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MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4

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  • MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN

    Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4

  • Die Welt der DRACHENLANZE bei Blanvalet:

    Die Chronik der DRACHENLANZE1. Drachenzwielicht (24510) • 2. Drachenjäger (24511) • 3. Dra-chenwinter (24512) • 4. Drachenzauber (24513) • 5. Drachenkrieg

    (24516) • 6. Drachendämmerung (24517)

    Die Legenden der DRACHENLANZE1. Die Brüder (24527) • 2. Die Stadt der Göttin (24528) • 3. DerKrieg der Brüder (24530) • 4. Die Königin der Finsternis (24531) •

    5. Der Hammer der Götter (24533) • 6. Caramons Rückkehr(24534)

    Die Raistlin-Chroniken1. Die Zauberprüfung (24907) • 2. Der Zorn des Drachen (24930)

    Die Geschichte der DRACHENLANZE1. Die Zitadelle des Magus (24538) • 2. Der Magische Turm (24539)• 3. Die Jagd des Todes (24540) • 4. Der Zauber des Palin (24541) •

    5. Der edle Ritter (24542) • 6. Raistlins Tochter (24543)

    Der Krieger der DRACHENLANZE1. Der Dieb der Zauberkraft (24816) • 2. Die Ritter der Krone(24817) • 3. Verhängnisvolle Fahrt (24845)• 4. Tödliche Beute(24846) • 5. Die Ehre des Minotaurus (24847) • 6. Die Ritter desSchwerts (24887) • 7. Theros Eisenfeld (24888) • 8. Der Lanzen-schmied (24889) • 9. Diebesglück (24890) • Die Ritter der Rose

    (24891)

    Drachenauge – Stories aus der Welt der Drachenlanze (24908)

    Drachenlanze – Die Neue Generation (24621)

    Die Erben der DRACHENLANZE1. Drachensommer (24708) • 2. Drachenfeuer (24718) • 3. Drachen-nest (24782) • 4. Die Grube der Feuerdrachen (24783) • 5. Der letz-te Getreue (24938) • 6. Der Marionettenkönig (24939) • 7. Die blin-

    de Priesterin (24967)

    Die Nacht der DRACHENLANZE1. Die silbernen Stufen (24143) • 2. Auf roten Schwingen (24144) •3. Die schwarzen Ritter (24167) • 4. Der Sturz der Götter (24186)• 5. Der Tag des Sturms (24187) • 6. Die List der Drachen (24188) • 7. Sturz ins Ungewisse (24228) • 8. Der Dorn des Drachen (24229)

    Die Kinder der DRACHENLANZE1. Drachensturm (24971) • 2. Die Drachenkönigin (24972) • 3. Krieg

    der Seelen (24171) • 4. Der verlorene Stern (24172)

    Weitere Bände sind in Vorbereitung.

  • MARGARET WEIS & TRACY HICKMAN

    Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4

    DrachenwinterDrachenzauber

    Zwei Folgen in einem Band!Aus dem Amerikanischen

    von Marita Böhm

  • Originaltitel: DRAGONLANCE® Saga, Chronicles 2:»Dragons of Winter Night«

    Originalverlag: TSR, Inc., Renton, U.S.A.

    Taschenbuchausgabe 7/2003© TSR, Inc., 1984, 2003

    All rights reserved.TSR, Inc. is a subsidiary of Wizards of the Coast, Inc.

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    U.S., CANADA, EUROPEAN HEADQUARTERS

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    Published in the Federal Republic of Germany by Goldmann Verlag, München

    Blanvalet Taschenbücher erscheinen im Goldmann Verlag, einemUnternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH.

    Deutschsprachige Rechte beim Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team MünchenUmschlagillustration: Agt. Schlück/Hescox

    Innenillustration: Jeffrey ButlerSatz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin

    Druck: Elsnerdruck, BerlinTitelnummer: 24248

    V. B. · Herstellung: Peter PapenbrokPrinted in GermanyISBN 3-442-24248-7

    www.blanvalet-verlag.de

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  • Drachenwinter

  • Der Streitkolben

    Der Streitkolben von Kharas!«Die triumphierende Ankündigung hallte in dem großen

    Empfangssaal des Königs der Bergzwerge wider. StürmischerApplaus folgte. Die tiefen, dröhnenden Stimmen der Zwergevermischten sich mit den etwas höheren der Menschen, als dieriesigen Türen im hinteren Teil der Halle aufflogen und Elistan,Kleriker von Paladin, eintrat.

    Die schalenförmige Halle, nach Zwergenmaßstäben riesig,war überfüllt.Fast alle achthundert Flüchtlinge aus Pax Tharkasstanden an den Wänden aufgereiht, während die Zwerge dicht-gedrängt auf Steinbänken saßen.

    Elistan erschien am Fuße eines langen, in der Mitte verlau-fenden Durchgangs, den riesigen Kriegskolben hielt er ehr-fürchtig in beiden Händen. Beim Anblick des weißgekleidetenKlerikers wurden die Rufe noch lauter,der Lärm dröhnte gegendie gewölbte Decke und hallte durch den Saal, bis der Bodenvon den Schwingungen zu erbeben schien.

    Tanis zuckte zusammen, sein Kopf dröhnte. Er erstickte fastin der Menge. Ihm war unter der Erde sowieso nicht wohl. Undtrotz der hohen Decke, deren Spitze sich über das flackerndeFackellicht erhob und im Schatten verschwand, fühlte sich derHalb-Elf eingesperrt und gefangen.

    »Ich bin froh, wenn das vorbei ist«, murmelte er Sturm zu,der neben ihm stand.

    Sturm wirkte noch melancholischer und trübsinniger, als erohnehin war. »Mir gefällt das nicht, Tanis«, murrte er undkreuzte seine Arme über dem glänzenden Metall seines altenBrustpanzers.

    »Ich weiß«, entgegnete Tanis wütend. »Das habe ich jetzt

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  • schon einige Male von dir gehört. Jetzt ist es zu spät. Es ist nichtmehr zu ändern, also mach das Beste daraus.«

    Das Ende des Satzes verlor sich in erneutem schmetterndemJubel, als Elistan den Streitkolben über seinen Kopf hob undder Menge zeigte, bevor er den Mittelgang entlangschritt.Tanislegte eine Hand an seine Stirn. Ihm wurde schwindelig, als sichdie kühle unterirdische Höhle vom Brodem der Menschen-menge langsam erwärmte.

    Nun ging Elistan den Mittelgang entlang.Auf einem Podestmitten in der Halle erhob sich Hornfell, Lehnsmann der Hylar-Zwerge, um ihn zu begrüßen. Hinter dem Zwerg befanden sichsieben verzierte Steinthrone, alle unbesetzt.Hornfell stand vordem siebten Thron, es war der schönste von allen – der Thronfür den König von Thorbadin. Er war lange leer gewesen, abersobald Hornfell den Streitkolben von Kharas annehmen wür-de, würde er wieder besetzt sein. Die Rückkehr des uralten Re-likts war ein großer Triumph für Hornfell. Der Besitz des be-gehrten Streitkolbens würde es ihm ermöglichen, die rivalisie-renden Zwergen-Lehnsmänner unter seiner Führerschaft zuvereinen.

    »Wir haben den Streitkolben erkämpft«, sagte Sturm leise,seine Augen waren auf die glänzende Waffe gerichtet. »Der le-gendäre Streitkolben von Kharas. Zum Schmieden der Dra-chenlanzen verwendet. Jahrhundertelang verloren geglaubt,wiedergefunden und wieder verloren. Und jetzt den Zwergenübergeben!« sagte er voller Abscheu.

    »Er war schon einmal den Zwergen gegeben worden«, erin-nerte Tanis ihn müde, der Schweiß lief an seiner Stirn herunter.»Laß dir von Flint die Geschichte erzählen, falls du sie verges-sen hast. Auf jeden Fall gehört ihnen der Streitkolben jetztrechtmäßig.«

    Elistan war am Fuß des Steinpodests angelangt, wo derLehnsmann, in schwere Roben gekleidet und mit den bei denZwergen beliebten massiven Goldketten geschmückt, ihn er-wartete.Elistan kniete vor dem Podest nieder,eine höfliche Ge-ste, da sonst der große, kräftige Kleriker dem Zwerg von An-

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  • gesicht zu Angesicht gegenübergestanden hätte,obwohl das Po-dest ungefähr zwei Meter hoch war. Die Zwerge jubelten stür-misch über diese Geste. Die Menschen wirkten, wie Tanis be-merkte, eher gedämpft, einige murrten, da es ihnen nicht be-hagte, ihren Führer in dieser unwürdigen Haltung zu sehen.

    »Nimm dieses Geschenk unseres Volkes an|. . .« ElistansWorte gingen in erneutem Jubelgeschrei der Zwerge unter.

    »Geschenk!« schnaubte Sturm verächtlich. »Lösegeld wärebesser ausgedrückt.«

    »Als Dank dafür, daß das Volk der Zwerge uns erlaubt, in sei-nem Königreich zu leben«, fuhr Elistan fort, als sich der Ap-plaus gelegt hatte.

    »Für das Recht, in einem Grab eingeschlossen zu sein|. . .«,murrte Sturm.

    »Und wir verpflichten uns, den Zwergen beizustehen, wennder Krieg über uns kommen sollte!« rief Elistan.

    Wieder rauschte der Jubel auf und wurde noch lauter, alsLehnsmann Hornfell sich vorbeugte, um den Streitkolben ent-gegenzunehmen. Die Zwerge stampften auf den Boden, pfif-fen; kletterten auf die Steinbänke.

    Tanis wurde übel. Er blickte sich um. Man würde sie nichtvermissen. Hornfell würde sprechen; dann kämen die anderensechs Lehnsmänner an die Reihe, ganz zu schweigen von denMitgliedern der Versammlung der Suchenden.Der Halb-Elf be-rührte Sturm am Arm und deutete dem Ritter an, ihm zu folgen.Die beiden verließen schweigend die Halle. Obwohl sie sichnoch immer in der Zwergenstadt befanden, waren sie zumin-dest dem Lärm entronnen und draußen in der kühlen Abend-luft.

    »Geht es dir besser?« fragte Sturm,der Tanis’ Blässe bemerkthatte. Der Halb-Elf sog hastig die kühle Luft ein.

    »Jetzt ja«, sagte Tanis und errötete wegen seiner Schwäche.»Es lag an der Hitze|. . . und dem Krach.«

    »Nun, wir werden hier bald verschwinden«, sagte Sturm.»Natürlich hängt es von der Entscheidung der Versammlungder Suchenden ab, ob sie uns nach Tarsis gehen lassen.«

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  • »Oh, es besteht kein Zweifel, wie sie sich entscheiden wer-den«, antwortete Tanis schulterzuckend. »Elistan hat eindeutigdas Sagen, schon deshalb, weil er die Leute in Sicherheit ge-bracht hat. Keiner der Sucherfürsten würde es wagen, sich ihmzu widersetzen. Nein, mein Freund, in vier Wochen vielleichtwerden wir die Segel in einem der weißgeflügelten Boote vonTarsis, der Schönen, setzen.«

    »Ohne den Streitkolben von Kharas«, fügte Sturm bitter hin-zu. Leise begann er zu zitieren: »Und so wurde berichtet, daßdie Ritter den goldenen Streitkolben nahmen, den vom großenGott Paladin gesegneten Streitkolben, der Demjenigen mitdem Silberarm übergeben wurde, damit er die Drachenlanzevon Huma, dem Drachenbändiger, schmieden konnte; und derStreitkolben wurde gegeben dem Zwerg, genannt Kharas, oderder Ritter, für seinen großen Mut und seine Tapferkeit in derSchlacht. Und so erhielt er seinen Namen. Und der Streitkol-ben von Kharas ging in das Zwergenkönigreich mit dem Ver-sprechen der Zwerge, daß er wieder ans Tageslicht gebrachtwürde, wenn es notwendig|. . .«

    »Er wurde ans Tageslicht gebracht«,unterbrach Tanis ihn undversuchte, seinen aufsteigenden Zorn zu bekämpfen. Zu ofthatte er sich diese Worte schon anhören müssen.

    »Er wurde ans Tageslicht gebracht; und er wird verborgenbleiben! Wir hätten den Streitkolben nach Solamnia bringenkönnen, um unsere eigenen Drachenlanzen zu schmieden|. . .«

    »Und du würdest dann ein zweiter Huma werden, in denRuhm reitend, mit der Drachenlanze in der Hand!« Taniskonnte nicht mehr an sich halten. »In der Zwischenzeit läßt duachthundert Menschen sterben|. . .«

    »Nein, ich würde sie nicht sterben lassen!« schrie Sturm inrasender Wut. »Der erste Anhaltspunkt, den wir zu den Dra-chenlanzen haben, und du verkaufst ihn für|. . .«

    Beide Männer hörten abrupt zu streiten auf, als sie eine Ge-stalt bemerkten, die aus den dunklen Schatten kroch.

    »Shirak«, flüsterte eine Stimme, und ein helles Licht er-strahlte, das von einer Kristallkugel ausging, die sich in der gol-

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  • denen Drachenklaue auf der Spitze eines einfachen Holzstabesbefand.Das Licht beleuchtete die rote Robe eines Magiers, seinskelettartiges Gesicht mit der glänzend goldmetallischen Haut.Der junge Magier ging auf die beiden zu.Seine Augen funkeltengolden.

    »Raistlin«, sagte Tanis mit angespannter Stimme. »Ist et-was?«

    Raistlin schienen die wütenden Blicke der Männer nicht zustören; er war es gewöhnt,daß sich nur wenige in seiner Gegen-wart wohl fühlten oder ihn brauchten. Er streckte seine dünneHand aus und sprach: »Akular-alan suh Tagolann Jistrathar.«Tanis und Sturm beobachteten erstaunt, wie das blasse Bild ei-ner Waffe an Deutlichkeit gewann.

    Es handelte sich um eine fast neun Meter lange Lanze. DieSpitze war aus purem Silber und mit einem Widerhaken verse-hen,der Schaft war aus poliertem Holz.Das untere Ende besaßeine Stahlkappe, um es in den Boden stoßen zu können.

    »Sie ist wunderschön!« keuchte Tanis. »Was ist das?«»Eine Drachenlanze«, antwortete Raistlin.Der Magier hielt die Lanze in seiner Hand und trat zwischen

    die beiden, die zur Seite wichen, als ob sie nicht von ihm be-rührt werden wollten. Ihre Augen hingen an der Lanze. Danndrehte sich Raistlin zu Sturm und reichte ihm die Waffe.

    »Es ist deine Drachenlanze, Ritter«, zischte Raistlin, »ohneStreitkolben und ohne Silberarm.Wenn du mit ihr in den Ruhmreiten willst, wirst du dann daran denken, daß für Huma mitdem Ruhm der Tod kam?«

    Sturms Augen blitzten auf. Er hielt vor Ehrfurcht den Ateman, als er die Drachenlanze nehmen wollte. Zu seiner Verwun-derung griff seine Hand durch die Waffe hindurch! Die Dra-chenlanze verschwand, noch während er sie zu berühren ver-suchte.

    »Wieder einer deiner Tricks!« knurrte er. Er drehte sich aufdem Absatz um und ging, vor Wut keuchend, von dannen.

    »Wenn das ein Scherz sein sollte, Raistlin«, sagte Tanis ruhig,»dann war es ein sehr schlechter.«

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  • »Ein Scherz?« wisperte der Magier. Seine seltsamen golde-nen Augen folgten dem Ritter, als Sturm in die dichte Schwärzeder Zwergenstadt am Fuße des Gebirges schritt. »Du solltestmich besser kennen,Tanis.«

    Der Magier lachte – ein unheimliches Lachen, das Tanis zu-vor nur einmal gehört hatte. Dann verbeugte Raistlin sich sar-donisch vor dem Halb-Elfen und folgte dem Ritter in die Schat-ten.

  • Schiffe mit weißen FlügelnHoffnung hinter den Staubigen Ebenen

    Tanis, der Halb-Elf, wohnte der Versammlungder Sucherfürsten bei und hörte stirnrunzelnd zu. Obwohl diefalsche Religion der Sucher jetzt offiziell tot war, wurde dieGruppe, die die politische Führung über die achthundertFlüchtlinge von Pax Tharkas übernommen hatte, immer nochso bezeichnet.

    »Es ist ja nicht so, daß wir den Zwergen nicht dankbar wären,bei ihnen Unterschlupf gefunden zu haben«, führte Hedericküberschwenglich aus und fuchtelte mit seiner vernarbten Hand.»Wir alle sind dankbar, da bin ich mir sicher. So wie wir den

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  • Helden dankbar sind, die den Streitkolben von Kharas wiedererkämpft haben und uns dadurch den Aufenthalt hier ermög-lichten.« Hederick verbeugte sich in Tanis’ Richtung, der dieVerbeugung mit einem Kopfnicken erwiderte. »Aber wir sindkeine Zwerge!«

    Diese eindringlichen Worte riefen beifälliges Gemurmel her-vor.

    »Wir Menschen sind für das unterirdische Leben nicht ge-schaffen!« Laute bejahende Zurufe und Applaus.

    »Wir sind Bauern.Wir können in einem Berg kein Gemüseanpflanzen! Wir wollen Land, so wie jenes, das wir zurücklas-sen mußten. Und diejenigen, die uns gezwungen haben, unsereHeimat zu verlassen, müssen uns neues Land geben!«

    »Meint er die Drachenfürsten?« flüsterte Sturm Tanis sarka-stisch zu. »Diesem Wunsch werden sie sicherlich mit Freudennachkommen.«

    »Diese Dummköpfe sollten dankbar sein, daß sie am Lebensind!« murrte Tanis. »Sieh sie dir an, wie sie Elistan zujubeln –als ob er sie befreit hätte!«

    Der Kleriker von Paladin – und Führer der Flüchtlinge – er-hob sich, um Hederick zu antworten.

    »Weil wir eine neue Heimat brauchen«, sagte Elistan,»schlage ich vor, einige von uns in den Süden, nach Tarsis, derSchönen, zu schicken.«

    Tanis kannte Elistans Plan bereits. Seine Gedanken wander-ten zu der Zeit, als er und seine Gefährten von Derkins Grab-mal mit dem heiligen Streitkolben zurückgekehrt waren.

    Die Zwergenlehnsmänner,unter der Führerschaft von Horn-fell jetzt gefestigt, bereiteten sich auf die Schlacht gegen dasvom Norden kommende Böse vor. Die Zwerge fürchteten sichnicht besonders vor diesem Bösen. Ihr Gebirgskönigreichschien uneinnehmbar zu sein. Und sie hatten ihr Versprechengegenüber Tanis als Gegenleistung für den Streitkolben gehal-ten: Die Flüchtlinge von Pax Tharkas konnten sich in Südtorniederlassen,dem südlichsten Teil des Gebirgskönigreiches vonThorbadin.

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  • Elistan hatte die Flüchtlinge nach Thorbadin gebracht. Alleversuchten, sich ihr Leben irgendwie neu einzurichten, aber esgelang ihnen nicht so recht.

    Natürlich befanden sie sich in Sicherheit, aber die Flüchtlin-ge, überwiegend Bauern, waren nicht glücklich über das unter-irdische Leben in den riesigen Zwergenhöhlen. Im Frühlingkonnten sie zwar versuchen, Getreide an der Gebirgswand an-zubauen, aber der felsige Boden würde nur einen kärglichenErtrag liefern. Die Menschen wollten in der Sonne und an derfrischen Luft leben. Und sie wollten nicht von den Zwergen ab-hängig sein.

    Es war Elistan, der sich an die uralten Legenden über Tarsis,die Schöne,und ihre möwenförmigen Schiffe erinnerte.Aber eswaren lediglich Legenden, wie Tanis ihn erinnert hatte, als Eli-stan zum ersten Mal seine Idee erwähnte. Niemand in diesemTeil von Ansalon hatte etwas über die Stadt Tarsis, die Schöne,seit der Umwälzung vor dreihundert Jahren gehört. Damalshatten die Zwerge das Bergkönigreich Thorbadin dichtgemachtund somit auch jegliche Kommunikation zwischen Süden undNorden blockiert,da der einzige Weg durch das Kharolisgebirgedurch Thorbadin führte.

    Tanis lauschte düster, als sich die Versammlung der Sucher-fürsten einstimmig für Elistans Vorschlag entschied. Eine kleineGruppe sollte nach Tarsis geschickt werden, um ausfindig zumachen, welche Schiffe in den Hafen einliefen, wohin sie fuh-ren und was eine Schiffsfahrt beziehungsweise ein Schiff ko-sten würde.

    »Und wer soll die Gruppe anführen?« fragte sich Tanis, ob-wohl er die Antwort bereits kannte.

    Alle Augen richteten sich auf ihn. Bevor Tanis etwas sagenkonnte, ging Raistlin, der die ganze Zeit ohne Kommentar zu-gehört hatte,nach vorn und stellte sich vor die Versammlung.Erstarrte die Mitglieder mit seinen seltsamen goldglitzernden Au-gen an.

    »Ihr seid Dummköpfe«, begann er, seine flüsternde Stimmeklang verächtlich, »und ihr lebt in einem närrischen Traum.

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  • Wie oft muß ich mich wiederholen? Wie oft muß ich euch an dasOmen der Sterne erinnern? Was denkt ihr euch dabei, wenn ihrim Abendhimmel die klaffenden schwarzen Löcher seht, dort,wo die zwei Konstellationen fehlen?«

    Die Anwesenden rückten in ihren Sitzen, mehrere tauschtengelangweilte Blicke.

    Raistlin bemerkte dies und fuhr fort, seine Stimme wurde im-mer verächtlicher.»Ja,einige von euch sagen,daß es nichts wei-ter als ein natürliches Phänomen ist – eine Sache, die eben pas-siert, so wie Blätter von den Bäumen fallen.«

    Einige Versammlungsmitglieder murmelten sich nickend et-was zu. Raistlin beobachtete sie einen Moment schweigend,seine Lippen kräuselten sich vor Hohn.Dann hob er wieder an.»Ich wiederhole, ihr seid Dummköpfe. Die als die Königin derFinsternis bekannte Konstellation fehlt am Himmel, weil dieKönigin hier auf Krynn anwesend ist. Die Krieger-Konstella-tion, die den uralten Gott Paladin verkörpert, wie wir aus denScheiben von Mishakal erfahren haben, ist, um sie zu bekämp-fen, auch nach Krynn zurückgekehrt.«

    Raistlin hielt inne. Elistan, der sich unter ihnen befand, warein Prophet von Paladin, und viele der Anwesenden waren zudieser neuen Religion übergetreten. Er konnte den wachsen-den Zorn spüren über das, was einige als Gotteslästerung emp-fanden. Die Vorstellung, daß Götter persönlich in die Angele-genheiten der Menschen eingriffen, war schockierend.Aber eshatte Raistlin niemals gestört, als Gotteslästerer betrachtet zuwerden.

    »Achtet gut auf meine Worte! Mit der Königin der Finsternissind ihre ›kreischenden Kriegsheere‹ gekommen, wie es im›Hohelied‹ heißt. Und die kreischenden Kriegsheere sind Dra-chen!« Raistlin brachte das letzte Wort mit einem Zischen her-vor, das »die Haut erzittern ließ«, wie Flint gesagt hatte.

    »Das wissen wir alles«,schnappte Hederick ungeduldig.Seinabendlicher Glühwein war längst überfällig,und sein Durst ver-lieh ihm den Mut zu sprechen.Aber er bereute es sofort, dennRaistlins Stundenglasaugen schienen den Theokraten wie

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  • schwarze Pfeile zu durchbohren. »W|. . .worauf willst du hin-aus?«

    »Daß es auf Krynn nirgendwo Frieden gibt«, flüsterte derMagier. »Findet Schiffe, reist, wohin ihr wollt. Wo immer ihrauch hingeht – wann immer ihr in den Abendhimmel seht, wer-det ihr diese schwarzen Löcher sehen.Wo immer ihr auch hin-geht, werden auch Drachen sein!«

    Raistlin hustete.Sein Körper krümmte sich unter dem Anfall,und er schien zu stürzen, aber sein Zwillingsbruder Caramonrannte zu ihm und fing ihn in seinen starken Armen auf.

    Nachdem Caramon den Magier aus der Versammlung ge-führt hatte, schien sich eine dunkle Wolke gehoben zu haben.Die Versammlungsmitglieder schüttelten sich und lachten –wenn auch etwas benommen – über diese Kindergeschichten.Der Gedanke war einfach komisch, daß sich der Krieg auf ganzKrynn ausgebreitet hatte. Denn hier, in Ansalon, stand derKrieg bereits vor seinem Ende. Der Drachenfürst Verminaardwar besiegt, und seine Drakonierarmeen waren zurückgetrie-ben worden.

    Die Mitglieder erhoben sich und verließen den Saal, um insWirtshaus oder nach Hause zu gehen.

    Niemand dachte daran, Tanis zu fragen, ob er die Gruppenach Tarsis führen wollte. Sie gingen einfach davon aus, daß eres tun würde.

    Tanis tauschte mit Sturm grimmige Blicke und verließ dieHöhle. In dieser Nacht sollte er Wache halten. Obwohl sich dieZwerge in ihrer Bergfestung sicher fühlten, hatten Tanis undSturm auf einer Wache an den Mauern von Südtor bestanden.Sie hatten allmählich die Drachenfürsten respektieren ge-lernt|. . .

    Tanis lehnte sich an die Mauer, sein Gesicht war nachdenk-lich und ernst.Vor ihm erstreckte sich eine Wiese, die mit wei-chem, pudrigem Schnee bedeckt war. Die Nacht war ruhig undstill. Hinter ihr lag das Kharolisgebirge. Das Tor von Südtorwirkte wie ein riesiger Stopfen in der Gebirgswand – eine derSchutzmaßnahmen der Zwerge, die ihre Welt dreihundert

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  • Jahre lang von der Umwälzung und zerstörerischen Zwergen-kriegen ferngehalten hatte.

    Das Tor wurde durch einen Mechanismus im Innern desBerges bewegt. Wie das nördliche Tor galt es auf Krynn alsuneinnehmbar. Einmal geschlossen, konnte es nicht mehr vonder Gebirgswand unterschieden werden; ein wahres Meister-werk der alten Zwergensteinmetze.

    Seit der Ankunft der Menschen in Südtor jedoch war das Tor geöffnet und mit Fackeln erleuchtet, was den Männern,Frauen und Kindern ermöglichte, an die frische Luft zu gehen –ein menschliches Bedürfnis, das für die unterirdischen Zwergeeine maßlose Schwäche darstellte.

    Während Tanis dastand und lange auf die Wälder hinter derWiese schaute, was ihm aber keinen Frieden brachte, tratenSturm, Elistan und Laurana zu ihm. Die drei hatten sich unter-halten – offensichtlich über ihn – und schwiegen nun unbehag-lich.

    »Wie ernst du bist«, sagte Laurana leise zu Tanis. Sie trat nä-her zu ihm und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Du meinst,daß Raistlin recht hat, nicht wahr,Tanthal|. . . Tanis?« Lauranaerrötete. Sein menschlicher Name kam ihr immer noch schwerüber die Lippen,aber sie wußte inzwischen nur zu gut,daß seinElfenname ihm nur Schmerz bereitete.

    Tanis sah auf die kleine, schmale Hand auf seinem Arm undlegte zärtlich seine Hand über sie. Nur wenige Monate zuvorhätte ihn diese Berührung geärgert,Verwirrung und Schuldge-fühle verursacht, als er glaubte, das, was ihn mit Laurana ver-band, wäre nichts als eine kindliche Vernarrtheit gewesen unddaß seine Liebe allein einer Menschenfrau gehörte.Aber jetzterfüllte ihn Lauranas Berührung mit Wärme und Frieden, auchwenn es sein Blut erregte. Er dachte über diese neuen beunru-higenden Gefühle nach, während er ihre Frage beantwortete.

    »Ich finde Raistlins Ratschläge seit langem vernünftig«, sagteer. Er wußte, daß diese Antwort die drei aufregen würde.Sturms Gesicht verdüsterte sich auch. Elistan runzelte die Stirn.»Und ich denke, daß er auch diesmal recht hat.Wir haben eine

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  • Schlacht gewonnen, aber wir sind noch weit davon entfernt,den Krieg zu gewinnen.Wir wissen, daß er weit im Norden, inSolamnia, ausgetragen wird.Wir können also sicher davon aus-gehen, daß es den Kräften der Dunkelheit nicht nur um die Er-oberung von Abanasinia geht.«

    »Aber das sind doch reine Vermutungen!« entgegnete Eli-stan. »Laß dich doch nicht von der Dunkelheit, die über demjungen Magier hängt, anstecken. Er mag ja recht haben, aberdas ist kein Grund,die Hoffnung aufzugeben und nicht doch ei-nen Versuch zu wagen! Tarsis ist eine große Hafenstadt – zumin-dest nach dem,was wir wissen.Dort können wir herausbekom-men, ob wirklich überall Krieg ist. Und wenn dem so ist, danngibt es sicherlich Zufluchtsorte, wo wir Frieden finden kön-nen.«

    »Hör auf Elistan, Tanis«, sagte Laurana. »Er ist weise. Alsunser Volk Qualinesti verlassen hat, ist es nicht blindlings ge-flohen. Sie sind zu einem friedlichen Zufluchtsort gezogen.Mein Vater hatte einen Plan, obwohl er nicht wagte, ihn zu ent-hüllen|. . .«

    Laurana brach ab, über die Wirkung ihrer Rede bestürzt.Ta-nis hatte sich abrupt losgerissen und sich Elistan zugewandt,dieAugen voller Zorn.

    »Raistlin sagte einmal, Hoffnung ist die Leugnung der Wirk-lichkeit«, erklärte Tanis kalt. Dann sah er Elistans kummervol-les Gesicht und lächelte müde. »Es tut mir leid, Elistan. Ich binmüde, das ist alles.Verzeih mir. Dein Vorschlag ist gut.Wir wer-den mit Hoffnung nach Tarsis reisen, auch wenn es das einzigeist, was wir haben.«

    Elistan nickte und wandte sich zum Gehen.»Kommst du mit,Laurana? Ich weiß, du bist müde, meine Liebe, aber wir habeneine Menge zu tun, bevor ich die Führerschaft der Versamm-lung während meiner Abwesenheit übergeben kann.«

    »Ich komme gleich nach, Elistan«, sagte Laurana. »Ich – ichmöchte einen Moment mit Tanis sprechen.«

    Elistan schenkte beiden einen verständnisvollen Blick, dannging er mit Sturm durch das dunkle Tor.Tanis begann, die Fak-

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  • keln als Vorbereitung für die Schließung des Tores zu löschen.Laurana stand neben dem Eingang, ihre Miene wurde eisig, alsihr klarwurde, daß Tanis sie einfach übersah.

    »Was ist mit dir los?« fragte sie schließlich. »Es klingt fast so,als ob du für den düsteren und merkwürdigen Magier undgegen Elistan Partei ergreifst, einen der besten und weisestenMenschen, den ich je kennengelernt habe!«

    »Verurteile Raistlin nicht, Laurana«, sagte Tanis barsch undtauchte dabei eine Fackel in ein Wassergefäß. Das Licht erstarbmit einem Zischen.»Dinge sind nicht immer schwarz und weiß,wie ihr Elfen gern denkt. Der Magier hat unser Leben mehr alseinmal gerettet. Ich bin im Laufe der Zeit dazu gekommen, sei-nem Denken zu vertrauen – was ich auch, zugegeben, leichterkann, als auf blinden Glauben zu vertrauen!«

    »Ihr Elfen!« schrie Laurana. »Wie typisch menschlich dasklingt! In dir steckt mehr von einem Elfen, als du zugebenmöchtest,Tanthalas! Du hast einmal gesagt, du trägst den Bartnicht, um dein Erbe zu verbergen, und ich habe dir geglaubt.Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich lebe jetzt langgenug mit Menschen zusammen, um zu wissen, wie sie über El-fen denken! Aber ich bin stolz auf meine Herkunft. Du nicht!Du schämst dich! Warum? Wegen dieser menschlichen Frau, diedu liebst? Wie heißt sie noch – Kitiara?«

    »Hör auf, Laurana!« schrie Tanis. Er warf eine Fackel auf den Boden und ging zu dem Elfenmädchen. »Wenn du darüberstreiten möchtest – was ist dann mit dir und Elistan? Er magwohl ein Kleriker von Paladin sein, aber er ist ein Mann – eineTatsache, die du zweifellos bestätigen kannst! Alles, was ich von dir höre«, er ahmte ihre Stimme nach, »ist: ›Elistan ist soweise‹, ›Frag Elistan, er weiß, was zu tun ist‹, ›Hör auf Elistan,Tanis|. . .‹«

    »Wie kannst du es wagen, mich deiner eigenen Schwächenzu beschuldigen?« gab Laurana zurück. »Ich habe Elistan sehrgern. Ich verehre ihn. Er ist der weiseste Mann, den ich kenne,und der sanfteste. Er opfert sich selbst – sein ganzes Leben istdarauf ausgerichtet, anderen zu dienen.Aber es gibt nur einen

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