Kursanleitung zum Botanischen Großpraktikum I, Teil B ... · 2-Synthese mit der Clark-Elektrode A....

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Department Biologie I Botanik Kursanleitung zum Botanischen Großpraktikum I, Teil B Basisveranstaltung Crystal structure of the dimeric Mo-containing nitrate-reducing N-terminal fragment of eukaryotic nitrate reductase in: Fischer et al. (2005) Plant Cell 17

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Department Biologie I Botanik

Kursanleitung zum Botanischen Großpraktikum I, Teil B

Basisveranstaltung

Crystal structure of the dimeric Mo-containing nitrate-reducing N-terminal fragment of eukaryotic nitrate reductasein: Fischer et al. (2005) Plant Cell 17

Inhaltsverzeichnis

Seite

I Bestimmung der photosynthetischen O2-Synthese mit der Clark-Elektrode 3

II Funktionsänderungen der Microbodies bei der Umstellung des Stoffwechsels während der Keimung fetthaltiger Samen

15

III Anreicherung und Charakterisierung von Phosphofructokinase aus Karotten 19

IV Induktion der Nitratreduktase in Rettichkotyledonen 29

V Induktion der Synthese von -Amylase in den Aleuronzellen des Gersten-korns durch Gibberellin

32

VI Phytochrom als Signalgeber der Flavonolakkumulation in Senfkeimlingen 36

VII Verzögerung der Seneszenz abgeschnittener Haferblätter durch Kinetin 40

VIII Reversible Entfaltung eines Proteins am Beispiel des Phycocyanin 42

IX Der Pasteureffekt bei der Hefe 53

Abbildungsverzeichnis

I.1 Einige Strukturen und Reaktionen der im Versuch verwendeten Reagenzien 3

I.2 Redox-Reaktionen an den Elektroden des Clark-Oxygraphen 4

I.3 Lichtfluß-Effektkurve 4

I.4 Schematische Darstellung photosynthetischer Reaktionen an der Thylakoid-membran

6

I.5 Vorbereitung der Clark-Elektrode 8

II.1 Der Umbau von Fett in Kohlenhydrat im Fettspeichergewebe von Samen 18

III.1 Extinktionsspektren von NAD und NADH 28

V.1 Schematische Darstellung einer Getreidekaryopse während der Keimung 35

VI.1 Untergruppen der Flavonoide und ihre Ableitung vom Flavan-Grundgerüst 37

Tabellenverzeichnis

I.1 Eigenschaften einiger typischer Elektronen-Akzeptoren („Hill-Reagenzien“) 3

I.2 Sauerstoffkonzentration in luftgesättigtem Wasser 14

VIII.1 Ammoniumsulfatfällung 50

2

Versuch I: Bestimmung der photosynthetischen O2-Synthese mit der Clark-Elektrode

A. Theorie:

Die lichtabhängige Bildung von Sauerstoff (O2) durch isolierte Thylakoide wird als „Hill-

Reaktion“ bezeichnet. Sie wurde 1939 erstmals von Robert Hill beschrieben und stellte die

Grundlage für die Beweisführung dar, daß

O2 ohne gleichzeitige CO2-Fixierung gebildet werden kann,

O2 aus H2O und nicht aus CO2 gebildet wird,

die Enzyme der Photosynthese im Chloroplasten lokalisiert sind,

in der primären Lichtreaktion der Transfer eines Elektrons gegen ein chemisches

Energiegefälle erfolgt,

zwei Reaktionszentren an der Photosynthese beteiligt sind.

Die „Hill-Reaktion“ erfordert den Zusatz von Elektronen-Akzeptoren (A), sogenannten „Hill-

Reagenzien“ (Tabelle I.1). Die Gesamtreaktionsgleichung für den lichtabhängigen linearen

Elektronentransport von Wasser zu A ist:

h

H2O + A AH2 + ½ O2

Aus der Reaktionsgleichung folgt, daß die Oxidation des Wassers indirekt über die

Reduktion des Elektronen-Akzeptors zu AH2 oder direkt durch die Freisetzung von Sauerstoff

O2 gemessen werden kann. Im Pflanzenphysiologischen Grundkurs wurde die Reduktion

(AH2) des im oxidierten Zustand blauen Elektronen-Akzeptors 2,6-Dichlorophenolindophenol

(DCPIP, Abb. I.1) bei 600 nm im Photometer als Entfärbung bestimmt. Hier werden wir die

Sauerstoff-Bildung als µmol O2/h mg Chl mit der Clark-Elektrode bestimmen (Abb. I.2).

Tabelle I.1: Eigenschaften einiger typischer Elektronen-Akzeptoren („Hill-Reagenzien“).

Akzeptor Em 7 (mV) max (nm) (10-3M-1cm-1) MW Löslichkeit

DCPIP +217 590 ox. 16 290 Ethanol

Kaliumhexacyanoferrat +430 420 ox. 1.04 329 Wasser

NADP+ -320 340 red. 6.22 743 Wasser (pH 7.0)

Abb. I.1: Einige Strukturen und Reaktionen der im Versuch verwendeten Reagenzien.

3

Abb. I.2: Schematische Darstellung der Redox-Reaktionen an den Elektroden des Clark-Oxygraphen.

Unter Spannung wird Platin zur Kathode und Silber zur Anode, ohne das zwischen den Elektroden ein Strom fließt. Wenn O2 durch die Teflon-Membran oberhalb der Kathode diffundiert und an der Kathode reduziert wird, erfolgt mittels einer KCl-Brücke ein Stromfluß zur Anode. An der Anode werden Elektronen bei der Oxidation des Silbers frei und Silberchlorid wird abgeschieden. Praktisch wird die KCl-Brücke mit feinem Zigaretten-papier verwirklicht. Der Stromfluß verursacht eine Spannungsänderung an der Gleichspannungsquelle, die nach Verstärkung auf einen Schreiber übertragen wird und direkt proportional zur Reduktion des O2 ist.

Messung der photosynthetischen O2-Synthese an intakten Blättern

Die O2-Synthese (O2-Synthese CO2-Aufnahme) eines intakten Blattes in Luft oder in

luftgesättigtem Wasser ist ein Maß für die Intensität der apparenten Photosynthese (aPS).

Die aPS hängt von der Bestrahlungsstärke des Blattes und von der Intensität der O2

verbrauchenden Prozesse ab (aPS = reelle PS - (Dunkelatmung + Photorespiration)). Die

Dunkelatmung (Citratzyklus, Atmungskette) wird bei hohen Bestrahlungsstärken gehemmt,

so daß ein O2-Verbrauch im Starklicht weitgehend auf die Photorespiration (Bildung von

Glycolat im Calvin-Cyklus) zurückgeführt werden kann. Halten sich die O2-Synthese und der

O2-Verbrauch gerade die Waage (aPS = 0 Lichtkompensationspunkt), dann finden im Blatt

sowohl reelle Photosynthese, Dunkelatmung als auch Photorespiration gleichzeitig statt.

Abb. I.3: Lichtfluß-Effektkurve

Prinzipieller Verlauf der reellen und der apparenten Photosynthese sowie der mitochondrialen Dunkel-atmung und der im Organellenverbund (Chloro-plasten+Peroxisom+Mitochondrium) ablaufenden Photorespiration in der Gegenwart einer Bestrahlungs-stärke von Null bis etwa 100 W/m2. Die Bestrahlungs-stärke (auf dem Objekt auftreffende Photonen pro Zeit) ist eine objektbezogene Energiegröße, die von der Wellenlänge des Lichts abhängig ist. Die elektro-magnetische Strahlung einer definierten Wellenlänge [ ] wird sowohl durch ihre Energie, (E=h.c. -1[J]) als auch durch ihre Photonenmenge [mol] charakterisiert (N=6.02. 1023(Photonen)/ mol). Die Energie von 1 mol Photonen ist: (E=N. h.c. -1= 0.12. -1 [J/mol]. Rechnet man mit der mittleren Energie des Lichts zwischen 400-700 nm, so entspricht ein Energiefluß von 1 W/m2 = 1 J/s m2 einer Photonenmenge von 4.5 µmol/s m2.h=6.63.10-34 [J/s]; c=3.108 [m/s]; [m].

Messung der photosynthetischen O2-Synthese an isolierten Thylakoidmembranen

Im Gegensatz zur Messung der Photosynthese an intakten Blattstückchen, die in NaHCO3

gepuffertem destilliertem Wasser erfolgen könnte, müssen die Umgebungsbedingungen bei

der Verwendung von intakten und aufgebrochenen Chloroplasten genauestens eingestellt

4

werden, um die physiologische Aktivität der Chloroplasten zu erhalten. Das bedeutet, daß

neben einer definierten Pufferkonzentration auch die Salzkonzentrationen und die Art des

Salzes genau eingestellt werden müssen.

A.T. Jagendorf hat den Photosyntheseprozess in der Thylakoidmembran treffend mit dem

‚Fressen von Salzsäure‘ beschrieben. Damit spielte er auf die hohen Aufnahmeraten von H+

und Cl—-Ionen aus dem Stroma ins Lumen des Thylakoids an, die während des

photosynthetischen Elektronentransports an der Thyakoidmembran des Chloroplasten

gemessen werden. Deshalb muß ein photosynthetisches Meßsystem stets für genügend

Nachschub an H+ und Cl—-Ionen auf der stromalen Seite der Thylakoidmembran sorgen.

Insgesamt führt der Ionen-Transport nur zu einer geringen elektrischen Potentialdifferenz

( ) (im Lumen positiv) aber zu einer großen Differenz in der Protonenkonzentration ( pH).

Der Rücktransport der H+ ins Stroma folgt dem Potentialunterschied zwischen Stroma (pH

8.0) und Lumen (pH 5.0), der bei sättigender Bestrahlungsintensität erreicht wird, und kann

analog dem Antrieb eines Wasserrades nebst Turbine durch einen Wasserfall, zum Antrieb

der enzymatischen ATP-Synthese aus ADP und Phosphat verwendet werden

(Chemiosmotische Theorie). Die Synthese von ATP ist somit an den Protonenfluß vom

Lumen zum Stroma gekoppelt. Diese Kopplung von Protonenfluß und ATP-Synthese wird

gemessen, wenn bei Sättigung des Enzyms mit den Substraten ADP und Phosphat die

Lichtintensität und damit der Protonenfluß verringert wird, wenn die Substrate subsaturierend

angeboten werden, oder wenn den Protonen ein Abfluß durch die Thylakoidmembran mit

geringerem Widerstand als durch den CF0-Kanal der ATPase angeboten wird. In jedem

dieser Fälle sinkt die Synthese von ATP. Der Chloroplast hält deshalb analog dem

Speichersee in einem Wasserkraftwerk den Gehalt an ADP und Phosphat hoch, um den

Stoffwechsel im Bedarfsfall rasch mit neusynthetisiertem ATP zu versorgen.

Für die zur ATP-Bildung nötige Konzentrierung von Protonen im Lumen sorgt der

lichtabhängige Elektronentransport zwischen H2O und NADP+ und das geringe Volumen des

Thylakoidlumen. Für den Transport von Elektronen muß gewährleistet sein, daß genügend

Donor-Moleküle mit einem negativen, und Akzeptor-Moleküle, mit einem positiveren

Redoxpotential vorhanden sind. Fehlt einer der Redoxpartner, so stoppt der Elektronen-

transport, folglich der H+-Transport und somit die ATP-Synthese. Der Protonentransport ist

somit an den lichtabhängigen Elektronentransport gekoppelt.

Als universelles Donor-Molekül steht der Photosynthese H2O zur Verfügung, das zu ½ O2

und 2 H+ oxidiert wird. Als Endakzeptor wird NADP+ verwendet, das nach Reduktion sehr

vielseitig im anabolen Stoffwechsel eingesetzt werden kann und somit schnellstens wieder

im reoxidierten Zustand als photosynthetischer Elektronen-Endakzeptor zur Verfügung steht.

Leider geht bei der Isolation von Thylakoiden der nicht an die Membran gebundene

Redoxfaktor Ferredoxin (Fd, Abb. I.4) verloren. Deshalb muß einer isolierten Thylakoid-

fraktion der natürliche oder ein künstlicher Elektronenakzeptor wieder zugesetzt werden, um

Elektronentransport und damit photosynthetische Oxidation des Wassers zu erreichen. Die

photosynthetische Syntheserate von O2 ist somit ein Maß für die Rate des Elektronen-

5

transports und ist an die Bildung des Protonengradienten und die Synthese von ATP

gekoppelt.

Abb. I.4: Schematische Darstellung photosynthetischer Reaktionen an der Thylakoid-membran.

Dargestellt ist die Lichtabsorption durch die Lichtsammelkomplexe des PSII und PSI, der lichtabhängige lineare (nichtzyklische) Transport von e— von H20 zu NADP+ in der Thylakoidmembran, der Ionen- und Protonen-Transport ins Thylakoidlumen, das ladungsabhängige ( ) und das protonenabhängige ( pH) Membran-potential, die Akkumulation von Protonen im Lumen und die Synthese von ATP durch die CFO/CFI-ATP Synthase. Der zyklische Elektronenfluß zwischen PSI und PSII und der pseudozyklische Elektronenfluß von Ferredoxin (Fd) auf Sauerstoff (O2) sind gestrichelt dargestellt.

Literatur

Hill, R. (1937) Oxygen production by isolated chloroplasts. Nature 139, 881-882

Delieu, T. and Walker, D.A. (1972) An improved cathode for the measurement of photosynthetic oxygen evolution by isolated chloroplasts. New Phytologist 71,201-225

Schopfer, P. und Brennicke, A. (1999) Pflanzenphysiologie, Springer

Schopfer, P. (1989) Experimentelle Pflanzenphysiologie. Einführung in die Anwendungen, Springer

Lawlor, D.W. (1990) Photosynthese: Stoffwechsel-Kontrolle-Physiologie, Thieme, Stuttgart, New York

Tevini, M., und Häder, D.-P. (1985) Allgemeine Photobiologie, Thieme, Stuttgart, New York

Eine dynamische Vorstellung zum Elektronen-Transfer Prozess während der Photosynthese liefert ein Quick-Time Video, das im Internet unter http://ampere.scale.uiuc.edu/ unter Photosynthesis & Time angesehen werden kann.

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B. Aufgabe:

Anhand von intakten Blättern sollen die Eckwerte der Lichtfluß/Effekt-Kurve bestimmt werden

(Abb. I.3). Dazu werden die Dunkelatmung von Blattmaterial und die aPS unter hoher

Bestrahlungsstärke bestimmt, abschließend wird der Lichtkompensationspunkt ermittelt.

Die photosynthetische O2-Synthese wird mit isolierten Thylakoidmembranen bestimmt. Um

die Kopplung von Elektronentransport und Wasserspaltung kennenzulernen, wird anhand

der photosynthetischen Oxidation des Wassers die maximale Elektronentransportrate in der

Gegenwart von Entkopplern der Photophosphorylierung gemessen.

C. Reagenzien:

KCl-Lösung (gesättigt)

Na2S2O4 (Natriumdithionit, Pulver)

Folgende Puffer und Medien müssen rechtzeitig hergestellt und ggf. gekühlt werden:

500 mM Tricin-Puffer (N-Tris(hydroxymethyl)methylglycin) (50 ml, 4°C) Tricin-Lösung mit 2 N KOH auf pH 8.0 einstellen

100 mM K-Phosphat-Puffer (KPi) (10 ml, 4°C) 100 mM K2HPO4-Lösung und 100 mM KH2PO4-Lösung herstellen, K2HPO4-

Lösung vorlegen und mit KH2PO4-Lösung auf pH 8,0 einstellen

100 mM K3[Fe(CN)6]-Lösung (Kaliumhexacyanoferrat(III), 5 ml, 4°C)

50 mM ADP in 100 mM KPi-Puffer, pH 8.0 (1 ml, bei –20°C lagern)

100 mM CH3NH3Cl-Lösung (Methylammoniumchlorid, 10 ml, 4°C, frisch herstellen)

1% Rinderserumalbumin-Lösung (w/v) (5 ml, bei –20°C lagern)

80% Aceton (v/v) (100 ml)

1 M NaHCO3-Lösung (10 ml)

Isolationsmedium (150 ml, 4°C)

50 mM Tricin-Puffer, pH 8.0 300 mM Saccharose 1 mM MgCl2

Lysemedium (10 ml, 4°C)

50 mM Tricin-Puffer, pH 8.0 5 mM MgCl2

Inkubationsmedium (10 ml, 4°C)

50 mM Tricin-Puffer, pH 8.0 600 mM Saccharose 10 mM MgCl2100 mM KCl

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D. Versuchsdurchführung:

1. Die Clark-Elektrode

Für die Bestimmung der O2-Konzentration müssen die Oberflächen der Elektroden fettfrei

sein und die Silber-Anode sollte keine schwarze Oxidhaut oder Silberchlorid-Ablagerungen

aufweisen, sondern silbrig glänzen. Anode eventuell unter Anleitung reinigen. Eine saubere,

luftblasenfrei montierte Elektrode (Abb. I.5) kann wochenlang funktionsfähig sein. Einfachster

Funktionstest ist das An- und Abschalten des Magnetrührers im luftgesättigten Wasser der

Reaktionskammer. Stoppt die Rotation des Rührfischchens in der Meßkammer, so führt die

Sauerstoffzehrung der Kathode sofort zur Abnahme der O2-Konzentration an der Membran

und somit zum Abfall der Meßwertanzeige. Die Reaktionszeit für 90% Anzeigeänderung

sollte kleiner 30 s bleiben.

Abb. I.5: Vorbereitung der Elektrode

Die anodische Elektrolyt-Mulde im Elektrodenblock (siehe a und b) mit gesättigter KCl-Lösung füllen, und die aus dem Elektrodenblock ragende Platin-Kathode mit gesättigter KCl-Lösung bedecken. Ein rundes Stückchen Zigarettenpapier ausschneiden ( 2 cm) und so über die Kathode legen, daß es die KCl-Lösung ansaugt. Über das feuchte Papier ein rundes Stück Teflonfolie faltenfrei auflegen ( Membran 2 cm). Folie und Papier mit O-Ring (a) fixieren, indem der O-Ring in die Mulde gedrückt wird, ohne daß sich Luft-blasen unter Folie und Papier befinden. Äußere Ring-dichtung auf den Elektrodenblock legen, Temperier-mantel (b) aufsetzen und von unten anschrauben, bis äußere Ringdichtung von unten dunkel sichtbar wird. Dann Meßapparatur von oben vorsichtig auf den Magnetrührer setzen. Überschüssiges KCl seitlich ab-saugen. In die Meßkammer Wasser einfüllen und auf Dichtigkeit prüfen. Wenn keine Luftblasen unter der Folie sind und die Kammer dicht ist, Gleich-Spannungs-quelle anschließen und Elektrode kalibrieren.

a

Kalibrierung

Die Kalibrierung hat zum Ziel, den Schreiberausschlag des Meßgeräts ( mV) durch

Bezugnahme auf bekannte Sauerstoff-Konzentrationen ( mol O2/ml) zu eichen, um den

unbekannten Sauerstoff-Konzentrationen der Meßlösungen einen Wert ( mol O2) zuordnen

zu können. Im Praktikum ist eine relative Kalibrierung ausreichend. Hierzu wird Wasser

verwendet, dem der Sauerstoff chemisch entzogen wird (Nullpunkt) und Luft-gesättigtes

Wasser, dessen Sauerstoffgehalt von der Temperatur abhängig ist (siehe auch Tabelle I.2 im

Anhang).

Vor dem Start der relativen Kalibrierung alle Geräte elektrisch anschalten, Reaktionskammer

mit H2Odest spülen und 1 ml H2Odest in die Meßkammer einfüllen.

Überprüfung der Voreinstellungen an den Geräten und Durchführung der Kalibrierung:

a. Sind alle Geräte elektrisch angeschlossen und eingeschaltet?

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b. Ist der Thermostat mit Wasser gefüllt?

c. Wird temperiertes Wasser durch den Kühlmantel der Reaktionskammer gepumpt?

d. Ist 1 ml H2Odest in die Reaktionskammer eingefüllt? Wenn mehr als 1 ml, dann

Reaktionskammer absaugen. Mit Wasserstrahlvakuum und Absaugschlauch (!

weiches dünnes Gummiende) Reaktionskammer aussaugen. Danach 1 ml O2-ge-

sättigtes Wasser einfüllen. Dazu Wasser in einem Kolben oder Becherglas einige Zeit

auf dem Magnetrührer stark rühren.

e. Laptop-Computer zur Steuerung des Oxygraphen hochfahren, Einzelplatzbetrieb

wählen, weitere Anfragen mit „return“-Taste bestätigen, unter C:\BATCH>win

eingeben und mit „return“ bestätigen. Im Oxygraph-Fenster doppelklicken auf

„Oxygraph V1.10“.

f. Im Programm den Menüpunkt „Stirrers“ wählen. Am Oxygraphen überprüfen, ob sich

der Magnetrührer dreht. Wenn nein, Magnetrührerfunktion am Oxygraph-Kontroll-

kasten (weiße Box, auf der der Oxygraph steht) den Tastenschalter ganz rechts

drücken (Grüne Kontroll LED leuchtet).

g. Einen einfachen Funktionstest durchführen: Meßprogramm starten, einige Zeit auf-

zeichnen bis die Basislinie stabil ist, dann den Rührer ausschalten. Die Schreiberlinie

muß abfallen, warum?

h. „Calibrate“ anklicken, „New Calibration“ wählen und den Programmanweisungen

folgend die Kalibrierung durchführen. Zur O2-Sättigung gerührtes Wasser benutzen

(siehe d.), O2-freies Wasser chemisch herstellen (Zugabe einer bepuderten Spatel-

spitze Dithionitpulver) oder durch Spülen mit N2 aus Druckluftflasche (Assistent holen

und Verwendung der Druckflasche erläutern lassen).

i. Meßkammer gründlich (5x) mit H2Odest aus der Plastikspülflasche spülen, also 5 mal

mit H2Odest befüllen und wieder aussaugen. Darauf achten, daß Rührfischchen nicht

abgesaugt wird. Sollte es herausgesaugt werden, aus dem Schlauchende nehmen

und nach dem Wiederbefüllen der Reaktionskammer mit Wasser zurückgeben.

j. Messprogramm vorbereiten: Reaktionskammer mit 1 ml O2-gesättigtem H2Odest be-

füllen, Verschlußkolben in die Meßkammer einführen und Schreiberanstieg

wenigstens 2 min bis zum Erreichen eines stabilen Sättigungswerts aufzeichnen

lassen.

2. Messung der photosynthetischen O2-Synthese an intakten Blättern

Allgemeine Versuchsvorbereitungen vor jedem Versuch:

a. Ein Blattstück mit einer Fläche von etwa 2.5 cm2 aus einem im Dunkeln gehaltenen

Blattmaterial ausschneiden.

b. Blattstück auf der Feinwaage wiegen und Frischgewicht notieren.

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c. Blattstück mit einer Rasierklinge auf dem Boden oder Deckel einer Plastik-Petrischale

in etwa 1 mm2 große Stückchen zerschneiden.

d. Überprüfen ob das Reaktionsgefäß der Elektrode mit 1 ml H2Odest beschickt ist.

e. Magnetrührer anschalten und überprüfen, ob sich Rührfisch dreht.

f. Das gesamte zerhäckselte Blattmaterial in das Reaktionsgefäß geben.

g. Überprüfen, ob der Rührfisch das gesamte Blattmaterial im Reaktionsgefäß bewegt.

h. Messprogramm mit „Start“-Button starten. „Overwrite current data?“ Mit „OK“

bestätigen. Daten werden in Channel 1 geschrieben.

i. Alle Manipulationen protokollieren.

j. Verschlußkolben einsetzen und das Gefäß mit schwarzem Tuch abdunkeln.

Dunkelatmung und apparente Photosynthese:

a. Dunkelatmung mindestens 2 min lang aufzeichnen.

b. Diaprojektor in 15 cm Entfernung vom Reaktionsgefäß aufstellen (Distanz Frontlinse-

Reaktionskammer) und Diaprojektorlicht anschalten.

c. Das Tuch entfernen und weitere 2 min die Lichtatmung messen.

d. Anschließend den Verschlußkolben herausziehen, 100 µl der NaHCO3-Lösung

zusetzen und den Verschlußkolben schnell wieder einsetzen.

e. Mindestens 8 min aufzeichnen, dann das Messprogramm stoppen, Daten speichern.

f. Reaktionskammer aussaugen und mit H2Odest 3x spülen.

g. 1 ml H2Odest einfüllen und Verschlußkolben einsetzen.

h. Auswertung (siehe E.): den Zeitpunkt der maximalen Steigung der Schreiberlinie

bestimmen und errechnen, welche Meßzeit nach Zugabe der NaHCO3-Lösung nötig

ist, um die maximale Steigung = maximale O2-Entwicklung zu erreichen.

Lichtkompensationspunkt:

a. Auf der Arbeitsbank ein mindestens 135 cm langes Klebeband anbringen, das an der

Reaktionskammer beginnt und mit 15 cm Einteilung versehen wird.

b. Wenn ein Lichtquantenfluxmeter vorhanden ist, kann die Abhängigkeit der Be-

strahlungsstärke vom Abstand der Lichtquelle zur Reaktionskammer (Distanz

Frontlinse-Reaktionskammer) bestimmt werden. Hierzu die Bestrahlungsstärke in 15

cm-Schritten (135 bis 15 cm) direkt vor und hinter der Meßapparatur ablesen, den

Mittelwert aus beiden Messungen bilden und auf einem Millimeterpapier darstellen.

Nimmt die Intensität der Strahlung (I) mit dem Quadrat des Abstandes (x) nach I(x) = I

1/x2 ab? Beachte: Die Intensität des Deckenlichts an der Meßkammer beeinflußt die

Messung! Abdunkeln!

c. Allgemeine Versuchsvorbereitungen durchführen.

d. Diaprojektor auf Position 135 cm stellen und anschalten.

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e. Das Tuch entfernen und für 2 min die Lichtatmung messen.

f. Den Verschlußkolben herausziehen, 100 µl der NaHCO3-Lösung zusetzen und den

Verschlußkolben wieder einsetzen.

g. Gemäß vorherigem Versuch die errechnete Zeit bis zum Erreichen der maximalen

Syntheserate aufzeichnen lassen, dann für weitere 2 min aufzeichnen.

h. Den Diaprojektor 15 cm näher an die Reaktionskammer rücken, 2 min aufzeichnen

lassen.

i. Vorhergehenden Punkt wiederholen, bis 15 cm Entfernung erreicht sind.

j. Messung beenden, Daten speichern, Verschlußkolben herausziehen, Reaktions-

kammer aussaugen, mit H2Odest 3x spülen, 1 ml H2Odest einfüllen und Verschluß-

kolben einsetzen.

k. Die Abhängigkeit der O2-Entwicklung (Y-Achse) Steigung der Aufzeichnung ( y/ x-

Werte) von dem Abstand bzw. der Bestrahlungsstärke (X-Achse) grafisch darstellen.

Können sie aus der Aufzeichnung den Lichtkompensationspunkt direkt erkennen?

Änderung der apparenten Photosynthese unter O2-Mangel:

a. 100 ml Duran-Glasflasche mit H2Odest füllen und mindestens 5 min mit N2-Gas aus der

Druckflasche (bitte nur nach Anleitung) spülen. Deckel auf Glasflasche aufschrauben

und dicht verschließen.

b. Allgemeine Versuchsvorbereitungen durchführen, aber Punkt d. ändern: 1 ml H2Odest

aus Reaktionskammer entfernen und durch H2Odest ersetzen, das mit N2-Gas gespült

wurde.

c. Allgemeine Versuchsvorbereitungen Punkte e-j durchführen.

d. Mindestens 2 min aufzeichnen lassen und festhalten, daß die Dunkelatmung des

Blattmaterials gemessen wird.

e. Diaprojektor in der Entfernung vom Reaktionsgefäß aufstellen, die als Licht-

kompensationspunkt bestimmt wurde und Diaprojektor anschalten.

f. Das Tuch entfernen und 2 min die Lichtatmung messen.

g. Anschließend den Verschlußkolben herausziehen, 100 µl der NaHCO3-Lösung

zusetzen und den Verschlußkolben wieder einsetzen.

h. Mindestens 2 min die apparente Photosynthese im Lichtkompensationspunkt

messen.

i. Diaprojektor in 15 cm (bzw. in der letzten noch meßbaren) Entfernung vom

Reaktionsgefäß aufstellen und 2 min die apparente Photosynthese im

Lichtsättigungsspunkt messen.

j. Die Bestimmung der apparenten Photosynthese stoppen, Daten speichern,

Reaktionskammer aussaugen und mit H2Odest 3x spülen, 1 ml H2Odest einfüllen und

Verschlußkolben einsetzen.

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3. Messung der photosynthetischen O2-Synthese an isolierten Thylakoidmembranen

Vor Versuchsbeginn Eis holen und Kühlzentrifuge einschalten.

Isolierung von Thylakoidmembranen (unbedingt immer kühl halten):

a. Spinatblätter (50 g) mit dem Messer klein schneiden, in vorgekühlten Glasmixbecher

einfüllen, mit 120 ml Isolationsmedium versetzen und 4 x 5 sec homogenisieren (nur

Teilhomogenisierung, sonst nur Chloroplastenbruchstücke!).

b. Homogenat durch mehrere Lagen Gaze in ein gekühltes Becherglas pressen

(Einweghandschuhe).

c. Durch 100 µm Nylontuch in Stahlbecher filtrieren und 1 min bei 2000 x g (4.000 Upm)

zentrifugieren.

d. Überstand (Chloroplastenbruchstücke) verwerfen.

e. Niederschlag in den Stahlbechern mit insgesamt 5 ml Isolationsmedium mit einem

Glasstab suspendieren.

f. Den Inhalt der Becher vereinigen; 0.1 ml für die mikroskopische Untersuchung der

intakten Chloroplasten abzweigen; 1 min bei 1 000 x g (3 000 Upm) zentrifugieren,

den Überstand wieder verwerfen.

g. Niederschlag mit 3 ml Lysemedium mit einem Glasstab suspendieren, 5 min auf Eis

stehen lassen (Lyse der Chloroplastenhülle durch osmotischen Schock).

h. Mit 3 ml Inkubationsmedium versetzen und vorsichtig mischen, bis keine Ver-

klumpung mehr sichtbar ist; anschließend durch 100 µm Nylontuch filtrieren.

i. Zweimal je 0.1 ml abzweigen (für die spätere Chlorophyllbestimmung und für die

mikroskopische Untersuchung). Der Rest wird für die Messung der Hill-Reaktion

verwendet.

Chlorophyllbestimmung:

Die Chlorophyllkonzentration (nmol Chl/ml; mg/ml) ist ein häufig verwendetes Bezugssystem

bei photosynthetischen Messungen, um die Ergebnisse vergleichen zu können. Die

zurückgestellten 0,1 ml der Thylakoidsuspension werden mit 19,9 ml 80% Aceton versetzt,

geschüttelt, abzentrifugiert und die Extinktion der Lösung bei 645 nm (Chl b) und 663 nm

(Chl a) im Spektralphotometer gegen 80% Aceton in Glasküvetten gemessen.

Die Gesamtchlorophyllmenge ergibt sich für die Thylakoidsuspension nach der empirischen

Formel: (E645 x 20,2 + E663 x 8,02) 1000 x A x B = Chl a+b [mg]

A = Verdünnungsfaktor: Vol. Lösemittel Aceton Vol. der vermessenen Thylakoidsuspension

B = Gesamtvolumen der Thylakoidsuspension in ml

Mikroskopie:

Die isolierten intakten und die aufgebrochenen Chloroplasten können mit Ölimmersion

mikroskopiert werden, möglichst im Phasenkontrast.

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Messung:

Pipettierschema

Lösung Versuchsansatz 1 2 3 4

1 H2O 650 µl 550 µl 450 µl 450 µl 2 Inkubations-Lsg. 750 µl 750 µl 750 µl 750 µl 3 Rinderserum-Lsg. 50 µl 50 µl 50 µl 50 µl 4 K3[Fe(CN)6] -Lsg. 100 µl 100 µl 100 µl 5 ADP/Phosphat-Puffer 100 µl 6 CH3NH3Cl-Lsg. 100 µl

Thylakoidsuspension 50 µl 50 µl 50 µl 50 µl

a. Gemäß vorstehender Pipettieranleitung nur die Lösungen 1-6 in 4 Eppendorfgefäßen

mit 2 ml Volumen vorpipettieren und Gefäße auf Eis lagern.

b. Überprüfen, ob das Reaktionsgefäß der Elektrode mit H2Odest befüllt ist.

c. Verschlußkolben herausnehmen, H2Odest absaugen und 1.3 ml aus Eppendorfgefäß 1

einfüllen.

d. Magnetrührer anschalten und überprüfen, ob sich Rührfisch dreht.

e. 50 µl der Thylakoidsuspension in die Reaktionskammer einpipettieren, Verschluß-

kolben einsetzen und das Gefäß mit schwarzem Tuch abdunkeln.

f. Programm starten.

g. Die Dunkelatmung für 2 min aufzeichnen.

h. Diaprojektor in 15 cm Entfernung vom Reaktionsgefäß aufstellen (Distanz Frontlinse-

Reaktionskammer) und Diaprojektorlicht anschalten.

i. Das Tuch entfernen und 5 min die O2-Syntheserate messen.

j. Bestimmung der apparenten Photosynthese stoppen. Verschlußkolben heraus-

nehmen, Reaktionskammer aussaugen und mit H2Odest 3x spülen.

k. Daten auswerten und ausdrucken.

l. 1.3 ml aus Eppendorfgefäß 2 einfüllen und Versuchsansatz 2 wie unter Punkt d-k

beschrieben durchführen. Ebenso mit Versuchsansätzen 3 und 4 verfahren.

E. Auswertung

Die Änderung der O2-Entwicklung pro Zeit lässt sich unter dem Programmpunkt „Tools“ unter

Anwählen von „Show oxygen meters“ bestimmen. Werte gemäß Anzeige ablesen. Als

Bezugsgröße für die pflanzliche O2-Aufnahme/-Abgabe pro Zeit wird meistens der

Chlorophyllgehalt, die Fläche des Blattmaterials oder das Frischgewicht (mol Chl, cm2, g FG)

gewählt und der Relativwert auf eine Stunde hochgerechnet ( mol O2/h mol Chl, mol O2/h

cm2 oder mol O2/h g FG). Die Messergebnisse sollen grafisch aufbereitet werden. Welche

Achsenbezeichnungen müssen dabei jeweils gewählt werden?

Versuch 2: Der Lichtkompensationspunkt soll grafisch ermittelt werden.

13

Versuch 3: Die O2-Syntheseraten der Ansätze 1-4 berechnen. Muß die Dunkelatmung bei

der Berechung der O2-Syntheseraten berücksichtigt werden? Die Werte miteinander

vergleichen! Warum werden unterschiedliche Werte erhalten?

Fragen zu den Versuchen:

Warum müssen die Blattstücke vor der O2-Messung und der Chlorophyll-Bestimmung

zerhäckselt werden?

Wieviele intakte Zellen befinden sich etwa in einem 1 mm2 großen Blattstückchen?

Wieviele Chloroplasten sind etwa pro Zelle vorhanden?

Warum ist der Zusatz von NaHCO3 für das Gelingen des Versuches wichtig?

Welche Bezugssysteme für die Bestimmung der O2-Aufnahme/-Abgabe sind sinnvoll?

Welche Bedeutung hat der Lichtkompensationspunkt für die Pflanze?

Gibt es neben der Chlorophyllkonzentration andere Bezugssysteme, um die Ergebnisse von

unterschiedlichen photosynthetischen Experimenten vergleichen zu können?

Welche Bedeutung hat die Zentrifugation bei der Isolation von Thylakoidmembranen?

Welche Funktion hat Saccharose im Isolations-Medium?

Welche Bedeutung hat der pH im Inkubations-, Lyse-, und Isolationsmedium für das

Funktionieren der Hill-Reaktion?

F. Anhang

Tabelle I.2: Sauerstoffkonzentration in luftgesättigtem Wasser.

Die Gleichgewichts-Konzentration von Sauerstoff in Luft-gesättigtem Wasser hängt bei dem im Labor verfügbaren destillierten Wasser neben der Temperatur auch vom Luftdruck ab, der hier vernachlässigt wird. Die in ppm (parts per million=Anteil der Substanz in 106 Teilen der Gesamtsubstanz z.B. 1 ppm 1mg/kg oder 1 mm3/l) angegebenen Werte lassen sich durch Division mit der O2-Molmasse (32 µg O2/ml = 1 mM) in die hier verwendete Konzentrationsangabe µmol/ml (mM) umrechnen, wenn man berücksichtigt, daß 1 ml Wasser 1 g wiegt und somit die Angabe 1 ppm (1µg/g) auch als 1 µg O2/ml Wasser gelesen werden kann. Tabellenwerte nach Seidell and Linke (1965) Am. Chem. Soc. Div. Grad. Res. 2, p.1228

14

Versuch II: Funktionsänderungen der Microbodies bei der Umstellung des Stoff-

wechsels während der Keimung fetthaltiger Samen

A. Theorie:

Keimblätter von Sonnenblume (Helianthus annuus) enthalten Fett als Speichersubstanz.

Während der Keimung wird das Reservefett 'mobilisiert', d.h. es wird in ein Kohlenhydrat,

nämlich Saccharose, umgewandelt, welches in die wachsenden Teile des Embryos

transportiert wird. Im wachsenden Embryo wird die Saccharose zur Energiegewinnung und

für Synthesen verbraucht oder nach Umwandlung vorübergehend als Stärke gespeichert.

Beim Abbau des Reservefetts werden durch Lipasen die Fettsäuren freigesetzt. Die

Fettsäuren werden durch die ß-Oxidation zu Acetyl-CoA abgebaut, welches über die

Reaktionen des Glyoxylsäurezyklus in Succinat umgesetzt wird. Alle Enzyme für die ß-

Oxidation und den Glyoxylsäurezyclus sind in einem besonderen Organell enthalten und von

der übrigen Zelle abgegrenzt (kompartimentiert), in den Glyoxysomen. Diese stellen einen

spezialisierten Typ der Microbodies dar.

Der Glyoxylsäurezyklus besteht aus der Aufeinanderfolge der Enzymreaktionen der Citrat-

Synthase - Aconitase - Isocitratlyase - Malatsynthase - Malatdehydrogenase. Succinat kann

in den Glyoxysomen nicht weiterverarbeitet werden. Es wird in den Mitochondrien über

Fumarsäure in Äpfelsäure umgesetzt. Nach Umwandlung der Äpfelsäure in Oxalessigsäure

wird letztere unter Verbrauch von ATP und Freisetzung von CO2 durch das Enzym

Carboxykinase in Phosphoenolpyruvat umgesetzt. Phosphoenolpyruvat kann die Reaktionen

der Gluconeogenese durchlaufen und so über Phosphoglycerinsäure und Hexosephosphate

schließlich in Saccharose umgewandelt werden. Die Reaktionsfolge, die von der Oxalsäure

ausgeht, läuft zunächst im Cytoplasma, in den letzten Schritten (sehr wahrscheinlich) in den

Plastiden ab.

Wenn das Reservefett aufgebraucht ist, verschwinden die Enzyme des Glyoxylsäurezyklus

wieder und zumindest ein großer Teil der Glyoxysomen wird abgebaut oder umgebaut.

Wenn die Pflanze im Licht angezogen wird, ergrünen die Kotyledonen. Sie differenzieren

sich vom Speicherorgan zum Photosynthese treibenden Blatt um. Auch die ergrünten

Kotyledonen enthalten weiterhin Microbodies. Diese haben jetzt aber eine andere Funktion

und werden Peroxisomen genannt. Diese Organellen enthalten Enzyme, die für den weiteren

Umsatz der Glykolsäure sorgen, welche unter normalen Bedingungen in großer Menge

während der Photosynthese in den Chloroplasten gebildet wird (Glykolsäureoxidase und

Hydroxypyruvatreduktase). Der Verbrauch von O2 und die Abgabe von CO2 beim Umsatz der

Glykolsäure treten als sog. Lichtatmung in Erscheinung.

Literatur

Schopfer, P. und Brennicke, A. (1999) Pflanzenphysiologie, Springer

15

Lehninger, A., Nelson, D., Cox, M. (1993) Principles of Biochemistry, Worth Publishers

Buchanan, B., Gruissem, W., Jones, R. (2000) Biochemistry & Molecular Biology of Plants, American Society of Plant Physiologists

B. Aufgabe:

Bestimmen Sie durch die Messung von Leitenzymen die Funktionsänderung der Microbodies

in keimenden Sonnenblumensamen.

C. Reagenzien:

Je 25 Sonnenblumensamen (Helianthus annuus) auf feuchtem Vermiculite aussäen und

unter verschiedenen Bedingungen keimen lassen:

1 Schale 3 Tage Dunkel

1 Schale 5-7 Tage Licht (Dauerlicht)

1 Schale 5-7 Tage Dunkel

Folgende Lösungen werden gestellt:

0.5 M Tris/HCl, pH 7.5

0.1 M K-Phosphat-Puffer (KPi), pH 7.0

0.1 M K-Phosphat-Puffer (KPi), pH 7.5

0.5 M MgCl2 1% Triton X-100

Direkt vor den Enzymmessungen müssen jeweils folgende Lösungen hergestellt werden:

KPi-Puffer mit 10 mM H2O2 (kaltstellen) 160 µl 30% H2O2 zu 100 ml 0.1 M KPi-Puffer, pH 7.0

0.5 M Triethanolamin/HCl, pH 7.8

0.1 M Cysteinhydrochlorid (10 ml)

0.1 M Phenylhydrazinhydrochlorid, pH 6.8 (20 ml)

0.8 M Isocitrat (Na-Salz, 1 ml)

0.1 M Glutathion, oxidiert (5 ml)

12 mM Flavinmononukleotid (1 ml)

0.1 M Glykolsäure, neutralisiert mit NaOH (10 ml)

D. Versuchsdurchführung:

Präparation der löslichen Proteinfraktionen

Je 1 g junge etiolierte, 3 g alte etiolierte, und 3 g alte ergrünte Kotyledonen sowie 3 g Blätter

werden gezählt und dann jeweils im vorgekühlten Mörser mit etwas Quarzsand und 2 ml 50

mM Tris/HCl-Puffer, pH 7.5, zu einem feinen Brei zerrieben. Die Homogenate werden

quantitativ in Plastik-Zentrifugenröhrchen überführt. Dazu werden weitere 5 ml Puffer

verwendet. Dann wird gemischt und bei 8 000 rpm 10 min zentrifugiert. Mit einer Pipette wird

16

der Überstand (unter der Fettschicht) abgenommen, in ein graduiertes Reagenzglas

überführt, mit Tris/HCl-Puffer auf 10 ml aufgefüllt und auf Eis aufbewahrt. Es werden für

jedes Präparat die Aktivitäten von drei Leitenzymen bestimmt.

1. Katalase (Leitenzym für Peroxisomen/Glyoxysomen)

Der Umsatz von H2O2 ( 240 = 36 M-1 cm-1) wird durch die Abnahme der Extinktion bei 240 nm

während der ersten 2 min im Spektralphotometer bestimmt. Gemessen wird parallel in

Quarzküvetten, wobei der Testansatz mit einer Doppelbestimmung durchgeführt wird.

Gegebenenfalls muß der Proteinextrakt 1:10 verdünnt werden.

Testansatz (2x) Kontrollansatz0.1 M KPi + H2O2 990 µl0.1 M KPi, pH 7.0 990 µl Proteinextrakt 10 µl 10 µl

2. Isocitratlyase (Leitenzym für Glyoxysomen)

Die gebildete Glyoxylsäure wird als Phenylhydrazon an der Zunahme der Extinktion bei

324 nm ( = 1.7 x 104 M-1 cm-1) 10 min lang gemessen. Beim Zusammenpipettieren muß die

angegebene Reihenfolge unbedingt eingehalten werden. Mit jedem Proteinextrakt wird

mindestens eine Doppelbestimmung durchgeführt.

Testansatz (2x) KontrollansatzProteinextrakt 50 µl 50 µl0.1 M KPi-Puffer, pH 7.5 810 µl 810 µl 0.5 M MgCl2 20 µl 20 µl0.1 M Cysteinhydrochlorid (frisch) 50 µl 50 µl 0.1 M Phenylhydrazinhydrochlorid, pH 6.8 (frisch) 50 µl 50 µl mischen, temperieren (RT), Reaktion starten mit 0.8 M Isocitrat 20 µl H2O 20 µl

3. Glykolsäureoxidase (Leitenzym für Peroxisomen)

Die gebildete Glyoxylsäure wird wie oben, aber nur 5 min lang in Doppelbestimmungen

gemessen. Die Reagenzien vom FMN an werden erst unmittelbar vor dem Start der

Reaktion zugegeben. Der Start der Reaktion erfolgt durch Zugabe des Substrates

(Glykolsäure). Der Kontrollansatz wird mit H2O statt Glykolsäure durchgeführt.

Testansatz (2x) KontrollansatzH2O 195 µl 215 µl50 mM Triethanolaminpuffer-HCl, pH 7.8 600 µl 600 µl 0.05 % (v/v) Triton-X-100 in H2O 15 µl 15 µl0.1 M oxidiertes Glutathion 50 µl 50 µl für etwa 4 min inkubieren 12 mM Flavinmononukleotid (FMN) 20 µl 20 µl Proteinextrakt 50 µl 50 µl0.1 M Phenylhydrazinhydrochlorid, pH 6.8 (frisch) 50 µl 50 µl 0.1 M Glykolsäure (neutralisiert) 20 µl

17

E. Auswertung

In den untersuchten Entwicklungsstadien sind die Enzymaktivitäten entsprechend dem

Lambert-Beerschen-Gesetz (siehe auch Seite 38) in µMol umgesetztes Substrat/min pro

Kotyledon/Blatt bzw. pro Gramm Frischgewicht zu berechnen und darzustellen.

Abb. II.1:

18

Versuch III: Anreicherung und Charakterisierung von Phosphofructokinase aus

Karotten

A. Theorie:

Der glykolytische Abbau beginnt mit der Umwandlung von Hexose in 2 Moleküle Triose-

phosphat. Hierbei wird die Oxidationsstufe des Kohlenhydrats nicht verändert, jedoch ist ATP

zur Phosphorylierung erforderlich. Das Schlüsselenzym der Glykolyse ist die 6-Phospho-

fructokinase (PFK), welches die irreversible Umwandlung von Fructose-6-Phosphat (F-6-P)

in Fructose-1,6-bisphosphat (FbP) katalysiert. Das spezifisch auf F-6-P eingestellte

tetramere Enzym mit einem Molekulargewicht von ca. 360.000 wird allosterisch reguliert.

Wenn z.B. die Energieladung der Zelle hoch ist oder andere Brennstoffe zur

Energiegewinnung (z.B. Fettsäuren) zur Verfügung stehen, dann wird die PFK allosterisch

gehemmt, was die Abschaltung der Glykolyse zur Folge hat. Kriterien für die

Charakterisierung von Enzymen sowie für Eigenschaften von allosterischen Enzymen bzw.

Modelle für die allosterische Enzymregulation müssen der Literatur entnommen werden.

Literatur

Kosaku, U. (1979) Phosphofructokinase. In: Advances in Enzymology Vol. 48, 193-244, John Wiley & Sons, New York

Dennis, T.D. and Coultate, T.P. (1966) Phosphofructokinase, a regulatory enzyme in plants. Biochim. Biophys. Res. Commun. 25, 187-191

B. Aufgabe:

Aus Karotten soll die PFK isoliert und durch Ammoniumsulfatfällung angereichert werden.

Mit der angereicherten Enzymfraktion sind mit Hilfe eines gekoppelten enzymatischen Tests

die Michaelis-Menten-Werte (KM-Werte) für die Substrate F-6-P und ATP zu ermitteln und die

allosterische Hemmung durch hohe ATP-Konzentrationen aufzuzeigen.

C. Reagenzien:

Extraktionspuffer (50 mM Imidazol/EDTA-HCl, pH 7.8; 4°C)

0.52 g Imidazol 112 mg Titriplex III (EDTA) 3 ml 0.5 M MgCl2 in 140 ml H2Odest lösen, mit 6 N HCl auf pH 7.8 einstellen,

auf 150 ml auffüllen

10 g Polyvinylpoly- in 100 ml dieses Puffers suspendieren (zur Adsorption pyrrolidon von phenolischen Substanzen)

0.4 ml 2-Mercaptoethanol direkt vor der Extraktion zur Suspension zugeben (SH-Gruppenschutz)

50 mM Imidazol-HCl, pH 7.0 (4°C)

1.7 g Imidazol in 480 ml H2Odest lösen, mit 6 N HCl auf pH 7.0 einstellen, auf 500 ml auffüllen

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Biuret-Reagenz (wird gestellt)

0.3 g CuSO4 x H2O 1.2 g Kalium-Natriumtartrat in etwas H2Odest lösen 6 g festes NaOH zugegeben und mit H2Odest auf 250 ml auffüllen

MgCl2-Lösung (50 mM, 50 ml, 4°C)

5 ml 0.5 M MgCl2 mit 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, verdünnen

Fructose-6-phosphat-Lösung (F-6-P, 5 mM, 10 ml, -20°C)

17 mg F-6-P (Dinatriumsalz x 2 H2O) in 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, lösen

Fructose-1,6-bisphosphat-Lösung (F-1,6-bP, 5 mM, 5 ml, -20°C)

13.8 mg F-1,6-bP (Trinatriumsalz x 8 H2O) in 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, lösen

ATP/MgCl2-Lösung (25 mM, 20 ml, -20°C)

275.6 mg ATP (Dinatriumsalz) in ca. 10 ml 50 mM MgCl2-Lösung lösen, mit 0.2 N NaOH auf pH 7.0 einstellen und mit MgCl2 auf 20 ml auffüllen

NADH-Lösung (1 mM, 10 ml, erst am Tag der Enzymmessung herstellen, im Eisbad lagern)

7.0 mg NADH (Dinatriumsalz) in 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, lösen

GDH/TIM-Suspension

Das Enzymgemisch GDH/TIM wird am Versuchstag im Verhältnis 1:20 verdünnt,dazu werden 0.1 ml Enzymgemisch (vorher vorsichtig schütteln!) mit 1.9 ml 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, verdünnt. Aufbewahrung im Eisbad

Aldolase-Suspension

Das Enzym wird am Versuchstag im Verhältnis 1:20 verdünnt, dazu werden 0.1 ml Aldolase-Suspension (vorher vorsichtig schütteln) mit 1.9 ml 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, verdünnt. Aufbewahrung im Eisbad

D. Durchführung:

Anreicherung und Reinigung des Enzyms

1. Hinweise für das Arbeiten mit Enzymen:

Viele biochemische Substanzen zeigen eine große Empfindlichkeit gegenüber pH-Ände-

rungen und höheren Temperaturen. Im besonderen Ausmaß trifft man diese Empfindlichkeit

bei katalytisch aktiven Proteinen, den Enzymen. Beim Arbeiten mit Enzymen sollte man

besonders beachten: Enzyme müssen immer mit großer Sorgfalt und Sauberkeit behandelt

werden und immer in der Kälte (Eisbad, Kühlraum, Kühlschrank, Kühltruhe) gehalten

werden. Viele Proteine verlieren ihre enzymatische Aktivität in der Wärme (Zimmer-

temperatur), bei Zusatz von organischen Lösungsmitteln, beim Schäumen der Lösung, bei

geringen pH-Verschiebungen oder sogar beim Verdünnen. Auch sehr kleine Mengen von

Verunreinigungen, z.B. Schwermetalle, oder Sauerstoff können zur vollständigen Inaktivitie-

20

rung des Enzyms führen. Die zum Spülen der Glasgeräte üblicherweise verwendeten Deter-

gentien haben oft schädliche Wirkung. Daher soll man stets mit H2Odest gespülte Geräte

verwenden. Da Proteinlösungen ein ideales Nährmedium für Mikroorganismen darstellen,

empfiehlt es sich, die Enzymlösungen immer in der Kälte oder aber eingefroren zu halten,

um das Wachstum von Bakterien zu verzögern.

Die große pH-Abhängigkeit der Enzymaktivität bedingt, daß man immer den pH-Wert der

Lösungen kontrollieren muß. Wegen denaturierend wirkender Oberflächenspannungseffekte

soll man die Enzymlösung nie schütteln oder unter Schaumbildung rühren. Enzymatisch

aktive Proteine werden durch anwesende Proteasen oft rasch inaktiviert. Andererseits

können andere im Rohextrakt vorhandene Enzyme durch ihr Zusammenspiel bestimmte

Reaktionsabläufe vortäuschen. Nur durch gut durchdachte Kontrollversuche läßt sich eine

bestimmte Enzymaktivität im Rohextrakt einwandfrei nachweisen. Zusatz von Fremd-

proteinen übt bisweilen auf die untersuchte Enzymaktivität eine stabilisierende Wirkung aus

(Schutzproteine z.B. Rinderserumalbumin). Nach der Abtrennung der überschüssigen

Fremdproteine wird das Enzym oft instabil.

2. Proteinfällung mit Ammoniumsulfat:

Beim Lösen von Ammoniumsulfat werden Wassermoleküle an die Salzionen gebunden. Je

mehr Ammoniumsulfat in der Lösung vorhanden ist, desto weniger „freies Wasser“ steht als

Lösungsmittel zur Verfügung, und die Löslichkeit von Proteinen wird herabgesetzt. Wegen

seiner großen Löslichkeit hat sich Ammoniumsulfat als Fällungsmittel gut bewährt. Seine

Löslichkeit hängt von der Temperatur ab, worauf man immer zu achten hat. Das

Ammoniumsulfat kann fest oder als gesättigte Lösung zugesetzt werden. Im ersten Fall wird

auch bei höheren Ammoniumsulfatkonzentrationen das Volumen der Lösung und damit die

Verdünnung klein gehalten. Man gibt das feste und fein pulverisierte Ammoniumsulfat

langsam unter Rühren zu. Man wartet mit der Zugabe von weiterem Salz so lange, bis das

vorher zugegebene sich gelöst hat. Setzt man Ammoniumsulfat in Form der gesättigten

Lösung zu, so muß man auch hier die Lösung nach Zugabe länger stehen lassen, damit sich

das ausgefallene Protein in ein echtes Gleichgewicht mit der überstehenden Lösung setzen

kann. Andernfalls sind die Ergebnisse schlecht reproduzierbar. Als Salz einer starken Säure

und einer schwachen Base reagiert Ammoniumsulfat schwach sauer. Durch Zugabe von

verdünntem Ammoniak zur Lösung während der Fällung oder zur gesättigten Ammonium-

sulfatlösung kann man einen neutralen pH-Wert einhalten.

Die Niederschläge der Ammoniumsulfatfällung werden durch Zentrifugation vom Überstand

getrennt. Die abzentrifugierten Niederschläge löst man wie folgt auf: Nach Zugabe von wenig

Puffer versucht man, durch Rühren mit einem Glasstab das Protein in Lösung zu bringen;

wird nur eine teilweise Lösung erreicht, so ist Puffer in kleinen Portionen zuzusetzen, bis sich

das Protein im gewünschten Volumen gelöst hat. Von denaturiertem und nicht mehr

löslichem Protein trennt man durch Zentrifugation ab.

21

3. Herstellung des Rohextraktes und fraktionierte Ammoniumsulfatfällung:

100 g gewaschene und geschälte Karotten (keine eingefroren gelagerten Karotten ver-

wenden!) werden mit einem Messer in Scheiben geschnitten und im gekühltem Mixer mit 100

ml Extraktionspuffer (wie unter C angegeben mit Mercaptoethanol) homogenisiert. Das

Homogenat wird durch Gaze gepreßt (Einweghandschuhe!) und der Extrakt bei 4°C für 10

min bei 12 000 Upm (ca. 15 000 g) zentrifugiert. Das Volumen des Überstandes (Rohextrakt)

wird auf 110 ml eingestellt; 10 ml davon werden im Kühlschrank aufbewahrt.

Der Rest des Rohextraktes wird mit Ammoniumsulfat fraktioniert gefällt. Hierzu wird der

Rohextrakt in einem Becherglas (250 ml, hohe Form) in ein Eisbad gestellt und mit einem

Magnetrührer langsam gerührt. Dazu wird langsam fein zerriebenes Ammoniumsulfat zuge-

geben (nach jeder Spatelspitze warten und rühren!) bis zur Sättigung von 35% (je 100 ml

Rohextrakt werden 20.9 g Ammoniumsulfat zugesetzt). Dann wird noch 15 min gerührt und

anschließend zentrifugiert (10 min, 12 000 Upm, 4°C). Nach dem Zentrifugieren wird der

Überstand vorsichtig in ein Becherglas dekantiert (Eisbad) und der Rückstand dann mit 7 ml

50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, und 15 µl Mercaptoethanol gelöst. Mit dem Überstand wird

dann eine weitere Ammoniumsulfatfällung bis 55% Sättigung (weitere 12.9 g Salz je 100 ml

Ausgangsvolumen) vorgenommen. Nach dem Zentrifugieren (10 min, 12 000 Upm, 4°C) wird

erneut dekantiert, das Volumen des Überstandes bestimmt und davon 20 ml aufgehoben.

Der Rückstand wird wiederum in 7 ml Imidazol-Puffer, pH 7.0, und 15 µl Mercaptoethanol

gelöst.

Alle Fraktionen werden noch einmal zentrifugiert (10 min bei 12 000 Upm) und die

Überstände im Kühlschrank bei 4°C aufgehoben. Auf diese Weise erhält man 3 Protein-

fraktionen, von denen die Aktivität der 6-Phosphofructokinase bestimmt werden soll:

Fraktion 1: Proteine, die bis 35% Sättigung an Ammoniumsulfat ausfallen

Fraktion 2: Proteine, die zwischen 35% und 55% Sättigung an Ammoniumsulfat ausfallen

Fraktion 3: Proteine, die im Überstand verbleiben

Um die Aktivität der 6-Phosphofructokinase in diesen Fraktionen zu stabilisieren, müssen

jeden Tag pro ml Extrakt 10 µl Mercaptoethanol zugegeben werden. Extrakte im Kühlschrank

aufbewahren, nicht einfrieren.

4. Proteinbestimmung:

Zur quantitativen Proteinbestimmung wird die Biuret-Reaktion verwendet. Für die Aufnahme

einer Eichkurve werden 50 mg Serumalbumin in 5 ml H2Odest gelöst. Von dieser Lösung

werden 0.1; 0.2; 0.3; 0.4; 0.5; 0.6 und 0.7 ml auf 1.0 ml mit H2Odest aufgefüllt, mit 5 ml Biuret-

Reagenz versetzt, gemischt und 30 min stehen gelassen. Dann wird die Extinktion im Foto-

meter bei 540 nm gegen die Mischung von 1 ml demin. Wasser und 5 ml Biuret-Reagenz

gemessen. Von den Proteinextrakten werden je 0.5 und 1 ml (Rohextrakt), 0.2 und 0.5 ml

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(Fraktion 1), 0.2 und 0.5 ml (Fraktion 2) bzw. 4 ml (Überstand = Fraktion 3) je mit 10%

Trichloressigsäure (0.2 ml pro ml Extrakt) versetzt und gemischt (Achtung mit Trichloressig-

säure in Berührung gekommene Glaswaren sofort und sorgfältig spülen!). Die ausgefallenen

Proteine werden in der Heraeus Megafuge (rote Becher, 5 min, RT, maximale Drehzahl)

abzentrifugiert und der Überstand vollständig dekantiert. Der Niederschlag wird in 1 ml

H2Odest suspendiert (Vortex) und damit dann wie oben der Biuret-Test durchgeführt. Vor der

fotometrischen Bestimmung muß zur Entfernung ungelöster Bestandteile erneut 5 min in der

Tischzentrifuge zentrifugiert werden.

Bestimmung der Enzymaktivität

1. Allgemeine Hinweise:

Die Aktivität eines Enzyms wird durch kinetische Messung der katalysierten Reaktion

bestimmt.

Die Anfangsgeschwindigkeit v der Reaktion:

Enzym A + B C + D k1

errechnet sich aus der Geschwindigkeitsgleichung, solange die Konzentration der Reaktions-

produkte C und D noch klein gegenüber A und B ist:

v = k1 x [A] x [B]

Die Geschwindigkeitskonstante k1 hängt von der Art des Enzyms und dessen Konzentration

ab. Bei hohen Konzentrationen von A und B ändern sich diese wenig, so daß die

Anfangsgeschwindigkeit v proportional der Konstanten k1 ist und damit der eingesetzten

Enzymmenge. Bei der Untersuchung einer Reaktion sind daher zunächst die Substrat-

konzentrationen festzulegen, bei denen die Reaktionsgeschwindigkeit proportional zur

eingesetzten Enzymmenge ist. Auch beim Vorliegen einer komplizierten Reaktionskinetik

kann man Bedingungen ermitteln, bei denen die Reaktionsgeschwindigkeit in einem

gewissen Konzentrations- und Zeitintervall nur von der Enzymkonzentration abhängt. Ist die

Geschwindigkeit der Reaktion bei einer bestimmten Enzymkonzentration sehr hoch, so

nimmt die Substratkonzentration rasch ab und es ist möglich, daß in diesem Bereich die Ge-

schwindigkeit nicht mehr allein von der Enzymkonzentration abhängt. Man muß daher den

Gültigkeitsbereich des Aktivitätstests prüfen und gegebenenfalls die Enzymlösung ent-

sprechend verdünnen. Hierzu wird der Lösung unmittelbar vor dem Aktivitätstest

Serumalbumin als Schutzprotein zugegeben, damit das verdünnte Enzym nicht während der

Reaktion inaktiviert wird. Will man mehrere kinetische Messungen - etwa zur Berechnung der

Michaelis-Konstanten - miteinander kombinieren, so muß zu allen Proben Enzym gleicher

23

Aktivität verwendet werden. Die Geschwindigkeitskonstante k1 ist nämlich zur Konzentration

an katalytisch aktivem Enzym proportional und nicht allgemein zur Proteinkonzentration.

Praktisch bedeutet dies, daß man alle Messungen mit dem Enzym gleicher Qualität in einem

Zug ohne Unterbrechung durchführen sollte.

2. Testprinzip:

Die Aktivität der PFK wird mit Hilfe des folgenden gekoppelten enzymatischen Tests

photometrisch bestimmt:

Bei einem Überschuß an NADH und genügender Konzentration der Hilfsenzyme (Aldolase,

TIM, GDH) verläuft die Reaktionskette:

F-1,6-bP + 2 NADH 2 Glycerin-3-phosphat + 2 NAD+

schnell ab. Die Gleichgewichtskonstante dieser Reaktion beträgt Kc = 7.75 x 104 M bei 20°C

und pH 7, das Gleichgewicht liegt also auf der rechten Seite. Die Geschwindigkeit der

Gesamtreaktion:

F-6-P + ATP + 2 NADH 2 Glycerin-3-P + 2 NAD+ + ADP

wird bei diesen Bedingungen also ganz von dem ersten Reaktionsschritt bestimmt. Dessen

Reaktionsgeschwindigkeit ist aber ein Maß für die Aktivität der PFK. Da NADH im Gegensatz

zu NAD+ ein Absorptionsmaximum bei 340 nm hat, kann der Reaktionsablauf am Fotometer

durch die Extinktionsabnahme bei dieser Wellenlänge beobachtet werden (siehe Anhang).

Aus der Extinktionsdifferenz errrechnet sich nach dem Lambert-Beerschen-Gesetz der

NADH-Verbrauch pro min nach der Formel:

µmol E/min x V (Test) ———— = ———————— ml x min x d x V (Einsatz)

V (Test) = Endvolumen der Flüssigkeit in der Küvette in ml V (Einsatz) = eingesetzte Menge des Enzyms in ml

Fructose-6-phosphat Fructose-1ATP ADP

PF,6-bisphosphat

Gl

K

A

ycerinaldehyd-3-phosphatDih

LD

TIMydroxyacetonphosphat

2 Glycerin-3-phosphat

GDH

2 NADH

2 NAD+ PFK Phosphofructokinase ALD Aldolase TIM Triosephosphat-Isomerase GDH Glycerin-3-phosphat-Dehydrogenase

24

E = Extinktionsdifferenz d = Schichtdicke in cm = Extinktionskoeffizient von NADH

340 = Extinktionskoeffizient von NADH bei 340 nm = 6.3 x 103 l x mol-1 x cm-1

= 6.3 ml x µmol-1 x cm-1

Aus dem NADH-Verbrauch läßt sich die durch die PFK gebildete Menge an F-1,6-bP

berechnen, da 2 Mole NADH einem Mol F-1,6-bP entsprechen. Die Enzymaktivität der PFK

wird in µKatal (1 µkat = 1 µMol F-1,6-bP/sec) angegeben. Die Angabe der Enzymaktivität in

Units (1 U = 1 µMol/min) ist nach den SI-Regeln nicht mehr zulässig.

3. Durchführung des Tests auf enzymatische Aktivität:

Zur Bestimmung müssen drei verschiedene Tests durchgeführt werden. Zunächst wird in

einem Kontrollversuch die Aktivität der zugesetzten Hilfsenzyme überprüft (Test 1). In einem

Test ohne Zusatz von Fructose-6-phosphat bestimmt man die Aktivität an NADH-Oxidase

(Test 2), während in Test 3 die Aktivität der PFK ermittelt wird. Test 2 und 3 müssen für den

Rohextrakt und die 3 Fraktionen durchgeführt werden. Zu jedem Test wird ein Leerwert

benötigt, die Zusammensetzung bitte mit den Assistenten besprechen.

Da im Rohextrakt NADH-Oxidase und PFK nebeneinander vorliegen, muß hier die Aktivität

aus der Differenz von Test 3 und Test 2 ermittelt werden. Bei sorgfältigem Arbeiten wird die

PFK nach der fraktionierten Ammoniumsulfatfällung vorwiegend in Fraktion 2 gefunden.

Die Hilfsenzyme werden unmittelbar vor Ansetzen der Versuchsreihe verdünnt (siehe

Seite 20) und ebenso wie ATP- und NADH-Lösungen im Eisbad aufbewahrt. Alle Lösungen

bis auf die Hilfsenzyme werden einpipettiert und für 5 min bei Raumtemperatur stehen

gelassen. Die Küvetten werden nach der Zugabe der letzten Hilfsenzymlösung (= Start der

Reaktion) sofort mit Parafilm verschlossen, zweimal gekippt und rasch in das Fotometer

(Amersham, Ultrospec 3100) gestellt.

Folgende Lösungen werden in eine Halbmikroküvette pipettiert (alle Angaben in µl):

Lösungen Test 1

(Hilfsenzyme) Lösungen Test 2

(NADH-Oxidase)

Test 3 (PFK + NADH-

Oxidase)

MgCl2 80 MgCl2 80 80 F-1,6-bP 200 F-1,6-bP - - F-6-P - F-6-P - 200 ATP 40 ATP 40 40 NADH 100 NADH 100 100 Imidazol-Puffer, pH 7.0

540 Imidazol-Puffer, pH 7.0

690 490

Karottenextrakt - Karottenextrakt 50 50 TIM/GDH 20 TIM/GDH 20 20 Aldolase 20 Aldolase 20 20

25

Vorher muß im Hauptmenü des Ultrospec die Karteikarte „Methods“ gewählt werden, dort ist

im Programm 1 „Kinetics“ ein Meßprotokoll gespeichert. Über die Taste „mode“ wählt man

durch die Pfeil-Tasten die Karteikarte „Timing“, hier muß die Anzahl der Meßproben (ohne

Leerwert, maximal 7) eingetragen werden. Durch die „stop“-Taste kommt man zurück ins

Meßprogram, gestartet wird durch die Tasten „run“ und „enter“. Abhängig von der Anzahl der

Proben wird alle 10 bis 15 sec ein Meßwert über den Zeitraum von 5 min aufgezeichnet. Die

jeweiligen Steigungen der Kurven jeder einzelnen Meßprobe wird mit der Funktion „post-run“

in „mode“ so bearbeitet, daß jeweils nur die linearen Bereiche zur automatischen Be-

rechnung verwendet werden, bevor die Grafiken über die „print“-Funktion ausgegeben

werden.

Enzymkinetik

Charakteristische Größen für ein Enzym sind die Michaelis-Konstante (KM) und die maximale

Umsatzgeschwindigkeit Vmax für ein bestimmtes Substrat. Vmax ist dann erreicht, wenn die

Substratkonzentration so hoch ist, daß alle Enzymmoleküle mit Substrat belegt sind. Eine

weitere Zugabe von Substrat ergibt dann keine Erhöhung der Umsatzgeschwindigkeit. Die

Michaelis-Konstante gibt an, bei welcher Substratkonzentration die Reaktion mit halb-

maximaler Geschwindigkeit abläuft. Sie ist ein Maß für die Affinität des Enzyms zum

Substrat.

Die Bestimmung von KM und Vmax erfolgt durch die Feststellung der Umsatzgeschwindigkeit

in Abhängigkeit von der Substratkonzentration. Da PFK zwei Substrate umsetzt, sollen die

Werte sowohl für ATP als auch für F-6-P bestimmt werden, wobei jeweils die Konzentration

eines Substrats konstant gehalten wird, während die Konzentration des anderen Substrats

variiert wird. Um außerdem die allosterische Hemmung durch ATP nachzuweisen, wird eine

weitere kinetische Messung bei einer höheren ATP-Konzentration durchgeführt.

1. Durchführung des Tests:

Alle Messungen werden mit derjenigen Fraktion durchgeführt, die die höchste Enzymaktivität

enthält. Zunächst werden in je eine Halbmikroküvette folgende Lösungen pipettiert:

80 µl MgCl2-Lösung

200 µl F-6-P-Lösung

100 µl NADH-Lösung

Messung der ATP-Abhängigkeit der PFK:

Die ATP-Konzentrationen in der Küvette sollen 10; 6; 4; 2; 1; 0.5; 0.4; 0.3; 0.2 und 0.1 mM

sein. Die Menge an einzusetzender ATP-Lösung (25 mM) wird wie folgt ausgerechnet: Um

aus einer 25 mM Lösung eine 10 mM Lösung zu erhalten, muß man die Ausgangslösung auf

das 2.5-fache verdünnen. Das Endvolumen in der Küvette soll 1 ml betragen, also muß 400

µl der Ausgangslösung eingesetzt werden. Das Gesamtvolumen sowohl der bereits

26

einpipettierten Lösungen als auch der noch zuzugebenden Enzymlösung beträgt 440 µl. Bei

Zugabe von 400 µl 25 mM ATP-Lösung ergibt sich ein Gesamtvolumen von 840 µl, so daß

noch 160 µl 50 mM Imidazol-Puffer, pH 7.0, zugegeben werden muß, um das verlangte

Endvolumen zu erhalten. Für eine 1 mM ATP-Konzentration gibt man 40 µl der 25 mM ATP-

Lösung und 520 µl Puffer in die Küvette. Vor Versuchsbeginn ist eine Tabelle vorzulegen, die

für die entsprechenden ATP-Konzentrationen die zu pipettierenden Mengen an ATP und

Puffer enthält.

Nachdem diese Lösungen vorbereitet sind, werden die Enzyme zugegeben:

20 µl Karottenextrakt (Fraktion 2, ggf. verdünnen)

20 µl TIM/GDH

20 µl Aldolase

Danach wird die Küvette sofort in das Fotometer gestellt und über einen Zeitraum von 5

Minuten gemessen (u.U. kann eine 5-minütige Vorinkubation bei RT ohne Hilfsenzyme auch

hier hilfreich sein).

Messung der F-6-P-Abhängigkeit der PFK:

In eine Küvette werden pipettiert:

80 µl MgCl2-Lösung

40 µll ATP-Lösung

100 µl NADH-Lösung

Die Konzentrationen an F-6-P in der Küvette sollen 2; 1; 0.6; 0,4; 0.2; 0.15; 0.1; 0.06; 0.04

und 0.02 mM sein. Diese Mengen an 5 mM F-6-P-Lösung und Puffer sind wie oben zu

berechnen (Tabelle!). Dann werden die gleichen Mengen Enzymlösung wie bei der ATP-

Abhängigkeit zugegeben und die Messungen analog durchgeführt.

Messung der F-6-P-Abhängigkeit der PFK bei Hemmung durch ATP:

Hierzu werden die gleichen Messungen durchgeführt wie bei der Messung der F-6-P-

Abhängigkeit der PFK. Jedoch werden 240 µl ATP-Lösung eingesetzt und die Puffermenge

entsprechend reduziert.

E. Auswertung

Anreicherung der PFK:

Schon während der Durchführung der Anreicherung stellt man sich eine Tabelle zusammen,

die den Arbeitsschritt, das Volumen der Lösung, den Proteingehalt (mg/ml), die Gesamt-

menge an Protein, die Enzymaktivität und den Anreicherungsfaktor enthält.

Die spezifische Enzymaktivität der PFK wird in µkat dividiert durch den Proteingehalt der

Enzymlösung berechnet. Die Einheit für die spezifische Enzymaktivität ist µkat/kg Protein. Da

das Enzym in einem Proteingemisch vorliegt, ist die spezifische Enzymaktivität ein Maß für

27

dessen Reinheit. Während der Anreicherung des Enzyms durch fraktionierte Ammonium-

sulfatfällung, d.h. bei der Entfernung von Fremdprotein, sollte daher die spezifische

Enzymaktivität steigen.

Enzymkinetik:

Trägt man die Wertepaare V (µmol/ml x min) = f [S] in ein Diagramm ein, so erhält man eine

Kurve, die bei idealem Verlauf für isosterische Enzyme der Michaelis-Menten-Gleichung

Vmax x [S] V = ————— entspricht. KM + [S]

Aus dieser Zeichnung werden Vmax und KM annähernd bestimmt. Eine genauere Bestimmung

ergibt die Auswertung nach Lineweaver und Burk. Dazu wird die Michaelis-Menten-

Gleichung umgeformt, zu:

1 1 KM 1 —— = —— + —— x —— V Vmax Vmax [S]

Trägt man also 1/V = f (1/[S]) auf, so erhält man eine Gerade. Der Schnittpunkt der Geraden

mit der Ordinate ergibt den Wert 1/Vmax und der Schnittpunkt mit der Abszisse ergibt den

Wert -1/KM. Hieraus erfolgt die genaue Berechnung von KM und Vmax. Die Ergebnisse aus

den Kinetik-Versuchen sind sofort im Michaelis-Menten- und Lineweaver-Burk-Diagramm

darzustellen, um gegebenenfalls fehlerhafte Messungen feststellen zu können, die dann

sofort zu wiederholen sind. KM und Vmax sind zu ermitteln und der Kurvenverlauf ist zu

diskutieren.

E. Anhang

Abb. III.1: Extinktionsspektrum von NAD+ und NADH (NADP+ und NADPH besitzen fast identische Spektren). Zur Konzentrationsmessung benutzt man entweder 340 = 6.3 x 103 l mol-1 cm-1 (Gipfelwert) oder 366 = 3.5 x 103 l mol-1 cm-1 (starke Emmissionslinie der Hg-Dampflampe).

28

Versuch IV: Induktion der Nitratreduktase in Rettichkotyledonen

A. Theorie:

Der Stickstoffgehalt der meisten höheren Pflanzen stammt zum überwiegenden Teil aus dem

Boden und wird von der Wurzel in Form von anorganischen Stickstoffverbindungen (NH4+

oder NO3-) aufgenommen. Als Akzeptor für Ammonium dient das Glutamat, das in einer

ATP-abhängigen Reaktion zum Glutamin fixiert wird. Vom Glutamin wird dann das aktivierte

Ammonium auf -Ketoglutarat übertragen (GOGAT-System), wobei reduziertes Ferredoxin

als Elektronendonator bei Pflanzen benötigt wird. Der auf diese Weise gebundene

Aminostickstoff kann mit Hilfe von Transaminasen von Glutamat aus auf andere -

Ketosäuren übertragen werden und so zur Bildung aller benötigten Aminosäuren

herangezogen werden. Aus dem Boden aufgenommenes Nitrat muß von der Pflanze erst zu

NH4+ reduziert werden, bevor es verwendet werden kann. Diese Reaktionsschritte werden

von den Enzymen Nitratreduktase und Nitritreduktase katalysiert. Diese Enzymaktivitäten

finden sich außer in Laubblättern auch in Wurzeln, so dass neben der photosynthetischen

Nitratreduktion auch das Nitrat in nicht grünen Geweben reduziert werden kann. Die Nitrat-

und Nitrit-Reduktase sind durch ihre Substrate induzierbar. Die Zunahme der Aktivität von

Nitratreduktase in nitratbehandelten Pflanzengeweben beruht auf einer echten Enzym-

induktion: Hemmstoffe der RNS- sowie der Proteinbiosynthese hemmen auch die Bildung

des Enzyms. Andererseits wird die Enzymbiosynthese aber auch durch überschüssiges NH4+

oder ausreichendes Angebot von Aminosäuren reprimiert. In Keimwurzeln von Mais

verschwindet vorhandene Nitratreduktaseaktivität unter solchen nicht-induktiven Be-

dingungen mit Halbwertszeiten von 2 bis 3 Stunden.

Literatur:

Hartmann, T. (1982) Die Ammoniumassimilation im N-Stoffwechsel der Pflanzen. Biologie in unserer Zeit 12, 9-12

Heldt, H.W. (1999) Pflanzenbiochemie, 2. Auflage

B. Aufgabe:

Kotyledonen von Rettichkeimlingen (Raphanus sativus) werden in Nitratlösung inkubiert. Aus

den Kotyledonen wird zu verschiedenen Zeiten nach Beginn der Inkubation ein Rohextrakt

hergestellt, in welchem die Aktivität der Nitratreduktase bestimmt wird.

C. Reagenzien:

150 mM KN03-Lösung (100 ml) 50 mM KN03-Lösung (300 ml)

Extraktionsmedium (100 ml)

0.1 M Imidazol

29

1 mM EDTA Imidazol und EDTA lösen, mit 6 N HCl auf pH 7.8 einstellen

Kaliumphosphatpuffer (KPi), pH 7.6

0.1 M KH2PO4-Lösung 20 ml herstellen 0.1 M K2HPO4 -Lösung 100 ml herstellen, K2HPO4-Lösung in 250 ml Becherglas

gießen, mit Rührstäbchen auf den Magnetrührer stellen. Am pH-Meter durch Zugabe der KH2PO4-Lösung den pH auf 7.6 eingestellen

6 mM NADH-Lösung (erst unmittelbar vor dem Verbrauch ansetzen, bei 4°C aufbewahren)

NADH in 0.5 ml KPi, pH 7.6, lösen und 4.5 ml H2Odest

zugeben

Sulfanilsäure-Reagenz (in brauner Flasche lichtgeschützt aufbewahren. Vorsicht: Haut-berührung vermeiden, möglicherweise cancerogen!)

1 g Sulfanilsäure in 100 ml verdünnter HCl (75 ml H2Odest + 25 ml konz. HCl) lösen

NED-Reagenz (in brauner Flasche lichtgeschützt aufbewahren)

20 mg N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin-hydrochlorid in 100 ml H2Odest lösen

40 µM NaNO2-Lösung (Nitritstandardlösung für die Eichkurve, 1 l)

D. Versuchsdurchführung:

1. Inkubation des Pflanzenmaterials:

Rettichsamen in feuchtem Vermiculit einsäen; im Brutschrank 2 Tage bei 25°C keimen

lassen, dann im Gewächshaus 3 Tage mit Zusatzlicht kultivieren. Beim Induktionsversuch

werden für jeden Ansatz 1.5 g Kotyledonen (ca. 50 Keimlinge) abgeschnitten und in 25 ml

einer 50 mM KNO3-Lösung in einem 100 ml Erlenmeyerkolben nach zweimaliger Vakuum-

Infiltration (Saugflasche, je 2 min) auf der Schüttelmaschine bei Zimmertemperatur mit

Zusatzbeleuchtung inkubiert.

Insgesamt werden 4 Ansätze (= 4 Erlenmeyerkolben) vorbereitet und nach 0, 1, 2 und 3 ½

Stunden Inkubationszeit werden die Kotyledonen aus je einem Kolben gesammelt und

daraus der Rohextrakt hergestellt. Hinweis: Mit der längsten Inkubationszeit zuerst beginnen!

2. Herstellung des Rohextraktes:

Die Kotyledonen werden mit demin. Wasser gewaschen (Teesieb), mit Filterpapier gut ab-

getrocknet und dann in einem Becherglas im Eis vorgekühlt. Die kalten Kotyledonen werden

in einer gekühlten Reibschale mit 5 ml kaltem Extraktionspuffer mit dem Pistill zu einem

homogenen Brei zerrieben. Dieser wird durch Gaze (vierfache Lage) oder Nylontuch gepreßt

(Einweghandschuhe) und dann 10 min bei 7 000 Upm in der Kühlzentrifuge zentrifugiert. Aus

dem Überstand (= Rohextrakt) wird dann die Aktivität der Nitratreduktase bestimmt.

30

3. Messen der Enzymaktivität:

Die Nitratreduktase katalysiert die Übertragung zweier Elektronen von NADH auf das Nitrat;

das dabei entstandene Nitrit wird mit einer spezifischen Farbreaktion nachgewiesen. Die

Reduktion des Nitrits zum NH4+ läuft unter den hier vorgebenen Testbedingungen nicht ab,

obwohl das Enzym Nitritreduktase im Rohextrakt vorkommt: An dieser Reaktion ist nämlich

Ferredoxin als Elektronendonator beteiligt; dieses liegt jedoch im angegebenen Testgemisch

nicht in reduzierter Form und genügender Konzentration vor.

Test auf Nitratreduktaseaktivität:

Folgende Lösungen in 15 ml Falcongefäße (oder Zentrifugengläser) pipettieren:

1.0 ml 100 mM KPi, pH 7.6

0.3 ml H2O

0.1 ml 150 mM KN03-Lösung

0.1 ml 6 mM NADH-Lösung

0.5 ml Rohextrakt bzw. denaturierter Rohextrakt (= Start der Reaktion), mischen!

20 min bei 30°C im Wasserbad inkubieren.

Für jede Enzymmessung ist ein Leerwert zu bestimmen, der in seiner Zusammensetzung

dem vorherigen Test entspricht, bei dem aber das Enzym im Rohextrakt zuvor durch 2 min

Erhitzen auf ca. 90°C inaktiviert wurde.

Nitritnachweis:

1.0 ml Sulfanilsäure-Reagenz und 1.0 ml NED-Reagenz zupipettieren und 15 min bei

Zimmertemperatur reagieren lassen. Danach 10 min zentrifugieren (4 000 Upm, Hereaus

Megafuge, braune Becher für Falcongefäße, rote Becher für Zentrifugengläser, jeweils inkl.

Gummiadaptoren) und anschließend im Spektralphotometer bei 538 nm die Extinktion gegen

den Leerwert bestimmen. Danach Lösungen im Sonderabfall (unter dem Abzug) entsorgen.

Aufstellung einer Eichkurve:

Proben von 0; 0.1; 0.2; 0.4; 0.6; 0.8, 1.0 und 2.0 ml der Nitritstandardlösung auf 2 ml mit

H2Odest auffüllen, mit je 1.0 ml Sulfanilsäure und 1.0 ml NED-Reagenz versetzen, gut

mischen und nach 15 min (direktes Sonnenlicht vermeiden) die Extinktion im

Spektralphotometer bei 538 nm gegen den Nullwert bestimmen. Die Extinktion ist als

Funktion der eingesetzten Nitritmenge auf Millimeterpapier aufzutragen.

E. Auswertung

1. Mit Hilfe der Eichkurve ist die in den Proben vorhandene Nitritmenge zu errechnen.

2. Die Aktivität der Nitratreduktase (µmol Nitrit gebildet pro Gramm Frischgewicht) als

Funktion der Inkubationszeit ist in ein Diagramm einzutragen.

31

Versuch V: Induktion der Synthese von -Amylase in den Aleuronzellen des

Gerstenkorns durch Gibberellin

A. Theorie:

Keimende Samen produzieren hydrolytische Enzyme zur Mobilisierung ihrer gespeicherten

Reservestoffe. Die de novo Synthese hydrolytischer Enzyme beruht bei der Gerste auf der

Wirkung von Gibberellin. Das Gerstenkorn (Karyopse) besteht aus dem stärkereichen

Endosperm, das von einer peripheren Aleuronschicht umgeben wird und an einer Seite das

Scutellum des Keimlings abgrenzt. Ein Modell einer Karyopse ist im Kurssaal aufgestellt

(siehe auch Abb. V.1 im Anhang). Mit der Wasseraufnahme bei der Samenquellung gibt der

Keimling Gibberelline (GA1 und GA3) ab, die dann in der Aleuronschicht die Synthese von -

Amylase (und weiteren hydrolytischen Enzymen) induzieren. Diese Enzyme werden in das

Endospermgewebe sezerniert und bauen dort die Reservekohlenhydrate ab. Die Abbau-

produkte werden von Scutellum resorbiert und dem wachsenden Keimling zugeführt.

Das vom Embryo ausgehende "Signal" kann in embryofreien Kornhälften (oder auch

isolierten Aleuronzellen) durch exogen zugesetzte Gibberellinsäure ersetzt werden. Damit

steht gleichzeitig ein spezifischer Nachweis-Test für Gibberellinsäuren zur Verfügung. Die

Synthese der -Amylase kann durch anaerobe Bedingungen, Dinitrophenol, durch

Hemmstoffe der DNA-Transkription (Actinomycin D), und durch Hemmung der Translation

(Cycloheximid) sowie durch Aminosäureantagonisten wie p-Fluorphenylalanin gehemmt

werden. Diese Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß durch die Wirkung des Phytohormons

Gibberellinsäure eine de novo Synthese von hydrolytischen Enzymen über Gendere-

primierung induziert wird.

Literatur

Schopfer, P. und Brennicke, A. (1999) Pflanzenphysiologie, Springer

B. Aufgabe:

Es soll gezeigt werden, daß Gibberellin die Synthese von -Amylase und Maltase im

embryofreien Gerstenkornhälften induzieren kann.

C. Reagenzien:

Natriumhypochloritlösung (0.5%, 50 ml)

CaCl2-Lösung (0.2 M, 1 ml)

Chloramphenicol-Lösung (2 mg/10 ml)

Cycloheximid-Lösung (2 mg/10 ml)

32

Gibberellinsäurelösung (GA3)

10 mg GA3 mit 50 µl Ethanol in Eppendorf-Reaktionsgefäß lösen, 0.25 ml 0,1 N KOH

und 1.75 ml H2Odest zugeben. Von dieser Stammlösung die Verdünnungen herstellen.

Acetatpuffer, pH 4.8 (50 ml)

10 mM Na-Acetat-Lösung mit einigen Tropfen konz. Essigsäure am pH-Meter auf pH 4.8 einstellen

Pflanzenmaterial:

Ca. 100 Gerstenkörner (Hordeum vulgare) werden morgens in einem 100 ml Becherglas mit

30 ml einer 0.5% Natriumhypochlorit-Lösung 3 min desinfiziert. Nach gründlichem Waschen

der Körner mit Leitungswasser werden diese mit dem Spalt nach unten in einer mit feuchtem

Filterpapier ausgelegten und abgedeckten Petrischale im Brutschrank bei 25-27°C für 18 bis

24 h inkubiert.

D. Versuchsdurchführung

1. Inkubation der Gerstenkörner in Gibberellinsäure-Lösung:

Folgende Proben sind anzusetzen:

1-5: Embryofreie Kornhälften mit GA3 in unterschiedlichen Konzentrationen

6: Embryofreie Kornhälften ohne GA3

7: Embryofreie Kornhälften mit GA3 und Cycloheximid

8: Embryohaltige Kornhälften ohne GA3

Dazu sind in 8 Erlenmeyerkolben (50 ml) jeweils folgende Lösungen zu pipettieren:

1.7 ml Acetatpuffer, pH 4.8

0.1 ml CaCl2-Lösung (Amylase wird durch Ca2+ aktiviert)

0.1 ml Chloramphenicol-Lösung (Hemmung von Bakterienwachstum)

Folgende Zusätze werden einpipettiert:

1-5: Je 0.1 ml GA3-Lösung folgender Konzentrationen: 5; 5 x 10-1; 5 x 10-2; 5 x 10-3 und 5

x 10-4 mg/ml

6: 0.1 ml H2Odest

7: 0.1 ml GA3 (0.5 mg/ml) + 0.1 ml Cycloheximidlösung

8: 0.1 ml H2Odest

Die gequollenen Gerstenkörner (nur Körner verwenden, die die Bildung einer Keimwurzel

zeigen) werden mit einer Rasierklinge quer halbiert und die embryohaltigen bzw. embryo-

freien Kornhälften getrennt in je einer feuchten Kammer gesammelt. Vor der Inkubation

werden pro Ansatz 5 Kornhälften gewogen und die embryofreien in die Erlenmeyer-Kölbchen

1-7 und die embryohaltigen in das Kölbchen 8 gegeben. Alle Kölbchen werden verschlossen

und 24 h geschüttelt.

33

2. Enzymatische Glucosebestimmung durch den „UV-Test“:

Testprinzip:

HK1) Glucose + ATP Glucose-6-phosphat + ADP

G6P-DH

2) Glucose-6-phosphat + NADP+ Gluconat-6-phosphat + NADPH + H+

HK = Hexokinase G6P-DH = Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase

Die während der Reaktion gebildete NADPH-Menge ist der Glucosemenge äquivalent, die

Konzentration von NADPH wird aufgrund der Absorption bei 340 nm fotometrisch bestimmt

(siehe Abbildung III.1, Seite 28).

Fertig-Reagenzien des „UV-Testkits“:

Lösung 1 enthält Puffersubstanz, NADP, ATP, und MgSO4

Suspension 2 enthält HK und G6P-DH

hergestellt entsprechend der ausliegenden Anleitung (stabil jeweils mindestens 4 Wochen bei Lagerung im Kühlschrank)

Nach der Inkubation der Kornhälften wird die von Hydrolasen freigesetzte Glucose

enzymatisch bestimmt. Dazu werden die Kornhälften aus der Lösung, die verworfen wird,

herausgenommen und in einer kleinen Reibschale mit 2 ml H2Odest und wenig Seesand

homogenisiert. Das Homogenat wird in ein Zentrifugenglas abgegossen und die Reibschale

mit 2 x 1 ml H2Odest nachgewaschen. Nach 5 min Zentrifugation (Tischzentrifuge, volle

Umdrehungszahl) wird mit H2Odest genau auf 6 ml aufgefüllt und gemischt.

Testansatz:

Leerwert

(1x)

Probe

(8x)

Lösung 1 1 .0 ml 1 .0 ml

Probelösung - 0 .8 ml

H20dest 2 .0 ml 1 .2 ml

Suspension 2 20 µl 20 µl

Leerwert und Probe(n) mischen, 3 min inkubieren und die Extinktion bei 340 nm gegen Luft

messen (E1). Suspension 2 zugeben, mischen, 15 min inkubieren und wiederum die

Extinktionen bestimmen (E2). Für Leerwert und Probe(n) die Extinktionsdifferenzen be-

34

stimmen und die Exktinktionsdifferenz des Leerwertes von der Extinktionsdifferenz der Probe

abziehen.

E = (E2 – E1)Probe – (E2 – E1)Leerwert

Berechnung:

V x MG c = x E [g/l]

x d x v

V = Testvolumen [ml] v = Probevolumen [ml] MG = Molekulargewicht der Glucose 180 bzw. 198 [g/mol] d = Schichtdicke [cm]

= Extinktionskoeffizient von NADPH bei 340 nm: 6.3 x 103 [l x mol-1 x cm-1]

E. Auswertung:

Die Beziehungen zwischen dem Gehalt an Glucose, ausgedrückt in µg Glucose pro mg

Frischgewicht, und der Gibberellinkonzentration ist graphisch darzustellen.

F. Anhang:

Abb. V.1: Schematische Darstellung einer Getreidekaryopse während der Keimung. Aus: Schopfer & Brennicke: Pflanzenphysiologie, 5. Aufl., Springer Verlag, 1999

35

Versuch VI: Phytochrom als Signalgeber der Flavonolakkumulation in Senfkeimlingen

A. Theorie:

Im belichteten Senfkeimling (Weißer Senf, Sinapis alba) produziert der Flavonoid-

Biosyntheseweg neben einer Reihe von Anthocyanen (alle mit Cyanidin als Aglycon) auch

Flavonole (mit Kaempferol und Quercetin als Aglyca). Diese Flavonoide sind in den

Kotyledonen auf die Epidermis beschränkt. Damit gehorcht die Photomorphogenese einem

räumlichen Kompetenzmuster, das zu einem entsprechenden räumlichen Differenzierungs-

muster führt. Die Intensität der Flavonoidsynthese ist mit der Menge der physiologisch

aktiven Form von Phytochrom (Pfr) korreliert, welche durch eine bestimmte Belichtung in den

kompetenten Geweben des Keimlings aus der inaktiven Form Pr erzeugt wird. Im Dunkeln

werden praktisch keine Flavonoide gebildet, was für die Messung kleiner Lichteffekte

besonders günstig ist. Zur experimentellen Induktion der phytochromabhängigen

Flavonoidsynthese wählt man häufig nicht induktive Lichtpulse mit hellrotem Licht, sondern

eine Dauer-Dunkelrot (DR)-Bestrahlung, welche die Hochintensitätsreaktion des Phyto-

chroms anregt. Unter diesen Bedingungen ist eine zwar niedrige, aber weitgehend

konstante, hochwirksame Menge an Pfr aktiv, welche eine konstante Stimulation der

Photomorphogenese liefert. Man erzeugt also, im Gegensatz zur Pulsbestrahlung, stationäre

Induktionsbedingungen; der zeitliche Verlauf der photomorphogenetischen Prozesse wird

daher nicht durch Veränderungen der Pfr-Menge kompliziert.

Literatur

Schopfer, P. und Brennicke, A. (1999) Pflanzenphysiologie, Springer.

Schopfer, P. (1989) Experimentelle Pflanzenphysiologie. Einführung in die Anwendungen, Springer.

B. Aufgabe:

Es soll in den Kotyledonen von Senfkeimlingen die Induktion von Flavonolen durch

Phytochrom quantitativ untersucht werden.

C. Reagenzien:

Extraktions- und Hydrolysemedium: 2 N HCl

Ethylacetat (Essigsäureethylester)

NH3-Lösung (konz.)

Boratpuffer (0.1 M an Borat, pH 8.9), wird gestellt

Methanol (70 Vol.%)

Laufmittel: Eisessig (50 Vol.%, 100 ml)

Cellulose-Dünnschichtplatten

Quercetin (Fa. Roth), eine Standardlösung wird gestellt

36

2

3

O1

46

5

78

CA

B

Flavan

CA

B

R = H, Kaempferol

R = OH, Quercetin

R

OH

OH

OOH

OH O

CA

B

Cyanidin

C

O

O

H

H H

Flavanon

C

O

O

H

H H

Flavon

C

O

OH

H

H H

Chalkon

C

Isoflavon

H

O

O

H

H

C

Flavonol

OH

O

O

H

H H

C

Anthocyanidin

OH

O+

H

H H

OH

OH

OH

OH

OH O+

Abb. VI.1: Untergruppen der Flavonoide und ihre Ableitung vom Flavan-Grundgerüst. Kaempferol, Quercetin und Cyanidin sind Inhaltsstoffe von Senf.

D. Versuchsdurchführung:

Die Anzucht der Senfkeimlinge (je 6 g Samen) erfolgt im Dunkeln auf mehreren Lagen

feuchtem Filterpapier in einer Kunststoffdose. Die Keimlinge werden entweder 98 h im

Dunkeln bzw. 68 h im Dunkeln und 30 h im DR gehalten. (Aussaat mittags, DR-Beleuchtung

morgens am 3. Tag nach Aussaat für 30 h -> Ernte der Kotyledonen mittags am 4. Tag nach

Aussaat, Einfrieren in fl. N2, Lagern bei –80°C)

1. Extraktion und Hydrolyse

Die Flavonoide werden aus jeweils 1 g Kotyledonen von Dunkel- bzw. DR-Keimlingen in

einem Schraubdeckelröhrchen (10 ml, Pyrex) mit 4 ml HCl-Lösung (2 N) 60 min lang bei

100°C im Wasserbad extrahiert und gleichzeitig hydrolysiert. Nach dem Abkühlen wird der

Extrakt 10 min zentrifugiert (Heraeus-Megafuge, Rotor 2704, rote Becher), der Überstand mit

einer Pasteurpipette abgesaugt und in einem neuen Pyrexröhrchen mit 1 ml Ethylacetat

kräftig geschüttelt. Nach kurzer Zentrifugation trennt sich eine leicht gefärbte Oberphase von

einer roten Unterphase ab. Die Oberphase wird in ein 15 ml Falcongefäß überführt und die

verbleibende Unterphase nochmals mit 1 ml Ethylacetat extrahiert. Die Oberphasen werden

37

vereinigt, durch Abblasen mit N2 auf ca. 200 bis 300 µl eingeengt und können üN im

Kühlschrank aufbewahrt werden.

2. Chromatographie

Die eingeengten Oberphasen beider Proben werden mit einer Glaskapillare portionsweise

als 4 cm breites Band auf die Auftragslinie einer Cellulose-Dünnschichtplatte aufgetragen.

Daneben werden zweimal je 1 µg Quercetin als Vergleichssubstanz (s. E) aufgetragen. Die

Chromatographie erfolgt mit dem unter C. genannten Laufmittel. Wenn die Front etwa 12 cm

weit gewandert ist (nach 5 - 6 h), wird die Chromatographie abgebrochen und die Laufmittel-

front markiert. Die Platte wird im Abzug üN zum Trocknen stehen gelassen.

Die unter UV-Licht hellgelbe Bande bei Rf = 0.1 - 0.2 (die im NH3-Dampf deutlicher sichtbar

wird) enthält die unter diesen Bedingungen gemeinsam laufenden Flavonole Quercetin und

Kaempferol. Außerdem treten bei größeren Rf -Werten einige gefärbte oder unter UV-Licht

sichtbare Banden auf, die auf verschiedene Zimtsäurederivate, Anthocyanidine und andere

Verbindungen zurückgehen. Die Umrisse der Substanzflecken werden unter UV-Licht mit

einem weichen Bleistift nachgezeichnet und können anschließend durchgepaust werden.

3. Messung

Die Celluloseschichten mit den Flavonolbanden der Kotyledonenextrakte und der

Vergleichssubstanz werden getrennt mit einem Spatel herausgekratzt, das Pulver jeweils in

ein 2 ml-Mikroreaktionsgefäß überführt, mit 1 ml 70 Vol.% Methanol versetzt, durch Schütteln

extrahiert und der Extrakt durch Zentrifugieren geklärt. Der Überstand wird in eine

Quarzküvette gefüllt, das Absorptionsspektrum (220 - 450 nm) registriert und die Extinktion

bei = 370 nm abgelesen. Nach Zugabe von 5 µl alkalischem Boratpuffer tritt eine

charakteristische Verschiebung des langwelligen Absorptionsgipfels ( 370 nm) um ungefähr

15 nm zu längeren Wellenlängen ein (bathochrome Verschiebung). Die Extinktion im

Scheitelpunkt des Gipfels (vor oder nach Boratbehandlung) kann als relatives Maß für die

Flavonoidkonzentration im Extrakt verwendet werden.

E. Quantitative Auswertung:

Nach dem LAMBERT-BEERschen Gesetz ist die Extinktion (E) einer gelösten Substanz

direkt proportional zur Konzentration der Substanz (c) bei konstanter Schichtdicke (d) der

Probenlösung. Es gilt: E = c d.

Der Extinktionskoeffizient ( , Einheit: M-1 cm-1) hängt von der Lichtqualität ab. Er wird daher

stets für eine bestimmte Wellenlänge (monochromatisches Licht) angegeben und ist in

dieser Form ( ) eine wichtige Stoffkonstante des Pigments, welche dessen „Absorptions-

stärke“ bei der Wellenlänge charakterisiert.

38

Der molare Extinktionskoeffizient bei = 370 nm für Quercetin soll ermittelt werden. Mit Hilfe

dieses Wertes soll die Menge des unter D.2/3 isolierten Quercetins berechnet werden. Es

wird eine Eichkurve zur quantitativen Bestimmung von Quercetin bei 370 nm in 70%

Methanol erstellt. Dazu wird eine Standardlösung mit einer genau bekannten Menge von 2 -

3 mg Quercetin in 100 ml 70 Vol.% Methanol verwendet. Mit dieser Stammlösung werden

schrittweise Verdünnungen eingestellt und von allen Lösungen die Extinktionen in

Quarzküvetten bei 370 nm gemessen. Der Extinktionskoeffizient 370 wird aus der Eichkurve

graphisch ermittelt.

Unter Verwendung des 370 und der unter D.3 ermittelten Extinktion bei 370 nm wird die

Menge des Quercetins pro g Frischgewicht berechnet.

39

Versuch VII: Verzögerung der Seneszenz abgeschnittener Haferblätter durch Kinetin

A. Theorie:

Cytokinine sind Phytohormone, die in pflanzlichen Geweben in verschiedene physiologische

Prozesse eingreifen. Vor allem stimulieren sie die Zellteilungsaktivität und verzögern die

Seneszenz (Alterung) der Gewebe; daneben beeinflussen sie noch Differenzierungs-

vorgänge und die Samenkeimung.

Beim Altern pflanzlicher Gewebe sind eine Vielzahl verschiedenster katabolischer Stoff-

wechselprozesse beteiligt. Ein deutliches Symptom der Seneszenz grüner Gewebe (z.B der

Blätter) ist das Vergilben (Abbau von Chlorophyll). Dieser Abbau und andere Alterungs-

vorgänge können durch eine Applikation von Kinetin (6-Furfurylaminopurin) hinausgezögert

werden.

Literatur

Matile, P. und Kräutler, B. (1995) Wie und warum bauen Pflanzen das Chlorophyll ab? Chemie in unserer Zeit 29, 298-306

B. Aufgabe:

Die im Lebenslauf von Blättern natürlich eintretende Seneszenz kann künstlich durch

schlechte Ernährungsbedingungen ausgelöst werden. Schneidet man also die Blätter von

einer Pflanze ab und hält sie im Dunkeln, so tritt Chlorophyllabbau ein. Dieser Abbau und

seine Verzögerung durch Kinetin soll gezeigt werden.

C. Reagenzien:

Citrat-Phosphatpuffer, pH 4.7

0.25 g Citronensäure und 0.46 g Na2HPO4 x 2 H2O in 200 ml H2Odest lösen, diese Lösung sollte einen pH-

Wert von 4.7 aufweisen. Der pH-Wert kann durch Zugabe von etwas Citronensäure bzw. Phosphat korrigiert werden

0.5 ml Tween 80 (Detergenz) hinzupipettieren und im Meßzylinder auf 250 ml auffüllen

Kinetinlösung

10 mg Kinetin (= 6-Furfurylaminopurin) in einigen Tropfen 1 N NaOH in einem graduierten Reagenzglas in Lösung bringen, auf 10 ml mit demin. Wasser verdünnen und davon 1 ml im Meßkolben mit Citrat-Phosphatpuffer auf 100 ml auffüllen; dies ergibt eine Endkonzentration von 10 µg/ml Kinetin.

Pflanzenmaterial:

Hafer (Avena sativa) wird in Schalen in Erde ausgesät und im Gewächshaus bis zur

Entwicklung von Primärblättern von ca. 12 cm Länge herangezogen (etwa 1 Woche).

40

D. Versuchsdurchführung:

Möglichst gleich große Blättchen werden ca. 6 cm unter der Spitze mit einer scharfen Rasier-

klinge abgeschnitten, auf einer mit Millimeterpapier unterlegten Glasscheibe auf genau 5 cm

gekürzt und in einer feuchten Kammer auf einer Plastikleiste aufbewahrt. Die feuchte

Kammer stellt man sich durch Ausschlagen einer Plastikdose mit wassergetränktem

Filterpapier her. Die Wassersättigung ist täglich zu überprüfen!

Auf 25 Blättchen wird Kinetinlösung aufgesprüht. Weitere 25 Blättchen erhalten lediglich

Pufferlösung (Wasserkontrollen). Je 5 Blättchen werden sofort zur Extraktion von Chlorophyll

herangezogen.

Die feuchte Kammer wird verschlossen und im Dunklen bei 25°C gehalten. Nach 24, 48, 72

und 96 h werden von Kontrollen und Proben jeweils 5 Blättchen entnommen und deren

Chlorophyllgehalt bestimmt. Die Entnahme hat möglichst schnell zu geschehen, damit die

restlichen Blättchen nicht zu lange dem Licht ausgesetzt werden.

Zur Bestimmung des Chlorophyllgehalts 5 Blättchen auf der Analysenwaage wiegen. Mit

einer Schere in möglichst kleine Stückchen zerschneiden und in einer kleinen Reibschale mit

2 ml 80% Aceton und etwas Sand zu einem homogenen Brei verreiben; dann weitere 3 ml

80% Aceton zugeben. Den Brei quantitativ in ein Zentrifugenglas überführen und mit 1-2 ml

80% Aceton nachspülen (die Reibschale darf nicht mehr grün sein). In der Tischzentrifuge

bei voller Drehzahl für 5 min zentrifugieren; den Überstand in ein graduiertes Zentrifugenglas

dekantieren. (Achtung, direktes Sonnenlicht vermeiden, da Chlorophyll zerstört wird). Sofern

der Rückstand noch grün ist, diesen erneut in 1-2 ml 80% Aceton aufnehmen, am Whirlmix

gut durchmischen und erneut zentrifugieren. Die vereinigten Überstände im graduierten

Zentrifugenglas auf 10 ml mit 80% Aceton auffüllen, mischen und sofort im Spektralfotometer

die Extinktion bei 663 nm und 645 nm gegen 80% Aceton bestimmen (Glasküvetten!).

E. Auswertung:

Berechnen Sie den Gehalt von Chlorophyll a bzw. b und a+b pro g Frischgewicht und tragen

Sie die Werte in einem Diagramm als Funktion der Zeit auf.

Chlorophyll a (µg/ml) = 12,7 x E663 - 2,69 x E645

Chlorophyll b (µg/ml) = 22,9 x E645 - 4,8 x E663

41

Versuch VIII: Reversible Entfaltung eines Proteins am Beispiel des Phycocyanin

A. Einführung:

Proteine sind lineare, unverzweigte Makromoleküle. Im nativen Zustand nehmen sie eine

sehr komplexe, wohldefinierte dreidimensionale Struktur an, die durch vielfache schwache

Wechselwirkungen (u.a. H+-, Salz-, Disulfid-Brücken, hydrophobe Interaktionen) bestimmt

werden. Diese dreidimensionale Struktur ist beweglich aber doch so regelmäßig, dass man

Proteine kristallisieren und ihre Struktur durch Röntgendiffraktion bestimmen kann. Eine

Sammlung solcher Strukturen ist in der Protein-Datenbank (http://www.rcsb.org/pdb/) zu

finden. Ein einfaches Programm zum Betrachten kann man bei der Expasy Datenbank

herunterladen (http://us.expasy.org/spdbv/text/download.htm).

In der Regel steckt die gesamte Information für die dreidimensionale Struktur (Sekundär- und

Tertiärstruktur) eines Proteins in seiner Sequenz (Primärstruktur). Viele Proteine falten sich

spontan nach oder bereits während der Translation. Aber auch wenn Chaperone benötigt

werden, so haben diese vor allem eine Hilfsfunktion, indem sie falsch gefaltete Proteine

wieder partiell entfalten und ihnen damit eine weitere „Chance“ geben. Spontan faltende

Proteine können häufig auch in vitro reversibel durch Zugabe von geeigneten

Denaturierungsmitteln entfaltet werden, und finden dann nach Entfernen derselben innerhalb

von Sekunden wieder in den nativen Zustand zurück. Als Denaturierungsmittel eignen sich

Detergenzien und sog. chaotrope Substanzen, welche die Wasserstruktur stören und vor

allem Salz- und Wasserstoffbrücken aufbrechen, aber auch erhöhte Temperaturen.

Insbesondere wurden Harnstoff und Guanidinium-Hydrochlorid für viele reversible

Entfaltungsstudien verwendet, da sie Proteine nicht irreversibel modifizieren und leicht

wieder durch Dialyse oder Verdünnen entfernt werden können.

Die Regeln für die Faltung sind bisher nur ansatzweise verstanden. Es ist beispielsweise

bisher auch unter Einsatz von Höchstleistungsrechnern nicht möglich, aus der Sequenz

eines Proteins seine dreidimensionale Struktur vorherzusagen. Die reversible Faltung geeig-

neter Modellproteine wird deshalb statisch und zeitaufgelöst intensiv untersucht. Dabei kann

der Faltungszustand durch eine Vielzahl physiko-chemischer und biochemischer Parameter

verfolgt werden. Bei Enzymen kann man die Aktivität messen, man kann die Sekundär- und

Tertiärstruktur mittels Circulardichroismus oder Infrarotspektroskopie bestimmen, oder über

die Fluoreszenz von Tryptophan Aufschlüsse über die Hydrophobizität seiner Umgebung

erhalten. Man kann auch zusätzliche Sonden in das Protein einbringen, z.B. Farbstoffe

welche ihre Fluoreszenz bei der Faltung verändern, weil sie dabei protoniert werden oder in

eine spezielle Umgebung im Inneren des Proteins gelangen.

Es gibt auch Proteine, welche bereits durch natürliche post-translationale Modifikationen mit

solchen Sonden versehen sind. Ein Beispiel dafür sind die Phycobiliproteine, photosyntheti-

sche Antennenproteine aus Cyanobakterien, Rotalgen und Cryptophyceen, welche kovalent

42

mit linearen Tetrapyrrol-Chromophoren verknüpft sind, die im Bereich der „Grünlücke“ des

Chlorophylls absorbieren. Die Absorption, Fluoreszenz und optische Aktivität dieser Chromo-

phore ändern sich drastisch, wenn das Protein entfaltet wird: Die Absorption nimmt bei der

Renaturierung um einen Faktor fünf ab, die Fluoreszenz sogar auf ein Zehntausendstel.

Zudem ist diese Entfaltung reversibel, wobei die nativen Eigenschaften der Chromophore

vollständig wiederhergestellt werden können. Man kann daher über die spektroskopischen

Eigenschaften der Chromophore die De- und Renaturierung sehr gut verfolgen, z.T. bereits

mit bloßem Auge.

Literatur

Kyte, J. (1995) Structure in Protein Chemistry, Chapter 13, Garland

Laemmli, U.K. (1970) Cleavage of structural proteins during the assembly of the head of bacteriophage T4. Nature 227, 680 - 685

B. Aufgabe:

Im vorliegenden Versuch wird zunächst das Biliprotein Phycocyanin (PC) aus dem

sprühgetrockneten Cyanobakterium Spirulina geitleri isoliert. Die Reinigung soll durch eine

SDS-Gelelektrophorese dokumentiert werden. Die stufenweise reversible Entfaltung mit

Harnstoff wird mittels Absorptionsspektroskopie verfolgt, die vollständige Entfaltung und

Rückfaltung mittels Absorption und Fluoreszenz. Außerdem kann auch noch die Entfaltung

mit anderen Reagenzien und durch Hitze untersucht werden.

In einem weiteren Versuchsteil soll die dreidimensionale Struktur des PC visualisiert werden.

Die Strukturdaten mehrerer PC sind in der Protein-Datenbank zu finden. Sie soll mit dem

Swiss-Protein Viewer so aufbereitet werden, dass die Tertiärstruktur eines Monomers und

die Lage und Konformation der Chromophore gut zu sehen sind.

C. Reagenzien:

1 M Kaliumphosphatpuffer (KPi) pH 7.3: 1.97 g KH2PO4 und 10.27 g K2HPO4 x 3 H2O oder 7.84 g K2HPO4 in 50 ml H2O lösen.

daraus Puffer mit den folgenden Ionenstärken herstellen: KPi200 200 mM 50 ml KPi80 80 mM 50 ml KPi50 50 mM 100 ml KPi10 10 mM 200 ml KPi5 5 mM 3 l

D. Versuchsdurchführung:

1. Isolierung von Phycocyanin

Allgemeines: Biliproteine sind lichtempfindlich, insbesondere im denaturierten Zustand. Wie

alle Proteine müssen sie gekühlt aufbewahrt werden. Deshalb immer im Dämmer- oder

Grünlicht und weitgehend auf Eis arbeiten. Der pH-Wert der Puffer soll bei 7.3 liegen.

43

Isolierungsprinzip: Nach der Extraktion von S. geitleri befinden sich die Biliproteine im

Überstand. Mit Hilfe einer fraktionierten Ammoniumsulfatfällung und einer Ionenaustausch-

Chromatographie wird aus dem Rohextrakt C-Phycocyanin aufgereinigt.

Zellaufschluss

3 g des sprühgetrockneten Spirulina Pulvers in 40 ml KPi50 aufnehmen und 15 min auf Eis

rühren. Anschließend für 30 min mit ca. 30 000 x g (Kühlzentrifuge, SS34-Rotor, 18 000

Upm) abzentrifugieren. Den Überstand auf Eis lagern, das Pellet nochmals mit 10 ml KPi50

extrahieren, abzentrifugieren, die kräftig blaugrünen Überstände vereinigen und eine Probe

von 100 µl für die gelelektrophoretischen Analyse abzweigen.

Fraktionierte Ammoniumsulfatfällung (ASF) (auf Eis arbeiten)

a. Volumen des Überstandes abmessen, für eine 30%-Fällung benötigte Ammonium-

sulfat-Menge (176 g/l, siehe Tabelle VIII.1) abwiegen.

b. Überstand auf Eis auf dem Magnetrührer vorsichtig rühren, alle 2 min eine kräftige

Spatelspitze des abgewogenen Ammoniumsulfats zugeben, danach noch 30 min

weiterrühren.

c. 30 min zentrifugieren (18 000 Upm), mit dem Überstand (Ü30) weiterarbeiten.

d. Volumen des Überstandes Ü30 bestimmen. Für eine 30% 70% Fällung benötigte

Ammoniumsulfat-Menge (273 g/l, siehe Tabelle) wie bei der vorangehenden Fällung

unter Rühren auf Eis portionsweise zugeben, danach noch 30 min rühren.

e. 30 min abzentrifugieren (18 000 Upm), jetzt mit dem Pellet (P70) weiterarbeiten.

Dialyse

a. 15 cm Dialyseschlauch (Servapor, 16 mm Durchmesser) in H2Odest legen, bis er

weich ist (mindestens 15 min).

b. Pellet vorsichtig (mit dem Potter oder einem Glasstab) in möglichst wenig KPi5 (ca. 5

ml) aufnehmen.

c. Eine Seite des Dialyseschlauches verknoten und Probe einfüllen.

d. Den Dialyseschlauch am anderen Ende so zuknoten, dass etwa 1 bis 2 cm ungefüllt

bleiben.

e. Schlauch in ein Becherglas mit 1 l KPi5 geben, am oberen Rand fixieren und unter

Rühren dialysieren (vor Licht geschützt, im Kühlschrank). Nach 3 h Puffer wechseln,

dann über Nacht weiter dialysieren. Vor der Chromatographie eine Probe für die

Gelelektrophorese entnehmen (100 µl).

Ionenaustauschchromatographie

Das Phycocyanin wird mittels einer Anionenaustausch-Chromatographie aufgereinigt. Dazu

wird zunächst das Material mit Puffer niedriger Ionenstärke äquilibriert, entgast, und eine

44

Säule gegossen. Nach dem Auftragen werden die verschiedenen Proteine mit einem

Gradienten von 5-200 mM KPi von der Säule eluiert. Die verschiedenen Proteine lösen sich

je nach ihrem isoelektrischem Punkt (pI) und Ladung bei einer anderen Ionenkonzentration

von der Säule und werden so fraktioniert. Die gefärbten Proteine werden in folgender

Reihenfolge eluiert: Cytochrom, Allophycocyanin (APC), PC, Chlorophyll-bindende Proteine

und entsprechend ihren Absorptionen zusammengefasst.

Säulenvorbereitung

a. 50 ml einer Suspension regenerierte DEAE-Cellulose (DE-52, Whatmann) in eine

Waschflasche überführen, absetzen lassen und den Überstand abgießen.

b. Säulenmaterial in so viel KPi5 aufnehmen, daß eine gut flüssige Suspension entsteht.

c. DEAE-Cellulose-Suspension mit einer Membran- oder Wasserstrahlpumpe

evakuieren. Vorsicht! Das Material schäumt leicht, in diesem Fall den Stopfen lupfen,

nie die Pumpe abstellen! Zum Entgasen immer Schutzbrille tragen!

d. 0.25 l KPi5 entgasen.

e. Glassäule vorbereiten: Glaswolle zum Verschließen mit einem Glasstab reinstopfen.

f. Das entgaste Säulenmaterial durch leichtes Umschütteln gleichmäßig suspendieren,

vorsichtig ohne Luftblasen (am Glasstab einlaufen lassen) in die Säule geben, und 15

min gut absitzen lassen.

g. Den Hahn öffnen, so dass 1 bis 2 ml/min abfließen.

h. Wenn die Flüssigkeit bis auf wenig mm über dem DEAE-Cellulose-Bett durchgelaufen

ist, vorsichtig wieder mit dem entgasten Puffer auffüllen, ohne dabei das

Säulenmaterial aufzuwirbeln. Achtung: Die Säule darf nie trocken laufen, es sollen

immer ca. 2-4 mm Puffer über dem Säulenmaterial stehen, und es dürfen keine

Luftblasen eingebracht werden. Diesen Vorgang so lange wiederholen, bis das 10-

fache des Säulenvolumens durchgelaufen ist.

Chromatographie

a. Den überstehenden Puffer bis auf wenige mm Überstand ablaufen lassen. Die

Betthöhe mit einem Filzschreiber markieren.

b. Probe vorsichtig auf die Säule auftragen, bis auf wenige mm Überstand ablaufen

lassen. Ab jetzt soll die Säule abgedunkelt werden!

c. Mit 5 ml Portionen Puffer (KPi5) auffüllen und wieder bis auf wenige mm Überstand

ablaufen lassen; diesen Vorgang ggf. wiederholen bis der Überstand farblos ist.

d. Nacheinander mit je 50 ml der Puffer KPi5, KPi80 und KPi200 spülen. Den Durchlauf ab

der Zugabe von KPi80 mit Hilfe eines Fraktionskollektors auffangen. Dazu je 50

Tropfen (entspricht ca. 2.5 ml) pro Fraktion sammeln. Achtung: für die elektro-

phoretische Analyse auch schon vom Durchlauf mit KPi5 eine Probe nehmen.

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Die Auftrennung der Proteine dauert mehrere Stunden. Alle Proben auf Eis oder im

Kühlschrank aufbewahren und möglichst schnell vereinigen (s.u.).

Farblose Fraktionen können verworfen werden. Bei den gefärbten kann bereits durch die

farblichen Unterschiede (PC: blau, APC: türkis) mit dem bloßen Auge eine grobe Zuordnung

der einzelnen Fraktionen zu bestimmten Pigmenten erfolgen. An den farblichen Übergängen

zwischen den Fraktionen müssen Spektren gemessen werden, in der Regel jede dritte,

außer wenn große Sprünge auftreten. An Hand der Spektren (PC: max 605 – 620 nm, APC:

max = 640 – 655 nm) die zusammengehörenden Fraktionen zusammen fassen, und davon

jeweils ein abschließendes Spektrum messen. Davor allerdings von den interessanten

Fraktionen Proben für die Elektrophorese entnehmen, es können sechs verschiedene

ausgewählt werden.

Die zusammengefasste PC-Fraktion mit 70% Ammoniumsulfat fällen (472 g Ammonium-

sulfat/l, siehe Tabelle, Vorgehensweise siehe oben), die gefällten Proben als Suspensionen

im Kühlschrank aufbewahren.

2. Entfaltung mit Harnstoff

a. Eine Stammlösung (max. 5 ml) von PC mit einer Absorption von 10 cm-1 im roten

Maximum ( max 614 - 616 nm) wird in KPi10 angesetzt und dunkel aufbewahrt, da

der Chromophor im entfalteten Zustand leicht durch Licht ausbleicht.

b. Im selben Puffer wird eine Harnstofflösung (8 M) angesetzt. Dazu geben Sie zu

19.2 g festen Harnstoff 25 ml KPi10 und rühren magnetisch bis zur vollständigen

Lösung. Dies ergibt 40 ml der 8 M Harnstofflösung.

c. Aliquote (0.15 ml) der PC-Stammlösung werden 1:8 so mit geeigneten Mengen der

Harnstofflösung und des Puffers verdünnt, daß die Endlösungen 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6

und 7 M Harnstoff enthalten. Stellen Sie dazu vor Versuchsbeginn ein Pipettier-

schema auf und besprechen es vor der Ausführung mit dem Assistenten. Wie können

Sie eine Lösung der gleichen PC-Konzentration erzeugen, die 8 M an Harnstoff ist?

Bereiten Sie auch diese Probe vor, und bewahren Sie alle Proben bis zur Messung

im Dunklen auf.

d. Messen Sie genau 15 min nach Zugabe des Harnstoffs die Absorptionsspektren im

Bereich 250 - 800 nm. Referenz = KPi10 (Harnstoff hat keine Absorption im unter-

suchten Spektralbereich).

e. Messen Sie anschließend die Fluoreszenz-Intensität (Emissionsspektrum 580 - 680

nm) bei Anregung im Maximum im nahen UV (350 nm). Beginnen Sie dabei mit der

nativen Probe (0 M Harnstoff). Das Spektralfluorimeter wird so eingestellt, daß es

80% Vollausschlag zeigt. Diese Parameter werden bei den folgenden Messungen

nicht mehr verändert. Wenn kein Spektralfluorimeter zur Verfügung steht kann die

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Fluoreszenz durch Bestrahlung mit der UV-Handlampe (366 nm) oder dem UV-

Transilluminator angeregt und dokumentiert werden.

3. Rückfaltung

a. Geben Sie zu 1.25 ml der PC-Stammlösung (2a) 0.96 g Harnstoff und lösen ihn

vollständig. Notieren Sie das Endvolumen der Lösung, und berechnen sie daraus die

Molarität des Harnstoffs.

b. Aliquote (0.15 ml) der so bereiteten Stammlösung von denaturiertem PC werden 1:8

so mit der 8 M Harnstofflösung und Puffer verdünnt, daß die Endlösungen 1, 2, 3, 4,

5, 6 und 7 M an Harnstoff sind. Stellen Sie dazu ein Pipettierschema auf und

besprechen es vor der Ausführung mit dem Assistenten.

c. Messen Sie wie bei der Denaturierung die Absorption und Fluoreszenz der Proben.

4. Geschwindigkeit der Rückfaltung

a. Geben Sie 50 ml destilliertes Wasser in ein Becherglas und rühren Sie es

magnetisch. Beleuchten Sie das Glas in einem abgedunkelten Raum von der Seite

mit der UV-Lampe.

b. Pipettieren Sie 0.5 ml der denaturierten Stammlösung aus dem vorangehenden

Versuch in das gerührte Wasser, spritzen Sie dabei die gesamte Menge so schnell

wie möglich ein. Was passiert?

5. Denaturierungsversuche mit anderen Agenzien

Bei den folgenden Versuchen wird PC mit verschiedenen anderen Denaturierungsagenzien

behandelt. Ausgangspunkt ist dabei jeweils 0.15 ml der Stammlösung (2a) ggf. verdünnt mit

KPi10.

a. Wärme: Inkubieren Sie jeweils eine Probe bei 40 und 70oC im Wasserbad und

schätzen Sie visuell die Absorption und die Fluoreszenz. Wie kann man den Versuch

im Photometer machen?

b. Titrieren Sie eine weitere Probe mit einer 2%igen Lösung von SDS in Wasser, und

verfolgen die Reaktion im Photometer.

c. Versuchen Sie andere Denaturierungsagenzien wie Zn-Acetat, Ethanol, Dimethyl-

sulfoxid, Pril, etc.

6. Gelelektrophoretische Analyse der Proteinfraktionen

Mit Elektrophorese wird die Wanderung geladener Teilchen im elektrischen Feld bezeichnet.

Für die Trennung komplexer Proteingemische wird meist das Verfahren der Polyacrylamid-

Gelelektrophorese (PAGE) unter entweder nicht denaturierenden oder denaturierenden,

kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Bedingungen verwendet. Bei der denaturierenden,

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diskontinuierlichen PAGE nach Laemmli (1970) werden die zu trennenden Proteine mit dem

Detergenz SDS (Natriumdodecylsulfat) in Gegenwart reduzierender Agenzien wie ß-

Mercaptoethanol oder DTT (Dithiotreitol) denaturiert. Die diskontinuierliche PAGE benutzt

zwei Phasen, das niedrig konzentrierte Sammelgel und das höher konzentrierte Trenngel,

und zwei Puffersysteme, die sich in der Ionenzusammensetzung und dem pH-Wert unter-

scheiden. In einem begrenzten Bereich des Trenngels ist die Wanderungsstrecke des

Proteinmoleküls umgekehrt proportional zum Logarithmus seines Molekulargewichtes. SDS-

PAGE kann daher in diesem Bereich zu Molekulargewichtsbestimmungen herangezogen

werden. Der Nachweis der aufgetrennten Proteine kann in den Gelen selbst durch

verschiedene Färbereaktionen erfolgen, oder nach dem Transfer auf eine Membran

(„Westernblotting“) anhand der spezifischen Wechselwirkung mit Antikörpern.

Zur Herstellung von Polyacrylamidgelen werden Lösungen der Monomere Acrylamid und N,

N‘-Methylenbisacrylamid (Quervernetzer) in Gegenwart der Katalysatoren TEMED (N, N, N‘,

N‘-Tetramethylethylendiamin) und Ammoniumperoxodisulfat (APS) als Starter polymerisiert.

Die Polymerisation verläuft radikalisch. Acrylamid und Bis-Acrylamid sind toxisch (Haut-und

Nervengift). Daher ist der Kontakt mit den Substanzen unbedingt zu vermeiden!

Pipettierschema (für 2 Minigele, 0.75 mm dick):

Trenngel (15%) Sammelgel (5%) Volumen 10 ml 5 ml

H2O 5. 00 ml 3. 125 ml 3 M Tris/HCl, pH 8.8 1. 25 ml - 0.5 M Tris/HCl, pH 6.8 - 1. 25 ml 40% Acrylamid 3. 75 ml 0. 625 ml 10% SDS 100 µl 50 µl 10% APS 50 µl 25 µl

TEMED 5 µl 5 µl

Von den Proteinproben werden je 15 µl mit 5 µl des 4-fach konzentrierten Proteinproben-

puffers versetzt, 5 min gekocht und nach dem Abkühlen auf das Gel aufgetragen. Ein

Protein-Größenmarker wird parallel behandelt und aufgetragen. Die Gele laufen für 30 min

bei 50 Volt und ca. 1.25 h bei 150 Volt.

Für die Analyse der PC-Proteinfraktionen können drei verschiedene Nachweismethoden

angewendet werden: der in situ-Nachweis der Chromoproteine anhand der Eigenfarbe, der

Nachweis der Fluoreszenz der Biliproteine durch Behandlung mit Zinkacetat, sowie der

unspezifische Coomassieblau-Nachweis aller Proteine. Dafür werden die Gele für 10 bis 30

min in der Zinkacetatlösung geschwenkt und ggf. mit H20dest gewaschen (10 min). Durch

Bestrahlung mit 365 nm wird die Fluoreszenz der Biliproteine angeregt. Nach der

Dokumentation werden die Gele zwei- bis dreimal mit H20dest gewaschen und über Nacht in

der Coomassie-Färbelösung geschüttelt. Diese Gele müssen nicht entfärbt werden und

werden vor dem Trocknen nur kurz in Wasser geschwenkt

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Proteinprobenpuffer (4-fach, wird gestellt)

625 mM Tris/HCl, pH 6.8 20% Glycerin 5% ß-Mercaptoethanol 10% SDS 3 mg/ml Bromphenolblau

Laufpuffer (10-fach, wird gestellt)

30 g Tris 144 g Glycin 10 g SDS (pH-Wert wird nicht eingestellt, beträgt etwa 8.3)

Zinkacetatlösung

1.3 M Zinkacetat

Kolloidale Coomassie-Färbelösung

0.1 g Coomassie Brilliant Blue G250 in 5 ml H2Odest lösen

10 g Ammoniumsulfat und 2 g H3PO4 (85%) in 80 ml H2Odest lösen

beide Lösungen mischen und auf 100 ml auffüllen

Zum Anfärben der Gele vier Volumen dieser Färbelösung mit einem Volumen Methanol mischen.

7. Visualisierung der Kristallstruktur eines C-Phycocyanins

Laden Sie sich im CIP-Raum die Röntgenstrukturdaten eines C-Phycocyanins von der

Protein-Struktur-Datenbank (http://www.rcsb.org/pdb/) aus dem Internet herunter und

speichern Sie sie lokal ab. Starten Sie ‚Rasmol’ (s. Anhang 2). Öffnen Sie damit die

heruntergeladene Datei und stellen das Phycocyanin so dar, dass die Sekundär- und

Tertiärstruktur des Proteins und die Chromophore gut zu erkennen sind (Farbausdruck über

das Netz, Assistent fragen).

E. Auswertung:

Protokollieren Sie alle Versuche.

Beschreiben Sie die Aufreinigung und belegen Sie sie mittels der Absorptionsspektren.

Erstellen Sie eine Graphik, in der Sie die Absorption von PC in Abhängigkeit vom

Harnstoffgehalt der Probe (0 – 8 M) auftragen.

Belegen Sie die Änderungen der Fluoreszenz beim Entfalten und Rückfalten durch Spektren

und Foto.

Vergleichen Sie die Denaturierung mit den anderen Reagenzien und durch Hitze mit der

durch Harnstoff mit Bezug auf Vollständigkeit der Entfaltung und Reversibilität.

49

F. Anhang:

Tab. VIII.1: Ammoniumsulfat-Mengen (in g/l) um von x% (linke Spalte) auf y% (Kopfzeile) Sättigung zu kommen (bei 4°C). Gesättigt = 100 %.

50

Anhang 2: RasMol: Eine Übersicht mit Beispielen

RasMol ist ein Programm zur Visualisierung von Biopolymeren (Proteine, Nukleinsäuren) auf der Basis von Strukturen mit atomarer Auflösung (Röntgen, NMR). Es ist über die University of Massachusetts, Amherst, frei erhältlich und kann per Internet geholt werden (http://www.umass.edu/microbio/rasmol/). Dies ist eine Kurzdarstellung der wichtigsten Befehle. Es sind jeweils nur einige repräsentative Beispiele angegeben, der volle Befehlsumfang kann im Hilfe Menü nachgelesen werden.

Beim Aufruf von Rasmol werden zwei Fenster geöffnet. Man landet im Darstellungsfenster. Es dient zur Darstellung der Moleküle und enthält gleichzeitig mehrere Pulldown-Menüs für globale Operationen. Daneben gibt es das Command-Line Fenster, welches eine detaillierte Bearbeitung einer Abbildung ermöglicht. Die sog. Command-Line Befehle können auch dann eingegeben werden, wenn das Darstellungsfenster aktiv ist, man sieht sie aber nur, wenn man beide Fenster nebeneinander laufen läßt. Unter diesen Umständen muss man zwar das Darstellungsfenster verkleinern, aber hat eine einfache Kontrolle über die eingegebenen Befehle, Fehlermeldungen oder Ergebnisse von Abfragen.

Mausbelegung zum Bewegen und Zoomen des dargestellten MolekülsLage und Vergrößerung des Moleküls sind mit der Maus manipulierbar. Die Tastenbelegungen sind auf die der Programme ‘Insight’ und ‘Quanta’ umstellbar.

Linke Maustaste und ziehen Drehen um x- oder y-Achse Rechte Maustaste und ziehen Verschieben in x/y-Ebene Shift+Linke Maustaste und ziehen Zoomen: Nach oben = größer, nach unten = kleiner Shift+Rechte Maustaste und ziehen Drehen um z-Achse Ctrl+ Linke Maustaste und ziehen Verschieben in z-Richtung

Globale Operationen aus den Menüs im DarstellungsfensterDurch Anclicken des Display Menüs läßt sich die Darstellung eines Moleküls in einfacher Weise verändern. Ebenso lassen sich im Colours Menü bestimmte Einfärbungen erzeugen, und im OptionsMenü lassen sich bestimmte Darstellungsweisen verändern. Mit dem Export Menü läßt sich eine Abbildung in verschiedenen Formaten abspeichern

File Menü: Load/Close/Print Laden/Beende einer Struktur-Datei, Drucken der Darstellung Display Menü: Wireframe Strichmodell, Striche = Bindungen, Knicke = Atome Display Menü: Spacefill Raumerfüllendes Modell (CPK), Atome als Kugeln Display Menü: Cartoon Einsichtige Darstellung der Sekundärstruktur (Helix, Faltblatt) Colours Menü: Temperature Einfärbung entsprechend Beweglichkeit/Unordnung der Atome Colours Menü: Chain Einfärbung entsprechend Zugehörigkeit zu Protein-Untereinheit Colours Menü: Shapely Einfärbung entsprechend Zugehörigkeit zu AS-Typ Options Menü: Stereo Darstellung als Stereo-Doppelbild Options Menü: Slab mode Darstellung wird in Z-Richtung auf Scheibchen beschränkt

Detaillierte Operationen über das RasMol Command-Line FensterFür viele Anwendungen reichen die globalen Operationen nicht aus, in diesen Fällen gibt es eine Viel-zahl von Möglichkeiten, bestimmte Teile des Moleküls auszuwählen oder die Darstellung auf bestimmte Teile zu beschränken, und die Darstellung dieser Teile dann in vielfältiger Weise zu bearbeiten (Färben, Darstellungsart, Strichstärke, Beleuchtung, etc.). Bei allen Befehlen wird nicht zwischen GROSS- und klein-Schreibung unterschieden. Durch Select <Atom/Gruppe> werden Atomen oder Gruppen zur Bearbeitung ausgewählt, aber alle anderen Atome/Gruppen werden weiter angezeigt und durch die Bearbeitungsbefehle nicht verändert. Select und Bearbeitungs-Operationen können nacheinander auf verschiedene Atome/Gruppen ange-wendet werden. Durch Restrict <Atom/Gruppe> werden nur die ausgewählten Atome/Gruppen angezeigt, und alle anderen ausgeblendet.

Definition von Atomen und GruppenFür eine aussagekräftige Darstellung ist eine geschickte Auswahl der Atome und Gruppen häufig der wichtigste und schwierigste Teil. RasMol erlaubt für die Select oder Restrict Befehle eine vielfältige Definition von Gruppen. Dabei gibt es vordefinierte Gruppen (z.B. für das Peptidgerüst, basische AS, ß-Faltblatt, s. Hilfe: Predefined sets), oder man kann Gruppen oder Atome individuell mittels ihrer Codierung (Kette, AS Nr., Atom Nr.) auswählen und über logische Operatoren (and/or/not) kombinieren (Hilfe: Atom expressions). Falls man die Codierung nicht kennt, kann man sie mit setpicking identify ermittlen. Häufig ist es dabei günstig, wenn man sich parallel den pdb-file in ein Textbearbeitungsprogramm lädt, um z.B. die Sequenz oder die Bezeichung für Kofaktoren nachlesen zu können. Falls man in einem Molekül bestimmte Gruppen (z.B. Kofaktoren, aktives Zentrum) öfter

51

bearbeiten will, kann man mit dem Kommando define eine Gruppe neu definieren und später immer wieder unter diesem Namen aufrufen.

* Alle Atome cys Atome in Cysteinen hoh Atome in Wassermolekülen as? Atome in Asparagin oder Asparaginsäure *120 Atome des AS-Restes 120 in allen Ketten *p Alle Atome in Kette P *.n? Stickstoff Atome cys.sg Schwefel in Cysteinen (allg. als Schwefel ‘g’ (= ) gekennzeichnet ser70.c? Kohlenstoff Atome in Serin-70 hem*p.fe Eisenatom im Häm von Kette P backbone and not helix Proteingerüst für ß-Faltblatt und Loops within( 8.0, ser70 ) Alle Atome im Abstand 8 Å von AS Serin 70 8, 12, 16, 20-28 Atome der AS Nr. 8, 12, 16 sowie 20-28 arg, his, lys Alle Atome der AS Arg, His und Lys SER70A oder SER70:1 Alle Atome der AS Ser in Position 70 in Kette A bzw. 1 Ser70A.C2 C-Atom 2 von Ser 70 in Kette A oxygen oder elemno=8 Sauerstoffatome elemno=12 Mg Atome (=Element der Ordnungszahl 12) define az 20-36 Definition AS 20-36 als Gruppe ‘az’, danach mit ‘select az’ aufrufbar.

Bearbeiten von Atomen/Gruppen:Nach der Auswahl kann die Darstellungsweise und Einfärbung der Atome/Gruppen in vielfältiger Weise verändert werden. Hilfe: Color schemes und Hilfe: Command reference.

color red Rot einfärben (Standardfarbe) color [255,165,40] Helles Orange (selbst definierte RGB-Farbe) spacefill 100 Atome werden als Kugeln mit Radius 0,4 Å (= 100/250) dargestellt. backbone 150 Das Peptidgerüst wird mit 0,6 Å (=150/250) dicken Stichen dargestellt wireframe 50 Strichzeichnung mit 0,4 Å (= 50/250) dicken Bindungen. ribbons 500 Darstellung des Peptid-Gerüsts als 2 Å (= 500/250) breites Band hbonds on/off Anzeige/Unterdrückung von H-Brücken ssbonds on/off Anzeige/Unterdrückung von Disilfid-Brücken

RasMol Parameterkontrollieren die Darstellungsweise von RasMol, z.b. Hintergrundfarbe, Beleuchtungsstärke, Verhalten der Maus, Schattenwurf, glänzende Oberflächen usw. Hilfe: Internal Parameters

set background white Weisser Hintergrund set ambient 100/50 Hellste (100) bzw. mäßig helle (50) Beleuchtung, starker/mittlerer Kontrast

Informationen über Atome/Gruppenlassen sich mit einer Reihe von set picking <Abfrage> abfragen, die Anzeige erfolgt im RasMolCommand Line Fenster.

set picking identify Codierung des angeclickten Atoms wird angezeigt set picking distance Entfernung zwischen zwei nacheinander angeclickten Atomen set picking angle Von drei nacheinander angeclickten Atomen eingeschlossener Winkel

Beschriften von ZeichnungenZeichnungen lassen sich mit Label beschriften, Farbe und Größe sind wählbar. Man kann entweder einen selbstgewählten Text angeben, oder bestimmte Eigenschaften automatisch anzeigen lassen.

Label <Text> An das selektierte Atom wird <Text> geschrieben Label %e/%r Automatische Beschriftung selektierter Atome mit Elementsymbol bzw. AS-Nr set fontsize Größe der Beschriftungen color label Farbe der Beschriftung

52

Versuch IX: Der Pasteureffekt bei der Hefe

A. Theorie:

Glucose kann anaerob zu Ethanol und CO2 (z.B von Hefen (Saccharomyces cerevisiae) oder

zu Milchsäure (z.B. von tierischem Muskelgewebe) abgebaut werden (Gärung mit einer

Ausbeute von 2 ATP). Aerob bei Zufuhr von genügend Sauerstoff wird die Glucose dagegen

oxidativ zu CO2 und H2O abgebaut (Atmung mit einer Ausbeute von 38 ATP).

aerob anaerob 6 CO2 + 6 H2O ————— Glucose ————— 2CO2 + 2 Ethanol 38 ATP 2 ATP

Pasteur fand 1861, daß die Gärung der Hefe (und anderer Mikroorganismen, die fakultativ

anaerob leben können) durch Luftsauerstoff gehemmt wird, also in Gegenwart von

Sauerstoff weniger Glucose verbraucht wird als ohne Sauerstoff (= Pasteureffekt);

gleichzeitig verringert sich dabei die Ethanol- bzw. Milchsäureanreicherung. Analoges gilt,

wie sich später herausstellte, auch für den Glucoseabbau im Muskel und vielen anderen

Geweben (ausgenommen Tumorzellen). Dieser hemmende Effekt des Sauerstoffs erscheint

ökonomisch sinnvoll: Für einen gleichen Energiebetrag wird beim aeroben Abbau weniger

Glucose benötigt als beim aneroben, d.h. Energiegewinn und Nahrungsverbrauch sind

aufeinander abgestimmt. Sauerstoff wirkt auf den Glucoseabbau über eine chemische

Reaktion ("Pasteursche Reaktion"), die ihrerseits durch bestimmte Substanzen (wie zum

Beispiel Nitrophenole) gehemmt werden kann. In Gegenwart solcher Stoffe wird aerob

ebensoviel Glucose vergoren wie anaerob, obwohl der Sauerstoffverbrauch normal (oder

sogar erhöht) ist. Nitrophenole entkoppeln aber gleichzeitig die oxidative Phosphorylierung,

also blockieren sie die ATP-Bildung bei unverändertem Sauerstoffverbrauch. Ein hoher ATP-

Spiegel hemmt einen frühen Schritt des Glucoseabbaus, nämlich die Phosphorylierung von

Fructose-6-phosphat zu Fructose-1,6-bisphosphat. ATP ist allerdings nur einer von mehreren

Effektoren für dieses allosterisch regulierbare Enzym. Durch eine Hemmung auf dieser Stufe

muß sich zunächst Fructose-6-phosphat anhäufen. Die Annahme, daß das damit im

Gleichgewicht stehende Glucose-6-phosphat die Phosphorylierung der Glucose hemmt,

erklärt dann die Hemmung des Glucoseverbrauchs und damit den Pasteureffekt. Daraus

erklärt sich auch die Wirkung der Entkoppler (z.B. Nitrophenole, Actinomycin A): Da trotz des

Sauerstoffverbrauchs kein ATP durch Atmungskettenphosphorylierung gebildet werden

kann, wird die Phosphofructokinase nicht gehemmt. Die Glykolyse läuft daher in Gegenwart

von Entkopplern auch unter Sauerstoff unvermindert weiter.

Literatur

Krebs, H.A. (1972) Der Pasteureffekt und die Beziehungen zwischen Atmung und Gärung in lebenden Zellen. Naturwiss. Rundschau 25, 387-392

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Gagunas, R.; Gancedo, C. (1983) Role of phosphate in the regulation of the pasteur effect in Saccharomyces cerevisiae. Eur. J. Biochem. 137, 479-483

B. Aufgabe:

Manometrische Messung des bei Hefezellen durch Gärung bzw. Atmung freigesetzten CO2

und Vergleich dieser Ergebnisse mit der quantitativen Bestimmung des Glucose-Verbrauchs.

C. Reagenzien:

Glucose-Lösung (1%, 50 ml, immer frisch ansetzen, ggf. im Kühlschrank aufbewahren)

KOH-Lösung (10%, 10 ml)

Na-Citratpuffer, pH 5.4 (20 mM, 100 ml; Citronensäurelösung mit einigen Tropfen konz. NaOH am pH-Meter auf pH 5.4 einstellen

D. Versuchsdurchführung:

1. Manometrische Bestimmung von Atmung und Gärung:

0.25 g Bäckerhefe (keine Trockenhefe verwenden) wird in 50 ml H2Odest mit 125 mg Glucose

etwa 1 h geschüttelt, 5 min bei ca. 3 000 Upm abzentrifugiert und in 50 ml Na-Citratpuffer

(20 mM, pH 5.4) aufgenommen.

Mit dieser Hefesuspension werden die in der folgenden Tabelle aufgeführten Ansätze

hergestellt und die Gefäße mit den Manometern in einem auf 20°C temperierten Warburg-

Apparat gehängt. Die eigentliche Messeinheit des Warburg-Apparats besteht aus einem

Reaktionsgefäß und einem Manometer. Das Reaktionsgefäß bildet während des Versuchs

ein geschlossenes System zusammen mit einem der beiden Schenkel des Manometers

(dem rechten), der andere Schenkel ist offen. Ändert sich das Gasvolumen im ge-

schlossenen System so drückt sich das auch als Druckänderung aus. Da für ideale Gase

das Produkt aus Druck und Volumen (bei gleichbeibender Temperatur) konstant ist, muß zur

Messung während des Experiments einer der beiden Faktoren konstant gehalten werden.

Dies wird dadurch erreicht, dass für jede Ablesung das rechte Manometer auf 150 mm

eingestellt wird, also das Volumen des geschlossenen Systems gleicht bleibt.

Gasentwicklung oder –verbrauch resultiert dann ausschliesslich in erhöhtem oder

erniedrigtem Druck, der anhand der Skala am offenen Manometer abgelesen werden kann

(= h [mm]).

Gefäß 1a + 1b 2a + 2b 3a + 3b Tb

Gasphase N2 Luft Luft LuftHauptraum 2 ml Hefe-

suspension 2 ml Hefe- suspension

2 ml Hefe- suspension

2.4 ml Wasser

Kipper 0.4 ml 1% Gluc. 0.4 ml 1% Gluc. 0.4 ml 1% Gluc. —

Mitteleinsatz— — 0.2 ml 10%

KOH+Filter-papier

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Zur Erreichung der in der Tabelle angegebenen Gasphase werden die Proben 1 ca. 5 min

vorsichtig mit N2 gespült (Durchführung nur nach Anleitung). Nach weiteren 5 min für

Temperatur- und Druck-Ausgleich werden die Manometer verschlossen und abgelesen. Die

Gefäße werden ab jetzt geschüttelt. Im Abstand von 5 min wird die sogenannte Leeratmung

verfolgt (4 Ablesungen). Dann wird die Glucose zugekippt und eine Stunde lang in Intervallen

von 10 min die Druckänderung abgelesen. Für jedes Gefäß soll sofort der anhand des

Thermobarometers korrigierte Meßwert für jedes Ablese-Intervall gegen die Zeit in ein

Diagramm eingetragen werden, um den Gang der Meßwerte beurteilen zu können.

Gleich nach der letzten Ablesung wird aus den 6 Gefäßen je 1 ml Suspension entnommen, 5

min bei 3 000 Upm in der Tischzentrifuge zentrifugiert (der Überstand jeweils in einen 10 ml

Meßkolben dekantiert), der Niederschlag mit 5 ml demin. Wasser gewaschen, zentrifugiert

und erneut dekantiert. Die Meßkolben werden auf 10 ml mit demin. Wasser aufgefüllt und

gemischt. Diese Proben werden zur Glucosebestimmung verwendet. Zur Bestimmung des

Anfangsgehalts werden 2 ml Hefe und 0.4 ml der 1% Glucose-Lösung gemischt und dann

1 ml sofort wie oben angegeben aufgearbeitet.

2. Enzymatische Bestimmung der Glucose mit dem „UV-Test“:

Für die Glucosebestimmung werden gemäß dem Testansatz (s.u.) je 0.2 ml der Proben

verwendet. Die Durchführung des Tests entspricht ansonsten dem Versuch V, siehe Seiten

34/35. Die Glucosemenge im gesamten Warburggefäß wird entsprechend der Verdünnung

berechnet. Der Verbrauch an Glucose errechnet sich aus dem Anfangsgehalt und dem

Endgehalt der bestimmten Glucosemenge (MW von Glucose: 180; Glucose x 1 H2O = 198).

Testansatz

Leerwert(1 x)

Probe(7 x)

Lösung 1 1 .0 ml 1 .0 ml

Probelösung - 0 .2 ml

H20dest 2 .0 ml 1 .8 ml

Suspension 2 20 µl 20 µl

E. Berechnung der Ergebnisse:

Die Druckänderung ( h = manometrische Differenz) wird in eine Volumenänderung umge-

rechnet, wobei auf Normalbedingungen (0°C und 760 mm Hg) korrigiert wird. Zur Korrektur

der Luftdruck- und Temperaturschwankungen wird zusätzlich die bei jeder Ablesung fest-

gestellte Änderung am Thermobarometer (Tb) bei allen Meßwerten berücksichtigt. Da 1 µmol

eines Gases bei Normalbedingungen 22.4 µl einnimmt, lässt sich die ermittelte Volumen-

änderung in molaren Mengen ausdrücken. Zur Umrechnung der Druckänderung (nach der

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Formel µl Gas = k x h) müssen die jeweiligen Gefäßkonstanten (kO2 bzw. kCO2) ermittelt

werden, in denen alle dem Reaktionsystem und den Versuchsbedingungen zugeordneten

Faktoren zusammengefasst sind, die sich während des Versuchsablaufs nicht ändern.

Berechnen der Gefäßkonstanten:

VG x (273/T) + VF x (O2 bzw. CO2)kO2 bzw. kCO2 = P0

VG = Volumen des Gasraums in µl (=VGefäß + VManometer - VF)VF = Volumen der Flüssigkeit in µlT = Temperatur in Grad Kelvin (°K = 273 + t°C)

= Bunsenscher Absorptionskoeffizient ml/ml (bei 20°C: für O2 = 0.03; für CO2 = 0.878; gibt die Löslichkeit des Gases bei Normaldruck an)

P0 = Normaldruck = 760 mm Hg = 10 332 mm Wassersäule = 10 000 mm Brodie-Säule (das spez. Gewicht der im Versuch verwendeten Sperrflüssigkeit, der Brodie-Lösung, beträgt 1.033 g cm-3, so dass 760 mm Hg 10 000 mm Brodie-Lösung entsprechen)

Berechnen der Gasmengen:

Aus h1 ergibt sich nach der Beziehung µl Gas = k x h die durch anaerobe Gärung gebildete

CO2-Menge (µl/22.4 = µmol) und damit auch die vergorene Glucosemenge (wieviel µmol

CO2 pro µmol Glucose?).

Aus h3 ergibt sich die durch Atmung verbrauchte O2-Menge und daraus die veratmete

Glucosemenge.

Die Werte für h2 entstehen durch Überlagerung von O2-Verbrauch und CO2-Produktion.

Den O2-Verbrauch in µl kennen wir von Gefäß 3. Diese Zahl dividiert durch kO2 (Gefäß 2)

ergibt den Druckabfall, den der O2-Verbrauch in Gefäß 2 verursacht hat (hO2). Der durch

CO2-Produktion bedingte Druckanstieg ergibt sich damit also aus:

hCO2 = h2 - hO2 (Vorzeichen beachten!)

Die CO2-Produktion ergibt sich dann nach: µl CO2 = hCO2 x kCO2 (Gefäß 2); dividiert man

diesen Wert durch das Molvolumen (22.4), so erhält man die µMol CO2.

Vergleicht man nun die Menge an produziertem CO2 und aufgenommenem O2, so stellt man

eine CO2-Überproduktion fest. Diese ergibt sich durch eine zusätzlich zur Atmung

ablaufende Gärung, die sogenannte „aerobe“ Gärung, bei der wiederum 2 CO2 + 2 Ethanol

pro Glucose gebildet werden.

Subtrahiert man von dem insgesamt produzierten CO2 das durch Atmung entstandene CO2

(= µmol O2), so erhält man die durch "aerobe" Gärung entstandene CO2-Menge. Zur

Berechnung der für den Energiestoffwechsel verbrauchten Glucosemenge gilt dann:

veratmete Glucose = µmol CO2 aus der Atmung/6

"aerob" vergorene Glucose = µmol CO2 aus der Gärung/2

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F. Ergebnis und Schlußfolgerung:

Die anaerobe Gärung setzt immer mehr Glucose um als die Atmung und aerobe Gärung. Die

Glykolyse muß also durch die Atmung gehemmt worden sein (Pasteureffekt). Die im

Energiestoffwechsel umgesetzte Glucosemenge ist kleiner als die aufgenommene

Glucosemenge aus der Glucosebestimmung. Die Differenz ist die zum Aufbau von

Zellmaterial assimilierte Glucose (Baustoffwechsel). Bei atmenden Zellen (Gefäß 2/3) ist

diese Differenz prozentual höher als bei gärenden Zellen (Gefäß 1).

Die Ergebnisse bitte in die folgende Tabelle eintragen, komplett ausrechnen und den

Pasteureffekt diskutieren!

GlucoseverbrauchDurch:

anaerobµmol %

aerob µmol %

Anerobe Gärung

Atmung

Aerobe Gärung

Energiestoffwechsel GesamtAssimilation (Baustoffwechsel)Gesamter Glucose- Verbrauch

100 100

Leeratmung bzw.Leergärung (µMol CO2 bzw O2 pro h)

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Version vom WS2005/2006 Dr. Judith Fliegmann Prof. Jürgen Ebel

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