Mit Category Managern im Escape Room · groß, die Zeit knapp und die Ressourcen extrem begrenzt....

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wissen & forschung thema Mit Category Managern im Escape Room Die richtige Software kann aus Einzelkämpfern Partner machen FOTO: ALPHASPIRIT / ADOBE STOCK planung&analyse 1/2020 58

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Mit Category Managernim Escape RoomDie richtige Software kann aus Einzelkämpfern Partner machen

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ategory Management istwie ein Spiel in einem Es-cape Room. Markenher-steller und Händler müs-sen in kurzer Zeit gemein-sam Lösungen finden.

Der Erfolgsdruck ist dabei groß. TheklaBerger und Bernd Grosserohde von derInsights Division bei Kantar zeigen, wieman aus Gegenspielern Teamplayer ma-chen kann.

CDas Category Management gleicht demSpiel Escape Game im Live Room sehr vielmehr als einer Partie Schach. Um schwarzeoder weiße Spielfiguren optimal auf einemBrett zu verschieben, gibt es Schachcompu-ter. Aber helfen Programme und Algorith-men auch, um die Dynamik abzubilden,die Markenhersteller und Händler ohneUnterbrechung spielen?

Category Management ist ohne Zweifelein herausforderndes, aber auch ein ko-operatives Spiel. Der Handel erwartet einekontinuierliche Anpassung der Sortimentean sich verändernde Käufererwartungen.Und Hersteller reagieren in immer schnel-lerer Abfolge auf Trends für neue Produkteund Kategorien. Bei einem Escape Gameim Live Room wird eine kleine Personen-gruppe in einem Raum eingesperrt undsoll diesen innerhalb einer vorgegebenenZeit mit Hilfe der darin versteckten Hin-weise und Gegenstände wieder verlassen.

Die Situation wird Markenherstellernund Händlern bekannt vorkommen: IhrEscape Room ist die Kategorie, die zu sta-gnieren droht. Der Wachstumsdruck istgroß, die Zeit knapp und die Ressourcenextrem begrenzt. Aber wie die Spieler ineinem Escape Game haben sie einen Vor-teil, den sie sich zunutze machen können:Sie sind zusammen eingesperrt. Nur wennsie einen Weg finden effizient zu koope-rieren, können sie das Spiel gewinnen. Wir

haben ein Optimierungstool mit automati-schen Empfehlungen entwickelt, das demCategory Management den Weg aus demEscape Room zeigt.

Ein Markenhersteller wird vor allem anSzenarien interessiert sein, die seinen ei-genen Marktanteil steigern. Zwar wird erauch darauf bedacht sein, seinem Händlerdie Umsatzeffekte für die gesamte Katego-rie vor Augen zu führen. Aber dieser wirdseinerseits zu einem anderen, für ihn nochgünstigeren Szenarium gelangen. So stehensich früher oder später entgegengesetzteOptimierungspläne gegenüber.

Um echte Kooperation in der Praxis desCategory Managements umzusetzen, dür-fen die Algorithmen nicht in das üblicheOptimierungsdilemma führen, die Metho-dik muss angepasst werden. Die Technikmuss zur Zusammenarbeit motivieren unddie Applikation für verschiedene Entschei-der intuitiv anwendbar sein, auch wenn sieselbst keine Experten für mathematischeOptimierung sind. Das ist vor allem wich-tig, wenn das Spiel ein Wettlauf mit der Zeitist: Der Weg vom Status quo über die Emp-fehlung bis zur Handlung muss so kurz wiemöglich sein.

Aus Einzelkämpfern Partner machen

Zur besseren Visualisierung werden stattTabellen und Charts virtuelle Produkte ineinem dreidimensionalen Regal dargestellt.Sie können dort hinzugefügt, verschobenoder entfernt werden. Den jeweiligen Ef-fekt auf den Kategorieumsatz zeigen cloud-basierte Anwendungen in Echtzeit. Her-steller und Händler können neue Szenariengemeinsam entwickeln, sofort testen undgegebenenfalls anpassen. Der Prozess kanndamit enorm beschleunigt werden, auchweil umständliche Regaltests in realenMärkten entfallen.

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werden. Sie müssen bei-spielsweise den abnehmenden

Grenznutzen eines weiteren Facings ken-nen und den genauen Einfluss von Pa-ckungsgrößen auf den inkrementellen Ef-fekt eines zusätzlichen Facings. Simulatio-nen von Neuprodukteinführungen undFacinganpassungen sind Beispiele für Re-galimpulse, die idealerweise miteinanderverknüpft werden. Die Chancen, auf dieseWeise Kategoriewachstum zu erzielen, wer-den am größten sein, wenn Hersteller undHändler gemeinsam an ihrer Planung undOptimierung arbeiten.

Gleiches gilt für Erfolgsindikatoren:Den eigenen Umsatz zu maximieren, istkeine Strategie für ein Kooperationsspiel.Um gemeinsam zu wachsen, sollten Her-steller und Händler auf Produkte und Seg-mente setzen, die jeweils einen eigenen Bei-trag zum Kategorieumsatz leisten, selbstwenn dieser in absoluten Zahlen (noch)nicht sehr groß ist.

Das Prinzip der Inkrementalität

Inkrementalität ist der wohlwichtigste Schlüssel für dasWachstum von Kategorien.Das Hauptaugenmerk derSortimentsoptimierungwird darauf gerichtet, wie je-des Produkt im Regal zumWachstum der Kategorie bei-trägt. Um zu verstehen, wasjede Stock Keeping Unit(SKU) wirklich für die Kate-gorie leistet, müssen wir de-ren inkrementellen Umsatzkennen, also den Teil des Ge-samtumsatzes, der nichtauch von anderen Produktengeleistet werden kann. Wenndie SKU nicht erhältlich wä-re, wie oft würden Käuferdann zu einem anderen Pro-dukt im Regal greifen? Dieserübertragbare Umsatz kannvorteilhaft für Hersteller undHändler sein, je nachdem auf

welche Alternative genau zurückgegriffenwird. Kritisch für die Kategorie sind Situa-tionen, in denen es nicht zum Kauf kommt,weil das Fehlen des Produkts eben nichtdurch andere Optionen aufgefangen wer-den kann.

Dieser Teil des Produktumsatzes ist in-krementell, er lässt sich nicht auf andereProdukte transferieren und ist deshalb be-sonders wertvoll für Hersteller und Händ-ler. Beide werden das größte Interesse ha-ben, den inkrementellen Wert jedes Pro-dukts in der Kategorie genau zu quantifi-zieren. Redundante Produkte zugunstenvon inkrementellen Umsatzbringern ausdem Regal zu entfernen, bringt Wachstumfür die Kategorie als Ganzes.

Team Player können das Spiel gewinnen

Inkrementalität ist allerdings eine dynami-sche Größe, die sich ständig mit ihrer Um-welt verändert. Entsprechend wird dassel-be Produkt einen kleineren oder größereninkrementellen Umsatzbeitrag liefern, jenachdem bei welchem Händler und in wel-chem Regalumfeld es angeboten wird. Für

die Optimierung von Sorti-menten ist es deshalb notwen-dig, Inkrementalität immerwieder neu in Echtzeit zu be-rechnen.

So wie die Schwierigkeitder Aufgaben und das gesetzteZeitlimit wesentliche Elemen-te eines Escape Games sind,sind Wachstums- und Anpas-sungsdruck bestimmendeMerkmale des Category Ma-nagements. In einer von DataScience geprägten Welt solltejeder Category Manager diezur Verfügung stehenden Da-ten und Softwarelösungennutzen. Noch wichtiger istaber, wie die technischen Mit-tel genutzt werden. Wer sieverwendet, um den Nutzenfür das eigene Markenportfo-lio zu maximieren, wird esschwer haben der Stagnationzu entkommen. Team Playerdagegen haben alle Möglich-keiten das Spiel gemeinsam zugewinnen. "

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So wie die Spieler in einem EscapeRoom müssen auch Category Managerden sie umgebenden Raum nach Hin-weisen absuchen.

Historische Verkaufszahlenreichen nicht aus

Für die Sortimentsoptimierung sind his-torische Verkaufszahlen jedoch nicht aus-reichend. Sie bilden eine Kette von Zahlen,aber noch keinen mehrdimensionalenRaum. Zudem erlauben sie zwar Progno-sen, liefern aber kaum Hinweise auf neu-artige Lösungen. Erst wenn zusätzlich In-formationen zu hypothetischen Neupro-dukten einbezogen werden, entstehen neueImpulse. Lassen sich Käuferbedürfnissemit einem neuen Packungsformat besseransprechen? Welche potenziellen Produk-te, die vielleicht schon in der Innovations-pipeline stehen, sind am besten geeignet,um Wachstum zu generieren?

Solche Neuproduktsimulationen erfor-dern zwingend die Integration der Käufer-perspektive. Es ist deshalb notwendig, dasKaufentscheidungsverhalten zu verstehenund insbesondere die Entscheidungshie-rarchie des Konsumenten. Welche Pro-duktmerkmale lenken das Substitutions-verhalten in einer Kategorie und welcheEigenschaften sind weniger wichtig beimKauf? Wenn die Struktur des Entschei-dungsprozesses in der Kategorie bekanntist, lassen sich hypothetische neue Produk-te in einer bestehenden Datenbank ana-lytisch einfügen. Unser OptimierungstoolPerfect Category kann dann das Volumendieser hypothetischen Innovationen miteinbeziehen. Zusätzlich bestimmen sie –was noch wichtiger ist – welche bestehen-den Artikel an Volumen verlieren werdenund wie die gesamte Kategorie von der In-novation profitieren wird.

Für den Fall, dass ein Wachstumseffektzu erwarten ist, stellt sich die Frage, wie dererforderliche Regalplatz geschaffen werdenkann. Welches aktuelle Produkt soll aus-gelistet werden? Oder wäre es für den Kate-gorieumsatz vorteilhafter, wenn stattdes-sen die Anzahl der Facings eines oder meh-rerer Produkte reduziert wird? Wiederkann eine Antwort nicht allein mit his-torischen Verkaufszahlen gegeben werden.Algorithmen müssen zusätzlich mit Infor-mationen über Facingeffekte angereichert

Bernd Grosserohde istGlobal Director PortfolioManagement, InsightsDivision bei Kantar Global.

[email protected]

Thekla Berger ist alsAssociate DirectorExpert Commercebei Kantar Deutschlandbeschäftigt.

[email protected]

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