther gelöst, mit 20 ccm Petroläther gefällt, auf — 20 ° gekühlt,
abgesaugt und diese Operation noch zweimal wiederholt. Trocknen
bei 20° und 0,2 mm über Phosphorpentoxyd.
0,1223 g Substanz, 0,3103 g C03, 0,0760 g HaO.
8,326 mg Substanz, 0,487 ccm N (16°, 761 mm, 50% KOH).
CnH^OsN (207,1). Ber.: O 63,73 H 6,33 N 6,76%.öef.: C 63,96 H 6,42 N 6,92%.
Schmelzpunkt 38,5"(korrigiert). o-Oxybenzyliden-glycin-äthylesterist leicht löslich in Methylalkohol, Tetrachlormethan und Essigester,reichlich löslich in warmem Petroläther, er gibt mit Wasser ein
Ol, das bei 0° rasch in Nadeln oder Prismen kristallisiert. Die
Substanz läßt sich monatelang unverändert über Phosphorpentoxydoder Chlorcalcium aufbewahren. Sie ist lichtempfindlicher als
die entsprechenden Salze. Bei der Darstellung ist auf möglichstenLichtabschluß zu achten, da sonst Zersetzung unter Braunfärbungeintritt.
II. Neuartige Anhydride von Aminosäuren.
Allo-3-methylen-2,5-dioxopiperazin (CsIWh^)* aus Glycyl-
serin-anhydrid.
2 g Glycyl-d,l-serin-anhydrid1 wurden mit 3,4 ccm Essigsäure¬
anhydrid und 2,4 g wasserfreiem Natriumacetat 3 Stunden im Bad
von 120—130° erhitzt. Dabei schied sich schon die Hauptmassedes gebildeten Allo-anhydrids ab und gleichzeitig färbte sich die
überstehende Flüssigkeit braun. Am Schluß wurde abgekühlt, mit
10 ccm Wasser das überschüssige Essigsäureanhydrid zersetzt, der
Niederschlag, der nichts Kristallisiertes erkennen ließ, aufs Filter
gespült und mit 50 ccm Wasser und dann mit ebensoviel Alkohol
in Portionen sorgfältig gewaschen. Das fast farblose, ein wenig
graue Pulver zeigte schon annähernd die richtige Zusammen¬
setzung (C5H603N2)x. über die Umkristallisation der Rohprodukte
1 E. Fischer und R. Rösner, A. 375, 202 (1910).
— 69 —
berichte ich weiter unten und gebe dort weitere Analysen an.
Trocknen bei 78°, 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.
0,0968 g Substanz, 0,1659 g C02, 0,0450 g HaO.
0,1064 g Substanz, 20,5 ccm N (22», 747 mm, 33°/0 KOH).
0,1190 g Substanz (anderes Präparat), 23,1 com N (18°, 747 mm, 33 % KOH).
(C6H602N2)x. Ber.: 0 47,60 H 4,80 N 22,22%.(126,06)x. Gef.: 0 46,74 H 5,20 N 21,47%.
(anderes Präparat) 22,08%.
Die Ausbeute betrug im besten Fall 0,85 g, war aber meist er¬
heblich niedriger.Das Allo-piperazin hat keinen eigentlichen Schmelzpunkt,
sondern verkohlt allmählich über 250°, wird aber dabei nicht
flüssig. Es löst sich schwer in indifferenten organischen Mitteln,auch sehr schwer in siedendem Phenol, ein wenig leichter in ge¬
schmolzenem Resorcin und in geschmolzenem Acetamid. Von
kochendem Wasser sind mindestens 3000 Teile nötig; in kaltem
Wasser ist die Löslichkeit nur wenig geringer. Es kann sich aber
hierbei nur um eine ungefähre Minimalzahl handeln, um so mehr
als die Löslichkeit derartiger Stoffe besonders stark von der Be¬
schaffenheit des Wassers und vor allem von dem kaum gänzlichzu vermeidenden Aschengehalt der Präparate abhängen muß.
Dieser Einfluß von Salzen auf die Löslichkeit hochmolekularer
Stoffe ist aus der Chemie der Proteine hinreichend bekannt.
Spaltung mit Salzsäure zum Tetrapeptid.
Man nimmt sie am bequemsten mit konzentrierter Salzsäure im
geschlossenen Gefäß vor, weil mit verdünnten Säuren auch bei
Siedehitze viel langsamer Lösung eintritt.
0,582 g Anhydroprodukt lösen sich in 10 ccm rauchender
Salzsäure (D = 1,19) beim Erwärmen im Rohr sofort auf. Die
Lösung wird 3/4 Stunden auf 100° erhitzt, nach dem Erkalten
mit 15 ccm Wasser versetzt, von geringen Mengen brauner Flocken
abfiltriert und unter geringem Druck zur Trockne gebracht. Der
farblose, oft kristallinische Rückstand wird in höchstens 5 ccm
n/1 Salzsäure gelöst, nötigenfalls nitriert, dann mit 20 ccm Eis¬
essig und allmählich mit Äther in kleinen Portionen versetzt.
— 70 —
Eine manchmal zuerst auftretende ölige Abscheidung wird bald
kristallinisch. Nach nochmaliger Umkristallisation auf die gleicheWeise betrug die Menge des erhaltenen Tetrapeptids 0,504 g ent¬
sprechend 76°/0 der Theorie. Ich erhielt das Tetrapeptid auf diese
Weise in glänzenden, mikroskopischen, sechsseitigen Tafeln oder
auch in millimeterlangen Prismen, die sich im Kapillarröhrchen
von 250° an braun färben und gegen 305" (unkorrigiert) völligzersetzen. Trocknen bei 20° und 1 mm über Phosphorpentoxyd.
0,1266 g Substanz, 0,1631 g C02, 0,0558 g H20.
2,055 mg Substanz, 0,292 ccm N (20°, 753 mm, 50°/0 £OH).
0,1172 g Substanz, 0,0966 g AgOl (nach Carius).
C10H1605N4C12. Ber.: 0 34,98 H 4,70 N 16,33 Ol 20,67%.
(343,08) Gef.: C 35,14 H 4,93 N 16,40 Ol 20,39%.
Das Tetrapeptid -hydrochlorid entspricht also in seiner Zu¬
sammensetzung ganz dem früher1 beschriebenen Tetrapeptid, das
aus dem Isomeren (C6He02N2)x auf ganz analoge Weise, nur mit
verdünnter Säure bereitet war. Um diese Übereinstimmung durch
weiteren Vergleich zu belegen, habe ich das neue Präparat mit
Methylalkohol und Chlorwasserstoff, wie früher angegeben, verestert.
0,209 g Tetrapeptid-hydrochlorid werden in 20 ccm Methyl¬alkohol gelöst und durch Einleiten von Chlorwasserstoff ohne
Kühlung verestert. Nach wenigen Minuten beginnt sich das Ester-
hydrochlorid kristallisiert abzuscheiden. Es wird im Vakuum bei
30— 40° zur Trockne eingedampft und das Verestern in der
gleichen Weise wiederholt. Nach dem Aufnehmen mit 5 ccm Wasser
wird mit viel Aceton gefällt, wobei das Esterhydrochlorid in
lanzettförmigen, oft zu Büscheln verwachsenen Blättchen kristallisiert.
Zur Analyse wird nochmals auf die gleiche Weise umkristallisiert.
Erhalten 0,174 g== 76°/0 der Theorie.
4,657 mg Substanz (bei 20° und 1 mm über P205 getrocknet), 6,238 mg 002,2,115 mg H2Ü.
3,239 mg Substanz, 0,443 ccm N (21°, 758 mm, 50% KOH).
5,690 mg Substanz, 4,480 mg AgCL (Pregl, Perlrohr).
3,195 mg Substanz, 2,015 mg AgJ (nach Zeisd).
CiiHi8°5N4CI2- Ber-: ° 36,96 H 5,08 N 15,69 Cl 19,86 CHsO 8,68%.
(357,09) Gef.: 0 36,53 H 5,08 N 15,84 Cl 19,52 0H3O 8,33%.
1 M. Bergmann, A. Miekeley und E. Kann, A. 445, 32 (1925).
— 71 —
Das Präparat enthielt 0,43% Asche. Die Substanz bräunte sich
über 220° und zersetzte sich bei ungefähr 280° (unkorrigiert).Zur weiteren Identifikation der aus Iso- und Allo-methylen-
dioxopiperazinen erhaltenen Tetrapeptide wurden ferner die freien
Methylester hergestellt.
0,406 g Methylester-hydrochlorid werden in 80 ccm Methyl¬alkohol heiß gelöst, rasch abgekühlt und mit der äquivalenten
Menge, 2,73 ccm, n/1 Natriummethylatlösung versetzt. Nach dem
Eindampfen der klaren Lösung im Vakuum bis 35° Badtemperaturwird mit 8 ccm Methylalkohol warm aufgenommen. Beim Stehen
bei 0° scheiden sich nach einigen Stunden farblose Prismen und
Tafeln aus, die abgesaugt werden. Aus der Matterlauge lassen
sich beim Wiederholen der Operationen noch weitere Kristalle
isolieren, die zusammen mit den früher gewonnenen aus 3,2 ccm
Methylalkohol umkristallisiert werden. Trocknen bei 20° und
0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,06 g.
3,175 mg Substanz, 0,549 ccm N (18,5°, 745 mm, 50% KOH).
6,860 mg Substanz, 5,770 mg AgJ (nach Zeisel).
CnH1605N4 (284,15). Ber.: N 19,72 CH3Ü 10,92 °/0.Gef.: N 19,85 CHsO 11,10%.
Die Verbindung schmilzt bei 201° (korrigiert) zu einer klaren
farblosen Flüssigkeit; kurz darüber tritt Zersetzung unter Gas¬
entwicklung ein. Die Substanz löst sich leicht in Wasser, ist
ziemlich löslich in Methylalkohol, schwerer in Äthylalkohol und
kaum in Aceton und Chloroform.
In ähnlicher Weise wird der freie Methylester aus dem Ester-
hydrochlorid des Tetrapeptids aus dem Iso-methylen-dioxopiperazin
hergestellt.
0,442 g Esterhydrochlorid1 gelöst in 80 ccm Methylalkoholwerden mit 2,96 ccm n/1 Natriummethylatlösung in der Kälte um¬
gesetzt, zur Trockne eingedampft, mit 5 ccm Methylalkohol auf¬
genommen und von einem geringen Rückstand abzentrifugiert.Nach einstündigem Stehen bei 0° werden die Kristalle abgesaugtund aus der Mutterlauge in der gleichen Art nochmals eine geringe
1 Bergmann, Miekeley und Kann, A. 445, 33 (1925).
72 —
Menge gewonnen und insgesamt aus 3 ccm Methylalkohol um¬
kristallisiert: Büschel von dünnen Prismen und Tafeln. Trocknen
bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten 0,07 g.
2,800 mg Substanz, 0,485 ccm N (18°, 745 mm, 50"/0 KOH).
3,920 mg Substanz, 3,125 mg AgJ (nach Zeisd).
CnH1605N4. Ber.: N 19,72 CH30 10,92%.(284,15) öef.: N 19,92 CH30 10,53%.
Der Schmelzpunkt ist gleich wie früher 201° (korrigiert), Misch¬
schmelzpunkt mit der oben erhaltenen Verbindung 201 "(korrigiert).Löslichkeiten wie oben angegeben.
UmJcristallisation des Allo-anhydrids aus Lauge und Säure.
Man kann das Allo-anhydrid in gut kristallisiertem Zustand
gewinnen, wenn man es in heißer Natronlauge löst und alsbald
in der Hitze mit Essigsäure wieder abscheidet.
Hierfür wurden 0,37 g mit 14 ccm n/1-Natronlauge in der Siede¬
hitze aufgelöst und die farblose Flüssigkeit nach rascher Filtration
sofort mit 1 ccm Eisessig versetzt. Sofort begann die Abscheidungfarbloser Nädelchen in großer Menge. Nach einigem Stehen bei 0°
wurde zentrifugiert, dreimal mit je 25 ccm Wasser ausgekocht,
gekühlt und wieder zentrifugiert. Schließlich betrug die Mengeder reinen Substanz nur 0,142 g. Aus der Mutterlauge schieden
sich bei mehrtägigem Stehen noch weitere Mengen ab.
4,488 mg Substanz (bei 78° und 1 mm über P206 getrocknet), 7,843 mg C02,1,963 mg H20.
2,080 mg Substanz, 0,397 ccm N (22°, 746 mm, 50 % KOH).
3,400 mg Substanz, 0,642 ccm N (20°, 753 mm, 50% KOH).
C5He02N2 (126,06). Ber.: 0 47,60 H 4,80 N 22,22%.Gef.: 0 47,66 H 4,89 N 21,68; 21,80%.
Wie man sieht, sind die Stickstoffwerte nicht ganz befriedigend.Ich habe darum trotz der schwierigen Zugänglichkeit des Materials
eine große Anzahl von Versuchen angestellt, um noch reinere
Präparate zu gewinnen. Sie scheiterten an der Schwerlöslichkeit
der Verbindung und an der Hartnäckigkeit, mit der sie Fremd-
— 73 —
Stoffe festhält. Trotzdem kann an der Individualität der Ver¬
bindung kein Zweifel sein. Leichter gelang die Reinigung bei
dem weiter unten beschriebenen homologen Allo-methylen-methyl-dioxopiperazin.
Auch die mit Hilfe von Natronlauge und Essigsäure bereiteten,
gut kristallisierten Präparate gaben bei der Salzsäurehydrolysedas mehrfach beschriebene Tetrapeptid-hydrochlorid. Ich erhielt
in der gleichen Weise wie früher aus 0,174 g Allo-anhydrid0,182 g salzsaures Tetrapeptid entsprechend 77°/0 der Theorie.
Kristallform und Schmelzpunkt sind gleich wie oben angegeben.Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.
3,00 mg Substanz, 0,445 com N (21°, 739 mm, 50% KOH).
4,350 mg Substanz, 3,600 mg AgOl (nach Pregl, Perlrohr).
C10H16O5N4Cl2 (343,08). Ber.: N 16,33 0120,67%.
Gef.: N 16,41 01 20,47%.
Zerteilungsgrad in Besorcinlösung.
Phenol kommt hier als Lösungsmittel kaum in Frage, weil
das Allo-anhydrid darin viel zu wenig löslich ist. Bin wenig
größer ist seine Löslichkeit in Resorcin, so daß ich damit nach
dem Gefrierverfahren im bekannten Bechmannschen Apparat unter
sorgfältigem Ausschluß von Feuchtigkeit arbeiten konnte.
0,018 g Alio - methylen - dioxopiperazin, das mit "Wasser gründlich
ausgekocht, aber nicht mit Lauge-Essigsäure umgelöst war, wurden
mit 19,2 g Resorcin 30 Minuten im Bad von 120° erhitzt, bis
völlige Lösung eingetreten war.
^=0,068°, 0,064°, 0,071°, im Mittel 0,068°.
Dann wurden nochmals 0,0202 g Substanz zugegeben.
^=0,119°, 0,122°, 0,125°, im Mittel 0,122°.
Am Schluß war die Lösung im ganzen 3 Stunden auf 110°
bis 120° erhitzt.
C6H602N2. ßer.: M = 126.
Gef.: M = 90 und 108.
— 74- —
Um festzustellen, daß das Allo-piperazin durch das Erhitzen
mit dem Besorcin während der eben beschriebenen Bestimmungnicht tiefgreifend verändert wird, sondern großenteils wieder
gewonnen werden kann, habe ich 0,4730 g Allo-methylen-dioxo-
piperazin in 110 g Besorcin 2 Stunden im Bad von 165° erhitzt,also unter viel schärferen Bedingungen, als sie bei der zuvor be¬
schriebenen Bestimmung des Zerteilungsgrades benutzt waren.
Dann wurde in der Kälte mit im gauzen 600 ccm absolutem
Alkohol in mehreren Portionen das Besorcin ausgelaugt, wobei
jedesmal gründlich verrieben und dann zentrifugiert wurde, und
schließlich noch mit Wasser aufs Filter gebracht. Ausbeute nach
dem Trocknen bei 78" und 1 mm über Phosphorpentoxyd 0,395 g
entsprechend 84u/0 der Theorie.
3,475 mg Substanz, 0,661 ccm N (21 °, 758 mm, 50% KOH).
C6H602N2 (126,06). Ber.: N 22,22%.Get: N 21,59%.
Das Begenerat löste sich in Natronlauge farblos und gab keine
gelbe Natriumverbindung (Unterschied von der Iso-Verbindung).
0,3170 g des Begenerates wurden mit 7 ccm rauchender Salz¬
säure in der oben beschriebenen Weise gespalten. Die Lösungfärbt sich dabei tief dunkelbraun; nach dem Verdünnen mit
20 ccm Wasser und einigem Stehen wird klar filtriert und die
farblose Lösung im Vakuum eingedampft. Erhalten wurden nach
zweimaliger Fällung aus sehr wenig Wasser mit Eisessig und
Äther 0,3460 g kristallisiertes Tetrapeptid-hydrochlorid.
C10HieO5N4Cl2 (Tafeln) entsprechend 80°/0 der Theorie. Zer¬
setzungspunkt gegen 305° (unkorrigiert) wie früher angegeben.Trocknen bei 20° und 1 mm über P205.
2,555 mg Substanz, 0,374 ccm N (24°, 740 mm, 50% KOH).
6,350 mg Substanz, 5,220 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).
C10HleOBN4Cl2. Ber.: N 16,33 Ol 20,67%.(343,08) Gef.: N 16,38 0120,34%.
Schließlich habe ich auch von einem mit Natronlauge-Essig¬säure umkristallisierten Präparat des Alio- methylen-dioxopiperazinsden Molekularumfang in Besorcinlösung bestimmt.
— 75 —
0,0188 g Substanz in 19,6 g JJesorcin:
J= 0,069°, 0,065°, 0,066°, im Mittel 0,067°.
C5H602N2. ßer.: M = 126.
Gef.: M = 93,1.
Um mich auch hier zu überzeugen, daß das Präparat während
der Bestimmung nicht zersetzt war, habe ich es hinterher mit
Wasser gefällt, abzentrifugiert und sehr sorgfältig mit insgesamt150 ccm "Wasser gewaschen. Trocknen bei 78° und 0,5 mm über
Phosphorpentoxyd.
3,155 mg Substanz, 0,617 ccm N (22°, 750 mm, 50% KOH).
C6H602N2 (126,06). Ber.: N 22,22%.Gef.: N 22,37%.
Hydrolyse von d,l- Glyeyl-serin- anhydrid mit Salzsäure.
Da aus Iso- und Alio-methylen-dioxopiperazin beim Erwärmen
mit Salzsäure ein Tetrapeptid entsteht, und da das Glyeyl-serin-
anhydrid sich von diesen Piperaziuen nur durch den Mehrgehaltvon 1 Mol Wasser unterscheidet, habe ich es für nötig befunden,es genau auf dieselbe Weise mit Salzsäure zu spalten und in den
Produkten der Hydrolyse ebenfalls nach dem Tetrapeptid zu
suchen. Ich hatte aber damit keinen Erfolg. Dagegen konnte
ich Glykokoll und Serin nachweisen.
0,500 g d, 1-Glyeyl-serin-anhydrid wurden mit der 20fachen
Menge rauchender Salzsäure (D = 1,19) 1 Stunde im geschlossenenKohr auf 100° erhitzt und dann die klare, farblose Lösung unter
geringem Druck verdampft. Im Destillat waren höchstens Spurenvon Brenztraubensäure vorhanden. (Nitroprussidfarbenreaktionschwach positiv, Phenylhydrazinprobe negativ). Mit dem sirupösenRückstand habe ich eine Reihe von vergeblichen Versuchen unter¬
nommen, um das mehrfach beschriebene salzsaure Salz des Tetra-
peptids Cjofl^OgN^Cijj zu finden. Auch mit der Bemühung, das
Ganze mit Äthylalkohol zu verestern und das in Alkohol schwer
lösliche Athylester-bydrochlorid des Tetrapeptids zu fassen1, hatte
Diesen Äthylester habe ich gelegentlich dargestellt, beschreibe ihn aber
nicht weiter.
— 76 —
ich nicht mehr Glück. Erst nach starkem Einengen der alkoholischen
Flüssigkeit wurden 0,310 g farblose Nädelchen erhalten, die nach
dem Umkristallisieren aus Alkohol bei 144° (korrigiert) schmolzen
und ebenso das Gemisch mit salzsaurem Glykokoli-ester. Erhalten
also 65°/o der Theorie. Trocknen bei 20° und 1 mm über P206.
4,080 mg Substanz, 0,374 ccm N (210, 738 mm, 50°/0 KOH).
C^H^N, HCl (139,55). Ber.: N 10,04 %.Gef.: N 10,36%.
Das Filtrat vom Glykokoll-ester-salz wurde verdampft und mit
konzentrierter wäßriger Salzsäure 1 Stunde verkocht, wieder ein¬
gedampft und nach E. Fischer und P. Bergeil1 mit /?-Naphtalin-sulfochlorid behandelt. Erhalten wurden 0,22 g, die nach Kristalli¬
sation aus Alkohol bei 210° (korrigiert) schmolzen, und bei genau
derselben Temperatur verflüssigte sich ein Gemisch mit dem
/?-Naphtalinsulfo-d,l-serin, das nach der Vorschrift von E.Fischer
und P. Bergell bereitet war. Ich erhielt bei dieser Hydrolyseaber nur 22°/0 der Theorie an dem Serinderivat. Das ist bei
der erheblichen Zahl der ausgeführten Operationen, der Em¬
pfindlichkeit des Serins und der kleinen Versuchsmenge nicht
verwunderlich.
Alio - 3 - methylen - 6 - methyl - 2,5 - dioxopiperazin
(CeHsOiNg^ aus d, l-Alanyl-d,l- serin -anhydrid.
1,5 g Alanyl-serin -anhydrid2 wurden mit 1,55 g wasserfreiem
ossigsaurem Natrium und 2,2 ccm Essigsäureanhydrid 21/, Stunden
im Bad von 125° erhitzt, wobei sich das schwer lösliche Reaktions¬
produkt aus der braun gefärbten Flüssigkeit als schwach grau
gefärbtes Pulver absetzte. Ich zersetzte in der Kälte das Essig¬
säureanhydrid mit 10 ccm Wasser, zentrifugierte, laugte nochmals
mit der gleichen Wassermenge, dann mit Alkohol aus und kochte
schließlich dreimal mit je 15 ccm Wasser aus. Ausbeute nach
1 B. 36, 3779 (1902).2 E. Fischer und H. Bösner, A. 375, 199 (1910).
— 77 —
dem Trocknen bei 78° und 0,5 mm über PKosphorpentoxyd 0,36 g
Alio - methylen - methyl - dioxopiperazin.
6,698 mg Substanz, 12,620 mg 002, 3,447 mg H20.
3,925 mg Substanz, 0,689 ccm N (22°, 753 mm, 50°/0 KOH).
C6H802N2 (140,08). Ber.: C 51,40 H 5,76 N 20,00%.
Gef.: 0 51,39 H 5,76 N 20,12 °/0.
Das Präparat enthielt noch 0,57 °/0 Asche, deren Entfernungdurch Auskochen mir bisher nicht gelungen ist. Aus den wäßrigen
Mutterlaugen, mit denen ich das Rohprodukt ausgekocht hatte,erhielt ich, allerdings bei längerem Stehen, regelmäßig das Allo-
anhydrid in hübschen Nädelchen. Die Menge war aber ziemlich
gering. Trocknen bei 78°, und 5 mm über P2Os.
3,025 mg Substanz, 0,532 ccm N (22°, 747 mm, 50% KOH).
C6H802N2 (140,08). Ber.: N 20,00%.
Gef.: N 20,00%.
Das Allo-methylen-methyl-dioxopiperazin löst sich sehr schwer
in kochendem Wasser, aber doch deutlich leichter als das zuvor
beschriebene methylärmere Allo-anhydrid aus Glycyl-serin-anhydrid. Bei längerem Stehen scheidet es sich kristallisiert ab.
In den meisten organischen Mitteln löst es sich so gut wie gar
nicht, in siedendem Phenol auch sehr wenig, dagegen etwas
reichlicher in heißem Resorcin. Man erhält auch hübsche,
mikroskopische, zentrisch angeordnete Nädelchen, wenn man in
kalter, starker Natronlauge löst, mit Wasser verdünnt und mit
Essigsäure ansäuert. Beim Erhitzen mit Natronlauge scheint da¬
gegen eine Veränderung vor sich zu gehen.Beim Versuch, das Allo-anhydrid in Eisessig suspendiert in
Gegenwart von Palladiummohr (nach Tausz-Putnohy) zu hydrieren,wurden in 4 Stunden noch nicht 4°/0 der berechneten Wasserstoff-
menge verbraucht, während nach den früheren Angaben1 beim
entsprechenden Iso-piperazin schon nach 10 Minuten 70°/0 der
Theorie aufgenommen waren.
1 Bergmann, Miekeley und Kann, A. 445, 32 (1925).
— 78 —
Zerteilüngsgrad in Besorcinlösung.
Zur Bestimmung des Molekulargewichtes wurde in Resorcin
bei 120° aufgelöst, was etwa 15 Minuten dauerte, dann vergingaber noch etwa 1ji— 1 Stunde, bis der Gefrierpunkt, der dauernd
sank, konstant wurde. Ich habe mich aber selbstverständlich von
dieser Konstanz über ein längeres Zeitintervall hinweg überzeugt.
0,0203 g Substanz gelöst in 17,8 g ßesorcin:
J= 0,057°, 0,060°, 0,061°, im Mittel 0,059°.
0,0483 g Substanz gelöst in 17,8 g Resorcin :
J= 0,152°, 0,151°, 0,149°, im Mittel 0,151°.
C,H8Ü,N,. Ber.: M = 140.
Gef.: M = 125 und 117.
Der zweite Wert wurde durch Zugabe von weiterer Substanz
nach der ersten Bestimmung erhalten, so daß hier im ganzen
3*1^ Stunden auf 110 —120° erhitzt war. Am Schluß wurde die
gelöste Substanz durch Weglösen des Resorcins mit insgesamt80 com Wasser, Zentrifugieren und wiederholtes Auskochen mit
im ganzen 20 com Wasser regeneriert. Dabei ging naturgemäßviel verloren. Trocknen bei 78° und 0,5 mm über Phosphor-
pentoxyd.
3,380 mg Substanz, 0,580 com N (20°, 749 mm, 50 °/0 KOH).
0„H802N2 (140,08). Ber.: N 20,00 °/0.
Gef.: N 19,70%.
Das Régénérât zeigte alle Eigenschaften des ursprünglichen Allo-
anhydrids; es löste sich farblos, nicht mit gelber Farbe in Natron¬
lauge (Unterschied vom Iso-anhydrid).Daß kein tiefergehender Eingriff stattgehabt hatte, zeigte weiter
die Hydrolyse mit Salzsäure bei einer größeren Menge Anhydrid,die in der gleichen Weise mit Resorcin behandelt und regeneriertworden war. Regeneriert 0,124 g aus 0,208 g des ursprünglichenPräparates entsprechend 60°/0 der Theorie.
0,110 g dieses Regenerates gaben bei der Hydrolyse mit Salz¬
säure das Tetrapeptid, von dem weiter unten die Rede sein wird.
— 79 —
Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd. Erhalten
0,106 g entsprechend 69% der Theorie.
3,245 mg Substanz, 0,412 ccm N (23°, 753 mm, 50% KOH).
5,420 mg Substanz, 4,082 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).
C12H2206N4C12 (389,13). Ber.: N 14,40 01 18,23%.(lef.: N 14,51 01 18,63%.
Spaltung mit Salzsäure zum Tetrapeptid 0laH2206N4Ci2.
Während bei der Hydrolyse des isomeren Iso-methylen-
methyl-dioxopiperazins bisher das entstandene Tetrapeptid von
Bergmann, MieJceley und Kann, sowie von Stather nur in Form
seines Methylester-hydrochlorids isoliert wurde, das bei der Analyse
einige Schwierigkeiten bereitet1, ist mir jetzt bei der Hydrolysedes Allo-piperazins die Gewinnung des salzsauren Salzes vom
freien Tetrapeptid gelungen. Damit ließ sich seine Zusammen¬
setzung noch einwandfreier sicherstellen, als dies bisher möglichwar. Zur Identifizierung habe ich aber auch hier wieder das
Methylester-hydrochlorid bereitet.
0,40 g Alio -methylen- methyl - dioxopiperazin wurden 8 ccm
rauchender Salzsäure (D = l,19) 3/4 Stunden auf 100° erhitzt,die klare Lösung mit Wasser verdünnt and unter geringem Druck
eingedampft. Der Rückstand kristallisierte in zentrisch ver¬
wachsenen Nadeln und Prismen. Sie wurden in 4 ccm n/1 Salz¬
säure gelöst, mit 20 ccm Eisessig und dann mit viel Äther versetzt.
Bald schieden sich farblose, dünne Nädelchen ab. Nach noch¬
maliger Kristallisation betrug ihre Menge noch 0,316 g = 57°/0der Theorie.
4,703 mg Substanz (bei 20° und 0,5 mm über Ps,08 getrocknet), 6,437 mg C03,2,342 mg H20.
3,680 mg Substanz, 0,472 ccm N (24°, 747 mm, 50% KOH).
9,640 mg Substanz, 7,200 mg AgCl (nach Pregl, Perlrohr).
C12H2206N4C12. Ber.: 0 37,01 H 5,70 N 14,40 0118,23%.
(389,13) Gef-: 0 37i33 h 5,57 N ^49 C1 18,48%.
1 Vgl. H. 152, 201 (1926).
— 80 —
Das Salz zersetzt sich im Kapillarrohr ohne sich vorher zu
verfärben gegen 261 — 264° (korrigiert) unter starker Bräunungund Gasentwicklung. An der Luft zieht es kein Wasser an. Es
gibt Biuretreaktion, wenn auch nicht so stark, wie das methylärmereAlio - methylen - dioxopiperazin.
Das Methylester-hydrochlorid wird in der üblichen Weise her¬
gestellt. 0,245 g Tetrapeptid-hydrochlorid werden in 20 ccm Methyl¬alkohol gelöst, ohne Kühlung mit Chlorwasserstoff verestert, im
Vakuum eingedampft und die Operationen wiederholt. Nach dem
Lösen in 4 ccm n/1 Salzsäure wird mit viel Aceton gefällt und zur
Analyse nochmals in derselben Art umkristallisiert: Zentrisch
angeordnete, farblose Nadeln, die sich bei 243° (korrigiert) zer¬
setzen. Trocknen bei 20° und 0,5 mm über Phosphorpentoxyd.Erhalten 0,211 g entsprechend 83°/0 der Theorie.
3,620 mg Substanz, 0,441 ccm N (21°, 753 mm, 50% KOH).
5,675 mg Substanz, 4,102 mg AgCl (nach Pregl).
5,215 mg Substanz, 3,115 mg AgJ (nach Zeisel).
CuHmOjN^CI,. Ber.: N 13,90 Ol 17,59 CH30 7,69%.
(403,14) Gef.: N 14,01 Cl 17,88 CH30 7,89%.
Spaltung von Dibenzal-dioxopiperazin zu Phenylbrenz¬traubensäure.
3 g Dibenzal-dioxopiperazin werden 13 Stunden mit 100 ccm
Eisessig und 100 ccm konzentrierter Salzsäure am Rückfluß zum
Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen wird von 1,1 g unverändertem
Dibenzal-dioxopiperazin abgesaugt (identifiziert durch Schmelzpunktbei 292° [unkorrigiert]). Das Filtrat wird bei 50° Badtemperaturim Vakuum eingedampft, der gelbliche Bückstand mit Äther
extrahiert, zur Trockne gebracht und aus Benzol umkristallisiert:
Silberglänzende, sechseckige Blättchen vom Schmelzpunkt 154-155°.
Kurz darüber Zersetzung. Mit Eisenchlorid tritt die charak¬
teristische tief blaugrüne Färbung der Phenylbrenztraubensäure
— 81 —
ein. Die Kristalle sind leicht löslich in Äther, heißem Wasser
und Alkohol (dil.) und Benzol, recht schwer in Eisessig und ab¬
solutem Alkohol. Trocknen bei 20° und 1 mm über Phosphor-
pentoxyd. Erhalten 1,25 g entsprechend 59°/0 der Theorie.
0,0830 g Substanz, 0,1996 g CO,,, 0,0365 g H20.
OeH803 (164,1). Ber.: 0 65,84 fl 4,91 %.
Gef.: C 65,61 H 4,92%.
Enfilin. 6
Zusammenfassung.
Im Anschluß an Arbeiten von M. Bergmann und H. Krause
wird die Einwirkung von Formaldehyd auf Aminosäure-salze
systematisch untersucht und durch Darstellung eines Triformal-
glycin-kupfers der Nachweis geleistet, daß auch Aminosäure-salze
Triformalverbindungen zu bilden vermögen. Es wird ferner gezeigt,daß die von H. Krause beschriebenen Verbindungen vom Typuseines sogenannten Oxytrimethylen - glycins aus der Literatur zu
streichen sind, da ihren zwei einzigen kristallisierten Vertretern,
einem Kupfer- und einem Bariumsalz, andere Strukturen zu¬
kommen: Das Kupfersalz wird mit dem obengenannten Triformal-
glycin-kupfer identifiziert, das Bariumsalz mit dem Methylen-glycin-barium von Bergmann. Als identisch mit diesem letzteren
erweist sich auch das sogenannte Oxymethyl-glycin- barium von
Krause. Damit reduziert sich die Zahl der Verbindungstypenvon Formaldehyd und Glykokoll-salzen auf zwei: Methylen- und
Triformal-Verbindungen.Es wird eine neue, allgemein anwendbare Methode zur Dar¬
stellung von Azomethinverbindüngen aus aromatischen AldehydenundAminosäure- oderPeptid-salzen in wäßriger Lösung beschrieben,auf diesem Wege die Synthese einiger solcher Stoffe durchgeführt,und weiter an einem Beispiel eine einfache Möglichkeit zur Ge¬
winnung auch leicht löslicherAryliden - aminosäure - ester besprochen.Im Anschlüsse daran werden Acylderivate des Benzyliden-glycinshergestellt, ihre Struktur diskutiert und auf Grund ihrer Eigen¬schaften im Gegensatz zu Scheibler und Baumgarten die For¬
mulierung als Oxazolidonderivate vorgezogen.
Es wird eine neue Methode zur Darstellung „hochmolekularer"Anhydride aus Serin als Komponente enthaltenden Dioxopiperazinen
— 83 —
angegeben und auf diesem Wege ein Allo-3-methylen-2,5-dioxo-
piperazin und ein Alio-3-methylen-6-methyl-2,5-dioxo-piperazin
hergestellt, die den,.hochmolekularen " Iso-anbydriden von Berg¬
mann, Mieheley und Kann isomer sind. Es wird an ihnen der
Nachweis des übermolekularen Zustandes durch variierende Ag¬
gregatgröße in verschiedenen Medien und die Erscheinung der
Isomeric hochmolekularer Stoffe erörtert, die dazu führt, auch
bei diesen Stoffen chemische Verschiedenheiten als in der Struktur
des Elementarbausteins bedingt und nicht als allein vom Aggre¬
gationsgrad abhängig anzunehmen. Diese Anschauung wird auf
die Betrachtung komplexer Kohlehydrate ausgedehnt. — Es wird
weiter die leichte Wasserabspaltung an der Oxygruppe des Glycyl-und Alanyl-serin-anhydrides als Folge der durch den Ringschlußzum Dioxopiperazin gesteigerten Labilität der Substituenten am
außerhalb des Ringes stehenden /?-Kohlenstoffatom diskutiert, und
auf Grund von Versuchen am Dibenzal-dioxopiperazin auf die
wichtige Rolle der Methylengruppe bei der Bildung der „hoch¬molekularen" Iso- und Allo-anhydride hingewiesen.
Anmerkung: Die vorliegende Arbeit ist auszugsweise erschienen in
H. 145,194 bis 201 (1925); B. 58, 1034 bis 1043 (1925): A. 448, 38 bis 48 (1926).
Curriculum vitae.
Ich, Hellmut August Enßlin, wurde 1902 in Zürich geborenals Sohn des Kaufmanns August Enßlin. Ich besuchte die Primar¬
schule und darauf die Kantonsschule (Literargymnasium) in Zürich.
Nach der Maturitätsprüfung im Herbst 1920 begann ich das
Studium der Chemie an der Eidgenössischen Technischen Hoch¬
schule in Zürich, war 1922/23 während zwei Semestern zur Fort¬
setzung meiner Studien an der Technischen Hochschule zu Berlin
beurlaubt, und bestand im Frühjahr 1924 die Diplomprüfung an
der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich. Zur
weiteren Ausbildung war ich im Sommersemester 1924 in Paris
und seit Herbst 1924 zur Ausführung meiner Promotionsarbeit
am Kaiser Wilhelm-Institut für Lederforschung in Dresden.