Deutsch-Indische Zusammenarbeit e. V. (DIZ) Indo-German-Cooperation (DIZ) registered society
Plaeschke, Herbert; Plaeschke, Ingeborg - Indische Felsentempel und Hohlenkloster (236p) German...
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Transcript of Plaeschke, Herbert; Plaeschke, Ingeborg - Indische Felsentempel und Hohlenkloster (236p) German...
":tO~ 5~ 0- 1 1'1
Herbert und Ingeborg Plaeschke I .::> "T"'
Indische Felsentempel und Höhlenklöster
Ajargä und Elüra
Koehler & Amelang · Leipzig
Fotos von Günter Ncrlich
7 3 6
1. Aufln;e · @ 1982 by Kochlee & Amclang (VOB), Leipzig
Lizenznummer 29SI27j/2409/82 · LSV 8164 · Peinted in the German Democratic Republic
Klischees: Druckerei FortSchritt Erfurt
Gesetzt aus der Garamond-Antiqua, gedruckt und gebunden von den Druckwerkstätten Stollberg VOß
Druck der Farbtnfeln: Druckwerkstätten Stollberg VOB
Druck der Bezüge: II. F. )üttc (VOB), Leipzig
Zeichnungen Hans-Uirich Herold · Gesamtgestaltung Joachim Kölbel
698 117 7
DDR 29,8o.M
Also müssen wir, wenn von Komposition der Gestalten in Kunst und Dichtkunst nach Indischer Weise die Rede seyn soll,
unsern Gesichtskreis weiter und höher nehmen, wo wir denn in der Vorstellungsart der östlichen Völker jenseits des Indus bis in die Mongolei, China, Siam, Japan usf. ein Eigenes antreffen werden,
dessen Erklärung schwer, wie mich dünkt, aber nicht unmöglich ist. Wie an verschiedenen Orten der Erde die Magnetnadel verschieden, jedoch unter Hauptgesetzen dekliniert:
so dekliniert die Einbildungskraft, der Geschmack, die Art der Komposition der Völker, und doch ist's und bleibt es allenthalben dieselbe Menschheit.
Johann GottEried Herder
Ober Denkmale der Vorwelt
1791
Inhalt
9 Vorwort Die Vihäras (72)
Die Kulträume (71) Die späten Höhlen <7s)
II AjarJtä 78 Die hinduistischen llöhlentempcl
q Die Uöhlenklöstl'r Der Veranda-Typus (79) Der llofhaus-Typus (113)
37 Die Caitya-Hallen Tempel Nr. 15 ( 114) Die Theraväda-Caitya-Hallen (38) Der Tempel-Typus (115) Die ~fahayiina-C'litya-Hallen (39)
Der Kailäsanätha-Tempcl IJ7 42 Die Vihäras
Die Thera\•äda-Vihäras (42) 120 Die Jaina-Tempel
Die Mnhäyäna-Vihäras (44) Tempel Nr. 30 ( uo)
Vihära Nr. 6, Untergeschoß (45) Höhle Nr. 31 bis Nr. 34 (125)
Die Vihiiras der Väkäraka-Zeit (45) Die Säulenordnungen
Die jüngeren Vihäras (48) 127
Die PürQagha~-Säulc (127)
jl Die Säulenordnungen Die Elephanta-Säule (128)
Die Säulen der Thcraväda-Klöster (51) Die Pilastersäule ( 129)
Vihära Nr. 6, Untergeschoß (p) Die Portale Die Väkä~nka-Säule (52) 130
Sonderformen der Väkä~aka-Zeit (52) Die Ajao~ä-Säule (65) Die Pür(laghata-Säulc (65)
Die Cella-Säulen (66) 1}2 Das Ornament Die Pilaster (66)
Das Lotos-Ornament der frühindischen Kunst IH
67 Die Fonale 134 Das Ornament des frühen Mittelaltcrs
(,9 Die Kultbildkapellen Das Blattornament des 5· Jahrhunderts (134)
Das Voluten-Noppen-Ornament des 6.Jahr-hunderrs ( 139)
70 Elürä Die Wellenbandranke des 7· Jahrhunderts (14 5)
70 Die buddhistischen Klöster Das Schnörkelornament des 8. JahrhundertS
Die Caitya-Halle (7 1) (149)
I )I Bildinhalt und Bildidee 193 Das Menschenbild der indischen Kunst
151 Brahmanismus 198 Ajargä
152 Buddhismus 224 Elürä
Das Leben des Buddha (1 52)
Die Jätakas (154)
Das Mahäyäna-Pantheon (15 5) 230 Anhang
ij6 Jinismus 230 Literaturhinweise
189 Hinduismus 1jl Namen- und Sachverzeichnis
Siva (190) lH Verzeichnis der Abbildungen :1uf Textseiten
Vi~ou (191)
Die Götterfrauen (192) 234 Verzeichnis der Tafeln
Vorwort
Jeder Kunstinteressierte und Kunstliebhaber, der sich über den europäischen Raum hinaus umgesehen
hat, denkt, wenn der Name >>AjaQ~<< fällt, sofort an die weltberühmten Wandmalereien; das Stichwort »Elürä<< aber führt ihm zuerst den KailäsanäthaTempel vor Augen, jenes Wunderwerk indischer Felsarchitektur, das von der Spitze des Tempel
turms bis zu den unteren Friesen seiner Basis als Monolith aus dem stehenden Fels geschlagen worden ist.
Doch in Ajaotä gibt es nicht nur die Wandmalerei, die durch zahlreiche, ofl ausgezeichnet illustrierte Bildbände weltweit bekannt geworden ist, und es
gibt in Elürä nicht nur den Kailäsanätha-Tempel. Die Fülle der Bauformen in beiden Orten und ihr historischer Wandel, der Reichtum der Plastik und der Reiz der Ornamentik aber sind bis auf wenige
Ausnahmen außerhalb Indiens so gut wie unbekannt. Man muß schon an Ort und Stelle sein, um die Vielfalt und die künstlerische Qualität indi
schen Kunstschaffens vom 5· bis zum 8. Jahrhundert kennen und würdigen zu lernen.
Der vorliegende Band stellt sich als Aufgabe, den Leser, der nicht umgehend nach Indien fahren kann, in das Wesen und die künstlerischen Probleme der Kunstschulen von Ajaotä und Elürä einzuführen. Dabei stehen nicht die Gemälde, sondern die Pla
stik, das Ornament und die Bauformen der kaum veröffentlichten Höhlenbauten in Text und Bild im Vordergrund.
Die Kunstdenkmäler von Ajao~ä und Elürä sind schwer zu fotografieren, da das Tageslicht nur sehr spärlich durch winzige Öffnungen ins Innere der Höhlen dringt. Allein durch eine aufwendige Elek
tronenblitztechnik war es möglich, bisher verbor-
gene Details sichtbar zu machen. Das fehlende
Licht ist wohl auch einer der Gründe, warum viele interessante und wichtige Motive bisher nicht als Foto veröffentlicht worden sind und in diesem Band erstmals der Öffentlichkeit vorgelegt werden können.
Der Bildautor Günter Nerlich ist ein langjähriger
Indienkenner, der auf zahlreichen Indienreisen und während eines sechsjährigen Aufenthalts in Indien die wichtigsten indischen Kunststätten und mehrfach auch die Höhlen von Ajaotä und Elürä besucht hat. Er hat dabei mit sicherem Blick für das nid1t Alltägliche Motive aufgenommen, die bisher
so gut wie unbekannt geblieben sind. Aus der Fülle der Vorlagen wurden hier
schöne und charakteristische Beispiele ausgewählt, neben berühmten Meisterwerken, die in jeder Kunstgeschichte gewürdigt werden, vorwiegend Höhlen und Bildwerke, die man bisher nur am Ort selbst auf sich wirken lassen konnte. Günter Nerlich hat bei der Durchforschung der Höhlen auch Motive und die Ornamentik aufgenommen, die bis
her von der Forschung unbeachtet geblieben sind. Dank dieser Aufnahmen ist es jetzt möglich, hier eine neue, sicher fundierte Datierung für die einzelnen Höhlengruppen von Ajaotä und Elürä vorzulegen. Dafür sei ibm an dieser Stelle gedankt.
Unser Dank gilt weiterhin Herrn Prof. Dr. Klaus Fischer, Bonn; Herrn Dr. James C. Harle, Oxford; Herrn Heinz Kucharski, Leipzig; Herrn Dr. George
Michell, London; Frau Professor Dr. Gritli v.Mitterwallner, München; Herrn Prof. Dr. Heinz Mode, Halle; Herrn Dr. V. R. Nambiar, American Institute of Indian Studies, Benares; Frau Dr. Maria Schctelich, Leipzig; Herrn Prof. Dr. Dieter Schling-
9
1ofT, München und Herrn Prof. Dr. Waltee Spink, Ann Arbor, die uns durch Bereitstellung von Li
teratur, mit Fotovorlagen für die Ornamentanalyse oder mit sachlichen Hinweisen bei der Abfassung dieses Bandes geholfen haben.
Der herzliche Dank der Verfasser gilt auch Herrn Dr. sc. I I. Faensen, Herrn W. Hermann, Herrn
Dr. C. Onasch, dem Illustrator Herrn H.-U. Herold, dem Buchgestalter Herrn]. Kölbel sowie allen Mit
arbeitern des Verlages und der polygraphischen Betriebe, die keine Mühe gescheut haben, um den
Band in anspred1ender, gut gedruckter und illustrierter Form herauszugeben.
Herbeet und Ingcborg Placsd1kc
Die hier verwendete wissenschafUiche Umschrifl: indischer Namen und Termini gibt mit Hilfe von
diakritischen Zeichen das aus 1 ~ Vokal- und ~ 5 Konsonantenzeichen bestehende indische Devanä
gari-Aiphabet in lateinischen Buchstaben wieder. Die Aussprache entsprid1t dem deutschen Sprachge
brauch mit folgenden Ausnahmen:
ca = tscha, ja = dscha, ya = ja, sa und ~a = scha; sa wird immer stimmlos gesprochen. iia ist ein nasa
liertes na. Das nachlautendehin den Konsonanten
verbindungen kha, gha, tha, dha, pha und bha wird deutlich hörbar gesprochen. Mit einem Strich versehene Vokale sind immer lang. r ist ein vokalisiertes r mit nachlautendem i = r(i).
Ziffern neben den Textzeilen verweisen auf Tafeln, Ziffern mit Sternchen auf Abbildungen im Text.
Ajal)tä
Den westlichen Nordrand des Dekkhan-Plateaus begrenzen die Inhyädri- oder Ajaotä-Bergc, die et
wa auf der Breite von Näsik in östlicher Richtung von den Höhenzügen der westlichen Ghäts abzweigen als Wasserscheide zwischen den Tälern des Täpti und der Godävari. Auf der Höhe eines der Pässe oder >Ghäts<, über die seit Jahrhunderten die
Handelskarawanen aus Gujarät oder dem nördlichen Indien in das Hochland des Dekkhan zogen, liegt
Ajar;1tä, heute ein kleines Dorf, im frühen 18. Jahrhundert eine Grenzfestung des ersten Nizams von Hyderabad.
Ajaotä ist heute weltberühmt. Die buddhistischen Höhlenklöster und ihre Wandmalereien sind das Ziel zahlreicher Bes11cher aus aller Welt. Bis zum Ende des r8. Jahrhunderts aber waren diese großartigen Schöpfungen der indischen Kunst aus der buddhistischen Frühzeit wie so viele andere indische Kunstdenkmäler verlassen, dschungelüberwachsen und vergessen. Ihre Wiederentdeckung verdanken wir einem Zufall.
Im April 1819 passiertenAngehörige der britischen Madras-Armee das Ajaotä-Ghät. Eine lokale Überlieferung berichtet, ein jagdlustiger Offizier habe sich bei den Einwohnern von AjaQtä erkundigt, ob es irgendwo in der Umgebung Tiger gäbe. Hirten führten ihn auf eine Felskuppe etwa sechs bis sie
ben Kilometer nordwestlich von AjaQtä, zu deren Füßen die Wäghora über einen mehrstufigen Wasserfall von der Höhe herabfällt und eine beinahe halbkreisförmige Schlucht durch die gelagerten S'chichten des Flutbasalts gewaschen hat. Die kaum zugängliche Schlucht, von Buschwerk und Dornengestrüpp überwuchert, war der Tummelplatz von Affen, Papageien und Tauben. Für Wölfe, Bären,
Panther und gelegentlich auch einmal einen Tiger
bot sie Jagdgrund und Tränke. Ein Rundblick über die gegenüberliegende Feis-
t• wand fesselte die Aufmerksamkeit des Jägers. Halb vom Dickicht verborgen, zog sich eine Reihe von Felsfassaden über einen halben Kilometer talaufwärts am linken Wäghora-Ufer entlang. Seine Neugier war geweckt, er bahnte sich den Weg durd1 Gestrüpp und Dornen und stand bald staunend und bewundernd vor den glanzvollen Überresten einer
2 vergessenen Epoche der indischen Kultur. Eine vor
kurzem entdeckte InschriA:, die mit einem Nagel in den Malgrund eines Buddhabildes auf einer der Säulen in Höhle Nr. ro eingekratzt ist, bat uns den Namen des Entdeckcrs der Klöster und Gemälde von Ajal)tä überliefert: >>John Smith. 28th Cavalry.
28. 4· !819(<. Die Kunde von der ncuen Entdeckung verbreitet
s ich zögernd. 182~ besucht Jamcs E . Alexander AjaQtä und sduckt einen kurzen Bericht an die Royal Asiatic s·ociety. Weitere Besucher folgen ,
aber erst James Fergussons Veröffentlichung aus
dem Jahre 184; erregt allgemeines Interesse. Die britisd1c East India Company läßt Kapitän Gill von der Madras-Armee mehrere Jahre abstellen,
um die Gemälde zu kopieren. Die Kopien wurden nad1 London geschickt, fielen aber leider bis auf wenige Ausnahmen dem großen Brand des Kristallpalastes in Sydenham r86o zum Opfer. Die erste
wissenschaftliche Veröffentlichung mit genaucn Vermessungen und ausführlicher Beschreibung blieb James Burgess in seinen Werken über die indischen
Höhlentempel 188o und r88; vorbehalten. 1896 veröffentlichte John Griffiths sein umfangreiches
Werk mit Kopien der Gemälde von Ajao~ä. Zwi-
I I
1 * Lageplan von Ajal)!ä
sehen 1930 und 1955 erschienen Yazdanis vier große Tafelbäode, die die Gemälde nach Fntngr:~fien wie
dergeben. Inzwischen sind die Gemälde im Auf
trag des Archaeological s·urvey of India von den
Spuren einer älteren Restaurierung gereinigt und
erneut restauriert worden und leuchten wieder in
a lter Pracht. Neben diesen inventarisierenden und
denkmalpflegerischen Arbeiten laufen Studien zur
Kunstgeschichte der AjaQ~ä-Klöster einher, die sich
auf die Stiftungsinschriflen und eine Analyse der
Bauformen stützen. Hier haben sich in den letzten
Jahren besonders Ph. Stern und W. Spink sehr ver
dient gemacht. Das Hauptinteresse der Forschung
hat sich verständlicherweise auf die Malerei gerich
tet. Die Plastik und die Ornamentik, denen der
vorliegende Band vorwiegend gewidmet ist, stan
den in ihrem Schatten und wurden nur am Rande
behandelt.
Die Höhlenklöster
Schon am Ende des I. vorchristlichen Jahrhunderts
oder zu Beginn des I. Jahrhunderts n. Chr. haben buddhistische Mönche das friedliche Tal entdeckt
und damit begonnen, den Dschungel zu roden.
Bald erfüllte geschäftiger Lärm der Steinmetzen
die Schlucht. Die fast senkrechten, stufenförmig
etwa 70 Meter hoch ansteigenden Felswände boten
sich wie die Täler in den westlichen Ghä~s dazu an,
Klostergebäude aus dem anstehenden Felsgestein
zu arbeiten. Das Gebiet war auch seiner Lage nach
für Klöster wie geschaffen. Die umliegenden Dör
fer und Flecken boten den bettelnden Mönchen
Nahrung, Medizin und Kleidung; Kaufleute, die
über den AjaQ~ä-Paß zogen, stifleten als buddhi
stische Laienanhänger das Geld für den Bau und
die Ausstattung der Höhlenklöster.
Mönche zweier buddhistischer Sekten haben sich
anscheinend im Verlauf der folgenden Jahrzehnte
im Wäghora-Tal niedergelassen. Zwar berichten die
drei erhaltenen frühen Steininschriften nur, daß ein
Väsithiputa Katahädi die Fassade und ein Kanhaka aus Bahada eine Seitenwand der Kulthöhle
29 (Caitya-Halle) Nr. 10 und daß der Kaufmann
30 Ghanämada(,!a die Klosterhöhle (Vihära) Nr. 12
gestiflet habe, erwähnen aber nicht, welcher Sekte
die Empfänger angehörten. Die Tatsache aber, daß
zwei gleichzeitige Caitya-Hallen (Nr. 9 und Nr. 10)
etwa in der Mitte des Talbogens dicbt nebenein
ander liegen, läßt auf zwei voneinander unabhän
gige Klöster schließen, zu denen die vier frühen
30 Vihäras (Nr. 8, Nr. 12, Nr. 13 und Nr. 1~ A) gehö
ren.
Die ersten Bauherren von AjaQ~ä dachten noch
nicht an Bemalung, als sie die Wände der Höhlen
mit sorgfältigen Meißelschlägen glätten und in
Höhle Nr. r 3 sogar glänzend polieren ließen. Hun
dert Jahre später aber, als im frühen 2. Jahrhundert
im westlichen Dekkhan der K$atrapa-Fürst Naha
päna und der Sätavähana-König Gautamiputra
SätakarQi regierten, vollzog sich eine Wandlung.
Die beiden K löster waren durch fürstliche Schen
kungen von Dorf- und Feldeinkommen wohlhabend
geworden, und die Mönche versuchten, die beiden
Caitya-Hallen als Ziel vieler Pilgerreisen noch
prächtiger auszustatten. Maler bedeckten die Höh
lenwände mir einer Putzschicht, auf die sie Szenen
2* aus den Jätakas (Vorgeburtslegenden des Buddha)
oder eine königliche Prozession auf einer Wallfahrt
zu den heiligen Stätten des Buddhismus malten.
Die Putzschicht hielt schlecht auf den geglätteten
Wänden und mußte später erneuert werden. Nur
noch wenige Gemäldereste künden vom Können
der Maler der Sätavähana-Zeit.
Dann schweigen die Quellen vorerst über die buddhistischen Klöster im Wäghora-Tal. Es bleibt un
gewiß, ob sie in den folgenden beiden Jahrhunder
ten von regem Leben erfüllt waren oder zeitweilig
verlassen worden sind. Die Caitya-Halle Nr. ro
war bei ihrer Entdeckung offenbar mit einer ho
hen Schuttschicht angefüllt, denn John Smiths Ritz-
inschrifl: sitzt hoch oben unter dem Ansatz der Ton
nenwölbung, so daß sie heute nur noch mit einer Leiter erreicht werden kann. Die Höhlen wurden nach ihrer Entdeckung aber einfach ausgeschaufelt, ohne daß die Schuttreste archäologisch untersucht werden konnten. Die Methode der archäologischen
Schichtenbeobachtung war zu dieser Zeit noch nicht entwickelt. Nur das Vibära Nr. 1 5 A, das im
5. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Bau des Vibäras Nr. 16 zugemauert worden war, konnte bei seiner Entdeckung 195 5 sorgfältig untersucht wer
den. Scherben der roten polierten Keramik aus der Zeit des römischen Indienhandels deuten darauf
hin, daß diese Halle im 2. und 3· Jahrhundert noch bewohnt gewesen sein muß.
Einen neuen Impuls bekommt die Bautätigkeit in Ajal).~ in der zweiten Hälfl:e des 5· Jahrhunderts. Neue Bauherren und Geldgeber haben sich gefun
den, die die fast vergessenen Klöster im WäghoraTal erweitern und ausbauen ließen. Mit dem Aushöhlen der unteren Halle des Vihäras Nr. 6 beginnt 31
die Reihe der großen Mahäyäna-Vihäras, auf deren Schönheit und Pracht der weltweite Ruf der Klöster von AjaQ~ä beruht.
Inschrifl:liche Daten liegen erst für das letzte
Viertel des 5. Jahrhunderts vor. Vermutlich gehörte Ajal).~ aber schon im dritten Viertel dieses Jahrhunderts zum Herrschafl:sbereich der Väkä~ka-Dynastie von Vatsagulma, einem Nebenzweig der Vä
kä~kas von Nandivardhana und Pravarapura, die ihren imperialen Anspruch in ihren KupfertafelInschriften mit dem Hinweis bekräfl:igen, ihre Familie stamme mütterlicherseits von Prabhävatiguptä ab, der Tochter Candraguptas II. der GuptaDynastie.
Hari~erya, der letzte bedeutende Herrscher des Vatsagulma-Zweiges, gebot über ein mächtiges und
wirtschaftlich blühendes Reich. Anscheinend war es ihm sogar gelungen, den Hauptzweig der Väkätakas zu überwinden und deren Territorium seiner Herrschall einzuverleiben. Im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts ließ Varähadc,·a, der Minister Hari~eryas,
-----:-. ;- / 1
2• Detail aus einer
Darstellung des ~a4danta-Jiitakas
in der Caitya-Halle Nr. 10
von Ajaryj;ä
14
das große Vihära im benachbarten Ghawtkaca und in AjaQ~ä westlich vom alten Klosterbreich das Vi-
33 hära Nr. 16 errichten. Bald darauf stiftete ein Va
sall Hari~eQas, wohl der Territorialherr von AjaQtä, unmittelbar daneben das Vihära Nr. q. Kleinere
35 Vihäras von unterschiedlichem Grundriß (Nr. II,
42 Nr. 7 und Nr. s) und die großen Vihära-Hallen
31, Nr. 6 (Obergeschoß) und Nr. 4 schlossen sich in 39 dieser Zeit im Osten an den frühen Klosterkom-
plex an. Alle diese Bauten sind durch einen charak
teristischen Säulentypus zeitlich miteinander verbunden.
Einige Vihäras der Väkätaka-Zeit waren noch im Bau, als die Dynastie bald nach Hari~eQas Tod erlosch und im Zusammenhang damit anscheinend auch vorerst die Geldquellen versiegten. Doch bald darauf begann die Bautätigkeit erneut in einer
neuen Tradition. Die Mönche der Hari~eQa-Zeit hatten die beiden alten Caitya-Hallen Nr. 9 und Nr. 10 übernommen und dem Ritus des Mahäyäna
Buddhismus angepaßt. Nun errichtete man eine 45 neue Caitya-Halle (Nr. 19) im Westen und die Vi-
häras Nr. 1 und Nr. 2 an der Ostflanke der Höh
n, lengruppe. Dann folgten die Vihäras der Höhlen-76 gruppe Nr. 20 bis Nr. 28, die sich um die vierte 63 Caitya-Halle (Nr. 2.6) gruppieren.
Für die zeitliche Ansetzung dieser jüngeren Höhlenbauten besitzen wir leider keine sicheren inschrifllichen Angaben. Einige wenige StiflungsinschriA:en erwähnen zwar die Stiller, meist Mönche,
aber weder einen Herrscher noch eine Dynastie.
Auch die InschriA: der Caitya-Halle Nr. 2.6, in der der Mönch Buddhabhadra berichtet, er habe die Höhle für seinen verstorbenen Freund, den Mini
ster des Königs von Asmaka, errichtet, bleibt in diesem Zusammenhang nur vage. Vielleicht werden eines Tages neue Inschrillenfunde die Ereig
nisse aufklären, die zum Sturz der Väkätaka-Dynastie geführt haben. Heute ist noch ungewiß, wer ihre Nachfolger waren. Man hat versucht, aus einem Kapitel der »Geschichte der zehn Prinzen« (Dasaku-
märacaritaril) DaQQins, einem literarischen Werk des 7· Jahrhunderts, Anhaltspunkte für den Fall der Väkätaka-Dynastie zu gewinnen. Da aber für diese Zeit keine primären Quellen vorliegen, führten die Überlegungen nur zu sehr hypothetischen
historischen Schlußfolgerungen. Für eine paläographische Analyse der Schriftzeichen in den Stiftungs
inschriften von AjaJ)tä, die sonst oft eine gute Grundlage für historische Forschungen bildet, ist
der in Frage kommende Zeitraum zu gering. Nur eine Zäsur in der Bautradition nach dem Ende der Väkä~akas, neue Bauformen und die Ornamentik
lassen auf einen Neubeginn schließen und bieten Anhaltspunkte für die zeitliche Aufeinanderfolge der jüngeren Höhlen. Wer die neuen Bauherren aber waren, die im 6. Jahrhundert eine neue Bau
schule nach AjaQtä gerufen oder in AjaQ~ä gegründet haben, bleibt vorerst ungewiß.
Die Bauherren und Geldgeber der Mahäyäna
Kiöster des l· und 6. Jahrhunderts hatten von Anfang an die Absicht, die Klosterräume mit Wandgemälden zu schmücken. Wände und Decken
werden daher nicht mehr so sorgfältig geglättet, sondern bleiben rauh, damit eine Putzschicht als Malgrund besser hallen kann. In den älteren CaityaHallen Nr. 9 und Nr. 10 hatte sich der Putz dGs
2.. Jahrhunderts zum Teil schon von den Wänden gelöst. Er wird jetzt bis auf wenige Reste in den Seitenschiffen, auf denen uns Beispiele der älte
ren Gemälde erhalten geblieben sind, abgeschlagen, und auch diese beiden Höhlen werden neu verputzt
und ausgemalt. Im 2. Jahrhundert hatte man auch in der Wandma
lerei wie in der zeitgenössischen Reliefplastik die
Darstellung des Buddha bewußt vermieden. D er Buddha war keine Gottheit, sondern ein Lehrer, der eine neue Religion gestillet hatte. Die Mönche
der Theraväda-Sekten des älteren Buddhismus strebten nach der Erlösung vom leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten. Sie bemühten sich, durch rechtes Leben und rechte Meditation dem edlen
lj
achtteiligen Pfad des Buddha zu folgen, der zum NirväQa, dem Ausscheiden aus dem Zyklus der Wiederverkörperungen, führt. Die Bildinhalte ihrer Kunst sind dem beispielhaften Leben des Buddha und seinen guten Werken in voraufgehenden Leben gewidmet. Nicht der Buddha als Person, sondern seine Lehre von der Entstehung und Überwindung
des Leides steht im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit. Die Gemälde des 5· und 6. Jahrhunderts dagegen enthalten eine Fülle von Buddha- und Bodhisattva-Bildern des Mahäyäna-Pantheons. Wohl unter dem Einfluß der indischen BhaktiLehre, die die liebende Verehrung einer Gottheit
als neuen Weg zur Erlösung weist, hatte sich seit dem späten 2.. Jahrhundert in manchen TheravädaSekten der Wunsch nach einem Kultbild des Buddha herausgebildet, dem die kultische Verehrung der Gläubigen galt. Im Mahäyäna-Buddhismus mit seinem entwickelten, weit verzweigten Pantheon tritt der historische Buddha langsam in den Hintergrund. Seine Stelle nehmen spirituelle, in der Meditation erkannte Buddhas ein. Kult und Verehrung
richten sich jetzt zunehmend an die Bodnisattvas, Wesen überirdischer Vollkommenheit, die durch ihre guten Werke die Stufe des NirväQa erreicht haben, aber auf die eigene Erlösung verzichten, um mildtätig allen Gläubigen auf dem Weg zur Erlösung zu helfen. In Ajao~ stehen wir in dieser Entwicklung auf einer Stufe des Übergangs. Hauptkultbild in den einzelnen Vihäras und den beiden späten Caitya-Hallen ist noch der historische Bud- 63
dha; in den Wandgemälden dominieren aber oft schon die ersten Bodhisattvas. 20
Die Mönche, die jetzt in den Vihäras von Ajao~ residieren, bekennen sich also zu den Lehren des Mahäyäna-Buddhismus. Welchen speziellen Sekten sie aber angehören, bleibt auch für diese Zeit ungewiß. Mit einer Ausnahme: Vielleicht kann man die Stiftungsinschrift eines gemalten Buddhabildes in der Caitya-Halle Nr. 10 so deuten, daß sich der Stifter als Laienanhänger der Cetika-Sekte, die zum
16
Zweig der Mahäsänghikas gehört, bezeichnet. Mehr aufschlußreiche Auskünfte bieten uns die Inschriften und damit die einzigen historischen Quellen für AjaQ~ nicht.
Die jüngste Inschrift an der Felswand zwischen der Caitya-Halle Nr. 2.6 und dem Vihära Nr. 27
erwähnt einen Rä~trakü~-Fürsten Nannaräja; sie ist leider so beschädigt, daß ihr Inhalt bisher noch nicht gedeutet werden konnte. Vermutlich handelt es sich um einen Fürsten der Rägrakü~-Dynastie von Betul, der in der ersten Hälfte des 7· Jahrhunderts regierte. Ob er aber als Bauherr in Ajaotä in Erscheinung trat, ob er eine Stiftung für die Klöster im Wäghora-Tal bestätigte oder ob er nur seinen Besuch öffentlich kundtat, bleibt vorerst völlig ungewiß.
Bald darauf wurde AjaQtä anscheinend von den letzten Mönchen verlassen. Über den Grund kann man nur Vermutungen anstellen, denn in Aurangäbäd und Elürä blühten die buddhistischen Klöster zumindest bis in das 8. Jahrhundert. Sicher sind die letzten Bewohner nicht durch kriegerische Gewalt vertrieben worden; eher könnten sie schon einer verheerenden Seuche zum Opfer gefallen sein. Aber auch dafür gibt es keine Hi.nweise. Zwar sind die meisten Höhlen an irgendeiner Stelle nicht endgültig vollendet worden, andere sind sogar in der Anfangsphase steckengeblieben. Aber daraus
wird man kaum den Schluß ziehen dürfen, daß die Bauleute einer drohenden Gefahr wegen den Meißel aus der Hand fallen ließen und flohen. Die Gründe dürften eher in den Stiftungs- und Arbeitsgewohnheiten zu suchen sein. Kriegerische Ereignisse, der Sturz einer Dynastie und folgende Notzeiten könnten zum Beispiel auch die für die Bauarbeiten notwendigen Geldmittel auf kürzere oder längere Zeit unterbunden haben.
3 t\jao)!O , Höh le Nr. 17, Decke. Gnndhnrvas
4, 5
Ajn~!ä, Höhle Nr. 17,
Vcrandarückwnnd,
V cssanrarn-järoka
6
Aja1nä,
Höhle Nr. 17,
linke
Scitcnwnnd,
Rad
dc> Samsam
J\jnJ)f~. Höhlt: Nr. 17, Vcrnnclarückwand,
n1cht idcmilizicncs J5~akn
8
Aj:tl.1td, 1 lühlc Nr. •""· Vcrtlnclarückwnnd, Dcvad:ma plant im Pnlasc des Königs J\jiitasatru das Artentat
mit dem wilden Elefanten Nälägiri auf den Buddha
9 AjaQ!:i. lluhle ~r. o- Vcrand:uiick"and.
,]3, i\ncntnt mit dem Elcf:tnten NiililJ(iri nuf den ßuddhn
10 i\jaQlä. Hnhlc Nr. o·. Vorcella, linke Seitenwand.
Fümcn lauschen der Predige dt'> Budeihn
11
Ajnl)!ii, Höhle Nr. 17, Vcrandarückwand,
Tndrn und Apsnrns
eilen zur Begrußung des Buddha herbei
12 Aja~tii, Höhle Nr. 1, Vcrnnu'a
13 AjaJJ!ii, Höhle Nr. 2, rcdnc Verandakapelle
" fl ~1.1. Huhle 1-.r. 1. Ruck"~nd, Mahi\jonaka·Jätab
1:)
Ajo9p. Hohle "'r 1 linke Sdtt'llwand, ~IJh;lj,on.1b·]:i1.1kn
16
AJ.II)I·'· llühlc Nr. t. linke Scitcnwancl, Gc<chichtc voon Printen K~l)iit)akiirin
2 7 3 6 17
Ajn•)!ii, Höhle Nr. ' • Deckenverzierung
18 AjnQ!i\, Höhle Nr. 1.
Rückwand,
C5mpcya-J5rokn
19
Ainl)1ä. llöh lc Nr. 1,
Vorderwand.
Prinz Suclhnna
und die Kinnnri
20 t\jnl)!ä, Höhle Nr. 1,
Riickw,1nd.
ßodhisnrcva Pndmnpnl)i
2-1
Aja~f~. Höhle Nr. z.
rechte Scircnknpcl lc.
Sriflcr mir Gaben
25 J\jaJ)fii, llöb lc Nr. 2,
linke Scitcnk:J,pelle,
Sti fler mit Gaben
26
Aja9~. Höhle Nr. 2, rechte Seitenwand, PürQa-Avadäna
Aber selbst dann wären die Klöster noch weiterhin bewohnbar gewesen. Auch für ihr Verlassen wa
ren vermutlich winschaftliche Gründe ausschlaggebend. Als Bettelmönche waren die buddhistischen Bhik~usfürKleidung,Nahrung undMedizinauf die
Gaben ihrer Laienanhänger angewiesen. Vielleicht
waren diese aber im Laufe der Zeit wie in anderen Gegenden Indiens zum Sivaismus übergetreten, und die Not hat die buddhistischen Bhik~us aus dem
westlichen Dekkhan verdrängt. In Elürä, kaum 100 Kilometer entfernt, haben allerdings Buddhisten und sivaitische Hindus bis in das 8. Jahrhundert hinein friedlich nebeneinander residiert. Zudem
deuten die Anhaltspunkte darauf hin, daß sich das Verlassen zuerst nur auf Ajaf,l~ä bezog. Vielleicht hatte sich in Aurangäbäd oder in Elürä auch ein
berühmter Lehrer des Buddhismus niedergelassen, der nun die Mönche aus anderen Landesteilen zu
sich zog? Hnben doch die chinesischen Pilger die
ser Zeit monatelange Reisen durch unwirtliche Gebiete nicht gescheut, um schließlich an der berühmten Kloster-Universität von Nälandä Beleh
rung über ihren Glauben zu erhalten. Was auch der wirkliche Grund gewesen sein mag; die Klöster im Wäghora-Tal versanken schließlich dschungel
übersponnen im Dornröschenschlaf. Wilde Tiere, gelegentlich auch einmal ein Einsiedler hausten in
den langsam verfallenden Gebäuden, bis James Alexanders Bericht das Interesse der Royal Asiatic
Society an den glanzvollen Denkmälern der Vergangenheit weckte.
Die Caitya-Hallen
Vier große, prächtig verzierte Caity::-Hallen (Höhle
Nr. 9, Nr. 10, Nr. 19 und Nr. 26) dienten den Kult
handlungen in den Klöstern des Wäghora-Tals. Sie sind der Stolz AjaQ~äs und gehören zu den schönsten
Beispielen buddhistischer Felsbaukunst in Indien. Eine fünlk Cnitya-Halle (Nr. 29), wohl die ge-
plante Vorläuferio der Halle Nr. 26, wurde hoch an der Felswand über den Vihäras Nr. 21 und Nr. 22 begonnen. Aber nur der obere Teil der Fas-
3• sade und ein kleiner Teil der gewölbten Innendecke waren vollendet, als das Projekt wieder aufgegeben wurde. Anscheinend hatten sich Mängel
im Felsgestein gezeigt. Gerade diese unvollendete Höhle Nr. 29 bietet einen guten Einblick in den Ablauf beim Aushöhlen einer Caitya-Halle. Im
Gegensatz zu den Vihära-Höhlen, deren Veranda meist schon vollendet war, ehe mit dem Ausarbeiten des Inneren begonnen wurde, scheint eine CaityaHalle von oben nach unten fertiggestellt worden zu sein. Der im Verlauf der Arbeiten sich immer tiefer senkende Fußboden diente den Steinmetzen
als Baugerüst, von dem aus sie alle Teile des In
neren bequem erreichen konnten. Welche Meisterschafl: in Planung, Entwurf und Ausführung gehört
dazu, um einen Raum mit allen Säulen, Gesimsen, Wölbungen usw. Schicht für Schicht von oben nach unten aus dem Gestein zu höhlen I
Caitya-HaJJen sind besonders für die buddhisti
schen Höhlenklöster im westlieben Dekkhan charakteristische Kultbauten etwa vom Typus einer
Basilika. Eine umlaufende Säulenreihe scheidet den axial in den Fels getriebenen, am hinteren Ende
apsidal geschlossenen Langraum in ein überhöhtes,
tonnengewölbtes Mittelschiff und um die Apsis herumgeführte Seitenschiffe. In der Apsis steht ein Stüpa, das zentrale Heiligtum eines buddhistischen
Klosters. Stüpas sind in ihrer Ursprungsform halbkugelförmige massive Bauten, die vom Grabhügel abgeleitet worden sind und das Eingehen des
Buddha ins Nirväf,)a symbolisieren. Eine esoterische Symbolik verbindet sie mit dem Weltbild der
buddhistischen Kosmogonie. Jeder Stüpa trägt einen Reliquienbehälter (Harmikä) und einen oder meh
rere Schirme, das Symbol der Königsherrsd1aft, das auch dem Buddha als geistigem Führer zukommt.
Die plastisch reich verzierte Fassade einer CaityaHalle beherrscht der große Caitya-Bogcn oder das
tSonnenfenster•, ein hufeisenförmig oder eselsrük
kenartig geschwungenes Fenster, die einzige Licht
quelle einer Caitya-Halle, durch die das Licht auf
den Stüpa fällt. Drei Portale führen in die Schiffe,
durch die die Prozession der Gläubigen den Stüpa
umwandelt (pradak~iQä).
Die Theraväda-Caitya-Hallen
Die beiden frühen Caitya-Hallen Nr. 9 und Nr. 10, 4*,
die unmittelbar nebeneinander etwa in der Mitte 5
der halbkreisförmigen Wäghora-Schlucht liegen, ver
körpern Entwicklungsstufen der frühbuddhistischen
Baukunst in der Reihe der Caitya-Hallen von
Bhajä, KondäQc, Bedsä, Näsik oder Kärlä und
Kaohcri, die in den ersten beiden nachchristlichen
Jahrhundercen im Gebiet der westlichen Ghät:s er
richtet worden sind. Höhle Nr. 9 ist mit knapp 28
14 Meter Länge, 7 Meter Breite und 7 Meter Höhe die kleinste, Höhle Nr. 10 mit etwa 29 Meter Länge,
12,j Meter Breite und 11 Meter Höhe die größte
Caitya-Halle von AjaQ~ä.
38
..
3• C:litya-Halle
Nr. 19 von Ajat)~ä
Beide Hallen sind im Inneren schlicht, fast ohne
Schmuck gehalten, doch gerade diese Kargheit besticht durch die Harmonie der Proportionen. Höhle
Nr. 9 weicht vom üblichen Grundrißschema einer Caitya-Halle darin ab, daß die apsidale Reihung
der den Stüpa umrundenden 21 Pfeiler ausnahms
weise in einen rechteckigen Raumkörper geordnet
sind. Die Pfeiler selbst sind wie die 39 Stützen der
Höhle Nr. 10 achtkantig abgefast, ohne Basis und
Kapitell und leicht nach innen geneigt. Sie stehen
einem mutmaßlichen Vorbild in der zeitgenössischen Holzbaukunst noch verhältnismäßig nahe. Einge
fügte hölzerne Rippen, die über der Apsis stern
förmig zusammenlaufen, gliedern in beiden Höhlen
das hochragende Tonnengewölbe des Mittelschiffs;
die Seitenschiffe sind in Höhle Nr. 9 flach gedeckt,
in Höhle Nr. 10 sind die Rippen in Form einer hal- 29
ben Tonne erstmalig für das West-Ghä~-Gebiet vollständig in Stein ausgeführt.
Im Gegensatz zum völlig schmucklosen Inneren
sind die Fassaden der frühen indischen Caitya-Hallen reicher gestaltet. Die Fassade der Höhle Nr. 10
hat sid1 leider nicht erhalten. Sie bestand wohl ursprünglich aus einer Ilol.tl-onstruktiou, uie ~väter.
wie Ziegelreste unter dem Caitya-Bogen vermuten
lassen, durch eine Ziegelm:10er ersetzt worden ist. llöhle Nr. 9 präsentiert sich dagegen im Schmuck
27 einer architektonisd1 gegliederten Schauwand, de
ren künstlerische Wirkung vom großen Sonnenfenster bestimmt wird. Wiederholungen des Caitya
Bogen-Motivs als Schmuckform zieren den Architrav über der Portal wand, die freibleibenden Wandflächen neben dem Sonnenfenster und den Fries,
der die Fassade nach oben abschließt. In diesem Schmuckmotiv sind die Ilolzbögen, die ehemals das
große Caitya-Fenster vergitterten, originalgetreu im Stein nachgebildet worden. Pilaster im Stil buddhistischer Zaunpfeiler flankieren das Hauptport:ll
und die Stelle der beiden Eingänge in die Nebenschiffe einer Caicya-Halle, die in dieser Höhle ausnahmsweise nur als Fenster ausgeführt worden sind.
Die vielen Buddhabilder, die das ursprünglid1e Schema der Fassadendekoration heute stören, stam
men erst aus dem 5· Jahrhundert, als man sich audl
durch das Stillen eines einzelnen Buddhabildes Verdienst erwerben konnte. Die Frage, welche der beiden Cairya-Hallen die ältere ist, bleibt umstritten.
Wahrscheinlich aber wurde die größere Caityallalle Nr. 10 nach Höhle Ne. 9 konzipiert und aus
geführt; darauf deuten nicht nur die größeren Aus-
4• Grundriß
und Längsschnitt
der C:litya-Hallc Nr. 9
von Aja!)rä
5* Grundriß und Längsschnitt
der Caitya-Halle Nr. 10 von Ajn!);.~
maße hin, sondern auch die Steinrippen der Neben
schiffe und der Übergang zum üblichen Grundriß eines apsidal geschlossenen Raumes.
Die Mahäyäna-Caitya-Hallen
Die beiden jüngeren Caitya-Hallen von AjaQtä -
6• Höhle Nr. 19 mit etwa den gleichen Ausmaßen wie 7• Höhle Nr. 9 und Höhle Nr. z6, die mit etwa
20,5 Meter Länge, 11 Meter Breite und 9,5 Meter Höbe die Maße der Höhle Ne. 10 nicht ganz er
reicht - unterscheiden sich im Grund- und Aufriß architektonisch kaum von den Bauten der frühen Zeit. Auch sie sind Kultbauten von basilikalem
Typus mit einer umlaufenden Säulenstellung von 1 5 beziehungsweise 26 Säulen, in deren Apsis ein
Stüpa steht. Allerdings besitzen beide Caitya-Hallen geschlossene Vorhöfe mit Nebenzellen. Wäh-
45 rend ein kleiner Zweisäulenvorbau das Portal der 60 Höhle Nr. 19 beschattet, besaß I löhle Nr. z6 ur-
39
6• Querschnitt und Grundriß der Caityn·Hallc Nr. 19 von Ajal)!Ü
sprünglich eine von vier Säulen getragene Veranda zum Schutz gegen die \XIittcrung- Sonne im heißen indischen Sommer und Wasserfluten während der Regenzeit.
Welch ein Unterschied nber zu den älteren Caitya-Hallen in der Ausgestaltung, welcher Reichtum
der Formen und welche Fülle von Schmuckmotiven schon bei den Fassaden! Die Mahäyäna-Buddhisten legten großen \XIert auf eine reiche, monumentale Wirkung ihrer Cnityn-Hallen.
40
7* Grundriß der Höhlen Ne. z6 und
Ne. 17 von Aja•nä
Das über dem Portikus vorgekröpfte, wie ein
Doppeldach gestaltete Gebälk über dem Unter~5 geschoß der Caitya-Halle Nr. 19 ist mit Caitya
Bögen und Ornamentmetopen verziert. Zwischen
den massigen Pilastern, die dieses Gebälk zu tra~6 gen scheinen, sind Buddhabilder angeordnet. Zwei
stehende Buddhas flankieren das Hauptportal.
Neben dem sehr ornamental gestalteten Sonnen-48 fenster stehen zwei kolossale Portalhüter (Dvära
päla), über denen sich Dach-, Ornament-, Konso
len- und Buddhabildfriese bis zum Scheitel des s·onnenfensters abwechseln. Alle diese Buddhabil
der und Wächterfiguren gehören zum ursprünglichen Entwurf der Fassade.
60 Die Fassade der Caitya-Halle Nr. 2.6 ist ähnlich
gestaltet, aber übersichtlicher konzipiert. Sie wirkte noch eindrucksvoller und ausgewogener, als das
Verandadach und die Verandasäulen noch erhalten
waren. An die Stelle einer Vielzahl von Schmuckmotiven treten Nischenreihen mit Buddhabildgrup
pen, die tektonisch übereinander geordnet sind. Fi
gurenfriese rahmen die drei ursprünglich im Schat
ten der Veranda verborgenen Portale und die 62 Plinthe der ehemals über drei Stufen zugänglichen
Veranda.
Im Gegensatz zu den frühen Höhlen Nr. 9 und
Nr. 10 sind die Caitya-Hallen Nr. 19 und Nr. z6 auch im Inneren reich verziert. An die Stelle der
28 schmucklosen, konstruktiven Pfeiler der älteren
50 Zeit treten jetzt reich gestaltete Säulen mit breiten, 63 figurengeschmückten Kragsteinen, die den Säulen
66 in den gleichzeitigen Vihäras entsprechen. Die Sei-
tenschiffe sind in beiden Höhlen flach gedeckt und
bemalt. Zwischen die Säulenarkade und die jetzt 51 vollständig in Stein ausgeführten Rippen des Mit-
64 telschiffgewölbes schiebt sich ein Triforiumfries aus gereihten Gruppen von Buddhabildern in reicher
ornamentaler Rahmung.
Die Stüpas der beiden älteren Caitya-Hallen waren aus stereometrischen Elementen gestaltet. Auf
einer relativ hohen zylindrischen Basis (Medhi) ruht
die in Höhle Nr. to halbkugelförmigc, in Höhle
28 Nr. 9 am unteren Rand flaschenförmig eingezogene Stüpa-Kuppel (A~lQa), mit dem Reliquienschrein
(Harmikä). Der Schirm (Chattra), das Symbol kö
niglicher und spiritueller Herrschaft, hat sich in bei
den Fällen nicht erhalten. Vermutlich war er aus Holz geschnitzt.
DieBasen derStüpas in den beiden jüngerenCait
ya-Hallen haben einen komplizierteren Grundriß.
41
In Höhle Nr. I9 sind der Basis schmale Pilaster vorgeblendet, in Höhle Nr. 26 ist sie mit Relief
bildern geschmückt. Die Stüpa-Kuppel ist in beiden 6'3
Fällen im unteren Drittel eingezogen und wie eine
Lotosglocke gestaltet. Das hochragende Reliquien
kästchen wird in Höhle Nr. I9 von mehreren in
Stein nachgebildeten Ehrenschirmen gekrönt. Bei
den Stüpas sind Kultbildnischen vorgelagert mit ei
nem stehenden bzw. einem auf dem Löwenthron
sitzenden Buddhabild.
Die Vihäras
Ein Vihära ist der Wohnbereich eines buddhisti
schen Klosters. Seine wesentlichen Teile sind die
Wohnzellen der Mönche, Zisternen, Magazine und
andere Nebenräume für praktische Zwecke. Hier
wohnten die Mönche, hier schliefen sie oder ver
sammelten sich zum gemeinsamen Mahl, hier me
ditierten sie oder studierten die heiligen Texte des
Buddhismus, hier rief sie die Glocke zur stillen
Andacht oder zur Gewissenserforschung bei den
periodisch wiederkehrenden Rezitationen der bud
dhistischen Klosterregeln (Pratimok~a).
Sieht man von der offiziellen Numerierung des
Archaeological Survey of India ab und zählt man 1*
bei den beiden doppelgeschossigen Anlagen (Höhle
Nr. 6 und Nr. 27) jede geschlossene bauliche Ein
heit gesondert, dann bestehen die Höhlenklöster
von Ajarytä neben den vier Caitya-Hallen aus 26 Vihärll-Höhlen. In der Anlage und im Grundriß
gehen diese Vihäras auf Freibauten zurück, die nach
dem Vorbild eines indischen Wohnhauses entwor
fen worden sind. Einige dieser Vihäras sind nie
mals endgültig vollendet worden; in drei Fällen
(Höhle Nr. 3, Nr. 5 und Nr. 29) ist der Aushöh
lungsprozeß nicht einmal über die mehr oder weni
ger fertiggestellte Veranda hinausgekommen. Höhle
Nr. t8 ist in W irklichkeit kein Vihära, sondern nur
ein Durchgang zur Caitya-Halle Nr. 19, der bei der
Inventarisierung durch den Archaeological Survey of lndia irrtümlich gesondert gezählt worden ist.
Auch die unvollendeten Vihäras lassen Schlüsse
auf den Bauablauf zu. Nach der Fertigstellung der
Veranda trieben die Steinmetzen Gänge in das
Felsgestein, zuerst in die Tiefe, dann in die Breite,
bis das geplante Grundrißmaß erreicht war. An
den Kreuzungspunkten der Gänge blieben Stein
pfeiler stehen für die geplanten Säulen. Die wei
tere Arbeit richtete sich nach der Bedeutung der
einzelnen Bauglieder. In den Mahäyäna-Vihäras
wurde zum Beispiel zuerst die Kultbildcella voll
endet, ehe mit der Gestaltung der Innensäulen be
gonnen wurde.
Die Theraväda-Vihäras
Die beiden frühen Klöster im Wäghora-Tal bestanden aus vier Vihära-Höhlen, die sich im Osten
(Höhle Nr. 8) und im Westen (Höhle Nr. I2, Nr. I 3
und Nr. I 5 A) unmittelbar an die beiden frühen
Caitya-Hallen anschließen. Sie bilden den Kern
des alten Klostergebietes, das dann im Laufe der
Zeit nach beiden Seiten erweitert worden ist.
Die vier Theraväda-Vihäras liegen alle in einer
tieferen Felsstufe als die jüngeren Höhlen in ihrer
Umgebung: Höhle Nr. I2 in der Lücke zwischen
den Höhlen Nr. I I und Nr. T 4, Höhle Nr. I 3 direkt
unter der Höhle Nr. T 4 und Höhle Nr. 15 A unter
dem Vihära Nr. I6. Das Vihära Nr. 15 A wurde
zugemauert, als man im 5· Jahrhundert Höhle Nr. 16 auszuarbeiten begann, vermutlich, um die archi
tektonische Wirkung des Neubaus nicht zu beein
trächtigen. Höhle Nr. 8 liegt am tiefsten von allen
K lostergebäuden in Ajarytä, dicht über der Sohle
der Schlucht.
Der Grundriß der Vihäras Nr. I2, Nr. I3 und 8*
Nr. I 5 A geht auf den Typus des altorientalischen
Hofhauses zurück, das der Straße eine schmucklose,
nur von einer kleinen Eingangspforte unterbro
chene Außenmauer zuwendet. Alle Räume öffnen 30
sich auf einen zentralen, meist quadratischen Innen
hof. Die äußere Mauer ist bei einem Höhlenbau
gegenstandslos; an die Stelle des ofienen Hofes
tritt eine gedeckte Halle, der Aufenthaltsort der
Mönche bei schlechter Witterung.
8• Grundriß des Vihäras
Nr . .; ,·on AjaQ~ä
Die Vihäras Nr. 13 und Nr. 15 A haben bei ei
nem Hallengrundriß von 4 mal 5 Metern bezie
hungsweise 3,5 mal 3,5 Metern nur bescheidene 9• Ausmaße; bei Höhle Nr. 12 konnte bei einem
9• Grundriß des Vihäras Nr. 12 , ·on AjaQtä
Grundriß von 1 r mal 1 1 Metern schon eine be
trächtliche Raumwirkung erzielt werden. Höhle Nr. 8 weicht mit ro mal 5 Meter Hallenmaß von
diesem Schema ab. An den drei Innenwänden des
Vihäras öffnen sich jeweils zwei, drei oder vier
schmale Eingänge in die Mönchszellen. Die Wände
der Hallen sind geglättet, in Höhle Nr. 13 sogar
hochglänzend poliert, und unbemalt. Ornamental gestaltete Caitya-Bögen überspannen die Zellentü
ren, ein Fries von Stufenpyramiden und dem be
liebten buddhistischen Zaunmotiv zieht sich glie
dernd rund um die inneren Wände.
Die verhältnismäßig engen Wohnzellen haben
vermutlich nur als Schlafr:1um gedient. Jede Zelle
enthält zwei Stein betten, deren Kopfteil kissenartig
erhöht worden ist. Hakenlöcher in den Mönchs
zellen der Höhle Nr. 12 lassen vermuten, daß sich die Mönche auch in einem Höhlenkloster eng an
die Ordensregel hielten, die vorschreibt, daß die Gewänder und am Tage die Schlafmatten und
Decken sorgfältig aufgehängt werden müßten, um
ihre Beschädigung durch Ungeziefer zu vermeiden.
Schränke und Truhen waren in einem buddhisti
schen Kloster nicht erforderlich, da die Mönche
außer ihren drei Gewändern - Obergewand, Untergewand und Kutte -, Matte, Decke und Almo
senschale keinen weiteren Besitz haben durften.
Allerdings wird jedes Kloster einen Vorratsraum
oder ein Magazin besessen haben, da die Mönche alle Geschenke an Gewändern u. a., die ihren per
sönlichen Bedarf überschritten, an die Gemeinde
abzuliefern hatten. Dübellöcher neben den Zellentüren im Vihära Nr. 1 5 A deuten darauf hin, daß
die Mönche ihre Zellen verschließen konnten.
Den Vihäras Nr. I2 und Nr. 15 A war ursprünglich eine Veranda vorgelagert zum Schutz gegen
Sonne und Regen. Eine schmale Steinbank an der
Verandarückwand der Höhle Nr. I 5 A bezeichnet den Ort, an dem die Mönche in Ruhestunden sitzen
konnten, mit Blick über das ganze Wäghora-Tal. Vihära Nr. 8 hat acht, Vihära Nr. I 2 hat zwölf
Mönchszellen, Vihära Nr. I 3 bot vierzehn und Vi
hära Nr. I 5 A achtzehn Mönchen Unterkunft. In der Blütezeit der beiden frühen Klöster dürften
den Gemeinden etwa 70 Mönche angehört haben.
DerTagesablauf in einem buddhistischen Kloster war streng geregelt. Nach dem \'V'ecken vor Sonnen
aufgang erhoben sich die Mönche mit einem Lied oder der Rezitation eines erbaulichen Verses, putz
ten sich die Zähne, reinigten das Kloster und kümmerten sich um das notwendige Trinkwasser. Dann
zogen sie sich an einen einsamen Ort zurück, um über ihre Pflichten und Mängel nachzusinnen. Ein
Zeichen rief sie an Jen Versammlungsort - in
Ajan,~5 wohl in die Halle des Vihäras oder in die
Caitya-Halle -, um den Buddha mit Blumenspen
den oder stiller Andacht zu verehren. Nach der
Bettelrunde, die durch vielfältige Bestimmungen
ueregelt war, denn der Buddha wollte vermeiden,
daß seine Mönche durch ihr Verhalten öffentliches
Ärgernis erregten, folgten die einzige Mahlzeit des
Tages, das Abwaschen der Almosenschale und die
Reinigung des Gesichts; gebadet wurde, sofern der Mönch nicht krank war, alle zwei Wochen. Dann
zogen sich die Mönche zu meditativer Ruhe zurück,
studierten, je nach Lehrmeinung der jeweiligen
Sekte und dem Alter und der geistigen Entwicklung des einzelnen Mönches, einen heiligen Text
oder lauschten einer Belehrung. Der Tag klang in
der Regel mit dem öffentlichen Vortrag eines ka
nonischen Textes aus. Alle vierzehn Tage fand vor versammelter Gemeinde die Rezitation des Prati
moksa statt, des kanonischen Textes über die Sün
den und Vergehen eines buddhistischen Mönches,
die die Ordensregeln in Erinnerung rief und bei der
die Mönche ihre Verstöße oder Übertretungen öf
fentlich zu beichten und Buße auf sich zu nehmen
hatten.
Die Mahäyäna-Vihäras
Etwa seit der Mitte des 5. Jahrhunderts ist in den Klöstern von Ajan.tä ein grundlegender Wandel zu
bemerken. Mönche einer Sekte des Mahäyäna-Buddhismus kamen in das Wäghora-Tal und errichteten
hier östlich vom alten Klosterzentrum ein neues Vihära (Höhle Nr. 6, Untergeschoß), das den Be
dürfnissen des neuen Glaubens entsprach. Ob sie
auch die älteren Vihäras übernahmen, die mögli
cherweise in dieser Zeit schon leer standen, oder
ob sie Seite an Seite mit den Theraväda-Mönchen
lebten - wofür die historischen Quellen des Buddhismus zahlreiche Beispiele bieten - bleibt unge
wiß. Weder Inschriften noch kunsthistorische oder
44
archäologische Quellen geben über diese Frage
Auskunft Allerdings scheint das alte Vihära Nr. 8
schon früh in den Besitz der Mahäyäna-Gemeinde
gekommen zu sein, wie eine nachträglich in ihre
Rückwand gehöhlte Kapelle vermuten läßt. Diese
Kapelle enthält eine niedrige Steinbank, die als
Basis für ein transportables Buddhabild gedient
haben kann.
1 O• Grundriß der beiden
Stockwerke des Vibäras Nr. 6 von Aia~Jtä
Vihiira Nr. 6, Untergeschoß · Das neue Vihära in 31 i\jaQtä greia den in der Zwischenzeit in anderen
Orten des West-Ghä~-Gebietes weiterentwickelten
tO•Grundriß eines Theraväda-Vihäras auf. Über eine
heute nicht mehr erhaltene Veranda betritt man durch ein von schlanken Pilastern flankiertes Por
tal eine fast quadratische Halle von r6,2 5 mal
16,75 Meter Ausmaß, an deren Seitenwänden sich jeweils fünf und an deren Rückwand sich sechs
Mönchszellen reihen. Die Fassade wird neben dem Portal von je zwei Fenstern durchbrochen.
Neu ist die Idee, die Hallendecke scheinbar von sechzehn Säulen tragen zu lassen, die in vier Rei
hen zu je vier Säulen angeordnet sind - ein für AjaQ~ einmaliges Schema der Säulenstellung, das
auf baustatische Überlegungen in einer experimen
tellen Phase der Bautätigkeit schließen läßt. Einmalig ist auch die Verlängerung des durch die Säu
len gebi ldeten vorderen und hinteren Querschiffes in der Tiefe einer Mönchszelle.
Mit dem Auftreten der neuen Mahäyäna-Lehren muß sich auch die Kultform gewandelt haben. Das Vihära bleibt kein reiner Wohnbereich mehr. An
der Rückwand der Halle wurde eine durch eine
säulengetragene Vorcella zugängliche Kultcella ausgehöhlt, in deren Mitte ein Buddhabild sitzt. Der
freie Raum um dieses Kultbild gestattet, den Buddha wie den Stüpa in einer Caitya-Halle durch Umwandlung zu verehren.
Die Vihäras der Väkä(aka-Zeit · In der zweiten IIälfl.e des 5. Jahrhunderts, als das Gebiet um
AjaQtä zum Reich der Väkä~ka-Dynastie von Vatsagulma gehörte, stiftete Varähadeva, der Minister
des Väkätaka-Fürsten Hari$el)a und Bauherr des großen Vihäras im benachbarten Gha~tkaca, das
Vihära Ne. 16 in AjaQ~. Wenige Jahre später errichtete der Sohn KnQadäsas, ein Vasall Hari$eQas,
direkt daneben das Vihära Nr. 17, Höhlen, die der weiteren Bauentwicklung im Wäghora-Tal als Vorbild dienten.
II' Grundriß des Vih5ras Nr. 16 von Ajar)!ä
12• Grundriß des Vibäras Nr. 17 von Aja.;>fä
-15
Auch die Vihäras Nr. 16 und Nr. 17 gehen auf
das altindische Wohnhaus zurück; sie übernehmen
aber nicht nur das Grundrißschema einer 2.0 mal
2.0 Meter beziehungsweise 19,j mal 19 Meter gro
ßen Halle, in die sich an den drei Innenseiten die
Türen von vierzehn beziehungsweise sechzehn
Mönchszellen öffnen, sondern auch das Stützenqua
drat von zwanzig Säulen, auf denen bei Freibauten
die Dachkante einer lufligen, die Wohnräume be
schirmenden Veranda des Innenhofes ruht. Die
Decke des vorderen Querschiffes im Vihära Nr. r6
veranschaulicht, wie ein derartiges Verandadach von
den indischen Zimmerleuten technisch ausgeführt
worden ist: Tn einer für AjaQtä hier und im Vihära
Nr. 20 einmaligen Art wurden nämlich die figür
lich verzierten Konsolen, die Querbalken, die lan- 70
gen Tragbalken und die Bretter einer hölzernen
Dachkonstruktion getreu im Stein abgebildet. Sechs
Säulen tragen in beiden Vihäras das Dach der dem
Portal vorgelagerten Veranda, an deren Schmalsei-
ten jeweils noch eine weitere Zelle ausgehöhlt wor
den ist.
Auch die Vihäras Nr. 16 und Nr. 17 besitzen an
der Rückwand Kultbildkapellen mit einem Bud
dhabild in der Mitte. Die Cella der Höhle Nr. 17
entspricht der im Vihära Nr. 6 vorgebildeten Form.
Im Vihära Nr. x6 fehlt die Vorcella; zwei kleine
Nebenportale gestatten hier den Durchgang zu zwei
schmalen Cellaschiffen, die durch Säulen von der
Hauptcella getrennt sind.
Die Säulenordnung der Väkätaka-Zeit und die 39
gleiche Entwicklungsstufe in der Bauornamentik
verbinden das Vihära Nr. 4 .:eitlich mit den Höh-
len Nr. x6 und Nr. 17. Während diese beiden Vi
häras aber zügig gebaut und in der Form des ur
sprünglichen Entwurfs vollendet worden sind, hat
es im Vihära Nr. 4 Verzögerungen gegeben. Viel
leicht waren die Bauherren dieser Klosterhöhle auf
Einzelstillungen angewiesen, die nicht so reichlich
und kontinuierlich flossen wie d ie Geldmittel der
hohen Würdenträger, jedenfalls muß sich der Bau
46
t3• Grundriß des Vibäms Nr. 4 von Aj:w~ä
über einen längeren Zeitraum crstreckt haben. Ver
mutlich waren sogar schon die Vihäras der jüngeren
Gruppe im Bau, als man die Rückwand des Vihäras
Nr. -1 in Angriff nahm, denn eim:clnc Eiernente der
Baudekoration in den hinteren Teilen des Vihäras
Nr. 4 und die Gestaltung der Kultbildkapelle ent
sprechen nicht mehr den Stilformen der Väkä~ka
Zeit. Aber auch als AjaQtä endgültig verlassen
wurde, waren einige Mönchszellen dieses Vihäras
immer noch nicht fertiggestellt.
Das Vihära Nr. 4 ist mit einem Hallengrundriß 13*
von z6,j mal 2.6,5 Metern, einem Stützenquadrat 41
von 2.8 Säulen und acht Verandasäulen das größte 39
Vihära im Wäghora-Tal. Wäre es endgültig fertig
gestellt worden- fünf Mönchszellen blieben unvoll
endet -, hätte es mit etwa 2.8 Zellen über fünfzig
Mönchen Unterkunft geboten. Die Mahäyäna-Vi
häras von Ajal)~ä haben keine steinernen Betten
mehr wie die älteren Vihäras. Da die Ordensregeln
der Buddhisten aber schon in der Theraväda-Zeit ausdrücklich doppelstöckige Betten erwähnen, könn
ten die viel geräumigeren Mönchszellen der Mahä
yäna-Kiöster auch mit zwei Doppelbetten ausge
stattet gewesen sein. Das Vihära Nr. 4 hätte dann sogar über hundert Mönche aufnehmen können.
10* Auch das obere Stockwerk des Vihäras Nr. 6, das
von der Veranda des Untergeschosses aus über eine 3! Treppe zugänglich war, ist der Säulenordnung nach
schon in der Väkätaka-Epoche begonnen worden.
Stärker noch als im Vihära Nr. 4 deuten aber auch
hier jüngere Elemente auf eine lange Bauzeit hin. Wir müssen also damit rechnen, daß die einzelnen
Vihäras von Ajal)\:ä nicht Höhle für Höhle nach
einander entstanden, sondern daß viele Vihäras noch im Bau waren, als die nächsten schon entworfen und begonnen wurden.
Die Väkä~aka-Zeit war in Ajal)~ä eine sehr ex
perimentierfreudige Epoche, sofern abweichende Bauformen nicht darauf beruhen, daß die verschie
denen Mahäyäna-Sekten unterschiedliche kultische Bedürfnisse hatten. Denn es gibt Vihäras dieser Zeit, die sich beträchtlich vom üblichen HofbausTypus unterscheiden. So besitzt zum Beispiel das Vi-
14~ hiira Nr. 7 eine 19 mal .j Meter große Veranda mit
14* Grundriß des Vihäras Nr. 7 von AiaJ)Iä
35 zwei Zugängen in der Form von Viersäulenpavil
lons, aber keine Halle. Die hinteren Säulen der 36 beiden Pavillons gehören der Väkä~aka-Ordnung
an. Die Mönchszellen und die Kultbildkapelle, die sich direkt in die Veranda öffnen, wurden dagegen
erst zu einem späteren Zeitpunkt vollendet.
15* Grundriß des Vihäras Nr. 11 von Ajao)tä
15• Auch das Vihära Nr. 11 ist den Verandasäulen nach noch ein Bau der Väkä~aka-Zeit. Mönchszellen
öffnen sich hier an der linken Seitenwand und an der
37 Rückwand in eine von vier Säulen getragene, 11 mal 8,5 Meter große Halle. Eine schmale Steinbank zieht sich als Sitzgelegenheit für die Mönche an der
rechten Seitenwand entlang. Das Kultbild steht wie üblich in der Mitte der Cella. Der Prozessionspfad
!6* Grundriß des Vihäras Nr. 14 von Ajal)!ä
47
17* Grundriß des Vihäras Nr. 15 von Ajal)~ä
ist aber nicht mehr vollständig um das Buddhabild herumgeführt worden.
Väkätaka-Bauten sind schließlich auch das Vihära Nr. 14, eine unfertige Halle von x8,5 mal 8 16*
Metern, die in der zur Eingangsfront parallelen Längsrichtung durch eine Säulenreihe gegliedert werden sollte, und das Vihära Nr. Ij, eine Halle 17*
von 10 mal ro Metern ohne Stützenquadrat, die 44
zehn Mönchszellen und eine spätere Kultbildcella besitzt.
Die jüngeren Vihäras · Mit dem Bau der CaityaHalle N'r. 19 und der beiden Vihäras Nr. 1 und Nr. 2 am östlichen Rand des Wäghora-Tals, den wohl prächtigsten Bauwerken von AjaQ~, nimmt eine neue Bauschule ihre Tätigkeit auf. Eine neue Säulenordnung bildet sich heraus, und neue Elemente, die sich wesentlich vom Stil der Vihäras der Väkä~ka-Zeit unterscheiden, deuten auf einen
Wandel auch im kultischen Bereich. Dem Ornamentstil nach befinden wir uns jetzt in den ersten Jahrzehnten des 6. Jahrhunderts.
Das Vihära Nr. 1 besitzt eine 19,5 mal 19,5 Me- 18*,
ter große Halle mit sed1zehn Mönd1szellen und 62* einem Stützenquadrat von zwanzig reich verzier- 53
ten Säulen. Sechs weitere Säulen tragen die Ve- 12
randa, die ursprünglich durch einen heute zerstörten Viersäulenpavillon zugänglidl war. Neu ist die Aushöhlung zweier Räume mit Säulenportalen auf beiden Seiten vor der Veranda, die sich in weitere Räume öffnen. Der Zweck dieser architektonisch so hervorgehobenen Räume - Wohnzelle für einen Lel1(er oder angesehene Mönche oder Kultraum -bleibt ungewiß. Eine säulenflankierte Vorcella
führt an der Höhlenrückwand in die Kultbildkapelle, in deren Mittelpunkt der Buddha thront. Der Prozessionspfad ist zu beiden Seiten des Buddhabildes bis zur Höhlenrückwand ausgebildet, aber ebenfalls nicht mehr vollständig um das Bild her
umgeführt worden. Das ist ein neuer Zug, der auf einen Wandel in den Kultformen deutet. In den Vihäras der Väkä~ka-Zcit konnte man das Kultbild wie einen Stüpa durch Umwandlung verehren. Jetzt hat diese Form des Kultes offenbnr ihre Be-
18* Grundriß des Vihäras Nr. 1 von Ajnry\ä
deutung verloren. Der Buddha wird nun anschei
nend nur noch durch Blumenspenden, stille Andacht und Gebet verehrt.
19* Das Vihära Nr. 2 ist mit einer Halle von 14,5
mal 14,5 Metern, zehn Mönchszellen und einem
Stützenquadrat von zwölf Säulen kleiner als das
Vihära Nr. r, übertrifft dieses aber beinahe noch durch den Reichtum seiner Schmuckformen. Die
19• Grundriß des Vihäras Nr. 1 von Ajnl)tä
beiden Doppelzellen mit den reich verzierten Säu-
13 Jenportalen vor der Veranda des Vihäras Nr. 1 wer-58 den hier an die Schmalseiten der Veranda verlegt.
Das Kultbild rückt ohne jede Andeutung eines Prozessionspfades an die Rückwand der Cella. Die
beiden Räume neben der Kultbildcella sind im Vi
hära Nr. 2 nicht als Mönchszellen ausgeführt. Sie wurden mit Säulenportalen optisch hervorgehoben
59 und dienen als Nebenkapellen für Päiicika und Häriti, niedere Gottheiten der indischen Mythologie,
die als Nothelfer in den Dienst des Buddhismus getreten sind.
Das Vihära Nr. 2 war anscheinend noch im Bau, als die Arbeiten an der Caitya-Halle Nr. 26 und in
den angrenzenden Vihäras Nr. 20 bis Nr. 24 be-
20• Grundriß des Vihärns Nr. 20 von Ajal)!ii
20* gonneo wurden. Höhle Nr. 20 ist ein kleineres Vihära von 8,j mal 8,5 Meter Grundriß mit zwölf
Mönchszellen und ohne Innensäulen; es besitzt aber 70 zwei Verandasäulen. Die Vorcella ist hier aus-
72 nahmsweise nicht in die Rückwand der Höhle ge
graben, sondern wurde als kleiner gesonderter
Raum mit reich verziertem Portal in die Halle vor
gezogen. Die Höhlen Nr. 21 und Nr. 23 sind große
21' Grundriß des Vihäms Nr. 21 von Ajal)tii
49
Zwölfsäulen-Vihäras mit jeweils 15,5 mal 15,5 Meter Hallengrundriß. Das Bauschema des Vihäras Nr. 2 r ist komplizierter als in den übrigen Vihäras 21*
dieser Gruppe, da in diesem Fall Doppelzellen mit Säulenportalen auch in der Mitte der Seitenschiffe 75
und zu beiden Seiten der Kultbildcella angelegt
wurden. Nach dem gleichen Grundrißschema ist auch die obere Halle des Vihäras Nr. 6 vollendet worden. Höhle Nr. 23 besitzt einen ähnlichen 22*
Grundriß, verzichtet aber auf die Doppelzellen in
den Seitenschiffen. Sie ist niemals völlig fertiggestellt worden, die Cella enthält nicht einmal ein Kultbild.
22* Grundriß des Vihäras Nr. 2) von Ajal)!ä
Vihära Nr. 24, ein Zwanzigsäulenbau mit 22 mal 23*
22,5 Meter Hallenausmaß, wäre nach Höhle Nr. 4
das größte Vihära in AjaQ~ä geworden. Die Arbeit an dieser Höhle wurde aber eingestellt, als die Veranda und die ersten Mönchszellen fertiggestellt 80 waren. Die Säulen des Stützenquadrats wurden nur grob aus dem Fels geschlagen bis auf eine einzige, 81
die fertig ausgearbeitet worden ist. Auch die übri-
gen Mönchszellen und die Cella wurden nur in ihrer geplanten Lage markiert. Anscheinend erwies sich das Felsgestein an dieser Stelle während der Bauarbeiten als brüchig oder nicht geeignet, und das Projekt wurde aufgegeben.
Das Vihära Nr. 27 ist wieder zweigeschossig kon- 7* zipiert mit Mönchszellen an der linken Innen- und an der Rückwand. Seine Lage im Verhältnis zur Caitya-Halle Nr. 26 und die Orientierung der Kult
bildcella im unteren Geschoß lassen vermuten, daß es sich bei dieser Höhle um kein selbständiges Vi-
II !ili •• II • 11'1 • • • II • • • • • • 11
23* Grundriß des Vihäras Nr. 24 von Ajal)!ä
hära, sondern eher um einen Anbau für Wohnzwecke im Baukomplex der Caitya-Halle Nr. 26 handelt. Das westlichste Vihära Nr. 29 ist wie die Vihäras Nr. 3 und Nr. 5 nie über das Aushöhlen 42
der Veranda hinausgekommen. Höhle Nr. 25
schließlich ist eine 8 mal 8 Meter große Halle ohne Zellen oder Kultbildkapelle hoch oben am Felsbang, die ebenfalls nie vollendet worden ist.
Die Säulenordnungen
Der Reichtum und die Pracht der Klosteranlagen im Wäghora-Tal von Ajaotä beruhen weitgehend auf den kunstvoll gestalteten und verzierten Säulen
der Caitya-Hallen und der Vihära-Höhlen. Die Bildhauer und Steinmetzen von Ajaotä wetteiferten miteinander, um sich in der Schönheit der künstlerischen Gestaltung der einzelnen Höhlen zu übertreffen.
Schon im späten ;. Jahrhundert v. Chr., als die Steinbaukunst in Indien begann, stand die Säule als Bauglied oder auch als Einzelsäule im Mittelpunkt des künstlerischen Interesses. Säulen waren im Norden Indiens die Träger der Edikte König Asokas, Säulen gliedern die Innenräume eines Kultbaus oder tragen ihre Veranda, Säulen rahmen als reizvolles Motiv der Bauornamentik Reliefszenen oder in späteren Jahren die Basen von Kultbildern. Auch aus dem Repertoire der mittelalterlichen indischen Tempelbaukunst sind Säulen nicht wegzudenken.
Die Säule lebt und entwickelt sich im Schaffensprozeß der indischen Baumeister und Architekten. Jede Epoche der indischen Kunst entwirft eine neue Säulenordnung, die an Vergaugenes anknüpft und es verändert, bereichert oder neuen Aufgaben anpaßt. Auch Elemente der Bauornamentik werden auf ihre Verwendbarkeit als Bestandteil einer Säule geprüft, verworfen oder akzeptiert. Wie ein roter Faden zieht sich dieses Bemühen um die Gestaltung einer Säule durch die Geschichte der indischen Baukunst. Die jeweils verwendete Säulenordnung ist ein sicheres Hilfsmittel für die zeitliche Fixierung eines sonst undatierten Bauwerks oder eines weiteren Anbaus in den großen Tempelkomplexen der späteren Zeit.
Auch in Ajao~ä läßt sich am gewählten Säulentypus die zeitliche Abfolge der einzelnen Bauten ablesen, auch dann, wenn sie in bestimmten Jahrzehnten verhältnismäßig schnell aufeinander fol-
gen und manche Höhle noch im Bau war, als anclere schon begonnen wurden. Im benachbarten Ghatotkaca verrät der Wandel der Säulenformen
innerhalb eines Vihäras sogar die Reihenfolge des Bauablaufs und die Dauer der Bauarbeiten im Verhältnis gesehen zur zeitgenössischen Bautätigkeit in Ajao~ä.
Allerdings muß man in diesem Zusammenhang beachten, daß nicht nur der Wandel des Schön
~~: heitsbegriffes und des Geschmacks, sondern auch. 53 der Zweck die Wahl des Säulentyps bestimmten.
Für Verandasäulen oder Säulen im Inneren einer 72 Caitya-Halle oder eines Vihäras bestanden andere 33 Auswahlkriterien als für die Säulen einer Kultbild-58 kapeHe oder eines Doppelzellenportals. Auch die
Auswahl einer Säulenform zum Schmuck einer Portalumrahmung oder Fassade einer Caitya-Halle
56 folgte eigenen Gesetzen. Nur die Pilaster, die die Säulenreihe einer Veranda an den beiden Schmalseiten begrenzen oder den Verlauf der Querschiffe im Inneren einer Vihära-Halle markieren, folgen einer gemeinsamen kontinuierlichen stilistischen Entwicklung.
Die Säulen der Theraväda-Klöster
Die beiden Caitya-Hallen Nr. 9 und Nr. 10 von AjaQtä gehören zu den frühen buddhistischen Kultbauten im West-Ghät-Gebiet, die vor der Einführung der altindischen Lotossäule in das Repertoire dieses Gebietes errichtet wurden. Ihre Stützen sind
28 achtkantig abgefaste Pfeiler ohne Basis und Kapitell, Formen einer ursprünglichen Holzarchitektur, die leicht nach innen geneigt stehen und sich harmonisch in die Raumwirkung einordnen, ohne den Blick auf sich zu ziehen.
Die Theraväda-Vihäras besitzen noch keine Innensäulen. Leider haben sich ihre Veranden nicht erhalten. Vermutlich wurden diese von vierkantigen Pfeilern mit achtkantig abgefastem Mittelteil getragen, einer Adaption des frühindischen Zaun-
~I
pfeilers als Verandasäule, wie sie sich in der Veranda des Vihäras Nr. 19 in Näsik aus der Zeit des dritten Sätavähana-Fürsten Km1a erhalten haben.
Vihära Nr. 6, Untergeschoß
Die sechzehn Säulen im unteren Stockwerk der Höhle Nr. 6 stehen den Pfeilern der frühen CaityaHallen noch sehr nahe. Sie repräsentieren eine Zeit des Suchens nach Bereicherung der überkommenen Formen. Die achtkantigen, sich leicht verjüngenden Pfeiler ruhen ohne Basis auf dem Boden. Das obere Viertel des Schaftes wurde sechzehnseitig abgefast und trägt mit einem schmalen, zweigliedeigen Kämpfer das im Felsgestein imitierte Gebälk der Höhlendecke.
Die beiden Säulen vor der Kultbildcella, die vermutlich erst in einer späteren Bauphase in das schon bestehende Vihära eingefügt worden ist, haben dagegen schon eine verhältnismäßig komplizierte Gestalt, die die weitere Entwicklung in Ajal)~ beeinflußt bat. Über einem hohen quadratischen, im oberen Teil achtkantigen Sockel erhebt sich ein kanneliertes, vasenartiges Element, das unter der Last der Höhlendecke zu federn scheint. Ein nach einer indischen Frucht, der es formal ähnelt, benanntes >>Ämalaka<<-Kissen, das hier die Rolle der ehemaligen Lotosglocke übernommen hat,
und drei vorkragende Kämpferblöcke leiten sich von ähnlichen Kapitellgliedern in den Höhlenklö·stern der Sätavähana-Zeit (2. Jahrhundert) im WestGhät-Gebiet her.
Die Väkäfaka-Säule
Auch die Säulenordnung der Väkä~:aka-Zeit, die in allen Höhlen verwendet wurde, die etwa zur gleichen Zeit wie die beiden inschrifHich datierten Vi
häras Nr. 16 und Nr. 17 entstanden sind, knüpft an ältere Lösungen an. In ihrer Grundform geht sie 39 auf den unverzierten achtkantigen Pfeiler zurück,
der mit einem weit ausladenden Kragstein bekrönt worden ist. Abgewandelte Beispiele dieser Säule stehen auf einem quadratischen Basisblock oder einer runden, mehrgliedrigen Basis. Im Vihära Nr. 16 stehen Väkätaka-Säulen in der vorderen Reihe des inneren Säulenquadrats, die seitlichen und hinteren Pfeiler aber verzichten auf das Kapitell.
Der Kragstein einer Väkäfaka-Säule ruht auf einem quadratischen Block, der zum achteckigen Grundriß des Schaftes überleitet. Seine zur Höhlendecke geschwungene Unterkante ist mit kleinen, querliegenden Rollen verziert, die auf der Ansichtsfläche als Kreise oder Spiralen stilisiert worden sind.
Besonders reich verzierte Säulenpaare hinter dem Eingangsportal und vor der Cella heben in
den Vihäras Nr. 16, Nr. 17 und Nr. 4 den Weg der 41
Gläubigen bei der Verehrung des Buddhabildes in der Cella architektonisch hervor. Ihr Kragstein ist mit Reliefszenen geschmückt, eine Ranke oder ein anderes Ornament zieren den quadratischen Block. Der Säulenschaft wurde in diesem Fall vertikal in sechzehn- oder zweiunddreißig-kantige Zonen gegliedert und mit Ornamentbändern verziert.
Sonderformen der Väkäfaka-Zeit
Zwei Väkätaka-Vihäras weichen vom üblichen Säulenschema ab und führten zu Kontroversen in der Frage ihrer Datierung. Vier achtkantige, sich verjüngende Pfeiler auf einer mehrgliedrigen, schräg gestuften Basis gliedern die Halle des Vihäras
Nr. 11. Ihre Vasenkapitelle wirken verhältnismäßig 37
altertümlich und erinnern formal an Säulenformen der Sätävnhana-Zeit. Die Väkätaka-Säulen der Veranda datieren diese Höhle aber zweifelsfrei in das letzte Viertel des 5· J ahrhunderts.
27, 28
Aja~ !ii, Höhle Nr. 9, Fassade und Innenansicht
29 AjaJ)fii, Höhle Nr. 10,
Wölbung des rechten Seitenschiffes
30
Aja~!ä, Höhle Nr. 1 2, Innenansicht
31
6 Fassade, - Höhle Nr. ' • Ajarna, d Untergeschoß
Ober- un 32
ß Cella-Buddha 6 Obergescho • , - Höhle Nr. • Ajai)!U,
33
Aia•nä, Höh le Nr. 16, Verandaportal 34
Aj al)~ä. rlöhlc Nr. 16, Gandharvas an einem Kragsteinkapitell
35
Aja~!ä, Höhle Nr. 7,
Eingangspavillon
36
AjaQ{ä,
Höhle Nr. 7,
Vorcella und Cella
37
Ajal)~ä. Höhle Nr. ' ' ·Säule der inneren Halle
38
Ajal)~ä. Höhle Nr. 4, Ga1igä vom Vcrandaporml
39 Ajal)~ä. Höhle Nr. 4, Verandasäulen
40 Aja1)tä, Höhle Nr. 4, Cellaportalund Cella
41
Aj nQ!ii, Höhle Nr. 4, Väkä~ka-Säulc der inneren I lalle
42,43 Ajat)!ä, Höhle Nr. J, Verand.1ponal (Gesamtansicht und Detail)
35 Die vier Portikussäulen des Vihäras Nr. 7 sind
ähnlich wie die Cellasäulen im Untergeschoß des
Vihäras Nr. 6 gebildet. Sie wirken typologisch sogar noch älter, da das untere Vasenelement des Kapi
tells wie eine aufrechtstehende Lotosglocke gestal
tet worden ist und das Kapitellglied über dem
Ämalaka wie der geschwungene Rand eines Gefä
ßes aussieht, dessen Körper das Ämalaka-Kissen
bildet. Aber auch in diesem Fallläßt die VäkätakaOrdnung der inneren Portikussäulen keinen Zwei
fel an der Datierung dieser Höhle in das letzte
Viertel des 5· Jahrhunderts.
Die AjaQ~ä-Säule
Spricht man von der Pracht und von der architek
tonischen Schönheit der Klöster von AjaQtä, dann denkt man unwillkürlich zuerst immer an die reich
geschmückten Säulen, die die künstlerische Wirkung
53 der Vihäras Nr. I und Nr. 2 oder der Caitya-Hallen
67 Nr. 19 und Nr. 26 bestimmen. Sie sind so einmalig
in ihrer Ausgewogenheit und so charakteristisch für
AjaQ~ä, daß es nicht abwegig erscheint, sie mangels einer inschriftlichen Verbindung mit einem Herr
scher oder einer Dynastie im Gegensatz zur Säule
der Väkätaka-Zeit »AjaQ~ä<<-Säule zu nennen.
Die Säule der Väkä~aka-Zeit wirkt, vor allem im Höhleninneren, verhältnismäßig schlank und
hochragend. Mit ihrem breiten Kragsteinkapitell
stemmt sie sich kräftig gegen die Last der Höhlen
decke. Die AjaQ~-Säule dagegen ist schwer und erdgebunden. Eng gereiht bietet sie ein sicheres
Fundament für die auf ihr ruhenden Felsmassen.
74 Die Ajal)~ä-Säule knüpft an die verzierten Son-
44
derformen der Väkä~aka-Säule an. Während diese aber ihre Herkunft vom achtseitig abgefasten Pfei
ler nie verleugnet, wirkt der Schaft der AjaQ~Säule durch den schnellen Wechsel vielkantiger
Ornamentzonen im Prinzip rund. Das ist zwar nur
Aj~Q!ä, Höhle Nr. 'l· Verandaportal
eine Augentäuschung, denn auch die AjaQtä-Säulen
sind kantig kanneliert, aber die schmalen Facetten
mannigfaltiger vielkantiger Zonen nähern sich oft
schon einem kreisförmigen Querschnitt. Neu und charakteristisch für diese neue Säulenordnung ist
ein flaches Ämalaka-Kissen, das sich zwischen den
Schaft und den Kragstein schiebt, ein federndes Polster für die Last des Gebälks. Der Kragstein
lädt im Verhältnis zum Durchmesser des Schaftes
nicht mehr so weit aus wie in der Väkätaka-Zeit, wodurch sich der gedrungene Eindruck der Säule
noch verstärkt. Die Rollen der Väkätaka-Säule
werden aufgegeben; die Unterkante des Kragsteins beschreibt jetzt einen Viertelkreis und bleibt un
verziert.
Keine AjaQ~ä-Säule gleicht der anderen. Die
Steinmetzen waren unermüdlich, immer neue Va
riationen zu erproben. Besonders reich sind wieder
die mittleren Säulenpaare am Eingang und vor der Cella gestaltet, gelegentlich auch die korrespondie
renden Paare in den Seitenschiffen. Kannelierte Zo
nen, manchmal spielerisch als reines Schmuckmotiv
diagonal gezogen, wechseln mit Ornamentfriesen
65 und Schmuckbändern, die kostbaren Geschmeiden ähneln. Figuren in Hochrelief zieren manchmal die
Basis und das Ämalaka-Kissen oder schmiegen sich
dem Rund des Kragsteines an. In der Veranda des
45 Vihäras Nr. 2, am Portal der Caitya-Halle Nr. 19
67 und im Inneren der Caitya-Halle Ne. 26 wird das
einfache Ämalaka-Kissen durch ein Vasenmotiv mit kanneliertem Körper und Randprofil ersetzt,
das von den Portikussäulen des Vihäras Nr. 7 ab
geleitet ist.
Die Pün)agha~a-Säulc
Die typologisch und auch chronologisch jüngste
Säule von AjaQ~ greift das Vasenmotiv auf und
gestaltet es um zu einem »Gefäß des Überflusses«
75 (Püroaghata), dem indischen Äquivalent zum alten Füllhornmotiv. An die Stelle des Kämpfers tritt
ein Blattgehänge, das förmlich über den Rand der
Vase herauszuquellen scheint. Seine kantige Stilisierung ·verleiht diesem Kapitell eine blockhafte
F?rm, die harmonisch vom vielkantigen Querschnitt des Schaftes zum rechteckigen Kragstein oder manchmal auch direkt zum Gebälk überleitet. Von
einer neuen Säulenordnung kann man in diesem Fall kaum sprechen, da das neue Kapitell mit jeder Schaftform kombiniert werden kann. Als Bekrö· nung einer Verandasäule tritt dieses Kapitell erstmalig im Vihära Nr. 2.4 auf. Es wurde aber nicht 81
in Ajaotä erfunden, sondern schmückt zahlreiche Bauten der hohen Gupta-Zeit im nördlichen In
dien. Das älteste datierte Beispiel findet sich hier an den Portalsäulen des vi~eyuitischen Varäha-Tem· pels in Erän aus dem ersten Regierungsjahr des Hunnenfürsten ToramäQa (etwa 490 n. Chr.).
Die Cella-Säulen
Die Säulenpaare am Eingang einer Cella oder einer Kapelle besitzen eine eigene, vom Stil der Veranda
oder Innensäulen unabhängige Ordnung. Auch sie leiten sich von zonenweise horizontal gegliederten,
vielkantig abgefasten Pfeilern in den Vihäras Nr. 7 36 und Nr. 1 s ab, die im Laufe der Entwicklung durch neue E lemente bereichert werden. Die Baumeister der Väkä~ka-Zeit wählten als Kapitell für diese Säulen das Vasenmotiv, das wir in einer frühen Form schon im Untergeschoß des Vihäras Nr. 6 kennengelernt haben. Im Vihära Nr. I6 haben der Schaft und das kantig stilisierte Kapitell noch einen
quadratischen Querschnitt, im Vihära Nr. I7 leitet dann eine runde, in Fuß, Gefäßkörper und ge
wölbten Rand gegliederte Vase vom vielkantigen Schaft zum quadratischen Kämpferblock über. Die
endgültige Lösung tritt erst nach der Väkä~ka-Zeit auf. Der Kämpfer fällt fort, Schall und Kapitell nähern sich einem runden Querschnitt. Varianten dieser Säule kennzeichnen die einzelnen Phasen der Bautätigkeit in AjaQtä. Ein gutes Beispiel dafür
66
bietet das Vihära Nr. 2.1. Den Eingang der rechten Verandakapelle flankieren runde Cella-Säulen der 73 Nach-Väkätaka-Zeit. Die linke Kapelle dieser Ve
randa wurde ausgehöhlt, als eine Säule eingeführt worden war, die den Schaft durch einen reliefver- 58
zierten Block unter dem Vasenkapitell bereichert. Die Cella und die Kapellen in den Seitenschiffen 75
waren dagegen gerade im Bau, als das PürQaghata
Kapitell in AjaQtä eingeführt wurde, das im benachbarten Vihära Nr. 2.3 schon die Säulen beider 79 Verandakapellen und im Vihära Nr. 2.4 die Ve· 81
randasäulen selbst ziert.
Die Pilaster
Dort, wo in einer Veranda das Gebälk auf den
Seitenwänden zu lagern scheint oder wo im Inneren eines Vihäras die Tragbalken über den querlaufenden Säulenreihen in den Wänden verschwinden, deuten reich verzierte Pilaster das Widerlager an. Die Pilaster der Väkiitaka-Zeit verwandeln die abgefaste Stütze in einen flachen, im Mittelteil kan
nelierten Schaft Die Baumeister der folgenden Jahrzehnte greifen dagegen das Motiv des altbuddhistischen Zaunpfeilers auf, der schon im I. Jahrhundert n. Chr. in Näsik als Pilaster adaptiert
worden ist. Die Pilaster des Vihäras Nr. I sind unten mit
einem Lotostondo, oben mit einem Halbtondo ge- 56
schmückt. Ein Pflanzenornament füllt die Fläche zwischen dem Rund des Tondos und der Umrahmung. Wichtig für die weitere Entwicklung sind
das Volutenwerk des Ornaments und eine scheinbar unbedeutende Nebensächlichkeit, die Art, wie sich die Ränder einer zweiten Lotosblüte unter dem Rand der Tondi hervorzuschieben scheinen.
Mit den Pilastern des Vihäras Nr. 2. beginnt die schrittweise Bereicherung der Ornamentformen. 57
Der Blütenrand am Rand des Tondos hat sich jetzt zu einem Halbtondo entwickelt, unter dem ein neues kleines Blütenblatt sichtbar wird. Die Ran-
kenvoluten der Ornamentik streben wie Stalagmiten und Stalagtiten aufeinander zu. Lotosblätter füllen die Zwickel zwischen dem Tondo und den
Voluten. An den Ecken des Pilasterschalles sitzen jetzt kleine Gat;~a-Figürchen in anbetender Haltung.
Auf den jüngsten Pilastern von Ajat;~t:ä weiten sich das Halbtondo und das kleinere Tondo über
78 den Halbkreis aus. Bei den am reichsten geschmückten BeispieJen dieser Entwicklung im Vihära Nr. 24,
die sich in Aurangäbäd und Elürä fortsetzt, vervielfältigen sich die kleinen in mehreren Reihen gestaffelten Lotosblätter und Lotosblüten.
Die Portale
Die Vihäras der Mahäyäna-Epoche von AjaQtä besitzen jeweils zwei kunstvoll verzierte Portale, ein äußeres, durch das man von der Veranda in die innere Halle tritt, und ein inneres, das von der Halle in die Kultbildcella führt.
Die Portale der Väkätaka-Zeit sind noch verhältnismäßig schlicht gehalten. Zwei schlanke Dreiviertelsäulen, von Atlanten getragen, flankieren das
31 äußere Portal im Untergeschoß des Vihäras Nr. 6. 33 An den Verandaportalen der Vihäras Nr. I6 und
Ne. I7 treten flache Pilaster mit Vasenkapitellen an ihre Stelle. Über diesen Säulen oder Pilastern stehen die Bildwerke der Flußgöttinnen Gangä und Yamunä, Symbole ritueller Reinigung, die seit Beginn der Gupta-Epoche in Indien selten im Bau
schmuck eines buddhistischen Kloster- oder eines hinduistischen Tempelportals fehlen. Gelegentlich sitzen in dieser Zeit kleine Löwenfiguren auf den Schwellen der Portale. Das Gesims blieb in manchen dieser Höhlen unverziert und wurde anschließend mit figürl ichen oder ornamentalen Friesen bemalt.
Eine Abkehr von diesem strengen tektonischen Aufbau, aber gleichzeitig auch eine Bereicherung im ornamentalen Sinn bieten das Cellaportal des Vi-
36 häras Nr. 7 und das Außenportal des Vihäras Nr. 15. Unbekümmert um die tragende Funktion einer Stütze, die ja auch bei einer Portalrabmung im Prinzip nicht aufgehoben wird, ist der Pilasterschall hier durch Relieffelder ersetzt, die in Höhle Nr. 7 eine Vase und eine stehende männliche Figur, in Höhle Nr. I~ einen stehenden Buddha und zwei sitzende Buddhabilder enthalten. Der Atlant und das Vasenkapitell bleiben dagegen erhalten. Im Vi-
44 hära Nr. I~ wurde die architektonische Gliederung der Portalumrahmung zudem noch durch die Stilisierung des Türsturzes in der Form eines doppelten
Walmdaches unterstrichen. Diese Addition widersprüchlicher E lemente wirkt auf uns unlogisch, sie
zeigt aber, daß auch die architektonisd1en Glieder emer Portalgestaltung für die Künstler dieser beiden Portale nur Ornamentwert besaßen. Im Vihära Ne. 7 tritt an die Stelle des Walmdaches ein Fries von acht sitzenden Buddhabildern. Sieben weitere Buddhas schmücken das innere Gewände dieses Portals.
Mit dem Cellaportal im Untergeschoß des Vi-
24* häras Nr. 6 beginnt eine stilistische E ntwicklung, die an die alten Höhlen-Vihäras der Sätavähana-Epoche im Dekkhan und die frühen Bauten der GuptaZeit im Norden anknüpfl: und über Aurangäbäd und Elürä in die mittelalterliche indische Baudekoration überleitet. Das Portalgewände wird jetzt durch mannigfaltige Friese bereichert, der Türsturz ist als Tympanon gestaltet, in dem ein Buddha und zwei Begleitfiguren sitzen. Springende Löwen (Yälis), Makaras, aus deren Mäulern sich ein Ornamentband über die Portalöffnung zieht, fliegende Vidyädharas, die kleinen indischen Gottheiten der Weisheit, und weitere Personifikationen der beiden heiligen indischen Flüsse Gangä und Y amunä vervollständigen das Programm. Nicht ganz so kompliziert ist das Außenportal des Vihäras Nr. 20 gesraltet, bei dem sich das Ornamentband über der Portalöffnung teilt und in zwei Voluten herabrollt.
In den Jahrzehnten, die auf den Sturz der Väkä-
67
taka-Dynastie folgen, dominieren in Ajarnä reich geschmückte Portale. Die Gewände sind in mehrere Ornament- und Figurenstreifen gegliedert, die die Säule oder den Pilaster mit dem Gangä- oder 55
Yamunä-Bild umrahmen. Der Türsturz wird ähnlich durch waagerechte Schmuckbänder unterteilt,
an manchen Vihära-Portalen wird das Walmdachmotiv des Vihäras Nr. 7 übernommen. Als Ornament treten der Lotosblattfries, die Blattranke, die Blattvolute, der Rosettenfries und als Hintergrundmuster das Schnchbrettmotiv auf. Besonders reich wirken die Außenportnie der Vihäras Nr. 14 und
68
24 • CcllnportAI des
Vihiirns Nr. 6 von Aja~tii
Ne. 17 und das Cellaportal des Vihiirns Nr. 1. Bei diesen Beispielen wird die künstlerische Wirkung
durch mäanderförmige Bänder bestimmt, in deren Windungen oft Bodhisattva-Figuren stehen. Andere figürlich verzierte Portalfriese sind in Bildfelder
gegliedert, in denen Buddhabilder stehen oder in 42,
unterschiedlichen Aspekten sitzen. In manchen Portalen treten an ihre Stelle Mithuna-Gruppen, jene Menschenpaare der frühen indischen Kunst, die erstmalig in der Gautamiputra-Höhle in Näsik
aus dem 1. Jahrhundert im Programm einer Portalumrahmung auftreten.
77, 55, 42, 76
Die Kultbildkapellen
Alle Mahäyäna-Vilüiras von Aja(l~ä, mit Ausnahme
der Vihäras Nr. 23 und Nr. 24, d ie im rückwärtigen Teil nicht vollendet worden sind, besitzen in der
40 Hallenrückwand eine Cella, in der ein Buddhabild in Dharmacakramudrä, der Geste des Lehrcns, thront. Eine Ausnahme bildet möglicher-
36 weise der Cella-Buddha im Vihära Nr. 7, des
sen Arme abgebrochen sind. Den Bruchstellen nach streckte er vielleicht auch seine Rechte den Gläubigen in der Geste des Schutzgewährens (Abhayamudrä) entgegen. Beide Kultbildtypen sind uns in zahlreichen Beispielen aus der Ku~är)a- und GuptaPlastik Nordindiens bekannt.
40, Der Buddha sit'2t meist mit untergeschlagenen 32 Beinen (Padmäsana) auf einem Löwcnthron. Seine
Fußsohlen liegen im Schema nordindischer Kultbilder Ferse an Ferse im Schoß. Nur in den Vihäras Nr. 16, Nr. 20 und Nr. 22 und am S'tüpa der Caitya-Halle Nr. 26 sitzt er mit herabhängenden Bei-
63 nen (Pralambapadäsana), dem sogenannten >>europäischen« Sitz. Je nach dem Kompositionsschema -umschriebenes Trapez, gleichseitiges oder aufsteigendes gleichschenkliges Dreieck - wirkt sein Körper untersetzt und gedrungen, breit gelagert oder schlank aufragend. Der Buddha von Ajal)~ä wirkt auf den ersten Blick unbekleidet. Der Faltenwurf einer den Körper umhüllenden Mönchsrobe, wie er in der Mathurä-Schule des Nordens üblich war, wurde in Ajal)tä bewußt vermieden. Wie in der Schule von Särnäth ist das Gewand nur an den Säumen zu erkennen, die sich kaum sichtbar vom Körper abheben. Ein kreisförmiger, gelegentlich auch breit ovaler oder mandorla-artiger Nimbus
führt den Blick des Betrachtcrs auf das ausdrucks
volle Haupt. Der Buddha scheint den Gläubigen in milder Läuterung freundlich anzublicken, in anderen Fällen aber in tiefer meditativer Versenkune
zu verharren. Der Thronsitz ist unter den Füßen des Buddha
mit dem Dharmacakra geschmückt, dem buddhistischen »Rad der Lehre<<, das von zwei Gazellen flankiert wird. Dharmacakra, Gazellen und die
Lehrgeste des Kultbildes symbolisieren die >>erste Predigt« des Buddha im Gazellenpark von Särnäth, mit der der Buddha nach seiner Erleuchtung das Rad der buddhistischen Lehre in Bewegung setzte. Neben diesem Symbol oder dieser Symbolgwppe knien oft anbetende Gestalten, Männcr und Frauen, die als Stifter gedeutet werden. In den Vihäras der Väkä~aka-Zeit symbolisieren kleine Löwenfiguren den Löwenthron. Die Seitenlehnen des Thrones sind meist mi.t emporstrebenden geflügelten Löwen (Yälis) verziert, über denen die Köpfe krokodilartiger Fabelwesen, der Makaras, ihre Mäuler aufreißen. Yälis und Makaras sind oft mit spielenden oder fliegenden kleinen Gnomenfiguren kombiniert.
Der thronende Buddha wird meist von zwei
männlichen Begleitern im reichen Schmuck eines indischen Prinzen flankiert, die Flicgenwedel (Cauri)
in den Händen halten. Diese Cauri-Träger oder weitere Begleiter an ihrer Seite werden manchmal durch eine Lotosranke oder einen Donnerkeil (Vajra) als die Mahäyäna-Bodhisattvas Padmapä!Ji (Avalokite5vara) und Vajrapä!Ji charakterisiert, die dem Buddha in Ajar)~ä noch dienend untergeordnet sind. Zu Häupten des Buddha fliegen buddhistische Genien (Vidyädharas), die die Weisheit der buddhistischen Lehre verkörpern.
Elurä
Etwa 100 Kilometer südwestlich \On Ajal)~ä und 20
Kilometer nordwestlich der Distriktstadt Aurangä-
bäd liegt Elürä, neben Ajal)~ und Elephanta der
berühmteste Ort indischer Felsbaukunst. ln dem nach
Westen steil abfallenden Hang einer Hochfläche, der
sich in einer Ausdehnung von etwa 2 Kilometern
von Nord nach Süd erstreckt und an den Enden
jeweils nach Westen einbiegt, haben Buddhisten,
Jainas und Hindus Höhlenklöster und Felstempel 63•
in den anstehenden Fels gegraben. Zwischen den
Höhlen Nr. I l und Nr. 16 und über die buddhisti-
sche Höhlengruppe hinweg erklimmt ein alter Han
delsweg die Hochebene, der von den Seehäfen der
Westküste über Näsik und Elürä in das Hochland
des Dekkhan führt.
Für Elürä gibt es keine so romantische Entdek
kungsgeschichte wie für die Höhlenklöster von
AjaJJ~. Die Höhlen von Elürii sind in Indien im
mer bekannt gewesen. Mittelalterliche Inschriften,
die Berichte arabischer Geographen und Historiker
und die frühen europäischen Reisenden preisen sie
als Beispiele unvergänglicher indischer Kunst. Es
gibt aber im Zusammenhang mit den Felsbauten von
Elürä ein Dokument ungewöhnlicher religiöser To
leranz. Eine mittelalterliche Urdu-Handschrift be
richtet, Sultan Hasan Gangu Bahmani habe im
Jahre f3l2 die Wege zu den einzelnen Höhlen
herrichten lassen, weil er mit seinem Hofstaat für
eine Woche in Elürä sein Lager aufschlagen wollte,
um die Kunstwerke der Elürä-Tempcl ausführlich
zu betrachten und zu genießen. Ungewöhnlich des
halb, weil die frühen mohammedanischen Eroberer
sonst nicht gerade zimperlich mit den Tempeln und
Götzenbildern der Ungläubigen umzugehen pfleg
ten. Zahlreiche Hindu-Tempel wurden in Indien
70
rücksichtslos zerstört und aus ihren Spolien Mo
scheen errichtet. In Bämiyän in Afghiinistan zer
trümmerten Kanonenkugeln die Köpfe der berühm
:en Buddhakolosse, um dem Glauben der Moslems
an den einzigen Gott Geltung zu verschaffen.
Die buddhistischen Klöster
Im südlichen Abschnitt des Felsabhangs von Elürä,
südlich des erwähnten alten Ghä~-Wegcs, haben
die Buddhisten etwa seit der Mitte des 6. Jahrhun
derts n. Chr. elf zum Teil mehrgeschossigc Vihära
beliehungsweise Kultbauten und eine Caitya-Halle
aus dem Fels geschlagen. Der Archaeological Survey
of India bat in den achtziger Jahren des 19. Jahr
hunderts die einzelnen Höhlenkomplexe von Elürä
von Süden nach Norden numeriert; wie in Ajal)~
stimmt diese topographische Zählung aber nicht mit
dem Bauablauf überein.
Das vermutlich älteste buddhistische Vihära
(Nr. 1) liegt am äußeren Rand der Felskante, dort,
wo der Abhang nach Westen einbiegt. Leider fehlen
in dieser Höhle Säulen und Elemente der Bauor
namentik, die Aussagen zur relativen und absoluten
Chronologie gestatten würden. Daher ist der Zeit
punkt, an dem sich Buddhisten in Elürä nieder
ließen, kaum zu bestimmen. Im dritten Viertel des
6. Jahrhunderts folgen dann die Höhlen Nr. z, Nr. 4
und auch Nr. 6, im letzten Viertel die Höhle Nr. 3
und in der ersten Hälfte des 7· Jahrhunderts die
Höhle Nr. l· Diese Daten sind von den Entwick
hangsstufen der Bauornamentik abgelesen.
Die Bautätigkeit in Elürä beginnt also in einer
Zeit, in der in Ajal)j:.'i die jüngsten Vihäras im Bau
waren, und setzt dann die Tradition der buddhisti
schen Klosterbaukunst fort. Um die Mitte des
7· Jahrhunderts wurde mit dem Aushöhlen der Cai
tya-Halle Nr. 10 begonnen. Die Caitya-Halle
steht also nicht am Beginn, sondern am Ende der frühen Entwicklung in Elürä. Höhle Nr. 7,
d ie unter dem Vihära Nr. 6 liegt, mag das
letzte Vihära der älteren Gruppe in Elürä sein ;
von ihren geplanten zwölf Mönchszellen sind nur
noch zwei vollendet worden. Höhle Nr. 8, neben Höhle Nr. 7 ebenfalls unter dem Vihära Nr. 6 aus
gehöhlt, schließt sich in ihren Bauformen an zeit
genössische hinduistische Tempel von Elürä an und mag in diesem Bereich die jüngste Anlage sein.
Die Hindus, die im mittleren Abschnitt des Felsabhangs inzwischen ihre Höhlentempel in den Fels
gruben, haben die Buddhisten weder behelligt noch
•
25* Grundriß der Cnitya·Halle Nr. 10 von Elür3
vertrieben. Die buddhistischen Klöster erfreuten
sich großen Zuspruchs, und im 8. Jahrhundert reichten ihre Klosterbauten sogar nicht mehr aus. Im
Norden der Caitya-Halle Nr. 10 errichtete man in
dieser Zeit die beiden monumentalen, dreigeschossigcn Klosterhöhlen Nr. 11 und Nr. 12.
Die Caitya-Halle
&Visvakarmä-Höhle« nennt der Volksmund die 25* Höhle Nr. 10 von Elürä, weil einheimische Zim
merleute im 19. Jahrhundert den Buddha als Bild
ihres Patrons, des göttlichen Architekten und Künstlers Visvakarmä, verehrten. Sie ist die jüngste
Caitya-Halle auf indischem Boden und führt den
Typus der Mahäyäna-Caitya-Hallen von AjaQ~
zur Vollendung. Ihre Maße- 26 Meter Länge, 13
71
26* Grundriß der Höhlen Nr. z bis Nr. 4 von Elürä
Meter Breite und 10 Meter Höhe - entsprechen den Werten der großen Caitya-Halle Nr. xo von Ajaotä, in ihrer archi tektonischen Gestaltung und ihrem plastischen Schmuck geht sie weit über Ajao~ä hin-aus. 28 Stützen, sparsam verzierte, achtkantige Pfei-ler mit Kragsteinkapitellen, ziehen sich um den Stüpa und gliedern den apsidalen Langraum wie
üblich in ein überhöhtes Mittelschilf und zwei Seitenschiffe. Drei Portale in der Schaufassade boten Zugang für die den Stüpa verehrenden Gläubigen. Über einem mehrzonigen, figurenverzierten Triforiumsfries steigen die steinernen Rippen der Tonnenwölbungdes Mittelschiffes empor. Die s·eitenschilfe sind auch hier flach gedeckt. D em hochragenden Stüpa in der Apsis ist eine Kultbildnische vorgeblendet, in der der Buddha mit herabhängenden Beinen (Pralambapadäsana) zwischen zwei Bodhi- 116 sattvas thront. Die mit Figurennischen geschmückte Brüstung eines die Höhlenfront überspannenden Balkons verbirgt Teile der Fassade, die das alte 82
Schema der Dekoration einer Caitya-Halle variiert und übersteigert. Nur noch das obere Rund des Caitya-Bogens, neben dem an beiden Seiten jeweils drei Genien schweben, gewährt dem Sonnenlicht 118
Zutritt in das Innere. Der sehr breit gezogene untere Teil des Sonnenfensters dagegen wird über einer Fensterfront durch eine in Stein imitierte Balkenlage geschlossen. Zu beiden Seiten des Caitya-Fenstcrs bergen säulenflankierte Nischen mit reich verzierten Giebeln Kultbilder des MahäyänaPantheons. Verglichen mit den horizontal und ver
tikal ausgewogenen Fassaden der Caitya-Hallen in Ajaotä wirkt die Fassade der Caitya-Halle von Elürä breit und gelagert. Den offenen Hof vor der Caitya-Halle umgrenzen Säulengalerien, über denen sich der Balkon der Eingangsfront entlangzieht. Kleine Kapellen und zwei Doppelzellen öffnen sich auf diesen Balkon, der über eine Steintreppe im nördlichen Flügel zugänglich ist.
Die Vihäras
Drei Klosterhöhlen von Elürä knüpfen in ihrem Grundriß an die großen Vihäras von AjaQt<"i an. Vihära Nr. I, ein säulenloser, etwa 12,5 mal 13
Meter großer Raum mit jeweils vier Mönchszellen an der Rück- und an der südlichen Seitenwand, war möglicherweise der Wohnbereich für die Kulthöhle
26* Nr. 2. Seine Veranda ist bis auf eine Säule am
südlichen Ende eingestürzt. Vihära Nr. 3 vertritt
den Typus der quadratischen (14 mal 14 Meter) Zwölfsäulenhalle mit jeweils fünf Mönchszellen an
den Seitenwänden und einer von zwei Mönchszellen flankierten Kultbildcella an der Rückwand. Von
93 den Stützen des Säulenquadrats sind mehrere nur
27* Grundriß der Höhlen Nr. 8
und Nr. 7 von Elürä
roh aus dem Fels geschlagen, aber nicht weiter aus-
27* gearbeitet worden. Vihära Nr. 7 war als Hofhaus
Vihära (15,5 mal 13 Meter) mit vier Stützen ge
plant. Von den zwölf Mönchszellen sind aber nur zwei an der Rückwand fertiggestellt worden.
Die anderen beiden Vihäras der älteren bud
dhistischen Höhlengruppe von E lürä besitzen eigene
28* Grundriß der Höhlen Nr. 9 und Nr. 6 von Elürä
Wesenszüge. Das dreiräumige Vihära Nr. 6 besteht 28•
aus einer 8 mal r 3 Meter großen zentralen Halle,
die sich an den drei Innenseiten in weitere Räume
öffnet. Im Osten führt ein Säulenportal in die Kult- 92
bildcella, im Norden und Süden in 8 mal 9 Meter große Klosterräume mit sechs beziehungsweise drei
Mönchszellen an den Innenwänden. Weitere Zellen
im südlichen Raum sind nicht mehr ausgeführt
worden. An den nördlichen Raum schließt sich im
Westen eine Kapelle mit einem Buddhabild und
weiteren Gestalten des Mahäyäna-Pantheons an,
die gesondert als Höhle Nr. 9 gezählt worden ist. 95
29* Grundriß der Höhle Nr. s von Elürä
74
Mit etwa 9 mal 18 Meter Grundriß ist das Vi
hära Nr. 5 von Elürä das größte Klostergebäude 29*
dieser Gruppe. Ein Säulenrechteck von zehn Säulen
Tiefe und vier Säulen Breite gliedert die Halle in 115
zwei schmale Seitenschiffe und einen breiten Mittel
raum, in dem sich in einer Flucht mit den mittleren
Säulen der Schmalseiten zwei lange Steinbänke in
die Tiefe ziehen. Vermutlich dienten diese Bänke
als Si~zgelegenheit bei Versammlungen der in die-
ser Höhle residierenden Mönchsgemeinde. Eine
Kultbildcella und Relieffelder füllen die Rück
wand der Höhle aus. An den Langseiten öffnen
sich 19 Mönchszellen und eine Kultbildkapelle in die Halle, die sich in der Wandmitte um größere, durch Säulenportale zugiingliche Nebenräume herumziehen.
Die Kulträume
Obwohl sie formal einem Vihära ähneln, 26• können die Höhlen Nr. 2 und Nr. 4 nur
rein kultischen Zwecken gedient haben, denn sie besitzen keine Mönchszellen. Höhle Nr. 4 besteht aus einer etwa IO,j
mal 12 Meter großen Halle, die sich an der Rückwand durch ein Säulenportal in eine von zwei Zellen flankierte Kultbildcella öffnet. Höhle Nr. 2 entspricht in ihrem Grundriß einem Hofhaus-Vihära mit einer I falle von 14,5 mal 14,5 Metern, einem Stützenquadrat von zwölf Säulen und einer Kultbildcella, die von zwei Doppelzellen flankiert wird. An die Stelle der Mönchszellen eines Vihäras treten Säulengalerien an den Seitenwänden, hinter
89 denen die Gläubigen Kultbilder des buddhistischen Pantheons verehren konnten.
21• In Höhle Nr. 8 hebt ein Säulenviereck in der Mitte der länglichen Halle (etwa 8,5 mal 7,5 Meter) eine geschlossene, wie in einem Hindu-Tempel frei im Raum stehende Kultbildcella hervor, die durch Umwandlung verehrt werden konnte. An der Nordwand der Höhle ziehen sid1 sechs Mönchszellen entlang, wohl der Wohnbereich einer in sich geschlossenen Sekte.
Die späten Höhlen
Im Norden der Caitya-Halle Nr. 10 liegen die beiden jüngsten, dreigeschossigen buddhistischen Klosterhöhlen Nr. 11 und 30• Grundriß der drei Stockwerke der Höhle Nr. 1 1 'on Elürä
75
Nr. xz, auch :>Do Thai« und »Tii) Thäl« genannt.
Das Untergeschoß der Höhle Nr. II lag lange Zeit
im Schutt verborgen, und man hielt sie ursprüng-
lich für eine zweistöckige Anlage (do =zwei, tiJ)
= drei) . Beide Höhlen sehen sich sehr ähnlich, seit
dem die indische Denkmalpflege die fehlenden Ve
randapfeiler durch gleichartige vierkantige Stützen
mit breitem Kragsteinkapitell ersetzt hat, zwischen
denen die erhaltenen echten Pfeiler optisch ver- 126
schwinden. Ihre breit gelagerten Fassaden werden
durch den gitterartigen Effekt der jeweils dreimal
acht Verandastützen beherrscht. An der Rückwand
jeder Veranda öffnen sich die Fenster und Portale
des jeweiligen Stockwerks.
Höhle Nr. 1 I ist ein reiner Kultbau, der in al- 30*
Jen drei Stockwerken unvollendet geblieben ist. Im
Untergeschoß öffnen sich in der Mitte der etwa
31 Meter breiten Veranda eine Kultbildcella, im er-
sten Obergeschoß drei Kultbildkapellen direkt in
die Veranda. Im dritten Geschoß liegt hinter der
Veranda eine etwa 31 mal 6,5 Meter große Halle,
durch die ein Säulengang von dreimal zwei Pfeilern
zur Kultbildcella führt. Von geplanten Zellen und
Nebenkapellen sind nur die Kultbildkapelle am
Nordende der Hallenrückwand und eine Zelle an
der südlichen Schmalseite der Veranda ausgeführt worden. Die Kultbildkapellen enthalten Buddha
bilder in verschiedenen, durch ihre Handhaltung
31 * Grundriß des unteren Geschosses der Höhle Nr. 12 von Elürä
31 n* Grundriß der beiden oberen Stodwcrl.c der llohlc !';r. tz \'On Elüdi
77
(Mudrä) charakterisierten Aspekten und zahlreiche Bodhisattvabilder. Ob jede Sekte der MahäyänaBuddhisten einen eigenen Kultbildtypus besaß oder
ob die Gläubigen bei langsamem Schreiten durch die verschiedenen Geschosse der großen Ereignisse aus dem Leben des Buddha gedachten, bleibt ungewiß.
In Höhle Nr. 12 sind das Erdgeschoß und das 31*
zweite Stockwerk durch jeweils zwei Säulenreihen
gegliedert und als Vihäras mit Mönchszellen und komplizierten Kultbildkapellen ausgeführt. Das Mittelgeschoß besteht aus einer ~j mal I9,j Meter
großen Halle, die durch vier Reihen von je acht Pfeilern in vier zur Veranda parallele Schiffe geteilt wird. In der Mitte der Rückwand liegt die Hauptcella mit einer von zwei Pfeilern flankierten Vor
cella. Rund um die Wände der Halle sowie auch der Vorcella und der Hauptcella reihen sich Kultbildnischen mit Bildwerken des Mahäyäna-Pan
theons.
Die hinduistischen Höhlentempel
Wendet man sich am Felsabhang von Elürä auf dem alten Ghä~-Weg wieder nach Norden, dann
beginnt etwa 40 Meter vom buddhistischen Vihära Nr. 12 entfernt mit Höhle Nr. 14 die Reihe der sechzehn großen hinduistischen Höhlen- und Felstempel, die mit wenigen Ausnahmen von Verehrern des Gottes Siva aus dem Fels gehöhlt worden sind.
Für AjaQ~ä kann man die relative Chronologie der einzelnen Vihäras aus der logischen Entwicklung der Grundrisse und der Bauformen ablesen.
In Elürä ist die Variationsbreite der Einzelformen dagegen so vielgestaltig und komplex, daß es abgesehen von den Säulenformen und vor allem von der Bauornamentik nur wenige typologische Hinweise auf Entwicklungsstufen und chronologische Zusammenhänge gibt. Die buddhistischen Klöster
repräsentieren auch in Elürä eine geschlossene Bautradition, schwieriger ist die Frage dagegen bei den
hinduistischen Kultbauten. Sie entstanden in einer Zeit reger hinduistischer Bautätigkeit im ganzen Land und spiegeln oft Tendenzen wider, die im Bereich des Freibaus entwickelt worden sind. E in
buddhistisches Kloster dürfle sich im Freibau wenig von einem Höhlenkloster unterschieden haben, dem
hinduistischen Höhlentempel steht dagegen der freigebaute Tempel gegenüber, ein Bautypus, der die Akzente auf das Äußere setzt. Daher wird man mit einer Analyse der Bauformen in Elürä kaum
über die typologische Zusammenstellung verwandter Höhlentypen hinauskommen. Unglücklicherweise gibt es auch in Elürä nur wenige sichere Da
tierungen. Höhle Nr. I j wird durch eine Rägrakü~Inschrifl in das 8. Jahrhundert datiert. Der Kai
läsanätha-Tempcl (Nr. 16) wurde nach inneren Anhaltspunkten in jüngeren Rägraküta-Inschrifl:en bald darauf begonnen. Aber Tempel Nr. 16 ist ein Freitempel, der seinen Bauformen nach, auch wenn er undatiert wäre, in enger Verbindung mit den Cä!ukya-Tempeln in Pa~tadakal aus der Mitte des
8. Jahrhunderts steht. Für die Chronologie der Höhlentempel in Elürä ist aber mit diesem Datum nicht viel gewonnen. Geht man allerdings weiter und be
zieht die Säulentypen, die Reliefplastik und vor allem die Bauornamentik in die chronologische Untersuchung ein, dann ergeben sich verhältnismäßig sichere Anhaltspunkte für die Reihenfolge des Bauablaufs im hinduistischen Höhlenkomplex von Elürä, die im Kapitel über die Ornamentik ausführlich dargelegt werden. Bei aller Vielfalt der
Formen lassen sich aber die hinduistischen Höhlentempel von Elürä auch von der Bauform her auf
drei Grundtypen zurückführen : Bauten, die sich von einer Höhlenveranda herleiten lassen, Tempel, die den Grundriß eines Hofhauses mit innerem Säulenquadrat modifizieren, und Höhlentempel, die direkt vom zeitgenössischen Freibau abgeleitet wer
den können.
32• G runJriß des Höhlcntcml'cls N r. z6 \•on Elürii
Der Veranda-Typus
Wohl der älteste hinduistische Höhlentempel von
32• E lürä ist der Tempel Nr. 26, d ie Janwasa-Höhle,
die etwa im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts noch vor oder gleichzeitig mit den ersten buddhistischen
Vihäras ausgehöhlt worden ist. In Ajaotä wurde in dieser Zeit noch an der Höhle Nr. 23 gearbei
tet. Der Tempel besteht aus einer 22 mal 7 Meter
86 großen verandaartigen Halle mit vier Säulen und
zwei Pilastern, die in ihrer Grundrißgestaltung an
das Vihära Nr. 7 in Aja~;~~ä erinnert. Allerdings fallen bei einem Hindu-Tempel die Mönchszellen
eines buddhistischen Vihäras fort. An den Schmal
seiten der Veranda führen Stufen in zwei höher lie
gende Räume mit Säulenportal. In der Mitte der
Hallenrückwand öffnet sich ein breites Säulenportal
direkt in eine geräumige Cella, in der eine Kult
kapelle (Garbhagrha) mit dem Lirigam des Gottes
Siva steht. Ein breiter Prozessionspfad gestattet
1~: den Gläubigen, im kultischen Ritus das Allerhei-109, ligste zu umwandeln. Das Höhleninnere ist noch
;~;: sparsam verziert. Der figürliche Schmuck beschränkt 1 t 1 sich auf Frauenfiguren an den Cellapilastern und
33* Grundriß des Höhlentempels Nr. z1 von Elürä
auf die Dvärapälas des Kapellenportals. Die Rä-
33*me5vara-Höhle (Tempel Nr. 2r), ein Höhlentem
pel aus dem ersten Viertel des 7· Jahrhunderts, ver
körpert den gleichen Bautypus im reichen Schmuck figürlich verzierter Verandasäulen und zahlreicher
Relieffelder im Höhleninneren und in den Seiten
räumen. Die 21 mal 7,5 Meter große Halle und die
Seitenkapellen sind im Grundriß im Vergleich zur Höhle Nr. 26 proportional gestrafft. Vor der Ve-
110 randa wurde ein Hof aus dem Fels geschlagen, in
106 dem ein Pavillon mit dem Stier Naodi steht. Dieses
Rundbild des Reittieres (Vähana) des Gottes Siva
fehlt seit dem 7· Jahrhundert vor keinem Tempel der Sivaiten. Die Nordwand dieses Vorhofes hat
man als Kultraum mit einem Doppelsäulenportal
79
gestaltet, an der Südwand reihen sich wieder Reliefszenen aus der Legende des Gottes Siva.
Den gleichen Bautypus vertreten die beiden Höhlentempel Nr. 18 und Nr. 27 aus dem späten 34*,
7.}ahrhundert mit einer 13,5 mal 6 Meter bezie- 35* hungsweise 16 mal 6,5 Meter großen Haupthallc. Bei beiden Höhlen wurde auf die Säulenportale an den Verandaenden verzichtet. An die Stelle einer Kultb ildkapelle mit freistehendem Lirigam-S.chrein
35* des Höhlentempels Nr. 27 von Elürä
So
34* Grundriß der
Höhlentempel Nr. 17 und Nr. 18 von Elürii
tritt in diesen beiden Höhlen die schon aus den Vihäras von Ajaotä bekannte Form eines Allerheiligsten mit einer Vorcella, in dem in Höhle Nr. rS ein Siva-Lirigam und in Höhle Nr. 27 eine altarartige Steinbank steht, die vermutlich als Unter-satz für ein transportables Kultbild gedient haben wird. Reste einer Grundierschicht an den Wänden deuten darauf hin, daß Tempel Nr. 18 wie die Ajaotä-Vihäras ausgemalt gewesen ist. Im geräumigen Hof dieser Höhle befindet sich statt eines
Nandi-Pavillons eine abgetreppte, quadratische Vertiefung, die als Altar für Feueropfer gedient haben dürfte. Höhle Nr. 27 war der Reliefplastik 120
nach ein Tempel für den Gott Vi~ou. Sie besitzt als einzige Höhle in Elürä eine Verandawand zwischen den Verandasäulen und der Halle, die von einem Portal und vier Fenstern durchbrechen wird. Der unregelmäßige Grundriß der zellenartigen inneren Räume läßt vermuten, daß auch dieser Tem-pel nicht endgültig vollendet worden ist.
45 Aja(l~ä. Höhle Nr. 19, Fassade
46
Aja~1ä, Höhle Nr. ' 9· Buddhabilder der Fassade
47 Aj a~tä. Höhle Nr. 19,
Ornamentfriese der Fassade
48 Aja~tä, Höhle Nr. 19, Dvärapäla der Fassade
49 Aja1_11ä. Höhle Nr. 19,
Nägaräja und Gemahlin
so Ajm)~ä. Höhle N r. 19,
Säule der inneren Ha lle
;I
.\jaQtä, Höhle Nr. 19,
Triforiumfries
52 :\jar.1~ä. Höhle Nr. 19,
·,,foriumfrics der Apsis
53
Aja~~ä, Höhle Nr. 1, Ajal)lä-Säulc der inneren Halle 54
Aja~!ä, Höhle Nr. 1, Gnndhnrvas von einem Säulenkapitell
55 Aja!J!ii, Höhle Nr. 1 ,
Gaitgä
vom Verandaportal
J~!ii. Höhle Nr. '• Verandapilaster
""'Q!ii. Höhle Nr. 2, Pilaster
58 (folgende Seite)
Aja•)!ä, llöhlc Nr. 2. Säulenportal der linken Verandakapelle
59 (iibernächstc Seite)
Aja~!ii, Höhle Nr. 2. Hiiriti und Piiöcib
60 Ajru)tä, llohlc Nr. z6, Fassade
61,62
AjaQI5, Höhle Nr. 16, Scitcnporml (Dcrail) und Fries der Verandabasis
63
A jll)tii, Höh le Nr. 26, Innenansicht
64, 65 Ajm)t5 . Höhle Nr. 26,
Triforiumfries und Säulenbasis
b
.'1. a~rä, Höhle Nr. 26, Versuchung des Buddha 67
Aja~rä. 1-{öhlc Nr. 26. Parinirvii•)a des Buddha
68 Ajal)!ä. Hohle 1'\r. 27, Gang:i vom mittleren Portal
69 Aja(ltä, Höhle Nr. n.
Mithun,\·Gruppc vom mittleren Pottal
-o AJa{lfii, llöhle Nr. 10,
Deckenkon<truktion
der Vernndn
71
l\ja~!11. I Johle Nr. zo, Vrk~3kä
eines V ernndaknpitells
Ajal).!ä.
Höh le Nr. 20,
Vorcell~
und
Cella
73 Aja~!ä. Höhle Nr. 11. Säulenport.•l der rechten Vcrnndakapel lc
7 4 (fol~tendc Scirc)
Aj~ry!ii, Höhle Nr. 2 1 . Ajn•)!ä-Säu lc der inneren Halle
75 (libemäch<re Seite)
Aja~!ä. Höhle Nr. 21, Säulenportal der linken Seitenschiffkapelle
76 Ajnl)~ä. Höhle Nr. 23. Verandaportal
77.Aja•)tii, Höhle Nr. 23, Gewände des Verandaportals und Pib,:,
~~~ii. Höhle Nr. 2), Säulcnponal der rechten Verandakapel le 80
Ajrugä, Höhle Nr. ·~. Verandafenster
36• Auch Tempel Nr. 20 läßt sich an diese Tempelgruppe ansdlließen. Der I I mal 9 Meter große Innenraum und die Cella sind in dieser aus dem späten 6. Jahrhundert stammenden Höhle miteinander
110 vereinigt. Durch das Zweisäulenportal der Veranda betritt man direkt den um die Kapelle mit dem Siva-Lingam geführten Prozessionspfad. Die beiden Räume mit Säulenportalen an der Nord- bzw. an der Südwand entsprechen dem Typus einer Veranda mit Kapellen an ihren Schmalseiten.
36* Grundriß des Höhlentempels Nr. 20 ' 'Oll Elürii
Der Hofbaus-Typus
Bei vier hinduistischen HöhlentempelA haben auch die Baumeister von Elürä den Grundriß eines altindischen Hofhauses auf seine Verwendbarkeit für einen hinduistischen Kultbau geprüft und adaptiert.
37• Tempel Nr. I4, die RävaQa-kä Khäi-Höhle, die etwa zu Beginn des 7· Jahrhunderts entstanden ist, lehnt sich verhältnismäßig eng an den Grundrißtypus des buddhistischen Vihäras Nr. 2. an. Die Veranda wurde durch eine Kolonnade von vier Säulen zwischen Pilastern vom Zwölfstützenquadrat
101 der I6,5 mal 26 Meter großen inneren Halle ge-schieden, in deren hinterem Teil eine freistehende
102, Kultkapelle die Möglichkeit der Umwandlung und
~~!: der Verehrung bot. Wie im Vihära Nr. 2 ziehen sich 105 an den Seitenwänden pilastergerahmte Relieffelder
entlang, die an der Südwand Legenden aus der
81
Aja~!ii, Höhle Nr. 24, Pürl)agha!a-Säule der Veranda
a fi Cl 111 t!l ·
ril • II Cl
~ !i.J 0 II
• 0 0 a
37' Grundriß des Höhlentempels Ne. 14 von E lürä
sivaitischen, an der Nordwand vorwiegend aus der
vi$Quitischen Mythologie illustrieren. 38* Im Tempel Nr. 19 war einer Cella mit einer frei
stehenden Li.igam-Kapelle eine ursprünglich in der Tiefe von 2 mal 4 und in d er Breite von 2 mal 6 Säulen getragene Halle vorgelagert. Die Höhle ist heute aber so beschädigt, daß über ihre weitere
38* Grundeiß des Höhlentempels Nr. 19 von Elücä
II3
Kapellen in den Seitenarmen. In dieses Schema
ordnen sich die Säulen des Stützenquadrats eines
Hofhauses ein. Ähnlich gegliedert, aber vereinfacht
und harmonisch gestrafft, ist der Grundriß der
Höhle Nr. 25 aus dem letzten Viertel des 7· Jahr- 40'
hu nderts, in deren Cella wieder statt eines Liilgams
eine altarähnliche Steinbank steht, auf der sich ver
mutlich ein Kultbild befand. E in großes Relief
bild des Sonnengottes Sürya an der Decke der Vor
cella deutet darauf hin, daß dieser Tempel dem
Sonnengott geweiht war.
Tempel Nr. I 5
Eine Insd1rifl: über dem Portal des Nandi-Pavillons
im Hof der Däs-Avatära-Höhle (Tempel Nr. 15)
ber ichtet, daß der Rägraküta-Fürst Dantidurga
(Dantivarman II.) nach seinem Siege über den Cä
!ukya-König Kirttivarman II. zur Vollendung die-
39* Grundriß des Höhlentempels N r. 22 von Elür1i sec Höhle nach Elürä gekommen sei. Kirttivarmans
II. Inschriften sind bis zum Jahr 757 n. Chr. belegt.
Anlage nichts mehr ausgesagt werden kann. Beim Bald darauf wird das Cälukya-Reich unter den
Tempel Nr. 22 verschmelzen der Hofhaus- und der 39• Schlägen des Rä~traküta-Monarchen zusammenge-
Verandagrundriß miteinander. Der Bautypus ent
spricht dem Verandabau mit Cella, Vorcella und
40* Grundriß des Höhlentempels Nr. ll von Elürä
II4
brechen sein. Damit wäre als einziges sicheres Da
tum für Elürä der Bau der Höhle Nr. I 5 im 8. Jahr
hundert belegt.
In der Grundrißgestaltung ihrer beiden Stock- 4!•
werke entspricht die Däs-Avatära-Höhle weitge
hend den beiden dreigeschossigen Klosteranlagen
Nr. I I und Nr. I 2, die vermutlich in der gleichen
Zeit ausgehöhlt worden sind. Der Weg des Besu
chers führt vom Hofeingang im Westen am Nandi· Pavillon, einem kleinen Monolithbau mit einem in
neren Viersäulenquadrat, vorbei zur Haupttreppe
im Osten, die in eine 29 Meter breite, zweischiffi.ge,
quergelagerte Säulenhalle führt, in die sich mehrere 122
zellenartige Räume öffnen. An der Nordseite des
verandaartigen äußeren Säulenganges führt eine
Treppe in das obere Stockwerk, das durch 6 mal
7 Säulen in mehrere Schiffe gegliedert ist, von denen
das mittlere zur Cella mit dem Siva-Lirigam führt.
Alle Innenwände sind durch Relieffelder
zwischen Pilastern gegliedert, die an der 125 Südwand vi~ouitische, an der Nordwand 124 aber sivaitische Legenden illustrieren.
Diese qualitätvollen und verhältnismäßig
gut erhaltenen cr7ählenclen Reliefs gehö-
[j) (j) ren zu den schönsten Leistungen der indi-
[j] [j] (jj ~ sehen Bildhauer des 8. Jahrhunderts.
[!] liJ [!] ~ ~ ~ ~ ~ Der Tempel-Typus
[j] fjJ fjJ ~ ~ ~ Nach ersten Ansätzen im späten 5· und im 6. Jahrhundert n. Chr. im nördlichen
[!) (j) ~ [!] (j) ~ und mittleren Indien - hier wären der
~ ~ [jJ ~ Pärvati-Tempel von N:lchnä, die Tempel-
gruppe von Erän, der Vi5r)u-Tempcl vo:1
41 * Grundriß der
beiden Stockwerke des Höhlentempels Ne. 'l von Elürii
II)
-12 • Grundriß des Höhlentempels Ne. 19 von Elürä
Deogarb oder der Tempel von Bhumara zu erwähnen-, beginnt im 7· Jahrhundert der Siegeszug des
hinduistischen Tempelbaus im mittleren Dekkhan. Bauten wie die Tempel der Cä!ukya-Dyoastie in
Aiho!e, Bädämi, Alampur und Pa~tadakal oder die Heiligtümer der Pallava-Dynasrie in Mämallapuram und Käiicipuram gehören zu den Meisterwer
ken indischer Architektur. Stufe für Stufe bildet sich ein Tempelplan heraus, der in seiner entfai-
II6
0
tcten Form eine Eingangshalle (MukhamaQgapa)
mit einer Tempelhalle (Sabhämal,lQapa) und einem
Tempelturm (Vimana) über dem Allerheiligsten (Garbhagrha) in einer Achse reiht. Seit dem späten
7· Jahrhundert wird auch jedem freigebauten sivaitischen Tempel ein kleiner, vom Hauptbau isolierter Pavillon mit dem Bild des Stieres Nandi in der llauptnchse des Tempels vorgelagert.
Einige Höhlentempel von Elür:i spiegeln diese
Entwicklung des hinduistischen Freibaus wider.
Ihre Besonderheiten sind ohne diesen Einnuß nicht 34*zu erklären. Tempel Nr. 17, der dem dritten Vier
tel des 7· Jahrhunderts n. Chr. angehört, besitzt eine nahe Parallele im Mälegitti-Sivälaya-Tempcl in Bädämi, einem Bau der Cii!ukya-Dynastie aus der ersten Hälfle des 1· Jahrhunderts n. Chr. In einem von einer Säulenveranda umgebenen Hof
steigt eine achtstufige Treppe zu einem Vorbau der 119 Höhle Nr. 17 empor, der der Eingangshalle (Mu
khamaQc;lapa) eines Hindutempels entspricht. Die 19,5 mal 23 Meter große Halle, das Gegenstück ?.ur Tempelhalle (SabhämaQ(Iapa) eines Frcibaus, ist durch vier Verandasäulen und zweimal vier Innensäulen gegliedert. An der Rückwand der Höhle öffnet sich die Cella mit Jem freistehenden LingamPavillon, dem Garbhagrha eines Hindu-Tempels, liber dem sich beim Freibau der Tempelturm erhebt.
42• Die Dumär L<'nn (Tempel Nr. 29) von Elüri\ ist die Übertragung eines großen, mehrschiffigen Hindu-Tempels in die Gegebenheiten der Felsarchitektur. Ihre nächste Parallele in Indien findet sie bis in Einzelheiten hinein im großen Höhlentempel auf der Insel Elephanta bei Bombay. Beide
Höhlentempel sind für ihre Zeit ungewöhnliche Raumschöpfungen, die auf eine große Zahl gläubiger Pilger berechnet sind. Sie unterscheiden sich allerdings darin voneinander, daß der Grundriß de~ Siva-Tempels von Elephanta parallel, der Grundriß der Dumär Lena aber senkrecht zur Felswand orientiert worden ist.
Die Dumär Lena besitzt eine kreuzförmig angelegte Säulenhalle, die durch Portale im Westen, Süden und Norden von den Pilgerströmen betreten und verlassen werden konnte. Säulenreihen untergliedern sie von West nach Ost in fünf und von
Nord nach Süd in vier Schiffe. Im Zentrum der T Iiihle kreuzen sich die beiden Hauptschiffe, von denen das Ost-Westschiff vom westlichen Vorhof in der Hauptachse des Tempels auf den freistehen-
99 den, von allen vier Seiten zugänglichen LiilgamPavillon führt. Das Nord-Süd-Schiff führt am Allerheiligsten vorbei zum gegenüberliegenden Ein-
96, gang der Höhle. Reliefbilder aus dem Legenden~~· kreis des Gottes Siva schmücken alle architekto
nisch hervorgehobenen WandAächen.
Eine der schönsten Tempelhöhlen von Elürä ist 43• die Lankc5vara-Höhle, die im oberen Geschoß der
nördlichen Hofwand des Kailäsanätha-Tempels (Nr. t6) eingebettet liegt. Ihr Vorbild ist die lnnenraumgestaltung des Kailäsanätha-Tempels. Sechzehn Säulen, in Vierergruppen gestellt, gliedern die geräumige MaQc;lapa, die uber eine nach Süden geöffnete Galerie betreten wird. Das breite Mittelschiff, dessen Achse parallel zur Hauptachse des Kailäsanätba-Tempcls läuJl, führt in die Cella, in der der Liilgam-Pavillon mit seinem Prozessionspfad steht.
Der Kailäsanätha -Tempel
Weltberühmt als ein Wunderwerk indischer Felsbaukunst ist der Kailäsanätha-Tempel von Elürä
43• (Nr. 16), kein Höhlenbau, sondern ein freistehen-83, der FelstempeL Von der Spitze seines Cella-Turms 8 ~ (Vimana) bis zu den untersten Friesen der Basis
wurde er als Monolith aus dem stehenden Fels geschlagen. Welche vollendete Meisterschaft im Entwurf und in der Ausführung gehört dazu, nicht nur das Innere eines Höhlentempels, sondern auch seinen Außenbau aus dem Felsgestein zu schlagen! Kein Meßfehler und kein falscher Meißelschlag durflen das gesamte Werk gefährden! Eine jüngere Inschrifl: berichtet, selbst der Baumeister dieses Tempels habe staunend vor dem vollendeten Werk gestanden und sich gefragt: »Wie konnte ich derartiges nur vollbringen?«
Stilistisch steht der Kailiisanätha-Tempel von Elürii in der Nachfolge der großen Pallava-Tempcl in Käiicipuram und der späten Cälukya-Tempcl
117
43' Grundriß dc~
Kailäsnnätha-Tempcls (Nr. 16) unil d~r Lnnkd' .tr.1-llöhlc \On Elürä sowie (rechts) des ansdJiicßcnd ausgehöhlten
Untergeschosses
118
611
von Pa~~adabl. Er wurde in der zweiten Hiilflc des
8. Jahrhunderts begonnen, als die RäHrakü~s das Cä!ukya-Reich erobert hatten, und unter der Schirmherrschaft dieser Dynastie, die die Nachfolge der Cä!ukya-Herrschaft antrat, vollendet.
Der Kailäsanätha-Tempel, ein Siva-Tempel, des-
sen Name sich auf den Wohnsitz dieses Gottes im Himälaya bezieht, steht in einer 84 mal 47 Meter großen Felsgrube, die durch das Abtragen des Gesteins bis auf das Niveau des den Tempel umge
benden Hofes entstanden ist. Ein monumentaler, 43*
zweigeschossiger Portalbau (Gopuram) schließt den Tempelkomplex nach außen ab. Zwei gigantische
Elefantenskulpturen bewachen die beiden Freitrep-pen, die links und rechts vom Tempel auf die Ebene des Hofes führen. In der Mitte dieses Hofes stehen
der 56 mal 33 Meter große und 29 Meter hohe Tempel und der von zwei Monolithsiiulen flankierte, ebenfalls zweigeschossige Nandi-Pavillon, der mit dem Haupttempel durch steinerne Brücken
verbunden ist. Das Untergeschoß beider Bauten ist im Inneren massiv. Das Obergeschoß des Kailä
sanätha-Tempels kombiniert eine Versammlungshalle (SabhämaQ~apa), die im Norden, Westen und Osten durch Eingangshallen (MukhamaQ- 127
~apa) betreten werden kann, mit einem gestuften Cellaturm der südindischen Ordnung (Vimana). Diese Versammlungsballe besitzt den gleichen Grundriß und fast auch die gleichen Maße wie die Lankesvara-Höhle, die in der Nordwand des Ho- 43*
fes etwa in gleicher Höhe liegt. Um den Vimana mit einem Liögam des Gottes Siva im Inneren des Allerheiligsten (Garbhagrha) zieht sich eine offene Terrasse, auf der fünf Nebenkapellen für sivaiti-sche Gottheiten stehen. Wie bei jedem frühmittelalterlichen Hindu-Tempel sind das Innere der MaQ<)apa und die Außenwände des Tempels beinahe
131,
überreich mit Skulpturen, Resten von Gemälden 134
und Bauornament überspannen. 128,
In der Felswand des Tempelhofes sind außer der 129
großen Lankdvara-Höhle weitere kleinere Höhlen-
120
tempel in verschiedenen Höhen angeordnet. Am Ii.
bedeutsamsten sind die Kapelle der Flußgöttinnen I> und der Tempel der göttlichen Mütter (Sapta- H
mätrkäs), die links und rechts vom Gopuram gleich hinter der Freitreppe des Hofes liegen. Um den
hinteren .Teil des Hofes zieht sich zu ebener Erde eine überdeckte Säulengalerie mit zahlreichen Reliefbildern aus der sivaitischen und v iglUitischen Mythologie.
Die Jaina-Tempel
Etwa 200 Meter nördlich des Höhlentempels Nr. 29,
dort, wo die Felskante von E lürä wieder nach Westen einbiegt, beginnt die Gruppe der fünf großen Fels- und Höhlentempel, die die Jainas in E lürä ::tusgehöhlt haben. Der Tempel Nr. 30 ist wie die hinduistischen Höhlen in West-Ost-Richtung angeordnet, die Höhlentempel Nr 3 I bis Nr. 34 sind dagegen in Süd-Nord-Richtung orientiert.
Tempel Nr. 30
Der Chota Kailäsa (>>Kleiner Kailäsa<<) ist der
zweite Monolithtempel in Elürä, den die J::~inas 1": als verkleinertes Abbild des hinduistischen Kailäsanätha-Tempels (Nr. I6) aus dem Fels geschlagen haben. Der etwa 17,5 Meter lange Bau steht in einer Felsgrube von 24 mal 39,5 Metern und gliedert sich in eine Eingangsh::tlle von 3 mal 3 Meter, eine SabhämaQ~apa von I I mal I I Meter und einen nicht vollendeten Vimana von 4,5 mal 4,5 Meter Grundriß. Der Tempel entspricht mit sei
nem wie eine Stufenpyramide abgetreppten Cellaturm einem Hindu-Tempel des südindischen Baustils. An die Stelle hinduistischer Bildwerke treten am Chota Kailäsa Kultbilder der Tirthailkaras und niederer Gottheiten des jainistischcn Pantheons.
82
Elürä, Höhle Nr. 10, Fassade
83
Elürä, Kai läsanlitba-Tcmpcl von Südosten Elürä, Kniläsnnärha-Tcmpcl von Südwc
44• Grundtiß der beiden
Srockwerke des Höhlentempels Nr. 31 von Elürä
iS E.lürä, Höhle Nr. 31, Tempelhof
Höhle Nr. 31 bis Nr. 34
Jenseits des Baches, der von der Höhe der Felskante herabfällt, liegen die vier Höhlentempel der Jaina-Gemeinde von Elürä. Auch die Jainas folgten dem Grundrißschema eines freigebauten Tempels mit MukhamaQQapa, SabhämaQQapa und Cella, die in diesem Fall ein Kultbild an ihrer Rück
wand enthält. Die Eingangshalle der Höhle Nr. 31 ist der Fels
wand vorgelagert und an den drei Außenseiten
125
45• Grundriß der beiden Stockwerke der Höhlentcmpd Nr. H und Nr. H von ~liir:i
pla.stisch durchgebildet. Das Innere ist als Säulen
halle gestaltet. Die Höhlen Nr. ~2 bis Nr. 34 sind zweigeschossige Anlagen wie die buddhistischen Höhlen Nr. II und Nr. 12 oder der Hindu-Tempel
Nr. I 5, sie haben aber einen sehr komplizierten Grundriß. Die lndra-Sabhä (Höhle Nr. ~z) besitzt 44*
einen geräumigen, durch eine Felsmauer abgeschlos
senen Hof, in dem ein Tempelehen mit einem vier- 85
fachen, in alle vier Himmelsrichtungen blickenden
Jina-Bild steht. Eine Monolithsäule und eine monumentale Elefantenskulptur flankieren die Hof
wände, in die mehrere Nebenkapellen geschlagen
worden sind. Die Haupthalle wurde zu einer Zwölfstützenhalle erweitert, deren Säulen und Neben
schiffe unvollendet geblieben sind. Dieser Kontrast zwischen Bauabsicht und finanziellen Möglichkeiten
macht sich ja bei allen Religionen in Elürä bemerk-
u6
bar. Der Veranda des Obergeschosses sind links
und rechts zwei im Grundriß fast identische Vierstützen-Kapellen vorgelagert. Die Sabhämar:H;Iapa
ist breiter als tief. Zwölf Säulen umgeben ein vier
fadJes Jina-Bild in der Mitte der Halle. Rund um die Wände reihen sich Nischen mit Bildwerken aus 1~3.
der jainistischen Mythologie. Die Jagannätha-Sabhä l4-
(Tempel Nr. n ) und die ihr im Südwesten vorge- -15"
lagerte Höhle Nr. 34 kombinieren drei Vierstützen- l ü
hallen mit Veranda und Kultbildcella zu einem
Höhlenkomplex. Sie liegen so dicht neben der
Höhle Nr. 32, daß Nebeneingänge die Räume der
einzelnen Höhlen miteinander verbinden. Das Oberge.schoß ist als Zwölfstützenhalle mit querlie
gendem, rechteckigem Grundriß ausgebildet. Um die Wände aller dieser Hallen ziehen sid1 Relief- t -13
bilder des jainistisd1en Pantheons.
Die Säulenordnungen
Auch in Elürä werden eine Veranda oder ein In-
93 neoraum durch Säulen und Pilaster gegliedert. Das gilt trotz der unterschiedlichen Grundrisse sowohl
115 Hir das buddhistische Vihära und die Caitya-Halle
als auch für den hinduistischen oder jainistischen
106 Höhlentempel. Es sind immer plastische E lemente, die der indischen Baukunst auch im Innenausbau das Gepräge geben. Ein benötigter Raum wird nach außen durch Wände abgegrenzt und im Bedarfsfall im Inneren untergliedert. Meist sind es Säulen
oder Säulenreihen, die eine Halle in kleinere Einheiten aufteilen. Der indische Baumeister denkt wie ein Bildbauer in plastischen Formen, nicht wie ein Architekt in Räumen. Großzügige Raumschöpfungen sind ibm fremd. Sie treten in Indien erst im späten
Mittelalter auf, als die weiträumigen Moscheen und die Kuppelgräber der islamischen Eroberer Vorbild und Anregung boten. Die Säulen von Elürä schei
nen auf den ersten Blick eigenständige Schöpfungen zu sein, neue, selbständige Säulenordnungen, die für Elürä und andere Orte der gleichen Stilepoche charakteristisch sind. Analysiert man aber die einzelnen Elemente, aus denen sich die Elürä-Säulen zusammensetzen, dann sieht man, daß es sich auch
hier um Stufen einer generellen Entwicklung in Indien handelt, daß nicht der Ort oder die Landschaft, sondern der Stil der Zeit wesentlicher Faktor für ihre spezielle Ausprägung ist. Auch für die beiden
häufigsten Säulentypen von Elürä, die PürQagha~Säule und die Elephanta-Säule, ist dann der genetische Zusammenhang mit der Vorentwicklung in AjaQ~ä unverkennbar.
Die Püq1agha~-Säule
Der jüngste Säulentypus von AjaQ~ä, dem ein Gefäß mit überhängenden Blattranken, die indische >>Vase des Überflusses<< (PürQagba~) als Kapitell dient, ist für die Höhlenbauten von Elürä von der Mitte
des 6. bis zum Ende des 7· Jahrhunderts charakteristisch. PürQagha~-Säulen bilden das Stützenqua-
93 drat der Hallen in den Höhlen Nr. 14, Nr. 3 und N r. 6, begrenzen die Seitenschiffe in der Höhle N r. 2, dienen als Portal- und Cella-Säule in den
91 Vihäras Nr. 6 und Nr. 5 und tragen die Veranda in den buddhistischen Höhlen Nr. 4, Nr. xo und
95 Nr. 9 und in den Hindu-Tempeln Nr. 26, Nr. 14,
86 Nr. 25 und Nr. 21.
Die PürQaghata-Säule von Elürä knüpf!: in der 108 Kapitellform und in den Gliedern ihres Schaftes
81 a n die Verandasäulen des Vihäras Nr. 24 in AjaQtä an. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht sofort augenfällig ist, wird uns die Verbindung klar, wenn wir uns die einzelnen Glieder und Elemente der Säulen näher ansehen. Der reich verzierte obere
Teil des Schaftes ruht in E lürä auf einer breiten, unverzierten, meist nach oben leicht verjüngten quadratischen Basis, die von der >>AjaQtä-Säule<< übernommen wurde. Wir hatten ja gesehen, daß
das PürQagha~-Kapitell in AjaQtä mit jedem Säulenschaft verbunden werden konnte. Diese Basis
umfaßt in Elürä allerdings jetzt die Hälfte, in den 93 Höhlen Nr. 3 und Nr. 5 sogar zwei Drittel der gan
zen Säulenhöhe. Die Aufgliederung des Schaftes in trommelartige Zonen beginnt direkt über diesem
86 s·ockel mit einer achtkantigen Abfasung, in deren
Ecken wie inAjaQ~ä oftkleine GaQa-Figuren hocken. Die Variationsmöglichkeit der mannigfaltig verzierten, vielkantig abgefasten schmalen Trommeln ist
fast so groß wie bei der AjaQtä-Säule. Über dem PürQaghata-Kapitell, dessen Blattwerk im Laufe der Zeit eine Entwicklung von pflanzlichen zu geometrisierten Formen durchläuft, liegt meist ein flacher,
vierkantiger Kämpfer, der zum weit ausladenden Kragstein überleitet. Kämpfer und Kragstein sind bei frühen PürQaghata-Säulen unverziert oder architektonisch gegliedert, späte Beispiele sind in der Regel reich mit Reliefdarstellungen oder Blattornament geschmückt. Es gibt in Elürä zwei abwei
chende Varianten der PürQaghata-Säule : die kur-
zen, gedrungenen Kapitelle mit verkürztem O berteil des Schaftes in den Höhlen Nr. 3 und Nr. 5, und Säulenschäfte in den Höhlen Nr. 4 und Nr. 9, deren Basis nach dem Vorbild der Pilastersäulen in der Veranda der Höhle Nr. 5 am oberen Rand wie ein Pilaster in Halbrosetten und Lotosblätter ausläuft. In Höhle Nr. 4 steigt darüber der übliche vielzonige Schaft, in Höhle Nr. 9 ein mit Mithuna- 95
Gruppen in Kuc;lu-Nischeo verzierter achtkantiger Schaft empor. Die Pürr.1agha~-Säulen von Elürä erwecken durch den hohen vierkantigen Sockel den Eindruck von Masse und Gedrungenheit; im Vergleich mit den hochragenden Vorgängerinnen in den Vihäras von AjaQ.~ä wirken sie schwerer und erdgebunden.
Die Elephanta-Säule
Völlig anders gestaltet, aber ebenso charakteristisch für die Höhlenklöster und Höhlentempel von Elürä ist eine ebenfalls dem 6. und 7· Jahrhundert angehörende Säule mit einem weit ausladenden Kissenkapitell. Diese Säule ist durch die Berichte der Reisendeo des 18. Jahrhunderts über den sivaitischen Höhlentempel von Elephimta bei Bombay in
Buropa bekannt geworden, und die Forschung hat diesen Namen aufgegriffen. Die Elephanta-Säule -mit gleichem Recht könnte man sie auch die »ElüräSäule« neoneo - dient in Elürä als Hallensäule in
den Höhlen Nr. 2, Nr. 5, Nr. 17 und Nr. 29, als 88, Portal- oder Cella-Säule in den Höhlen Nr. 8, 115
Nr. 21 und Nr. 26 und als Rahmung der Relieffel-der an der Rückwand der Höhle Nr. 9. Eine ganz in kantige Formen umgesetzte Variante trennt als Pilaster die Reliefs der Höhle Nr. 14. 102
Das Kapitell der Elephaota-Säule geht in seinen einzelnen Elementen auf das Vasenkapitell von Ajal}.~ä zurück, das wir dort in der Veranda der 35
Höhle Nr. 2, am Eingangsbau der Caitya-Halle Nr. 19 und als Cella-Säule in den Vihäras Nr. 2
und Nr. 21 kennengelernt haben. Ein spätes Bei-
I 28
spiel dieses AjaQ.~ä-Typs gibt es auch in Elürä vor dem Lirigam-Pavillon des Tempels Nr:. 19.
Wann und wo die Umwandlung des Vasenkörpers in ein flaches, gedrungenes, den Grundriß des Schaftes überragendes Kissen einsetzt, ist bisher noch nicht sicher zu bestimmen. Dafür ist die relative Chronologie des 6. Jahrhunderts in Indien noch zu unsicher. Kissenkapitelle treten im hinduistischen Höhlentempel Nr. 3 von Bädämi aus dem Jahre 578 n. Chr. auf. Die ältesten Beispiele der E lephanta-Säule in den Höhlen Nr . .z6 und Nr. 2
von E lürä sind aber dem Stil der Ornamentik in diesen Höhlen nach etwas früher anzusetzen. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir die Herausbildung dieses Säulentypus in das dritte Viertel des 6. Jahrhunderts setzen.
Die in Höhle Nr. 26 noch schlanke und hochragende, seit der Aushöhlung des Vihäras Nr. 2 gedrungene Elephanta-Säule erhebt sich wie d ie Pürl}.agha~-Säule auf einer vierkantigen Basis, die d ie Hälfte der Säulenhöhe um faßt. Ein achtkantiges Zwischenglied, in dessen Ecken wieder kleine Gal}.a-Figuren sitzen, leitet zum Kapitell über. Der
Sockel ist in der Höhle Nr. 26 noch nicht verziert. 93
In den Höhlen Nr. 2 und Nr. 21 schmücken Roset- 88. ten-, Gehänge- und Rankenfriese das obere Basis- 111
ende. In den Höhlen Nr. 29, Nr. :5 und Nr. 9 schrumpft das achtkantige Übergangsglied zwischen Schaft und Kapitell zu einer schmalen Platte zusammen, so daß der Eindruck entsteht, als erhebe sich das Kapitell direkt über der vierkantigen Basis.
Seine formalen Vorbilder hat das Kissenkapitell in Stützen wie den Portikussäulen des Vihäras Nr. 7 35
in Ajar)tä, die ebenfalls auf hohen, unverzierten, allerdings achtseitigen Sockeln stehen. Das Kapitell besteht in Ajal}.~ä noch aus zwei unabhängigen Gliedern, aus einer kannelierten Lotosglocke, die ihr Vorbild in den Lotoskapitellen der frühbuddhistischen Kunst im Dekkhao hat, und einer gedrungenen J>Vase<<, die sich in einen abgeschn·ürten, flachen Fuß, einen schon ausgebuchteten Körper und einen
nach außen geschwungenen Rand gliedert. Das Eie-
SB phanta-Kapitell verschleift diese beiden Elemente
zu einer pilzförmig anmutenden neuen Form. Erhalten bleiben die jetzt allerdings viel engere Kannelierung, das Einziehen der ehemaligen Lotos
glocke, deren oberer Rand sich zur besseren Über
leitung zum breiten Kapitellkissen vervielfältigt hat, und die Gliederung der ehemaligen Gefäßform
in Halsprofil, Gefäßkörper und schmalen, abge
bundenen Fuß. Neu ist die Auflösung der tektonischen Struktur des Gefäßes und die Umbildung
des Vasenkörpers in ein ausladendes Kissen. Das Kissen wird im Querschnitt am unteren Rand asymmetrisch verdickt und wirkt beinahe wie ein Pilzhut, besonders dann, wenn der sich wie eine Lotos
blüte öffnende Gefäßhals fortfällt und das Kissen 115 wie in den Höhlen Nr. 2, Nr. 17, Nr. 5 und Nr. 29
einen vierkantigen Kämpfer mit ausladendem Kragstein trägt. Das Kapitellkissen wird an seiner
breitesten s·telle von einem reifenartigen Band, einem Schmuckfrics, umspannt, der den Eindruck
erweckt, als müsse eine wuchernde vegetabile
Form kraftvoll gebändigt werden. Jüngere Kissenkapitelle verzieren die Kannelierungen am oberen Rand durch schmale Lotosblattzungen und beziehen damit die abstrakte Form des Kissens wieder in die indische Lotossymbolik ein. Damit hat das Elephanta-Kapitell das alte Lotos- und Vasen-Motiv
in ein einheitliches vegetabiles E lement verwandelt, das sich stämmig und elastisch emporreckt und
die lastende Schwere der Deckenkonstruktion leicht und federnd zu tragen scheint.
Die Pilastersäule
Die Baumeister von Elürä haben ein altes Schmuckmotiv, das in AjaQ~ä herausgebildet worden ist,
für einen neuen Zweck verwendet: den Pilaster,
dessen charakteristischen Dekor sie auf die freistehende Säule übertragen haben. Die Herausbildung dieses neuen Säulentypus erfolgte im Ver-
laufe einiger Jahrzehnte Stufe um Stufe. In den
Höhlen Nr. 17, Nr. 2.2, Nr. 2.3 und Nr. 24 tragen
einfache, vierkantige, unverzierte Säulen ohne Ba
sis und Kapitell die Veranda. In Höhle Nr. 25
stützen sie die Höhlendecke. Ein analoger Pfeiler
typus, nur kräftiger und gedrungener proportioniert, prägt die Fassaden und das Innere der mehr
geschossigen Höhlenanlagen Nr. xr, Nr. 12. und
Nr. 15.
Es lag nun nahe, die glatten Seitenflächen der
artiger Pfeiler wie einen Pilaster zu gestalten. Ein
114 gutes Beispiel dafür bietet das Vihära Nr. 5, bei dem die beiden Pilaster der Veranda im Stil der
jüngeren Pilaster von AjaQ~ verziert worden sind.
Das schmale, sechzehnseitige Mittelstück mit Halbrosetteodekor trennt hier zwei gegenständige Zonen am oberen Schaftende, die mit figürlich gefüll
ten Tondi - Figurengruppen oder Fabelwesen -,
hängenden oder aufsteigenden Blattwerkmotiven,
Halbtondi und Schmuckfriesen dekoriert worden sind. Das gleiche Dekorschema wurde auf die Ve
randapfeiler selbst übertragen, aber nicht ausge
führt. Nur die Umrisse der Dekorelemente wurden in schmalen Linien in den Stein geritzt.
Dieses neue geometrisierte s·chmuckmotiv wird
bei den achtkantigen Pfeilern im Inneren der Cait
ya-Halle Nr. 10 aufgegriffen. Ein schmales Schmuckband ähnlicher Stilisierung zieht sich hier um den mittleren Teil der oberen Schafthälfte. An
46* den Verandasäulen des Vihäras Nr. JI wird dieses
Motiv verdoppelt. Licht- und Schatteneffekte Iokkern so die Schwere der gedrungenen Pfeiler auf.
126 In der Veranda des Vihäras Nr. 12 verbindet sich
der Dekor eines vierkantigen Pilasters mit der PürQaghat:a-Symbolik. Das Kompositionsschema
eines Pilasters bleibt gewahrt: Von oben hängen
die Blattvoluten der Vase des Überflusses herab, von unten steigen die Körper hockender GaQa
Figuren empor; an die Stelle der Tondi und des
abgekanteten Zwischengliedes tritt die Vase mit ihrer eingezogenen Taille. Das in tiefem Relief ge-
arbeitete und durch Schmuckfriese abgegrenzte tKapitellc und der reich geschmückte Kragstein versinken in einem Gespinst reizvoll gestalteter Blatt
werkelemente und Staffagefiguren. In der Mitte des 8. Jahrhunderts wird dieser De-
kor im hinduistischen Tempel Nr. I j weitergeführt. Das Motiv der Vase, die wie an den Ve- 122
randapfeilern der Höhle Nr. 12 auf einem AmalakaKissen steht, vereinigt sich mit sitzenden Gnomen
oder Löwenfiguren, mit niederen Gottheiten des
Hindu-Pantheons und dem reichen Blattfall des baumartigen Volutengehänges zu einer auf Licht und Schattenwurf berechneten Komposition.
Von hier aus führt der Weg stilistisch zu den Pfeilern der Vorhallen und der SabhämaQc;lapa des 137
Kailäsan1itha-Tempels (Nr. x6), vierkantige Stüt
zen von reicher plastischer Durchbildung. Das PürQagbata ist vollplastisch dreidimensional herausge
arbeitet, das herabhängende Rankenwerk wie bei einem Püqtagha~-Kapitell stilisiert. Schmuck- und
"''I • .; - I• •• · •
!*J)II>t tSVt; ... ..,;i:#s<»t!;.,.., .. tc::x pu::. o :ww:p
46• Pilastersäule
des Höhlentempels N r. 1 1
von Elürä
qo
.. ···.
Figurenfriese sowie Kuc;lus, die an die Stelle der
ehemaligen Tondi und Halbtondi treten, zieren diesen reich geschmückten Pfeilertypus.
Die Pfeiler der Lankesvara-Höhle in der nördlichen Seitenwand des Kailäsanätha-Hofes kombi
nieren diesen Kapitelltypus mit dem Kissenkapitell der E lephanta-S'äule. Auf einem niedrigen, an der
Basis profilierten Sockel steht das neue vollplastische PürQagha~a-Kapitell statt eines Schafles. Dar- I~
über erhebt sich eine gedrungene Variante des Ele
phanta-Kissens, wuchtig, kraflvoll und geeignet,
die Last von Gebälk und Decke zu tragen. Eine Schmuckgirlande verbindet die herabhängenden
Voluten des PürQagha~-Kapitells und schließt die Rundform der Komposition, die an die Stelle der alten Schmucktondi tritt.
Eine schlankere, hochragende Variante dieses Säulentyps flankiert den Eingang zur Halle und den Durchgang zur Kultbildcella im Obergeschoß der
Indra Sabhä (Höhle Nr. 32), die vermutlich etwa zur gleichen Zeit wie die Lankesvara-Höhle erbaut worden ist. Die übrigen Säulen des Stützenrechtecks verzichten auf die Vase und auf die Girlande
und gestalten das Blattgehänge um zu großzügigen Volutenranken, eine Form, die in der Jagannätha Sabhä (Höhle Nr. 33) mit einem viclkantigen, sich 14~
der Kreisform nähernden Sockel verbunden ist.
Die Portale
Wer aus AjaQ~ kommt und den Reichtum seiner Portale noch in Erinnerung bat, wer in Aurangäbäd
gesehen hat, wie die Pracht von AjaQtä noch bereichert und überboten werden konnte, und nun in Elürä Gipfelleistungen künstlerischer Portalgestal
tung erwartet, wird enttäuscht. Die Schmuckfreudigkeit des j. und 6. Jahrhunderts hat in E lürä nüchterner Sachlichkeit Platz gemacht.
Ein neuer Formwille ist in Elürä am Werk. Nicht nur die Portale, sondern auch die Säulen, Wände
und Höhlendecken sprechen jetzt von einer Vor
liebe für schlichte Formen und Unterordnung des
sparsamen Baudekors unter die tektonische Struktur. Die Gleichförmigkeit vieler Bauelemente läßt
die architektonische Idee stärker zur Wirkung kommen, und die Großplastik tritt stärker in den Vordergrund.
Ganz im Gegensatz zum zeitgenössischen Tempelbau, bei dem die Künstler einander in immer
reicherer Ausgestaltung der Portale förmlich über
boten, sind die Portale in den Elürä-Höhlen verhältnismäßig schlicht gehalten. Das gilt für die Vihäras der Buddhisten ebenso wie für die Tempel der Hindus und der Jainas. Obwohl sich die Ar
beiten in Elürä über mehrere Jahrhunderte erstrekken, liegt allen Portalen das gleiche Grundschema zugrunde : Eine hohe und eher schmale, oft von
Halbsäulen oder schlanken Pilastern flankierte Tür-99 öffnung, die über einige Stufen betreten werden
kann. Das mehrgliedrige, um den Rahmen geführte verkröpfte Gewände bleibt unverziert oder ist mit
vegetabilen Friesen sparsam dekoriert. :Monumentale Skulpturen, in den Vihäras Bodhisattvas, in
den Tempeln Dvärapälas, flankieren das Portal, das in das Allerheiligste mit einem Kultbild des Buddha, eines Jina oder mit einem Lingam-Symbol des Gottes Siva führt. Auch im Portalbereich finden
wir also die Akzentverschiebung von der Schmuck
form auf die figürlid1e Plastik. In einigenwenigen Höhlen nurwird dieses Schema
einer Portalgestaltung künstlerisch bereid1ert. In den 100 hinduistischen Tempeln Nr. 20 und Nr. 21 und in
den Jaina-Höhlen Nr. 30, Nr. 32 und Nr. 33 stehen im unteren Register der die Türöffnung rahmenden Gewändefriese Frauenfiguren, die ähnlichen Figu
rengruppen in zeitgenössischen Freibauten entspre
chen. Auffällig ist, daß die Darstellungen der Flußgöttinnen Ga1igä und Yamunä an den Portalen fast völlig fehlen. Der Türsturz des Cellaportals
92 im Vihära Nr. 6, in den Hindu-Tempeln Nr. 17, 142 Nr. 21 und Nr. 25 und in den Jaina-Höhlen Nr. 30,
Nr. 32 und Nr. 33 wird von einem architektonischen Motiv bekrönt, das sich im benachbarten Aurangäbäd aus den kudu-geschmückten Dachformen
von Ajal)~ä entwickelt hat. Die ehemaligen Kudus haben sich jetzt zu fünf tief unterschnittenen, voll
plastischen kleinen Tempelehen entwickelt, die mit
ihren Säulenfassaden und Caitya-Dächern dem Portal eine monumentale Wirkung verleihen. Das künstlerisch reichste Portal von Elürä ist das Cella
Portal des Tempels Nr. 21, bei dem dieses architektonisch bereicherte Portalschema noch von einem Fries gestaffelter, fliegender Gestalten auf mannig
faltigen Reittieren cingefaßt wird.
D as Ornament
Der Zauber der Höhlenklöster von AjaQ~ä, der jeden Besucher gefangennimmt, die Pracht der Cait
ya-Hallen-Fassaden und der Säulenhallen der
großen Vihäras beruhen auf dem Reichtum der
Schmuckmotive in ihrer Dekoration. Geometrische,
architektonische oder vegetabile Friese und Orna
mentfelder verzieren und gliedern die Fassaden, Wände und Decken, die Säulen und die kunstvoll gestalteten Portale.
Ornamente sind reine Schmuckformen. Sie sind
Verzierung, schmückendes Beiwerk, dekoratives Detail und stehen selten im Mittelpunkt einer künstle
rischen Darstellung. Im Gegensatz zur Plastik oder
Malerei, deren Themen und ikonographische We
senszüge der Auftraggeber vorschreibt, ist die Gestaltung des Ornaments frei von dogmatischer und
kanonischer Bindung. Als untergeordnetes Element
bleibt seine Durchbildung ganz dem Stilgefühl des
Künstlers und dem Zeitgeschmack überlassen. Gerade in Indien, wo eine traditionsgebundene Sym
bolik übermächtig ist und feste Regeln im künstle
rischen Schaffensprozeß dominieren, drücken sich die Stiltendenzen einer Zeit oder eines Künstlers
am reinsten im Formenwandel der Ornamentik aus.
Jede Kunstepoche hat ein besonders bevorzugtes Ornament - wir möchten es »Leitornament« nen
nen -, um das sich andere Ornamentmotive grup
pieren. Dieses Leitornament beherrscht das Ornamentgefüge einer ganzen Epoche. Daneben mag es
andere geometrische oder vegetabile Elemente geben, die zeitweilig auftauchen und wieder ver
schwinden, die vielleicht sogar über einen längeren Zeitraum hinweg verhältnismäßig unverändert
bleiben. Sie besitzen aber niemals eine so durch-
I 32·
gehende und dominierende Präsenz wie das Leitornameot und damit aud1 in bezugauf den Zeitstil
eine viel geringere Aussagekraft
Leitornamente werden in schöpferischen Phasen
einer Kunstentwicklung gewissermaßen »erfunden<<,
gelegentlich auch aus anderen Kunstbereichen über
nommen. Sie werden im Laufe der Zeit weiterentwickelt, abgewandelt und verändern sich manchmal
sogar bis zum Übergang in ein neues Ornament
motiv. Die Herkunft eines neuen Ornamentes, ob es nun aus einem fremden Bereich stammt oder ob
ein Naturvorbild, ein Symbol oder auch eine Arrnitekturform spielerisch zu einer Srnmuckform umge
arbeitet wird, ist zweitrangig gegenüber der Frage,
was mit ihm in dem in Frage kommenden Zeitraum geschieht. Denn das Augenmerk einer Stilanalyse,
die rnronologische Fragen klären will, ist nicht auf
das ,>Was«, sondern auf das »Wie« gerichtet, und auf die Durchformung und Variation des gewähl
ten Leitornaments konzentriert sich die ganze Auf
merksamkeit der Künstler. Wie jede Kunstform ist auch das Leitmotiv, das
die Ornamentik eines größeren Zeitraumes be
stimmt und prägt, dem Stilwandel in dieser Epoche unterworfen. Wie die Plastik oder die Malerei spie
gelt es die künstlerisrnen Probleme und Entwick
lungstendenzen seiner Epoche wider. Damit ge
winnt aber das Ornament für uns eine wichtige Bedeutung. Es hilft uns bei der Klärung rnronologi
scher Probleme einer Kunstentwicklung. Gleiche
Ornamentformen gestatten zudem, scheinbar Unvergleichbares wie den Nimbus einer Skulptur, ein
Gemälde oder eine Portalumrahmung auf der gleichen Zeitebene miteinander zu verbinden.
Stehen genügend viele datierte Beispiele eines
Leitornaments zur Verfügung und ordnen wir sie
in der Abfolge ihrer Daten, dann können wir wie
an der Plastik oder der Malerei auch am Ornament die Entwicklungstendenzen des Zeitstils ablesen, analysieren und interpretieren. In diese so gefun
dene und durch chronologische Fixpunkte fest gefügte Entwicklungslinie des Ornaments lassen sich andere, nicht datierte Beispiele einordnen und da
mit zeitlich festlegen. Natürlich ist jedes einzelne Ornament einmalig, bildhaA:er Ausdruck einer Künstlerpersönlichkeit. Aber kein Künstler kann sich den Stiltendenzen seiner Zeit entziehen. Jedes
Kunstwerk besitzt bestimmte grundlegende Wesenszüge, die es mit anderen Werken seiner Zeit teilt.
Je größer die Zahl der datierten Werke ist, um so sicherer lassen sich die gemeinsamen Stilelemente
einer Zeit von der HandschriA: eines einzelnen Künstlers unterscheiden. Ziel jeder kunsthistorischen Stilanalyse ist es aber, eine vollständige und geschlossene Entwicklung der Stiltendenzen einer bestimmten Zeit zu ergründen, darzulegen und zu interpretieren. Gerade für eine so prekäre Datie
rungssituation, wie sie für AjaQtä und Elürä mit ihren wenigen datierten Stiftungsinschriften - zwei Väkätaka-lnschriA:en für AjaQtä und eine RäHraküta-InschriA: für Elürä - vorliegt, ist die Stilana
lyse des Leitornaments von ganz besonderer Bedeutung. Ei n Überblick über die indische Ornamentik über einen größeren Zeitraum hinweg zeigt nämlich, daß auch in einem Großraum wie In
dien die Entwicklung des Ornaments nicht lokal begrenzt ist, sondern daß in allen Landesteilen die gleichen Leitformen und die gleichen Entwicklungstendenzen auftreten. Nicht jedes Jahrzehnt ist durch fest datierbare Denkmäler endgültig zu erfassen. Die anderen Kunstprovinzen Indiens las
sen aber für das Gebiet von Ajao~ä und Elürä hinreichende chronologische Vergleiche zu, die über die bisherigen Datierungsversuche hinausgehen und
eine Grundlage für die Periodisierung der Bautätigkeit in beiden Orten bieten.
Das Lotos-Ornament der frühindischen Kunst
Von der Maurya-Epoche bis in die späte Ku~äoaZeit im Norden Indiens und die Sätavähana- und
Ik$väku-Epoche im Süden (~.Jahrhundert v. Chr. -~·Jahrhundert n. Chr.) war das Lotosmotiv das dominierende Leitornament der indischen Kunst. Der
Lotos ist mit seinen Blüten, Blättern, Stenge!, Sproß und Knospen sehr vielgestaltig. Als Lotosglocke eines Säulenkapitells, Lotosrosette eines Zaunpfeilertondos, Blüten- oder Blattfries schmückt
die Lotosornamentik alle Kunstbereiche der früh
geschichtlichen Zeit. Schon die Künstler von Bhärhut (t. Jahrhundert v. Chr.) sahen darüber hinweg,
daß der Lotos kein Rankengewächs ist, und vereinigten Lotoselemente mit oA: komplizierten Rankengebilden, um den Reichtum und die Fülle des Lebens auch im Ornament einzufangen. Die stilistische Entwicklung verläuA: in den ersten Jahrhunderten n. Chr. von zeichnerischen Darstellungen
von linearem Reiz zu tief unterschnittenen, vollplastischen Repräsentationen wuchernder Fülle und vegetabilen Wachstums. Daß das Lotosmotiv nicht
in Indien erfunden worden ist, sondern zu den gemeinasiatischen Grundmotiven gehört, spielt in diesem Zusammenhang nur eine Nebenrolle.
Der Sinn der Inder für Ordnung in der Fülle drückt sich in dieser Zeit in einer tektonischen Ornamentik geometrischer Prägung aus und vor allem in Motiven, die den frühen indischen Bauformen abgelesen worden sind: das Zaunmotiv als horizontale, die Säule als vertikale Rahmung und die Miniaturform des Caitya-Bogens als Dominante einer Rcliefkomposition. Ordnung in der Welt der Er
sdieinungcn und die Wellenranke als Symbol des Lebens mit Geburt, Tod und Wiedergeburt im Sinne der Lehre von der Seelenwanderung waren die Komponenten der frühindisd1en Ornamentik,
die vor allem gliedemde und sondernde Aufgaben
übernahm.
Spuren dieser frühindischen Ornamentik finden
sich auch noch in Ajal){ii, zum Beispiel in den Rosetten- und Lotosblattfriesen der Portalumrahmun
gen, in der Verwendung des Caitya-Bogen-Motivs
als Schmuckform und in dem seit dem 3· Jahrhundert n. Chr. in Gandhära belegten geometrischen Schachbrettmotiv. Sie sind in AjaQ~ä allgemein ver
breitet, gehören aber nicht zu den Leitmotiven dieser Epoche.
Das Ornament des frühen Mittelalters
Die Bildhauer der Gupta-Zeit (4.-5. Jahrhundert n. Cbr.) wählten als Leitmotiv ein neues vegetabiles
Ornament, das in der Folge in mannigfaltigen Ent-
-17* Schmucktondo nu• dem Stüpa-Bezirk von De"nimori
wicklungsstufen in weite Bereiche der mittelalter
lichen indischen und auch der südostasiatischen
Kunst ausstrahlt. Der Ursprung ist ein neues Blattwerk, ein schmales, langgestrecktes Zun
genblatt mit glattem Rand und zwei, seltener zwei-
134
mal zwei Nebenzungen, die sich an der Spitze ein
rollen. Dieses Blatt, das erstmalig am Bauschmuck des Stüpas von Devnimori aus dem Jahre 37 5 n. Chr. 4- ·
zu belegen ist, wird mit kleeartigen Kelchblüten
kombiniert, die an die Blüten eines Asoka-Bau
mes erinnern. Mit diesem neuen vegetabilen Ornamentmotiv
kommt ein völlig neuer Zug in die indische Ornamentik, der sich seinem Wesen nach von der vor
aufgehenden Entwicklung beträchtlich unterschei
det. Rahmende und flächenfüllende Ornamente gab es auch schon in der frühindi schen Kunst. Sie unterlagen aber der erzählenden Tendenz dieser
Zeit und fügten die einLeinen Bestandteile einer Lotospflanze und das Rankenmotiv Element für Element fast geometrisch ausgerichtet a neinander,
sehr klar und überschaubar selbst bei Überschneidungen. Auch dieses Ornament war geeignet, eine f(rö ßere Fläche zu füllen, aber es war kein flächen
füllendes Motiv im strengen Sinn.
Seit der Gupta-Zeit gewinnt das Ornament, bei aller Bescheidenheit einer untergeordneten Kategorie, eine bestimmte Selbständigkeit, ein gewisses
Eigenleben, die den Reiz der neuen Auffassung ausmachen. Das neue Ornament ist auf Grund seines
einheitlichen Motivs, das in immer neuen Variationen auftritt, in der Lage, jede Fläche zu füllen,
l)hne sich in Einzelheiten zu verlieren. Raumtief und bewußt unübers ichtlich mit malerischen Ten
denzen gestaltet, zieht es den Blick a uf sich, als dienendes Element, das den Stilwillen seiner Zeit
in eigener Formensprache reflektiert.
D as Blattornament des 5· Jahrhunderts
Die H erausbildung und EntfJitung des neuen indischen Blattornaments läßt sich im 5. Jahrhundert
am sichersten und anschaulichsten an den Bauten und Bildwerken der Gupta-Epoche Nordindiens verfolgen. Der Gupta-Fürst Samudragupta (etwa
330-375 n. Chr.) hatte durch siegreiche Feldzüge
im Norden und im Dekkban das neue Reich der
Gupta-Dynastie geschaffen. Die Ehe seines Vaters
Candragupta I. mit einer Prinzessin aus dem Hause
der Licchavis hatte den Gupta-Fürsten zu dem notwendigen Reichtum verholfen, ohne den weder die
Konsolidierung eines Großreiches noch die Protektion der bildenden Künste möglich sind. Samudra
guptas Reich erstreckte sich von der alten Hauptstadt der Maurya-Dynastie Pätaliputra aus im
Osten über Bihär und Bengalen, im Westen bi~
nach Kausämbi im mittleren Gangestal und bis
Erän im mittleren Indien. Sein Sohn und Nachfol
ger Candragupta II. (ca. 375-413 n. Chr.) dehnte das Gupta-Reich im Nordwesten bis nach Mathurii,
im Westen von Erän über Säiici und Udayagiri bis nach Gujarät aus, das Gebiet der Dynastie der
westlichen K~atrapas, in dem auch Devnimori liegt, und vereinigte damit weite Gebiete Nordindiens in seiner Hand. Candragupta vermählte seine Tochter Prabhävatiguptä mit dem Väkätaka-Fürsten
Rudrasena II. (ca. 4oo-425 n. Chr.) und öffnete damit der Kultur des Gupta-Reiches über die Gren
zen hinweg den Weg in den nordwestlichen Dekkban. Der Austausch künstlerischer Ideen in einer
Epoche des Friedens und wirtschalUicher Prosperität führte unter Candragupta II. und seinen Nachfolgern Kumäragupta I. (416-456 n. Chr.), Skanda
gupta (456-468 n. Chr.) und Budhagupta (477 bis 495 n. Chr.) zu einereinheitlichen Kunstentwicklung in einem größeren Bereich Indiens.
Das neue Blattornament entwickelt sich im
5· Jahrhundett von einer naturnahen Frühstufe über eine Formenreichtum entfaltende Hochstufe zu einer Spätphase der Auflösung und des Übergangs in eine anders geartete neue Grundform. Für seine
Periodisierung sind verhältnismäßig viele datierte Beispiele vorhanden, so daß man die Entwicklung
eigentlich nur von den Denkmälern abzulesen braucht. Daß das bisher noch nicht geschehen ist, beruht auf der Tatsache, daß die Bedeutung der
Ornamentik für die Stilgeschichte einer Zeit in der
Erforschung der indi~chen Kunst noch nicht so recht erkannt worden ist.
47• Das Blattwerk der Tondos von Devnimori
steht einer Naturform noch verhältnismäßig nahe. Der Blattumriß und das charakteristische Einrollen
der Zungen sind sorgfältig wiedergegeben, Ritzlinien deuten die Randbetonung und die Mittelrippe an. Der Künstler hatte vermutlich eine ganz bestimmte Pflanze im Sinn und dachte noch nicht an
die bewußte Gestaltung einer reinen Ornament
form. Trotzdem sind schon alle Wesenszüge der Gupta-Ornamentik in seinem Tondo enthalten. Die
Schönheit der Komposition beruht auf der Abkehr \'On einer übersichtlichen Anordnung heterogener
E lemente, die dem Wesen der frühindischen Kunstauffassung entsprach. In bewußter Asymmetrie füllt das Blattwerk in plastisch tief unterschnittenen
Windungen das Bildrund. Es gibt keine Hauptansicht. Erstrebt wurde nicht die Beschreibung einer Pflanze, die vermutlich aus einer aufrechtstehen
den Blüte und einem Blattkranz besteht, sondern der Eindruck der Fülle, der Bewegung und des krallvollen Sprießens.
Die frühe Entwicklungsphase des neuen Leitornnments repräsentieren Bauten und Bildwerke nus
der Zeit Candraguptas !I. und aus den frühen Jahren Kumäraguptas I. Die Bildhauer erproben in
dieser Zeit die Möglichkeiten des neuen Blattwerks, das phantasievoll in mannigfaltiger Weise vari
iert und den Gegebenheiten der zu schmückenden Fläche angepaßt wird. Das lange, schmale Blatt, das in seltener Anpassungsfähigkeit und Geschmei
digkeit rahmende und flächenfüllende Aufgaben übernehmen kann, wird in Größe und Umriß seiner natürlichen Form entsprechend verwendet und
als Ornament gestaltet. Ein leichtes Einbiegen und
Einrollen der Zungen ergibt eine großzügige, fast
malerisch anmutende Wirkung. Ob die Blätter in
endloser Reihung miteinander verschmelzen, ob ein Blatt am kurzen Stiel durch das Ornament geführt
wird oder sich um einen senkrechten Stab empor-
48* Portalbekrönung aus Mukundärm
windet, ob das Blatt scheinbar verdoppelt einmal als Ranke dient und sich einmal als Blatt um den
nächsten Blattstiel schlingt- immer bleibt das Zungenblatt in seiner charakteristischen Grundform er
kennbar. Ein gutes Beispiel für diese Stilphase bie-tet ein ornamentales Caitya-Bogen-Motiv vom Tempel im Mukundärra-Paß, das einstmals ein 48•
Portal bekrönt haben mag. Das großflächig stilisierte, sorgfältig gebildete und tief modellierte
Blattwerk wird hier in die traditionelle Ranke der alten Lotosornamentik einbezogen und füllt in mannigfaltigen Biegungen und Verschlingungen eine
größere Fläche. Die Ranke selbst wird selbständig
und unabhängig vom Blatt durch das Ornament geführt. Freude am Spiel der Möglichkeiten charakterisiert die asymmetrisch angelegte Komposi
tion. Ranke und Blattwerk werden durch Blüten und kelchförmige Sprosse bereichert, aus denen neue Ranken hervortreten. Bemerkenswert sind
1)6
die beiden in den unteren Ecken hoclu:nden Maka
ras, mythische Mischwesen, deren Schwänze in Blattornament auslaufen, das die emporgezogenen Enden des Caitya-Bogens füllt.
Das Blattornament der Hochstufe ziert die Denkmäler aus den späten Jahren Kumäraguptas I. und aus der Zeit Skandaguptas. Das in der Frühphase
breitflächige und großzügig geschwungene Blatt wird jetzt ofl in relativ kleinen, auf die Blattkante gestellten Rollen in den nun rhythmischen Verlauf
der Ranke eingebunden. Die Ranke bleibt selbständiger Bestandteil des Ornaments und erhält kleine kelchartige Verdickungen, aus denen neue
Ranken mit Blättern entspringen. Das Ornament
wird durch Blüten und Knospen bereichert, gelegentlich auch durch kleine Figuren, die der Rankenbewegung folgen. Die Dreidimensionalität des
Ornaments wird durch kleine Lücken neben den Ranken und Blattrollen betont, die den Reliefgrund
hervortreten lassen und in die Wirkung einbeziehen. In gleicher Weise wirken die engen Blattrollen durch ihren Schattenwurf. Hin und wieder aber ist noch eine Blattfläche sichtbar. Friese werden durch ondulierende Blattranken oder symmetrisch nebeneinandergesetzte Rankenpaare als Rappoetmuster
verziert. Die Vorliebe für asymmetrische Kompositionen erhält sich in Vogelschwänzen, die als Rankenbcnament auslaufen. Im Nimbusdekor eines der
sitzenden Buddhabilder an den Eingängen zum 49• Prozessionspfad um den Stüpa I von Säöci, die nach
einer Inschrift vor dem Jahr 451 n. Chr. vollendet
worden sind, werden die Blattrollen enger und kleinteiJigec. Ranken und Blüten ziehen sich vielfältiger durch die Komposition, die nicht mehr auf den ersten Blick überschaubar bleibt.
Die Spätphase in der Budbagupta-Zeit bringt eine starke Bereicherung des Ornaments und eine
Übersteigerung in der Fülle der Motive. Die Kelche der Ranken werden vergrößert und nach allen Seiten durch vielteilige Blattrollen bereichert. Das
Blattweck wird nicht mehr so übersichtlich gestaltet wie in den voraufgehenden Phasen. Die Schwänze von Vögeln oder Mischwesen, in denen
49• Buddhabild im Protc»ionspfad um den Stüpn Nr. 1 von Siiilci
137
in der Hochstufe noch die Blattrollen in ihrer cha
rakteristischen Blattform erkennbar waren, bringen eine Neuerung, die für die Folgezeit bedeutsam wird. An die Stelle der krcisförmigen Blattrollen treten jetzt gelegentlich Voluten, zum Teil recht scharfkantig und schräg in die Ebene gelegt ohne
Andeutung ihrer Herkunft aus dem Blattorn::tment. Die Asymmetrie dringt jetzt auch in das Blattwerk
der Friese. Einige Steinpfeiler aus Candimau si- 50*
gnalisieren deutlich diese Auflösungstendenzen des alten Blattornaments. Die Blattrollen öffnen sich, und die neue Ornamentform, die aus den ur
sprünglichen Blattrollen hervorgeht, entwickelt sich zu einer Flächenfüllung mit asymmetrisch-ellipti
schen Voluten, die in breite, muschelartige, schräg in die Tiefe weisende Flächen auslaufen. Die alte Blattranke ist noch nicht völlig überwunden, aber
die den Voluten zugeordneten kleinteiligen, oft dreipaßartigen Blattformen treten hinter den breitliegenden volutenartigen Schalen zurück. Das ehe
malige Blatt ist nur noch selten erkennbar, obwohl die neuen Voluten ohne die Vorentwicklung nicht denkbar wären.
Die Bautätigkeit der Väkätaka-Minister in den
Mahäyäna-Höhlen von AjaQ~ä beginnt erst in der
138
50* Steinpfeilerrelief aus Candimau
Zeit, in der im Norden Budh::tgupta regiert. Es war aber zum Verständnis der Entwicklung in AjaQtä notwendig, die Vorstufen des oeuen Blattorna
ments kurz zu skizzieren. Nur so können die frühen undatierten Mahäyäna-Beispiele stilistisch richtig eingeordnet werden.
Die erhebliche Bereicherung und Obersteigerung der Budhagupta-Zeit charakterisieren nämlich auch den Rankenfries des Cellaportals im unte-ren Geschoß des Vihäras Nr. 6 von AjaQ~ä, das 2J•
die Reihe der reich dekorierten Portale in den Mahäyäna-Bauten von Ajal)~ä eröffnet. Großflächig
ausgebreitete und kleinteilig gerollte Blätter schmiegen sich in oft bizarr anmutenden Biegungen in die Windungen der emporstrebenden Wellenranke. Jede Windung ist anders gefüllt, reine Blattkompositionen wechseln mit figürlich bereicherten Fel
dern. Die Blätter sind vielfältig gegliedert und durch zahlreiche Nebenzungen aufgelockert. Scha
lenvoluten treten noch nicht in Erscheinung, aber ab und zu deuten dreipaßartige Blattbildungen oder eine Blattranke, die sich schon großzügig wie
eine Volute zu öffnen beginnt, den Weg an, den die indische Blattornamentik in der Folgezeit einschlagen wird. Das Untergeschoß der Höhle Nr. 6
dürfte demnach in die frühen Jahre Budhaguptas zu datieren sein, das heißt in das dritte Viertel
des j. Jahrhunderts. Ob es sich bei diesem Vihära allerdings schon um ein Bauwerk der Väkätaka
Zeit handelt und ob die Bautätigkeit des j . Jahrhunderts in Ajar:t~ä mit diesem Vihära beginnt, sei dahingestellt. Der Makara-Schwanz des Gaitgä-
44 Bildes im kleinen Vihära Nr. 1 j von Ajar:ttä besitzt nämlich noch eine verhältnismäßig frühe Form, die stilistisch vor Budhagupta einzuordnen wäre.
Es erscheint aber gewagt, ein Bauwerk, das sonst keine datierenden Anhaltspunkte bietet, auf Grund eines einzelnen Ornamentdetails zeitlich zu fixieren, denn in jeder Stufe können ältere Formen eine
Weile nachlaufen.
Das Voluten-Noppen-Ornament
des 6. Jahrhunderts
Für die Zeit des Übergangs von der Blattranke des j. Jahrhunderts zum neuen Ornamentmotiv des
6. Jahrhunderts gibt es im Norden Indiens zwar noch zahlreiche Beispiele, aber kein gesichertes Da
tum mehr. Die Fixpunkte für die Chronologie des Ornaments kommen nun aus dem mittleren Indien, aus dem Gebiet von Ajao~ä selbst die Stiftungsin
schriften aus der Zeit des Väkätaka-Fürsten Hari~eoa in AjaQtä und im benachbarten Ghatotkaca, außerdem noch eine Kupfertafel aus dem Kloster von Bägh und die Stillungsinschrift für den VarähaTempel in Erän, die alle dem letzten Viertel des
j. Jahrhunderts angehören,
Die Umrahmung des Cellaportals im VäkätakaVihära von Ghatotkaca steht noch auf der Übergangsstufe von Candimau. Die ehemaligen Blatt
rollen haben sich zu volutenförmigen Schalen geöffnet, die in Gegenrichtung friesartig aneinandergereiht worden sind und durch dazwischen geord
nete Blatteile miteinander verbunden wurden. Friese aus der Höhle Nr.4 in Bägh und vom klei-
51• neo Pärvati-Tempel in Nächnä gehen einen Schritt
über diese Stufe hinaus. Ein dreiteiliger Ran
keasproß bildet auch hier tief unterschnittene schalenartige Voluten. Die verbindenden Blattelemente lassen noch die alte Blattform erkennen. Neu aber sind die Tendenz zur Aufgliederung und Ver
vielfältigung gleichartiger Ornamentteile in parallelen Wellenlinien und die kleinen Knötchen oder Noppen, die sich von den Zungen der ehemaligen
B lätter herleiten und den ganzen Rand der Voluten auflockern.
51* Ornament des Pärvaci-Tempels in Nächnä
52* Fries vom Cellaportal des Vihäras Nr. 17 von Aj~•)tä
• Im Ornamentschmuck des Vihäras Nr. 17 in ;:--
Ajal,l~ä sind alle diese neu herausgebildeten E lemente an einem sicher datierten Bauwerk vereinigt.
Höhle Nr. 17 repräsentiert damit die Übergangsstufe oder besser gesagt die Frühphase des Voluten
Noppen-Ornaments, das für das 6. Jahrhundert charakteristisch wird. Vom ehemaligen Blattwerk ist nichts mehr vorhanden. Die Blattrollen haben
sich in einzelne kleine Voluten aufgelöst, die nicht mehr durch Blattelemente, sondern durch die neuen
abstrakten, parallelen Linienelemente miteinander verbunden werden. Im Fries des Cellaportals dominieren diese parallel angeordneten und sich an der Spitze leicht einrollenden Elemente, die an eini-
gen Stellen die geschmeidige Biegung der ehemaligen Blätter aufgreifen. Die Schwänze der Maka-
ras am Cellaportal und vor allem in den M ischwesenfriesen der Deckenmalerei bewahren die 53'
althergebrachte asymmetrische Komposition. An die Stelle des Blattwerks aber sind Voluten ge
treten, in der Tendenz der Linienelemente vervielfacht und zu graziösen Ornamenten ge
schlungen. Der Rand dieser Voluten ist mit klei-nen nierenförmigen Doppelnoppen besetzt, die
die Bewegungsrichtung der Voluten aufgreifen oder in Gegenrichtung wiederholen. Leicht und schwerelos wirkt das Spiel dieser ganz auf Linie
und Bewegung berechneten Frieselemente. Sie scheinen sich in einem flüssigen Medium einzurollen
und wieder zu entfalten, immer in Unruhe wie die Fangarme eines Tintenfisches.
Auf der gleichen Entwicklungsstufe steht das Ornament der Caitya-Halle Nr. 19 von AjaQtä, die 52
damit zeitlich nicht allzu weit vom Vihära Nr. 17
entfernt sein kann. Wie kreisende Wasserwirbel sind hier in Ornamentstegen des Triforiumfrieses raumtiefe, noppenbesetzte Voluten in wechselnder
Richtung aneinandergesetzt und durch parallele 51
Bandelemente miteinander verbunden. In den Portalfriesen sind kleine eng gerollte Voluten mit sehr
betonten Noppen in eine Wellenranke eingebunden.
53* Misdnvesenfries der Deckenmalerei im Vihära Nr. ' 7 von Ajal)!ii
Obwohl es sich um abstrakte Ornamentmotive
handelt, wirken sie in ihren geschmeidigen Biegungen und Verästelungen wie kleine Bäume oder
schwer an einem dünnen Stenge! herabhängende 47 Blüten. In den Mischwesenfriesen der Fassade ver
lieren die vielfältig verzweigten, in zahlreiche nop
penbesetzte Voluten aufgelösten Schwänze die flie
ßende Bewegung der Höhle Nr. 17· Sie haben sich in filigranartigen Mustern verfestigt, die im flachen
Relief der Voluten, Parallellinien und Noppen den Reliefgrund bis in den letzten Winkel füllen.
56, Die Friese und Relieffelder des Vihäras Nr. 1 in 55 AjaQ~ä führen diesen Stil konsequent weiter. Die
Voluten dominieren und beginnen sid1 einzurollen,
sowohl im Fries als auch bei der Bildung tierischer Schwänze. Das Muster ist nicht mehr so kleinteilig
wie in der Höhle Nr. '9· Die parallelen L inienelemente greifen auf den steigenden Ast der Voluten über.
Zu den schönsten Beispielen des Voluten-Nop
pen-Ornaments am Beginn des 6. Jahrhunderts zählen zweifellos die Friese auf den MaQQapa-
54* Pfeilern des kleinen Siva-Tempels von Bhumara.
Ganz auf die neuen Elemente Volute, Noppen, Parallellinienelement abgestimmt, zeigen sie, daß sich
das Blattornament des 5· Jahrhunderts jetzt völlig verwandelt hat. Ein neues Ornamentmotiv ist
entstanden, das seinerseits wieder in vielfältiger
54* Fries vom lVbl)~apa·Pfciler aus Bhumara
141
Abwandlung die Ornamentik des 6. Jahrhunderts bestimmt. Das Ornament verliert auf dieser Stufe
zunehmend an Tiefe. Es will ein Flachornament werden, darüber kann auch die starke Schattenwirkung nicht hinwegtäuschen. Der in Bhumara scharf
kantige und bandartig flache Rand der sparsam mit Noppen besetzten Volute rollt sich ein; ein scharfkantiger Steg, der in die jetzt ebenfalls mit
Noppen besetzten parallelen Linienelemente aus-läuft, führt die Bewegung wieder nach außen zu-rück und verdeckt gleichzeitig die schräg in die Tiefe verlaufende Volutenschale. Die parallelen Stege, die die Zwischenräume zwischen den Volu-ten füllen, sind durch knorpelartige Noppen in eine rhythmische Wellenbewegung umgesetzt, in der die
Voluten zu schwimmen scheinen. Das Ornament pulsiert und bewegt sich in sprüheoder Lebendig-keit. Die verhaltene Dissonanz betonter Diagona-len und die scharfkantigen Linien der Volutenrän-
der führen das Auge im Wirbel über das Ornament oder leiten den Blick auf reinen Bewegungslinien in leicht spiraligem Weg nach oben.
Etwas später als der Tempel von Bhumara, aber
noch im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts, dürften
Grundrissen und Bauformen abgelesen werden konnten. Allerdings müssen wir beachten, daß die Vihäras von AjaQ~ä nicht eines nach dem anderen vollendet wurden, sondern daß manche Höhlen noch
im Bau waren, als die nächsten schon begonnen wurden. Diese an den Bauelementen und Säulentypen erkennbare Tendenz spiegelt sich auch in der Ornamentik wider.
die Ornamentik der Höhle Nr. z, das Portal der 57
Höhle Nr. 5, der Komplex der Höhlen Nr. 26 und 42,43
Nr. 27 sowie das Portal und die Pilaster des Vihäras 62,65
Nr. ZI in AjaQ~ä anzusetzen sein. Alle diese Höhlen verwenden das noppenbesetzte Volutenornament 68,
in seiner reinsten Form. Verglichen mit der großen Zahl absoluter Daten
für das 5. Jahrhundert, gibt es für das 6. Jahrhundert leider nur wenige datierende Anhaltspunkte. Doch liegen diese einigermaßen günstig, so daß die Entwicklungstendenzen des Ornaments sichtbar werden. Die Stilentwicklung setzt sich so konti
nuierlich und logisch fort, daß wir nur Schritt für Schritt voranzuschreiteo brauchen, um den Weg zu erkennen, den die Entwicklung des Ornaments genommen hat. Für AjaQ~ geben zudem die verschiedenen Phasen des Bauablaufs Hilfestellung, die den
73, 61
55* Bildfenster
umrahmung des Vi~!)U
Tempels von Dcogarh
Im Gegensatz zum j. Jahrhundert, für das die StiftungsinschriA:en des Gupta-Reiches eine Perio
disierung nach Herrscherdaten ermöglichte, er
scheint es daher am sinnvollsten, für das 6. Jahr
hundert Zeitstufen von einem Vierteljahrhundert anzusetzen, von denen die erste durch die schon er
wähnten Denkmäler, die dritte durch die Inschrift
des Höhlentempels Nr. 3 in Bädämi aus dem Jahre
n8 n. Chr. gesichert sind. Für AjaQ~ä ergibt sich
aus der Ornamentabfolge, daß keine Höhle jünger
als dieses Datum sein kann. Elürä geht dagegen
weit über diese Stufe hinaus. Eine neue E ntwicklungsstufe ist dann im Or-
55* nament des Vi~Qu-Tempcls von Deogarh erreicht,
der wohl dem zweiten Viertel des 6. Jahrhunderts angehören dürA:e. Dieses aus der Ornament
entwicklung abgelesene Datum wird durch eine un
datierte StiftungsinschriA: unterstützt, die paläo
graphisch in diese Zeit fällt. Von der beinahe
überschäumenden Lebendigkeit von Bhumara ist
in Deogarh nichts mehr zu spüren. Auf den ersten
Blick scheint Deogarh verwaschene, verunklärte
Linien zu bevorzugen, die unsicher ins Innere zu
rücklaufen und dem Auge keine Bewegungsrich
tung mehr aufzwingen. Der Grund dafür ist der
Verzicht auf die scharfen Volutenkanten und die
gestaffelten Linien der Zwischenstege. Das Orna
ment ist jetzt auf die Volute reduziert, die mit oder
ohne Ranke verwendet wird. Die wellenartigen
Stege von Bhumara haben sich jetzt mit dem auf
steigenden Ast der Volute vereinigt. Die Volute
wirkt dadurch länger gestreckt. In gewissem Sinn
setzt sich in den vielfältigsten Windungen der neuen
Volutenform, die durch Noppen und mehrgliedrige
Aufspaltung auf ihrer Rückseite ihre betonte Be
wegungsrichtung verliert, wieder das alte Prinzip
der flächenfüllenden Blattverschlingungen des
5· Jahrhunderts durch. Die muschelartige Volute,
meist mit doppeltem oder gar dreifachem Umriß
und mit wenig Innenfläche gestaltet, überzieht in oA: ungleichem Rhythmus die Friese, ein flächen-
füllendes Ornament, das seine optische Aktivität
aufgegeben und sich auf seine zurückhaltende, die
nende Rolle besonnen hat.
Die muschelartige, gescreckte Volute von Deo-
garh, die das Ornament im zweiten Viertel des
76, 6. Jahrhunderts beherrscht, finden wir nun in_AjaQ~ä
78 am Portal des Vihäras Nr. 2.3, am Verandafenster
80 der Höhle Nr. 24 und an der rechten Verandaka-
79 pelle des Vihäras Nr. 23 wieder. Damit ist ein siche-
rer Anhaltspunkt für die zeitliche Stallung dieser
Höhlengruppe gegeben. Die Ornamentfelder der
73 Verandakapellen des Vihäras Nr. 2.1 gehen dagegen
schon beträchtlich über die Zeitstufe von Deogarh
hinaus und leiten als jüngste Ornamentform von AjaQ~ zur Endphase der Voluten-Noppen-Orna
mentik' in Indien über.
Ornamente sind immer im Fluß, immer im Wan
del. Was eine Künstlergeneration ersann und in spielerischer Freude erprobte und variierte, wird
von der nächsten Generation kritisch geprüft und
überwunden oder verworfen. So erging es auch dem Voluten-Noppen-Ornament, das um die Mitte des
6. Jahrhunderts seine Blütezeit erlebte. Schöne und
relativ sicher datierbare Beispiele für den Beginn
der Auflösung dieses Orname.nts finden wir im
mittleren Dekkhan in den hinduistischen Höhlen-
56* tempeln Nr. 1 und Nr. 2. in Bädämi, die nicht
allzu lange vor der in das Jahr 578 n. Chr. datier
ten Höhle Nr. 3 von Bädämi, das heißt im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts, ausgehöhlt wor
den sind.
Die langgezogene Volute der Stufe von Deogarh
verliert im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts ihre
in AjaQ~ä noch vegetabil-satlvolle Substanz und ihre
federnde Spannung. Weich und geschmeidig
schmiegt sie sich in sehr flachem Relief, einzeln oder
mit einer noppenbesetzten bandartigen Ranke ver
bunden, bis in den letzten Winkel des Ornament
feldes. Andere Elemente, die sich aus Voluten- oder
Rankensegmenten herleiten, füllen die Zwischen
räume nach dem Prinzip des horror vacui. Es ent-
'43
steht ein vielfältig verästeltes, teppichartiges Ornamentmuster, in dem die Voluten, die sich jetzt spi
ralig einzurollen beginnen, schrittweise zurücktreten. Das Ornament wird noch flacher als in Deogarh und wirkt durch die Schattenbildung der
gleichmäßig die Fläche überziehenden Rankentriebe und Noppen wie ein geschmackvoll entworfenes Durchbruchmuster.
In die gleichen Jahre fällt der Baubeginn in den
buddhistischen Höhlenanlagen von Elürä. In den
Friesen und in der Kapitellornamentik der Vihäras
Nr. z, Nr. 4 und Nr. 6 beginnen sich die ersten 88, Voluten in rosettenartige Elemente zu verwandeln, 91
die mit den Linien- und Kurvenelementen zu einem vielfältig verzweigten Teppichmuster verwoben
werden.
Die neuen Tendenzen, die sich im dritten Viertel des 6. Jahrhunderts in Ajal)tä, Bädämi und
144
Elürä vorbereitet haben, finden schließlich ihre Vollendung im flachen, flächenfüllenden Teppich
ornament der Höhle Nr. 3 von Bädämi aus dem Jahre 578 n. Chr. Das neue Ornament, für dessen sCharakterisierung man vielleicht die Dezeichnung
»Astwerk<< oder >>Ast- und Zweigwerk<< wählen könnte, ist sehr vielgestaltig. In asymmetrischem Rhythmus verzweigen sich die einzelnen, in ihrer
Einzelform kaum noch bestimmbaren Ornamentglieder, zu denen auch eingebundene Rankenteile
und kleine, unscheinbare Spiralvoluten zählen. In direkter Nachfolge des Ornaments der Höhle
Nr. 3 in Bädämi stehen die Ornamentformen der Höhlen Nr. 3 und Nr. 20 in Elürä. Volutenspiralen IC'
und Bandelemente, alle gleich breit und flächenfüllend aneinandergelegt, durchziehen in rhythmi
schem Verlauf die Friese, ohne daß eine wirkliche Ranke vorhanden ist. Die äußeren Bänder führen
56* Kapitell
ornament im Höhlen
tempel Ne. 1
von Bädämi
in kleinere Spiralvoluten, die inneren teilen sich im Verlauf in gleichmäßige, eng gefügte neue Rankenelemente, deren innerer und äußerer Rand kleinteilige Einkerbungen zeigt. Im Größenverhältnis
der einzelnen Elemente bleibt die Einheitlichkeit von B~dämi erhalten: Alle Glieder passen propor
tional zueinander. Das Teppichornament läuft als Leitform im letzten Viertel des 6. Jahrhunderts aus. Das Noppenmotiv schwindet in diesen Jahren allmählich aus dem Ornament oder wandelt sich in Einkerbungen oder sich umschlagende Ränder bandartiger E lemente.
Die Wellenbandranke des 7· Jahrhunderts
Auch für das 7· Jahrhundert stammen die chronologischen Fixpunkte aus dem mittleren und südlichen Indien. In der Regierungszeit des PallavaFürsten Mahendravarmon I. (6oo-63o n. Chr.)
57• Kapitellornament im Höhlentempel Nr. 3 von Bädämi
wurde ein kleiner Höhlentempel in Delavänür mit
einer ornamentverzierten Portalbekrönung errichtet. Da die nächste Entwicklungsstufe des Ornaments am Meguti-Tempel von Aihoje aus dem
Jahre 634 n. Chr. auftritt, dürfte der Tempel von Dclavänür das erste Viertel des 7· Jahrhunderts vertreten. Unter den Denkmälern von Mämallapuram, die unter dem Pallava-Fürsten Narasimha
varman I. Mämalla (63o-668 n. Chr.) entstanden sind, ist für uns das Dachkantenornament des klei
nen Draupadi-Rathas von besonderem Interesse. Das späte 7· Jahrhundert wird schließlich durch den Svarga-Brahma-Tempcl in Älampur aus der Zeit des Cä!ukya-Fürsten Vinayäditya (68o-696 n. Chr.) charakterisiert. Obwohl auch für dieses Jahrhundert nur wenige datierte Ornamentbeispiele vorliegen, sind diese wieder so günstig verteilt, daß die Entwicklung des Ornaments in diesem Jahrhundert zweifelsfrei abgelesen werden kann.
14 5
58* Portalbekrönung des Höhlentempels von Delavänür
Die Makara-Schwänze am Portal des Höhlentempels von Delavänür laufen wie üblich in eine 58*
Ornamentform aus, die die in Bädämi im Höhlentempel Nr. 3 gefundene Form aufgreif! und weiterführt. Der gleichen Stilstufe, die dem ersten
Viertel des 7· Jahrhunderts entspricht, gehören die Friese und Ornamentfelder des Kumära-BrahmaTempels in .Aiampur an. Das noch sehr flache,
gleichmäßig die Fläche füllende Ornament nimmt schon sehr betont Bandcharakter an. Die Ränder der Bandelemente sind eingekerbt oder umgeschlagen, die Bänder selbst werden in ondulierenden
Wellen durch den Fries geführt oder rollen sich an ihren Enden zu relativ großen, aber optisch
unbetonten Spiralvoluten zusammen. Auch in die-ser s·tufe lösen sich einzelne Voluten aus dem strukturellen Zusammenbang des Ornaments und winden sich zu isolierten Spiralrosetten ein.
Pfeiler- und Kapitellfriese in den Höhlentempeln Nr. 14 und Nr. 21 von Elürä illustrieren die Möglichkeiten, die in der nun gefundenen neuen Form verborgen liegen. Gestaffelte, an den Rändern
gekerbte oder eingeschlagene Bänder, wie seiner-zeit die Zwischenstege von Bhumara schriig in die Reliefebene gelegt und gelegentlich von kräftigen Ranken mit Sprossen und Nebenranken begleitet,
105, 112. 107. 110
werden hier wie sturmgetriebene Meereswellen stilisiert. Obwohl es sich um ein abstraktes Orna
ment handelt, scheint eine unendliche Folge aufgepeitschter Wassermassen an uns vorbeizuwogen. Aus jedem gleitenden Wellental hebt sich in asymmetrischem Rhythmus eine Welle zu einem Wellen
kamm empor, über dem der Gischt der Schaumkrone versprüht und im Spiralwirbel einer Volute die Bewegungsrichtung ausgleicht und zurückführt.
Nicht das Fließen eines breiten Stromes, sondern das Auf und Ab eines Tag für Tag ans Ufer bran
denden endlosen Ozeans scheint in diesem Orna
ment eingefangen zu sein, ein adäquates Symbol für das Leben mit seinem immer wiederkehrenden
Rhythmus von Geburt, Tod und Wiedergeburt. Im verhältnismäßig sparsamen Ornamentschmuck
des Meguti-Tempels in Aiho!e aus dem Jahre 634 n. Chr. wird schließlich die Asymmetrie in den
Bändern noch stärker betont. Die Bänder verlieren ihre bisher gleichmäßige Linienführung und werden von einer Spitze aus kontinuierlich verbreitert. Die ehemaligen Voluten haben sich fast ausnahmslos in Spiralrosetten aufgelöst, die isoliert in das Bandgerüst eingefügt worden sind. Die Ränder
der Bänder sind weiterhin umgeschlagen oder durch Einkerbungen aufgelockert.
59* Dachornament
des Draupadi-Rathas von Mämallapurnm
Die Portalbekrönung und das Dachkantenornament des Draupadi Rathas in Mämallapuram
59*aus der Zeit des Fürsten Narasimvarman I. (630 bis 668 n. Chr.) verdeutlichen die nächsten Schritte in der Entwicklung des Ornaments. Die Ränder der betont asymmetrisch gezogenen Bänder werden durch vielerlei kleinteilige Elemente aufgelockert, die sich im plastisch wieder höheren Relief schuppenartig überlagern. Alle diese Elemente wirken wie zufällig aneinandergcfügt, bestimmen aber
entscheidend den optischen Eindruck. Die gleichen Stiltendenzen an einem besonders qualitätvollen Beispiel verdeutlicht der .auf derselben Stilstufe
11-1 stehende Pilaster des Vihäras Nr. j in Elürä. In Elürä läßt sich die Entfaltung des Wellen
bandornaments über Mämallapuram hinaus ver
folgen. Nach dem Tempel Nr. 21 müssen hier um
117, die Mitte oder im dritten Viertel des 7· Jahrhun-
116 derts die Caitya-Halle Nr. 10 - die damit nicht am Beginn der buddhistischen Bautätigkeit steht -
119 und der Tempel Nr. 17 entstanden sein. Das Orna-
ment wird jetzt im Größenverhältnis stärker diflerenziert. Breitflächige Spiralrosetten werden mit kleinteiligen Rankenelementen und Verzweigungen kombiniert, deren Ränder umgeschlagen und eingekerbt oder ausgeschnitten bleiben. Erste geschweifte Elemente treten auf. Das Ornamentmotiv bleibt abstrakt. Die biegsame, geschmeidige Li-
60* Ornamentfries des Vaital Deul in Bhüvanesvara
147
6!" Portalbekrönung des Saitgamesvara-Tempcls in Panadakal
nienführung der in wechselndem Rhythmus anein
andergefügten Spiralrosetten und Bandelemente,
eingestreute Rankensprosse und die tiefen, halb
kreisförmigen Einkerbungen der Ränder, die kreisrunde Randlappen entstehen lassen, suggerieren
aber ofl den Eindruck einer pflanzlichen Ornament
form.
Das Ornament des letzten Viertels des 7· Jahrhunderts illustrieren die Tempel der Cä!ukya
D ynastie in Alampur - der Padma-Brahma, der
Garuc.la-Brahma, der Visva-Brahma und außerdem
der in die Zeit Vinayädityas (68o-696 n. Chr.)
datierte Svarga-Brabma. In diesen Jahren wird eine
fast rundplastisch gebildete Ranke oder gelegentlich an ihrer Stelle ein Bandelement im Wellen
rhythmus durch den Fries geführt. Mehrgliedrige
geschweifte Bänder, die an ihrem Ansatzpunkt die Ranke wie der Kelch eines Sprosses überfangen,
begleiten das Auf und Ab der Wellenranke, ver
zweigen sich und fügen sich an ihren verbreiterten
Enden in die rhythmische Bewegung der Kurven
ein. Das jeweils innere Band rollt sich zum optischen Wirbel der s·piralrosette ein, während die
übrigen Bänder die Rosette umschließen. Der eine
Rand der Bänder schlägt sich mit seinen lappenar-
148
tigen Ansätzen meist schuppenartig ein, der andere
ist kleinteilig aufgerissen oder gekerbt, eine Form, die in manchen Fällen auch auf die Spiralwirbel
der Rosetten übergreift. Zu den schönsten Beispielen
dieser Stilphase gehört unbestreitbar der Ornament
dekor des Vaital Deul in Bhuvanesvara (Orissa). 60*
Die geschweiften, vielfältig gekerbten Bänder, die sich eng gestaffelt wie im sanften Wiegen einer Was
serpflanze durch das Ornament ziehen, führen die
Tendenzen von Älampur weiter. Auch die Spiral
rosetten, die als gleiches E lement den Rhythmus
und die Verzweigungen der Bänder betonen, sind
jetzt stark an den Rändern und im Inneren ge
kerbt und durch Randlappen aufgelockert. Das Umschlagen der Ränder wird hier dagegen weit
gehend aufgegeben.
In der Portalbekrönung des Sangamdvara-Tem-
pels in Pa~!:adakal aus der Zeit des Cä!ukya-Für- 61*
sten Vijayäditya (696-733 n. Chr.) verkörpert
einerseits die Vollendung, andererseits aber auch
schon die Auflösung der Bandranke des 7· Jahrhunderts. Breite, metallisch harte Bänder mit glat-
tem oder leicht erhabenem Rand werden in der
Fläche wie angeschnitten aufgerollt und laufen in vielteiligen Verzweigungen unterschiedlicher Größe
aus. Auf der Oberfläche der Bänder beginnen sich
jetzt Schichten abzulösen und erhaben einzurollen.
Diese Aufrollungen werden zum Bandende hin dichter und verunklären das Ornament. Charakteri
stisch für diese Stufe ist die Weiterentwicklung der
ehemaligen Spiralrosetten. In unserem Beispiel sind die Bänder selbst wirbelartig geführt. Die eigent
lichen Rosetten aber haben sich in eine Vielzahl
kleinerer Bandformen aufgelöst, die sich asymme
trisch verschlingen oder wie die Fangarme eines Pulypcn nach außen streben.
Das Schnörkelornament des 8. Jahrhunderts
Obwohl das Ornament des Virüpäk~a-Tempels und
des Mallikärjuna-Tempels in Pattadakal, die um
i40 n. Chr. von den beiden Gemahlinnen des Cä!ukya-Königs Vikramäditya li. errichtet wurden, di
rekt an die Formen des Satigamdvara-Tempels anknüpf!:, entsteht sowohl durch die Auswahl der
übernommenen Elemente als auch durch neue Ak
zente in ihrer Fügung und Durchformung ein neues
Ornament, das für die Denkmäler des 8. Jahrhunderts charakteristisch wird. Der erste Eindruck ist
eine geordnete Unruhe. Kleinteilig und vielfältig
verschlingen sich die kleinen Bandelemente. Die eigentlichen Bänder verlieren ihre dominierende
Rolle, nur ihre Ränder besitzen noch eine gewisse
gliedernde Funktion. Überschaut man rückblickend
noch einmal die Entwicklung des Rankenornaments in Indien und erinnert sich an seinen Ursprung,
dann verstärkt sich auf dieser Stufe die Assozia
tion vegetabiler Formen, obwohl kaum ein E lement
als wirklich pflanzliches Detail angesehen werden
kann. Die Bändigung einer dicht die Fläche überziehenden überquellenden Fülle von Einzelformen,
die sich wie Blattwerk winden und einrollen, er
innert stark an die Tendenzen des späten 5· Jahrhunderts. Die Rosettenwirbel schwinden allmählich
aus dem Ornament und spielen keine gliedernde
Rolle mehr; nur die großen Ornamentgehänge über
den Figurennischen laufen in große, großzügig ge
führte Spiralvoluten aus. 122 Das Pfeilerornament des Höhlentempels Nr. 15
129, und das Dachkantenornament des Kailäsanätha-128 Tempels (Nr. x6) in Elürä, Bauten der RäHraküta-
Dynastie aus dem dritten Viertel des 8. Jahrhun
derts, führen diese Entwicklung weiter. Ein wahres
Schnörkelwerk vielfältiger Rollen, winziger Spiral
voluten und breitliegender flacher Elemente ist hier
zu einem fast unüberschaubaren Gewirr vereinigt. Der Gesamteindruck ist vegetabil, obwohl auch hier
die Einzelelemente abstrakte Form besitzen. Das
sehr plastische, räumlich tief unterschnittene Orna
ment wird durch Ranken, Rosetten sowie Tier- und
Menschenfiguren bereichert und gelegentlich mit
dicken, rundplastischen Astranken durchflochten -
alles in allem ein Ornament, das wie geschaffen
ist, durch Licht- und Schatteneffekte größere Flä
dlen in hellem Sonnenlicht aufzulockern und optisch
zu beleben. Auf der gleichen Entwicklungsstufe 126 dürfl:en die Verandapfeiler des Vihäras Nr. 12 in
E lürä stehen, deren Ornament etwas über die s·til
formen des Tempels Nr. 15 hinausgeht. Etwas jün
ger mutet dagegen das Ornament der PürQaghata-137 Pfeiler in der Vorhalle des Kailäsaniitha-Tempcls
nn. Die aus dem Vasenkapitell herausquellenden Ornamentgehänge sind den Formen von PaHada
knl und den Verandapfeilern des Tempels Nr. I 5
Yon Elürä verpflichtet. Die winzigen Öffnungen
der sich in die Reliefebene ordnenden Bandrollen wirken hier wie aufgebahrt.
F ür das späte 8. und das 9· Jahrhundert gibt es
leider keine sid1er datierbaren Ornamentbeispiele
mehr. Daher bleibt ungewiß, ob die jüngsten Höh
lentempel von Elürä noch dem 8. oder schon dem
9· Jahrhundert angehören. Die relativen Stufen der
Stilentwicklung lassen sich auch weiterhin von den Denkmälern ablesen. Ihre zeitliche Einordnung
aber bleibt eine Ermessensfrage und damit unbe
friedigend. Das betrifft sowohl die jüngeren Höhlen und Bauglieder im Tempelkomplex des Kailäsanä-
149
tha als auch die Gruppe der sechs Jaina-Höhlen 140 emporgewölbten Fläche. Die breite und harte Rand-
am Nordrand der Felswand von Elürä. Der jainistische Tempel Nr. 30, der »kleine Kai
läsac, besitzt in seinem Ornament noch verhältnis
mäßig frühe Züge, die an die Stufe des SarigameSvara-Tempels in p,,~~adakal anknüpfen. Es ist noch
das typische Bandornament des 7· Jahrhunderts, das in breiten Bändern mit Betonung der Ränder
die Dachkanten verziert. Diese Bänder lösen sich
an ihren Enden in rosettenartigen Formen auf. Allerdings gehen die verhältnismäßig sparsamen Aufrollungen der sich von den Bändern abheben-
den Schichten mit ihrem Bohrungseffekt über diese Stilstufe hinaus und verbinden das Ornament mit
dem Dachornament des Kailäsanätha-Tempcls, der
auch in den Bauformen dem Chota Kailäsa als Vor-bild gedient hat. Anscheinend war in den jainisti
schen Gemeinden eine Bauschule am Werk, die noch stärker der Tradition verhaftet war.
gliederung der Bänder besitzt aber keine Substanzbedeutung mehr. Sie bringt nur Richtung in das
141 Ornament, dessen einzelne Elemente beliebig ver
tauschbar bleiben. Das Ornament dieser Stufe wirkt bei aller Bewegtheit verhalten und gebändigt durch
den wechselnden Bewegungsrhythmus der Einrol
lungen und der harmonisch geführten Kurven der
Ränder. Die jüngsten Ornamentformen im Unterge.schoß
des Kailäsanätha-Tempelbereichs deuten den Weg
Diejainistischen Ilöhlcntempel Nr. 32 bis Nr. 34 1-16 sowie die Lankesvara-Höhle im Kailäsanätha
Komplex stehen dagegen in der Tradition der
Rä5~raküta-Bauten von Elürä und führen die dort gefundenen Stilformen konsequent weiter. Metal
lisch harte Bandformen treten auf dieser Stufe wie-
an, den das Ornament in der folgenden Zeit ein
schlagen wird. Die großen Gehänge jüngerer Kultbildnischen greifen vor allem den Bohreffekt auf, 1.;
der durch die gerollten kleinteiligen Oberflächen
bänder entsteht. Sie verstärken diese Tendenz durch zusätzliche echte Bohrungen, die die Oberfläche
breiterer Bandelemente auflockern. Das Ornament nimmt dadurch einen zwiespältigen Charakter an.
Einmal bestimmen die tief unterschnittenen, räumlich gebildeten Bandelemente die Wirkung, zum
anderen die feine Ziselierung der Oberfläche, die
den Reichtum des Ornaments verstärkt. An diese flachen, auf Licht und Schattenwurf berechneten
Ornamente, bei denen die eigentliche Form nicht
vom Relief, sondern vom Schatten getragen wird, knüpft die mittelalterlicl1e Ornamentik im west
licllen Indien an, während der Osten die vollplastischen, tief unterschnittenen Bandformen und Rollen wicucr in ein 'vcgclabilcs Ornament auf einer
weiteren Entwicklungsstufe zurückführen wird.
der in Erscheinung. Die Bänder sind dicht an dicht
mit sich abrollenden Teilen der oberen Schicht besetzt, unter starker Betonung der dreidimensionalen
räumlichen Wirkung. Die jetzt senkrecht zur RelieEebene gedrehten Rollen erheben sich wie Holz
schnitzerei auf einer ebenen, an den Rändern leicht
1)0
Bildinhalt und Bildidee
Das religiöse Spektrum Indiens ist bis zum heutigen Tage bunt und vielgestaltig. Indien war zu allen
Zeiten ein Schmelztiegel verschiedenster Völkerschaften auf mannigfaltigen Stufen der gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung, deren Religio
sität sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem bunten Teppich heterogener Elemente verwoben hat. Magische Riten, Zauberformeln und Astrologie stehen in Indien unmittelbar neben höchsten Abstraktionen philosophischer Spekulation. Die drei großen Religionen Indiens - der Buddhismus, der Hinduismus und der Jinismus- sowie Substratschichten der alten Stammesreligionen haben auch die Bilderwelt von AjaQtä und Elürä geprägt. Die frühmittelalterlichen Entwicklungsstufen im Glauben, Ritus und in der Herausformung der Götterwelt lassen
sich hier von den Denkmälern ablesen.
Brahmanismus
Voraussetzung der großen indischen Religionen, ob sie es nun als kanonisch anerkennen oder verwerfen, ist das vedische Schrifttum, in dem sich Glaube, Weltbild und Denken der Arya niedergeschlagen hat, indoeuropäischer Einwanderer, die seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. aus dem Nordwesten nach Indien kamen und hier im Laufe der Zeit kulturell mit der einheimischen Bevölkerung verschmolzen. Auf die Zeit der Arya-Wanderung geht die indische Ständegliederung zurück, in der die Aryas als Brahmanen (Priester), K$atriyas (Krieger) und Vaisyas (Händler und Bauern) den unterworfenen Südras gegenüberstanden. Die Hymnen und Zau
bersprüche der »Veda<< (Sanskrit : Wissen) genann-
ten vier großen Sammlungen und das exegetische Schrifhum der BrähmaQas, AraQ.yakas und Upani
~aden haben dem indischen Denken einen unauslöschbaren Stempel aufgedrückt. Die i\ryas brachten ein Pantheon von Gottheiten mit, die Naturgewalten oder ethische Prinzipien personifizierten. Ihre Feueropfer, bei denen die Brahmanen die Götter um Erfüllung der Wünsche eines wandernden Hirtenvolkes anflehten, galten Agni, dem Feuergott,
Väyu, dem Windgott, Sürya, dem Sonnengott, Soma, dem rituellen Rauschtrank, VaruQa, dem Hüter des sittlichen Weltgesetzes und späteren
11 Meeresgott, und vor allem Indra, dem Götterkönig
und furchtlosen Anführer in Zeiten der Landnahme. Aus der einheimischen Volksmythologie stammen niedere Gottheiten wie die Schlangengötter (Nägas), die Fruchtbarkeitsdämonen (Yak$as) und zahlreiche andere Naturgeister und Dryaden. Götter wie Agni, Väyu oder Sürya und die Geister der Volksphantasie werden auch heute noch in Indien verehrt. In Elürä sehen wir den bärtigen Agni als Welthüter des Südostens auf einer Ziege und Väyu
133 a ls Welthüter des Nordwestens auf einem Hirsch ceiten. Sürya, dem bis in das späte Mittelalter in Indien vereinzelt eigene Tempel errichtet worden sind, spielt auch in Elürä eine bedeutendere Rolle. In seinem Höhlentempel Nr. 25 ist er an der Decke der Vorcella in einem Relief dargestellt, wie er auf seinem von sieben Rossen gezogenen Wagen das Himmelsgewölbe durcheilt.
Im Laufe der Zeit wandelte sich der Ritus der Feueropfer von einer zweckbezogenen Opferlehre zu mystischen Spekulationen über Zweck und Sinn dieser Opfer. Die Brahmanen glaubten nun, daß sie im kultischen Soma-Rausch die Gemeinschaft
ljl
der Götter teilten und diese durch Magie zur Er
füllung ihrer Wünsche zwingen konnten. Im Soma
Rausch versuchten sie, das Geheimnis des Opferwortes (Brahman) zu ergründen. Spekulationen
über den Traum und über magische Zusammen
hänge in der Natur führten schließlich zur Vorstellung von der Weltseele (Brahman), mit der sich
die Einzelseele nach dem Tode wieder zu vereinigen strebt. In der Folgezeit bildet sich die charak
teristische indische Lehre von der Seelenwanderung heraus. Pflanze und Tier, Mensch und Gottheit sind
in einem großen Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara) miteinander verknüpft. Die Frucht guter 6
oder böser Taten (Karma), gemessen an einem sitt
lichen Weltgesetz (Dharma), steuert in unpersön
licher Kausali tät den Status einer Seele in einem neuen Leben. Obwohl die Lehre vom Brahman und
der Glaube an die vom Karma regierte Seelen
wanderung formal einander auszuschließen scheinen, sind doch beide nebeneinander die Wurzeln der allen indischen Religionen innewohnenden Erlö
sungslehren.
Buddhismus
Der Buddhismus weist für Mönche und Laienan
häRger einen neuen, volkstiimlicheren Weg zur Er
lösung vom Smnsara. Er entstand im 5· Jahrhundert v. Chr. als Reaktion auf das immer kompli
ziertere und kostspieligere Ritual des brahmani
schen Feueropfers und auf das Streben der Asketen, durch intensive Yoga-Meditation zur Erkenntnis
und zur Wiedervereinigung mit dem Brahman zu gelangen, Heilswege, die nur wenigen zugänglid1
waren. Der Buddhismus leugnet die Autorität des Veda und verwirfl: die Lehre vom Brahman und
das in dieser Zeit schon weit verzweigte Kasten
system. Daraus erklärt sich sein großer Zulauf, der ihn schon bald zur Volksreligion werden ließ.
Der Begründer des Buddhismus ist eine histori-
sehe Persönlichkeit, ein junger Prin7, dessen Le
bensbeschreibung in den Quellen allerdings \'On Le
genden durchwoben ist. Die entscheidenden Ereignisse seines für den Buddhisten beispielgebenden
Lebensweges und Erzählungen nus seinen früheren
Geburten {Jätakas) sind beliebte Motive der bud
dhistischen Kunst, die auch die Bilderwelt von
Ajal)tä geprägt haben.
Das Leben des Huddha
Die Legende berichtet, daß Prinz Siddhärta aus
dem nepalesischen Fürstengeschlecht der Säk)•as
durch sein Karma für die Rolle eines Buddha, der
die Menschen zur Erlösung vom Sati1sara führt, vorbestimmt war. Vor seiner letzten Geburt weilt er
im Tu~ita-Himmel, einer der Himmelswelten der buddhistischen Kosmologie. Seine zukünftige Mutter, die jungfräuliche Königin Mäyä, erlebt im
Traum, wie der Bodhisattva, der kommende Bud
dha, als weißer Elefant zu ihr niedersteigt und in ihren Mutterleib eingeht. Auch seine Geburt ist
durch Wunder bestimmt. Kurz vor ihrer Nieder
kunft lustwandelt Königin Mäyä im Lumbini-Hain, einem Park vor den Toren der Hauptstadt Kapi
lavastu. Als sie unter einem Siil-Baum steht und in seine Zweige greift, tritt der junge Bodhisattva aus
ihrer rechten Seite hervor. Ein alter Weiser er
kennt am Neugeborenen die 31 Zeichen eines auserwählten Menschen (Lnk~aryas) und prophezeit dem König, daß der Knabe später einmal ein Welt
herrscher oder als Buddha ein eeistlid1er Führer
sein werde. Siddhärta wächst als junger Prinz in der Gebor
genheit des königlichen P:~l:~stes hcmn. Der König nbcr ist in ständiger Sorge, d:~ß sich der Prinz für
den geistlichen Weg entscheiden könnte. Der Rat der Ältesten aber tröste t ihn: Es sei an der Zeit, den Prinzen zu vermählen. In den Armen einer lieb
reizenden Frau werde er sich auf seine Fürstenpflichten besinnen. Siddhärtha genießt an der Seite
seiner Gattin Yasodharä einige Jahre alle Freuden des irdischen Daseins. Eines Tages aber senden ihm die Götter mahnende Zeichen: Auf einer Ausfahrt aus dem Königspalast in die Stadt Kapilavastu führen sie ihm einen Kranken, einen Greis und
einen Toten in den Weg und anschließend als Bei
spiel einen genügsamen Bettelmönch. Betroffen über das ihm bisher noch nicht bekannte menschliche Leid, beginnt der Prinz, über die Probleme des Le
bens nachzusinnen. Der König weigert sich, den Prinzen als Asket in die Einsamkeit ziehen zu las
sen. Die Stadttore werden streng bewacht, und der König vertraut auf die sinnliche Macht der jungen Frauen im Harem des Prinzen. Dieser aber beschließt, auch ohne väterliche Erlaubnis das welt
liche Leben zu verlassen. Eines Abends reitet er heimlich fort in die Einsamkeit. Götter haben die Augen der Torwächter mit Schlaf umfangen, die Riegel öffnen sich durch Zaubermacht, und Erdgei
ster stützen die Hufe des Pferdes, um den Hufschbg zu dämpfen.
Als Schüler verschiedener Yoga-Lehrer ringt der junge Gautama, wie er sich jetzt als Asket nennt,
mehrere Jahre um Erkenntnis. Aber selbst die strengste Kasteiung, die ihn an den Rand des Gra
bes führt, bringt kein Ergebnis. Darauf gibt der Bodhisattva kurz entschlossen die Askese auf, nimmt wieder Nahrung zu sich und widmet sich der
reinen Meditation, dem mittleren Weg zwischen dem Wohlleben der Welt und der Askese. Eines Tages setzt Gautama sich in Bodhgayä unter einem großen Baum zur Meditation nieder mit dem festen Entschluß, sich nicht zu erheben, ehe er nicht vollständige Erkenntnis gewonnen habe. Und diese Meditation bringt die Erleuchtung, nach der er den
Ehrennamen >>Buddha<<, der >>Erleuchtete« annimmt. Gautama überblickt plötzlich die Kette seiner Wie
dergeburten und erkennt das Wesen seines Karma. E r konzentriert sich mit allen Gedanken auf das
menschliche Leid und erkennt das Wesen des Leidens, seine Wurzeln in der menschlichen Begierde
und den Weg, der das Leid überwindet. Mära, der Herr der Sinnenwelt, ist bestürzt und fürchtet um
seine Macht. Er setzt ein Heer wilder Dämonen in Bewegung, um den Bodhisattva zu schrecken und seine Erkenntnis zu verhindern. Der Bodhisattva aber bleibt unbewegt. Auch Märas schöne Töchter
»Begierde<<, »Wollust<< und >>Sehnsucht<< können 66 Gaurama nicht mehr beirren und auf den Weg des
Weltherrschers zurückführen. Der Bodhisattva berührt mit seiner Rechten den Erdboden und ruft die Erdgöttin als Zeugin an, daß er sich in frühe
ren Leben das Karma zur Erringung der Buddha
würde errungen habe. Der Buddha durchdenkt sein neues System, den
edlen achtgliedeigen Pfad rechten Denkens und
rechten Handelns, der zum Nirväoa, zur Erlösung
vom Sarilsara, führt. Dann wandert er nach Benares, wo er seinen ehemaligen Schülern, die ihn enttäuscht verlassen hatten, als er die Askese aufgab, die neue Lehre predigt. Diese >>Erste Predigt« im Gazellenpark von Särnäth, mit der der Buddha das
>>Rad der Lehre<< in Bewegung setzt, ist ein zentrales Thema der buddhistischen Ikonographie und
32 liegt auch dem Bildtypus des sitzenden Buddha in
den Kultbildkapellen von Ajao~ä zugrunde.
10, Vierzig Jahre wandert der Buddha durch das 1 ~: Land, predigt seine neue Erlösungslehre, überwin-9 det oft mit übernatürlicher Kraft seine Widersacher
und gründet eine große Gemeinde. Die ersten Klöster entstehen als Zufluchtsort für die Mönche in der Regenzeit, und der Buddha gibt seinen Anhängern eine feste Ordensregel, die die Pflichten der
Mönche und der Laienanhänger genau bestimmt. Am Ende eines erfüllten Lebens gelangt der achtzigjährige Buddha mit seinen treuen Schülern nach Kusinagara. Er fühlt sein Ende nahen und läßt
67 sich von seinem Lieblingsschüler Ananda das letzte
Lager bereiten. Der Buddha gibt seinen Schülern die letzte Unterweisung: Nach seinem Erlöschen
sei seine Lehre oberste Richtschnur für sie. Er selbst aber werde sie in Kürze verlassen. Der Buddha ver-
15 3
sinkt darauf in seine letzte Meditation und geht in das NirväQa ein. Der Buddha wird, beklagt von
seinen Schülern, mit allen Ehren eines Herrschers
verbrannt. Streitende Fürsten lassen über seinen Reliquien acht große Stüpas errichten.
Die Jätakas
Ebenso beliebt wie die Darstellungen aus dem Le
ben des Buddha sind in AjaQ~ Illustrationen seiner legendären vorangehenden Geburten. Zahlrei
che altindische Fabeln und Volkserzählungen von der Bestrafung böser und der Belohnung guter Taten wurden von den Buddhisten gesammelt, über
arbeitet und durch eine Rahmenerzählung, in der der Buddha am Schluß die Geschichte als Begebenheit einer seiner früheren Geburten deutet, zu einem
kanonischen Text zusammengefaßt. Die ganze Viel
falt des indischen Lebens und die Palette seiner Wertvorstellungen sind in diesen oft zauberhaften
Geschichten eingefangen. Die Stifter der Mahäyäna-Kiöster von AjaQtä
wählten als Themen für die Ausmalung der Vihä-
ras neben den großen Ereignissen aus dem beispielhaften Leben des Buddha einmal aus dem schier
unerschöpflichen Schatz der Jätakas vorwiegend diejenigen aus, die die Pflichten und T ugenden der
Mönche, vor allem aber der buddhistischen Laienanhänger oft sehr poetisch illustrieren, zum anderen
aber auch Erzählungen, die in der buddhistischen
Welt, aus welchen Gründen auch immer, sehr beliebt waren. Denn Stoffe wie die Geschichte vom Prinzen KalyäQakärin, der von seinem mißgünsti
gen Bruder auf hoher See geblendet, trotzdem aber von einer Prinzessin zum Gatten erkoren wird, oder 16
die Liebesromanze des Prinzen Sudhana, der über
Berge und Täler wandert, reißende Flüsse über- 19
quert und in der Wildnis zahllose Abenteuer erlebt, um seine geliebte Kinnara-Prinzessin als Gat-
tin zu gewinnen, sind über gemeingültige Lehren wie >>den Kern einer Sache und nicht das Äußere
l54
wählen« oder >>jede Anstrengung auf sich nehmen, um ein gewünschtes Ziel zu erreichen« hinaus kaum
mit der buddhistischen Lehre zu verbinden. Anders
steht es dagegen mit einigen beinahe klassisch zu nennenden Jätakas, die schon in den Theraväda
Gemeinden von Bhärhut und Säiici die Grundlehren des buddhistischen Lebens verkünden.
Aus dt!r Wdt dt!r altindischen Tierfabc:ln stammt
zum Beispiel das Cämpeya-Jätaka, das die Tugend 18
des Nichttötens, die Ahirilsä, preist. Der Bodhi
sattva läßt sich in diesem Jätaka als Schlangenkönig Cämpeya widerstandslos für den König von Bena-res fangen und abrichten, um nicht bei einer Ge
genwehr ein Menschenleben zu gefährden. Seine treue Gattin bittet ihn schließlich vom König frei,
indem sie diesem die Gründe für sein Nichthandeln erläutect, und Cämpeya predigt dem König den
buddhistischen Dharma. Grundlegende Pflicht eines buddhistischen Mön
ches ist die Weltentsagung. Wie der Buddha nach seiner Flucht aus dem Palast als Asket in die Einsamkeit zieht, um E rkenntnis zu gewinnen, so soll
auch der Mönch alle Fesseln, die ihn an das Leben
binden, von sich streifen. Beispielhaft in diese!ll Sinn ist zum Beispiel das Jätaka vom König Mahä
yanaka, der beschlossen hat, das Weltleben zu verlassen. Seine Gattin versucht, ihn bei Spiel und
Tanz in der Welt des Reichtums und des Luxus zurückzuhalten, der König aber blickt unbeein- 14 druckt vom Zauber schöner Frauen sinnend in die
Ferne. Das rituelle Bad vor dem Anlegen der
Staatsgewänder besitzt in diesem Zusammenhang Kontrastcharakter, denn der hier nicht abgebildete
zweite Pavillon links zeigt den König nicht im 15
Glanz fürstlichen Schmuckes, sondern in der ein
fachen Robe eines Mönches. Lebensnotwendig für einen Orden von Bettel
mönchen ist die Freigebigkeit seiner Laienanhänger. Darauf deuten schon die Bilder gabenbringen
der Laien in den Seitenkapellen des Vihäras Nr. 2 24, von Ajal)!ä hin. Aber auch das Jätaka vom freige- 25
bigen Prinzen Vessantara, der Reichtum und Macht, sein Haus, sein Roß, seine reiche Kleidung und schließlich auch seine Frau und seine Kinder als
Almosen verschenkt, ist überall in der buddhistischen Welt verbreitet. Dem versöhnlichen Tenor buddhistischer Legenden entsprechend, wird Vessantara schließlich von den Göttern mit seinen Lie
ben vereinigt und als Lohn für seine Generosität wieder in sein Amt eingesetzt. Wir bilden hier zwei
Szenen aus dem Vihära Nr. 17 ab, wie Vessantara 4 seiner Gattin mittei lt, daß er vom König verbannt
worden sei, weil er den kostbaren Staatselefanten verschenkt habe, und den Auszug Vessantaras und
5 seiner Gattin, die ihn nicht verlassen will, aus dem
königlichen Palast.
Das Jätaka vom Kaufmann Pürna, der sich auf einer Seereise zur Lehre des Buddha bekehrt, die Welt verläßt und mit seinem Reichtum ein buddhistisches Kloster gründet, verbindet die Weltentsagung mit der Freigebigkeit. Gleichzeitig aber symbolisiert dieses Jätaka auch den Lohn, den ein
Asket in dieser Welt für seine guten Taten erhal
ten kann. Als Pürnas Bruder auf einer neuen Seereise in die Gewalt von Dämonen gerät, die sein
Schiff mit Untergang bedrohen, eilt Pürna durch übernatürliche Kraft, die er durch seine Askese gewonnen hat, dutth die Lüfte herbei und rettet sei
nen Bruder und das Schiff. Ein Wandgemälde im Vihära Nr. 2 in AjaQ~ä illustriert in der unteren Bildzeile die Not des Bruders und den zur Hilfe
herabsd1webenden Pürna, im oberen Fries sehen 26 wir Pürna und seine Dienerinnen Gaben herbei
bringen, durch die das Sandelholz-Vihära errichtet werden soll.
Das ebenfalls schon seit Bhärhut häufig illustrierte Jätaka vom Weisen Vidhura lehrt die Ehrfurcht vor der Person des geistlichen Lehrers. Der Dämon PuQQaka hat sich in eine Näga-Prinzessin
verliebt, soll diese aber nur dann als Gattin heimführen dürfen, wenn er ihrer Mutter das Herz des PaQgit Vidhura bringt. PuQQaka gewinnt dem Kö-
nig, in dessen Dienst der Weise Vidhura steht, den Paoc;lit im Würfelspiel ab, führt ihn auf seinem Wunderpferd durch die Lüfte und versucht ihn zu
töten, um ihm das Herz zu entreißen. Vidhura aber 21 belehrt ihn, daß die Schlangenkönigin nicht sein
Herz, sondern seine Weisheit und Belehrung sucht.
Ein Bildzyklus im Vihära Nr. 2 in Ajaf}~ illustriert dieses Jätaka in allen Einzelheiten. Wir sehen, wie der Dämon auf dem Zauberroß die Eskorte des Vidhura auf dem Elefanten auf dem Wege ins
23 Näga-Reich anführt, wie die Näga-Prinzessin auf
PuQI}aka wartet und dieser um ihre Hand bittet 22 und Vidhura, der den Nägas den Dharma erläu
tert.
Das Mahäyäna-Pantheon
Die Buddhisten der Theraväda-Zeit kennen neben dem historischen Buddha und Begründer ihrer Lehre fünf legendäre Vorgänger in den vergangenen Weltzeitaltern und den Bodhisattva Maitreya, den zukünftigen Buddha, der am Ende dieses Welt
alters kommen wird, um die Welt zu erlösen. Im Mittelpunkt ihrer Lehre aber steht der Arhat, der
buddhistische Mönch, der wie der Buddha auf dem edlen achtteiligen Pfad alle Fesseln des Lebens von sith abgestreift hat und amEndeseines Lebens
ins NirväJ)a eingehen wird. Mit dem Aufkommen der Bhakti, der liebenden
Verehrung einer Gottheit als Weg zur Erlösung,
tritt auch im Buddhismus ein Wandel ein. Die Anhänger des Mahäyäna schaffen sich ein neues Pantheon, an dessen Spitze jetzt fünf den Kardinalpunkten zugeordnete, spekulativ erschaute Buddhas
stehen, die dauernd in Meditation versunken sind. Diese Buddhas emanieren aus sich heraus fünf meditative Bodhisattvas, durch die sie in der Welt wirken. Der Heilsweg der Theraväda-Buddhisten
ist auf die eigene Erlösung vom Sarilsara gerichtet. >>Bodhisattva« ist für sie die Bezeichnung für eine Persönlichkeit, die auf dem Wege ist, die Buddha-
15 5
würde und das Karma zum Eingehen ins Nirvän.a zu erlangen. Der kosmozentrisch orientierte Mahäyäna-Buddhist wirft den Theravädas Egozentrismus vor, nennt ihren \'V'eg »Hinayäoa~. das •>kleine Fahrzeug~ zur Erlösung, im Gegensatz zu
seinem >>großen Fahrzeug<•, dem »Mahäyäna<<. Für ihn ist ein Bodhisattva eine Person höchster geistiger Vollkommenheit, die auf dem Wege zur Erlösung freiwillig auf das Eingehen ins Nirvän.a ver
zichtet, um allen Menschen bei der Erlösung zu helfen. Der Buddha tritt im Mahäyäoa langsam zurück. D ie Verehrung richtet sich an die Bodhisattvas, neben Maitreya vor allem an VajrapäQi und den barmherzigen Dodhisattva Padmapän.i oder Avalokitesvara. 20
Die Gemälde und die Reliefplastik von Ajan.~ä und Elürä illustrieren diese Entwicklungsstufen der buddhistischen Mythologie. Themen der
Wandmalerei von Aja•)tä sind vnr allem Jätakas und Szenen aus dem Leben des Buddha. Daneben treten die ersten Bodhisattva-Darstellungen auf. Kultbild in der Hauptcella in den Vibäras von Ajao~ ist noch der Buddha, dem die Bodhisattvas Vajrapäl)i, der den Donnerkeil (vajra) in der Hand hält, und Avalokitesvara mit dem Lotos als Attri-
but als Begleiter untergeordnet bleiben. Auch in Elürä gibt es noch Buddhabilder. Im plastischen 89, Schmuck der Höhlen-Vihäras aber dominieren jetzt 90
die Bodhisattvas.
Auch nach Vollendung der Höhlenklöster von Elürä haben gläubige Verehrer Votivbilder an die Wände meißeln lassen, denn auch das Stillen eines einzelneo Bildwerks war ein verdienstvolles Werk. Diese späten Reliefdarstellungen stammen aus einer Zeit, als der Taotrismus mit seinen magischen
Riten und Zauberhandlungen im Vajrayäna-Buddhismus an die Seite der Bhakti-Verehrung trat und diese bald überflügelte. Auch die Lehre von der Prajiiä, der Personifikation des Weisheitsaspektes eines Buddhas oder Bodhisattvas, die ihm als Gattin beigesellt wurde, entwickelte sich jetzt. Eine
q6
der beliebtesten Gestalten des Vajrayäna-Pantheons
war die Göttin Tärä, die Prajiiä des Bodhisattva 91 Avalokitcivara, durch die der Dodhisattva seineo Gläubigen mildtätig beim &Überqueren des Ozeans
der Existenz« bilfl.
Jinismus
Der Jioismus entstand etwa zur gleichen Zeit und in Rivalität mit dem Buddhismus als Reformbewegung gegen den erstarrten Opferkult der Brahma
nen. Sein Gründer Vardhamäna Mahävira nahm den Ehrentitel Jina, der tSiegerc, der die Welt überwunden hat, an. Wie den Buddhisten gebt es
auch den Jainas um die Erlösung aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten (Sarilsara). Ihr Weg zur &Mok~a« aber ist anders als der Weg des Buddhisten zum »Nirvän.a«. Auch die Jainas sprechen von den drei Kleinodien ihrer Religion. Während die Buddhisten unter dem Symbol dieser •Triratnat aber den Buddha, seine Lehre und die buddhistische Gemeinde verstehen, fassen die Jainas
darunter die Mittel und Wege zur Erlösung zusammen: ~Rechte Erkenntnis~ ihres philosophischen Systems, Hechter Glaube« an die Worte des Jina und die heiligen Texte und »rechter Wandel<<, der durch fünf Gelübde bestimmt wird - kein Lebewesen zu töten, nicht zu lügen, nicht zu stehlen,
keusch zu leben und an nichts sein Herz zu hängen. Während für den Buddhisten die Erkenntnis von der Entstehung und Überwindung des Leides den Kausalzusammenhang der Karma-Lehre unter
bricht und der edle achtgliedrige Pfad rechten Verhaltens und richtiger Meditation zum Nirväoa führt, spielen für den Jaina-Mönch die Kasteiungen aske
tischer Lebensweise bei der Erlangung der Mok~a die ausschlaggebende Rolle.
s6, s· Elürä, Höhle Nr.:
Pür~aghnfn·S:iulc der Vcr:~ndn und Portalhütcr;_
88,89
Elürä, Höhle Nr. 2,
Säule der inneren Halle
und Buddhabildgruppe
9'
Elürä, Höhle Nr._
BodhisattVa-Grupp.
91
Elürä, Höhle Nr. 6, Tär5-Stclc in der Veranda
92 Eliirii, I Johle Nr. 6, Cellaportal
93 Elürä, Höhle Nr. 3. Innenansicht des Säulenquadrats
94 Elürä, Höhle Ne. 8, Portalhüteein
95 (folgende Seite)
Elürä, Höhle Ne. 9, Fassndc
96 (übernächste Seite)
Elürä, Höhle Nr. 29, Oe\'i
97 Elürä, Höhle Nr. 29, Anrlhaka-Asura-Vadhana-Mürti Sivns /
6
98 Elürä, Höhle Nr. 19, Räva~a-Anugrha-Müni Sivas
99 Elürii, Höh le Nr. 19, Cella
JC E lürä, Höhle Nr. 10, Vcrandapon..1
101 Elürä, Höhle Nr. 14,
Verandapilaster
102 Elürä, Höhle Nr. 14,
Räval)a-Anugrha-Mürti
Sivas
103 (folgende Seite)
Elürä, Höhle Nr. 14.
Durgä
Mahi~äsuramardini
104 (übernächste Seite)
Elürä, Höhle Nr. 14,
Varäha-Avatära Vi~l)us
5
ürä, Höhle Nr. 14. Umä-Mahdvnra -Mürti Sivos
•
106 Elürä, Höhle Nr. 21 , Veranda und Nandi-Pavillon
107, 108
Elürä, Höhle Nr. 21.
Yamunä
und Verandasäule
Elürä, Höhle Nr.!
Gan~·
110
E lürii, Höhle Nr. 2 1 , Vcmndabrüstung Elürä. Höhle Nr. 21, Porta lhüter
112
Elürä. llöhlc Nr. z 1 , Ornamentfries einer Säulenbasis 113
Elürä, Höh le Nr. 2 1 . Siva im Lalitam-Tanz
11-1
E lürä, Höh le Nr.j,
V erandapilastcr
115
E lürä, Höhle Nr. 1
Inncnansich·
11 6, 117
Elürii, Höhle Nr. 10, Friese der Balkonbrüstung und Ornament der Fassade
118
E lürii. Hohle Nr. 10. Gandharvas der Fassade
119
Elürä, Höhle Nr. 17. Dvärapäla
120
Elürä. Höhle 1 r. 17. Brahmä, Vi~I)U und Siva
Auch der Jinismus bat im Laufe seiner Geschichte Schisma und Sektenbildungen erlebt; schon früh spaltete sich die Gemeinde in die Sekte der Digambaras, die vollständig nackt geben und damit auch alle sozialen Bindungen abgestreift haben, und die Sekte der Svetämbaras, die sich in weiße Gewänder kleiden. Im Gegensatz zum Buddhismus, der im Mittelalter vollständig von indischem Boden verschwand, haben sich die Sekten der Jainas bis zum heutigen Tage in Indien erhalten.
Der Ikonographie ihrer Bildwerke nach wurden die jainistischen Höhlentempel von Elürä von den Digambaras errichtet. Die Jainas kennen wie die Hindus mehrere Weltzeitalter. Im Verlauf des letzten Zeitalters traten nach ihrer Lehre nacheinander 24 Tirthankaras auf, von denen die beiden letzten - Pädvanätha und Mahävira- überall in den JainaHöhlen von Elürä abgebildet worden sind. Jedem Tirthankara gesellen sich auf seinem Lebensweg ein Yak~a und eine Yak$i oder Säsanadevatä (Göttiu der Lehre) bei, hilfreiche Geisterwesen, die als Lehrer und Begleiter in sein Leben eingreifen. Die Stifter der Jaina-Höhlen von Elürä waren besonders dem Yaksa Mätanga und der Säsanadevatä
143, Siddhäyikä, den Begleitern Mahäviras, zugetan. 144 Mätanga reitet auf einem Elefanten. Siddhäyikäs
Reittier ist die Gans oder der Löwe. Andere Bildwerke in den E lürä-Höhlen sind einem Heiligen der Digambaras gewidmet, dem Asketen Gom-
145 mata, der ein ganzes Jahr lang unbeweglich auf einem Fleck ausharrte, um durch diese harte Askese Allwissenheit zu erlangen. Sein Bild zeigt ihn als unbekleideten stehenden Mann, dessen Körper und Glieder von Schlingpflanzen umwunden sind. Auch die stehenden Bildwerke der Tirthailkaras sind mit herabhängenden Armen in frontaler Haltung dargestellt. Die Frontalität, bei der die Mittelebene des Körpers weder gebogen noch gedreht ist, ist in dieser Zeit aber kein Zeichen für archaische Plastik
121 Elürä, Höhle Nr. u, Dvärapiila
mehr, sondern ein Bhaliga, ein Standmotiv ohne Knickung der Körperachse. Sitzeode Jina-Bilder sind von sitzenden Buddhabildern nur dadurch zu unterscheiden, daß sie unbekleidet sind und durch beigegebene Symbole als der jeweilige Tirthailkara gekennzeichnet wurden.
Hinduismus
Während der Buddhismus und der Jinismus die alten brahmanischen Gottheiten zwar nicht leugnen, ihnen aber nur eine dienende Rolle in ihrer Mythologie einräumen, entwickeln sich seit den ersten Jahrhunderten n. Chr. aus dem Brahmanismus ein neues Pantheo11, neue Mythen und Lehren, die wir heute als »Hinduismus« zusammenfassen. Der Erlösungsweg des Buddha, das Ausscheiden aus dem Kreislauf der Wiedergeburten und das Eingehen ins Nirvät;~a, verläuft im Grunde genommen atheistisch. Das Karma regelt als unpersönliche Kraft deo Weltprozeß, und die Götter sind selbst auf einer höheren Stufe dem Samsara unterworfen. Das Erlösungsziel der Hindus, die Vereinigung der Einzelseele mit der Weltseele, ist dagegen auf die Hilfe der Götter angewiesen. Erfüllung seiner Kastenpflichten und liebende Bhakti-Verehrung des von ihm gewählten Gottes führen den gläubigen Hindu am Ende der Wiedergeburtenkette zur Er
lösung (Mok~a). Das hinduistische Pantheon ist sehr vielgestaltig.
Hoch.religion und Substratschichten aus altem Volksglauben stehen dicht nebeneinander. Die vedischen Götter tteteo im Hinduismus langsam zurück und verblassen. Ihre Stelle nimmt eine Triade gro-
120 ßer Götter ein - Brahmä der Schöpfer, Vi$QU der Erhalter und Siva der Zerstörer und Vorbereiter des Neubeginns -, die in mannigfachem Gewand und unter den verschiedensten Aspekten verehrt werden. Indien ist das klassische Land des Henotheismus, durch den zahlreiche lokale Gottheiten
189
im Laufe der Entwicklung miteinander verschmel
zen oder identifiziert werden. Diese Entwicklung führte aber zu keiner Einheit, sondern zu zwei großen Strömungen, die entweder Vigm oder Siva als
höchsten Gott anerkennen.
Siva
Die hinduistischen Fels- und Höhlentempel von Elürä sind vorwiegend von Sivaiten gestiftet worden. Siva ist in seinem Ursprung wohl die älteste
Gottheit, die heute noch in Indien verehrt wird. Manche Züge seines Wesens lassen sich bis in die Zeit der Harappä-Kultur des 3· Jahrtausends v. Chr. zurückverfolgen. Zahllose lokale Gottheiten verschmolzen im Laufe der Zeit in seiner Gestalt, ehe er als >>Mahädeva<<, der >>große Gott<<, neben Vi~Qu an die Spitze des hinduistischen Pantheons trat.
In der hinduistischen Götter-Trinität (Trimürti) Brahmä-ViHlu-Siva fällt Siva die Rolle des Zer- 120
störers zu, der am Ende einer Weltperiode im TäQc;lava-Tanz die Welt vernichtet, um Raum für eine neue Schöpfung zu schaffen. Für die Sivaiten aber ist er der höchste Gott, der die drei Aspekte der Schöpfung, des Erhaltens und der Zerstörung der Welt in sieb vereinigt. Siva ist der große Yogi, der kosmische Tänzer und die Verkörperung der Fruchtbarkeit. Die verschiedenen Aspekte seines Wesens und ihre ätiologischen Mythen und Legenden wurden im Programm der Tempel von Elürä
ausführlieb illustriert. Vor allem der KailäsanäthaTempel (Nr. x6), der seinen Namen von Sivas Wohnsitz im Himälaya herleitet, aber auch die Höhlentempel Nr. 14, Nr. 15, Nr. 21 und Nr. 29 sind Fundgruben zur sivaitischen Ikonographie.
Siva ist in seinem Ursprung kein vedischer Gott, sondern stammt aus der Mythologie der vorvedischen einheimischen Bevölkerung Indiens. Als Rudra ist er erst nachträglieb in das brahmanische Pantheon aufgenommen worden. Dargestellt wird er
meist mit den aufgesteckten Haarflechten eines Asketen, die mit der Mondsiebel verziert worden sind. Charakteristisch für Siva und für die anderen Gottheiten in seinem Umkreis ist ein drittes, meist senkrecht gestelltes Auge auf seiner Stirn. Sivas Attribut ist der Dreizack. Als Reittier (Vähana) dient
ihm der Stier Nandi, für dessen Bild vor jedem mittelalterlichen Siva-Tempel ein gesonderter Pavillon errichtet worden ist. In der täglichen Kulthandlung seiner Gläubigen wird Siva in der Regel in einem Symbol verehrt, dem männlichen Zeugungsorgan (Lingam), das auch in Elürä als Hauptkultobjekt in der Cella jedes sivaitischen Höhlentempels steht.
Komplex und widersprüchlich wie Sivas Herkunft und Genese sind auch die Mythen und Legenden, die einzelne Aspekte des Gottes erläutern. Als Mahäyogi wird Siva halb nackt mit einem Elefantenschurz um die Hüften abgebildet, wie er in Meditationshaltung auf einem Tigerfell sitzt. Als gnädige Gottheit wird er oft zusammen mit 105
seiner Gattin Pärvati oder Umä, dem freundlieben Aspekt der Devi, der >>Göttin<<, verehrt. Wir sehen die beiden Gatten im Gespräch (Umä-MähdvaraMürti), in ein Würfelspiel vertieft oder im Liebesspiel eng umschlungen (Umä-Äiiögana-Mürti). Ei-
nes Tages gab es einen Streit zwischen den Gatten. Daraufhin beginnt der Dämonenkönig RävaQa den Gipfel des Kailäsa-Berge.s zu erschüttern, und angstvoll schmiegt sich Pärvati wieder versöhnt in seine Arme (RävaQa-Anugrha-Mürti). Sivas Schöpferkraft symbolisieren Bildwerke des Siva Ardhanäri, in denen Siva und seine Gattin und Sakti Pärvati in einer Person verschmelzen. Die Bild
hauer wählten dafür ein stehendes Bildnis, dessen eine Seite männliche und dessen andere Seite weibliche Züge trägt. Wenn Siva den Abendtanz (Lalitam) im Himälaya tanzt, der seine Aktivität symbolisiert, eilen alle Götter herbei und lauschen entzückt diesem anmutigen Schauspiel. Der Ehe mit der Göttin Pärvati sind zwei Kinder entsprossen,
98, 102
113 124
der Kriegsgott Skaoda oder Kärttikeya, der Götter und Menschen vor dem Angriff der Dämonen beschützt, und der elefantenköpfige GaQe~a. der in
dische Gott der Weisheit, des Reichtums und des Glücks.
In seinem Aspekt als Erhalter hat Siva die Aufgabe, seine Gläubigen zu schützen und die Dämo-
97 neo zu vernichten. In der Aodhaka-Asura-VadhanaMürti sehen wir den vielarmigeo Gott sich auf den Dämonen Andhaka stürzen, der Götter und Men-
134 sehen bedrohte. Als Siva Tripuräotaka erweist sich Siva als der oberste Gott, denn nur er ist in der Lage, von seinem Streitwagen aus die drei Städte der Asuras mit einem Bogenschuß zu vernichten. Schutzgewährend tritt Siva in der MärkaQ<;leyaMürti aus seinem Lingam-Symbol hervor, um seinen getreuen Verehrer MarkaQ<;leya aus der Schlinge des Todesgottes Yama zu lösen. Als die Gaflgä vom Himmel auf die Erde herabgeholt wurde, um die Söhne des Königs Sagara vom Fluch eines Einsiedlers zu erlösen, fing Siva die erzürnte Göttin mit seinen Haarflechten auf, damit die Erde durch den Aufprall der Wassermassen keinen S"chaden erleide (Gangädhara-Mürti) .
Vi~J)U
Siva ist für seine Gläubigen der höchste Gott, aber auch ViHlU nimmt in ihrem Pantheon eine bevorzugte Stellung ein. Er ist in den Augen eines Sivaiten Siva untergeben, aber genauso existent wie ihr oberster Gott. Deshalb finden wir in den sivaitischen Tempeln von Elürä überall auch Darstel
lungen aus der vi~Quitischen Mythologie. Vi~Qu trat schon in vedischer Zeit lndra als erfolg
reicher Kämpfer zur Seite, wenn die Götter den
Dämonen zu erliegen drohten. Auch in seiner Gestalt verschmolzen im Laufe der Zeit zahlreiche Gottheiten. Götter wie Näräyal)a oder Väsudeva, denen in den ersten Jahrhunderten n. Chr. noch eigene Tempel errichtet wurden, oder epi~che Helden
wie Räma oder Kr~Qa sind heute nur noch Namen und Erscheinungsformen Vi$QUS.
120 Vi~Qu wird in der bildenden Kunst als vierar-
miger Jüngling mit dem reichen Juwelenschmuck eines indischen Fürsten und der heiligen Schnur eines Brahmanen dargestellt. Seine besonderen Kenn-
132 zeicheo sind eine mitra-artige Krone (Kirita-makuta). eine Haarlocke auf der Brust, das Brustjuwel Kaustubha und eine Kette aus fünf verschiedeneo Edelsteinen, die von den Schultern bis zu den Knien herabhängt. Seine vier Attribute - Diskus (Cakra), Keule (Gadä), Muschelhorn (Sankha) und eine Lotosblüte (Padma) - kennzeichnen ihn als alten Sonnengott und erfolgreichen Streiter gegen die Dämonen. Sein Reittier ist der Sonnenvogel Garuc;la, der Todfeind der Schlangen. Als Vi$QUS Gattin gilt die Göttiu Lak$mi oder Sri, die indische Göttin der Schönheit und des Glücks, die bei der Quirlung des Milchozeans aus den Fluten stieg. Merkwürdigerweise fehlen in Elürä auch die Darstellungen des auf der Weltschlange Se~a ruhenden Vi~Qu nicht, obwohl dieses Motiv für den Vi$QUiten Vi~QU als Herrn der Welt symbolisiert, der in meditativem Schlaf durch Brahmä die Welt entstehen läßt.
Von den für Vi~Qu als Erhalter und Beschützer der W clt charakteristischen Avatäras - zeitweiligen Inkarnationen des Gottes, um die Menschheit vor Bösem zu bewahren - sind in Elürä fünf abgebil-
104 det worden. Wir sehen Vi~Qu im Varäha-Avatära als Eber in die Tiefen des Weltmeeres tauchen, um einem Dämon die geraubten vier Veden und die Erdgöttin wieder zu entreißen. Im Nrsirilha-Avatära befreit Vi~Qu Götter und Menschen von einem übermütigen Dämon, der durch intensive Askese von Brahmä ertrotzt hatte, daß er weder von einer
Gottheit noch von einem Menschen oder einem Tier, weder bei Tage noch bei Nacht, weder innerhalb noch außerhalb seines Palastes getötet werden könne. Vi$QU nahm die Gestalt eines Mischwesenshalb Mensch, halb Löwe - an und tötete den Dä-
191
mon in der Dämmerung im Eingang seines Palastes. Im Vämana-Avatära überlistet Viglll einen Dämon 125
als buckliger Zwerg, der drei Schritte Land erbat und sich dann ins Unendliche vergrößerte und mit seinen Schritten die Erde und die Himmelswelten
für die Götter zurückgewaon. Im Räma-Avatära und im Km1a-Avatära ist Vi~QU der Held der beiden indischen Nationalepen Rämäyat;~a und Mahäbhärata, aus denen Episoden auf den Felsreliefs an der Westwand des Kailäsanätha-Tempels illustriert worden sind. Als Kr~Qa der Hirtengott bekämpft er weiterhin den Schlangendämon Käliya, der die Rinderhirten und ihre Herdeo am Ufer der Yamunä bedroht. Als Indra eines Tages einen sintflutartigen Regen schickt, packt Kmut den Weltenberg Govardhana und hält ihn als Schirm über sein Heimat
dorf Gokula.
Die Götterfrauen
Im Zuge der weiteren Herausbildung des Hinduismus treten die Götterfrauen mit ihren eigenständi
gen Mythenkreisen gleichberechtigt an die Seite der
großen Götter. Lak~mi wird in Elürä als Gaja- 135 Lak~mi abgebildet, ein altindisches Glückssymbol, bei dem die Göttin von E lefanten mit Wasser überschüttet wird. Die Devi gewinnt als Göttin Durgä 96 einen eigenen Charakter als kriegerische Bewahrerin, die mit den Waffen Sivas und der anderen
Götter ausgerüstet, den Büffeldämon Mahi~ä
überwindet. Als Mahisäsuramardini ist sie an vie- 103
leo Stellen in Elürä abgebildet. Eine Kapelle im
Komplex des Kailäsaoätha-Tempels von Elürä (Nr. x6) ist den Mätrkäs gewidmet, einem Aspekt 139
der Gattinnen der großen Hindu-Götter als Kampfgefährtinnen gegen die Dämonen. Aus der Fülle der Frauengestalten in Ajat;~tä und E lürä, die als 71
Baumnymphen oder mit ihren männlichen Partnern als Mitbuna-Gruppe Fruchtbarkeit und Glück ver- 77 körpern, ragen zwei Gestalten heraus, die seit dem frühen Mittelalter an kaum einem indischen Tempel fehlen. Es sind die Personifikationen der beiden heiligen Flüsse Gangä und Y amunä, die zum Symbolschmuck eines Portals gehören und die rituelle Reinigung des den Tempel betretenden Gläubigen
138. 55. 109
symbolisieren.
Das Menschenbild der indischen Kunst
Indische Kunst ist bildnerisches Schaffen. Man könnte Indien das Land der Plastik nennen. Diese kurze, aber gravierende Aussage mag im ersten Augenblick überraschen. Bei näherem Betrachten sehen wir aber, wie sehr dieser Satz für die gesamte indische Kunst bis zum Ende des Mittelalters seine Richtigkeit behält. Der indische Künstler ist in erster Linie Bildhauer, der zum Ton, zum Holz, zum Elfenbein und vor allem zum Stein greift. In ihm gibt er den zahllosen Gestalten seiner Götterhimmel bildhaften Ausdruck, denn indische Kunst ist zu allen Zeiten adäquater Ausdruck für die alle Lebensbereiche erfassende und durchdringende indische Religiosität.
Bändigung der Fülle und der Vielfalt des Lebens in plastischer Form - das gilt auch für die indische Architektur. Raumlösungen wie die bud-
63 dhistischen Caitya-Hallen und Vihäras bleiben
30 Ausnahmen, aber auch sie wurden in AjaQt:ä und Elürä vom Bildhauer, nicht vom Baumeister ge-
83, schaffen. Der indische Tempel aber ist Außenbau, 84 Felsgestein oder übereinandergetürmte Steinquader,
die unter dem Meißel des Steinmetzen Sinn und Gestalt annehmen. Vor allem der die dunkle Cella, das Garbhagrha, überlagernde Tempelturm ist im
Prinzip kein Bauwerk, nach architektonischen Gesichtspunkten entworfen, sondern Monumentalplastik, ein Berg, der Wohnsitz der Götter, auf dem
sich die Bewohner der Himmelswelten tummeln. Selbst die frühen indischen Gemälde wie die
2* Wandmalereien der Sätavähana-Zeit in AjaQtä gleichen eher Bildhauerzeichnungen, wie wir sie in
NägärjunakoQc;la und Amarävati finden. Mühelos ließe sich ihr Inhalt mit Hammer und Meißel oder
Stichel in eine Reliefplatte übertragen.
Mensch und Tierwelt sind in Indien niemals so wesensmäßig von einander gesondert wie in anderen Kulturbereichen. Die Lehre von der Seelenwanderung verbindet beide auf einer höheren Ebene. Nicht nur in Märchen und Fabeln vertritt das Tier oft den Menschen. Auch in zahlreichen Jätaka-Darstellungcn tritt zum Beispiel der Bodhisattva in Tiergestalt als Hauptperson auf. D eshalb hat es in Indien auch immer qualitätvolle Tierskulpturen gegeben. Man denke beispielsweise,
abgesehen von der Glyptik und der Kleinkunst der Harappa-Kultur, an die Kapitellskulpturen der Asoka-Säulen oder den Elefanten von Dhauli aus dem ; . Jahrhundert v. Chr. Auch in AjaQt:ä und E lürä gibt es viele Beispiele für die subtile Einfühlungsgabe, mit der sich der indische Künstler
in das Wesen und die Verhaltensweise der Tiere hineinversetzte. Träger und Mittelpunkt der Religiosität und der geistigen Entwicklung aber war auch in Indien zu allen Zeiten das Menschenbild.
Die Religionen Indiens sind eng mit Musik und Tanz verbunden. Hier wirken alte schamanisehe Vorstellungen und Praktiken bis in die heutige Zeit nach. Im Tanz schafft, erhält und zerstört Siva die Welt, im Tanz reflektiert aber auch die Tempeltänzerin das Wesen der Gottheit und die liebende Verehrung ihrer Gläubigen. Indischer Tanz ist Ausdruckstanz. Sichere Beherrschung des Körpers und seiner Ausdrucksmöglichkeiten und die ausgefeilte
Symbolik der Gesten und Handstellungen verkörpern die Götter und ihre Aspekte in den verschiedenen Episoden ihrer mythischen Legenden. Ohne Kenntnis dieser allgegenwärtigen tänzerischen Musikalität ist das Wesen der indischen Plastik nicht zu verstehen. Der Tanz mit seinen symbolischen
193
Körperbiegungen (Bhariga), Posen und Handgesten (Mudrä) ist der Ausgangspunkt, von dem aus der indische Künstler seine Skulptur konzipiert. Auf dieser engen Verbindung von Musik, Tanz und
bildender Kunst beruht die Grazie der indischen Plastik, die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit ihrer Gestalten und der Rhythmus, der in Indien alle Kompositionen beschwingt. Das gilt für die Männeenguren genauso wie für die Frauengestalten. Auch der König, der Gott, der Bodhisattva, der grimmige Torwächter oder der wilde Krieger sind ihrer Haltung nach Tänzer.
Die Grazie und Geschmeidigkeit indischer Skulpturen sind das Ergebnis körperlicher und seelischer Beschwingtheit. In der buddhistischen Kunst Ostasiens sind die Linie und die elegante Kurve der Körperachsen und der Gewandfalten Ausdrucksträger der bildenden Kunst - in Indien aber sind es die Körper selbst, die spannungsgeladene plastische Form, die der Plastik ihre unverwechselbare Eigenart und Ausdrucksfähigkeit geben. Der Sinn des Künstlers für Fülle, Volumen und federnde Spannung prägt die indische Kunst.
Die Darstellung des menschlichen Körpers beruht in Indien auf einer genauen Kenntnis seiner organischen Funktion, auf gewissenhailern Studium seiner Haltungen und seiner Plastizität. Das Ideal der indischen Künstler ist aber nicht der athletische Jüngling und das Ponderationsschema eines ruhig stehenden Körpers, sondern der Tänzer und
die Grazie einer im Tanz bewegten Gestalt. Es gibt auch in der indischen Kunst viele Einzel
figuren. Vor allem die Frauenfiguren bestechen durch ihren Liebreiz und ihre graziösen Haltungen. Denn die Bhanga-Lehre von der Achsenbrechung beschwingter stehender Figuren ist ursprünglich der Frauenfigur abgelesen. Ihren wesensmäßigen Ausdruck aber findet die indische Plastik in der Darstellung des schönen Menschenpaares (Mithuna), in dem der sinnliche Grundzug der indischen Kultur seinen subtilen Ausdruck findet.
194
Die Bildhauer, die die Caitya-Hallen und Vihäras, die Fels- und Höhlentempel von AjaQtä und E lürä mit Skulpturen, reich verzierten Säulen und Portalen schmückten, standen nicht am Anfang einer Kunstentwicklung. Sie blickten auf eine lange Tradition bildnerischen Schaffens in Indien zurück. Jahrhundertelang hatten sich die Prinzipien der Bildhauerkunst vom Lehrer auf den Schüler übertragen. Jede neue Künstlergeneration hat die überlieferten Lehren weiterentwickelt und vervollkommnet, seit die indische Steinplastik nach den frühen Bildwerken der Harappä-Kultur des 3· Jahrtausends v . Chr. erstmalig wieder in der AsokaZeit (3. Jahrhundert v. Chr.) für uns faßbar wird.
Die indische Plastik beginnt in Bhärhut und im
Dekkhan in Pitalkhorä im 1. Jahrhundert v. Chr. auf einer voll entwickelten archaischen Stufe mit Meisterwerken, die den Spitzenleistungen der Weltkunst würdig an die Seite gestellt werden können. In frontaler Haltung - das heißt, die Mittelebene
einer Figur wird weder gebogen oder gekrümmt noch gedreht - posieren aus einzelnen Körperelementen zusammengefügte Gestalten, die ganz vom
Umriß getragen und durch ein Flächenschema steigender, fallender und abrundender Linien und Kurven gegliedert werden. Ihre schlichte Einfachheit und herbe Strenge beeindruckt jeden Betrachter.
Die Kompositionen dieser Zeit sind geradansichtig und entsprechen einem Vorstellungsbild. Scheinbar unbekümmert, in Wirklichkeit aber nach dieser archaischen Sehweise vollkommen logisch, werden Hauptansichten aneinandergefügt, bei einem Tisch zum Beispiel die Beine von der Seite gesehen, die Tischplatte aber in Aufsicht, bei einer menschlichen Figur der Oberkörper von vorn, der Unterkörper in Seitenansicht, eine Kompositionsart, die wir erst erkennen und deuten lernen mußten. Die Propor
tionen sind bis in die kleinste Einzelheit korrekt und sicher berechnet, Proportionen, Bewegungsrichtung und künstlerische Akzente werden bewußt zur künstlerischen Wirkung eingesetzt. Es ist kein
Noch-nicht-Können, sondern ein So-Sehen-und-so
Darstellen-Wollen, das heißt eine archaische Phase
höchster künstlerischer Vollendung.
Diese zielbewußte Grundhaltung der Künstler,
diese alle bekannten künstlerischen Mittel souve
rän einsetzende Gestaltungsweise, die den Rang der
Künstler bestimmt und auf der die Qualität der
Bildwerke beruht, ist auch im folgenden Jahrhun
dert zu erkennen, als die Bildhauer begannen, sich
von den Bindungen der archaischen Kunstprinzi
pien zu lösen. Auch die indischen Bildhauer rangen mit den künstlerischen Problemen ihrer Zeit
wie die Meister anderer Völker und Epochen.
Ihre Namen sind allerdings nur in Ausnahme
fällen bekannt. Aber es gibt wiederum zu viele
überlieferte Meisternamen, um an die so oft betonte
Anonymität bauhüttenartiger Werkstätten in Indien
glauben zu können. Signaturen wie die der beiden Bildhauer Gomitaka und Näka aus Mathurä,
Schüler des Bildhauers KuQika, oder die Stiftungs
inschrift des Ananda ::tm Südtor des großen Stüpa
von Säfici, der sich als Vorsteher der Künstler des
Sätavähana-Fürsten SätakarQi bezeichnet, lassen
vermuten, daß die großen regionalen Bildhauerschulen der indischen Frühzeit in Mathurä, in
Gandhära oder im Ändhradesa mit dem Haupt
fundort Amarävati von einzelnen kleinen Werkstätten geprägt und getragen wurden, in denen ein
herausragender Meister mit seinen Gehilfen und
Lehrlingen gemeinsam an der Lösung einer künst
lerischen Aufgabe arbeitet. Nur so lassen sich die dominierende künstlerische Tradition und der lang
same Wandel der Sehweise, der Stilmittel und der
Ausdrucksfähigkeit in der indischen Kunst erklären. Grundproblem der indischen Bildhauer des r.
und 2. Jahrhunderts n. Chr. ist die Gestaltung eines
organischen, lebensfähigen Körpers und seine dem
Sehbild entsprechende Darstellung. Schritt für Schritt verschmelzen die einzelnen Körperclemente,
die in der archaischen Phase additiv zusammenge
setzt wurden, zu einem einheitlichen Ganzen, das
nicht mehr in der Summe seiner Teile aufgeht. Alle
Körperteile werden jetzt von einem Kompositions
zentrum, das im Inneren des Körpers liegt, der
Gesamtwirkung untergeordnet. Dieser neue harmo
nische Körpertypus, der uns in den Skulpturen der
Stüpa-Portale von Säfici, der Caitya-Halle von Kärlä und der Zaunpfeiler der K~atrapa-Epoche
von l\Iathurä entgegentritt, ist von pulsierendem
Leben erfüllt. Die schlanken, geschmeidigen Gestalten bewegen sich, sie biegen sich im Sinne der
indischen Bhanga-Lehre von der einfachen oder mehrfachen Knickung der Körperachse einer ruhig
stehenden Gestalt, ihre Körper scheinen zu atmen.
Die geradansichtig-vorstellige Sehweise der Frühzeit schwindet langsam aus der indischen Kunst und
weicht der sehbildmäßigen Darstellungsweise. Auch
das Problem der Schrägansicht wird jetzt erkannt
und an einzelnen Bildmotiven oft mit sehr viel Ge
schick und Einfühlungsgabe gelöst. Eine Hochstufe
richtungsfreien Gestaltens hat die alte archaische Frühphase abgelöst und überwunden.
Einzelbildwerke oder erzählende Reliefs dieser
Zeitstufe sind in AjaQtä leider nicht vorhanden. Die Caitya-Hallen und Vihäras der Theraväda
Epoche waren im ganzen West-Ghä~-Gebiet sehr
sparsam mit figürlichem Dekor. Bildwerke wie die
Fassadenreliefs von Bhäjä oder Pitalkhorä oder die
Mithuna-Gruppen von Kärlä und KaQheri bilden eine seltene Ausnahme. Dafür finden wir aber ein
gutes Beispiel für diese Stilphase der indischen
Kunst in der älteren Ausmalung der Caitya-Halle Nr. 10 in Ajar)\"5. Diese Szenen aus dem $ac.ldanta
Jätaka aus der Zeit des Sätavähana-Fürsten Gauta
miputra Sätak::trQi, das heißt aus dem zweiten Vier
tel des 2. Jahrhunderts n. Chr., unterliegen in ihrer Komposition und in der Figurendurchbildung den
gleichen Stiltendenzen wie das erzählende Relief.
Das $ac.ldanta-Jätaka erzählt, daß der Bodhisattva, der zukünflige Buddha, einstmals als ein
außergewöhnlicher Elefant mit sechs Stoßzähnen
wiedergeboren wurde, der mit seiner Herde am
195
Ufer eines Flusses lebte. Ein eifersüchtiges Elefantenweibchen erreicht, daß es nach seinem Tode nls Gattin eines einflußreichen Königs wiedergeboren wird. Sie erinnert sich an die vermeintliche Zurücksettung und Kränkung in ihrer früheren Geburt und bittet den König, die Jäger auszusenden 2 •
und den Elefanten Sechszahn zu erlegen. Auf unserem Bilde kehren diese Jäger mit den Stoßzähnen des E lefanten nls Jagdtrophäen zurück und berichten dem König von ihrer Jngd. Die Königin aber verliert beim Anblick der Stoßzähne ihres ehemaligen Gatten von Reue gepackt die Besinnung. Zehn Figuren sind in unserem Bilde, einem Ausschnitt nus einem großen figurenreichen Wandgemälde, das nach der Methode der kontinuierenden oder
fortlaufenden Erzählweise komponiert worden ist, harmonisch zu einer Komposition zusammengefügt: 7.wei Jäger, die von links mit den erbeuteten Elefantenzähnen vor den König treten, die Königin, um die sich der neben ihr thronende König und ;,wei Dienerinnen ängstlich sorgen, und vier weitere Dienerinnen mit verschiedenen Gerätschallen im I Iintergrund. Es ist kein neuer, eigenständiger Ent
wurf, den der Maler von dieser Szene entworfen hat. Er nrbeitet vielmehr mit vorgebildeten Typen - der thronende König, die auf einem weichen Polster sitzende junge Frau, stehende weibliche Gestnlten in unterschiedlichen Haltungen-, wie sie in der zeitgenössischen Reliefplastik der AmarävatiSchule in ?ahllosen Beispielen in den verschiedensten Zusammenhängen und Kompositionen verwendet werden. Die indischen Meister waren reich an Einfällen, wie ein gewünschter Figurentypus im Bildwerk wiedergegeben werden kann. Ein einmal gefundener Typus aber wird stets wiederholt, mit lcidlten Abwandlungen, um ihn einer bestimmten Szene anzupassen. Aber jedesmal wieder wirkt das Relief, als sei es eine Neuschöpfung eines großen Meisters. Auch unserem Maler ist es gelungen, diese fest geprägten Gestalten 7u einer reizvollen, einmn-lig anmutenden Genreszene tu verbinden.
Der König und die um das in der Bildmitte thronende Herrscherpaar angeordneten Dienerinnen scheinen sich ratlos und besorgt um die ohnmächtig zu Boden sinkende Königin zu bemühen. Diese Raumandeutung, dieses Stehen rund um die zentrale Gruppe wurde durch Höhenstaffelung
und teilweises Überdecken der einzelnen Figuren und durch Schräg- und Seitenansichten realisiert. Jede Figur besitzt einen eigenen Körperraum und
eine eigene SchrägMsicht, aber die Addition dieser einzelnen Raumelemente führt zu keiner Raumwir
kung oder gar Perspektive in der Gesamtkomposition. Die Oberkörper des Königs und seiner Gemahlin sind in die Reliefebene gedreht. In dieser vom Inhalt der Erzählung nicht motivierten Haltung wirkt noch die archaisd1e Addition von Hauptansichten, jetzt in Schrägansichten umgesetzt, nach.
Die Frauenkörper folgen einem Proportionskanon von sieben Gesichtslängen für die Körperhöhe. Sie verkörpern das Ideal altindischer Frauenschönheit mit voller Brust, breiten Hüllen und einer sehr schmalen Taille, deren Maß einer Gesichtshöhe entspricht. Auch diese Figuren leben und atmen; die
Haltung ihrer Arme ist richtungsfrei. Waagerechte, Senkrechte und die vermittelnden Rundungen der weiblichen Körper bestimmen das statische Gerüst der figürlichen Rahmung. In der Mittelgruppe aber betonen Diagonalen verhalten das dramatische Geschehen.
Seit der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. wird dann in der indischen Kunst ein allgemeiner Wandel spürbar. Die st..'ltuarische Ruhe, die Verhaltenheit und maßvolle Zurückhaltung im Ausdruck, die die Bildwerke der Hochstufe auszeichneten, werden in zunehmendem Maße übersteigert. Das betrifft das Menschenbild ebenso wie die Komposition und den künstlerischen Ausdruck.
Die grazilen, mädchenhallen Frauengestalten der Hochstufe werden im Norden Indiens runder, üppiger, weiblicher, im südlichen Indien strecken sich ihre Körper ?U überlängten, schmalgliedrigen Ge-
stalten. Beiden Gruppen liegt e111 neuer Propor
tionskanon von acht Gesichtseinheiten für die Körpergröße zugrunde, der den Körper stärker zur Geltung bringt. Die Ruhe und die Verhaltenheit der mittleren Stilstufe von Amarävati weichen in dieser Spätphase einem dramatischen Effekt um
jeden Preis. Die Reliefs werden figurenreicher, zahlreiche, wie zufällig anmutende Überschneidun
gen verunklären jetzt die nach dem Prinzip des horror vacui gefüllten Relieffclder. Licht- und Schatteneffekte treten an die Stelle ausgewogener linearer Kompositionen. Selbst Szenen, die vom Inhalt her Ruhe ausstrahlen, erhalten jetzt durch aus
drucksstarke Diagonalen einen dramatischen Effekt. Unruhe herrscht in diesen Reliefs der Spätphase der früh indischen Kunst, Pose, Temperament und dramatische Situationen bestimmen die Wirkung der Bildwerke dieser Zeit.
Etwa um die Mitte des ;. Jahrhunderts n. Chr. ist diese Entwicklung endgültig abgeschlossen. Das Ku~äQa-Reich steht in diesen Jahrzehnten im nörd
lichen Indien unter König Huvi~ka auf der Höhe seiner Macht. Die frühindische Kunst hat Phasen einer Kunstentwicklung durchlaufen, die wir auch aus anderen Zeiten und anderen Kunstzentren kennen. Auf eine reife archaische Phase folgen eine
Hochstufe reiner verhaltener Formen und eine Spätphase von hohem dramatischem Reiz.
Die weitere Entwicklung ist vorerst nur noch an
den Bildwerken der nordindischen Mathurä-Schule abzulesen. Im ganzen Süden herrscht etwa bis zur Mitte des 5· Jahrhunderts n. Chr. die gleiche Denkmälerlücke, die uns schon in Ajar)tä Kopfzerbrechen verursacht hat.
In Nordindien folgt auf die Spätphase und End
stufe der frühindischen Kunstentwicklung, die hier allerdings nie so dramatisch und effektvoll übersteigert wurde wie in der Amarävati-Schule des Südens, eine Zeit der Auflösung, der Besinnung und des Neubeginns. Die überlieferten Traditioueu werden iu Frage:: gc:stcllt und neue künstleri-
sehe Probleme erkannt und in Angriff genommen.
D ie Bildhauer ·waren bisher gewohnt, den menschlichen Körper als lebendigen Organismus zu betrachten und zu versuchen, alle seine Aspekte im
Kunstwerk zu erfassen. Jetzt ändert sich langsam ihre Grundhaltung. Geistige Probleme und die Darstellung meditativer Versenkung treten in den Vordergrund. Der menschliche Körper bleibt nicht
länger der ausschließliche Träger ihrer künstleri
schen Aussage. Bis zur Mitte des ;. Jahrhunderts n. Chr. war
sogar das Kultbild des Buddha oder des Jina, der Kristallisationspunkt für die geistigen und emotio
nellen Kräfte der Gläubigen, weltoffen dem Betrachter zugewandt. Jetzt beginnen die Bildwerke sich langsam dem Betrachter zu verschließen und
nach innen zu kehren. Diese neuen Tendenzen, die sich in ausdrucksstarken Gesichtern der Bildwerke widerspiegeln, werden von einer zunehmenden Vernachlässigung des Plastisch-Körperlichen beglei
tet. Die Bildwerke aus der zweiten Hälfte des ;. und der ersten Hälfte des 4· Jahrhunderts n. Chr. werden in zunehmendem Maße entstofflicht und nur noch auf Grundelemente reduziert. Das führt
in den zwanziger Jahren des 4· Jahrhunderts n. Chr. zu einer überraschend starken blockhaften Geometrisierung des Körpers, der im Grunde genommen nur noch als Träger des Hauptes dient, in dessen Zügen sich die geistigen Probleme der Zeit mani
festieren. Man ist verwundert, nach einer so lebendigen und kraftvollen Frühzeit einen solchen Bruch - wenn auch nur schrittweise verfolgbar - in der plastischen Darstellung zu finden. Fast scheint es, als würden die einfachsten Probleme der Körper
bildung noch nicht gemeistert. Vertieft man sich aber in die Aussage der Köpfe, dann erkennt man, daß der Wandel der Zeit seinen Niederschlag in der bildenden Kunst fand und daß auch in diesem Fall Werke einer reifen Stufe künstlerischer Erfahrung vor uns stehen, in der das ganze Interesse der Künstler nur und ausschließlich noch der spiritucl-
197
Jen Aussage gi lt. Auch diese Bildwerke sind Mei
sterwerke, in denen sich die Stilprinzipien der ho
hen Gupta-Zeit Schritt für Schritt vorbereiten.
Ajat:I~a
Ein Wandel tritt sichtbar ein, als Samudragupta
und Candragupta II. den Norden Indiens erobern
und auch Mathurä dem Gupta-Reich einverleiben.
Ein geeintes indisches Großreich, Friede und wirt
schafHicher Wohlstand bieten einen guten Nähr
boden für eine Blütezeit der bildenden Kunst.
Unrast und intensive Suche nach neuen Formen
und Ausdrucksmöglichkeiten charakterisieren die
Bildwerke dieser Epoche. Die Skulpturen der spä
ten Ku~ä~:ta-Zeit in der ersten Hälf!e des 4· Jahr
hunderts n. Chr. waren zwar in der Lage, bis zu
einem gewissen Grad geistige Probleme zu reflek
tieren, aber ihre so völlig vernachlässigte plastische
Durchbildung befriedigte nicht mehr den verfei
nerten Kunstsinn. Die auf stereometrische Grund
elemente reduzierte Darstellung des menschlichen
Körpers lockert sich allmählich. Die Körper wer
den wieder runder, voluminöser und spannungs
geladen. Die Künstler besinnen sich wieder auf die
Plastizität eines Leibes, differenzieren den bisher
beinahe wulstförmigen Arm wieder in einen durch
ein Gelenk verbundenen Ober- und Unterarm. Die
Körper werden im Laufe der Zeit wieder geschmei
diger, aber sie gewinnen niemals wieder die orga
nischen, lebendigen Eigenschaf!en der frühen Zeit
zurück.
Um die Mitte des 5· Jahrhunderts n. Chr. ist das
Ziel erreicht. Das beharrliebe Suchen nach neuen
Ausdrucksmöglichkeiten hat zum Erfolg geführt.
Die Künstler haben jetzt auch einen neuen Körper
typus gefunden, der die geistig-meditativen Ten
denzen der Zeit erfaßt und bewahrt. Körpersub
stanz und vergeistigter Ausdruck bilden nun eine neue künstlerische Einheit .
198
Der neue Idealkörper der hohen Gupta-Zeit
bleibt auf seine wesentlichen Funktionen be
schränkt. Er ist aber wieder schlank und wohlpro
portioniert. Muskeln und Gelenke werden nur leicht
angedeutet. Es sind Körper von subtilem Reiz, voll
geschmeidiger Linienfübrung, aber es sind keine
Körper im stofflich-organischen Sinne mehr.
Die Bildwerke der hohen Gupta-Zeit sind keine
neuen, voraussetzungslosen Schöpfungen eines ge
nialen Meisters. Vielmehr haben sich alle ihre We
senszüge im Laufe der Zeit herausgebildet. Sie ru
hen in der Tradition der indischen Kunst und wä
ren ohne die Vorentwicklung in der frühen Epoche
nicht denkbar. Aber sie haben die älteren Stufen
der Kunstanschauungen auf einer neuen Ebene
überwunden. Im Bildwerk wird jetzt das Wesent
liche eingefangen, keine Mißtöne stören die Har
monie. Graziöse, verhaltene Eleganz lebt in der
Körperhaltung und in den Bewegungen. Das gilt
auch für dem Inhalt nach dramatisch bewegte Sze
nen. Nichts Ekstatisches oder Exzentrisches tritt
mehr auf und stört die harmonische Zurückhaltung
und innere Ruhe. Dieser neue Bildtypus setzt die
Maßstäbe für die so anders geartete indische Pla
stik des Mittelalters.
Auf dieser reifen künstlerischen Stufe, die im
Norden durch die Bildwerke der Mathurä- und der
Särnäth-Schule aus der Zeit Budhaguptas reprä
sentiert wird, setzt die neue Entfaltung der Plastik
in den Mahäyäna-Höhlen von Aja~:ttä ein. Das in der hohen Gupta-Zeit gefundene Ideal
bild des Buddha übt einen starken Einfluß auf
weite Teile Indiens und Südostasiens aus und be
stimmt den Charakter des Kultbildes auch in
Ajar)tä bis weit in das 6. Jahrhundert n. Chr. hin- 36
ein. Die Buddhabilder in den Kultbildkapellen 40
und an der Fassade der Caitya-Halle Nr. 19 von 46
A jarHä strahlen dieRuhe der Weltüberwindung und
der Abkehr von den Begierden des menschlichen
Daseins aus, die von den Bildhauern der Schule
von Särnäth so meisterhaf! gestaltet worden ist.
Das Bild des sitzenden Buddha ist in AjaQtä völ
lig typisiert. Seine aufrechte Haltung, das Sitz-
32 schema mit den Ferse an Ferse im Schoß liegenden
Füßen, die in der DharmacakramudPä vor der Brust
vereinigten Hände, aber auch ikonographische
Einzelheiten wie die langen Ohrläppchen oder die
als Schneckenlöckchen um die Stirn gezogenen
Haare gehören zum allgemeinen Kanon eines nord
indischen Buddhabildes. Das Gewand, das den Körper fast unbekleidet erscheinen läßt und nur
an den Säumen erkennbar ist, die sich an den Hand
gelenken und an den Unterschenkeln leicht vom
Körper abheben, stammt aus dem Formenschatz der
Bildhauerschule von Särnäth. Der Stil der Bild
werke aber ist so charakteristisch und eigenständig,
daß jeder Betrachter, der sich etwas in der indi
schen Kunst umgesehen hat, diese Buddhas sofort
als Schöpfungen der Meister von AjaQ~ä erkennen
wird. Die Buddhabilder von Mathurä, Särnäth
oder AjaQ~ä unterliegen der gleichen Typisierung
und dem gleichen ZeitstiL Aber jedes dieser Bud
dhabilder besitzt darüber hinaus individuelle Züge,
die es mit ihrer Bildhauerschule verbinden. Denn trotz der strengen Stilisierung, der ein Kultbild vom
Inhalt und vom Verwendungszweck her unterwor
fen ist, läßt sich die Handschrifl: des Künstlers, die
in Worten kaum faßbare Eigenart seines Stilemp
findens nie verleugnen.
Ofl: besteht in der indischen Kunst eine Diskre
panz zwischen einem Kultbild und einer anderen
figürlichen Darstellung. Man denke zum Beispiel
an die strenge, fast herbe geistliche Würde eines
Buddhabildes der Amarävati-Schule und an den
eher weltlich anmutenden Liebreiz einer Vielzahl
reizvoller und graziler Frauengestalten. Die Schule
von AjaQ~ä ist dagegen sehr einheitlich. Die schlan-
32 ken, feingliedrigen Gestalten der Kultbilder und
46 die geschmeidige Haltung der stehenden Buddhas
der Caitya-Halle Nr. 19 verkörpern die gleiche
schwerelose Grazie, aber auch die gleiche unnah
bare, zeitlose Ruhe und Gelassenheit im Ausdruck,
38 die auch die Frauengestalten der Portale oder Säu-
71 len oder die Figuren aus den erzählenden Reliefs auszeichnen. Das Kultbild erhält in AjaQ~ä eine be
schwingte Komponente, die Frauengestalt aber ver
schließt sich dem Betrachter stärker, als es in der
frühen indischen Kunst üblich war. In AjaQ~ä
herrscht Einheitlichkeit in der gesamten plastischen
Gestaltung. Alles ist aufeinander abgestimmt, alles
entspricht sich. AjaQ~ä verkörpert eine Stufe der
Einheit und Harmonie in der künstlerischen Aus
sage und im Stilempfinden, wie sie kaum je wieder
in der indischen Kunst erreicht worden ist.
Während die Kultbilder sich durch ihre behar
rende Tendenz einer Differenzierung über die Zu
weisung an die Schule von AjaQ~ä hinaus weitgehend entziehen - die offensichtlichen Unterschiede
in ihrer Gestaltung sind vermutlich eher auf Mei
sterhände zurückzuführen -, reflektieren die Frau
engestalten und die übrigen figürlichen Darstellun
gen, aber auch schon die Begleitfiguren der Buddha
bilder analoge Entwicklungsstufen wie das Orna
ment. Die figürliche Plastik ist nicht ganz so variabel
wie die sich schnell weiterentwickelnden Blatt-, Ranken- und Volutenmotive, die Väkä~ka-Zeit
sowie das erste und zweite Viertel des 6. Jahrhun
derts n. Chr. sind aber auch im Wandel der plasti
schen Auffassung charakteristische Stilstufen in AjaQtä.
Die Künstler der Väkä~ka-Epoche stehen unter dem Einfluß der sich im Norden herausbildenden
Stilformen der hohen Gupta-Zeit. Wie wir uns er
innern, gab es zwischen den Väkä~aka-Fürsten des
Hauptzweiges dieser D ynastie und dem Herrscherhaus des Gupta-Reiches verwandtschafl:liche Bin
dungen. Prabhävatiguptä, die Tochter Candragup
tas II. und Schwester Kumäraguptas 1., hatte den
Väkä~ka-Fürsten Rudrasena II. geheiratet. Wenn
sich diese dynastische Ehe auch nicht allzu tiefgrei
fend auf das Väkät:aka-Reich ausgewirkt hatte -
die Väkätakas datieren ihre Inschriften weiterhin in Herrscherjahren, und Devascna, der Vater Ha-
199
rl~eQas, verwendet die südindische Saka-Ära -, so wird das Verhältnis dieser beiden unabhängigen Reiche auch in der Folgezeit friedlich und eher freundschafllich als feindlich gewesen sein. Ungehinderter Handel und Verkehr auf den alten Karawanenwegen hat auch zum Austausch geistiger und künstlerischer Ideen geführt. AjaQ~ä dürfle in diesem Zusammenhang stärker mit Särnäth als mit Mathurä in Verbindung gestanden haben.
Die Bilder der Flußgöttinnen Garigä un? Yamunä an den Portalen der Väkä~ka-Zeit wirken 38, locker und gelöst. Die graziöse Tribhariga-Haltung 33
ihrer schlanken, wohlproportionierten Körper ist ein natürliches, ungekünsteltes Standmotiv. Die Göttinnen posieren nicht, stellen sich nicht zur Schau. Unbekümmert um ihre Umwelt, die sie gar nicht wahrnehmen, sind sie reine, unbeschwerte Existenz. Auch sie besitzen Körper, die auf wesentliche Elemente reduziert bleiben - Idealkörper im
Sinne der hohen Gupta-Zeit. Aber das steigert nur ihre künstlerische Wirkung. Durch die großzügige Linienführung des Umrisses und die maßvolle Eleganz ihrer Haltung gewinnen sie eine überirdische Grazie, die mit den Mitteln organischer Körpermodeliierung kaum erreicht werden könnte. Auch den lieblichsten Frauengestalten der frühindischen Kunst haflet immer noch eine gewisse Erdenschwere an. Die Flußgöttinnen der Väkä~ka-Zeit aber sind unirdische \'V'esen von esoterischem Reiz, die ihrer inhaltlichen Aussage - Reinigung der Seele des Gläubigen beim Eintritt in das Allerheiligste -
adäquat sind. Grazie und Geschmeidigkeit kennzeichnen auch
die fliegenden Gandharvas an den Kragsteinkapi- 34
teilen 'im Querschiff des Vihäras Nr. 16. Schwere-los scheinen sie durch die Lüfle zu gleiten, eng umschlungen als ein liebendes Paar. Die Biegsamkeit des neuen Körpers, die geschmeidigen Linien des Umrisses und der Körperachsen und die unbewußte Grazie der Handhaltungen verbinden sich mit ausdrucksstarken Zügen verhaltener Versen-
2.00
kung in einer Komposition von kaum übertreffbarer geistig-sinnlicher Einheit und Harmonie.
Im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts n. Chr. deutet sich ein erster Wandel im plastischen Emp
finden an. Zögernd beginnen sich die Bildhauer von der vollkommenen Harmonie des hohen GuptaStils zu lösen und abzuwenden. Es ist dies ein Prozeß, der sich in allen Kunstbereichen zu allen Zeiten kontinuierlich wiederholt, wenn schöpferische Meister am Werk sind. Eine neue Künstlergeneration setzt sich kritisch mit den Idealen ihrer Väter auseinander, verwirfl das Alte, das in ihren Augen altmodisch und überholt wirkt, und strebt nach neuen Ausdrucksformen, um die sich wandelnden
Tendenzen der Zeit mit ihren eigenen Stilmitteln zu erfassen und nachzuformen.
Es sind nur die ersten Schritte, die die Künstler der Nach-Väkä~ka-Zeit in dieser Richtung wagen. Die Gruppe der Häriti und des Päi:icika in der Ne- 59
bencellades Vihäras Nr. 2 in AjaQtä ist als Kultbild noch kaum von dieser neuen Strömung erfaßt, die wir sonst überall in den Bauten dieser Zeit spüren. Gelassen thronen die beiden Schutzgottheiten in gelöster Haltung, ruhig und in sich gekehrt. Ihre Körper sind kräfliger, runder und stärker modelliert als die Idealkörper des Gupta-Stils. Aber das sind Züge, die eher auf den ikonographischen Typus einer volkstümlichen Nebengottheit zurückzuführen sind als auf ein neues Stilempfinden. Die leichte Neigung ihrer Häupter, ihre elegante Ruhe
pose und die Anmut ihrer Handhaltungen strahlen noch die Harmonie des 5· Jahrhunderts n. C~r. aus. Aber schon ihre Umgebung gerät in eine für den hohen Gupta-Stil ungewöhnliche Unruhe und Bewegung. Die Tanzszene in der rechten oberen Ecke des Reliefs und die spielenden Kinder zu ihren Füßen sind von einer Lebhafligkeit und spielerischen Bewegung erfüllt, die den Bildwerken der Väkätaka-Epoche fremd war.
122 Elür5 , Höhle Nr. r j, Pil~stersäulc der Veranda
123 Elürä, Höhle Nr. 1 j, Dvärapäla
124 Elürä, Höhle Nr. 1 j, Siva im Lalitam-Tanz
125 Elür5, Höhle Nr. 1 5,
Vämana-i\vatära Vi~ryus
126
Elürä,
Höhle Nr. 12,
Pilastersäule
der
Veranda
127
Elürä, Tempel Nr. 16, Mukhama1)<)apa, Fassade
128, 129 (folgende Seite)
Elürii. Tempel Nr. 16, Dachkantenornament
I 30 (übernächste Seite)
E lürä, Tempel Nr. 16, Nischcnbckrönun,!l
13 1
Elürii, Tempel Nr. 16, Brahmii 132
Elürä, Tempel Nr. 16. Vi~~u im Viimann-Aspekt
133 Elürä,
Tempel
Nr. 16, Welt
hüter
13~
Elürä, Tempel Nr. 16, Siva Tripuriimaka
135 (folgende Scirc
E lürä, Tempel Nr. •6, Gaja-Lak~mi
136, 137 (übernächste Seite; Elürii, Tempel Nr. 16, Mithuna-Gruppe vom Cellaportal und Pfei ler der Sabhämm)<_iapa
138
Elürii,
Tempel
Nr.t6,
Gangä
139
Elürä, Tempel Nr. 16. Mätrkii<
140 (foiJlende Seite)
Elürä, Tempel Nr. JO, Silulcn der Ma~~apa
I~ I . I ~2 (übernächste Seite)
Eli'irii, Tempel Nr. }O. Dachkantenornnmcnt und Cellaportal
143 Elürä,
Höhle Nr. Jl,
Siddhäyikä
144 Elürä, Höhle Nr. 32, Siddhäyikä
HS Elürä, Höhle Nr. 34, Gommara
Stärker als im Kultbild drücken sich die neuen Stiltendenzen aber in den figürlichen Darstellungen aus, die als schmückendes Beiwerk der architektonischen Form untergeordnet sind. Schon die Bilder der Flußgöttinnen Ga1'1gä und Yamunä am Ve-
55 rnndaportal des Vihäras Nr. 1, denen im Programm eines Portals noch eine symbolische Aussage innewohnt, und die Fmuengestalten der Portalumrahmung sind nicht mehr so selbstvergessen zeitlos und in sich versunken wie ihre Schwestern in der Väkäraka-Zeit. Sie stehen diesen in der geschmeidigen Anmut ihrer Haltung und ihrer Körperbildung nicht nach. Aber ein leichter Zug bewußter Selbstdarstellung, eine Neigung zur Beachtung heischenden Pose ist an ihnen nicht zu verkennen.
Dort aber, wo nur ein Bildtypus verlangt wurde, dessen Gestaltung nicht durch feste ikonographische Regeln vorgegeben war, hatten die Bildhauer freie Hand. Hier drückt sich ihr neues Stilempfinden wie im Ornament am reinsten aus. Hier sehen wir deutlich, wohin der Weg führt.
Die Gandharva-Paare an den Verandakapitel-
54 len des Vihäras Nr. 1 verkörpern ein neues Ideal körperlicher Schönheit und Geschmeidigkeit. Die weiche Plastizität der schlanken Gestalten und ihr feingeschwungener Körperkontur verwandeln die
maßvolle, zurückhaltende Haltung des ~· Jahrhunderts n. Chr. in rhythmische Bewegung, die sich zu vollendeter Grazie steigert. Die Gandharvas des
34 Vihäras Nr. 16 aus der Väkä~aka-Zeit scheinen zu schweben, sie wiegen sich beschwingt in ihrem Element. Im frühen 6. Jahrhundert n. Chr. verschmel-
54 zen biegsame Körper, fließende Umrisse und Arme, die graziös in den Raum greifen, zu einer Illusion eilenden Fluges durch weite Lufträume. Auch hier herrscht H.umonie, aber es ist eine neue Harmonie der Bewegung, wenn gleitende Linien und richtungsbestimmende Diagonalen sich fast wie im d)namischen Linienspiel des zeitgenössischen Or-
146
Elürii, Höhle Kr. H· S:iulcn der inneren Halle
naments zu einem einheitlichen Eindruck des Da
hineilens vereinigen. Die Körper waren in der Väkä~ka-Zeit vom
Idealbild des Nordens bestimmt. Die fast überschlanken Gestalten unserer Gandharvas lassen dagegen eher an den Andhradesa denken, wo im
3· Jahrhundert n. Chr. ein entsprechender Frauentypus Triumphe feierte. Die Pilgerzentren im Andhra-Gebiet waren auch im 5· und frühen 6. Jahrhundert n. Chr. vielbesuchte Wallfahrtsorte. Der Steinzaun von Amarävati aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stand noch in alter Pracht. Die Bildhauer der neuen Bauschule, die nach dem Fall des Väkätaka-Rciches mit der B:wtätigkeit in AjaJJf.i begann, werden die Stilprinzipien des Südens gekannt haben, sofern sie nicht sogar selbst aus dem Süden stammten. Auf jeden Fall halten in diesen Jahr-7ehnten Stiltendenzen der südindischen Plastik ihren Einzug in das bisher im Banne der nördlichen
Entwicklung stehende Ajaotä. Wie schon das Ornament, so entsprechen auch die
Ajaof.i-Skulpturen im ersten Viertel des 6. Jahrhunderts n. Chr. dem plastischen Schmuck des kleinen Tempels von Dhumara in Stilformen und Auffassung. Auch in Bhumara finden wir im Ornament eine Vorliebe für gleitende, gestaffelte Wellenbewegungen, die wir in der Komposition der Gandhar-
54 vas in der Veranda des Vihäras Nr. 1 von Ajaotä kennengelernt haben. Den Anknüpfungspunkt für den Stil im zweiten Viertel des 6. Jahrhunderts n. Chr. bietet der Visou-Tempel von Deogarh, der auch im Ornament eine eigene Stufe repräsentiert. Seinen Stiltendenzen entsprechen in Ajaof.i nicht nur das Ornament, sondern auch der Stil der Plastik. Auf der Stufe des Übergangs von Bhumara zu Deogarh stehen in Ajaotä die Frauengestalten des
71 Vihäras Nr. 20.
Die Vrksakäs an den Kapitellen der Veranda~äulen in diesem Vihära sind eindeutig Mädchen, die das Frauenideal des Südens in der Nachfolge der Schule von Amarävati verkörpern.
221
Auch ihre Körper sind auf Wesentliches reduziert. Daran wird sich in der indischen Kunst auch künftig nichts mehr ändern. Die Zeit, in der die Bildhauer die Nachformung eines organisch konzipier
ten Körpers anstrebten, ist endgültig vorbei. Aber gerade diese Art der Darstellung ist in der Lage, den Liebreiz einer jungen Frau einzufangen. Wie
anmutig und geschmeidig wirken diese Baumnymphen in Haltung und Umriß. Im Vergleich zum ersten Viertel dieses Jahrhunderts reflektieren sie eine gewandelte Kunstauffassung: Nicht mehr das gleitende Linienspiel oder die Harmonie der Gestaltung entzücken den Betrachter, sondern der Körper einer Schönen selbst, sein ästhetischer Reiz und
seine sinnliche Ausstrahlung bewirken den Zauber ihrer Erscheinung. Und es ist die Wahl des Augenblicks: Diese Mädchen leben, atmen, bewegen sich.
Ihr Standmotiv verkörpert kein statisches Schönheitsideal, kein Bild der Dauer; es wirkt wie zufällig und könnte jeden Augenblick wechseln. Dynamische Geschmeidigkeit verbirgt sich in diesen ihrer Schönheit bewußten jungen Frauen, die ko
kett für den Betrachter posieren, auch wenn ihr Blick achtlos über ihn hinwegzugleiten scheint.
Diese Entwicklung setzt sich im zweiten Viertel
des 6. Jahrhunderts n. Chr. kontinuierlich fort. Auch
Iigen Pose. Ruhe, Gelassenheit und Dauer sind zurückgekehrt, aber auch hier ist es das neue Körpergefühl und nicht mehr der Sinn für das Linienspiel von Haltung und Kontur, auf dem diese Wirkung beruht. Von fließendem Umriß und gleitendem Rhythmus in der Gestaltung ist nicht mehr viel zu spüren. Eine gewisse Trockenheit, eine Verhärtung
der Formen drängt sich dem Betrachter auf. Die Oberfläche des Steins wirkt spröde und läßt geschmeidige Modeliierungen vermissen. Aber das Portal ist jahraus, jahrein Sonne und Regen ausgesetzt, und der heutige Eindruck beruht auf der Korrosion der Gesteinsoberfläche und dürfie aus diesem Grunde irreführend sein.
Die Körper gewinnen zunehmend an Schwere. Das ist vor allem auf einen neuen Proportionska
non von sechs Gesichtseinheiten für die Körperhöhe zurückzuführen. Hüfien, Brust und Schenkel kommen dadurch stärker zur Wirkung. Die Frauentaillen aber sind schmaler als eine Gesichtseinheit angesetzt, um das indische Schönheitsideal einer Frauengestalt nicht zu verunklären. Die Köpfe sind
proportional größer und betonen mit ihrem in sich ruhenden Gesichtsausdruck die Ruhe und Harmo-
nie der Komposition. Statt der Biegsamkeit eines schlanken, geschmeidigen jungen Mädchens verkörpern diese Gestalten die Körperschönheit einer die Mitbuna-Gruppen vom Portalgesims des Vi
häras Nr. 2~ sind keine Standbilder im Sinne zeitloser Dauer mehr. Ein zufälliger Augenblick in einer geschmeidigen Bewegung scheint in ihrer Haltung eingefangen zu sein. Auch sie posieren, ver
halten und ohne den Betrachter zu beachten. Neu aber ist die innere Bindung der beiden Partner,
76, voll entwickelten jungen Frau. 77 Zwischen diesen beiden Extremen - statischer
der Versuch, sie durch Blickwendung und Kopfneigung, eine auf die Schulter gelegte Hand und die leichte Schrägstellung ihrer Körper zueinander in Beziehung zu setzen.
Die Baumnymphe und das Mithuna-Paar vom 68,
mittleren Portal des Vibäras Nr. 27 von Ajal)~ä prä- 69 sentieren sich dagegen mit ihren graziösen, beinahe theatralischen Gesten schon bewußt in einer gefäl-
222
Ruhe und im Bildwerk eingefangener dynamischer
Bewegung - sind in der Spätphase der Schule von Ajal)~ä Kunstwerke von überzeitlichem Rang geschaffen worden. Im großen Reliefbild von der Versuchung des Buddha im linken Seitenschiff der 66
Caitya-Halle Nr. 26 in Ajal)~ä - neben dem Parinirväl)a-Bild in der gleichen Höhle das einzige 67
erzählende Relief in Ajal)tä - sind Szenen aus dieser Episode im Leben des Buddha zu einem Kultbild vereinigt worden. Während die Nirväl)aDarstellung einen alten Bildtypus, der ursprünglich
in der erzählfreudigen Gandhära-Schule geschaffen
worden ist, weiterführt, ist die Vers!lchung eine neue, eigenständige Schöpfung eines Meisters der Ajarnä-Schule. Die buddhistische Legeode erzählt,
dall Mära, der Herr der Sinnenwelt, um seine Macht fürchtet und versucht, den Bodhisattva von
der Erlangung der Buddhawürde abzuhalten und ihn zur Karriere eines Weltherrschers zu überreden.
Aber weder seine Überredungskunst noch die I leerscharen seiner grimmigen Dämonen oder der
Liebreiz seiner Töchter Begierde, Wollust und
Sehnsucht können den Buddha auf seinem Weg be·
irren. Das Kultbild des Buddha in der Versuchungs·
stene vereinigt mehrere Episoden dieser Legende
nach dem Prinzip der fortlaufenden oder kontinuierenden Erzählweise in einem Bildrahmen. Die handelnden Personen werden so oft im Bild wie
derholt, wie es dem Künstler zum Verständnis des
Bildinhalts notwendig erscheint. Alle Figuren grup· pieren sich um das zentrale Bild des Buddha, der unberührt vom dramatischen Geschehen in der
Mitte der Komposition in Bhümispadamudrä unter dem Bodhi-Baum sitzt. In der linken oberen Bildecke stürmt das Dämonenheer heran, grimmige
Krieger, angeführt von Mära selbst auf einem königlichen Kriegselcfameo. Aber der Angriff ist ver
geblich. Vor der unerschütterlichen Ruhe des Buddha zerstiebt der Spuk der Dämonen. In wilder
Flucht eilen die Dämonenkrieger in der rechten oberen Bildecke in alle Himmelsrichtungen und
reißen auch ihren widerstrebenden Herrn und An·
führer Mära mit sich davon. Die untere Bildzeile vereinigt drei verschiedene Szenen. Im Mittelteil versuchen Mliras liebliche Töchter, den Buddha zu
Liebessehnsucht und Sinnenlust zu verführen. Links
versucht Arati, die Sehnsucht, von zwei Musikan· tinneo halb verdeckt, den Buddha durch ihre anmutig verlockende Haltung und ihre Körperschön
heit zu betören. In der Mitte tanzt T~Qä, die Begierde, von fünf Musikantinnen umringt, und stellt
den Liebreiz einer graziösen Frau zur Schau. Io der
rechten Gestalt können wir Rati, die Wollust, erkennen, die in einem zügellosen, orgiastischen Tanz den Buddha zur Sinnenlust auffordert. Aber auch ihr Bemühen bleibt ohne Erfolg. Der Buddha ver
harrt in tiefer Versenkung. In der rechten unteren Bildecke sitzt Mära gramgebeugt, umgeben von
zwei Dienerinnen mit königlichem Schirm und Fliegenwedel und seinen drei Töchtern, die ihren Miß
erfolg eingestehen und dem Vater raten, sich dem Buddha zu unterwerfen. Die Mära-Gestalt in der
linken unteren Bildecke, die stolz in königlichem Schmuck von einer Schirmträgerio begleitet vor den Buddha tritt, kann verschieden oder auch doppelt
gedeutet werden, entweder als Mära der Versucher, der den Buddha zur Weltherrschaft überreden will,
oder als Mära der Überwundene, der in stolzer Würde die Überlegenheit des Buddha anerkennt.
Die t Versuchungc gehört zu den jüngsten Bild
werken der Schule von AjaQ~ und wurde erst nachträglich als fromme Stiftung in die Caitya-Halle Nr. z6 eingefügt. Das schablonenhafte Buddhabild
in der Mitte der Komposition ist nicht viel mehr als eine Andeutung des für die Szene benötigten Bildty· pus. Der Künstler hat sich keine allzu große Mühe
mit seiner Ausführung gegeben, vielleicht sogar das Bild einem Gehilfen überlassen. Seine ganze Liebe
galt den Figuren der Erzählung selbst, und hier hat
er Meisterwerke indischer Bildhauerkunst geschaffen. Die beiden oben skizzierten Stiltendenzen der Plastik im zweiten Viertel des 6. Jahrhunderts
n. Chr. sind in diesem Kultbild vereinigt, ohne daß es zu einem erkennbaren Stilbruch gekommen wäre:
Der statuarische Typus in der Person des würdig schreitenden Mära, aber auch in der Gestalt der
tanzenden Tr$Qli, die die schöne Frau an sich verkörpert, und der dynamische Typus in der Fülle
der übrigen Gestalten. Das ist vor allem dadurch zu erkliiren, daß auch dieser Meister noch mit vor
gebildeten Figurentypen und typisierten Figurengruppen arbeitet, die locker zu einer in sich ge
schlossenen Kornposition zusammengefügt werden.
223
In der Auswahl der Typen und in ihrer Ordnung
aber liegt die Meisterschaft. Interessant sind wieder die Versuche zur Rauenandeutung in der reinen Höhenstaffelung des Dämonenheeres und der
kreisförmigen Anordnung der um die tanzende
Tnt:~ä sitzenden Musikantinnen. Jede Einzelfigur besitzt wieder ihren eigenen Körperraum, aber auch im 6. Jahrhundert n. Chr. gilt noch das Gesetz,
daß eine Addition einzelner Figurenräume noch
keinen Rauen für die ganze Komposition ergibt. Seit der Sätavähana-Epoche hat sich in dieser Hinsicht noch nicht viel geändert. Neu ist wieder
der Versuch, einzelne Figuren zueinander in Beziehung zu setzen. Die kleine Genreszene der sich um ihren verzagenden Vater gruppierenden Mära
Töchter mit ihren sprechenden Blickbeziehungen ist
ein Kabinettstück sinnbezogener Figurenkomposition.
Zu den schönsten Leistungen der Bildhauerschule
von Ajaotä gehört das sitzende Näga-Paar, eben- 49
falls ein Werk der Spätphase um die Mitte des 6. Jahrhunderts n. Chr., das genauso wie die Bud
dhabilder auf der gegenüberliegenden Hofseite erst spät in die linke Wand des Vorhofs der Caitya
Halle Ne. 19 eingefügt worden ist. Hier ist noch
einmal der ganze Zauber der Plastik von Ajaotä eingefangen, die Grazie der Haltung und der Gesten, die Verhaltenheit im Ausdruck, die ausgewo
gene Komposition mehrfiguriger Bilder und die
Meisterschaft in der Wiedergabe von pulsendem Leben erfüllter Körper. Jede Figur ist für sich ein
Meisterwerk. Körpervolumen, Kontur und Haltung sind harmonisch aufeinander abgestimmt. Interes
sant ist die Lösung eines neuen künstlerischen Problems, die Verkürzung eines in lässiger Haltung senkrecht zur Bildebene gestellten Beines. Der
größte Reiz aber liegt in der Komposition als
Gruppe, die wieder durch Überdeckung von Körperteilen und leichte Kopfwendungen verwirklicht
wird. Ein Lächeln scheint über die Züge der breitovalen Gesichter zu spielen, die sich in traumhafier
224
Versunkenheit in sich kehren. Aber es ist keine
Versunkenheit in geistige Probleme der Zeit, keine Kontemplation oder Meditation, sondern die Ver
sunkenheit eines liebenden Paares in die Innigkeit wunschlosen Beieinanders.
Elurä 89,
In den buddhistischen Kulthöhlen und Vihäras, 90
vor allem aber in den hinduistischen und jainistischen Höhlentempeln von Elürä spielt die figürliche
Plastik als Kultbild oder als mythologisches Relief eine noch weit bedeutsamere Rolle als in Ajaotä.
Sie ist nicht nur untergeordnetes Beiwerk, als Sym
bolschmuck in das reiche Ornament eingebettet, sondern Trägeein der religiösen Aussage und Mitt-
102, 104
lcrin für die Kulthandlung in den sonst meist nur
sparsam dekorierten Bauten. Auch in Elürä gibt es Höhlen, die in ihrem künstlerischen Reichtum den Vihäras und Caitya-Hallen von Ajaotä nicht nach- 109.
stehen. Aber es ist das Bildwerk und nicht das ~~9· Ornament, das diesen Eindruck überquellender Fülle vermittelt.
Die Bildhauerschulen von Elürä knüpfen zeitlich an die jüngste Stufe von AjaQtä an (mit Über
gangsphasen im benachbarten Aurangäbäd). Sie stehen aber nicht in der gleichen künstlerischen
Tradition. Wir haben schon in AjaiJtä gesehen, wie in der Spätphase neue künstlerische Tendenzen in
der Nachfolge der südindischen Amarävati-Schule aufgenommen wurden. Elürä aber steht vollständig
in der Stilentwicklung des Südens, die im 6. Jahrhundert in der Plastik der Höhlentempel von Bä
dämi aus der frühen Cä!ukya-Epoche ihren ersten Höhepunkt findet. Trotz zeitlicher und stilistischer
Beziehungen zum Vi$1JU-Tempel von Deogarh, der die Traditionen des Nordens kontinuierlich fort
führt, ist die Bildhauerschule von Elürä vom Süden, von den frühen Bauten und Bildwerken in Aihole und Bädämi, inspiriert.
Aud1 in E lürä ent\\ ickclt sich der Stil der Plastik
graduell von Stufe zu Stufe. Die graziösen Frauen-
87 gestalten des Tempels Nr. 16 aus dem dritten Vier
tel des 6. Jahrhunderts sind ein Nachklang der
feingliedrigen Eleganz der späten AjaQt:ä-Plastik.
Es ist aber nur die Zeitstufe, die hier zum Ausdruck
kommt. Die Plastik selbst ist kein Werk der Schule
von AjaQtä. Für die mögliche Hypothese, daß die
Bildhauer von Ajaotä nach Beendigung der Ar
beiten in den jüngsten Vihäras nach Süden zogen,
um in Elürä neue Aufträge und Arbeitsmöglichkei
ten zu finden, bietet sich in den frühen Höhlen von
Elürä kein Anhaltspunkt.
Die zierlichen, graziös in Tribhailga-Haltung
posierenden Mädchen verkörpern aber auch noch
nicht den charakteristischen Stil der Schule von
E lürä. Dieser bildet sich erst im letzten Viertel des
6. Jahrhunderts unter dem Einfluß der frühen
90, Schule von Bädämi heraus , als die Arbeiten an den 94
buddhistischen H öhlen Nr. 1, Nr. 4, Nr. 8 und Nr. 3
100 und am Hindu-Tempel Nr. 10 in vollem Gange
sind.
Die Bildhauer der Schule von Elürä vertreten
eine neue Kunstauffassung und ein neues Körper-
100 ideal. Die Frauengestalten sind stämmiger, volu
minöser und wirken in gewisser Weise sogar rusti
kal. Ihre Hüften und Schenkel runden sich, werden
kräftiger und sind verhältnismäßig stark betont.
9~ Die bisher weichen und fließenden Übergänge der
Körpermodeliierung werden jetzt hart und linear
akzentuiert. Nicht mehr himmlische Nymphen.
sondern irdische Frauen aus Fleisch und Blut ge
sellen sich jetzt den Buddhas und Bodhisattvas als
Begleiterinnen zu. Die schwebenden, grazilen Ge
stalten der hohen Gupta-Zeit haben einem stand
festen , erdgebundenen Frauentypus Platz gemacht.
Die gleiche hüllbetonte Körperschwere charak-
91 terisiert auch die Tärä in der Veranda des Vihäras
98, Nr. 6 und die Skulpturen des Hindu-Tempels Nr.19,
~~· die gegen Ende de~ 6. Jahrhunderts anzusetzen
sind. Ihre breiten, voluminösen Gesichter mit den
relativ hart modellierten Zügen schließen sich nicht
mehr zurückgezogen von der Welt ab. Sie scheinen
eher sinnend oder verträumt über den Betrachter
hinwegzublicken. Neu sind in dieser Zeit erste Ten
denzen zur Gewinnung einer größeren Raumtiefe
91 im Relief. Die Begleidiguren der Göttin Tärä im
96 Vihära Nr. 6 und der Hindu-Göttin Pärvati an der
Felswand des Höhlentempels Nr. 19 sind in leichte
Schrägansicht gedreht, so daß sie sich der Hauptfi
gur zuzuwenden scheinen. Aber es ist nicht nur ein
Hinwenden schlechthin. Verlängert mnn ihre in die
Relieftiefe führenden Schulterlinien, dnnn scheinen
s ie sich bogenförmig hinter dem H nuprkultbild zu
vereinigen. Das Kultbild wird so optisch vom Hin
tergrund gelöst und scheint in der Mitte eines um
seine Gestalt gebildeten Raumes zu stehen.
Die Andhaka-Asura-Vadhana-Mürti des Gottes
cn Siva in der Höhle Nr. 29 von Elürä ist ein früher
Versuch, eine vielarmige Gottheit in wildem
Kampfgetümmel abzubilden. Die Darstellung viel
armiger Götter ist ein typisch indisches Kunstpro
blem, das der Bildhauer durch die Überdeckung
der verschiedenen Oberarme geschickt gelöst hat.
Siva ist in Ausfaii-Schrittstellung nach rechts wie
dergegeben. Durch die leichte Schrägansicht des tief
unterschnittenen Hauptes und des Oberkörpers ge
winnt die Göttergestalt genügend Spielraum zwi
schen dem Hintergrund und einer ideellen vorderen
Rclicfcbene, in dem sich der turbulente Kampf
überzeugend abspielen kann.
Alle diese Bildwerke, in denen sich neue We
sens7iigc der indischen Plastik herausbilden, berei
ten einen neuen Höhepunkt der indischen Kunst in
der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts vor, einen
I löhepunkt, der durch die Skulpturen des Siva-
102. Tempels von Elephanta und die Bildwerke der
103. Höhlentempel Nr. 14 und Nr. 11 in E lürä reprä-104' . . d EI . H I d L" . f··h lOS. senttert w1r . eganz 1n a tung un tnten u -
lll. rung und große Gesten in harmonischer Geschlos-113' h . eh k . . d" G I d" d 107. sen ett ara tensteren 1ese cstn ten, te zu en
108 schönsten Schöpfungen der indischen Kunst zählen.
115
Zum Untersd1ied vom idealen Bildwerk der hohen
Gupta-Epoche könnte man diese Stilstufe den >>ele-
ganten<< oder auch den >>prächtigen« Stil nennen. 109
Die Bildhauer der Elürä-Schule beherrschen
jetzt den neuen Körpertypus und die neuen Raum
formeln souverän. Alle Sdnvierigkeiten in der Hal
tung und in der Körperbildung sind überwunden. 101
In lässiger Eleganz posieren die Gottheiten in
den verschiedenen Szenen aus ihrer Mythologie.
Auch auf dieser Stilstufe herrscht eine gewisse Ver
haltenheit, die den lyrischen Themen angemessen 105
ist und die die dramatische Spannung wilder
Kampfszenen mildert. Denn nicht gegenwärtiges 103
Geschehen, sondern altbekannte Mythen und Le
genden werden dem Betrachter vor Augen geführt.
Aber es ist nicht die Verhaltenheit zeitloser Schön
heit wie im 5. Jahrhundert, sondern eine neue
Grundhaltung bewußten Zurückhaltens, vor derem
Hintergrund die graziöse Geste und die elegante
Haltung erst richtig zur Wirkung kommen.
Etwas theatralisch Posierendes haftet diesen Ge
stalten an; man wird unwillkürlich an den sakralen 104
indischen Tanz erinnert, in dem der Tänzer und die
Tempeltänzerin den Legenden der Götter mimi
schen Ausdruck verleihen, an den symbolischen in
dischen Tanz, bei dem jedes Augenblicksbild, jeder
»Schnappschuß«, keinen zufälligen Ausschnitt aus
einer fließenden Bewegung, sondern eine in Hal
tung und Geste voll durchgeformte symbolische
Aussage bietet, an den kultischen Tanz, der allem
Bilden in diesem Lande zugrunde liegt. Denn es
sind keine Götter, keine überirdischen Gestalten,
sondern Menschen, junge liebliche Frauen und gra-
zile geschmeidige Männergestalten, in denen sich
die ewigen Wahrheiten der Hindus verkörpern.
Mit bewundernswertem Geschick verstehen die
Bildhauer des Höhlentempels N r. 14, in der Hal
tung der Figuren Gemütsbewegungen auszudrük
ken. In zwei unserer Beispiele sitzen Siva und 'Pär
vati oder Umä in gelöster Haltung in der Mitte 105
der Komposition.
226
In der Umä-Mähdvara-Mürti Sivas verkörpert
ihre Haltung die innige Zuneigung der beiden Gat
ten zueinander. Siva hat einen Arm um Pärvatis
Taille gelegt und sie leicht an sich gezogen. Pärvati aber lehnt sich glücklich an seine Schulter und hat
den Arm lässig auf Sivas Schenkel gestützt. Hal
tung und Blickwendung verbinden beide zu einer
kompositionellen Einheit.
In der Rävaoa-Anug~ha-Mürti Sivas ist die Bin- 102
dung der beiden Liebenden noch stärker. Eng um
schlungen sitzen sie, die Köpfe zueinander geneigt.
Pärvatis Haltung aber drückt eine gewisse Unruhe
aus. Sie ist ganz Erschrecken, ganz Spannung; im
nächsten Augenblick könnte sie aufspringen, um zu
fliehen oder um sich in die Arme des Gatten zu wer-
fen, nicht aus Sehnsucht oder in übermütigem Lie
besspiel, sondern aus Angst vor dem Getöse des
grollenden Dämonenkönigs. Siva aber nimmt sie
fest in seinen Arm und beruhigt das Herzklopfen
seiner wiederversöhnten Gattin. In beiden Reliefs
sind Figuren und Raum sorgfältig zueinander in Beziehung gesetzt. Der Körperraum der Nebenfigu-
ren, die das Götterpaar umgeben, bleibt nicht wie
bisher ohne raumbildende Krall- die Körperräume
werden nicht mehr ohne gegenseitigen Bezug ne
beneinandergestellt -,sondern beginnt sich zu einem
gemeinsamen Bildraum zusammenzufügen.
Der Varäha-Avatära des Gottes Vi$QU in der 104
gleichen Höhle verwandelt den Dämonenkampf in
eine anmutige Schaustellung. In Darstellungen die-
ses Themas aus dem 5· Jahrhundert schmiegt sich
die Erdgöttin dankbar an ihren als Bewahrer der
Welt triumphierenden Retter. Hier aber triumphiert
sie, die schöne, graziöse junge Frau, den Arm läs-
sig auf d ie Hauer des Ebers gestützt, nicht als Sinn-
bild für die glückliche Rettung aus großer Gefahr,
sondern im Finale eines symbolischen Schauspiels
oder Tanzes. Aus einem Mythos urzeitlicher Dä
monologie wird eine Tat höfischer Galanterie, die
der Gott für eine bedrängte Schöne vollbringt.
Zu den schönsten Bildwerken dieser Epoche ge-
hört die Gestalt des tanzenden Siva aus dem Höb-
113 Jentempel Nr. 21 von Elürä. Der Gott tanzt den Lalitarh-Tanz nach den Klängen einer Musikanten
gruppe zu seiner Rechten; links sitzt Pärvati mit
dem jungen Skanda und ihrem Gefolge; über den Wolken eilen die Götter durch die Lüfte herbei,
um dns Schauspiel des göttlichen Tanzes zu genießen. Alles Neue, das sich in diesen Jahrzehnten
vorbereitet hat, ist in diesem Relief vereinigt: Die elegante Haltung und die ausdrucksstarke Gestik
des achtarmigen Gottes, die durch Schrägansicht der Begleitfiguren angedeutete Illusion eines Bildrau
mes, der sich hinter der Zentralgestalt wie eine Bühne zusammenzuschließen scheint, und die Be
ziehung der einzelnen Figuren zueinander. die
durch Gesten und Blickwendung ausgedrückt wor
den ist.
Bald nach der Mitte des 7· Jahrhunderts greifen die indischen Bildhauer ein neues Problem auf. Im
Zusammenhang mit dem Bemühen, durch gestaffelte Schrägansichten der Staffagefiguren optisch in
die Raumtiefe vorzudringen, versuchen sie, eine
Figur über die reine Schrägansicht hinaus im Reliefmum zu drehen. Schon die Gestalt der Göttin
105 Pärvati aus der Umä-Mähdvara-Mürti in der
Höhle Nr. 14 war ein Versuch in dieser Richtung, der aber iiber die Umsetzung alter geradvorstelli
ger Prinzipien in Schrägansichten nicht hinausgekommen ist. Die »Drehung« ihres Körpers geht in Etap
pen vor sich, die sehr geschickt aneinandergefügt
worden sind, so daß eine Körperdrehung über einen rechten Winkel hinaus suggeriert wird. Die
Beinpartie wurde in reiner Seitenansicht wiedergegeben mit dem interessanten Versuch, das rechte
Bein nach hinten in die Relieftiefe zu führen, die
Hüfipartic ist in Schrägansicht gegeben, die Brust
von vorn. Die Blickrichtung der Göttin nach links aber führt diese Drehrichtung noch weiter. In der
118 rechten Gruppe der flicgenden Genien neben dem Sonnenfenster der Caitya-Hallc Nr. 10 von Elürä
aber ist eine echte Drehung im Reliefraum gelun-
gcn. Die linke Göttin dieser Dreifigurengruppe erscheint in reiner Seitennnsicht, die durch die Schräg
ansicht des Kopfes und der Brustpartie akzentuiert worden ist. Es gibt noch Schwierigkeiten mit der
Bildung ihrer rechten Brust, die sich noch nicht so
recht in das neue Figurenschema einfügen will. Der Kontur ihrer Oberarm- und Hüftpartie aber ent
spricht korrekt der Rückcnlinie, und die Bildung
ihres rechten Armes ist schbildgerecht. Nur der im eiligen Flug emporflatternde Schal, der ihren Kopf
wie eine Mandorla umgibt, ist noch in reiner Hauptansicht wiedergegeben.
Die Gruppe selbst besticht durch die Leichtigkeit und Grazie, mit der der sanfle, schwerelose
Flug durch den Lufiraum eingefangen worden ist. Dieser Eindruck wird in Elürä aber nicht mit dem
gleitenden Linienspiel der Idealkörper des 5· Jahrhunderts erzielt, sondern durch die Fähigkeit der
Bildhauer, den straffen, sehr standfesten und erdverbundenen Typus der Elürä-Schule richtungsfrei
in jede gewünschte Haltung zu bringen. Auch hier
sind es die Eleganz der Haltung und die fast thea
tralisch anmutenden Gesten, die gr:~ziösen Elemente des indischen Tanzes, die die Gesamtwir
kung der Figurengruppe bestimmen.
Im letzten Drittel des 7· Jahrhunderts beginnt in
der indischen Kunst ein Umschwung, der auch in Elürä seit der ersten Hällle des 8. Jahrhunderts
spürbar wird. Der Stil des hohen Mittelalters be
reitet sich vor. Harmonie und Zurückhaltung schwinden aus der indischen P lastik. Die Meister
der Schule von Elürä und der Kunstschulen im
C.'ilukya- und Pallava-Gcbiet versuchen, die dramatische Spannung wilder Dämonenkämpfe in gro
ßen Reliefbildern einzufangen. Auch diese großen
125 Götterbilder posieren, von der Eleganz des 7· Jahrhunderts aber ist kein llauch mehr zu spüren.
Bewegung, Plastik und Raum werden jetzt zuein
ander in Beziehung gesetzt. Die Haltungen und Gesten werden ofl bizarr, ganz auf steigende und
124 fallende Diagonalen angelegt, physische Krall do-
miniert und der Triumph des Gottes über die unterliegenden Dämonen. Eine fast irritierende Spannung erfüllt diese Bilder. Selbst ein auf der Welt
schlange Se~a in meditativem Schlaf ruhender
Vi$1)U bekommt durch die sich kreuzenden D iagonalen der Kopfhaltung und des aufgestützten Armes einen dramatischen Effekt. Handlung, Bewegung, Sieg und Niederlage sind die wesentlichen Aspekte, die die Bildhauer in dieser expressiven
Phase der indischen Kunst herausarbeiten und betonen.
Alle Bildelemente werden in diese Konzeption einbezogen, auch inhaltlich ruhige Motive wie ein stehender Dvärapäla, dessen spannungsgeladene 123.
Haltung nur durch diese Grundtendenz der Zeit 121
zu erklären ist. Die Körper der Figuren sind sehr schlank, geschmeidig und biegsam, so recht geeig-net, sich im Kampf oder Tanz zu wenden und zu
drehen. Auch jede Geste ist durchdacht und ausgefeilt, alles ist Richtung, Spannung und Dramatik. Kaum eine Bewegung führt ins Innere der Kom
position zurück, alles ist offen und ausfahrend, Trä-ger des Ausdrucks verbissener Energie.
Im Vergleich mit dem dramatischen Effekt und der vitalen Krafl dieser Kampfszenen wirken die Dämonenkämpfe in der zweiten Hälfte des 8. Jahr
hunderts wieder maßvoll und gebändigt. Auch der Siva Tripuräntaka vom Kailäsanätha-Tempel (Nr. 134
16) in E lürä triumphiert über die Feinde der Göt-
ter. Mit kraftvollem Griff, die Füße fest auf den Boden gesetzt, spannt er den riesigen Bogen, um den verderbenbringenden Pfeil gegen die Dämo
nenstädte abzuschießen. Aber seine Haltung ist Triumph, nicht Kampf, trotz des festen Standmotives, das die Größe der Anstrengung symbolisiert. Auch dieser Bildhauer verwendet ausdrucksstarke Diagonalen, um die Größe des Geschehens sicht-bar 7u machen, aber es überwiegt keine spannungsgeladene Richtung mehr wie in den Reliefbildern des Höhlentempels Nr. q, sondern der Richtungssinn jeder Diagonalen wird von ihrem Widerpart
128
aufgehoben. Das Bild ist keine Verkörperung des kämpfenden, sondern des unüberwindbaren Got
tes, der seine Gläubigen sicher vor Not und Unheil bewahrt.
Auch die besonders bei ruhig stehenden Figuren
auffallende Bizarrheit der Haltung im Programm des Höhlentempels Nr. ll schwindet wieder aus der indischen Kunst. Stehende Götterbilder kehren zu 134
maßvollen Standmotiven zurück, die Frauengestal-ten aber verkörpern wieder den ganzen sensiblen Reiz graziler Mädchen in anmutiger Tribhanga
Haltung. Auffällig ist, daß das Sitzmotiv mit untergeschlagenen Beinen, das in den buddhistischen 131
Höhlen von Elürä noclt dem nördlichen Schema
mit Ferse an Ferse im Schoß liegenden Füßen entspricht, seit dem 8. Jahrhundert die südindische, schon in Amariivati vorgebildete Form verwendet,
bei der die Unterschenkel im Gegensinn übereinander gelegt worden sind.
Das Problem der Drehung einer Figur im Bildraum, das zu Beginn des Jahrhunderts ein Grund für die ofl bi?arren Körperhaltungen war, wird jetzt gemeistert. Selbstvergessen schmiegt sich das Mithuna-Paar von der Portalumrahmung des Kai- 136
liisanätha-Tempels aneinander, Symbol für die Bhakti, die liebende Verehrung der Gottheit, und die kosmische Macht, mit der der Gott seine Gläu
bigen schützt und erhält. Ein großer Künstler, der die Stilmittel seiner Epoche voll beherrscht, hat
diese Genreszene liebender Versunkenheit geschaf-fen. Die Liebenden halten sich eng umschlungen. Ihre Körper werden in plastisch durchgeformter Seitenansicht wiedergegeben. Sivas Krafl: und Zu
neigung und Pärvätis geschmeidige Biegsamkeit und ihre grenzenlose Ergebenheit drücken sich in bewundernswerter Vollkommenheit im Linienspiel ihrer Körper und Glieder aus: Wie die Göttin zu Füßen ihres Gatten kniet, wie sie sich an ihn schmiegt und die Arme um seinen Nacken schlingt und wie Siva sich zu seiner Gemahlin herabneigt und sie liebevoll an sich zieht. Auch die Haltung
ihrer in die Relieftiefe gerichteten Unterarme ist
schbildgcrccht verkürzt. Ein Grundtenor sinnlicher
Körperfreude und Erotik zieht sich durch alle Epo
chen der indischen Kunstgeschichte, in der Frühzeit
durch die verhaltene Symbolik des Tanzes subli
miert, im späten Mittelalter durch die oA: drasti
schen Szenen körperlich er Vereinigung repräsentiert.
Das Relief steht auf einer Stufe des Übergangs. Es
spiegelt nicht mehr die unbewußte Koketterie und Sinnlichkeit eines tanzenden Paares wider, sondern
symbolisiert die Bhakti in Gestalt eines eng um
schlungenen Liebespaares. Aber es ist die gten7en
losc Zuneigung der Liebenden zueinander und noch nicht die Freude am sinnlichen Licbesspicl,
die der Künstler in \'OIIendcter Form im Stein ver
ewigt hat.
In der späten Bauphase des Kailäsanätha-Tem
pels von Elürä kündigen sich neue Züge und Stil
elemente an. So sind die Bilder der Göttinnen Sa-138 rasvati, Garigä und Yamunä in der Kapelle der
Flußgöttinnen in der linken Seitenwand des Tem
pelhofe.s monumental übersteigert. Ein neuer Pro
portionskanon hebt sie als Kultbild aus der Fülle
der übrigen Frauengestalten dieses Tempels her
aus, und ihre tief unterschnittenen Körper zeigen erste Ansätze zu dreidimensionaler Figurenbildung.
Wir stehen vor einem grundsätzlichen Wandel der
indischen Plastik, in dem sich die Wesensmerkmale
des späten Mittelaltcrs vorbereiten. 138 Die Göttin Gangä steht in frontaler Haltung in
der Mitte einer von Pilastern getrennten Drcifigu
rcngruppc. Eine Ebene, die sich senkrecht durch
ihren Körper legen läßt, ist weder gebogen noch gedreht, während sich ihre beiden Partnerinnen ihr
in graziöser Tribhariga-llaltung zuneigen. Eine
Körperhöhe von neun Gesichtslängen von der Stirn
bis zu den Zehenspitzen, von zehn Gesichtseinheiten, wenn man ihre Haarkrone einbezieht, macht
die Göttin Gailgä zu einer stattlichen Erscheinung.
Ihr Körper wirkt langgcstrcckt, der Unterkörper
überlängt mit einer jetzt proportional stärkeren Be
tonung der Hüftpartie. Kriiftige Oberschenkel und
sehr schmale Fesseln betonen die Länge ihrer Beine, die jetzt die Hälfle der Körperhöhe umfassen. Die
GMtg:i- und Yamunä-Bilder des 6. und 7· JahrhundertS sind graziöse Mädchengestalten mit dem
Charme unbekümmerter Jugend; diese Flußgöttin
nen hier repräsentieren dagegen einen reifen Frauentypus, in dem neben der Symbolik der ri
tuellen Reinigung auch ein Aspekt alter Fruchtbar
keitssymbolik mitschwingt.
Einen entsprechenden reifen Frauentypus vcr-139 körpcrn die göttlichen Mütter in der Mätrkä-Ka
pelle in der rechten Hofwand des Koiliisanätha
Tempels und die auf dem Löwen thronenden Bild-
143 werke der Yak~i Siddhäyikä in den jainistischen
Höhlentempeln von Elüra. Ihr fast vollrund aus
dem Fels geschlagener Körper ist füllige.r und frau
licher geworden, besticht aber durch den Gleich
klang des Linienspiels und das Ebenmaß seiner
Proportionen.
Damit ist die Endstufe in der künstlerischen
Entwicklung der Schule von Elürä erreicht. Auch
in Elürä sind nicht alle Höhlen völlig fertiggestellt
worden, und auch für Elürii sind die Gründe für
den Abbruch der Arbeiten nicht bekannt. Kurz be
,·or die Bautätigkeit in Elürä endete, gipfelt die
Arbeit der Bildh:wer in Bildwerken von vollende
ter Schönheit, die einen Endpunkt unter die frühmittelalterliche indische Kunst setzen und gleich
zeitig den neuen Stil des späten Mittelalters an
kündigen.
Anhang
Literaturhinweise
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Namen- und Sachverzeichnis
Abbayamudrä, Geste des Schutzgewährcns
Agni, der altindische Feuergott
Amalaka, Säulenglied in Form einer Amalaka-Frucht
Amarävati-Scbule, südindische Bildhauerschule im Ändhradda,
(r.- ;. Jahrhundert)
AIJ<ja, Kuppel eines Stüpas
Andbaka-Asura-V adhana-Mürti, Aspekt des Gottes Siva im
Kampf gegen den Dämon Andhaka
Arati, •Sehnsuchtt , Tochter des Mära
Ardbanäri, Siva und Pärvati in einer Gestalt
AJoka, König der Maurya-Dynastie (etwa 272-232 v. Chr.)
AJoka-Säule, Monolithsäule mit Tierkapitell, die die Edikte
König Asokas trägt
Avalokiteivara, Dhyäni-Bodhisattva des Westens
Avatära, zeitweilige Inkarnation einer Gottheit, besonders
Vi!QUS, um die Menschen vor Unheil zu bewahren
Bhairava, Emanation des Gottes Siva
Bhakti, liebende Verehrung einer Gottheit
Bbmiga, indisches Ponderationssystem stehender Gestalten
Bhikflt, Mönch
Bbümispariam11drä, Geste der Zeugnisanrufung der Erdgöttin
bei der Versuchung des Buddha
Bodhisattva, ein Buddha vor der Erleuchtung; im Mahäyäna
Buddbismus Emanation eines meditativen Buddha, durch
die dieser in der Welt wirkt
Brabmä, der hinduistische Schöpfergott
B11ddba, Ehrenname Gautama Siddhärrhas, des Gründers des
Buddhismus
Caitya-ßogen, das oSonncnfenstcrt einer Caitya-Halle
Caitya-Halle, buddhistischer Kultbau
Cok.ra, der Diskus, Attribut des Gottes Vi~QU
Cä/11kya-Epocbe, Herrschall der Cä!ukya-Dynastie im Dekkhan
(etwa SS0-7!))
Ca11ri, der Yakschweif als Fliegenwedel
Chattra, der Schirm als königliches Symbol; Bekrönung eines
Stüpas
Daiok11märacoritaJh, • Geschichte der zehn Prinzen•, Sanskrit
Werk des DaQ<)in (7. Jahrhundert)
Devi, im Hinduismus unter vielen Aspekten verehrte altindi-
sche Muttergottheit
Dharmacakra, das Rad als Symbol für die buddhistische Lehre
Dharmacakramudrä, Geste des Lehrens im Buddhismus
Dbyäna, meditative Versenkung
Dhyänam11drä, Geste der Meditation
D11rgä, Hindu-Göttin, kriegerischer Aspekt der Devi
Dvizrapizla, Portalhüter
Gadä, die Keule, Attribut des Gottes Vi!QU
Galta, Gnom
Gandbarva, Himmelsmusikant
Gangiz, Flußgöttin, Personifikation des Ganges
Gmigädhara-Mürti, Aspekt des Gottes Siva, der die Gai>gä bei
ihrer Herabkunfl vom Himmel mit seinen Haaren auffängt
Gorbbagrha, Cella eines Hindu-Tempels
Gart«f,a, der Adler, Reittier des Gottes Vi!t)U
Gommata, Heiliger des Jinismus, der von Schlingpflanzen um·
wunden in monatelanger Askese steht
Gopuram, monumentaler Portalbau südindischer Tempel
Gupta-Epoche, Herrschalt der Gupta-Dynastie über Nordin -
dien (4.-6. Jahrhundert)
Häriti, buddhistische Schutzgottheit
J-/armikä, Bekrönung eines Stüpas
]ätoka, Erzählung aus früheren Existenzen des Buddha
Kailäso, ein Berg, Wohnsitz des Gottes Siva im Himälnya
KtmSittbba, Brustjuwel des Gottes Vi!~u
Kärttikeya. der hinduistische Kriegsgott
Kiri(a-makuto, Krone des Gottes Vi!~U
Ku~ta, Inkarnation des Gottes Vi~l)u K tu/11, der Caitya-Bogen als Bauornament
IVtfÖ(to-Epoche, HerrschaR der Ku!ä~a-Dynastie über Nord
indien (etwa •70-}S7)
Lakfmi, Göttin der Schönheit und des Glücks; Gattin de< Got-
tes Vi~QU
Lalit01it, Sivas Abeodtonz im Himälaya
Litigam, der Phallus als Symbol des Gottes Siva
Mahävira, Stifter des Jinismus
Mabäyäna, Buddhismus des &großen Fahrzeuge'«
Mabäyogi, Siva als Yogi
Mohi[ämramardini, Durgä als Kämpfcrin gegen den Biiffcl
dämon Mahi!a
Moitrcyo, Bodhisatt,·a des künfligen Weltaltcrs
Makara, krokodilartiges Mischwesen ; Reittier der Flußgiittin
Gatigä
Mu(ttfapa, Säulenhalle eines Tempels
Märo, der buddhistische Versucher; Herr über die Sinnenwelt
Märko{l(j.eya-M ürti, Aspekt des Gottes Siva, der seinen treucn
Gläubigen Märka(lc;leya aus der Schlinge des Todesgottes löst
Mätonga, Ynk!a-Begleiter Mahiiviras
Mothurä-Schulc, nordindische Bildhauerschule
Mätrkä, die Saktis der Hindu-Götter
Medhi, Basis eines Stüpas
Milbtma, Liebespaar
Mokfa, Erlösung im Hinduismus und Jinismus
Mudrä, symbolische Geste
Mukhamalttfopa, E ingangshalle eines Tempels
Näga, Schlangengottheit
Nandi, der Stier, Reittier des Gottes Siva
Näräya(ttJ, Name des Gottes Vi~~u
Nirvä(la, Erlösung im Buddhismus; Ausscheiden aus dem Sar.h
sara
Nrsitilbo, Inkarnation Vi~t.tus als Mann-Löwe
Padmo, der Lotos, Attribut des Gottes Vi!';tu
PadmapÜlti, Name A\·alokitdvaras
Pntbuä.Jana, Sitz mit untergeschlagenen Beinen Piiticika, buddhistische Schurzgottheit
J>örivauätba, der Jina des vergangeneo Weltaircrs
Pärvati, Gattin des Gottes Siva
J>ratlakfi(lä, kultische Umwandlung
Prolambopodäsauo, Sitz mit herabhiingenden Füßen
Pratimokfo, buddhistische Ordens- und Bußrcgel
Ptir(tagho(n, Vase des Überflusses
Räma, Inkarnation des Gottes Vi!t)U, Held des Rämayäna
Rä,<trnkü(a-Epocbe, Herrsdhaf\ der Rä~ltakü~-Dynastie über
Südindien (etwa 740-980)
T{nti, •Wollust«, Tochter des .Mära
Röua~la .. Anugrhtl·Mürti, Szene, wie der Dämonenkönig Rä· \ 'nt)a den Kailüsa umer den streitenden Siva und Pärmti er
schüttert Sabbilllla(tt/apu, Haupthalle eines Tempels
S11kti, Personifikation der Energie eines Gottes in Gestalt sei-
ocr Gattin im Taotrismus
Sotit.•·nrn, der Kreislauf der Wiedergeburten
Smikha, das Muschclhorn, Attribut des Gottes Vi~t.tu
Sarasvati, Flußgöttin, Personifikation der Sncasvati, im Hin-
duismus Gemahlin des Gottes Brnhmä
Särnätb-Schule, oordindisdte Bildhauerschule
Säsanadevatä, jainistischc Göttin, Begleiterin eines Jina
Siitavähona-Epocbc, Hcrrschafl der Sätavähana-Dynastic in
Südindien (etwa I.-}· Jahrhundert) Siddbäyikä, Begleiterin Mahäviras
Sivn, hinduistischer Gott, der •Zerstörer<
Skouda, Name des Kriegsgottes Kiirttikcya
Sri, Name der Göttin Lak!mi
Stüpa, der Grahhügel als buddhistisches Denkmal
Siirytl, der altindische Sonnengott
Tiz(l(/tlva, Sivas Tanz der Vcrnichtun!: 1'hcravätla, die alte WeisheitSschule des Buddhismus
Tirtbothkara, Ehrenname ein es Jina
Trimürti, die hinduistische Göttertrinität Brahmii-Vi!Qu-Siva
Tripuräutaka, Aspekt des Gottes Siva als Vemichter der drei
Dämonenstädte
1'm1n. •Begierde«, Tochter des Mära
Umä, Name der Göttin Pärvati
Umä-Alitigana-Mürti. Siva und Pärvati im Liebesspiel
Umä-MabeivtJra-Mtirti, Siva und Pärvar.i als Ehepaar
Vähtma, Reittier einer Gottheit
V ajra, der Donnerkeil
V airapä!Ji, Name eines Bodht-.~tt\'.U
Vairäyäna, •Diamanrfahrzeug•. t.lntristiscbe Srufe des BLlddhis
mus
Vökiltaka-Epocbe, HerrschaR der Väkätaka-Dynastie ilber dns
Gebiet von AjaQt:i (4.-5. Jahrhundert)
VÖIIUIIM, Inkarnation Vi)QUS a ls Zwerg, der mit drei Schritten
die Welt zurückgewinnt
Vnräha, Inkarnation Vi!QUS als Eber, um die Erdgöttin aus den
Fluten des Weltmeeres zu retten
V tlf(Jbideva, Stiller der Huhle Nr. 16 ,·on Airu:tfii und des Vi-
häras von Ghatotkaca
V(uude-oJa, Name des Gottes ViiQU
l'iiJu, der altindische \\'indgott
Vidyädhara, geßü~ehe buddhistische Genien
l'ibära, Wohnbereich eines Klosters
l'imana, Tempelturm eines südindischen Tempels
I 'it!lll, hinduistischer Gott, der tErhalterc
Viivakormä, der Architekt der Götter
V rkfnkä, Baumgöttin
Y nk..!a, Fcuchtbarkeirsgott
Y ak[i, Fruchtbarkeirsgöttin
Y ama, der altindische Todesgott
Yamunä, Flußgöttin, Pcrsoni6lc.:uion der Yumnä
Yäli, springender Lö"'e als Bauonuuncot
Y o&i, Asket, der sich der Yoga-Meditation unterwirR
Verzeichnis der Abbildungen auf Textseiten
1* Lageplan von AjaQtä.
Nach: Burgess 1883- 1, T. 14
2• AjaQtä , Höhle Nr. 10, ~a<;fdanta-Jätaka
Nach: Yazdani 193o-19ll• Band 3. T. ;o c 3* Ajal)tä, Höhle Nr. 19
Nach: Burgcss 1883-1, S. l9· Abb. zo
7 • AjaQ{ä, Höhlen Nr. 16 und 17
Nach: Yazdani 19Jo-19ll· Band 4· Textband, S. 16 8• Aj.tQtä, Höhle Nr. 1;
N3ch: Burgess 188;-1, T. 18, Nr. l
9• AjaQtä, Höhle Nr. 12
Nach: Fergusson-Burgess 1 88o, T. 17
tO• AjaQtä, Höhle Nr. 6 Nach: Pecgusson-Burgess r 88o, T. 31
tt • AjaQtä, Höhle Nr. 16
Nach: Fergusson-Burgess t88o, T. H• Nr. 1
12' Aj:tQfä, Höhle Nr. 17
Nach: Pergusson-Burgess 188o, 1'. 33. Nr. >
t3• Ajnt;>tii, Höhle Nr. 4
'lach: Fcrgusson-Burgcss 188o, T. 4(>
II' AjaQtä, Höhle Nr. 7
N.1ch: Burgcss 188;-t , T. 18, Nr 1
I 1• Ajat;>tä, Höhle Nr. 11
Nach: Bucgcss 188;- 1. T. 18, Nt. 1
tG• AjaQtii. Höhle Nr. 14
Nnd1: Burgcss 188;- t, T. 18, Nr. 1
17 • Ajat;>tä, Höhle Nr. ll
Nach: Burgess 188;-1, T. 18, l\r. l
18' AjaQ!:i, Höhle Nr. 1
Nnch: Fcrgusson-Burg~s 188o, 1'. 40 und Burgess 188;- 1,
T. 11, Nr. 1
19• Ajat;>tä, Höhle Nr. 2
Nach: Fcrgusson-Burgcss 188o, T. 44. Nr. 1
20• Ajat;>tä , Höhle Nr. 10
Nach : Burgess 188;-r , T. 18, Nr. 6
21 • Ajnotä, Höhle N r. 11
Nach: Burgess 188;- t, T. 34, Nr. '
22• AjnQtä, Höhle Ne. 23
N3ch: Burgess 1883- 1, T. 34, Nr. 1
23• Ajal,l!ä, Höhle Nr. 14
Nach: Burgess 1883-1, T. J4, Nr. 3
~~· Ajav!ii. Höhle Nr. 6,
Cellaportnl
4* Aial)tä. Höhle Nr. 9 Nach: Fergusson-Burgc.s 1880, 1'. ;o. Nr. 2
Nach: Fergusson-Burgess 1880, T. 18, Nr. ;-4 25' Elürä, Höhle Nr. to
5* AjaQtä, Höhle Nr. 10 Nach: Fergusson-Bucgess 1880, T. 6z. oh<ll
Nach: Fergusson-Burgess 188o, T. 18, Nr. r-1 26• Elürä, Höhlen Nr. 2 bis 4
6• Ajal)fa, Höhle Nr. 19 Nach: Fergusson-Burgess 1880, T. l7
Nach: Fcrgusson-BurAess t 88o. T. 37 oben und Burgess 27• Elürä, Höhlen Nr. 8 und 7
188;-1, T. 31 Nach: ßurgess 188;-2 , T. 14, Nr. 1
28• Elürii, Hlihlen Nr. 9 und 6
Nach: Fcrgussoo-Burgcss 1880, T. 6o
29• Elürii, Höhle Nr. 1
Nach: Fergusson-Burgess 188o, T. 19
30• Elürii, Höhle Nr. 11
N~ch: Burgcss 1883-2, T. ll
31* Elürii, Höhle Nr. u
Nach: Fergusson-Burgess 1 88o, T. 64 und 61, Nr. 1 und
Burgess 1883-2, T. 14, Nr. 2
32• Elürä, Höhle Nr. 26 - Nach: Burgess 1883-•· T. 3•· Nr. 1
33 • Elürii, Höhle Nr. u
Nach: Fergusson-Burgess 1880, T. 76, Nr. 1
34* Elürii, Höhlen Nr. 17 und 18
Nach: Burgess 1883-2, T. 32, Nr. 1
35• Elürä, Höhle Nr. 27
Nach: Burgcss 1883-•· T. H· Nr. 4 36• Elürii, Höhle Nr. 20
Nach: Burgess 188J-2, T. p, Nr. 3 37• Elürii, Höhle Nr. 14
Nach: Ferguuon-Burgess 188o, T. 70, Nr. z
38• Elürii, Höhle Nr. 19
Nach: Burgcss 188}-2, T. 31, Nr. z 39• Elürä, Höhle Nr. u
Nach: Burgess 188 3-2, T. p, Nr. 4
40* Elürä, Höhle Nr. 21
Noch: Burgess 1883-2, T. Jl, Nr. 3
41* Elüri\, Höhle Nr. Jl
Nach: Fcrgusson-Burgess 188o, T. 73 und 74
42• Elüri\, Höhle Nr. 29
Noch: Fergusson-Burgess 1880, T. 79
43* Elürii, Tempel Nr. 16
Noch: Fergusson-Burgess 1880, T . 81 und 81 n
44* Elürii, Höhle Nr. J2
Nach: Fcrgussoo-Burgcss 188o, T. 87 und 88
45* Elürii, Höhlen Nr. 33 und H
Nach: Fergussoo-Burgcss t88o, T. 90
46• Elürii, Pilastcniiule der Höhle Nr. 11
Nach: Burgess t88j-1, T. t6, Nr. l
4 7 • Devnimori, Schmuclttondo aus dem Stiipa-Berirk
Nach: Indian Archaeology 1919-196o, T. 21 B 48• Mukundiirra, Portalbekrönung
Nach: H3rtel-Auboyer 1971, T. 1 2
49• Säilci, Buddh~bild im Prozessionspfad des Stiipas Nr. 1
Nach: Harte, J. C., Gupta Sculpturc. Oxford 1974, T. 38
so• Candimau, Steinpfeiler
Nach: Arcbaeological Survey of lndia. Annunl Report
1911-11, T. 73, Abb. 4
51* Niichni\, Ornament vom Piirvati-Tempel
Nach: Mnrg 26, 3 (1971-73), S. 38, Abb. •7 52* AjnQ!ii. Höhle Nr. 17, Cellaportal
Nach: Zimmer 1911. T. 174
53* AjnQ!ii, Höhle Nr. 17, Mischwesenfries der Deckenmalerei
Nach: Ghosh 1967, T. 73
54* Bhumnrn, MaQ4npa-Pfciler
Nach: Knln, S. C., Sculptures in the Allahabad Muoicipal Museum, Allahabad 1946, T. 21
55* Deogarh. Fcns~rumrnhmung des Vi!Qu-Tempels
Nach: H5rtel-Auboycr 1971, T. 8 56• Biidiimi, Höhle Nr. 1
N~ch: Banerji, R. D., Basreliefs of Badami. Calcurta
1918, T. 6 a
57• Bädiimi, Hohle Nr. 3
Nach: Originalfoto
58• Delaviinür, Portalbekrönung
Nach: Revue des Am Asiatiques 8 (1934), T. i2 c 59• Mäm~llapuram, Draupadi-Ratha, Dachornament
Nach: Hürlimann, M., lndia. New York 1967, T. 19
60• Bhuvanetvara, Vaital Deut
Nach: Rambach, P. u. V. de Goüsh, Iodische Tempel und
Götterbilder, Biberach o. ]., T. 63
61• Panadakal, Sangnmctvara-Tempel
Nnch: Originalfoto
Ausschlagt.~fel
62• Aj n~fii, Vihärn Nr. 1, Längsschnitt
Nnch: Burgess 188}-1, T. 2t, Nr. 1
63* L~gepl an von E lürä
Nach: Burgess 188J- 2, T. 2
64* Karte Indiens mit den im Text erwähnten Onen
Verzeichnis der Tafeln
1 Die Wiighora-Schlucbt bei AjOQ!ii
2 Die Höhlen von AjaQ!ii
3 AjaQ!ii, Höhle Nr. 17, Declte, Gandharvas
4 AjaQ!ii, Höhle Nr. 17, Verandarückwaod, Vessantara·Jätaka
5 Aja(I!Ä, Höhle Nr. J7, Verandarüclcwand, Vessantarn-Jätaka
6 Ajal)tä, Höhle Nr. 17, linke Seitenwand, Rad des Samsara
7 Ajal)tä, Hohle Nr. 17, Verandarückwand, nicht identifizier
tes Jätaka
8 Ajal)tä, Höhle Nr. 17, Verandarückwand, Devadatta plant
im Palast des Königs Ajätasatru das Attentat mit dem wil
den Elefanten Nälägiri auf den Buddha
9 Ajal)tä, Höhle Nr. q , Verandarückwand, das Attentat mit
dem Elefanten Nälägiri auf den Buddha
10 Ajal)tä, Höhle Nr. 17, Voreella, linke Seitenwand, Fürsten
lauschen der Predigt des Buddha
11 AjaQ!ä, Höhle Nr. q, Verandarückwand, Indra und Apsa-
ras eilen zur Begrüßung des Buddha herbei
12 AjaiJ!ä, Höhle Nr. 1, Veranda
13 AjaiJ!ä, Höhle Nr. z, rechte Verandakapelle
14 Ajal)tä. Höhle Nr. 1, Rückwand, Mahäjanaka-}ätaka
15 AjaiJ!Ü, Höhle Nr. 1, linke Seitenwand, Mahäjanaka-Jätaka
16 Ajat;>!ä, Höhle Nr. 1, linke Seitenwand, Geschichte vom
Prinzen Kalyäl)akärin
17 Ajal)tä. Höhle Nr. 1, Deckenverzierung
18 Aja•nä, Höhle Nr. 1, Rückwand, Cämpeya-Jätaka
19 Ajal)tä. Höhle Nr. 1, Vorderwand, Prinz Sudhana und die
Kinoari
20 Ajal)tä, Höhle Nr. 1, Rückwand, Bodhisattva Padmapäl)i
21 Ajal)!ä, Höhle Nr. z, rechte Seitenwand, Vidhurapal)<,lita
Jätaka
22 Ajal)tä, Höhle Nr. z, rechte Seitenwand, Vidhurapa1,1<,lita-
Jätaka
23 Ajal)tä, Höhle Nr. z, rechte Seiten wand, VidhurapaQ<,lita-
Jätaka
2-1 AjaJ.ltä. Höhle Nr. z, rechte Seitenkapelle, Stifler mit Gaben
25 AjaiJ!ä, Höhle Nr. 2, linke Seitenkapelle, Stifler mit Gaben
26 Ajal,ltä. Höhle Nr. z, rechte Seitenwand, Pürl)a-Avadäna
27 Aja1,1rä. Höhle Nr. 9, Fassade
28 Ajal,ltä, Höhle Nr. 9, Innenansicht
29 Ajal)tä, Höhle Nr. 10, Wölbung des rechten Seitenschiffes
30 AjaJ.1!ä, Höhle Nr. 1%, Innenansicht
31 AjaJ.ltä, Höhle Nr. 6, Fassade, Ober- und Untergeschoß
32 Ajal)tä. Höhle Nr. 6, Obergeschoß, Cella-Buddha
33 Ajal,ltä, Höhle Nr. 16, Verandaportal
34 Ajal)tä, Höhle Nr. 16, Gandharvas an einem Kragsteinkapi-
tell
35 AjaiJ!ä, Höhle Nr. 7, Eingangspavillon
36 Ajal)tä, Höhle Nr. 7, Vorcella und Cella
37 AjaiJ!ä, Höhle Nr. 1 r, Säule der inneren Halle
38 Ajal)tä, Höhle Nr. 4, Gaögä vom Verandaportal
39 Aja1,11ä, Hohle Nr. 4, VerandasauJen
40 Ajal)lä, Höhle Nr. 4. Cellaportal und Cella
41 Ajal)!ä, Höhle Nr. 4, Väkä1aka-Säule ~er inneren Halle
42 AjaiJ!ä, Höhle Nr. s, Verandaportal
43 AjaQtä, Höhle Nr. j, Verandaportal (Detail)
44 Ajal)tä, Höhle Nr. 1 j, Verandaportal
45 Ajal)!ä. Höhle Nr. 19, Fassade
46 Aj al)tä, Höhle Nr. 19, Buddhabilder der Fassade
47 Ajal)tä, Höhle Nr. 19, Ornamentfriese der Fassade
48 Ajal)tä, Höhle Nr. 19, Dvärapäla der Fassade
49 Ajal)tä, Höhle Nr. 19, Niigaräja und Gemahlin
50 AjaQtii. Höhle Nr. 19, Säule der inneren Halle
51 Ajal)tä, Höhle Nr. 19, Triforiumfries
52 Ajal)tä, Höhle Nr. 19, Triforiumfries der Apsis
53 Ajal)tä, Höhle Nr. 1, AjaQtä-Säule der inneren Halle
54 Ajal)tä, Höhle Nr. 1, Gandharvas von einem Säulenkapitell
55 Ajal)tä, Höhle N r. r, Gaögä vom Verandaportal
56 Ajal)tä. Höhle Nr. r, Verandapilaster
57 Ajal)tä, Höhle Nr. 2, Pilaster
58 AjaiJ!ä, Höhle Nr. 2, Säulenportal der linken Verandaka-
pelle
59 Ajar)t-1, Höhle Nr. z, Hiiriti und Päiicika
60 AjaiJ!ä, Höhle Nr. z6, F:made
61 Ajai)IÜ, Höhle Nr. 26, Seitenportal (Detail)
62 Ajal)tä, Höhle Nr. 26, Fries der Verandabasis
63 Ajal)tä. Höhle Nr. z6, Innenansicht
64 Ajal)tii, Höhle Nr. z6, Triforiumfries
65 Ajal)tii, Höhle Nr. 26, Säulenbasis
66 Aial)tä, Höhle Nr. z6, Versuchung des Buddha
67 Ajal)tä, Höhle Nr. z6, Parinirväl)a des Buddha
68 AjaQ!ä, Höhle Nr. 27, Gaögii vom mittleren Portal
69 AjaQtä, Höhle Nr. 17, Mitbuna-Gruppe vom mittleren Portal
70 Aja!)tä, Höhle Nr. zo, Deckenkonstruktion der Veranda
71 Ajal)tä, Höhle Nr. zo, Vrk~akii eines Verandakapitells
72 Ajal)lä, Höhle Nr. zo, Vorcella und Cella
73 Ajal)lä, Höhle N'r. H, Säulenportal der rechten Veranda
kapellc
74 AjaQIÜ, Höhle Nr. 21, AjaQtä-Säule der inneren Halle
75 Aja1,111i, Höhle Nr. %1, Säulenportal der linken Seitenschiff-
kapelle
76 Ajal,ltä, Höhle Nr. ZJ , Verandaportal
77 Ajal)lä, Höhle Nr. ZJ, Gewände des Verandaportals
78 AjaQ!ii, Höhle Nr. 23, Pilaster
2)5
79 Aj:ll)tä, Höhle Ne. 1J, Slulenportal der rechten Veranda-
kapelle
80 Ajar;ttii, Höhle Ne. 14, Verandafenster
81 Ajnr;~tä, Höhle Ne. 14, Pürr;~aghata·Säulc der Verand~
82 Elürii, Höhle Nr. 10, Pass~de
83 Elürä. Kailiisaniirhn· Tempel von Südosten
84 Elürä, Kailäsaniithn-Tempcl von Südwesten
85 Elürä, Höhle Ne. J2, Tempelhof
86 Elürii, Höhle Nr. 16, PürQaghafa-Säule der Veranda
87 Elürii, Höhle Nr. 16, Portalhüteein
88 Elürä, Höhle Ne. 2, Slule der inneren Halle
89 Elürä, Höhle Nr. 1, Buddhabildgruppe
90 Blürä, Höhle Nr. 4. Bodhisarrva-Gruppe
91 Elürä, Höhle Nr. 6. Ti\tä-Stele in der Vernnd~
92 Elürä, Höhle Nr. 6, Cellaportal
93 Blürä, Höhle Nr. }. Innenansicht dc, Säulenquadrats
9~ Elürä, Höhle Nr. 8, Portalhüteein
95 Elürä, Höhle Nr. 9. F:usade
96 Elürä, Höhle Nr. 19, Devi
97 Eliirl\, HOhle Nr. 29, Andhnka·Asur~·Vadhann-M!irtl SI\"' 98 Elürä, Höhle Nr. 19, Räval)a·Anu~rh~-Mürti Sivn<
99 Elürä, Höhle Nr. 19, Cella
100 Elürä, Höhle Nr. 20, Verandaportal
101 Elürä, Höhle Nr. 14, Verandapilasrcr
102 Elürä. Höhle Nr. 14, Räv:ll)a-Anugrba-Mürti Siv~s
103 Elürä, Höhle Ne. 14, Durgä Mahi,äsuramnrdini
104 Elürä, Höhle Nr. q, Vnräha-Avatära Vi,r;~us
105 Elürä. Höhle Nr. 14, Umä-Mahesvara-Mürti Sivas
106 Elürä, Höhle Nr. 11, Veranda und Nandi-Pavillon
107 Blürä, Höhle Nr. 11. Ynmunä
108 Elürä, Höhle Nr. 11, Vcn>ndasiiule
109 Elürä, Höhle Nr. 21. Gailgä
110 Elürä, Höhle Nr. 21, Verandabrüstung
111 Elürä, Höhle Nr. 11, Portalhüteein
112 Elürä, Höhle Nr. 11, Ornametttfries einer Säulcnba;i,
113 Elürä, Hohle Nr. 11, Si,•a im Lnlitruh-Tanz
II-I Elürä, Höhle Nr. 1. Verandapilaster
115 Elürä, Höhle Nr. 1. Innenansieht
116 Elürä, Höhle Nr. 10, Friese der Balkonbrüstung
117 Elürä, Höhle Nr. 10, Ornament der Fassade
118 Elürä, Höhle Nr. 10, Gandharvas der Fassade
119 Elürä, Höhle Nr. 17, Dvärapi\la
120 Elürä, Höhle Nr. 17, Brahmä, Vi,~u und Siva
121 Elürä, Höhle Nr. 21, Dvärapäla
122 Elürä, Höhle Nr. 11, Pilasrcrsiiule der Veranda
123 Elürä, Höhle Nr. 1 1. Dvärnpäla
124 Elürä, Höhle Nr 11, Siva im Lalinun-Tanz
125 Elürä, Höhle Nr. 1 s. Vämana-.Avatära Vi~r;~us
126 Elürä, Höhle Ne. 12, Pilasteniule der Veranda
127 Elürä, Tempel Nr. 16, Mukhamal)<,fapn, Fassade
128 Elürä, Tempel Nr. 16, DachkantenorMment
129 Elürii, Tempel Nr. 16, Dachkantenornament
130 Elürä. Tempel Nr. 16, Nischenbekrönung
131 Elürii, Tempel Nr. 16, Brnhmä
132 Elürä, Tempel Nr. 16, Vi~l)u im VämaM-Aspckt
133 Elih:i, Tcwvd Nr. t6, Wdt.hüt<T
134 Elürä, Tempel Nr. 16, Sivn Tripuriintakn
135 Elürä, Tempel Nr. 16, Gaja-Lak!mi
136 Elürä, Tempel Nr. 16, Mitbuna-Gruppe vom Cellaportal
13- Elürä, Tempel Nr. 16, Pfeiler der Sabhämnr;~<Japa
138 Elürii, Tempel Nr. 16, Gatigä
139 Elürä, Tempel Nr. 16, Mätrkiis
140 Elürä, Tempel Nr. JO, Säulen der MnQ<Jnpn
141 Elürä, Tempel Nr. JO. Daehkantenomamcnt
142 Elürä, Tempel Nr. JO, CellnporUII
143 Elürii, Höhle Ne. J1, Siddbäyikä
144 Elürii, Höhle Nr. J2, Siddhäyiki\
145 Elürä, Höhle Nr. }4. Gommota
146 Elürä, Höhle Nr. n. Säulen der inneren Halle
Einbandbezug: Ajal)~. Höhle Nr. 17, Verandarückwand, Ves
santara-Jätnka
G
64 • J.-.cutc Indiens
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Orten