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Kompendium auf1. Tyas MJ, Anusavice KJ, Frencken JE, Mount GJ. Minimal intervention dentistry—a...
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Kompendium auf
Evidenz-Basis –
[Datenbank] Handbuch
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Minimum
Intervention
(MI)
in der
Zahnmedizin
Auflage 1.3
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Minimum Minimum Minimum Minimum
Intervention (MI)Intervention (MI)Intervention (MI)Intervention (MI)
in der Zahnmedizinin der Zahnmedizinin der Zahnmedizinin der Zahnmedizin
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Danksagung:
Akademische Institutionen Division of Public Oral Health, University of the Witwatersrand, Johannesburg, South Africa School of Dentistry, University of Brasilia, Brasilia DF, Brazil Department of Orthodontics and Paediatric Dentistry, University of São Paulo, Brazil São Leopoldo Mandic Research Center, Campinas, São Paulo, Brazil King's College London Dental Institute, London, United Kingdom Fachzeitschriften Acta Odontologica Scandinavica, Stockholm, Sweden Clinical Oral Investigations, Springer/International Dental Materials, Elsevier, Amsterdam, the Netherlands European Archives of Paediatric Dentistry, Leeds, UK European Journal of Paediatric Dentistry, Roma, Italy International Dentistry South Africa, Johannesburg, South Africa Journal of Oral Science, Tokyo, Japan Singapore Dental Journal, Singapore
Minimum Intervention (MI) in der Zahnmedizin Kompendium auf Evidenz-Basis Datenbank PLUS, Auflage 1.3 - Deutsch © 2010 Midentistry
Midentistry
P.O. Box 2779, Houghton/Johannesburg 2041, South Africa
Telefon +27 11 646 7614
Email: [email protected]; [email protected]
Webseite: www.midentistry.com
Hergestellt in Südafrika
ISBN: 978-0-620-44508-5
Kostenlose Verteilung.
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Inhalt
1. Einführung in die Minimum Intervention in der Zahnmedizin
Steffen Mickenautsch [Singapore Dent J 2005; 27: 1-6]
2. Verbreitung der Minimum Intervention in der Zahnmedizin: Diffusion, Forschungsfehler und die Rolle der wissenschaftlichen Beweisführung
Steffen Mickenautsch [Int Dent SA 2009; 11: 16-26]
3. Systematische Reviews
Glas-Ionomer Zement (GIZ)
3.1. Ausbleiben von kariösen Läsionen an Rändern von Glas-Ionomer und Amalgamfüllungen: eine Metaanalyse. Steffen Mickenautsch, Veeresamy Yengopal, Soraya Leal, Luciana Oliveira, Ana Cristina Bezerra, Marcelo Bönecker [Eur J Paediatr Dent 2009; 10: 41-46]
3.2. Kariespräventive Wirkung der Fissurenversiegelungen auf GIZ und Kunstharzbasis – eine Metaanalyse. Veeresamy Yengopal, Steffen Mickenautsch, Ana Cristina Bezerra, Soraya Leal [J Oral Sci 2009; 51: 373-82]
Kunstharz-modifizierte Glas-Ionomer Zemente (RM GIZ)
3.3. Kunstharz-modifizierte Glas-Ionomer Zemente versus Kunst-harzmaterialien als Fissurenversiegler: eine Metaanalyse von klinischen Studien. Veeresamy Yengopal, Steffen Mickenautsch [Eur Arch Paediatr Dent 2010; 11: 18-25.]
3.4. Pulpareaktion auf kunststoffmodifizierte Glasionomer- und Kalziumhydroxid Zement in tiefen Kavitäten: ein quantitativer systematischer Review Steffen Mickenautsch, Veeresamy Yengopal, Avijit Banerjee [Dent Mater 2010; doi: 10.1016 / j.dental. 2010. 03.021]
Atraumatisch-Restorative Zahnbehandlung (ART)
3.5. Erfolgsrate der Atraumatisch-Restorative Behandlungsmethode versus Amalgamfüllungen: ein systematischer Review. Steffen Mickenautsch, Veeresamy Yengopal, Avijit Banerjee [Clin Oral Investig 2009; DOI 10.1007/s00784-009-0335-8]
Caseinphosphopeptid/Amorphous Kalziumphosphat (CPP-AKP)
3.6. Kariesvorbeugende Wirkung von Caseinphosphopeptid / Amorphous Kalziumphosphat (CPP-AKP): eine Metaanalyse. Veeresamy Yengopal, Steffen Mickenautsch [Acta Odontol Scand 2009; 67: 321-32]
4. Updates der systematischen Reviews online
8
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KAPITEL 1
Einführung in die Minimum Intervention (MI) in der Zahnmedizin
Dieses Kapitel ist eine aktualisierte und bearbeitete Übersetzung der Englischen Publikation: Mickenautsch S. An introduction to minimum intervention dentistry. Singapore Dent J 2005;
27: 1-6.
10
Einführung Minimum (oder minimale) Intervention in der Zahnmedizin (MI) kann als ein Konzept der
professionellen Patientenbetreuung definiert werden, daß auf der Grundlage von
Risikoerfassung, Krankheitsfrüherkennung, sowie Behandlung auf minimalinvasiver Ebene
und höchster Patientenakzeptanz beruht1.
MI betrachtet Karies als eine multifaktorielle Erkrankung die zu Läsionen des
Zahnhartgewebes führt2. Karies beginnt mit einer Störung des Gleichgewichtes zwischen
Remineralisierung und Demineralisierung an der Zahnoberfläche. Solche Veränderungen
treten zunächst auf der mikro (molekularen) Ebene auf. Die Gründe für eine solche Störung
sind ein Metabolismusanstieg von Bakterien, einer dadurch erhöhten bakteriellen
Säureproduktion, sowie einem Anstieg der Bakterienzahl im Zahnbelag. Beitragende
Faktoren sind dabei eine erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten (Saccharose),
Fluoridmangel sowie reduzierter Speichelfluß, Pufferkapazität und pH des Speichels2. Des
Weiteren spielen modifizierende Faktoren wie: Veränderungen des Lebensstils, allgemeiner
Gesundheitszustand, sozialökonomische Rahmenbedingungen und allgemeines
Patientenverhalten zur Zahngesundheit eine Rolle3. Karies entsteht durch die o.g.
Mineralimbalance an der Zahnoberfläche und führt zunächst zu reversiblen Symptomen
(Zahnschmelzläsionen), entwickelt sich aber zu irreversiblen Symptomen (Zahnkavitäten) mit
anschließendem Verlust der Zahnstruktur und ästhetischen, mastikatorischen, phonetischen
und biologischen Funktionsstörungen. Die Übergangszeit von Läsion zur Kavität hängt von
ihrer Stelle am Zahn ab. Bei einer interproximalen Läsion kann es bis zu 4 Jahren dauern bis
eine Kavität entsteht und weitere 4 Jahre bis das Zahnmark erreicht wird4,5. Die Kavitation in
den okklusalen Grübchen und Fissuren andererseits manifestiert sich oft viel schneller, da
hier die mastikatorischen Kräfte wirken, die den Zahnbelag tiefer drücken und weiteren Druck
auf den demineralisierten Zahnschmelz ausüben5. Deshalb hängt die Entscheidung über
Zeitpunkt und Art der Kariesbehandlung zum Teil von der Lage an der Zahnoberfläche ab.
Darüber hinaus entwickelt sich eine Läsion zu einer kleinen und später zu einer großen
Kavität stufenweise und zu unterschiedlichen Größen und erfordert ein individuelles
Behandlungsspektrum.
Krankheitsrisikoerfassung und Frühdiagnostik
Das Ziel von MI ist, die Erkrankung zunächst zu stoppen und anschließend die verloren
gegangene Struktur und Funktion wieder herzustellen. Damit Karies so früh wie möglich
erkannt und behandelt werden kann, sollte das bestehende Kariesrisiko und die
11
Kariesaktivität festgestellt werden. Das Kariesrisiko kann anhand von einer Reihe von
Prädiktoren beurteilt werden. Beispiele dafür sind: die anfängliche Kariesausbreitung im
Mund, Streptokokkus mutans Zahl in Speichel und Plaque, Säureneutralisierungsvermögen
des Speichels und Speichelfluß sowie Fissurentiefe und –form an der Zahnoberfläche.
Kariesaktivität kann anhand der Entwicklungsgeschwindigkeit der Kariesläsionen beurteilt
werden3. Die herkömmliche Kariesfrüherkennung mit Hilfe eines Spiegels, Lichtquelle und
Bißflügelaufnahmen kann weiterhin durch neue Entwicklungen, wie die Vergrößerung und
Darstellung von Zähnen durch optische Geräte, der Laserfluoreszenz, bzw. durch
quantitative lichtinduzierte Fluoreszenz unterstützt werden3,6 - 8.
Karies entsteht lange vor dem Auftreten einer Kavität als Folge des Einflusses von
Risikofaktoren wie ein erhöhte Zuckeraufnahmenge und -frequenz oder durch Störung der
schützenden Eigenschaften des Speichels. Diese Veränderungen können durch einen
Zahnarzt in Tests auf Säureneutralisierungsvermögen des Speichels, des Speichel- oder
Plaque pH-Wertes, der Speichelviskosität und des Speichelflusses sowie in Tests der
Bakterienzahl im Mund eingeschätzt werden. Des Weiteren können Informationen über
Ernährungsgewohnheiten und möglichen Fluoridmangel bei der Kariesrisikoerfassung
behilflich sein. Ein entspanntes Gespräch mit dem Patienten kann Aufschlüsse über
modifizierende Faktoren geben (Erkrankungen, Lebensstil, sozioökonomischer Hintergrund,
Mundhygiene) sowie über dessen Bereitschaft zu zukünftigen therapeutischen Eingriffen3,9-11.
Diese Informationen runden eine umfassende Krankheitsdiagnose ab. Spezielle
Computersoftware ist erhältlich, die die gemessenen Faktoren zusammenfaßt und
individuelle Risikoprofile für Patienten liefert12. Kalkulierte Risikoprofile können dazu dienen
Patienten zur Zusammenarbeit bei der Umsetzung eines individuellen Behandlungsplans zu
motivieren. Ein solcher Behandlungsplan kann Änderungen der modifizierenden und
beitragenden Faktoren sowie einen antibakteriellen Eingriff beinhalten.
Krankheitsbekämpfung und Frühbehandlung
Jeder zahnärztliche Eingriff soll zunächst die Kariesläsionen heilen und die Karieskrankheit
bekämpfen. Ohne Karieskrankheitsbekämpfung wird jeder Ersatz aufgrund von
fortbestehenden Krankheitsaktivität seine Wirkung verfehlen. Die MI Behandlung auf mikro
und molekularen Ebene beginnt z.B. mit der Bekämpfung der bakteriellen Aktivität und der
Heilung der reversiblen Kariesläsionen. Die Bakterienaktivität kann durch eine Reihe von
Behandlungsmethoden bekämpft werden. Diese können den Einsatz von Chlorhexidin,
Diamminsilberfluorid, Triclosan oder Kavitätversiegelung durch m.H. einer chemischen
Adhäsion mit einschliessen13-17. Nach erfolgreicher Krankheitsbekämpfung muß der Verlust
12
von Mineralien im Zahnhartgewebe in Angriff genommen und das Gleichgewicht zwischen
De- und Remineralisierung auf der Zahnoberfläche wieder hergestellt werden. Dies kann
durch eine "externe Remineralisierung" (auf der Zahnoberfläche) geschehen sowie mittels
einer "internen Remineralisierung" in der Kavität (Hien Ngo, Dental School, University of
Adelaide, South Australia, September 2004). Im Allgemeinen, hängt der Prozess der
Remineralisierung von Wasser, einem pH-Wert >6,5 und von der Verfügbarkeit von
Mineralien wie Kalzium und Phosphat ab. Die Remineralisierung der Zähne stützt sich
weiterhin auf eine Erhöhung des Speichelflusses der durch höhere Flüssigkeitsaufnahme und
das Kauen eines zuckerfreien Kaugummis unterstützt werden kann. Eine effiziente
Mundhygiene und Umstellung der Eßgewohnheiten tragen zur Reduzierung von Säuren und
der Anpassung der pH-Werte bei. Dabei werden Substrate für den bakteriellen Metabolismus
reduziert. Das Vorhandensein von Mineralien kann durch den Einsatz von Zahnpasta, die
Caseinphosphopeptid/Amorphous Kalziumphosphat (CPP-AKP) und Fluorid enthält,
unterstützt werden2,18. Die Remineralisierung innerhalb der Kavität stützt sich vor allem auf
den Einsatz von einem biomimetischen Füllungsmaterial wie z.B. Glas-Ionomer Zement
(GIZ). GIZ sind hydrophil und bieten eine gute Kavitätenversiegelung durch chemische
Adhäsion sowie eine konstante Freisetzung von Mineralien und Fluoriden2,19. Während dieser
Behandlungsperiode können mehrere Zahnarztbesuche zu diagnostischen Messungen und
zur Patientenmotivation erforderlich sein. Die Behandlung sollte so lange fortgeführt werden,
bis die Karieserkrankung bekämpft und die reversiblen Kariesläsionen geheilt sind. Sobald
die "Abwesenheit von Karieskrankheit" erreicht wurde, kann der irreversible Verlust der
Struktur und Funktion unter Einsatz von minimalinvasiven Behandlungsmöglichkeiten mit
höchster Patientenakzeptanz behandelt werden.
Minimalinvasive Behandlungsverfahren
Die ersten minimalinvasive Behandlungsverfahren in der Zahnmedizin wurden Anfang der
70er Jahre eingeführt20. Der Verwendung von Diamminsilberfluorid folgte die Entwicklung der
präventiven Adhäsivfüllung (PRR)21 in den 80er Jahren, das Konzept der Atraumatisch-
Restorativen Zahnbehandlung (ART)22 und die chemo-mechanische Kariesentfernung23 in
den 90-iger Jahren. Diese ultrakonservativen Behandlungskonzepte sollen möglichst viel
Zahngewebe erhalten und eine Zahnbehandlung mit hoher Akzeptanz speziell für
Angstpatienten bieten.
Eine minimalinvasive, langfristige Reparatur der Zahnkavität kann folgende Interventionen
umfassen: Air abrasion, Laser- oder Sonoabrasion24-26, selektive Entfernung des kariös-
infizierten Zahngewebes, Laserbehandlung24,26, sowie Kavitätsrestoration durch ART, PRR
13
oder die "Sandwich" Technik1,21,22,27. Im Vergleich zur klassischen Behandlung mit Amalgam
sind MI-Füllungen meist kleiner und die Behandlung wird als weniger schmerzvoll
empfunden, so daß eine lokale Betäubung oft nicht notwendig ist. Falls erforderlich, können
Lokalanästhetika aber verabreicht werden und zwar auf eine weniger invasive Weise unter
Einsatz von computergesteuerte Lokalanästhesie28. Defekte Füllungen werden eher repariert
als ersetzt2.
Vorteile von MI
Der Vorteil von MI für Patienten ist eine bessere Mundgesundheit, da es hier um die Heilung
der Krankheit und nicht nur um eine Linderung von Symptomen geht. Außerdem kann MI zur
Verringerung der weit verbreiteten Patientenangst beitragen, die gewöhnlich durch
traditionelle und oft hochinvasive Zahnbehandlungen hervorgerufen wird29,34. Es wird
empfohlen, daß Krankenversicherungsträger Zahnärzte auch für Kariesfrüherkennung und
Krankheitsbekämpfung entlohnen und nicht nur für die Behandlung der Endeffekte von
Karies (wie Kavitation, absterbende Pulpa oder Zahnverlust). Solch eine finanzielle
Umstellung ist wichtig, da die Erkenntnisse in MI und die klinisch-praktischen MI Fertigkeiten
der Zahnärzte weltweit im anwachsen sind.
Der Vorteil von MI für Zahnärzte wird durch das Resultat einer Umfrage von 118
Privatpatienten in Südafrika demonstriert: Fünfzig Prozent der Befragten gaben an, daß sie
einen Zahnarzt nur bei Zahnschmerzen aufsuchen würden. Dennoch gaben 90% an, daß sie
öfter zu einem Zahnarzt gehen würden, wenn die Zahnbehandlungen weniger bedrohlich und
weniger invasiv wären. Rund 90% der Befragten waren einer Zahnbehandlung mit hoch-
invasiven Bohren oder Injektionen am meisten abgeneigt (S. Mickenautsch, unveröffentlichte
Daten, 2004).
Schlußfolgerung
MI bietet den Zahnärzten die Möglichkeit Mund- und Zahnerkrankungen ultrakonservative zu
behandeln und stellt für Patienten gleichzeitig eine mehr patienten- und
gesundheitsorientierte Behandlungsoption dar. Für die MI Kariesbehandlung in der täglichen
zahnärztlichen Praxis wurden folgende klinische Anwendungen empfohlen:
14
Kariesrisikoerfassung durch zahnärztliche Tests
• Streptokokkus mutans Zahl im Speichel oder Zahnbelag;
• Speichelfluss, -pH und Pufferkapazität.
Kariesfrüherkennung unter Verwendung von
• Vergrößerten Darstellung und Abbildung von Zähnen durch optische Mittel;
• Laserfluoreszenz;
• Quantitative Lichtinduzierte Fluoreszenz.
Minimalinvasive Behandlungsverfahren unter Verwendung von
• Air-abrasion;
• Atraumatisch-Restorativen Zahnbehandlung (ART);
• Caseinphosphopeptid/Amorphous Kalziumphosphat;
• Chemo-mechanischen Kariesentfernung;
• Chlorhexidin;
• Computergesteuerte Lokalanästhesie;
• Diamminsilberfluorid;
• Glas-Ionomer Zement;
• Laser;
• Sono-abrasion;
• Zuckerfreier Kaugummi;
• Fluorid;
• Triclosan.
Weitere MI Anwendungen sind derzeit in der Entwicklung oder wurden bereits eingeführt. Da
die klinische Umsetzung von MI immer noch neu ist, besteht ein dringender Bedarf an einer
Beweislage mit hoher internen Validität und die frei von systematischen Fehlern ist, damit die
Wirksamkeit von MI in der täglichen zahnärztlichen Praxis aufgezeigt werden kann.
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17
KAPITEL 2
Verbreitung der Minimum Intervention in der Zahnmedizin: Diffusion, Systematische Forschungsfehler und die Rolle der
wissenschaftlichen Beweisführung
Dieses Kapitel ist eine aktualisierte und bearbeitete Übersetzung der Englischen Publikation: Mickenautsch S. Adopting MI: Diffusion, bias and the role of scientific evidence. Int Dent SA
2009; 11: 16-26.
18
Einführung
Seit Beginn des neuen Jahrtausends nimmt die Verbreitung von Informationen über
klinischen Behandlungsverfahren und den Vorteilen der Minimalen Intervention (MI) in der
Zahnmedizin zu1-8. Wie für jede Innovation, ist auch für MI die breite Akzeptanz von Faktoren
des Diffusionsprozesses abhänging9. Dieses Kapitel soll die Rolle von systematischen
Forschungsfehlern und der wissenschaftlichen Beweisführung im Diffusionsprozess
diskutieren.
Minimum Intervention
Das Ziel von Minimum Intervention (MI) in der Zahnmedizin ist es den Patienten durch
Information, Wissen und Motivation zu ermöglichen, die Verantwortung für ihre
Mundgesundheit zu übernehmen, so daß nur eine minimalinvasive Behandlung durch den
Zahnarzt erforderlich ist (Hien Ngo, National University of Singapore, September 2004).
Obwohl sich MI in der Zahnmedizin bisher auf Aspekte der Kariesbehandlung konzentriert
hat10, stützt sie sich auf Konzepte die für jede Art von Krankheit gültig sind2,3:
1. Krankheitsrisikoerfassung;
2. Krankheitsfrüherkennung;
3. Minimalinvasive Behandlung.
MI ermöglicht dem Arzt Patienten über die Risiken von künftig möglichen Erkrankungen zu
beraten11. Solche Risiken können mit dem Lebensstil des Patienten zusammenhängen oder
mit anderen Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen12. Diese Risiken können quantitativ
ausgewertet werden und so die Grundlage bestimmen, auf welcher den erkannten
Risikofaktoren durch eine gezielte Prävention begegnet werden kann13. Bereits erkrankte
Patienten wird durch eine frühestmögliche Diagnose geholfen14-16. Da die
Krankheitssymptome im Frühstadium oft nicht ausgeprägt sind, kann die Behandlung dann
einfach, konservativ und daher minimalinvasiv sein1.
Über Laborstudien, klinische Betrachtungen, Protokolle, Materialien und Technologien für alle
drei MI Phasen wurde anderorts berichtet3-6,17. Die Patienten profitieren von MI, da MI sich
auf die Krankheitsursache konzentriert anstatt nur den Krankheitssymptomen zu begegnen7.
Ein weiterer Vorteil ist die Patientenfreundlichkeit da MI eine Reihe von minimalinvasiven
Behandlungsmöglichkeiten bietet. Die MI Behandlung gilt als atraumatisch, da Patienten
weniger Unbehagen und Schmerz empfinden als im Vergleich zu herkömmlichen
Behandlungsverfahren8.
19
Die Schmerzerfahrung, Schmerzerwartung sowie das Unbehagen während einer
Zahnbehandlung sind Ursache der Zahnbehandlungsangst18. Laut einer Studie mit Kindern
und Erwachsenen, bei der die Atraumatisch-Restorativen Zahnbehandlung (ART) mit einer
herkömmliche restorativen Behandlung mit Hochgeschwindigkeitsbohrer verglichen wurde,
hatten die Patienten, die mit ART behandelt wurden deutlich weniger Angst19. Patienten die
keine Angst vor einer Zahnbehandlung haben sind während der Behandlung kooperativer als
Patienten mit Angst20. Eine positive Patienteneinstellung, die aus dem Angstabbau während
der Zahnbehandlung resultiert, stellt einen Vorteil für den Zahnarzt dar, da die Patientenangst
einen direkter Einfluß auf den Zahnarztstress in der täglichen Praxis hat21.
Die Vorteile von MI: (i) Behandlung der Krankheitsursachen anstatt der Symptome; (ii)
Angstabbau für Patienten und (iii) Stressabbau für den Zahnarzt, sind Gründe MI in der
täglichen Praxis anzuwenden.
Innovationsverbreitung (Diffusion)
Trotz der genannten Vorteile, unterliegt MI, wie alle Innovationen, dem Prozess der Diffusion.
Rogers9 (2003) definierte "Innovation" als eine Idee, Praktik oder ein Objekt, das als neu
wahrgenommen wird, und "Diffusion" - als den Prozess, durch den sich die Innovation
verbreitet. Diffusion umfaßt: (i) die Innovation selbst; (ii) die Art und Verfügbarkeit von Wegen
durch welche die Innovation kommuniziert wird; (iii) Zeit und (iv) das bestehende
gesellschaftliche Umfeld9. Das gesellschaftliche Umfeld besteht aus den potentiellen
Anwendern einer Innovation, die wie folgt kategorisiert werden: die Innovatoren selbst, frühe
Anwender, frühe Mehrheit, späte Mehrheit und Nachzügler9. Rogers (2003) schätzte die
prozentuale Verteilung dieser Gruppen wie folgt ein: 2,5%, 3,5%, 34%, 34% und 16%9.
Abgesehen von den Innovatoren selbst, können die Resonanzen dieser Anwendergruppen
auf die Innovation zwischen Annahme, Nicht-Annahme oder Ablehnung variieren22. Eine
Innovation wird als nachhaltig betrachtet, wenn sie von 10-20% aller potentieller Anwender
akzeptiert wurde9.
Systematische Forschungsfehler
Ein Faktor, der die Resonanz auf eine Innovation durch potentielle Anwender beeinflusst, ist
die Ungewißheit der Anwender im Bezug zu den Vorteilen einer neuen Ideen, Praktik oder
Objekt im Vergleich zu geläufigen Konzepten22. Skepsis im Bezug auf
Überlegenheitsansprüchen der neuen Ideen, Praktiken oder Objekte ist berechtigt, wenn
diese auf Forschungsstudien mit hohem Maß an systematischen Fehlern basieren. Ein
systematischer Fehler wurde als ein Prozess beschrieben der in jeder beliebigen Phase dazu
tendiert, Ergebnisse zu liefern, die von den wahren Werten systematisch abweichen23. Die
wichtigsten systematischen Fehler in klinischen Studien sind Auswahl-, Durchführungs-,
20
Auffindungs- und Verlustfehler (Tabelle 1)24. Diese Fehler können Studien beeinflussen,
indem sie entweder eine Überschätzung oder eine Unterschätzung der wirklichen Wirkung
eines untersuchten klinischen Verfahrens verursachen. Dies kann dazu führen, daß ein
neues uneffektives Behandlungsverfahren als effektiv oder ein effektives
Behandlungsverfahren als uneffektiv präsentiert wird. Eine Überschätzung der
Behandlungseffektivität kommt am häufigsten vor25. Dies kann Spätanwender bewegen die
Überlegenheitsansprüche einer Innovation anzuzweifeln. Schulz et al. (1995) berichteten
eine Überschätzung der Behandlungseffektivität um 41%, alleine aufgrund von
Auswahlfehler26. Eine solche Überschätzung würde bedeuten, daß eine Studie, die die
Effektivität eines neuen klinischen Behandlungsverfahrens mit einem Standardverfahren
vergleicht, eine Risikoratio (RR) von 0,82 anzeigen würde, während die wahre RR 1,13 wäre.
Der Fachbegriff "Risiko" (R) bezeichnet die Anzahl von Patienten, bei denen es zu einem
Ereignis kommt (nkrank) - z.B. das Fortbestehen einer Krankheit nach Behandlung, geteilt
durch die Gesamtzahl der behandelten Patienten (ntotal)27.
R = nkrank : ntotal
Wenn die Behandlungseffektivität eines neuen Verfahrens mit der Effektivität eines
herkömmlichen Standardverfahrens verglichen wird, kann eine "Risikoratio" (RR) kalkuliert
werden, indem man das Patientenrisiko auf Fortbestehen einer Krankheit nach Behandlung
mit einem neuen Behandlungsverfahren (Rneu) durch das Patientenrisiko auf Fortbestehen
einer Krankheit nach Behandlung mit einem Standartbehandlungsverfahren (Ralt) dividiert28.
RR = Rneu : Ralt
Die auf dieser Weise kalkulierte RR zeigt an, ob die Behandlung mit dem neuen Verfahren im
Vergleich zu einem Standardverfahren das Risiko, daß Patienten weiter krank bleiben
könnten, vergrößert oder verringert28. Die genannte RR von 0,82 würde bedeuten, daß das
neue Verfahren das Risiko krank zu bleiben um 18% reduziert. (Eine Risikoratio von 1,00
würde keinen Unterschied zwischen den beiden Verfahren bedeuten.) Im Falle einer
Überschätzung um 41% durch einen systematischen Fehler, würde die wahre RR von 1,13
bedeuten, daß das neue Verfahren das Risiko einer fortbestehender Krankheit um 13%
vergrößert hat! Falls solch ein Behandlungsverfahren auf der Grundlage von so
überschätzten Ergebnissen in die tägliche Praxis umgesetzt wäre, hätten 13 aus 100
Patienten, nach dem neuen Verfahren behandelt, eine grösseres Risiko krank zu bleiben, als
nach der Behandlung mit dem Standardverfahren. Solche negative Erfahrungen würde bei
Frühanwendern zu einer baldigen Ablehnung des neuen Behandlungsverfahren (=
Innovation) führen. Frühanwender interagieren viel öfter mit Kollegen als Spätanwender9.
21
Dadurch werden negativen Erfahrungen der Frühanwender mit einer Innovation schnell an
andere Anwendergruppen weitergegeben und so eine weitere Diffusion verhindert. In diesem
Fall wäre die kritische Masse von 10-20% der Anwender29 nicht erreicht und die Innovation
nicht nachhaltig bleiben.
Beweisführung und Diffusion Um negative Berichte von Frühanwendern zu vermeiden, muß eine Innovation auf
Forschungresultaten mit sehr geringen systematischen Fehlern basieren, so daß eine hohe
interne Validität für Generalisierung und Übernahme der Innovation24 durch Anwender
erfolgen kann. Eine solche Fehlerreduzierung in Studien, die sich auf therapeutische Aspekte
konzentrieren, wird durch eine Reihe von Interventionen in der Methodik erzielt (Tabelle 2),
die bei der Planung und Durchführung einer klinischen Studie berücksichtigt werden
müssen24,29,30. Es wurde außerdem erkannt, daß verschiedene Studienarten
unterschiedliche Grade von systematischen Fehlern31-33 enthalten. Aus diesem Grund wurde
eine "Hierarchie der Beweisführung" von Studienarten aufgestellt (Tabelle 3)31-33. Es wurde
auch empfohlen, bei der Durchführung einer Studie die Berichtserstattung nach bestimmten
Richtlinien zu gestalten, um die Qualität des Studienberichtes zu gewährleisten34. Solche
Richtlinien35 umfassen das CONSORT-Statement für randomisierte Kontrollstudien und das
STROBE-Statement für Beobachtungsstudien, wie Cohort und Fallkontrollstudien36.
Tabelle 1. Arten von systematischen Fehlern in klinischen Studien
Fehler Beschreibung
Auswahlfehler
Neue klinische Behandlungsverfahren werden üblicherweise durch klinischen Studien getestet, die 2 Gruppen von Patienten umfassen. Eine Gruppe, die Kontrollgruppe, wird nach einem konventionellen, am häufigsten angewandten Verfahren behandelt, das als "derzeit anerkannter Standard der Versorgung" gilt. Eine zweite Gruppe (Testgruppe) wird nach dem neuen Verfahren behandelt. Am Ende der Studie werden die Erfolgsraten der beiden Verfahren verglichen. Auswahlfehler tritt auf, wenn z.B. Patienten in die Testgruppe aufgenommen werden, die weniger starke Beschwerden haben, was dann das zusammengefaßte Behandlungsresultat in der Testgruppe gegenüber der Kontrollgruppe begünstigt. In einem solchen Fall kann dem neuen klinischen Behandlungsverfahren dann kein unbedingter Behandlungserfolg zugeschrieben werden43.
Durchführungs-fehler
Ähnlich wie beim Auswahlfehler, führt der Durchführungsfehler zu falschen Studienergebnissen, wenn die Charakteristiken der Patienten in einer Gruppe der klinischen Studie die Behandlungswirkung eines klinischen Verfahrens unterstützen oder hemmen. Jedoch, anders als beim Auswahlfehler, wird der Durchführungsfehler durch aktive Intervention verursacht z.B. durch Abweichung vom Studienprotokoll, durch eine zusätzliche Behandlung während der Studie, wobei nur eine Gruppe begünstigt wird 44.
Auffindungs-fehler
Der Auffindungsfehler entsteht, wenn die Ergebnisse der Test- und Kontrollgruppen unterschiedlich ausgewertet werden und dadurch eine Gruppe über die andere begünstigt wird44
.
Verlustfehler
Verlustfehler entsteht, wenn Patienten aus der Test- oder Kontrollgruppe von der Ergebnisauswertung ausgeschlossen werden, z.B. Auschluß von Patienten in der Kontrollgruppe, für die das klinische Standardverfahren zu einem Behandlungserfolg geführt hat. In einem solchen Fall würde die Gesamterfolgsrate des Standardverfahrens vergleichbar niedriger ausfallen, als die des neuen Testverfahrens und so fälschlicherweise zeigen, daß das Testverfahren besser ist24.
22
Studien mit geringen Fehlergehalt werden durch systematische Reviews identifiziert. Dabei
werden systematische Methoden verwendet, die zur Fehlerbegrenzung und Einschränkung
des Zufallseffektes entwickelt wurden37. Nach Möglichkeit werden die Ergebnisse der
identifizierten Studien durch Metaanalysen statistisch kombiniert und auf diese Weise eine
genauere Einschätzungen der Behandlungswirkung geliefert37.
Trotz des Nutzens einer solchen Beweisführung mit niedrigem Fehlerpotential, wurde
gezeigt, daß dies alleine die Diffusion von Innovationen nicht ermöglichen kann38. Die
Diffusion einer Innovation ist jedoch wahrscheinlicher, wenn diese durch eine gute und
überzeugende Beweisführung untermauert ist38,39. Darüber hinaus, wurde festgestellt, daß
Ärzte eine Hierarchie der Beweisführung anerkennen und am häufigsten die randomisierte
Kontrollstudien (RCT) als den "goldenen Standard" betrachten38. Locock et al. (1999)
beschrieb die RCTs als Studien, die die einzige Form einer Beweisführung liefern, die Ärzte
zur Akzeptanz von Änderungen bewegen kann40. Deswegen ist eine überzeugende
Beweisführung eine Grundvoraussetzung, um die breitere Annahme einer Innovation zu
erreichen.
Tabelle 2. Fehlerreduzierende Methoden
Fehler Intervention
Auswahlfehler
(a) Auswahl der Studienteilnehmer auf der Grundlage einer Zufallszuteilung (b) Verdecken der Zufallszuteilung 24
Durchführungs-fehler / Auffindungs-fehler
Verdecken der Unterschiede zwischen Test- oder Kontrollgruppe vor Studienteilnehmer und der an der Studie beteiligten Mitarbeiter24
Verlustfehler Einbeziehung aller Studienteilnehmer in die Ergebnisauswertung 29,30
Sobald eine überzeugende, positive Beweisführung bezüglich einer Innovation vorliegt,
müssen weitere Aspekte der Diffusion berücksichtigt werden. Diese Aspekte hängen mit
komplexen Faktoren des Anwenderverhaltens zusammen. Laut Morris et al. (1989) können
diese Faktoren frühere Bildungserfahrungen41, berufliche Erfahrungen, das Arbeitsumfeld
sowie berufliche und persönliche Aspekte der Anwender umfassen. Fitzgerald et al. (2002)
fügen weitere Überlegungen im Bezug auf die mögliche Bedrohung hinzu, die eine Innovation
für die vorhandene Qualifikation und folglich für den Status und für die berufliche Stellung der
potentiellen Anwender darstellen kann. Weiterhin können auch finanzielle Anreize die
Akzeptanz einer Innovation unterstützen oder hemmen42. Diese Aspekte können durch die
allgemeine Meinung der Anwender (z.B. ob die Innovation Vorteile bietet die die derzeit
gebräuchliche Methoden nicht haben) weiter bestärkt werden22.
23
Tabelle 3. Hierarchie der Beweisführung
Interne Validität Studienart
Hoch
Quantitative systematische Reviews (mit Metaanalyse)
Qualitative systematische Reviews
Randomisierte Kontrollstudien (RCT)
COHORT-Studien Fallkontrollstudien
Klinische Berichte
Niedrig
Narrative Reviews, Expertenmeinung
MI Beweisführung
Die Notwendigkeit einer überzeugenden Beweisführung mit niedrigem systematischen
Fehlerpotential als Grundvoraussetzung für eine breite Akzeptanz einer Innovation38-40 gilt
auch für MI. Die Cochrane Library (online: www.cochrane.org) und die Datenbank des MI
Kompendiums von Midentistry (online: www.midentistry.com/compendium.html) sind
bekannte Quellen für eine Beweisführung mit hoher interner Validität, die durch
systematische Reviews und Metaanalysen zu den Themen Krankheitsrisikoerfassung,
Krankheitsfrüherkennung und minimalinvasive Behandlung geschaffen wurden. Die MI
Kompendium-Datenbank folgt den Empfehlungen und Richtlinien von Cochrane in Bezug zur
Durchführung von systematischen Reviews und Metaanalysen, konzentriert sich aber
ausschließlich auf MI Themen, im Rahmen der Ätiologie, Prognose, Diagnose und Therapie
von Krankheiten.
Schlußfolgerungen
Minimum Intervention (MI) in der Zahnmedizin konzentriert sich auf die Krankheitsursachen
und ermöglicht eine ultra-konservative Behandlung, die viel patientenfreundlicher ist, als die
traditionelle Zahnmedizin. Eine erfolgreiche Diffusion von MI erfordert eine Untermauerung
ihrer vorteilsbezogenen Behauptungen durch eine Beweisführung mit niedrigem
systematischen Fehlerpotential. Eine solche Beweisführung stellt damit den ersten Schritt zu
einer breiteren Akzeptanz dar, die darüber hinaus von weiteren komplexen Faktoren des
Anwenderverhaltens abhängig ist.
24
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27
28
29
KAPITEL 3
Systematische Reviews
Alle Reviews sind eine aktualisierte und bearbeitete Übersetzungen der
Zeitschriftenartikel aus dem Englischen ins Deutsche und wurden mit Genehmigung der Zeitschriften nachgedruckt in denen die Originalartikel erschienen sind.
30
31
32
Ausbleiben von kariösen Läsionen an Rändern von Glas-Ionomer und
Amalgamfüllungen: Eine Metaanalyse.
S. Mickenautsch, V. Yengopal, S.C. Leal*, L. B. Oloveira**, A.C. Bezerra*, M. Bönecker**
Abstrakt.
Ziel. Bericht über das Ausbleiben von kariösen Läsionen an Rändern von Glas-Ionomer
Zement (GIZ) und Amalgamfüllungen. Methoden. Sechs englischsprachige und eine
portuguiesischsprachige Datenbank wurden nach Artikeln bis zum 5. Januar 2008
durchsucht. Aufnahmekriterien: (i) relevanter Titel/Abstrakt; (ii) erschienen in Englisch,
Spanisch oder Portugiesisch (iii) Bericht über eine randomisierte Kontrollstudie.
Ausschlußkriterien: (i) mangelhafte Zufallszuteilung der Probanden, (ii) kein Verdecken
bezüglich Therapeut und Proband, wo angebracht, (iii) nicht alle Probanden wurden nach
dem Abschluß der Studie in der Auswertung berücksichtigt (iv) keine gleiche
Nachuntersuchung für alle Probanden der beiden Gruppen. Ergebnisse. Zehn Artikel
entsprachen den Aufnahmekriterien und wurden ausgewählt. Von diesen wurden 4
ausgeschlossen und 6 Artikel über 8 verschiedene Studien wurden akzeptiert. Aufgrund von
Aspekten der Heterogenität wurden die Studien vor der Metaanalyse in Untergruppen
eingeteilt. Es wurden deutlich weniger kariöse Läsionen bei GIZ-Einflächenfüllungen
(bleibende Zähne, nach 6 Jahren) als bei Amalgamfüllungen (OR = 2,64 – CI 95% 1,39 –
5,03 p = 0,003) festgestellt. Es wurden keine Studien über Mehrflächenfüllungen in
bleibenden Zähnen gefunden. Studien, die kariöse Läsionen an Füllungsrändern von
Milchzähnen nach 3 und 8 Jahren untersuchten, zeigten keinen Unterschied zwischen beiden
Materialien. Schlußfolgerung. Kariesläsionen treten an Rändern von GIZ-
Einflächenfüllungen in bleibenden Zähnen nach 6 Jahren seltener auf als bei
Amalgamfüllungen. Es wurde kein Unterschied zwischen beiden Materialien bei Milchzähnen
festgestellt. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse sind weitere Studien erforderlich.
Schlüsselwörter: Glass ionomer cement, Amalgam, Cement, Meta-analysis.
Abteilung für Allgemeine Zahngesundheit, Witwatersrand Universität, Südafrika
*Abteilung für Restorative Zahnheilkunde, Universität Brasilia, Brasilia DF, Brasilien
**Abteilung für Restorative & Kinderzahnheilkunde, Universität São Paulo, Brasilien
33
Einführung
Kariesläsionen an Füllungsrändern werden oft als Sekundärkaries bezeichnet (Mjör 2005). In
den letzten Jahren wurde jedoch angeregt, daß Zahnfüllungen Karies nicht heilen können
und daß das erneute Auftreten von Läsionen an Füllungsrändern einer fehlenden
Kariesheilung vor dem Einsatz einer Zahnfüllung zu Grunde liegt (White und Eakle, 2000).
Zur Kariesbehandlung gehört die Förderung der Reminineralisation an den Kavitätswänden
(Tyas et al., 2000). Ten Cate und van Duinen (1995) haben in-situ eine starke
Remineralisationswirkung in demineralisierten Zahngewebe in Nähe von GIZ-Füllungen
festgestellt. Im Gegensatz dazu zeigte Gewebe in Nähe zu Amalgamfüllungen weiter
fortschreitende Demineralisierung auf. Das signifikante Remineralisierungspotential von GIZ
wurde der Freisetzung von Fluoridionen zugeschrieben, die in einer hydrophilen Umgebung
erleichtert wird (Asmussen et al., 2002) Darüberhinaus wurde die Freisetzung und Diffusion
von Strontium durch GIZ in das demineralisierte Zahngewebe beobachtet (Ngo et al., 2006).
Mehrere Studien haben die Erfolgsraten von GIZ und Amalgamfüllungen in-vivo verglichen
(Taifour et al., 2002; Rahimtoola und van Amerogen, 2002; Taifour et al., 2003 Mandari et al.,
2003; Qvist et al., 2006; Frencken et al., 2007). Im Laufe dieser Studien wurden die Integrität
der Füllungsränder, anatomische Form, Materialverlust an der Oberfläche und das Auftreten
von Kariesläsionen an Füllungsrändern bewertet. Vista et al., (1990) stellten fest, daß
Kariesläsionen die Hautursache für defekte Amalgamfüllungen im bleibenden Zähnen sind.
Im Gegensatz dazu, wurde beobachtet, daß bei GIZ-Füllungen die Kariesläsionen selten die
Ursache für Füllungsdefekte sind (Mjör, 2005).
Bisher wurde zu diesem Thema keine Metananalyse durchgeführt. Ein narrativer Review
ohne eine systematische Methodik bei der Artikelrecherche und ohne Aufwahl- und
Ausschlußkriterien stellte fest, daß die Wirkung der Fluoridfreisetzung von Materialien wie
GIZ klinisch unbewiesen bleibt [Wiegand et al., 2007]. Des Weiteren konnte ein
systematischer Review eine Beweisführung für oder gegen eine Sekundärkarieshemmung
durch GIZ nicht finden [Randall und Wilson, 1999]. Dieser systematischer Review war von
qualitativer Natur und beinhaltete keine Metaanalyse.
Das Ziel dieser Metaanalyse war es über die zusammengefassten Ergebnisse von Studien
zu berichten, die das Ausbleiben von Kariesläsionen an Rändern von ein- und mehrflächigen
GIZ- und Amalgamfüllungen in (a) bleibenden Zähnen und (b) Milchzähnen vergleichen.
34
Materialien & Methoden
Datensammlung
In sechs englischsprachige Datenbanken: Biomed Central, Cochrane Library, Directory Of
Open Access Journals, PubMed, Science-Direct, Research Findings Electronic Register -
ReFeR und einer portugiesischsprachigen Datenbank: Literatura Latino-Americana e
Caribenha em Ciencias da Saúde -LILACS wurden systematisch nach Artikeln gesucht, die
bis zum 5. Januar 2008 veröffentlicht wurden. Die Suchbegriffe: “ Dental Caries OR Dental
Caries Susceptibility OR Root Caries OR Tooth Demineralization AND Glass Ionomer
Cements OR Cermet Cements AND Cariostatic Agents OR Dental Caries OR Cariostatic
Agents AND Dental Amalgam OR silver mercury amalgam” wurden bei der Suche in den
englischsprachigen Datenbanken benutzt und " Ionomer$ and amalg$ and cariosta$” bei der
Suche in LILACS. Aus den Suchergebnissen wurden Artikel ausgewählt die den folgenden
Aufnahmekriterien entsprachen: (i) relevanter Titel/Abstrakt (ii) veröffentlicht in Englisch,
Portugiesisch oder Spanisch; (iii) Bericht über eine randomisierte oder quasi-randomisierte
Kontrollstudie. In Fällen, wo nur der relevante Titel ohne einen Abstrakt vorlag, wurde der
gesamte Artikel bewertet.
Artikelanalyse
Es wurden nur die Artikel weiter überprüft, die den Aufnahmekriterien entsprachen. Die
Artikel wurden unabhängig von einander durch 6 Reviewer entsprechend von
Ausschlußkriterien überprüft (Tabelle 1) [Sutherland, 2001]. Meinungsverschiedenheiten über
Artikelauschluß wurden durch Diskussion und Konsensus gelöst. Artikel wurden in die
Metaanalyse nur dann aufgenommen, wenn sie allen Ausschlußkriterien bestanden. In
Fällen, wo mehrere Artikel zu einer Studie vorlagen, wurde, den Ausschlußkriterien
entsprechend, der Artikel, der über die längste Periode berichtete, aufgenommen. Falls ein
Artikel über mehr als einen Ergebnis berichtete, wurden diese Ergebnisse als getrennte
Studien analysiert.
Tabelle 1. Kriterien für Studienausschluß
Datensammlung
Das Ziel dieser Metaanalyse war es das Ausbleiben von Kariesläsionen an Füllungsrändern
zu bewerten. Zwei Reviewer (VY und SM) sammelten Daten aus den ausgewählten Artikeln.
Dabei wurde eine spezielles Datenextraktionformular verwendet, das in Pilotversuchen
erprobt wurde. Dies enthielt die in der Tabelle 2 dargestellte Information. Nach Möglichkeit
1. Mangelhafte Zufallszuteilung von Probanden. 2. Keine Verdeckung bezüglich Therapeut und Proband, wo angemessen. 3. Nicht alle teilnehmenden Probanden wurden am Ende der Studie in der Auswertung berücksichtigt. 4. Probanden der Test- und Kontrollgruppe nicht mit gleichen Maßstäben bewertet.
35
wurden fehlenden Daten anhand von im Text oder Tabellen enthaltenen Informationen
errechnet. Auf diese Weise wurde eine 2x2 Tabelle erstellt, die zur Eingabe von
Voruntersuchungsdaten für die Metaanalysen diente. Weiterhin wurden Autoren von Artikeln
kontaktiert um fehlende Information zu erhalten. Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Reviewern wurden durch Diskussion und Konsensus gelöst. Es wurde vorhergesehen, daß
einige Studien nach der ‘Splitmouth’-Methode durchgeführt sein würden (Quasi-randomisierte
Studien). Die ‘Splitmouth’-Methode wird in zahnmedizinischen Studien häufig eingesetzt und
hat den Vorteil, daß ein Teilnehmer sowohl ein Proband als auch eine Kontrollperson sein
kann. Bei dieser Methode werden ein oder mehrere Zahnpaare (z.B. Milchmolare) zur
Zufallszuteilung verwendet. Genau genommen sind diese Paare jedoch nicht unabhängig
und sollten als "gepaarte Daten" pro Patient analysiert werden. Trotzdem wurden, wie in
einem ähnlichen Review [Ahovuo-Saloranta et al., 2004], die ‘Splitmouth’- Studien mit
einbezogen und die Paare unabhängig analysiert, um so einen zu hohen Verlust von
relevanten Daten zu vermeiden.
Qualität der Studien
Die Qualitätsbeurteilung der akzeptierten Studien wurde unabhängig durch zwei Reviewer
(VY and SM) vorgenommen. Studien, die in diesem Review nicht aufgenommen wurden,
dienten zur Beurteilungprobe der Qualitätskriterien. Unterschiede in der Qualitätsbewertung
zwischen beiden Reviewern wurde durch Diskussion und Konsensus gelöst. Die Artikel
wurden auf folgende Qualitätskriterien hin geprüft:
(1) Erstellung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. computererzeugte zufällige Zahlen, erzeugt durch eine Tabelle von
zufälligen Zahlen;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. Verwendung von Patientenidentitätsnummern, Geburtsdatum, erzeugt
durch Abwechslung aufeinanderfolgender Patientenidentitätsnummern, etc.
(2) Verdeckte Zuordnung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. zentrale Zufallszuteilung, undurchsichtige aufeinanderfolgend nummerierte
Umschläge;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. offener Zuordnungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige
Umschläge.
36
(3) Verdeckte Ergebnisbewertung, beschrieben als:
(A) Ja;
(B) Unklar;
(C) Nein;
(D) Nicht möglich.
(4) Vollständigkeit des Nachfolgeuntersuchung (klare Gründe für Probandenausschied erklärt
und Verlustzahl für jede Behandlungsgruppe berichtet) bewertet als:
(A) Ja, Ausfälle weniger als 30%
(B) Ja, Ausfälle mehr als 30%
(C) Keine Erklärung
37
Tabelle 2. Merkmale der Vergleichsstudien von Karies an Rändern von GIZ- und Amalgamfüllungen.
Studie Ort der Studie Studien-methodik
Alter der Probanden (in Jahren)
Anzahl der Füllungen
Dentition Art der Kavität
Studien-länge
Frencken et al. [2007] Syrien Parallelgruppe 13,8 487 403 Permanent Einflächig 6,3 Jahre
Mandari et al. [2003] Tansania Splitmouth 11 164 177 Permanent Einflächig 6 Jahre
Taifour et al. [2002 (Studie 1)] 441 326 Einflächig 3 Jahre
Taifour et al. [2002 (Studie 2)]
Syrien
Parallelgruppe
6-7 610 425
Milch Mehrflächig
Ostlund et al. [1992] Schweden Parallelgruppe 4-6 25 25 Milch Mehrflächig 3 Jahre
Welbury et al. [1991] Großbritannien Splitmouth Keine
Information 99 99 Milch
Ein-/Mehrflächig
22,7 - 26,3 Monate
Qvist et al. [2004 (Studie 1)] 131 87 Einflächig
Qvist et al. [2004 (Studie 2)]
Dänemark
Parallelgruppe
2,8 - 13,5 384 456
Milch Mehrflächig
8 Jahre
38
Ergebnisse
Das Resultat der systematische Literaturrecherche ergab 10 Artikel in Englischer Sprache die
den Aufnahmekriterien entsprachen und daher zur weiteren Überprüfung ausgewählt wurden.
Zwei Artikel [Mjör und Jokstad, 1993; Phantumvanit et al., 1996] enthielten keine
Informationen über die Zuordnung zu Test- und zur Kontrollgruppen; 1 Artikel berichtete über
4 Behandlungs- und Restorationsgruppen: Amalgamfüllung nach Handexkavation; GIZ-
Füllung nach Handexkavation; Amalgamfüllung nach Bohren; GIZ-Füllung nach Bohren.
Dieser Artikel enthielt jedoch keine Informationen über Zahl der kariösen Zähne pro Gruppe
und wurde deshalb ausgeschlossen [Rahimtoola and van Amerongen, 2002]. Ein weiterer
Artikel war ein älterer Bericht [Taifour et al., 2003] über eine bereits akzeptierte Studie
[Frencken et al., 2007].
Sechs Artikel, die über 8 separate Studien berichteten, wurden akzeptiert [Welbury et al.,
1991; Östlund et al., 1992; Taifour et al., 2002; Mandari et al., 2003; Qvist et al., 2004;
Frencken et al., 2007]. Die Hauptmerkmale der akzeptierten Studien sind in Tabelle 2
dargestellt.
Tabelle 3 liefert Information über die bewerteten Qualitätsaspekte der Studien. Einzelheiten
zu Probantenverlust wurden in allen akzeptierten Studien berichtet. Zufallszuteilung wurde in
einer Studie als A (adäquat) bewertet [Welbury et al., 1991], B (unklar) in drei Studien
[Östlund et al., 1992; Taifour et al., 2002; Frencken et al., 2007] und C (inadäquat) in den
restlichen zwei Studien [Welbury et al., 1991; Qvist et al., 2004].
Tabelle 3. Qualitätsbewertung der akzeptierten Studien
Studie Zufallszuteilung
Verdeckung der Zufalls-zuteilung
Verdeckung Probantenverlust
Frencken et al. [2007]
Randomisiert
B - Unklar (nach Geschlecht stratifizierte Klassenliste)
B - Unklar D- Nicht möglich
A 84/681 (12,3%) Patienten
Mandari et al. [2003]
Quasi-randomisiert C- Inadäquat (Münzwurf)
B - Unklar D- Nicht möglich
A 38/152 (25%) - Patienten
Taifour et al. [2002] -Study 1 & 2
Randomisiert B - Unklar (Klassenliste)
B - Unklar D- Nicht möglich
A 185/835 (22,1%) - Füllungen
Östlund et al. [1992]
Randomisiert B - Unklar B - Unklar D- Nicht möglich
C Keine Angabe
Welbury et al. [1991]
Quasi-randomisiert A - Randomisierte permutierte Blockmethode
B - Unklar D- Nicht möglich
A 12/88 (13,6%) - Patienten
Qvist et al. [2004] – Study 1 & 2
Randomisiert C - Abwechslung B - Unklar D- Nicht möglich
A (7%) - Füllungen
39
Ausbleiben von Kariesläsionen bei Ein- und Mehrflächefüllungen in bleibenden Zähnen
Die Ergebnisse beruhen auf Daten von zwei Studien [Mandari et al., 2003; Frencken et al.,
2007]. Abbildung 1 zeigt, daß es bei Rändern von einflächigen GIZ-Füllungen bei bleibenden
Zähnen nach 6 Jahren wesentlich weniger Kariesläsionen gibt (p = 0,003) als bei
Amalgamfüllungen (OR = 2,64; CI 95% 1,39 – 5,03). Es wurden keine Studien gefunden, die
mehrflächige Füllungen in bleibenden Zähnen untersuchten.
Abbildung 1. Karies an Rändern von einflächigen GIZ- und Amalgamfüllungen bei
bleibenden Zähnen nach 6 Jahren (Odds Ratio (OR) und 95% Konfidenzintervalle (CI) pro
Studie und kombiniert)
Abbildung 2. Karies an Rändern von einflächigen GIZ- und Amalgamfüllungen bei
Milchzähnen nach 3 Jahren. (Odds Ratio (OR) und 95% Konfidenzintervalle (CI) pro Studie
und kombiniert)
N= Gesamtzahl der Füllungen; n = Anzahl der kariesfreien Füllungen
40
Ausbleiben von Kariesläsionen in ein- und mehrflächigen Füllungen (GIZ versus Amalgam) in
Milchzähnen
Abbildung 2 zeigt Information zu Kariesläsionen an mehrflächigen GIZ- und
Amalgamfüllungen nach 3 Jahren. Der Unterschied zwischen beiden Materialien war
statistisch nicht signifikant (p = 0,10). Dies besagt, daß beide Materialien eine gleiche
kariesvorbeugende Wirkung hatten. Als Daten von einer 8-jährigen Studie von Qvist et al.
[2004 (Studie 2)] zur Metaanalyse mit eingschlossen wurden, fiel das Ergebnis zu Gunsten
von GIZ aus (OR = 2,35; CI 95% 1,18 - 4,71) und war statistisch signifikant (p = 0,02).
Für einflächige Füllungen in Milchzähnen wurden die Daten aus den Studien von Taifour et al.
[2002 (Studie 1)] und Qvist et al. [2004 (Studie 1)] zusammen analysiert, obwohl beide
unterschiedliche Studienlänge von jeweils 3 und 8 Jahre hatten. Die Ergebnisse zeigten
keinen statistisch signifikanten Unterschied (p = 0,24) zwischen beiden Materialien (OR =
1,78; CI 95% 0,67 – 4,72) und sind mit Vorsicht zu betrachten, da diese Studien den Kriterien
der Homogenität nicht entsprachen. Auf individueller Basis zeigte die Studie von Taifour et al.
[2002 (Studie 1)] eine Odds Ratio von 2,88 (CI 95% 0,88 - 9,44) und die Studie von Qvist et
al. [2004 (Studie 1)] 0,39 (CI 95% 0,04 -3,82). Eine weitere Studie von Welbury et al. [1991]
zeigte keinen statistisch signifikanten Unterschied (p = 0,33) zwischen GIZ und Amalgam
nach 22,7 - 26,3 Monaten (OR = 1,64; CI 95% 0,61 - 4,43) bei Milchzähnen.
Diskussion
Diese Metaanalyse untersuchte das Ausbleiben von Kariesläsionen an Rändern von GIZ-
Füllungen im Vergleich zu Amalgamfüllungen. Es wurde ein genereller Mangel an
randomisierten Kontrollstudien, die allen Kriterien entsprachen, festgestellt. Trotz der
systematischen Literaturrecherche in 7 Datenbanken und 3 Sprachen, wurden nur 6 Artikel,
die über 8 separate Studien berichteten, akzeptiert. Darüber hinaus führte Aspekte der
klinische Heterogenität zwischen den Studien dazu, daß noch weniger Studien für
Metaanalysen ausgewertet werden konnten. Die Studien wurden nach Gebißtyp, Kavitätstyp
und Studienlänge in Gruppen eingeteilt (Tabelle 2). Die Entscheidung, die Studien diesen
Kategorien zuzuordnen war durch die Überlegung gerechtfertigt, daß die Haltbarkeit von
Füllungen bei Milchzähnen, wie auch bei großen Kavitäten, niedriger ist als bei bleibenden
Zähnen und bei kleinen Kavitäten; und die Lebensdauer der Füllungen mit dem Zeitfaktor
assoziiert werden kann [van't Hof et al., 2006]. Es muß angemerkt werden, daß die
Einschätzung der klinischen Heterogenität zwischen den Studien die Bewertung von
Unterschieden in der Art der Kariesentfernung vor dem Legen einer GIZ-Füllung oder die Art
des verwendeten GIZ-Materials nicht mit einschloß. Handexkavation des infizierten Dentins
nach dem Prinzip der ART-Methode wurde in 3 Studien durchgeführt [Taifour et al., 2002
(Studie 1); Taifour et al., 2002 (Studie 2); Frencken et al., 2007]. In einer Studie wurde die
41
Handexkavation durch chemo-mechanische Wirkstoffe unterstützt [Mandari et al., 2003] und
2 Studien enthielten keine präzisen Angaben, auf welche Weise die Karies vor dem Einsatz
von GIZ-Füllungen entfernt wurde. [Welbury et al.,1991; Östlund et al.,1992]. Handexkavation
von Karies entfernt nur das weiche, infizierte Dentin, aber nicht das härtere, demineralisierte
Dentin [Tyas et al., 2000]. Es könnte daher angenommen werden, daß die Handexkavation
zu einer größeren Anfälligkeit für eine erneute Kariesbildung führt, als Kariesentfernung durch
Bohren da bei der Letzteren generell mehr Zahnsubstanz entfernt wird. Im Gegensatz zu
einer solchen Annahme, zeigten dennoch alle Studien [Taifour et al., 2002 (Studie 1); Taifour
et al., 2002 (Studie 2); Frencken et al., 2007], bei denen Handexkavation angewendet wurde,
weniger Karies an Rändern der GIZ-Füllungen als an Amalgamfüllungsrändern, die nach
Bohrung eingesetzt wurden. In 5 Studien wurde GIZ-Material von niedriger Festigkeit benutzt
[Welbury et al.,1991; Östlund et al.,1992; Mandari et al., 2003; Qvist et al., 2004 (Studie 1);
Qvist et al., 2004 (Studie 2)], in anderen Studien wurde GIZ mit hoher Festigkeit eingesetzt
[Taifour et al., 2002 (Studie 1); Taifour et al., 2002 (Studie 2); Frencken et al., 2007]. Es
wurde berichtet, daß beide GIZ-Materialien unterschiedliche physikalische Eigenschaften
besitzen [Frencken et al., 2004]. Diese Eigenschaften beeinflussen aber nur die Integrität des
Füllungsrandes, die anatomische Form und den Materialverlust auf der Oberfläche von GIZ-
Füllungen.
Die Ergebnisse der Metaanalyse zeigen, daß Kariesläsionen an Rändern von einflächigen
GIZ-Füllungen im Vergleich zu Amalgamfüllungen bei bleibenden Zähnen seltener sind. Es
wird angenommen, daß die kontinuierliche Freisetzung von Fluorid durch das GIZ-Material
als Schutz dient und die Zähne daher auch bei einem marginalen Defekt kariesfrei bleiben.
Amalgam bietet lediglich einen mechanischen Schutz und dadurch besteht für den Zahn ein
höheres Kariesrisiko. Die kombinierte Odds Ratio für einflächigen Füllungen bei bleibenden
Zähnen von 2,64 (CI 95% 1,39 - 5,03) legt nahe, daß die Wahrscheinlichkeit für das
Ausbleiben von Kariesläsionen bei GIZ zweimal höher ist, als bei Amalgamfüllungen
(Abbildung 1).
Die 3-Jahresergebnisse für mehrflächige Füllungen im Milchgebiß (Abbildung 2) als auch die
Ergebnisse der Studie von by Qvist et al. [2004 (Studie 2)] nach 8 Jahren zeigen, daß keins
der Materialen besser ist. Die Ergebnisse der beiden Studien zu Kariesläsionen an Rändern
von Einflächenfüllungen in Milchzähnen (Taifour et al. [2002 (Studie 1), Qvist et al. [2004
(Studie 1) und die Ergebnisse der Studie von Welbury et al. [1991] zeigen keinen
Unterschied. Der Grund dafür ist unklar. Es kann angenommen werden, daß durch Faktoren,
wie z.B. eine kleinere Füllungsoberfläche oder eine erschwerte Füllungstherapie bei Kindern
die kariespräventiven Eigenschaften von GIZ in Milchzähnen im Vergleich zu Amalgam
weniger überwiegen können. Des Weiteren wurde in keiner der akzeptierten Studien über die
42
Fluoridversorgung der Probanden berichtet. Wie von Hara et al. [2006] angeregt, kann
angenommen werden, daß eine Versorgung der Probanden aus externe Fluoridquellen die
Zähne mit Amalgamfüllung resistenter gegenüber Karies gemacht hätte, was eine
kariespräventive Wirkung von GIZ verschleiern würde.
Schlußfolgerung
Im Rahmen dieser Metaanalyse kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß
Kariesläsionen an Rändern von einflächigen GIZ-Füllungen weniger auftreten als bei
Amalgamfüllungen im bleibenden Gebiß nach 6 Jahren. Dieses Ergebnis steht im Einklang
mit in-situ und in-vitro Beobachtungen von GIZ-Eigenschaften [Wesenberg und Hals, 1980;
Tsanidis und Koulourides, 1992; ten Cate und van Duinen, 1995; Tam et al., 1997; Knight et
al., 2007; Takeuti et al., 2007]. Ergebnisse für die ein- und mehrflächigen Füllungen in
Milchzähnen zeigen keinen Unterschied zwischen beiden Materialien. Zur Bestätigung dieser
Erkenntnisse sind weitere klinische Studien erforderlich.
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46
47
48
Kariespräventive Wirkung von Fissurenversiegelungen auf GIZ und Kunstharzbasis –
eine Metaanalyse.
Veerasamy Yengopal1), Steffen Mickenautsch1 ), Ana C. Bezerra2) and Soraya C. Leal2)
1) Abteilung für Allgemeine Zahngesundheit, Witwatersrand Universität, Südafrika,
2) Abteilung für Restaurative Zahnheilkunde, Universität Brasilia, Brasilia DF, Brasilien
Abstrakt: Das Ziel dieses quantitativen systematischen Review war die Bewertung der
Beweislage für die kariesvorbeugende Wirkung von Glas-Ionomer Zement (GIZ) im Vergleich
zu Versieglern auf Kunstharzbasis. Die Literatursuche erfolgte in neun englisch-sprachigen
und zwei portugiesisch-sprachigen Datenbanken (15. Januar 2008). Für die Aufnahme
wurden randomisierte klinische Studien und systematische Reviews in Betracht gezogen.
Ausschlußkriterien für die Studien waren: Probantenverlust > 33%, fehlende Zufallszuteilung,
fehlende statistische Anpassung der Baselinedifferenz in den Gruppen und Fehlen einer
Präsentation von klinisch wichtigen Ergebnissen. Zwei Autoren überprüften unabhängig
voneinander die Artikel. Das Hauptkriterium für die vorbeugende Wirkung beider Materialien
war das Ausbleiben von Karies an versiegelten Zähnen. Von 112 Artikeln wurden 25 Artikel
für den Review ausgewählt. Davon wurden 14 ausgeschlossen, 11 Artikel wurden akzeptiert,
(8 Studien und 3 systematische Reviews). Die akzeptierten Reviews lieferten keine Beweise
für die Überlegenheit eines Versiegelungsmaterials über das andere. Sechs Studien wurden
in die Metaanalyse aufgenommen. Die zusammengefaßte Odds Ratio war 1,96; 95% CI 0,62
- 1,49 und zeigte keinen Unterschied in der kariesvorbeugende Wirkung zwischen GIZ und
den auf Kunstharz basierenten Versiegelungsmaterialien. Dieser systematische Review mit
Metaanalyse fand keinen Beweis bezüglich der Überlegenheit eines Materials über das
andere in der Kariesvorbeugung. Beide Materialien scheinen daher für die klinische
Anwendung als Fissurenversiegler geeignet zu sein.
Schlüsselwörter: glass ionomer cement; resin composite; fissure sealing; meta-analysis.
49
Einführung
Die Grübchen und Fissuren von Zähnen im Seitenzahnbereich gelten als besonders anfällig
für die Adhäsion von Mikroorganismen und folglich für Karies. Deshalb tritt an diesen Stellen
ein hohes Maß an Karies auf. Fissurenversiegelungen werden zur Kariesprävention
angewendet und 71% der Okklusalkaries ist nach einer einmaligen Fissurenversiegelung
vermeidbar (1). Die Beweislage für Nutzen und Kosteneffektivität der Versiegler bei der
Reduzierung von Okklusalkaries in Molarzähnen wurde in einer Reihe von Artikeln in
hochrangigen Fachzeitschriften hervorgehoben (1-5). Das häufigst verwendete
Versiegelungsmaterial ist ein Kunstharzgemisch (6-8) dessen kariesvorbeugende Wirkung
auf der Versiegelung der Grübchen und Fissuren durch Mikroretention beruht. Dabei werden
nach Säureeinwirkung die sogenannten Tags geschaffen. Diese können jedoch durch
Kontamination mit Speichel zerstört werden, was eine Reduzierung der Mikroretention und
folglich der kariesvorbeugenden Wirkung zur Folge hat (9). Im Bezug zur allgemein feuchten
Umgebung in der Mundhöhle bietet Glas-Ionomer Zement (GIZ) eine Alternative. Dank seiner
hydrophylischen Eigenschaften ist GIZ auf Feuchtigkeit weniger empfindlich als ein
hydrophobischer Kunststoff (19). Es wurde vorgeschlagen, daß der “goldene Standard" bei
Kariesvorbeugung durch Versiegelungen nicht auf physikalischen (Materialretention auf der
Zahnoberfläche), sondern vielmehr auf biologischen Ergebnissen basieren sollte (11). Solche
biologischen Ergebnisse werden im Zusammenhang mit dem Ausbleiben von Karies in
Grübchen und Fissuren nach Versiegelung gemessen. Bisher wurden drei systematische
Reviews (2, 11, 12) mit der Bewertung der GIZ-Effektivität veröffentlicht. Der Review von
Mejare et al. (12) beinhaltet keinen direkten Vergleich zwischen GIZ und Versieglern auf
Kunstharzbasis. Ein Cochrane Systematic Review (2), nutzte strenge Ausschlußkriterien, was
zum Ausschluß von vielen Studien aus der abschließenden Analyse führte. Der
systematische Review von Beiruti et al. (11) schloß Studien aus, die keine Statistiken über
relatives und zuschreibbares Risiko enthielten. Weiterhin wurden in diesen drei
systematischen Reviews nur in englischsprachigen Datenbanken recherchiert und nur
englischsprachige Artikel geprüft. Des Weiteren basierten die uneindeutigen Ergebnisse
dieser Reviews auf einer Beurteilung der Autoren nach PICOS-Format (Patienten;
Intervention; Kontrollen; Ergebnis; Schlußfolgerungen) und auf einer narrativen Synthese der
einbezogenen Studienergebnisse. Die narrative Synthese in systematischen Reviews hat
aber einen Nachteil. Es kann zu systematischen Fehlern kommen, wenn Ergebnisse einiger
Studien unangemessen über Ergbnisse von anderen Studien hervorgehoben werden (13).
Der Vorteil von Metaanalyse gegenüber einer narrativen Synthese ist die Möglichkeit eine
statistischen Signifikanz (p < 0,05) von Behandlungseffekten festzustellen und durch
Quantifizierung des Ergebnisses eine präzisere Einschätzung eines Behandlungseffekts.
durchführen zu können (13). Obwohl die methodische Schwächen der eingschätzten Studien
die Beweisführung beeinträchtigt, bietet das Gesamtgewicht der so erlangten Beweislage
50
(wenn möglich, in Form einer Metaanalyse) eine viel objektivere Bewertung. Die
uneindeutigen Ergebnisse der drei veröffentlichten systematischen Reviews könnten das
Gegenteil wiederspiegeln, wenn eine Metaanalyse der Studien hinzugefügt worden wäre.
Dies war in der Tat der Fall bei einer Reihe von systematischen Reviews. Die einzelnen
Studien hatten unterschiedliche Ergebnisse, das Gesamtgewicht der Beweisführung
(zusammengefaßte Studienergebnisse mit ähnlichen Ergebnissen) wurde aber als
beweiskräftig befunden (14 - 16).
Das Ziel dieses systematischen Review ist nicht nur die Erweiterung der z.Z.
bestehenden Beweislage durch Einbeziehung von nicht-englischsprachigen Studien. Es soll
auch zum ersten Mal eine Metaanalyse durchgeführt werden, um die kariesverhütenden
Wirkung von GIZ im Vergleich zu Fissurenversiegler auf Kunstharzbasis quantitativ zu
bewerten.
Materialien und Methoden
Suchstrategie
Die Literaturrecherche wurde in neun englischsprachigen Datenbanken durchgeführt: Biomed
Central, Cochrane Oral Health Reviews, Cochrane Library, Directory Of Open Access
Journals, Expanded Academic ASAP PLUS, Meta Register Of Controlled Trials - mRCT,
PubMed, Science-Direct, Research Findings Electronic Register -ReFeR aund in zwei
portuguiesischsprachigen Datenbanken: Bibliografia Brasileira Em Odontologia - BBO,
Literatura Latino-Americana E Caribenha Em Ciencias Da Saude -LILACS. Für die Suche in
den Datenbanken wurden Suchbegriffsketten erstellt, die sich aus relevanten Wörtern und
booleschen Verbindern zusammensetzen. Die englischen Suchbegriffe: "(GIC sealant* OR
Glass ionomer cement sealant) AND (caries OR tooth decay)" wurde bei der Recherche in
den englischsprachigen Datenbanken benutzt und die portugiesischen Suchbegriffe:
"SELANTE" [Palavras] und "CIMENTOS DEIONOMEROS DE VIDRO" [Palavras] und
"CARIE" [Palavras]" wurden für die Recherche in den portugiesischsprachigen Datenbanken
benutzt. In die Suche wurden alle bis zum 15.Januar 2008 in den Datenbanken aufgelisteten
Publikationen einbezogen.
Kriterien für Artikelaufnahme und Ausschluß
Klinische Studien und systematische Reviews von anderen Autoren kamen für die
Artikelaufnahme in Frage. Publikationen wurden aufgenommen, wenn ihr Titel und Abstrakt
den allgemeinen Aufnahmekriterien entsprachen: (i) Titel/Abstrakt relevant zum Thema; (ii)
Artikel in Englisch, Deutsch, Portugiesisch oder Spanisch veröffentlicht. Wenn nur ein
relevanter Titel ohne einen Abstrakt vorlag, wurde die gesamte Publikation zur Aufnahme
51
Tabelle 1. Kriterien für den Ausschluß von Studien und Literaturreviews.
geprüft. Entsprechend veröffentlichten Empfehlungen (17), wurden die aufgenommenen
Artikel durch zwei Reviewer unabhängig voneinander geprüft. Meinungsverschiedenheiten
wurden durch Diskussion und Konsensus gelöst. Die Artikel wurden nach der Überprüfung
nur dann daufgenommen, wenn sie alle Ausschlußkriterien bestanden (Tabelle 1). Falls
mehrere Berichte über dieselbe Studie vorlagen, wurde der Bericht aufgenommen, der die
längste Periode abdeckte.
Datensammlung aus akzeptierten Studien
Das Ergebnismaß der kariesvorbeugenden Wirkung war das Ausbleiben von Karies an
versiegelten Zähnen. Zwei Reviewer (VY und SM) sammelten Daten aus den
aufgenommenen Artikeln. Dabei wurde ein Datensammlungsformular verwendet, welches in
Pilotversuchen getestet wurde. Dies enthielt die in der Tabelle 2 dargestellte Informationen.
Nach Möglichkeit wurden die fehlenden Daten anhand von den im Text oder Tabellen
enthaltenen Informationen kalkuliert. Auf diese Weise wurde eine 2x2 Tabelle erstellt, die zur
Eingabe von Voruntersuchungsdaten für Metaanalysen diente. Meinungsverschiedenheiten
zwischen den Reviewern während der Datensammlung wurden durch Diskussion und
Konsensus gelöst. Es wurde vorhergesehen, daß einige der geeigneten Studien nach der
‘Splitmouth’-Methode gestaltet sein würden. Die ‘Splitmouth’-Methode wird häufig in der
Zahnmedizin verwendet und hat den Vorteil, daß ein Teilnehmer sowohl ein Proband als auch
eine Kontrollperson sein kann. Bei dieser Methode bilden ein oder mehrere Zahnpaare die
Einheit der Zufallszuteilung. Genau genommen sind diese Paare nicht unabhängig und
sollten als "gepaarte Daten" pro Patient analysiert werden. Wie in anderen ähnlichen Reviews
von Studien mit ‘Splitmouth’-Methode (2), wurde entschieden, die Paare unabhängig
voneinander zu analysieren, um den Ausschluß der meisten für die Aufnahme geeignete
Studien zu vermeiden.
Studien Literaturreviews Ausschiedsrate > 33% Schwerpunkt auf Population oder Intervention im Titel oder
Abstrakt unklar
Keine Verdeckung gegenüber Patienten und Therapeuten, wo möglich und angebracht
Artikelmethodik gibt keine klare Beschreibung zu den Kriterien für Aufnahme und Ausschluß der geprüften Publikationen.
Grundunterschiede zwischen Gruppen nicht statistisch angepasst
Relevante klinische Ergebnisse für Patienten nicht bewertet. Kein in-vivo oder in-situ Studiendesign Keine Zufallszuteilung/Quasi-Zufallszuteilung durchgeführt
Artikelmethodik macht keine Angabe zu Suchstrategie, zu benutzten Schlüsselwörtern und Datenbanken und enthält keine tabellarische Übersicht über einzelnen Studien mit Einschätzung zur Studienqualität.
52
Studienqualität
Die Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien wurde durch zwei Reviewer (VY und
SM) unabhängig voneinander vorgenommen. Die Qualitätsbewertung wurde zuerst an
anderen Studien getestet. Unterschiede in der Qualitätsbewertung durch beide Reviewer
wurde durch Diskussion und Konsensus beglichen. Studien wurden auf vier Qualitätskriterien
hin geprüft:
(1) Erstellung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. computererzeugte zufällige Zahlen, erzeugt durch eine Tabelle von
zufälligen Zahlen;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. Verwendung von Patientennummer, Geburtsdatum, erzeugt durch
abwechselnd aufeinanderfolgende Patientennummern, etc.
(2) Verdeckung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. zentrale Zufallszuteilung, undurchsichtige aufeinanderfolgend nummerierte
Umschläge;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. offener Zuordnungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige
Umschläge.
(3) Verdeckte Ergebnisbewertung, beschrieben als:
(A) Ja;
(B) Unklar;
(C) Nein;
(D) Nicht möglich.
(4) Vollständigkeit der Nachfolgeuntersuchungen (klare Gründe für Probandenausschied
erklärt und Verlustzahl für jede Behandlungsgruppe berichtet) bewertet als:
(A) Ja, Ausfälle weniger als 30%
(B) Ja, Ausfälle mehr als 30%
(C) Keine Erklärung
53
Tabelle 2. Details der aufgenommenen Studien
Kariesvorbeugender Effekt Autoren
Studien- methodik
Test- material
Kontroll- material
Teilnehmer / Zähne
Alter (Jahre)
Zahnetyp Applikation Studien- länge
Ausfälle (%) Testmaterial
Kontroll-material
Lovadino JR, et al. (32)
RCT (SM) Chelon Fil Delton 22 Kinder 6-11 1.Permanentmolare Einmalig 1
31,8% Kinder (7/22) GIZ – 80% Gesamtretention Kunstharz - 33.33% Gesamt- Retention
100% Kariesfrei
100% Kariesfrei
Tostes M (33)
RCT (SM)
1.Ketac Cem 2.Fluoroshield 3.Fluorlack
Keine Behandlung
25 Kinder 6-8
1.Permanentmolare Einmalig 2
12% Kinder (3/25) GIZ – 100% teilweise oder ganz Kunstharz – 63,7% teilweise oder ganz
1,13% Zähne in Kunstharz Gruppe nach 24 Monaten 2,27% in GIZ Gruppe 2,27% in F Lack Gruppe. Keine statistische Signifikanz in allen 4 Gruppen
2,27% Zähne in Kontrollgruppe kariös p> 0,05
Karlzen-Reuterving G & van Dijken JWV (34)
RCT (SM)
Fuji III Delton
47 (26 Mädchen; 21 Jungen) 148 1.Molare
7 1. Molar Einmalig 3
4,3% Kinder (2/47) GIZ-72,2% teilweise; 98% ganz Kunstharz- 20,8% teilweise; 0% ganz
Kariöse Zähne: 1,4% GIZ F/S Zähne
Kariöse Zähne: 4,2% Zähne mit kunstharz- basierten Versiegelung
Arrow P, et al. (35)
RCT (SM)
Ketac Fil
Delton
465 Molarpaare bei 465 Kindern
7 1. Molar Einmalig 3,64
10,8%(50/465) Kinder Ausfälle >60% beide Versiegler ausgefallen 62% GIZ ausgefallen nach 44 Monaten 100% Kunstharz ausgefallen nach 44 Monaten
Kariöse Zähne: 1,5% (6/415) RR=0,19 (CI 0,09-0,4)
Kariöse Zähne: 7,5% (31/415)
54
Williams B, et al. (36) (Ergebnisse aus nur 2 Jahren überprüft)
RCT (SM)
Fuji III Delton
860 Versiegelungen bei 228 Kindern
6-8 1. Molar Einmalig 2
31% (71/157) Kinder ausgefallen nach 2 Jahren; GIZ- 93% (274/295) Kunstharz-18% (55/295) ausgefallen
Kariöse Zähne: 6,4% (19/295)
Kariöse Zähne: 1,4% (4/295)
1. Fuji III
1. Keine Behandlung
1. DFS –für 1. Molar reduziert um 52%; mittlere DMFS für gesamten Mund 51,3% im Vergleich zu Kontrolle
Songpaisan Y, et al. (31) (Part 1)
RCT (PG)
2. Fuji III 2. Keine Behandlung
512 Kinder mit ≥3 1. Molare eingeteilt in 4 Gruppen (Kontrolle; 3 Test)
7-8
1. Molar
Einmalig oder wiederholt GIZ, wenn fehlent nach 6 Monaten; Fluorid-applikation Baseline, 6, 12 Monate
2
14% (73/512) ausgefallen nach 2 Jahren. Nach 24 Monaten, 96% GIZ F/S ausgefallen
2. DFS –für 1. Molare reduziert um 74%; mittlere DMFS für den ganzen Mund reduziert um 64,7% im Vergleich zu Kontrolle
DMFS Wert stieg von 0,43 an der Baseline auf 1,63 nach 2 Jahren
Songpaisan Y, et al. (31) (Part 2)
RCT (PG)
1. Fuji III
1. Keine Behandlung
752 Kinder mit ≥3 1. Molaren eingeteilt in 4 Gruppen (Kontrolle; 3 Test)
12-13 Molare
1. Einmalig und wiederholt GIZ wenn fehlt nach 6 Monaten; topisches Fluorid an der Baseline, 6, 12 Monaten
2
11% (81/752) ausgefallen nach 2 Jahren. Nach 2 Jahren, 99% GIZ F/S ausgefallen; 15% Kunstharz F/S ausgefallen.
1. DFS –für Molare reduziert um 31%; mittlere DMFS für den ganzen Mund nicht signifikant im Vergleich zu Kontrolle
Kunstharz basierte Versiegler – bessere Leistung als GIZ beim Vergleich der DFS Werte nach 2 Jahren
55
2. Fuji III
2. Keine Behandlung
2. Einmalig
2. DFS –für 1. Molare reduziert um 20%; mittlere DMFS für den ganzen Mund nicht signifikant im Vergleich zu Kontrolle
3. Delton (LC)
3. Keine Behandlung
3. Einmalig
3. DFS –für 1. Molare reduziert um 93%; mittlere DMFS für den ganzen Mund signifikant niedriger als Kontrolle
Kerrvanto- Seppälä S et al. (38)
RCT (SM)
Fuji III Chemische Behandlung
Delton (LC)
599 Kinder Versiegelung der 2. Molare
12-16 Jahre
2. Molare
GIZ = Einmalig/ Kunstharz = defekte Versiegelungen erneut versiegelt
3 20%
Kariesvorbeugender Effekt bei kunstharzbasierten Fissurversieglern 74,1% (95%CI 43,4-88, 13%) und Ratendiffirenz 3,2% (95%CI 1,44-4,98%). Relatives Risiko für kariöse Oberflächen versiegelt mit GIZ 3,9 (95%CI 1,77-8,42)
Rock WP, et al. (37)
RCT (SM)
GIZ (Baseline)
Kunstharz (Fluoro-shield –enthält F –Lichtinduziert)
86 Kinder GIZ F/S auf einer Seite und Kunstharz F/S kontralateral
7-8 1. Molare Einmalig 3
Nach 3 Jahren, 24% (21/86) lost to Follow-up. Nach 3 Jahren, 0% GIZ F/S intakt; 70% Kunstharz FS intakt.
Nach 3 Jahren, Karies bei 13,8% GIZ F/S Zähnen;
Nach 3 Jahren, Karies bei 3,2% der Zähne mit Kunstharz-Füllung. Statistisch signifikant.
RCT = Kontrolstudie mit Zufallszuteilung; SM = ‘Splitmouth’-Methode; F/S = Fissurenversiegelung; GIZ = Glas-Ionomer Zement.
56
Metaanalyse
Vorhandensein und Ausbleiben von Karies wurden als dichotome Dateneinheit behandelt. Die
klinische und methodische Heterogenität der Studien wurden nach Cochranerichtlinien
bewertet (13). Studien wurden als homogen betrachtet, wenn sie keine wesentlichen
Unterschiede in den folgenden klinischen und methodischen Aspekten aufwiesen:
Patientenalter; Studienlänge; Art des Versiegelungsmaterials; Anwendungsfrequenz des
Versiegelungsmaterials; Ergebnis. Nur klinisch und methodisch homogene Studien wurden in
die Metaanalyse aufgenommen. Es wurde das Fixed-Effects-Model der Software für
Metaanalysen RevMan 4.2 benutzt. Die Unterschiede der karieshemmenden Wirkung wurden
auf der Grundlage von Odds Ratios (OR) und des entsprechenden 95% Konfidenzintervalls
(CI) aus jeder Studie errechnet. Proportional zu dem Stichprobenumfang wurde den Studien
ein Mantel-Haenzel-Gewicht zugeteilt.
Ergebnisse
Aus den ersten Suchergebnissen wurden 112 Artikel ausgewählt und davon 25 in den Review
aufgenommen. Eine unabhängige Überprüfung dieser 25 Artikel schloß 2 Reviews (8,18) und
12 Studien (19-30) aus. In Tabelle 3 sind die Gründe für den Ausschluß beschrieben. Vier
Studien (19,20,23,29) wurden ausgeschlossen, weil die Teilnehmerausschiede über 33%
betrugen. Die Studie von Boksman et al. (21) wurde nach sechs Monaten (3 Jahre waren
geplant) abgebrochen, weil nur 1,7% der GIZ-Versiegelungen für die Auswertung verfügbar
blieb.
Acht Studien (31-38) und drei Literaturreviews (2,11,12) wurden aufgenommen und bildeten
die Grundlage für die Auswertung im Bezug auf karieshemmende Wirkung von GIZ versus
Fissurenversiegelungen auf Kunstharzbasis.
Beschreibung der akzeptierten Reviews
Drei Literaturreviews (2,11,12) wurden akzeptiert. Der systematische Review von Cochrane
(2) hat die karieshemmende Wirkung von Kunstharz und GIZ anhand von Studien, die diese
beiden Interventionen miteinander, mit einem Placebo (oder mit keiner Therapie) verglichen
haben, ausgewertet. Nach strengen Aufnahme- und Ausschlußkriterien wurden 40 von 56
Studien von dem Review ausgeschlossen (wie z.B. ‘Splitmouth’-Studien ohne gepaarte
Angaben von Daten). Es wurde nicht versucht die fehlenden Daten aus der vorhandenen
Information zu berechnen. Die strengen Kriterien trugen zur methodischen Stärke dieses
Reviews bei, führten aber zu ähnlichen Ergebnissen wie bei Mejare et al. (12): eine
Beweisführung für die Effektivität von Kunstharzversiegelungen lag vor, die Beweisführung für
Versiegelungen auf GIZ-Basis wurde aber als weniger überzeugend und unvollständig
befunden.
57
Tabelle 3. Ausgeschlossene Artikel und Gründe für den Ausschluß
Des Weiteren waren die Ergebnisse des Vergleiches von Kunstharz- und GIZ-Versiegelungen
widersprüchlich, da zwei der ausgewerteten Studien (23, 31) den Kunstharz begünstigten,
während eine Studie (35) angab, daß die GIZ-Versiegelungen eine wesentlich bessere
Leistung nach 44 Monaten zeigten. Da die Ergebnisse dieser Studien sich deutlich
unterschieden, haben die Autoren keine Metaanalyse unternommen.
Der zweite Review von Mejare et al. (12) hat keine Studien aufgenommen, die einen
Vergleich der beiden Versiegelungsmaterialien enthielt. Alle der 13 im Review von Mejare et
al. (12) ausgewerteten Studien enthielten Kontrollgruppen, die keine Intervention erhielten
(z.B. karieshemmende Wirkung der Versiegelungen pro Zahn/Kind wurde mit "keine
Therapie" verglichen). Keine dieser Studien wurde als "hochwertig" eingestuft; nur 2 wurden
als "moderat"-beweiskräftig bezeichnet, die meisten wurden als "begrenzte"-beweiskräftig
bewertet. Das Hauptergebnis war eine relative Risikoreduktion (Anzahl der kariösen
Okklusalflächen bei Kontrollgruppen minus Anzahl der kariösen Flächen bei versiegelten
Zähnen, geteilt durch die Anzahl der kariösen Flächen bei Kontrollgruppen) oder eine
Autoren Gründe für Ausschluß Forss H & Halme E (20) Ausfallrate = 42%
Mejare I & Mjor IA (21) Keine Beschreibung der Zufallszuteilungmethode Erwachsenenausfallrate = 38% (Keine Information zu Kinderausfallrate)
Boksman L et al. (22) Ausfallrate = 98,3% der Versiegelungen; Studie nach 6 Monaten abgebrochen
Herle GP et al. (23) Keine randomisierte Kontrolle in-vivo oder in-situ Poulsen S et al. (24) Ausfallrate = 35,2%
Yip H-K & Smales RJ (19)
Artikelmethodik beschreibt keine klare Suchstrategie, benutzte Suchstichwörter und Datenbanken, keine klaren Kriterien für die Aufnahme und Ausschluß der geprüften Publikationen und enthält keine Kritiktabelle nach Studien oder Diskussion der Studienqualität.
Simonsen RJ (8)
Studienmethodik beschreibt keine klare Suchstrategie, benutzte Suchstichwörter und Datenbanken, keine klaren Kriterien für die Aufnahme und Ausschluss der geprüften Publikationen und enthält keine Kritiktabelle nach Studien oder Diskussion der Studienqualität.
Basting RT et al. (25) Keine randomisierte Kontrolle in-vivo oder in-situ
Navarro MFL et al. (26)
Gruppen nicht vergleichbar (GIZ-Gruppe hat viel Karies; Kunstharz-Gruppe hat wenig Karies); keine Angabe zur Zufallszuteilungmethode; keine Anpassung der Grundunterschiede in Gruppen).
Ganesh & Shobha (27) Keine randomisierte Kontrolle in-vivo oder in-situ Kantovitz KR et al. (28) Keine randomisierte Kontrolle in-vivo oder in-situ Delfino CS et al. (29) Keine randomisierte Kontrolle in-vivo oder in-situ Beiruti N et al. (30) Ausfallrate mehr als 50% nach 5 Jahren
Poulsen S et al. (31)
Diese Studie war Teil einer größeren Studie von 386 Kinder, die in einer randomisiert-kontrollierten Studie teilnahmen, die GIZ (Fuji III) und Kunstharzversiegelung (Delton) auf karieshemmende Wirkung und Retention des Versiegelungsmaterials untersuchte. Die Autoren unternahmen eine sekundäre Datenanalyse einer Portion der Kinder (n=153) mit 364 Seitenpaaren und Bißflügeln. Die kariesverhüttende Wirkung der Versiegelungen wurde mit Hilfe von Kriterien der klinischen und radiologischen Diagnose verglichen. Die Auswahl der Stichprobe war nicht randomisiert (nur Kinder mit Bißflügelaufnahmen) und war eine sekundäre Analyse nur eines Teils der Teilnehmer (n=153).
58
verhinderte Fraktion (Kariesinkrement bei Kontrollgruppen minus Kariesinkrement bei der
Gruppe mit Fissurenversiegelung, geteilt durch das Kariesinkrement der Kontrollgruppen).
Die angegebene relative Risikoreduktion war unterschiedlich - zwischen 4% und 93% - bei
allen ausgewerteten Studien. Eine Metaanalyse der karieshemmenden Wirkung bei
Einmalanwendung von Kunsstoffversieglern auf den Okklusalflächen der 1. Molars zeigte,
daß das relative Kariesrisiko bei versiegelten Fissuren im Vergleich zu unbehandelten
Fissuren 0,67 (95% CI 0,55 - 0,83) war. Dies entsprach einer relativen Risikoreduktion von
33%. Nur 2 der 13 Studien im Review von Mejare et al. beschäftigten sich speziell mit den
GIZ-Fissurenversiegelungen (31,39). Beide Studien berichteten über eine deutliche
karieshemmende Wirkung der GIZ-Versiegelungen. Die Beweiskraft wurde aber als nur
"begrenzt" bewertet. Folglich gelangen die Autoren zu dem Schluß, daß die Beweislage im
Bezug auf GIZ-Versiegelungen unvollständig ist.
Der systematische Review von Beiruti et al. (11) steht den Reviews von Cochrane (2) und
Meare et al. (12) kritisch gegenüber, da der erste zu viele Studien ausgeschlossen hatte und
der letztere nur Studien aufgenommen hat, in welchen die Kontrollgruppen keine Intervention
erhielten. Beiruti et al. (11) begrenzten ihre Recherche auf Artikel aus den Datenbanken
Medline und PubMed bis Dezember 2004 und analysierte nur englischsprachige Studien (94
Publikationen wurden aufgefunden und 12 analysiert). Von diesen wurden nur randomisierte,
kontrollierte Studien (RCT) analysiert, aus denen das relative Risiko (RR) bzw. ein
zuschreibbares Risiko (AR) als Hauptergebnismaß einer kariesverhütenden Wirkung
berechnet werden konnte. Die GIZ-Materialien wurden als mittelviskos, niedrigviskos oder als
niedrigviskos/kunstharzmodifizierte GIZ kategorisiert. Die Materialien auf Kunstharzbasis
wurden in Gruppen "selbsthärtend" und "lichthärtend" eingeteilt. Obwohl eine solche Methodik
für viel angebrachter erachtet wurde, als die der anderen beiden Reviews (2,12) waren die
Schlußfolgerungen ähnlich zum Cochrane Review, d.h. es wurde keine Beweisführung für
den Vorteil des Kunstharzes über den GIZ-Versiegelungsmaterialien bei langfristigen
Vorbeugung der Kariesentwicklung in Zahnfissuren geliefert.
Beschreibung der akzeptierten Studien
Von den 8 in diesen systematischen Review aufgenommenen klinischen Studien (31-38)
(Tabelle 2) waren 7 nach dem ‘Splitmouth’-Methode durchgeführt (32-38) und 1 war eine
Parallelgruppenstudie (31). In den ‘Splitmouth’-Studien war die Einheit der Zufallszuteilung
der Zahn. Diese Studien gaben erheblich unterschiedliche Studienlängen und
Stichprobenumfänge an. Alle untersuchten Zähne waren 1. Molaren bei Kindern im Alter von
6-11 Jahren, mit Ausnahme der Studie von Kervanto-Seppala et al. (38). In dieser Studie
wurde die kariesvorbeugende Wirkung von GIZ versus Kunstharzversieglern nur bei den 2.
Molaren bei Kindern im Alter von 12-16 Jahren untersucht. In allen ‘Splitmouth’-Studien, mit
59
Ausnahme der Studie von Tostes (33), wurden die Interventionen den Zahnflächen eines
jeden Zahnpaares pro Patient (entweder 1 oder 2 Molarpaare) durch Zufallszuteilung
zugeordnet. Die Studie von Tostes (33) dagegen, organisierte die Zufallszuteilung der Zähne
eines jeden Kindes so, daß 3 Interventionen vorgenommen werden konnten. Für die vierte
Intervention wurden Molarzähne ausgewählt, die zur Kontrolle dienten (Tabelle 2). Bis auf die
Studie von Kervanto-Seppala et al. (38) bei welcher die Kinder Patienten der Klinik waren,
wurden die Kinder bei allen anderen Studien (31-37) aus den lokalen Schulen einbezogen.
Alle Studien lieferten eine klare Beschreibung der Interventionen (Tabelle 2), aber nur 2
Studien (31,35) lieferten Informationen zur Kariesprävalenz am Anfang der Studie in Form
von DMFT/dmft: DMFT 1,81 +/- 1,84 für 12 -13jährige (31) und dmft 1,64 +/- 2,45 für Kinder
im Durchschnittsalter von 7 Jahren (35). Zwei Studien (31,36) gaben eine
Fluoridekonzentration im Drinkwasser zwischen 0,1 - bis 0,7 ppm an. Fünf Studien (32-35,38)
gaben keine Information zur Fluoridekonzentration. Nur drei Studien (31,36,38) lieferten
Informationen über die Verlässlichkeit zwischen den Auswertern anhand von Kappawerten
und keine der aufgenommenen Studien überprüfte die Wirkung von potentiellen Störfaktoren
auf die gelieferten Ergebnisse. Aus einer Studie wurden nur Daten nach 2 Jahren
aufgenommen, obwohl diese auch Ergebnisse nach 4 Jahren geliefert hat. Die
Vierjahresergebnisse wurden aufgrund einer hohen Ausfallsrate (49%) nicht zur Analyse mit
einbezogen (36).
Qualität der akzeptierten Studien
Tabelle 4 gibt Information zu den bewerteten Qualitätskriterien der aufgenommenen Studien.
Nur eine Studie (31) konnte als eine randomisierte Kontrollstudie mit Parallelgruppendesign
betrachtet werden. Alle anderen waren ‘Splitmouth’-Studien, die als Studien mit einer quasi-
Zufallszuteilung betrachtet werden. Alle Studien enthielten Informationen zur
Probantenausschiedsrate. In zwei Studien wurde die Behandlungszuordnung als A (Adäquat)
bewertet (36,37), B (Unklar) in fünf (32-34) und C (Inadäquat) in den restlichen zwei Studien
(35,38).
Vergleich zwischen GIZ- und Kunstharzversieglern
Von den 8 akzeptierten Studien (31-38), die die kariesverhütende Wirkung zwischen GIZ- und
Kunstharzversieglern verglichen, begünstigten 4 Studien die Kunstharzversiegler (31,36-38),
3 Studien (32-34) fanden beide effektiv und 1 Studie (35) begünstigte GIZ gegenüber den
Kunstharzversieglern.
Die Studie von Songpaisan et al. (31) verglich GIZ und Kunstharzversiegelungen mit einer
Kontrollgruppe ohne Behandlung. Kunstharz wurde nur bei Kindern im Alter von 12-13 Jahren
angewendet. Alle anderen Interventionen wurden bei Kindern im Alter von 7-8 und 12-13
60
Jahren vorgenommen. Bei einem Vergleich der mittleren DFS Werte nach 24 Monaten
(Tabelle 2) wurde eine bessere Leistung der Kunstharzversiegler gegenüber den GIZ-
Versieglern festgestellt.
Die Studie von Kervanto-Seppala et al. (38) untersuchte Versiegelungen an 2. Molaren im
bleibenden Gebiß. Wärend der GIZ-Versiegler nur einmal innerhalb der dreijährigen
Studienzeit aufgetragen wurde, wurden die Kunstharzversiegler während der jährlichen
Auswertungen dort an Zähnen erneuert wo sie defekt oder herausgefallen waren.
Die Studien von Lovadino et al. (32) und Arrow et al. (35) berichteten deutlich höhere
Retentionsraten für GIZ im Vergleich zu Kunstharzversieglern. Alle anderen Studien gaben
genau das Gegenteil, d.h. niedrigere Retentionsraten für GIZ-Versiegler, an. Tostes (33) fand
nach 2 Jahren bei der kariesverhütenden Wirkung keinen statistisch signifikanten Unterschied
zwischen der Intervention- und Kontrollgruppe.
61
Tabelle 4. Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien
Studie Zufallszuteilungsart Zufallszuteilung berichtet Zufallszuteilung Verdeckung Verdeckung Ausfälle
Lovadino JR et al. (33)
B- Unklar B- Unklar D- Nicht möglich B 7/22 (31,8%)
Tostes M (34) B- Unklar B- Unklar D- Nicht möglich A 3/25 (12%) Karlzen-Reuterving G & van Dijken JWV (35)
B- Unklar B- Unklar D- Nicht möglich A 2/47 (4,3%)
Arrow P et al. (36) C- Nach Geburtsmonat B- Unklar D- Nicht möglich A 50/465 (10,8%) Williams B et al. (37) (Resultat nach 2 Jahren)
Quasi-Zufallszuteilung
A- computergenerierte zufällige Nummern
B- Unklar D- Nicht möglich B 71/157 (31%)
Songpaisan Y, et al. (32) (Teil 1) B- Unklar B- Unklar D- Nicht möglich A 73/512 (14%) Songpaisan Y, et al. (32) (Teil 2)
Direct-Zufallszuteilung B- Unklar B- Unklar D- Nicht möglich A 81/752 (11%)
Kerrvanto- Seppälä S et al. (39) C- Nach Geburtsdatum B- Unklar D- Nicht möglich A 20%
Rock WP et al. (38) Quasi-Zufallszuteilung A- Tabellen von zufälligen
Nummern
B- Unklar D- Nicht möglich A 21/86 (24%)
62
Abildung 1. Kariesvorbeugende Wirkung von GIZ- und Kunstharzversieglern
N= Gesamzahl der versiegelten Zähne; n = Anzahl der kariesfreien versiegelten Zähne
Metaanalyse
Die Bewertung der klinischen und methodischen Heterogenität zwischen Studien hat gezeigt,
daß zwei Studien (31,38) sich deutlich von den anderen unterschieden. Die Studie von
Songpaisan et al. (31) hatte das Ergebnismaß DMFT/DFS. Die Studie von Kerrvanto-
Seppala et al. (38) nutzte im Laufe der Untersuchung die wiederholte Anwendung von
Kunstharzversiegelungsmaterialien und hatte ältere Kinder (im Alter von 12-16 Jahren)
aufgenommen. Deshalb wurde keiner der zwei Studien in die Metaanalyse aufgenommen.
Alle sechs Studien (32-37) nutzten die ‘Splitmouth’-Methode. Als Kriterium für klinische und
methodische Homogenität dienten für Studien: Auftreten von Karies an versiegelten Zähnen,
einmalige Materialanwendung in beiden Gruppen über Dauer der Studie, Alter der Kinder
zwischen 6 bis 11 Jahren, Vergleich von niedrigviskosen GIZ mit kunstharzbasierten
Versieglern. Studien die diesen Kriterien entsprachen wurden konsequenterweise in die
Metaanalyse aufgenommen. Obwohl in 3 Studien die Daten nicht als gepaart präsentiert
wurden (34,36,37), war es jedoch möglich, diese aus der in den Tabellen (36,37) und in den
Ergebnisabschnitten gelieferten Informationen (34) der Studien zu berechnen. Das Ergebnis
der Metaanalyse ist in Abbildung 1 dargestellt. Die gemeinsame Odds Ratio (OR 0,96; 95%
CI 0,62-1,49) legt nahe, daß kein Unterschied zwischen beiden Materialien in der
Kariesverhütung besteht.
63
Diskussion
Diese Metaanalyse war die Erste, die nicht-englischsprachige Datenbanken in eine
systematische Literaturrecherche zu diesem Thema mit aufnahm. Obwohl keine
Publikationen in Deutsch und Spanisch identifiziert wurden, wurden doch fünf Artikel in
portugiesischer Sprache (24,25,28,32,33) in den Review aufgenommen und zwei davon
akzeptiert (32,33). Trotz des breiten Ansatzes in der Literaturrecherche, könnten andere
Aspekte der Methodik zu Einschränkungen der Ergebnisse dieses Reviews beigetragen
haben: (i) nicht alle relevante Publikationen wurden in den ausgewählten Datenbanken
aufgelistet (ii) nicht alle relevante Publikationen sind in Englisch, Deutsch, Portugiesisch oder
Spanisch erschienen (iii) die gewählten Suchbegriffsketten könnte für die Erfassung der in
den Datenbanken gelisteten Artikel nicht breit genug gewesen sein. Dadurch konnten
möglicherweise einige relevante Studien nicht aufgefunden werden.
In den drei akzeptierten Reviews (2,11,12) wurden methodische Aspekte hervorgehoben,
welche im Wesentlichen zur Entscheidung über Aufnahme und Ausschluß von Studien
beitgetragen haben. Die ‘Splitmouth’-Methode wird oft in zahnmedizinischen Studien
eingesetzt, um Interventionen zu testen und hat den Vorteil, daß ein Teilnehmer gleichzeitig
als Proband und Kontrollperson dienen kann. Mejare et al. (12) warnt jedoch vor diesem
"randomisierten" Studienmethodik, da dies zum Auschluß von Patienten führt die nur einen
Zahn mit Karies haben. Es wird so ein systematischer Auswahlfehler geschaffen da dadurch
nicht alle Patienten die gleiche Chance zur Teilnahme an der Studie haben. Mejare at al. (12)
haben zu Recht angeregt, daß die ‘Splitmouth’-Methode nur als eine "Quasi-Zufallszuteilung "
gelten kann. Reviews deren Aufnahmekriterien streng genommen nur randomisierte
Kontrollstudien zulassen, schließen theoretisch damit Studien mit der ‘Splitmouth’-Methode
aus. Darüberhinaus sollten die Studien, welche die kariesverhütende Wirkung der
Fissurenversiegler untersuchen, Kinder schon kurz nach dem Durchbruch der ersten Molare
in Studien aufzunehmen, um auf dieser Weise den Auswahlfehler zu reduzieren.
Frühere Publikationen (2,12,40) haben Faktoren hervorgehoben, die die kariesvorbeugende
Wirkung der Fissurenversieglung beeinflussen können. Nur wenige der in diesem Review
aufgenommenen Studien geben diese Faktoren an. Diese sind: (a) Karieshäufigkeit der
Studienpopulation zu Beginn der Studie (31,35); (b) Häufigkeit der Materialanwendungen -
einmalig oder wiederholt während der Studie (31-37); (c) Art des Versieglermaterials (27-37);
(d) Studienlänge (31-37); (e) Art des Zahnes oder Stelle im Kiefer (31-37); (f) Fluoridgehalt im
Trinkwasser (31,36,37); (g) mit dem Zahnarzt verbundene Faktoren (31,36); (h) Rolle anderer
zeitgleichen Präventivmaßnahmen, z.B. Fluoridapplikation (keine); und (i) Aufnahmefrequenz
64
zuckerhaltiger Nahrung (keine). Einiger Resultate, besonders die von den GIZ-Studien, sollte
hervorgehoben werden, da diese Versiegler sogar lange nach ihrem "Verlust" oder "partiellen
Verlust" noch gegen Karies effektiv sind (31,36). Eine geringere Retentionsrate wurde in
vielen systematischen Reviews für GIZ-Versieglern angegeben (2,9,12,41). Es wird
angenommen, daß obwohl die GIZ-Versiegler klinisch "partiell" oder "vollständig" verloren
sind, die Öffnung der Fissuren trotzdem versiegelt bleibt, und die Effektivität von GIZ
entweder der Isolation der Bakterien von Nährstoffen, der Freisetzung von Fluorid im Dentin
oder einer Kombination der beiden Faktoren zuzuschreiben ist (41). Im Gegensatz dazu,
verlieren die Kunstharzversiegler ihre schützenden Eigenschaften nach Retentionsverlust
(36). Daher sollte beim Vergleich von GIZ und Kunstharzversieglern das Auftreten und die
Häufigkeit von Karies und nicht der Bestand/Verlust der Materialretention sein. Die früheren
systematischen Reviews (2,11,12) bestätigen, daß beide, Kunstharz- und GIZ-Versiegler,
kariesvorbeugende Wirkung haben. Das Ergebnis dieser Metaanalyse geht mit diesen
früheren Erkenntnissen einher. Es muß angemerkt werden, daß alle akzeptierten Studien nur
veraltete niedrigviskose GIZ-Materialien untersuchten und auf eine Dauer von 2-3 Jahre
beschränkt waren. Zur Zeit wurden neuere, hochviskose GIZ-Materialien als
Fissurenversiegler eingeführt (29). Die klinische Anwendung dieser hochviskose GIZ-
Fissurenversiegler unterscheidet sich von den niedrigviskosen GIZs. Die Letzteren werden
auf Fissuren in einer dünnen Konsistenz mit einem Handinstrument aufgetragen.
Hochviskose GIZs werden hingegen mit Vaseline benetzten Zeigefinger in die Fissuren
gedrückt (42). Mit dieser Methode kann eine größere Eindringtiefe der GIZ-Materialien in die
Fissuren erreicht werden, als durch Anwendung von niedrigviskosen GIZ mit einem
Handinstrument. Eine größere Eindringtiefe des Materials kann zur höheren Retention in den
Zahnfissuren beitragen. Van’t Hof et al. (43) zeigten in einer Metaanalyse eine Retentionrate
nach drei Jahren, die 72% bei hochviskosen GIZ-Fissurenversieglern und 50% beim
niedrigviskosen GIZ-Material betrug. Beiruti et al. (29) berichteten über eine vier mal höhere
Wahrscheinlichkeit der Kariesvorbeugung in Fissuren nach 5 Jahren, wenn hochviskoser GIZ
mit Fingerdruck aufgetragen wird, als bei der Anwendung von Kunstharzfissurenversieglern.
Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den Ergebnissen dieser Metaanalyse. Sie könnten
aber ein Indiz für die künftige Effektivität der GIZ-Fissurenversiegler sein. Weitere
hochwertige randomisierte Studien sind erforderlich, um diese ersten Erkenntnisse zu
bestätigen.
GIZ und kunstharzbasierte Fissurenversiegler haben beide eine signifikante
kariesvorbeugende Wirkung. Durch diesen systematischen Review mit Metaanalyse konnte
kein Beweis für die Überlegenheit eines Materials über das Andere in der Kariesvorbeugung
65
festgestellt werden. Deshalb scheinen beide Materialien klinisch zur Fissurenversieglung
geeignet zu sein. Weitere hochwertige randomisierte Kontrollstudien sind zur Untersuchung
der kariesvorbeugenden Wirkung der hochviskosen GIZs im Vergleich zum
Kunstharzversiegelungsmaterial erforderlich.
Danksagung
Die Autoren danken Dr. Richard Niederman für seine Beratung bei der Abfassung dieser
Arbeit.
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69
70
Kunstharz-modifizierte Glas-Ionomer Zemente versus Kunstharz-
materialien als Fissurenversiegler: eine Metaanalyse von klinischen
Studien
Yengopal V*, Mickenautsch S*
Abteilung für Allgemeine Zahngesundheit, Witwatersrand Universität, Johannesburg
Abstrakt
Ziel: Quantitative Auswertung der derzeit vorhandenen Beweislage im Bezug auf die
kariesvorbeugende Wirkung von kunstharz-modifizierten Glass-Ionomer Zement (RM GIZ) als
Fissurenversiegler im Vergleich zu Fissurenversieglern auf Kunstharzbasis. Studiendesign:
Systematischer Review mit Metaanalyse. Methodik: Acht englischsprachige Datenbanken
und 2 portugiesischsprachige Datenbanken wurden bis zum 15. April 2009 durchsucht. Dabei
wurde eine vorher festgelegte Suchstrategie angewendet. Klinische Studien wurden für die
Aufnahme berücksichtigt, wenn der Titel/Abstrakt für das Thema relevant war, wenn sie auf
Englisch, Portugiesisch oder Spanisch erschienen sind und als zwei-arm Longitidualstudien
aufgebaut waren. Das Ergebnismaß der kariesvorbeugenden Wirkung war das Ausbleiben
von Karies bei versiegelten Zähnen. Zwei Reviewer entnahmen unabhängig von einander
Daten aus den akzeptieren Artikeln, um eine 2x2 Tabelle für die Metaanalyse zu erstellen.
Die Anzahl von kariesfreien Zähnen am Ende der jeweiligen Untersuchungsperiode (6, 12
und 24 Monate) wurde mit der Gesamtzahl der untersuchten Zähne verglichen. (N) Statistik:
Datensätze wurden auf klinische und methodische Heterogenität nach Cochrane Richtlinien
ausgewertet. Nur homogene Datensätze wurden mittels eines Zufallseffekte-Modells
(RevMan 4.2) für die Metaanalyse kombiniert. Unterschiede der kariesvorbeugenden Wirkung
wurden auf der Grundlage des kombinierten Relativen Risikos (RR) mit 95%
Konfidenzintervall (CI) errechnet. Ergebnisse: Von den 212 identifizierten Artikeln wurden
nur 6 Studien aufgenommen. Aus diesen Studien wurden 19 separate Datensätze
entnommen. Bei den gepoolten Datensätzen wurde eine ähnliche kariesvorbeugende
Wirkung nach 6 Monaten beobachtet (RR= 0,98, 95% CI 0,95-1,00; p = 0,08); 12 Monaten
(RR=1,00, 95% CI 0,96-1,04, p = 0,99) und 24 Monaten (RR=1,01, 95% CI 0,84-1,21, p =
0,91). Die 36-Monate Daten (nicht gepoolt) begünstigten Versiegler auf Kunstharzbasis (RR
0,93, 95% CI 0,88-0.97, p = 0,002) Schlußfolgerung: Diese Metaanalyse fand keinen
Unterschied in der kariesvorbeugende Wirkung beider Materialien.
71
Einführung
Die Anwendung von Fissurenversieglern ist als eine effektive Intervention für die Vorbeugung
von okklusaler Karies in Molarzähnen bei Kleinkindern akzeptiert [Kitchens, 2005; Ahovuo-
Saloranta et al., 2008]. Die Beweislage für die klinische Effizienz und die Wirtschaftlichkeit der
Versiegler zur Kariesreduzierung wurde in kürzlich erschienenen Arbeiten hervorgehoben
[Kitchens, 2005; Ahovuo-Saloranta et al., 2008]. Versieglermaterialien auf Kunstharzbasis
werden am häufigsten eingesetzt und als "Goldener Standard" zur Fissurenversiegelung
betrachtet [Feigal, 2002; Simonsen, 2002; Adair, 2003]. Ihre kariesvorbeugende Wirkung
basiert auf der Versiegelung mittels Mikroretention, die durch Tags nach Säureätzung des
Zahnschmelzes entsteht. Diese Tags werden jedoch durch Speichel-Kontaminierung leicht
zerstört und dadurch die kariesvorbeugende Wirkung verringert [Bishara et al., 2002]. Die
vorbeugende Wirkung dieser Versiegler bleibt nur erhalten so lange die Versieglung
vollständig intakt bleibt [Oliveira et al., 2008].
Unter klinischen Bedingungen ist es schwierig beim Einsatz von Kunstharzversieglern
eine vollkommen trockene Umgebung in der Mundhöhle zu erhalten. Dies besonders bei
unkooperativen Kindern und in einer Umgebung, in der Utensilien wie Kofferdamm und
zahnärztliches Absaugwerkzeug nicht zur Verfügung stehen. Unter den generell feuchten
Bedingungen der Mundhöhle bieten die Glass-Ionomer Zemente (GIZ) eine effektive
Alternative zu den Kunstharzversieglern, hauptsächlich auf Grund deren hydrophilen
Eigenschaften [Smith, 1998].
Die ursprünglichen Glass-Ionomer Zemente, eingesetzt mittels einer Säure-Basen-
Reaktion zwischen dem Fluoroaluminosilikat-Glaspulver und der Polyalkensäure, werden
generell als die "konventionelle" Glas-Ionomere betrachtet (C-GIZ). Jedoch sind die C-GIZs
empfindlich für Wasseraufnahme und Verlust während der ersten Stunden oder Tagen nach
Einsatz. Dies führte zur Entwicklung der "Kunstharz-basierten" GIZs (RM-GIZ), die ungefähr
10% von Kunstharz enthalten, normalerweise Hydroxyethylmethacrylat (HEMA) [Ikeda et al.,
1999].
Es wurde angeregt, daß der "Goldene Standard" in Kariesvorbeugung durch
Versiegelung eher auf biologischen als auf physikalischen (Material-Retention auf der
Zahnoberfläche) basieren sollte [Smith, 1998]. Solche biologischen Ergebnisse werden am
Ausbleiben von Karies in Fissuren nach Versieglung gemessen. Eine kürzlich erschienene
Metaanalyse [Yengopal et al., 2009], welche biologische Ergebnisse auswertete, lieferte den
Beweis dafür, daß weder (niedrigviskose) C-GIZ, noch die Fissurenversiegler auf
Kunstharzbasis bei der Kariesvorbeugung überlegen sind. Bis heute wurde aber noch kein
systematischer Review über die kariesvorbeugende Wirkung der RM-GIZ versus Versiegler
auf Kunstharzbasis erstellt. Daher war es das Ziel von diesem systematischen Review mit
72
Metaanalyse eine quantitative Auswertung der derzeitigen Beweislage im Bezug auf die
kariesvorbeugende Wirkung von RM-GIZ Fissurenversieglern im Vergleich zu der Wirkung
der Fissurenversiegler auf Kunstharzbasis zu erstellen.
Materialien und Methoden
Suchstrategie
Die Literatursuche umfasste 8 englischsprachige Datenbanken: Biomed Central, Cochrane
Oral Health Reviews, Cochrane Library, Directory Of Open Access Journals, Expanded
Academic ASAP PLUS, Meta Register Of Controlled Trials - mRCT, PubMed, Science-Direct
und 2 portugiesischsprachige Datenbanken: Bibliografia Brasileira Em Odontologia – BBO,
Literatura Latino-Americana E Caribenha Em Ciências Da Saúde – LILACS.
Für die Suche in den Datenbanken wurden Suchbegriffe erstellt, die sich aus
relevanten Begriffen, booleschen Links und MeSH Wörtern zusammensetzten. Die Kette der
englischen Suchbegriffe: "Pit and Fissure Sealants"[Mesh] AND "Glass Ionomer
Cements"[Mesh] and “resin modified glass ionomer” AND “fissure sealant*” wurde für die
Suche in den englischsprachigen Datenbanken benutzt und die Suchbegriffkette: "SELANTE"
[Palavras] and "CIMENTOS DE IONOMEROS DE VIDRO" [Palavras] and "CARIE"
[Palavras]” wurde für die Suche in den portugiesischsprachigen Datenbanken benutzt. In die
Suche wurden alle Publikationen bis 15. April 2009 aufgenommen.
Kriterien für Artikelaufnahme und -ausschluß
Artikel zu klinischen Studien wurden aus den Suchergebnissen nach folgenden
Aufnahmekriterien ausgesucht:
1. Titel/Abstrakt für das Thema relevant;
2. Erschienen auf Englisch, Portugiesisch oder Spanisch;
3. Zwei-Arm Longitudinalstudie.
Falls nur ein relevanter Titel ohne einen Abstrakt vorlag, wurde der gesamte Artikel für die
Aufnahme ausgewertet. Die Literaturliste der aufgenommenen Artikel wurde ebenfalls
überprüft, um weitere für die Aufnahme geeignete klinische Studien zu identifizieren.
Es wurden nur die Artikel weiter geprüft, die den Aufnahmekriterien entsprachen. Alle Artikel
wurden durch zwei Reviewer (VY und SM) unter Berücksichtigung der Ausschlußkriterien
unabhängig von einander geprüft [Sutherland, 2001]:
1. Keine randomisierte oder quasi-randomisierte Zuordnung der Probanden;
2. Nicht alle Probanden am Ende der Studie berücksichtigt;
73
3. Keine gleicher Studienlänge für Probanden in beiden Gruppen;
4. Keine berechenbare Daten für Kontroll- (Vergleichs-) und Testgruppen;
5. Kein in-vivo Studiendesign.
Falls mehrere Artikel zur der selben Studie und ähnlichen Zeitraum vorlagen, wurde der
Artikel aufgenommen, der die Studie den Ausschlußkriterien entsprechend am besten
umfasste. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern wurden durch Diskussion
und Konsensus gelöst.
Qualitätsbewertung
Die Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien wurden durch zwei Reviewer (VY und
SM) unabhängig von einander unternommen und folgte geltenden Richtlinien [Jüni et al.,
2001; The Grade working group, 2004]. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern
im Bezug auf die Einschätzung der Qualität wurden durch Diskussion und Konsensus gelöst.
Artikel wurden auf die flogenden vier Qualitätskriterien hin untersucht:
(1) Erstellung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. computererzeugte zufällige Zahlen, erzeugt durch eine Tabelle von
zufälligen Zahlen;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. Verwendung von Patientennummer, Geburtsdatum, erzeugt durch
Abwechslung in aufeinanderfolgender Patientennummern, etc.
(2) Vedeckung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. zentrale Zufallszuteilung, undurchsichtige aufeinanderfolgend nummerierte
Umschläge;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. offener Zuordnungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige
Umschläge.
(3) Verdeckte Ergebnisbewertung, beschrieben als:
(A) Ja;
(B) Unklar;
(C) Nein;
(D) Nicht möglich.
74
Datensammlung aus den akzeptierten Studien
Das Ergebnissmaß der kariesvorbeugenden Wirkung war das Ausbleiben von Karies an
versiegelten Zähnen. Zwei Reviewer (VY und SM) sammelten unabhängig von einander
Daten aus den akzeptierten Artikeln, dabei wurde ein in Pilotprojekten getestete Formular zur
Datensammlung benutzt. Die Daten wurden in Form von Datensätzen mit gemeinsamen
Eigenschaften (Tabelle 2) entnommen. Jeder Datensatz beinhaltete die Zahl der kariesfreien
Zähnen (n) und die Gesamtzahl der untersuchten Zähne (N) für die Kontroll-(Vergleichs-) und
die Testgruppe. Nach Möglichkeit wurden die fehlenden Daten aus der in Tabellen
angegebenen Information errechnet, um eine 2x2 Tabelle für die Metaanalyse zu erstellen.
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern während der Datensammlung wurden
durch Diskussion und Konsensus gelöst.
Es wurde angenommen, daß einige der für die Aufnahme geeigneten Studien Split-
Mouth Studien sein würden. Das Split-Mouth Design wird in der Zahnmedizin häufig
eingesetzt, um Interventionen zu testen und hat den Vorteil, daß ein Teilnehmer gleichzeitig
als Proband und Kontrollperson dient. Bei diesem Studiendesign bilden ein oder mehrere
Zahnpaare (z.B. Primärmolare) eine Einheit der Randomisierung. Genau genommen sind
diese Paare aber nicht unabhängig und sollten als "gepaarte Daten" pro Patient analysiert
werden. Wie bei anderen systematischen Reviews mit Split-Mouth Design [Ahovuo-Saloranta
et al., 2008], wurde jedoch entschieden die Zahnpaare unabhängig zu analysieren, um den
Ausschluß von relevanten Studien zu vermeiden.
Metaanalyse
Datensätze wurden auf klinische und methodische Heterogenität nach Cochrane Richtlinien
[The Cochrane Collaboration, 2006] hin überprüft. Datensätze wurden als homogen
betrachtet, wenn sie keine wesentlichen Unterschiede bei den folgenden klinischen und
methodischen Aspekten aufwiesen: Alter der Patienten; Studiendauer; Art des benutzten
Versiegelungsmaterials; Anwendungsfrequenz des Versiegelungsmaterials; das gemessene
Ergebnis. Der Prozentsatz der gesamten Abweichungen zwischen den Datensätzen (I2) und
der zugeordnete p-Wert (<0.10) wurden bei der Bewertung der statistischen Heterogenität
benutzt [Thompson, 1994]. Es wurden nur homogene Datensätze durch Metaanalyse
kombiniert. Dabei wurde die Zufallseffekte-Modell Metaanalyse Software RevMan 4.2
benutzt. Die Unterschiede der kariesvorbeugenden Wirkung wurden auf der Grundlage vom
kombinierten Relativen Risiko (RR) mit 95% Konfidenzintervall (CI) errechnet. Den
Datensätzen wurde ein Mantel-Haenszel Gewicht im Verhältnis zum Stichprobenumfang
zugeordnet.
75
Für die Datensätze, die sich aufgrund der Aspekte der klinischen und der methodischen
Heterogenität für die Metaanalyse nicht geeignet waren, wurden RR Werte mit 95% CI für
jeden Datensatz errechnet und separat angegeben.
Ergebnisse
Eine erste Suche in PubMed ergab in 212 Artikel, 8 Studien [Raadal et al., 1996; Kilpatrick et
al., 1996; Winkler et al., 1996; Tantbirojn et al., 1997; Smales and Wong, 1999; Pardi et al.
2005; Kantovitz et al., 2006; Oliveira et al., 2008] entsprachen den Aufnahmekriterien. Eine
Prüfung der Literaturliste und anschließende Suche in den anderen 7 englischsprachigen
Datenbanken sowie die Suche in den beiden portugiesischsprachigen Datenbanken ergab
keine weiteren Ergebnisse. Von den 8 Artikeln wurden zwei [Tantbirojn et al., 1997; Kantovitz
et al., 2006] ausgeschlossen, da die beschriebenen Studien in-vitro Untersuchungen waren.
Somit wurden nur 6 Artikel [Raadal et al., 1996; Kilpatrick et al., 1996; Winkler et al., 1996;
Smales and Wong, 1999; Pardi et al. 2005; Oliveira et al., 2008] für die Qualitätsbewertung
und weitere Datensammlung akzeptiert.
Qualitätsbewertung und Datensammlung der akzeptierten Artikel
Tabelle 1 enthällt Daten der Qualitätsbewertung der aufgenommenen Artikel. Alle Studien
erhielten die Bewertung "B" (unklar) für die randomisierte Sequenszuordnung und die
Verblindung der Zuordnung aufgrund fehlender klaren Information im Text, "D" (nicht möglich
für Verblindung) und "A" (adäquat) für die Vollständigkeit des Follow-Up.
Aus den 6 akzeptierten Artikeln wurden 19 separate, berechenbare, dichotome
Datensätze entnommen, die für die Fragestellung des Reviews relevant waren. Die
wesentlichen klinischen und methodischen Eigenschaften der entnommenen Datensätze sind
in der Tabelle 2 angegeben. Die Daten wurden in diesem Format getrennt, um die klinische
und/oder methodische Heterogenität zu vermeiden. Zusätzlich, wurde auf diese Weise die
Identifizierung der homogenen Datensätzen ermöglicht, die anschließend für die Metaanalyse
gepoolt werden konnten. Es bestand eine wesentliche Abweichung zwischen den
Datensätzen im Bezug auf die meisten Einheiten, angegeben in der Tabelle 2. Dies hatte
einen Einfluss auf die Bestimmung, ob die zusammengetragenen Datensätze für die
Metaanalysen in Bild 1-3 gepoolt werden konnten. Der Datensatz Nr. 17 aus der Studie von
Kilpatrick et al. [1996] konnte nicht mit anderen Datensätzen gepoolt werden, da die
Fissurenversiegler bei permanenten Prämolaren eingesetzt wurden. Bei den anderen
Datensätzen wurden permanente Molare behandelt. Zusätzlich, unterschieden sich auch der
Zeitraum der Berichterstattung, Eigenschaften des Patienten, Anwendungsmethoden und
76
andere Variablen und diese Faktoren wurden während der Zusammentragung der 19
Datensätze aus den 6 akzeptierten Studien berücksichtigt (Tabelle 2).
Poolen von Daten für die Metaanalyse
Nur Datensätze, die als klinisch und methodisch homogen betrachtet wurden, wurden für die
Metaanalyse gepoolt. Die Einheit von Interesse war der Zahn und die Anzahl von kreisfreien
Zähnen (n) am Ende jedes Zeitraumes (6, 12 und 24 Monate) wurde mit der Gesamtzahl der
untersuchten Zähne (N) verglichen. Datensätze aus 3 Studien [Raadal et al., 1996; Winkler et
al., 1996; Oliveira et al., 2008] wurden für eine 6-monatige Auswertung gepoolt. (Bild 1). Die
gepoolten Daten umfaßten 491 Zähne (227 Kunstharz-modifizierte Glas-Ionomer Versiegler
und 264 Kunstharzversiegler). Das gepoolte Relative Risiko (0,98, 95% CI 0,95-1,00; p =
0,08) deutet an, daß beide Materialien 6 Monate nach Einsatz eine vergleichbare
kariesvorbeugende Wirkung hatten. Datensätze aus 4 Studien [Raadal et al., 1996; Winkler et
al., 1996; Pardi et al., 2005; Oliveira et al., 2008] wurden für eine 12-monatige Auswertung
gepoolt (Bild 2). Die gepoolten Daten umfassten 719 Zähne (341 Kunstharz-modifizierte
Glas-Ionome Versiegler und 378 Kunstharzversiegler) und das gepoolte Relative Risiko (1,00,
95% CI 0,96-1,04, p = 0,99) deutete ebenfalls auf ähnliche kariesvorbeugende Wirkungen 12
Monate nach Einsatz. Ähnliche Ergebnisse erhielt man bei der 24-monatigen Auswertung
(Bild 3, RR 1,01, 95% CI 0,84-1,21, p = 0,91). Nur ein Datensatz (Nr. 16) war für einen
Vergleich zu 36 Monaten verfügbar [Raadal et al., 1996]: deswegen wurde keine Metaanalyse
versucht. Die Ergebnisse (RR 0,93, 95% CI 0,88-0,97, p = 0,002) deuten an, daß Zähne
versiegelt mit Fissurenversieglern auf Kunstharzbasis eine um 7% höhere Chance haben
nach 36 Monaten frei von Karies zu bleiben, als Zähne mit RM-GIZ Versieglern.
Weitere 7 Datensätze konnten aufgrund von Aspekten der klinischen und
methodischen Heterogenität (Tabelle 3) nicht in die Metaanalyse aufgenommen werden.
Keiner dieser Datensätze zeigte einen Unterschied im Ausbleiben von Karies bei Zähnen
versiegelt mit RM-GIZ oder mit kunstharzbasierten Materialien nach 1, 6, 12, 24, oder 27
Monaten.
Diskussion und Schlußfolgerung
Dieser systematischer Review mit Metaanalysen sollte die z.Z. vorhandene Beweislage der
kariesvorbeugenden Wirkung der RM-GIZ Fissurenversiegler im Vergleich zu der Wirkung der
Fissurenversiegler auf Kunstharzbasis über unterschiedliche Zeitintervalle quantitativ
auswerten. Von den über 200 Artikeln, die mittels der Suchstrategie für diesen Review
77
identifiziert wurden, wurden nur 6 Artikel aufgenommen. Die Qualitätsbewertung dieser
Studien (Tabelle 1) stellt sicher, daß die Daten aufgrund eines systematische Fehlerrisikos
mit Vorsicht zu betrachten sind. Alle aufgenommenen Arbeiten erhielten die Bewertung "B"
(unklar) für eine wichtige Einheit der Qualität, die sich mit zwei Hauptaspekten des
Selektions-Bias befaßt: randomisierte Sequenzzuordnung und Verbergung der Zuordnung.
Ein solcher systematischer Fehler (Bias) kann die Studien beeinflussen, indem sie eine Über-
oder eine Unterschätzung des Behandlungseffekts eines klinischen Behandlungsverfahrens
erzeugen. Eine Überschätzung des Behandlungseffekts wurde am häufigsten beobachtet
[Chalmers et al., 1977]. Schulz et al. [1995] gab eine Überschätzung der Behandlungswirkung
um 41% aufgrund vom Selektions-Bias, erzeugt alleine durch die fehlende Verbergung der
Zuordnung während des Randomisierungsprozesses. Da alle akzeptierten Studien in diesem
Review keine Angabe zur Verbergung der Zuordnung enthielten, müssen die Ergebnisse mit
Vorsicht interpretiert werden. Deshalb müssen die Leser von systematischen Reviews
beachten, daß obwohl nach der Evidenzhierarchie der [Sprague et al., 2008] dieses
Studiendesign die höchste Bewertung erhält, das Niveau der Evidenz in einem solchen
Review nur so hoch sein kann wie das Niveau der Studien selbst.
Die Metaanalyse der homogenen Datensätze für drei Zeitintervalle (Abbildung 1-3)
zeigte keine statistischen Differenzen im Ausbleiben von Karies zwischen RM-GIZ und
Fissurenversieglern auf Kunstharzbasis. Die Ergebnisse von weiteren 7 heterogenen
Datensätzen (Nr. 01, 03, 05, 07, 11, 12 und 17) entsprechen den Ergebnissen der
Metaanalysen (Tabelle 3). Bei 36 Monaten zeigen Versiegler auf Kunstharzbasis eine deutlich
bessere Leistung, knapp um 7%, (RR 0,93, 95% CI 0,88-0,97, p = 0,002) als RM-GIZ. Jedoch
ist Vorsicht geboten, da die Daten aus den Studien unter einem hohen systematischen
Fehlerrisiko entnommen wurden [Raadal et al., 1996].
Frühere Veröffentlichungen [Forss and Halme, 1998; Mejáre et al., 2003; Ahovuo-Saloranta
et al., 2008] haben eine Reihe von Faktoren hervorgehoben, welche die kariesvorbeugende
Wirkung der Fissurenversiegler eventuell beeinflussen könnten. Nur einige der Studien gaben
diese Faktoren an. Diese Faktoren waren: (a) Baseline Karies-Prävalenz innerhalb der
Studien-Population (keine der Studien lieferte Angaben dazu); (b) Zahl der Anwendungen des
Versiegelungsmaterials - einmalig oder wiederholt (alle Studien gaben eine einmalige
Anwendung an); (c) Art des Versiegelungsmaterials (alle aufgenommenen Studien); (d)
Studiendauer (alle aufgenommenen Studien); (e) Zahntyp und Stelle im Kiefer (Angabe nur
bei Raadal et al., 1996); (f) Fluoridgehalt im Trinkwasser (keine); (g) Behandler-Faktoren
(eine Studie [Oliveira et al., 2008]); (h) die Rolle andrerer zeitgleichen vorbeugenden
Maßnahmen, z.B. Localanwendung von Fluorid (keine); und (i) Aufnahmefrequenz von
zuckerhaltigen Snacks (keine).
78
Die Ergebnisse der RM-GIZ Studien sind bemerkenswert, da diese Versiegler lange nach
"Verlust" oder "partiellem Verlust" effektiv bleiben [Songpaisan et al., 1995, Williams et al.,
1996]. Es wurde die Hypothese aufgestellt, daß obwohl die GIZ-Versiegler als klinisch
"partiell" oder "vollständig" verloren scheinen, die Fissuren verschlossen bleiben [Oong et al.,
2008]. Darüberhinaus wurde die Effektivität der GIZ mit der Isolierung der Bakterien von
Nährstoffen in versiegelten Läsionen; mit der Freisetzung von Fluorid ins Dentin oder einer
Kombination beider Faktoren in Verbindung gebracht [Oong et al. 2008]. Im Gegensatz dazu
verlieren die Versiegler auf Kunstharzbasis ihre schützende Wirkung, sobald ihre Retention
verloren geht [Beiruti et al., 2006]. Daher sollte das gemessene Ergebnis von Interesse beim
Vergleich von RM-GIZ und Versiegler auf Kunstharzbasis das Auftreten/Zunahme von Karies
oder das Vorhandensein/Ausbleiben von Karies sein und nicht die Retention des
Versieglermaterials.
Bei den in Abbildung 1-3 dargestellten Metaanalysen wurde ein Zufallseffekt-Modell
benutzt. Dieses Modell eignet sich besser als ein Fixed-Effect-Modell, wenn Heterogenität
angenommen wird, sogar nach einer quantitativen Auswertung der klinischen und
methodischen Heterogenität, die nahelegt, daß die Daten verschiedener Studien gepoolt
werden können [Higgins et al., 2003]. Dies ist normalerweise der Fall in Studien, bei denen
große Unterschiede in Höhe und Richtung des Behandlungeffektes vorliegen. Nachdem das
gepoolte Ergebnis vorliegt und in einem Forest Plot dargestellt wurde (Abbildung 1-3), muß
die statistische Heterogenität ausgewertet werden [Higgins et al., 2003]. In diesem Fall
(normalerweise reflektiert durch einen hohen I2 Wert über 75%) und einen signifikanten p-
Wert unter 0,10), ist eine Erklärung erforderlich, ob tatsächliche klinische oder methodische
Unterschiede zwischen den gepoolten Datensätzen vorliegen. Die statistische Heterogenität
in Abbildung 3 (I2 = 85,1%, p = 0,009) kann durch die Inkonsistenz bei der beobachteten
Behandlungswirkung innerhalb der beiden Datensätzen erklärt werden. The Raadal et al.
[1996] Studie begünstigt die Versiegler auf Kunstharzbasis, während die Studie von Pardi et
al. [2005] die RM-GIZ Versiegler bei dem selben Ergebnis vorzieht (Abbildung 3). In
Abbildung 1 gilt der Test auf Heterogenität nicht, da das gepoolte Resultat das Ergebnis aus
nur einem bestimmbaren Datensatz umfaßt. Das Ergebnis eines Datensatzes wird als "nicht
bestimmbar" betrachtet, wenn Daten (n/N) aus den Test- und Kontrollgruppe identisch sind,
mit einem Relativen Risiko (RR) von 1,00. Abbildung 2 zeigt einen moderaten I2 Wert
(48,3%), mit einem p-Wert von 0,12, der auf wenig Abweichung in Größe und Richtung des
Behandlungseffekts innerhalb der gepoolten Datensätzen hindeutet.
Schlußendlich stellte dieser systematische Review keinen Unterschied in der
kariesvorbeugende Wirkung zwischen beiden Materialien fest. Deshalb scheinen beide
Materialien für zur Fissurenversiegelung bis nach 2 Jahren gleich geeignet zu sein. Die
79
niedrige Qualität der aufgenommenen Studien erfordert jedoch weiterer randomisierter
Kontrollstudien von hoher Qualität, um eine eindeutigere Beweislage für die Gleichwertigkeit
oder Unterschiede in der Kariesvorbeugung zu erhalten. Weitere Studien sollten auch die
langfristige kariesvorbeugende Wirkung der beiden Materialien nach 2 Jahren untersuchen.
Die Berichterstattung der Studien sollte dem CONSORT Statement folgen [Moher et al.,
2001] und vor allem eine klare Beschreibung der randomisierten Zuordnung der Probanden
zu den Test- und Kontrollgruppen enthalten; sowie eine Angabe wer die Zuordnungssequenz,
den Studienmitarbeiter, der die Probanden registriert und sie den Gruppen zuteilt hat.
Darüber hinaus sollte die Berichterstattung die Information enthalten, ob die Zuordnung von
den Therapeuten verborgen wurde bis Interventionen zugeteilt wurden. Falls dies der Fall
war, sollte die Art und Weise der Verbergung beschrieben werden. Die Berichte sollten nach
Möglichkeit angeben, ob das Behandlungsergebnis durch Prüfer ausgewertet wurde, die für
die Zuordnung der Probanden in Gruppen verblindet waren und Details zu möglichen
Störfaktoren, die das festgestellte Behandlungseffekt beeinflussen könnten, besprechen.
Danksagung
Die Autoren sprechen Dr Luciana Oliveira von São Leopoldo Mandic Research Center,
Campinas, São Paulo, Brasilien für die Durchführung der Literatursuche in den
portugiesischsprachigen Datenbanken ihren Dank aus.
80
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83
Tabelle 1 Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien.
Selektion-Bias Detection-Bias Attrition-Bias Artikel Randomisierte Zuordnung
Verbergung der Zuordnung
Prüfer Verblindung
Vollständigkeit des Follow-Up
Oliveira et al., 2008 B B D A (Start n=108; 6 Monate n=98; 12 Monate n=88) Pardi et al., 2005 B B D A( Start 356 Zähne; Ende n=329 Smalles and Wong, 1999 B B D A (Start n=14; Ende n=14) Raadal et al., 1996 B B D A (Start n=53; Ende n=53) Kilpatrick et al., 1996 B B D A (Start n=76; Ende n=58) Winkler et al., 1996 B B D A (Start n=50; 6 Monate n=43; 12 Monate n=40
.n = Zahl der Patienten
84
Tabelle 2. Eigenschaften der Datensätze (DS) mit potentiellem Einfluß auf das Studienergebnis - Teil I.
Ergebnismaß
Artikel DS 2-Arm Studiendesign
GIZ antikariogenische Wirkung: Widersprüchliche Daten für Einflächen-Füllungen bei Milch-zähnen <8 Jahren (RM-GIZ)
Kontroll- material (Kunstharz-basis)
Aspekt Definition Patient / Alter, Geschlecht Dentition Zahntyp
Studien- dauer
01 02 03 04
6 Monate
05 06 07
Oliveira et al., 2008
08
PG - I Vitremer Delton Keine Karies
Keine Weichheit, keine Opazität, keine Ätzung auf dem Zahnschmelz
Alter: Durchschnitt 7,5 (SD 1,25) Jahre, Reihe 5 – 10 Jahre Geschlecht: keine Angabe
Permanent 1. Molarzähne
12 Monate
09 12 Monate Pardi et al., 2005 10
PG -I Vitremer Revolution Keine Karies
"kein sichbarer Karies" Alter: 7-8 Jahre Geschlecht: keine Angabe
Permanent 1. Molarzähne 24 Monate
Smales and Wong, 1999
11 keine Angabe
K-512 (Fuji III LC)
Delton Keine Karies
Keine Weichheit, keine Opazität, keine Ätzung auf dem Zahnschmelz
Alter: Durchschnitt 22 Jahre, Spanne 15-27 Jahre Gender: 12 Frauen/7 Männer
Permanent keine Info 24 Monate
12 1 Monat 13 6 Monate 14 12 Monate 15 24 Monate
Raadal et al., 1996
16
SG Vitrebond Präzise Keine Karies
Karies Diagnostik Kriterien von Möller, Bewertung “0” und “1”
Alter: Spanne 5-7 Jahre und 11-13 Jahre Geschlecht: 29 Frauen/24 Männder
Permanent 1. / 2. Molare
36 Monate
Kilpatrick et al., 1996
17 PG-II Vitrebond Präzise Keine Karies
"Karies fehlt" Pediatrische Patienten und ältere Patienten mit Lernschwierigkeiten oder Entwicklungsverzögerungen
Permanent Premolare 27 Monate
18 6 Monate Winkler et al., 1996
19
SG Fuji II LC Präzise Keine Karies
Keine Weichheit, keine Opazität, keine Ätzung auf dem Zahnschmelz
Alter: Spanne 7-10 Jahre Geschlecht: keine Angabe
Permanent 1. Molarzähne
12 Monate PG-I = Parallel-Gruppe Design mit Patienten als Einheit der Untersuchung; PG-II = Parallel-Gruppe Design mit versiegelten Zähnen als Einheit der Untersuchung; SG = Splitmouth-Design; SD = Standard Abweichung.
85
Tabelle 2. Eigenschaften der Datensätze (DS) mit potentiellem Einfluß auf das Studienergebnis - Teil II.
Artikel DS Kariesaktivität, Risiko oder Prävalenz
Fluorideinsatz RM-GIZ Pulver/flüssige Mixtur (Ratio)
Kontrolle der Füssigkeit
erneute Anwendung des Materials
Prozess des Ergebnismaßes
Präsentation der Ergebnisse
01 0,25 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Gummidamm
02 1 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Gummidamm
03 0,25 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Wattenrollen
04 1 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Wattenrollen
05 0,25 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Gummidamm
06 1 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Gummidamm
07 0,25 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Wattenrollen
Oliveira et al., 2008
08
Gruppen zusammengepasst per dmft/DMFT
keine Info
1 : 1 Delton angewendet unter Kontrolle der Flüssigkeit mit Wattenrollen
Keine Klinische Prüfung In Prozent, Anzahl der Zähne, manuell gezählt
09 Pardi et al., 2005
10 Kariesfreie Zähne keine Info 1 : 2
Flüssigkeitskontrolle mit Wattenrollen
Keine Klinische Prüfung Angegebene Zahl der Zähne
Smales and Wong, 1999 11 keine Info keine Info keine Info keine Info Keine Bissflügel Röntgenaufnahmen
Angegebene Zahl der Zähne
12 13 14 15
Raadal et al., 1996
16
Kariesfreie Zähne keine Info keine Info Flüssigkeitskontrolle mit Wattenrollen
Keine Klinische Prüfung, Bissflügel Röntgenaufnahmen
Angegebene Zahl der Zähne
Kilpatrick et al., 1996 17 Zähne mit frühen Kariesläsionen
keine Info keine Info Flüssigkeitkontrolle mit Wattenrollen oder Gummidamm
Ja Klinische Prüfung Angegebene Zahl der Zähne
18 Winkler et al., 1996
19
Kariesfreie Zähne keine Info keine Info Flüssigkeitkontrolle mit Wattenrollen oder Gummidamm
Keine Klinische Prüfung Angegebene Zahl der Zähne
86
Tabelle 3. Ergebnisse der Datensätze, die nicht in die Metaanalysen aufgenommen wurden.
RM-GIZ Kunstharz Artikel DS n N n N
RR 95%CI p-Wert
01 51 51 34 34 1,00 - - 03 51 51 51 51 1,00 - - 05 51 51 34 34 1,00 - -
Oliveira et al., 2008
07 51 51 48 51 1,06 0,98, 1,15 0,13 Smales and Wong, 1999 11 46 47 38 41 1,06 0,96, 1,16 0,26
12 136 136 136 136 1,00 - - Raadal et al., 1996
16 126 136 136 136 0,93 0,88, 0,97* 0,002* Kilpatrick et al., 1996 17 66 66 66 66 1,00 - -
DS = Datensatz Nummer; RM-GIZ = kunstharz-modifizierter Glass-Ionomer Zement; Kunstharz = Material auf Kunstharzbasis; n = Zahl der kariesfreien versiegelten Zähnen; N = Gesamtzahl der untersuchten versiegelten Zähne;RR = Relative Risiko; CI = Konfidenzintervall; * Statistisch signifikante Differenz begünstigt Kunstharz.
88
Abbildung 1. Ergebnisse der Metaanalyse des Behandlungseffektes nach 6 Monaten
DS = Datensatz; RMGIC = Kunstharz-modifizierter Glas-Ionomer Zement; Kunstharz = Material auf Kunstharzbasis; n = Zahl der versiegelten kariesfreien Zähnen; N = Gesamtzahl der untersuchten versiegelten Zähne; RR = Relative Risiko; CI = Konfidenzintervall; Nicht einschätzbar = Daten der beiden Gruppen identisch (RR = 1,00).
Abbildung 2. Ergebnisse der Metaanalyse des Behandlungseffektes nach 12 Monaten
DS = Datensatz; RMGIC = Kunstharz-modifizierter Glas-Ionomer Zement; Kunstharz = Material auf Kunstharzbasis; n = Zahl der versiegelten kariesfreien Zähnen; N = Gesamtzahl der untersuchten versiegelten Zähne; RR = Relative Risiko; CI = Konfidenzintervall.
89
Abbildung 3. Ergebnisse der Metaanalyse des Behandlungseffektes nach 24 Monaten
DS = Datensatz; RMGIC = Kunstharz-modifizierter Glas-Ionomer Zement; Kunstharz = Material auf Kunstharzbasis; n = Zahl der versiegelten kariesfreien Zähnen; N = Gesamtzahl der untersuchten versiegelten Zähne; RR = Relative Risiko; CI = Konfidenzintervall.
90
91
Pulpareaktion auf kunststoffmodifizierte Glasionomer- und Kalziumhydroxid Zement in tiefen Kavitäten: ein quantitativer systematischer Review
Steffen Mickenautsch
a, Veerasamy Yengopal
a, Avijit Banerjee
b
a Abteilung für Allgemeine Zahngesundheit, Universität Witwatersrand, Johannesburg,
Süd Afrika.
ABSTRAKT
Ziel. Quantitative Bestimmung von Unterschieden zwischen Pulpareaktion auf
kunstoffmodifizierte Glasionomer- und Kalziumhydroxid Zemente in tiefen Kavitäten.
Quellen. Es wurden fünf Datenbanken nach Artikeln bis zum 31. Mai 2009 durchsucht.
Studienauswahl. Aufnahmekriterien: Relevante Titel/Abstrakte; erschienen auf Englisch,
zweiarmige longitudinale in-vivo Studie; berechenbare dichotome Datensätze für die Test-
und Kontrollgruppe. Ausschlußkriterien: am Ende der Studie wurden nicht alle Probanden bei
der Datenanalyse berücksichtigt, kein gleicher Follow-Up in beiden Gruppen; Studie am
tierischen Gewebe.
Daten. Eine randomisierte und fünf nicht-randomisierte Kontrollstudien, mit jeweils 1 und 17
Datensätzen, wurden akzeptiert. Aus 13 Datensätzen von nicht-randomisierten Studien zeigte
das Relative Risiko mit 95% Konfidenzintervall (CI) keinen statistisch signifikanten
Unterschied (p > 0,05) zwischen beiden Materialien. Vier Datensätze wiesen eine statistisch
signifikante Differenz auf. Die Metaanalyse der Datensätze aus diesen Studien ergab keinen
Unterschied zwischen zellularen Entzündungs-reaktionen nach 30 Tagen (0,87; 95%CI 0,59 –
1,26; p = 0,46); eine um 38% geringere zellulare Entzündungsreaktion bei Kalziumhydroxide
nach 60 Tagen (0,62; 95%CI 0,50 – 0,76; p < 0,00001); sowie eine größere Zahl von intakten
Odontoblasten unterhalb der restorierten Kavitäten nach 381 Tagen (0,56; 95%CI 0,38 –
0,82; p = 0,0008). Die Ergebnisse der randomisierten Kontrollstudie (1,40; 95%CI 0,92 – 2,14;
p = 0,11) zeigten keinen Unterschied in klinisch festellbaren Pulpa-Symptomen nach zwei
Jahren zwischen beiden Materialien. Alle Studien hatten auf Grund von möglichen
Auswahlfehlern im Rahmen der Studienmethodik nur begrenzt innere Güldigkeit.
Schlußfolgerung. Noch kann keine eindeutige Aussage über die Überlegenheit eines
Materials aufgestellt werden. Weitere hochwertige randomisierte Kontrollstudien sind
erforderlich.
92
1. Einführung
Die Behandlung tiefer Kariesläsionen und der begleitenden histo-pathologischer
Veränderungen der Zahnpulpa ist in der operativen Zahnmedizin von großer Bedeutung.
Dabei muß der Schutz der Pulpa von einer weiteren, durch Karies verursachte, bakterielle
Invasion, thermale/elektrische Konduktion und chemischen Schutz von den oberhalb
liegenden Restorationsmaterialien gewährleisted sein. Eine wichtige Funktion der
therapeutischen Unterfüllungsmaterialien in tiefen Zahnkavitäten ist die Stimulation der Pulpa-
Odonblasten zur Produktion von reparativen Sekundärdentin und die Förderung der
Remineralisierung des vorhandenen Dentins. Auf diese Weise wird eine Heilung des Dentin-
Pulpa- Komplexes und, eventuell, der Kariesläsion ermöglicht [1]. Kalziumhydroxid war für
viele Jahre das Standardmaterial zur Unterfullüng von Amalgam und wurde als dünne Schicht
am Kavitätenboden, möglichst nah an der Pulpa aufgetragen. Der Nutzen von
Kalziumhydroxid wurde eingehend erforscht [2,3] und seine relativen Vorteile sowie seine
einfache Handhabung erwiesen. Dennoch liegen Zweifel bezüglich der langfristigen Lösligkeit
von Kalziumhydroxid Zement vor, bezüglich fehlender chemischer und mechanischer
Retention und potentiell beschleunigter Abnutzung nach Säureeinwirkung während der
Fullüngslegung, die zu einer Flächenverrinerung für Materialanhaftung auf der
Kavitätoberfläche führt [4]. Im Rahmen einer minimal-invasiven Zahnmedizin wird die These
vertreten, daß das von Karies befallene Dentin innerhalb einer Kavität belassen und die
Läsion mit einem anhaftenden restorativen Material zu versiegelt werden kann [5]. Da die
spezifischen Qualitäten von restorativen Materialien im letzten Jahrzehnt verbessert und, z.B.
die biomimetrische Eigenschaften von herkömmlichen Glasionomer Zementen (GIZ) bestätigt
wurden [6] wird eine Klärung, ob separate, pulpa-therapeutische Unterfüllungen unter diesen
noch eine Berechtigkeit haben, erforderlich. Im Gegensatz zu herkömmlichen GIZs, wurden
kunststoffmodifizierte GIZs (RM-GIZ) hingegen als schädlich für die Pulpa beschrieben [7].
Dies wurde durch den Gehalt an HEMA (Hydroxyethylmethacrylat) in den RM-GIZ erklärt, der
durch den Dentin diffundieren und eine Entzündung der Pulpa verursachen kann [8]. Bisher
wurde das Volumen der wissenschaftlichen Artikel zur Biokompatibilität der RM-GIZ und der
Reaktion der Pulpa in einer Reihe von narrativen Reviews diskutiert, die aber
widersprüchliche Erkenntnisse lieferten [7-11]. Zur Zeit wurde noch kein systematischer
Review zu diesem Thema vorgenommen.
Aus diesem Grunde ist as das Ziel dieses systematischer Review die Frage, ob RM-
GIZs in tiefen Kavitäten eine Reaktion der Pulpa hervorrufen, die sich von der Reaktion auf
kalziumhydroxide Zemente unterscheidet, quantitativ zu beantworten.
93
2. Materialien und Methoden
2.1. Datensammlung
Fünf Datenbanken: Biomed Central, Cochrane Library, Directory of Open Access Journals,
PubMed and Science-Direct wurden nach Artikeln zu klinischen Studien bis 31. Mai 2009
systematisch durchsucht. Die MeSH/text Suchbegriffe mit boleischen Operatoren: “Dental
Pulp” OR “Dental Pulp Necrosis” OR “Dental Pulp Devitalizatio” AND “Glass Ionomer
Cements AND “Calcium Hydroxide”, wurde bei der Suche in allen Datenbanken benutzt. Aus
den Suchergebnissen wurden Artikel nach folgenden Aufnahmekriterien ausgewählt:
4. Titel/Abstrakte für das Thema relevant;
5. Erschienen auf Englisch;
6. Zwei-Arm- (progressive), longitudinale klinische Studie (randomisierte Kontrollstudie,
nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie);
7. Enthält berechenbare dichotome Daten für die Test- und Kontrollgruppe.
Falls ein relevanter Titel ohne einen Abstrakt vorlag, wurde der gesamte Artikel ausgewertet.
Außerdem wurden die Literaturlisten auf weitere für die Aufnahme geeigneten Studien hin
überprüft.
2.2. Artikel Review
Es wurden nur die Artikel weiter geprüft, die den Aufnahmekriterien entsprachen. Alle Artikel
wurden von zwei Reviewern (YV und SM) unabhängig voneinander entsprechend folgender
Ausschlußkriterien hin geprüft [12]:
6. Am Ende der Studie wurden nicht alle Probanden berücksichtigt;
7. Kein gleicher Follow-Up für Probanden beider Gruppen;
8. Studie am tierischen Gewebe.
Falls mehrere Artikel zur selben Studie während der gleichen Zeitspannen vorlagen, wurde
der Artikel akzeptiert, der die Studie im Hinblick auf die Ausschlußkriterien am besten
beschrieb. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern wurden durch Diskussion
und Konsens gelöst.
2.3. Datensammlung aus den akzeptierten Studien
Es wurden die Ergebnismaße bezüglich der Reaktion des Pulpagewebes auf das jeweilige
Material ausgewertet. Zwei Reviewer (VY und SM) sammelten unabhängig voneinander
Daten aus den akzeptierten Artikeln. Aus jedem Artikel wurden individuelle dichotome
94
Datensätze für die Kontroll- und Testgruppen entnommen. Nach Möglichkeit wurden fehlende
Daten anhand der im Text oder Tabellen enthaltenen Information berechnet. Zusätzlich
wurden die Autoren der Artikel kontaktiert, um die fehlende Information zu erhalten.
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern wurden durch Diskussion und Konsens
gelöst.
2.4. Qualität der Studien
Die Qualität der Studien wurde nach den Cochrane Richtlinien [13] von zwei Reviewern (VY
und SM) unabhängig voneinander bewertet. Die nicht in diesen Review aufgenommenen
Studien wurden in einem Pilotprojekt eingesetzt. Anschließend wurde die Qualitätsbewertung
aus den Bewertungen der beiden Reviewer durch Konsens hergeleitet. Folgende Kriterien
wurden bei der Auswertung der randomisierten Kontrollstudien (RCT) und der nicht-
randomisierten Kontrollstudien eingesetzt:
Randomisierte Kontrollstudien (RCT):
(1) Generierung der randomisierten Sequenz (Zuordnung), angegeben als:
(A) Adäquat – z.B. computererzeugte zufällige Zahlen;
(B) Unklar – keine Angabe;
(C) Inadäquat – z.B. Patientennummer, Geburtsdatum, Registrierungsdatum, Abwechselnde
Zahlenfolge.
(2) Verbergung der Zuordnung angegeben als:
(A) Adäquat – z.B. zentrale Randomisierung, aufeinander folgend nummerierte, versiegelte
und undurchsichtige Umschläge;
(B) Unklar – keine Angabe;
(C) Inadäquat – z.B. offener Zuordungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige Umschläge.
(3) Verblindete Ergebnisauswertung angegeben als:
(A) Adäquat - Ja;
(B) Unklar – keine Angabe, ob die Auswertung verblindet wurde;
(C) Inadäquat - Angabe im Text, dass die Auswertung nicht verblindet wurde;
(D) Nicht möglich.
Nicht randomisierte klinische Kontrollstudien:
(1) Test- und Kontrollgruppen Anpassung
(A) Adäquat – Klare Angabe im Text zur Anpassung der beiden Gruppen;
95
(B) Unklar – Keine Angabe zur Anpassung der beiden Gruppen;
(C) Inadäquat – Baseline Daten der beiden Gruppen unterscheiden sich signifikant (p <
0.05).
(2) Berücksichtigung der Störfaktoren und/oder statistische Anpassung
(A) Adäquat – Störfaktoren sind berücksichtigt und haben entweder keinen signifikanten
Einflu ß oder sind statistisch angepaßt, z.B. anhand der Kovarianzanalyse (ANCOVA);
(B) Unklar – Keine Information zu den angegebenen Störfaktoren;
(C) Inadäquat – Störfaktoren mit signifikantem Einfluss sind berücksichtigt, aber nicht
statistisch angepaßt.
(3) Verblindete Ergebnissauswertung angegeben als:
(A) Adäquat - Ja;
(B) Unklar – Keine Information über die Verblindung der Auswertung;
(C) Inadäquat - Angabe im Text, daß die Auswertung nicht verblindet wurde;
(D) Nicht möglich.
Klinische Kontrollstudien ohne Randomisierung wurden als Studien mit geringeren internen
Validität und Beweisstärke betrachtet als die RCTs [14].
2.5. Statistische Analyse
Es wurde das Random Effects Modell in der statistischen Software RevMan Version 4.2 (The
Nordic Cochrane Centre, The Cochrane Collaboration, Copenhagen; 2003) benutzt. Die
Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen wurden anhand des Relativen Risikos (RR)
mit 95% Konfidenzintervalls (CI) berechnet. Datensätze aus den akzeptierten Artikeln wurden
entsprechend den Cochrane Richtlinien auf deren klinische und methodologische
Heterogenität ausgewertet [15]. Datensätze wurden als heterogen betrachtet falls sie sich in
folgenden Punkten unterschieden: Art der Studie, Aspekt und Definition des Ergebnismaßes,
Nähe zur Pulpa, Fläche des Kavitätenbodens, Einwirkungsdauer, Dentition, Kavitätenart und
Stelle, Vorhandensein oder Fehlen des Karies, Bewertungsmethode der Pulpareaktion. Der
Prozentsatz der gesamten Abweichungen der Datensätze (I2) wurde zur Auswertung der
statistischen Heterogenität eingesetzt [16,17]. Für die Metaanalyse wurden nur homogene
Datensätze zusammengefaßt. Den zusammengefaßten Datensätzen wurde ein Mantel-
Haenszel Gewicht zugeteilt, das direkt proportional zu den Stichprobengrößen war.
96
3. Ergebnisse
Die erste Suche in PubMed lieferte 31 Artikel, davon entsprachen 11 Artikel [18-28] den
Aufnahmekriterien und wurden für den Review ausgewählt. Während der anschließenden
Suche in den anderen vier Datenbanken wurden keine Artikel als zur Aufnahme geeignet
befunden. Von den 11 ausgewählten Artikeln wurden fünf ausgeschlossen, da diese über
Studien am tierischen Gewebe berichteten [20,21,23,27,28]. Eine randomisierte
Kontrollstudie [19] und fünf nicht-randomisierte klinische Kontrollstudien wurden zur
Datensammlung akzeptiert [18,22,24-26]. Die Auswertung der histomorphometrischen
Ergebnismaße in den nicht-randomisierten klinischen Studien war möglich, da diese die
Extraktion der zu untersuchenden Zähne aus orthodontischen Gründen mit einschloß. Tabelle
1 liefert Information zu den Qualitätsaspekten, die für die akzeptierten RCT und für die
klinischen Kontrollstudien ausgewertet wurden. Aufgrund der sichtbaren
Materialeigenschaften der verglichenen Materialien (kunststoff-modifizierte GIZ und
Kalziumhydroxide), wurde die Verblindung der Ergebnisauswertung bei allen Studien als "D"
(Nicht möglich) bewertet. Bei dem RCT [19] wurden die zufällige Zuordnung der Probanden
und Verbergung der zufälligen Zuordnung als "B" (unklar) bewertet, da zu beiden keine
Angaben im Text gemacht wurden. Gruppenanpassung und Bewertung der Störfaktoren
wurden aufgrund der fehlenden Angaben bei allen klinischen Kontrollstudien als "B" (unklar)
bewertet [18,22,24-26].
Aus den sechs akzeptierten Studien [18,19,22,24-26] wurden 18 separate
berechenbare dichotome Datensätze entnommen. Die Ergebnismaße dieser Datensätze, die
sich auf die Reaktion der Pulpa bezogen, waren: (a) histomorphometrische Ergebnismaße:
Entzündungsreaktion, Verformung des Zahnhartgewebes, Anordnung des Weichgewebes,
Eindringen von Bakterien, Veränderungen der Odontoblasten, Zahl der intakten
Odontoblasten und (b) Fehlende von klinisch identifizierbaren Symptomen der Pulpa. Die
Haupteigenschaften der Datensätze sind in der Tabelle 2 beschrieben. Die Ergebnisse der
zwei Studien [24,26] wurden für die Test- und Kontrollgruppen durch die Reviewer (SM und
VY) anhand von Prozentsätzen der Gesamtwerte im Text berechnet. Das Relative Risiko
(RR) mit 95% Konfidenzintervall (CI) der meisten Datensätze wies keine statistisch
signifikanten Unterschiede (p> 0, 05) zwischen den beiden Materialien auf (Tabelle 3). Vier
von den 18 Datensätzen zeigten signifikante Unterschiede: ein um 38% geringere
Entzündungsreaktion mit Kalziumhydroxid (Datensatz #05: RR 0,61; 95% CI 0,50 – 0,76; p <
0,00001) [25]; eine größere Fläche von sekundärer Zahnhardsubstanz mit Kalziumhydroxid
(Datensatz #17: RR 0,34; 95% CI 0,22 – 0,52; p = 0,003) [24]; eine größere Anzahl der
intakten Odontoblasten unterhalb der restorierten Kavitäten mit verbleibender Dentin-Dicke
(RDT) <0,05 mm mit Kalziumhydroxid nach 381 Tagen (Datensatz #15: RR 0,45; 95% CI 0,32
97
– 0,64; p = 0,008 und #16: RR 0,66; 95% CI 0,53 – 0,84; p = 0,04) [24,26]. Alle vier
Datensätze wurden aus nicht-randomisierten klinischen Kontrollstudien entnommen.
Zwischen den meisten Datensätzen wurde klinische und methodologische
Heterogenität beobachtet (Tabelle 2). Aus diesem Grund wurde für nur drei Gruppen,
bestehend aus jeweils zwei Datensätzen, eine Metaanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse der
drei Gruppen waren:
(i) Kein Unterschied in der Entzündungsreaktion nach 30 Tagen (Datensätze
#01 und #10: RR 0,87; 95% CI 0,59 – 1,26; p = 0,46);
(ii) Eine um 38% geringere Entzündungsreaktion mit Kalziumhydroxid nach
60 Tagen (Datensätze #05 und #13: RR 0,62; 95% CI 0,50 – 0,76; p <
0,00001);
(iii) Eine größere Anzahl intakter Odontoblasten unterhalb der restorierten
Kavitäten mit verbleibender Dentin-Dicke (RDT) <0,05 mm mit
Kalziumhydroxid nach 381 Tagen (Datensätze #15 und #16: RR 0,56;
95% CI 0,38 – 0,82; p = 0,0008).
Trotz der klinischen und methodologischen Ähnlichkeiten zwischen den Datensätzen #15 und
#16, wurde eine statistische Heterogenität (I2 = 72,3%) festgestellt. Der Grund dafür war eine
Unterschiede in Größe und Richtung der beobachteten Behandlungseffekte. Innerhalb der
anderen gepoolten Datensätzen gabe es keine statistische Heterogenität (I2 = 0%). Alle für
die Metaanalyse zusammengefaßten Datensätze stammen aus nicht-randomisierten
klinischen Kontrollstudien. Das Ergebnis des Datensatzes (#18: RR 1,40; 95% CI 0,92 – 2,14;
p = 0,11) aus der randomisierten Kontrollstudie, stellte keinen Unterschied zwischen
Kalziumhydroxid und RM-GIZ in klinisch und radiologisch feststellbaren Symptomen der
Pulpa nach zwei Jahren fest [19].
4. Diskussion
Quantitative systematische Reviews sind von höherem Nutzen als eine qualitative Synthese
von Daten, da sie die Feststellung der statistisch signifikanten (p < 0.05) Behandlungseffekte
sowie eine bessere Einschätzung dieser Effekte durch Quantifizierung der Ergebnisse
ermöglichen [29]. Ein quantitativer Vergleich von klinischen Information aus separaten
Studien, die einen bestimmten Behandlungsansatz und/oder Materialien untersuchen, bietet
eine viel objektivere Bewertung.
In diesem quantitativen systematischen Review wurde die Reaktion der Pulpa auf
Kalziumhydroxid mit der Reaktion auf RM-GIZ verglichen. Oft werden, aufgrund von Aspekten
der inneren Güldigkeit von Studien, restriktive Aufnahmekriterien, wie die Aufnahme von
98
ausschließlich randomisierten Kontrollstudien (RCT), zur Stärkung der inneren Güldigkeit der
Ergebnisse von systematischen Reviews benutzt. Es besteht jedoch das Risiko, daß sehr
viele vorhandenen Daten aus dem Review ausgeschlossen werden, da sie nicht den
Aufnahmekriterien entsprechen. Auf diese Weise wird der informativen Gesamtwert eines
systematischen Reviews geschwächt.
Die in diesem Review geprüften Daten umfassen Ergebnisse aus 18 Datensätzen,
davon stammt nur ein Datensatz aus einem RCT [19]. Um mehr Daten zur Verfügung zu
haben, wurden daher zusätzlich fünf nicht-randomisierte Kontrollstudien, aus denen 17
Datensätze entnommen werden konnten, aufgenommen. Da jedoch keine Randomisierung
vorhanden war, besteht die Möglichkeit, daß die Ergebnisse dieser Datensätze von
erheblichen Auswahlfehlern in der Studienmethodik beeinflusst wurden.
Andere Aspekte, der in diesem Review angewandten Methodik, könnten zur weiteren
Begrenzung der Ergebnisse beigetragen haben: (i) nicht alle relevanten Publikationen wurden
in den ausgewählten Datenbanken gelistet; (ii) nicht alle relevanten Publikationen erschienen
in Englisch. Einige gelistete relevanten Studien wurden möglicherweise nicht durch die
Datenbanksuche identifiziert. Ungeachtet dieser Überlegungen, entsprachen jedoch nur
35,5% der 31 zunächst identifizierten Artikel den breit angelegten Aufnahmekriterien.
Darüberhinaus wurden keine geeigneten Artikel in den anderen Datenbanken identifiziert.
Von den 11 zunächst aufgenommenen Artikeln wurden fünf nicht akzeptiert, da sie
über Studien am tierischen Gewebe berichteten [20,21,23,27,28]. Eine strukturierte
Checkliste wurde zur Qualitätsbewertung der akzeptierten Studien in Verbindung zu deren
internen Validität benutzt. Das Ergebnis der Bewertung wies auf eine Limitierung der
Studienergebnisse durch systematische Fehler hin (Tabelle 1). Systematische Fehler könnten
Studien beeinflussen indem eine Über- oder eine Unterschätzung des Behandlungseffektes
eines untersuchten klinischen Verfahrens verursacht wird. Eine Überschätzung kommt am
häufigsten vor [30]. Egger et al. (2003) gab eine Überschätzung des Behandlungserfolges um
21% - 54%, verursacht durch einen Auswahlfehler an, der bereits bloß aufgrund der
fehlenden Verbergung der Zuordnung während des Randomisierungsprozesses entsteht [31].
Da keine der in diesen Review aufgenommenen Studien über die Verbergung der Zuordnung
berichtet, müssen die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden. Die Eigenschaften der in
den systematischen Review aufgenommenen Studien sind in Tabelle 2 dargestellt. Es ist
offensichtlich, daß weder die Art des RM-GIZ noch das Alter (9 - 32 Jahre) der Patienten das
Ergebnis beeinflussten. Die verbleibende Dentin-Dicke (zwischen 0,83 - 2,5 mm) scheint eine
Auswirkung auf die histologische Reaktion in der Pulpa zu haben. Eine Standardisierung von
Aspekten des klinischen Kavitäten-präparation und der eingesetzten Materialien war ebenfalls
nicht möglich und dies trug auch zu der festgestellten Heterogenität der Ergebnisse bei. Die
99
quantitative Auswertung durch Berechnung des Relativen Risikos (RR) mit 95%
Konfidenzintervall der 18 dichotome Datensätze wies darauf hin, daß bei den meisten
Datensätzen [24-26] keine statistischen Unterschiede zwischen der histologischen
Reaktionen der Pulpa unterhalb der beiden getesteten Materialien vorhanden waren (p >
0.05). Vier Datensätze zeigten eine signifikanten Unterschied zugunsten von Kalziumhydroxid
in Bezug auf die Reduzierung der entzündeten Zellen, eine bessere Wiederherstellung des
Zahnhartgewebes und eine größere Anzahl von Odontoblasten innerhalb von 381 Tagen. Da
diese Datensätze auf einer größeren Stichprobenzahl basieren, besteht die Möglichkeit, daß
diese eine viel objektivere Einschätzung des tatsächlichen Behandlungseffektes lieferten. Es
wurde angeregt, daß Studien mit einer geringen Stichprobenzahl, einer inadäquaten
randomisierten Sequenzzuordnung und einer inadäquaten Verbergung der Zuordnung eine
größere Überschätzung des Behandlungeffektes in den Testgruppen erzeugen als Studien
mit einer großen Stichprobenzahl [32]. Aus diesem Grund könnte bei dem Behandlungseffekt
des RM-GIZ in den Datensätzen die keine Unterschied zwischen den Materialien zeigen, eine
Überschätzung vorliegen, nicht nur weil keine adäquate randomisierte Sequenz-Zuordnung
und Verbergung der Zuordnung vorlag, sondern auch aufgrund der geringen Stichprobenzahl
(Tabelle 3). Das klinische und radiologische Ergebnis der einzigen randomisierten
Kontrollstudie [19] scheint die histo-morphometrischen Ergebnisse der Datensätze (#01-04;
#06-14) mit geringer Stichprobenzahl zu bestätigen, daß zwischen Kalziumhydroxid und RM-
GIZ keine Differenz besteht (Tabelle 3). Aufgrund der unklaren randomisierten Zuordnung
und Verbergung der Zuordnung in dieser Studie können die Ergebnisse dieser Studie jedoch
in Frage gestellt werden (Tabelle 1). Das Gewicht der Evidenz eines systematischen Reviews
ist nur so gut wie die Qualität der aufgenommenen Studien. Das Risiko von systematischen
Fehlern in den Studien wurde als hoch eingeschätzt. Das bedeutet, daß die Ergebnisse der
gepoolten und individuellen Daten mit Vorsicht interpretiert werden sollten. Die für diesen
Review zusammen gefaßten Daten liefern bestenfalls den Beweis für Richtung und Größe
eines Behandlungseffekts, der in den meisten Fällen sich als äquivalent (nicht signifikant)
erwies. Darüberhinaus liefert dieser systematischer Review einen Überblick über die zur Zeit
vorhandene Beweislage im Bezug zur Pulpenreaktion auf RM-GIZ versus Kalziumhydroxid in
tiefen Zahnkavitäten. Vor diesem Hintergrund können Empfehlungen zur Methodologie
zukünftiger Studien gemacht werden: zukünftige Studien sollten auf einem randomisierten,
kontrollierten Studiendesign basieren und die Berichterstattung sollte die Empfehlungen des
CONSORT Statements folgen. Jede Studie sollte eine klare Beschreibung der randomisierten
Zuordnung der Probanden beinhalten, Details zu Restriktionen und den Erzeuger der
Zuordnungs-Sequenz angeben, sowie den Studien-Mitarbeiter nennen, der die Probanden
anmeldet und den Gruppen zuteilt. Die Berichterstattung sollte weitere Informationen über die
100
Verbergung der Zuordnung vor den Studien-Mitarbeiter bis zu Zuteilung der Interventionen
beinhalten. Falls eine Verbergung stattfand, muss die Art und Weise beschrieben werden
[33].
5. Schlußfolgerung
Dieser systematischer Review identifizierte sechs randomisierte und nicht-randomisierte
klinische Kontrollstudien aus denen 18 Datensätze mit Relevanz für die Fragestellung des
Reviews entnommen werden konnten. Bei der Auswertung der Entzündungsreaktion der
Pulpa, Reparatur des Hart-/Weichgewebes, des Eindringens von Bakterien und
Veränderungen der Anzahl von Odontoblasten unterhalb der beiden Test-Materialien zeigten
die meisten Datensätze keine statistisch signifikante Unterschied zwischen Kalziumhydroxid
und RM-GIZ. Eine endgültige Aussage kann jedoch nicht erfolgen, da alle aufgenommenen
Studien eine begrenzte interne Güldigkeit und ein hohes Risiko von systematischen Fehlern
zeigten. Deshalb sind weitere hochwertige randomisierte Kontrollstudien erforderlich. Es wird
empfohlen bei der Berichterstattung solcher Studien dem CONSORT Statement zu folgen.
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103
Tabelle 1 – Qualitätsbewertung der akzeptierten Studien
Randomisierte Kontrollstudie Selection-Bias Detection-Bias Artikel Randomisierte Zuordnung
Verbergung der Zuordnung
Verblingung des Evaluators
Marchi JJ et al. (2006) [19] B B D Nicht-randomisierte Kontrollstudie
Selection-Bias Performance-Bias Detection-Bias Artikel Gruppen sind angepasst
Erläuterung der Störfaktoren
Verblindung des Evaluators
Costa CAS et al. (2003) [22] B B D Murray PE et al. (2001) [25] B B D Mousavinasab M et al. (2008) [18] B B D About I et al. (2001) [26] B B D Murray PE et al. (2002) [24] B B D
Tabelle 2 – Eigenschaften der Datensätze (DS) mit potenziellem Einfluß auf das Studienergebnis – Teil I
Ergebnismaß
Artikel DS Art der Studie
GIZ antikario-genische Wirkung: Widersprüchliche Daten für Einflächen-Füllungen bei Primärzähnen <8 Jahren RM-GIC
Externe Remineralisierung (CPP-ACP): Evidenz aus hochwertigen (randomisiert-kontrollierten) Studien Ca(OH)2
Aspekt Definition Patient / Alter Nähe zur Pulpa
Größe des Kavitätenbodens
Dauer der Einwirkung
01 Entzündungsreaktion Keine der vereinzelten entzündeten Zellen befinden sich in der Pulpa, charakteristisch zum normalen Pulpa-Gewebe
02 Verformung Zahnhartgewebes
Keine
03 Weichgewebe Charakteristisch zum normalen Pulpa-Gewebe
Costa CAS et al. (2003) [22]
04
Nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie
Vitrebond Dycal
Eindringen von Bakterien
Keine
Menschliche Probanden – Alter 12-19 Jahre (Durchschnitt = 15 Jahre)
2,5 mm Kavitätentiefe
1,5 mm Weite des Kavitätenbodens
30 Tage
Murray PE et al. (2001) [25]
05
Nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie
Vitrebond Dycal Entzündungsreaktion der Zellen
Entzündete Zellen nach FDI und ISO Definition fehlen
Menschliche Probanden – Alter 25 Jahre (Durchschnitt = 12,54 Jahre)
Verbleibende Dentin-Dicke (RDT) 0,04-2,993 mm (Durchschnitt 0,9 mm)
Weite 0,99 – 3,17 mm (Durchschnitt 1,86 mm)
Durchschnitt 68,45 Tage
06 Veränderungen der Odontoblaste
Bemerkenswerte Veränderungen der Odontoblaste fehlen
07 Entzündungsreaktion der Zellen
Keine der vereinzelten entzündeten Zellen befinden sich in der Pulpa, charakteristisch zum normalen Pulpa-Gewebe
08 Verformung des Hartgewebes
Kein abnormales oder reparatives Dentin beobachtet
7 Tage
09 Veränderung der Odontoblaste
Bemerkenswerte Veränderungen der Odontoblaste fehlen
10 Entzündungsreaktion der Zellen
Keine der vereinzelten entzündeten Zellen befinden sich in der Pulpa, charakteristisch zum normalen Pulpa-Gewebe
11 Verformung der Hartgewebes
Kein abnormales oder reparatives Dentin beobachtet
30 Tage
Mousavinasab M et al. (2008) [18]
12
Nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie Walker et al. 2006 [9]
Vivaglass Dycal
Veränderung der Odontoblaste
Bemerkenswerte Veränderungen der Odontoblaste fehlen
Menschliche Probanden – Alter 13-32 Jahre (Durchschnitt 18 Jahre)
Exkavation bis das Rot der Pulpa sichtbar wird
Keine Info
60 Tage
105
13 Entzündungsreaktion der Zellen
Keine der vereinzelten entzündeten Zellen befinden sich in der Pulpa, charakteristisch zum normalen Pulpa-Gewebe
14
Verformung des Hartgewebes
Kein abnormales oder reparatives Dentin beobachtet
About I et al. (2001) [26]
15
Nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie
Vitrabond + Vitremer
Dycal
Zahl der intakten Odontoblaste pro 2112 µm2 der Pulpa-Flächeneinheit
- Menschliche Probanden – Alter 9-25 Jahre
RDT 0,008-2,578 mm (Durchschnitt = 0,833 mm)
Axiale Bodenweite 1,012-3,392 mm (Durchschnitt = 1,943)
381 Tage
16
Zahl der intakten Odontoblaste pro 2112 µm2 der Pulpa-Flächeneinheit
- Murray PE et al. (2002) [24]
17
Nicht-randomisierte klinische Kontrollstudie Walker et al. 2006 [9]
Vitrabond + Vitremer
Dycal
Verformung der Hartgewebes
Kein abnormales oder reparatives Dentin beobachtet
Menschliche Probanden – Alter 9-17 Jahre
RDT 0,058-2,933 (Durchschnitt = 0,890)
Axiale Bodenweite 1,012-3,392 mm (Durchschnitt = 1,943)
381 Tage
Marchi JJ et al. (2006) [19]
18 Randomized control trial
Vitremer Dycal Klinisch erfolgreiches Ergebnis
Ausbleiben des spontanen Schmerzes und/oder Druckempfindlichkeit; Ausbleiben der pathologischen Mobilität; Ausbleiben der Strahlendurchlässigkeit an den interradikularen und/oder periapikalen Regionen wie von den periapikalen Radiografen festgelegt; keine Vergrößerung des periapikalen Raumes; Ausbleiben der Dentin-Resorption aufgrund vom Exfoliation-Prozess.
Menschliche Probanden – Alter 4-9 Jahre
Unmittelbare Nähe zur Pulpa mit großem Risiko der Freilegung, festgestellt durch Röntgen-Aufnahmen.
Keine Info 48 Monate
106
Tabelle 2 – Eigenschaften der Datensätze (DS) mit potenziellem Einfluß auf das Studienergebniss – Teil II
Artikel DS Doppelt-blind Typ/Stelle der Kavität Karies Kavitätpräparierung Materialeinsatz Auswertungsmethode
01 02 03
Costa CAS et al. (2003) [22]
04
Zentrale Randomisierung
Klasse V – buccale Oberfläche, Premolare
Frei von Karies
- Anbringung eines Gummidams - Politur mit Reinigungs+Prophylaxe
Paste - Reinigung der zähne mit 70%
Ethanol - #1091 Diamantfräser mit aktiver
Spitze bis zu 2,5 mm mit Endteil aus Kunststoff + Hohgeschwindigkeitsspülung
- Fräser-Ersatz nach jeden 4. Kavität
- Axialer gut geschliffener Fräser mit niedriger Geschwindigkeit und Wasserkühlung
- Spülung und Reinigung der Kavität
Entsprechend den Empfehlungen des Herstellers +Säureätzung des Zahnschmelzes und der lateralen Kavitätenwände
Histomorphometrische Analyse und dem Lichtmikroskop
Murray PE et al. (2001) [25]
05 Zentrale Rrandomisierung
Klasse V – buccale oberfläche (1 mm über Zement-Zahnschmelz Verbindungsstelle) 2. Molare Kieferhöhle Mandib. Premolare
Frei von Karies - Bohrung mit 400 000 rpm
- Ätzung mit 37% Phosphorisäure
Histomorphometrische Analyse undter dem Lichtmikroskop
06 07 08 09 10 11 12 13
Mousavinasab M et al. (2008) [18]
14
Zentrale Rrandomisierung
Klasse I – buccale Oberfläche, 1. Premolare
Frei von Karies
- 440 Diameter Spitzenfräse + Hohe Geschwindigkeit + Wassersprühkühlung
- Neue Fräsen nach jedem 4 Zahn - Axiale Kavitätenwand exkaviert mit
Karbid-Rundfräse+niedrige Geschwindigkeit
- Lichthärtung 20 Sek.
- 2 Schichten von Copalite
Histomorphometrische Analyse undter dem Lichtmikroskop
About I et al. (2001) [26]
15 Zentrale Randomisierung
Klasse V – buccale Oberfläche (1 mm über Zement-Zahnschmelz Verbindungsstelle) 1./ 2. Premolar
Frei von Karies - Bohrung mit 400 000 rpm +
Wassersprühkühlung
37% Säureätzung Histomorphometrische Analyse undter dem Lichtmikroskop
16 Frei von Karies - Mit möglichst niedrigem Druck
107
Murray PE et al. (2002) [24] 16
Zentrale Randomisierung
Klasse V – buccale Oberfläche (1 mm über Zement-Zahnschmelz Verbindungsstelle) 2. Premolare
Frei von Karies - Preparation mit 400 000 rpm +Wassersprühkühlung
- 37% Phosphorisäure (60 Sek.)
- Spülung mit Wasser 30 Sek.
- Lufttrocknung 20 Sek.
Histomorphometrische Analyse undter dem Lichtmikroskop
Murray PE et al. (2002) [24]
17
Zentrale Randomisierung
Klasse V – buccale Oberfläche (1 mm über Zement-Zahnschmelz Verbindungsstelle) 2. Premolare
- Preparation mit 400 000 rpm +Wassersprühkühlung
- 37% Phosphorisäure (60 Sek.)
- Spülung mit Wasser 30 Sek.
- Lufttrocknung 20 Sek.
Histomorphometrische Analyse undter dem Lichtmikroskop
Marchi JJ et al. (2006) [19]
18
Es wurden nur klinisch und methodisch homogene Studien mit ähnlichen Ergebnissen in die Metaanalyse aufgenommen. Drei Untergruppen wurden für diesen Review analysiert (Bild 2-4).
Klasse I, Molare
Tiefer Karies, keine Zeichen von irreversiblen Pulpitis (= spontaner Schmerz oder Druckempfindlichkeit)
- Entfernung des geschwächten Zahnschmelzes mit Karbid-Fräser #245 bei hoher Geschwindigkeit + reichlich Wasser/Luftsprühung
- Komplette Kariesentfernung von den lateralen Kavitätwänden mit Niedriggeschwindigkeitfräsern #2-8
- Kariesentfernung mit dem Risiko von Pulpafreilegung mit #6 oder 8 Karbid-Fräse bei niedriger Geschwindigkeit
- Spülung der Kavität mit phosphatgepufferten Kochsalzlösung (pH 7,4)
- 10% phosphorischer Säuregel für 10-15 Sek
- Säureentfernung mit Wasser für 15 Sek.
- Kavität getrocknet mit Luft+Wattebausch
- Einsatz von Primer + Lichthärtung für 20 Sek.
Klinische Untersuchung und Röntgen
108
Tabelle 3 – Ergebnisse des Vergleiches zwischen beiden Materialiengruppen pro Datensatz
* Signifikante Differenz zugunsten von Kalziumhydroxid (p<0,05); DS = Datensatz-Nummer; RM-GIZ = Kunstoffmodifizierter Glass-Ionomer Zement; n = Anzahl der Zähne ohne Reaktion der Pulpa; N = Gesamtzahl der ausgewerteten Zähne; RR = Relatives Risiko; CI = Konfidenzintervall.
RM-GIZ Kalcium hydroxid
Reaktion der Pulpa/Ergebnismaß
DS
n N n N RR 95% CI p-Wert
Klinische Kontrollstudien 01 10 11 4 4 0,97 0,68 - 1,40 0,88 05 51 100 83 100 0,61 0,50 - 0,76* <0,00001* 07 0 8 2 5 0,13 0,01 - 2,32 0,14 10 3 5 5 6 0,72 0,32 - 1,60 0,40
Entzündungsreaktion der Zellen
13 2 6 3 6 0,67 0,17 - 2,67 0,56 02 11 11 4 4 1,00 - 08 8 8 5 5 1,00 - 11 2 5 3 6 0,80 0,21 - 3,05 0,74 14 2 6 1 6 2,00 0,24 - 16,61 0,51
Verformung des Hartgewebes
17 14 43 19 19 0,34 0,22 - 0,52* 0,003* Anordnung des Weichgewebes 03 10 11 4 4 0,97 0,68 - 1,40 0,88 Eindringen von Bakterien 04 9 11 4 4 0,88 0,58 - 1,33 0,60
06 3 8 2 5 0,94 0,23 - 3,79 0,93 09 2 5 4 6 0,60 0,18 - 2,02 0,38
Veränderungen der Odontoblaste
12 2 6 1 6 2,00 0,24 - 16,61 0,51 15 19 43 19 19 0,45 0,32 - 0,64* 0,008* Anzahl der intakten
Odontoblaste 16 28 43 19 19 0,66 0,53 - 0,84* 0,04* Randomisierte Kontrollstudien
Klinischer/radiologischer Erfolg 18 14 15 8 12 1,40 0,92 - 2,14 0,11
110
111
112
Erfolgsrate der Atraumatisch-Restorative Behandlungsmethode versus Amalgam-
füllungen: ein systematischer Review
Steffen Mickenautsch • Veerasamy Yengopal • Avijit Banerjee
Abstrakt Das Ziel war es über die Erfolgsrate von Füllungen, die entsprechend der
Atraumatisch-Restorativen Behandlungmethode (ART) gelegt werden, im Vergleich zu
Amalgamfüllungen zu berichten. Fünf Datenbanken wurden systematisch nach
veröffentlichten Studien bis 16. März 2009 recherchiert. Aufnahmekriterien: (1) relevanter
Titel/Abstrakt; (2) in englischer Sprache erschienen; (3) 2-armige Longitudinalstudie in-vivo;
(4) Studiendauer minimum 12 Monate. Ausschlußkriterien (1) eine mangelhafte (quasi-)
Zufallszuteilung der Probanden; (2) nicht alle Probanden wurden am Ende der Studie in der
Auswertung berücksichtigt; (3) keine gleiche Nachfolgeuntersuchung für Probanden der
beiden Gruppen. Aus 164 Artikeln entsprachen vierzehn diesen Kriterien und wurden für
den Review ausgewählt. Davon wurden sieben abgelehnt und sieben Artikel zur
Datenaufnahme akzeptiert. Diese Artikel enthielten Angaben über 27 separate Datensätzen.
Von diesen zeigten vier Datensätze eine statistisch signifikant höhere Erfolgsrate für ART
als für Amalgamfüllungen im Seitenzahnbereich: Klasse V – Füllungen 28% höhere ART
Erfolgsrate nach 6,3 Jahren; Klasse I – Füllungen 6% höhere ART Erfolgsrate nach 2,3
Jahren und 9% nach 4,3 Jahren; Klasse II – Füllungen 61% höhere ART Erfolgsrate nach
2,3 Jahren. Studien, die die beiden Füllungen in Milchzähnen untersuchten fanden nach 12
und 24 Monaten keine signifikanten Unterschiede. Im bleibenden Gebiß ist die allgemeine
Erfolgsrate der ART Füllungen nach 6,3 Jahren dem der Amalgamfüllungen ähnlich. Bei
Milchzähnen wurde keine Unterschiede festgestellt. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse sind
weitere Studien erforderlich.
Schlüsselwörter: Atraumatic restorative treatment ■ Amalgam • Longevity - Systematic
review - Meta-analysis ■ Glass ionomer cement
113
Einführung
Die Atraumatisch-Restorative Behandlungsmethode (ART) ist ein minimalinvasives
Verfahren, bei dem kariöser Zahnschmelz und Dentin mit Hilfe von Handinstrumenten
entfernt und anschließend die entstandene Kavität mit einem adhäsiven Material gefüllt wird
[1]. Obwohl ART zur Anwendung in den ärmeren Teilen der Welt entwickelt wurde, ist die
Methode im Rahmen der Minimum Interventions (MI) Philosophy nun auch in hoch
entwickelten Industrieländern verbreitet [2-7]. Momentan wird für ART hochviskoser Glas-
Ionomer Zement (GIZ) [8] angewandt. GIZ eignet sich hervorragend zur Kariesbehandlung
nach den Prinzipien der minimalinvasiven Zahnmedizin, da es in den frühen Phasen der
Kariesentstehung als auch bei größeren Kavitäten eingesetzt werden kann. Darüber hinaus
vereinfacht ART die Zahnbehandlung und ermöglicht Dentin und Pulpa gegen das
Fortschreiten der Karies zu schützen [9]. Während des ART Verfahrens wird die infizierte
Zone des kariösen Dentins mit Handinstrumenten entfernt und die Kavität durch das GIZ
versiegelt. GIZ haftet an Mineralien von Zahnschmelz und Dentin haupsächlich durch
Kalziumverbindungen [10]. Durch diese ensteht eine adaptive Versiegelung und da das
Material langsam Fluoridione in das anliegende Zahngewebe freisetzt, können GIZs die
weiter Entwicklung von Kariesläsionen aufhalten [11].
Amalgam wird seit über einem Jahrhundert als universelles Seitenzahnfüllungsmaterial mit
Erfolg angewendet [12]. Die Anwendung von Amalgam in der Zahnmedizin ist jedoch immer
noch umstritten, zum größten Teil auf Grund dessen Quecksilbergehaltes [13]. Die Suche
nach einem geeigneten Ersatz für dieses Material wird fortgeführt. Amalgam gilt aufgrund
seiner operativen Vorteile, wie: einfache Anwendung, hohe Stärke und Haltbarkeit, als
"Goldener Standard" an dem alle neuen Materialien auf Ergebnisse wie Effektivität und
Erfolgsrate der Füllung gemessen werden.
Bis heute wurde nur eine Metaanalyse veröffentlicht, die die Erfolgsraten von ART und
Amalgamfüllungen vergleicht [14]. Der Schwerpunkt wurde auf einflächige Füllungen bei
bleibenden Zähnen gelegt und und basierte auf einer systematischen Literaturrecherche in
PubMed / Medline bis zum 1. September 2003. Die Metaanalyse hat keinen Unterschied
zwischen beiden Füllungsarten nach 3 Jahren festgestellt. Bis jetzt wurde kein systematischer
Review veröffentlicht, der die Erfolgsrate von ein- und mehrflächigen ART versus
Amalgamfüllungen im bleibenden und im Milchgebiß über eine Periode länger als 3 Jahre
vergleicht. Dieser systematischer Review sollte die Frage beantworten, ob ART-Füllungen bei
gleicher Kavitätgröße, Dentitionsart und Studiendauer den gleichen Behandlungserfolg
erzielen wie herkömmlichen Amalgamfüllungen. Deshalb war das Ziel bei diesem
114
systematischen Review Studien zu analysieren, welche die Erfolgsrate von ART versus
Amalgamfüllungen im bleibenden und im Milchgebiß über eine Periode länger als 3 Jahre zu
vergleichen.
Materialien und Methoden
Datensammlung
Fünf Datenbanken: Biomed Central, Cochrane Library, Directory of Open Access Journals,
PubMed and Science-Direct wurden systematisch nach Artikeln über klinische Studien bis 16.
März 2009 durchsucht. Die Begriffe "ART", "ART approach" und "ART technique" lieferten
jeweils 43,111 sowie 3,282 und 2,147 Artikel in PubMed. Zur Optimierung des Suchumfangs
und zum Ausschluß von vielen einarmigen Longitudinalstudien ohne Amalgam sowie GIZ-
Studien die ART nicht zum Thema hatten, wurde der endgültige Suchbegriff "atraumatic
restorative treatment" benutzt. Aus den Suchergebnissen wurden Artikel nach folgenden
Aufnahmekriterien ausgewählt:
1. Titel/Abstrakt relevant für das Thema;
2. Erschienen auf Englisch;
3. zweiarmige in-vivo Longitudinalstudie;
4. Minimale Studiendauer von 12 Monaten
Falls nur ein relevanter Titel ohne Abstrakt vorlag, wurde der gesamte Artikel ausgewertet.
Weiterhin wurden die Literaturhinweise der aufgenommenen Artikel auf weitere geeignete
Artikel überprüft.
Artikelanalyse
Artikel die den Aufnahmekriterien entsprachen wurden durch zwei Reviewer (VY und SM)
unabhängig voneinander entsprechend den folgenden Ausschlußkriterien analysiert [15]:
1. Keine (quasi) Zufallszuteilung der Probanden;
2. Nicht alle Probanden am Ende der Studie berücksichtigt;
3. Kein gleiche Nachfolgeuntersuchung für Probanden der beiden Gruppen.
Zum Zweck des vorliegenden Reviews wurde ART als ein Zahnfüllungsmethode definiert,
welche die Kariesentfernung durch Handinstrumente (z.B. Löffelexkavatoren) und die
115
Kavitätenrestoration mit hochviskosem Glas-Ionomer Zement (GIZ) einschließt. ART Studien
die von dieser Definition abwiechen, wurden vom Review ausgeschlossen. Artikel wurden
auch ausgeschlossen, wenn keine berechenbaren Daten für die Kontroll- und die Testgruppe
angegeben waren. Falls mehrere Artikel zu derselben Studie und ähnlichen Perioden
vorlagen, wurde der Artikel aufgenommen, der den Aufnahme/Ausschlußkriterien am meisten
entsprach. Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern wurden durch Diskussion
und Konsensus gelöst.
Datensammlung aus den akzeptierten Studien
Das Ergebnismaß war der klinische Erfolg der Füllungen und wurde entsprechend den
dichtomen Erfolgs-/Mißerfolgsraten der ART- und Amalgamfüllungen gemessen. Zwei
Reviewer (VY und SM) sammelten unabhängig voneinander Daten aus den aufgenommenen
Artikeln. Aus jedem Artikel wurden einzelne dichtome Datensätze für die Kontroll- und die
Testgruppe entnommen. Ein dichtome Datensatz beinhaltete die Anzahl erfolgreicher
Füllungen (n) und die Gesamtzahl der bewerteten Füllungen (N). Nach Möglichkeit wurden
die fehlenden Daten aus Informationen im Text oder Tabellen errechnet. Außerdem wurden
die Autoren der Artikel kontaktiert, um fehlende Information zu erhalten.
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern während der Datensammlung wurden
durch Diskussion und Konsensus gelöst. Es wurde erwartet, daß einige der zur Aufnahme
geeignete Studien nach der ‘Splitmouth’-Methode (quasi-Zufallszuteilung) durchgeführt
wurden. Die ‘Splitmouth’-Methode wird in der Zahnmedizin häufig verwendet, um
Interventionen zu testen und hat den Vorteil, daß es einem Teilnehmer ermöglicht Proband
und Kontrollperson zu sein. Bei dieser Studienmethode bilden ein oder mehrere Zahnpaare
eine Einheit der Zufallszuteilung. Diese Paare sind streng genommen nicht unabhängig und
sollten als "gepaarte Daten" auf pro-patienten Basis analysiert werden. Zur Vermeidung eines
hohen Datenausschlusses wurden ‘Splitmouth’-Studien jedoch, wie in ähnlichen Reviews
[16], aufgenommen und die Zahnpaare separat analysiert.
Qualität der Studien
Die Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien wurde durch zwei Reviewer (VY und
SM) unabhängig voneinander vorgenommen. Die Qualitätsbewertung wurde zuerst an
anderen Studien getestet. Unterschiede in der Qualitätsbewertung durch beide Reviewer
wurde durch Diskussion und Konsensus beglichen. Studien wurden auf vier Qualitätskriterien
hin wurden geprüft:
(1) Erstellung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
116
(A) Adäquat - z.B. computererzeugte zufällige Zahlen, erzeugt durch eine Tabelle von
zufälligen Zahlen;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. Verwendung von Patientennummer, Geburtsdatum, erzeugt durch
Abwechslung in aufeinanderfolgender Patientennummern, etc.
(2) Vedeckung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. zentrale Zufallszuteilung, undurchsichtige aufeinanderfolgend nummerierte
Umschläge;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. offener Zuordnungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige
Umschläge.
(3) Verdeckte Ergebnisbewertung, beschrieben als:
(A) Ja;
(B) Unklar;
(C) Nein;
(D) Nicht möglich.
Statistische Analyse
Es wurde ein Fixed-Effects-Modell der statistischen Software RevMan Version 4.2 von Nordic
Cochrane Centre, The Cochrane Collaboration (Copenhagen; 2003) benutzt. Differenzen in
den Behandlungsgruppen wurden auf der Grundlage des Relativen Risiko (RR) mit 95%
Konfidenzintervallen (CI) berechnet.
Tabelle 1. Qualitätsbewertung der randomisierten/quasi-randomisierten Kontrollstudien
Auswahlfehler Auffindungsfehler Artikel
Zufallszuteilung Verdeckung der Zufallszuteilung
Verdeckung
Frencken JE et al. (2007) [23]
B
B
D
Frencken JE et al. (2006) [22] B B D
Gao W et al. (2003) [24] B B D
Yip H-K et al. (2002) [32] B B D
Yu C et al. (2004) [34] B B D
Honkala E et al. (2003) [4] A B D
Taifour D et al. (2002) [30] B B D
117
Aus den akzeptierten Artikeln wurden Datensätze gesammelt und ihre klinische und
methodische Heterogenität nach den Cochranerichtlinien [18] eingeschätzt. Datensätze
wurden als heterogen betrachtet, wenn sie sich in der Dentitionsart (bleibendes oder
Milchgebiß), Beurteilungskriterien für Füllungen (ART [19] oder USPHS [20]), Kavitättyp und
Studiendauer unterschieden. Chi2, Freiheitsgrad (df) und der Prozentsatz der Variation in den
Datensätzen (I2) wurden zur Beurteilung der statistischen Heterogenität benutzt [21]. Nur
Datensätze ohne klinische und methodische Heterogenität wurden für die Metaanalyse
ausgewählt. Im Rahmen der Metaanalyse wurde diesen ein Mantel-Haenszel Gewicht direkt
proportional zur Propantenzahl zugeordnet.
Ergebnisse
Die Literatursuche wurde zuerst in PubMed durchgeführt und ergab 164 Artikel. Davon
entsprachen 14 Artikel [4, 22-34] den Aufnahmekriterien und wurden für den Review
ausgewählt. Eine anschließende Suche in den anderen vier Datenbanken lieferte keine
weiteren Ergebnisse. Sieben der ausgewählten Artikel wurden ausgeschlossen: in 1 Artikel
fehlte die Zufallszuteilung der Probanden [28]; 1 Artikel enthielt keine Angabe zum
Probandenausschied pro Behandlungsgruppe, so daß eine Berechnung der Daten unmöglich
war [29]; 2 Artikel berichteten über Kariesentfernung durch Handexkavation kombiniert mit
chemo-mechanischer Kariesentfernung, gefolgt von Kavitätenrestoration mit einem
niedrigviskosem GIZ [26, 27]; 1 Artikel berichtete über Einsatz von Cermet (Chelon Silver) im
Vergleich zu einer Mischung von GIZ (Chelon Fil) mit Amalgam [25]; 1 Artikel presentierte die
Ergebnisse nicht als berechenbare (dichotom oder kontinuierliche) Daten [33] und 1 Artikel
[31] gab Daten aus 12 Monaten an, die auch im akzeptierten Artikel von Frencken et al.
(2007) [23] angegeben wurden. Sieben Artikel über randomisierte und quasi-randomisierte
Kontrollstudien wurden akzeptiert [4, 22-24, 30, 32, 34]. Tabelle 1 liefert Information über die
Aspekte der bewerteten Qualitätsaspekte der akzeptierten Studien. Eine Zufallszuteilung
wurde bei einer Studie als A (Adäquat) [4] bewertet und als B (Unklar) in allen anderen
Studien [22-24, 30, 32, 34]. Die Verdeckung der Zufallszuteilung wurde bei allen Studien als
B bewertet. Der Grund für alle B-Wertungen war die fehlende Information über Art und Weise
der Zufallszuteilung und über die Verdeckung der Zufallszuteilung. Aufgrund von sichtbaren
Eigenschaften der verglichenen Materialien (GIZ und Amalgam), erhielt die Verdeckung der
Ergebnisbewertung gegenüber Patienten und Auswertern bei allen Studien D (Nicht möglich).
Aus den 7 akzeptierten Artikeln wurden 27 dichtome Datensätze gesammelt, die für das
Reviewthema relevant waren. Es muß angemerkt werden, daß beide Artikel von Frencken et
al. (2006 and 2007) verschiedene Datensätze der selben Studie [22, 23] angaben. Die Artikel
von Gao et al. (2003) und Yip et al. (2002) präsentierten ebenfalls Ergebnisse aus
118
verschiedenen Datensätzen der selben Studie [24, 32]. Die Hauptmerkmale der Datensätze
sind in Tabelle 2 beschrieben.
120
Tabelle 2. Hauptmerkmale der Datensätze aus den randomisierten und quasi-randomisierten Studien.
Artikel
Datensatz
Nummer
Studien-
methode
Auswertungs-
kriterien
Alter
(Jahre)
Dentitions-
typ
Kavität-
kondizionierung
vor Einsatz von GIZ
während ART
Kavitättyp Studien-
dauer
Glass-
Ionomer
Zement
01 Posterior Klasse I
02 Posterior Klasse V
03 Klein Klasse I
Frencken JE
et al.* (2007) [23]
04
Parallel
Gruppe ART Kriterien 7,5
Groß Klasse I
6,3 Jahre Fuji IXGP /
Ketac Molar
05 1,3 Jahre
06 2,3 Jahre
07 3,3 Jahre
08 4,3 Jahre
09 5,3 Jahre
10
Klasse I
6,3 Jahre
11 1,3 Jahre
12 2,3 Jahre
13 3,3 Jahre
14 4,3 Jahre
15 5,3 Jahre
Frencken JE
et al.* (2006) [22]
16
Parallel
Gruppe ART Kriterien 7,5
Klasse II
6,3 Jahre
Fuji IXGP /
Ketac Molar
Gao W et al. (2003)#
[24]
17 Splitmouth USPHS Kriterien 7-9 Klasse I 30 Monate Fuji IXGP /
Ketac Molar
18 Fuji IXGP Yip H-K et al. (2002)#
[32] 19 Splitmouth USPHS Kriterien 7-9
Permanent Ja
Klasse I 12 Monate Ketac Molar
Yu C et al. (2004) [34] 20 Splitmouth ART Kriterien 7,4 Primär Keine Angabe Klasse I 12 Monate Fuji IXGP
121
21 Ketac Molar
22 Fuji IXGP
23
24 Monate
Ketac Molar
24 Klasse I Honkala E
et al. (2003) [4] 25 Splitmouth ART Kriterien 5,7
Klasse II 22 Monate ChemFlex
26 Klasse I Taifour D
et al. (2002) [30] 27
Parallel
Gruppe ART Kriterien 6-7
Yes
Klasse II
36 Monate Fuji IXGP /
Ketac Molar
122
Tabelle 3. Vergleich der Erfolgsraten zwischen ART- und Amalgamfüllungen pro Datensatz
ART Amalgam
Artikel DS
n N n N
RR 95% CI
Bleibendes Gebiß
01 230 355 173 295 1,10 0,98 -1,25
02 106 132 68 108 1,28* 1,08 -1,51*
03 154 222 74 116 1,09 0,92 -1,28 04 39 70 57 108 1,06 0,80 -1,39 05 454 487 370 403 1,02 0,98 -1,05
06 375 397 289 323 1,06* 1,01 -1,10*
07 334 348 258 267 0,99 0,96 -1,02 08 274 288 191 218 1,09* 1,03 -1,15*
Frencken JE et al. (2007) [23]
09 153 161 108 113 0,99 0,94 -1,05
10 138 153 97 108 1,00 0,92 -1,09
11 41 52 26 33 1,00 0,80 -1,25
12 31 34 13 23 1,61* 1,11 -2,34* 13 25 29 9 12 1,15 0,80 -1,64
14 18 21 7 9 1,10 0,75 -1,63
Frencken JE et al. (2006) [22]
15 12 12 2 2 1,00 -
16 9 12 2 2 0,88 0,48 -1,60
Gao W et al. (2003) [24] 17 16 17 6 6 0,99 0,77 -1,27
18 21 21 22 22 1,00 - Yip H-K et al. (2002) [32] 19 17 17 22 22 1,00 -
Milchgebiß
20 17 18 17 17 0,95 0,81 - 1,10 21 12 13 17 17 0,92 0,75 - 1,12
22 5 6 5 7 1,17 0,65 - 2,10
Yu C et al. (2004) [34]
23 5 5 5 7 1,33 0,79 - 2,26
24 24 26 23 25 1,00 0,85 - 1,18 Honkala E et al. (2003) [4] 25 8 9 10 10 0,89 0,67 - 1,19
26 322 376 316 380 1,03 0,97 - 1,09 Taifour D et al. (2002) [30]
27 360 610 224 425 1,12 1,0 - 1,25
DS = Datensatznummer; n = Anzahl erfolgreicher Füllungen; N = Gesamtzahl der bewerteten Füllungen.
Das Relative Risiko (RR) mit 95% Konfidenzintervall (CI) der meisten Datensätzen zeigten
keinen statistisch signifikanten Unterschied (p>0,05) zwischen den Erfolgsraten von ART und
Amalgamfüllungen (Tabelle 3). Die Ergebnisse der 4 Datensätze: #02 [23] und #06, #08, #12
[22] weisen auf eine höhere Erfolgsrate von ART im Vergleich zu herkömmlichen
Amalgamfüllungen hin. Das für den Datensatz #02 berechnete Relative Risiko (RR 1,28;
95%CI 1,08 - 1,51; p = 0,004) zeigt, daß für ART-Füllungen der Klasse V in bleibenden
Zähnen im Seitenzahnbereich nach 6,3 Jahren die Erfolgschance um 28% höher ist als für
Amalgamfüllungen [23].
124
Tabelle 4. Meta-analyse Resultat der homogeneous Datensätze – Erfolgsrate von ART und Amalgam Füllungen (Klasse I) in Milchzähnen.
Test der statistischen Heterogenität
Auswertungsperiode (Nummern der kombinierten Datensätze)
Chi2 df I
2
RR 95% CI Statistische Differenz (P-Wert)
Datensatz Nr.
Gewicht %
020 54,0 12 Monate
021 46,0
0,06 1 0% 0,93 0,83 – 1,06 0,28
022 14,1 023 14,4 24 Monate 024 71,5
1,42 2 0% 1,07 0,91 – 1,27 0,39
125
Das berechnete Relative Risiko für Datensatz #06 (RR 1,06; 95% CI 1,01 - 1,10; p = 0,02)
und Datensatz #08 (RR 1,09; 95% CI 1,03 - 1,15, p = 0,004) zeigt, daß ART-Füllungen der
Klasse I in bleibenden Seitenzähnen nach 2,3 Jahren eine 6% und nach 4,3 Jahren eine 9%
höhere Erfolgschance haben als Amalgamfüllungen. Das für den Datensatz #12 berechnete
Relative Risiko (RR 1,61; 95%CI 1,11 - 2,34; p = 0,01) zeigt, daß ART-Füllungen der Klasse II
in bleibenden Seitenzähnen nach 2,3 Jahren eine 61% höhere Erfolgschance haben als
Amalgamfüllungen [22]. Nur 2 homogene Datensätze für Klasse I Füllungen in Milchzähnen
nach 12 Monaten [34] und 3 Datensätze nach 24 Monaten [4, 34] wurden für die Metaanalyse
als geeignet befunden (Tabelle 4). Dabei wurde keine statistische Heterogenität (I2 = 0%)
festgestellt. Das relative Risiko nach 12 und 24 Monaten (jeweils RR 0,93; 95%CI 0,83-1,06,
p = 0,26 und RR 1,07; 95%CI 0,91-1,27; p = 0,39) zeigt keine statistisch signifikante Differenz
zwischen den Erfolgsraten von Klasse I ART- und Amalgmamfüllungen in Milchzähnen.
Diskussion
Quantitative systematische Reviews (mit oder ohne Metaanalyse) bieten im Vergleich zur
narrativen Synthese eine bessere Möglichkeit für die Erfassung statistisch signifikanter
(p<0,05) Behandlungseffekte und eine bessere Einschätzung dieser durch eine
Quantifizierung der Ergebnisse [35]. Dadurch wird eine viel objektivere Bewertung der
vorhandenen Evidenz geliefert. In diesem Fall wurden die Erfolgsraten zwischen ART- und
der Amalgamfüllungen verglichen. Oft sind die Ergebnisse aufgrund der Heterogenität solcher
Studien nicht direkt vergleichbar. Deshalb werden einschränkende Aufnahmekriterien benutzt
um die Variation zu begrenzen und so den Wert der nachträglichen Metaanalyse-Ergebnisse
zu stärken. Es besteht jedoch das Risiko, daß einige nützliche Studiendaten aus dem Review
ausgeschlossen werden, da sie einigen Aufnahmekriterien nicht entsprechen. Auf diese
Weise wird der klinische Gesamtwert eines systematischen Reviews verringert. Um die
Aufnahme zu erweitern wurden in diesem Review ‘Splitmouth’-Studien und deren Daten [4,
24, 32, 34] aufgenommen und unabhängig voneinander analysiert. Die analysierten Daten
beinhalteten 27 Datensätze, deren Hauptmerkmale in Tabelle 2 zusammengefaßt sind.
Andere Aspekte der Methodik dieses Reviews mögen zur Begrenzung der Ergebnisse
beigetragen haben: (i) nicht alle relevanten Publikationen waren in den ausgewählten
Datenbanken gelistet; (ii) nicht alle relevanten Publikationen wurden auf Englisch
veröffentlicht. Deshalb wurden einige relevanten Publikationen möglicherweise nicht
aufgefunden. Trotz dieser Überlegungen, berichteten nur 8,5% der 164 in PubMed
aufgefundenen Artikel über randomisierte/quasi-randomisierte Kontrollstudien zu ART versus
Amalgamfüllungen. Die meisten anderen Studien waren nicht-randomisierte, longitudinale
126
ART-Studien ohne Kontrollgruppen. Es darf daher vermutet werden, daß eine Aufnahme von
weiteren Datenquellen keine weiteren relevanten Artikel geliefert hätte.
Von den ersten 14 aufgenommenen Artikel wurden 3 ausgeschlossen, weil sie der gewählten
Definition von ART nicht entsprachen [25-27]. Diese Definition basierte auf der Überlegung,
daß ART eine Kombination von folgenden Konzepten darstellt: (1) das Zurücklassen von
durch Karies angegriffenen jedoch remineralisierbaren Dentin in der Kavität nach
Kariesentfernung durch Handexkavation [1] und (2) die Förderung der Remineralisation
(Heilung) des angegriffenen Dentins durch eine Kavitätfüllung mit biomimetischen Materialien
[1]. ART wurde ursprünglich zum Gebrauch unterentwickelten Regionen entwickelt [1] und
sollte daher den Anforderungen für preisgünstiges Instrumentarium entsprechen. Andere
Exkavationstechniken unter Einsatz von spezialisierten Handinstrumenten in Verbindung mit
chemischen Wirkstoffen [36] erfüllen diese Anforderungen nicht. In Bezug auf die Auswahl
des Materials für ART, haben nur GIZs eine (hyper-) remineralisierende Wirkung auf
Zahnhartgewebe gezeigt [37-39]. Deswegen kann GIZ als das derzeit einzige Material
betrachtet werden, das in der Lage ist, das beibehaltene, angegriffene Dentin effektiv zu
remineralisieren. Eine frühere Metaanalyse berichtete über eine bessere Haltbarkeit der
Füllungen mit hochviskosen GIZ als im Vergelch zu niedrigviskosen GIZ bei ART [14]. Aus
diesen Gründen wurde die gewählte Definition von ART als korrekt, und deren Gebrauch als
ein Kriterium für den Ausschluß von Artikeln in diesem Review als berechtigt betrachtet.
Die Qualität der klinischen Kontrollstudien im Bezug auf interne Validität wurde anhand einer
strukturierten Checkliste bewertet. Das Ergebnis wies darauf hin, daß die Resultate der
Studien durch einen systematischen Auswahlfehler begrenzt sein könnten (Tabelle 1). Ein
solcher Fehler kann Studien beeinflussen, indem er entweder eine Über- oder eine
Unterschätzung des wirklichen Behandlungeffektes des untersuchten klinischen Verfahrens
verursacht. Eine Überschätzung des Behandlungeffektes wird am häufigsten beobachtet [40].
Schulz et al. (1995) gaben eine Überschätzung um 41% aufgrund von Auswahlfehlern an, der
alleine durch fehlende Verdeckung der Zufallszuteilung verursacht wurde [41]. Da alle in
diesem Review akzeptierten Studien keine Angaben zur Verdeckung der Zufallszuteilung
machten, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren.
Quantitative Bewertung durch Berechnung des Relativen Risikos (RR) mit 95%
Konfidenzintervall aus 27 dichtomen Datensätzen zeigte, daß bis auf vier Datensätzen
(bleibenden Gebiß) [22, 23], es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den
Erfolgsraten von ART-GIZ und Amalgamfüllungen gibt (p>0,05). Obwohl sich der vorliegende
127
Review in seiner Methodik und der Art der ausgewählten Artikel von anderen unterscheidet,
stehen die Erkenntnisse im Einklang mit den Ergebnissen einer früheren Metaanalyse [14].
Vier Datensätze, die einen statistisch signifikanten Unterschied im Behandlungserfolg
zugunsten von ART-GIZ (p<0,05) zeigen, verteilen sich über drei Füllungsklassen im
Seitenzahnbereich: Klasse I, II und V. Die Relativen Risiken (RR) für Klasse I/okklusale
Füllungen, variierten zwischen 6-9% zugunsten von ART über eine Studiendauer von 2,3 bis
4,3 Jahren (p<0,05); Klasse V Füllungen haben ein 28% geringeres Karierisiko für ART über
eine Studiendauer von 6,3 Jahren und Klasse II Füllungen, ein 61% geringeres Karierisiko für
ART über eine Studiendauer von 2,3 Jahren (p<0,05). Es wurde berichtet, daß das Fehlen
von Okklusionskontakt und ein kleinere Kavitätengröße die Haltbarkeit von Zahnfüllungen
erhöhen [27]. Die Resultate für Klasse II (= 2-Flächenfüllung mit Oklussion), Klasse I (= 1-
Flächenfüllung mit Okklusion) und Klasse V (= 1-Flächenfüllung, keine Okklusion), bei
welchen höhere Erfolgsraten für ART festgestellt wurden (nach jeweils 2,3; 4,2 und 6,3
Jahren), bestätigen dies. Es ist unklar warum diese vier Datensätze eine höhere Erfolgsrate
für ART zeigen. Zusätzliche Behandlungsverfahren die zum ART-Erfolg beitragen, wie
Konditionierung der Kavität vor GIZ-Platzierung, wurden in die Datensätze einbezogen, ergab
jedoch keinen Unterschied zwischen den Erfolgsraten der beiden Füllungsarten (Tabelle 2).
Es sind aber nicht die auf das Material oder Techniken bezogenen Faktoren, die den Erfolg
von ART am meisten beeinflussen, sondern zahnarztbedingte Faktoren, wir z.B. Sorgfalt bei
der klinischen Diagnostik, Kariesentfernung, Speichelkontrolle, Konditionierung der Kavität,
Mischung und Einsatz der Materialien [42, 43]. Es wurde berichtet, daß dies die
Hauptursachen von klinischen ART-Mißerfolgen sind, und es kann daher angenommen
werden, daß zahnarztbedingte Faktoren die Erfolgsraten der analysierten Datensätze
erhöhen oder verringern konnten. Deshalb bedarf es zur Bestätigung dieser Ergebnisse
weiterer hochwertiger randomisierter Kontrollstudien. Berichte über solche Studien sollten
dem CONSORT-Statement folgen und klare Angaben zur Durchführung Zufallszuteilung von
Probanden sowie Einzelheiten zu anderen Beschränkungen beinhalten. Der Erzeuger der
Zufallszuteilung in die Gruppen sowie die für Probandenregistration verantwortlichen
Mitarbeiter sollten im Studienbericht genannt werden. Der Bericht sollte weiterhin Angaben
über die Vedeckung bezüglich Therapeuten während der Zufallszuteilung bis zum Abschluß
aller Interventionen beinhalten. Falls eine solche Vedeckung stattgefunden hat, sollte deren
Art und Weise beschrieben werden [44].
Schlußfolgerungen
Die systematische Literaturrecherche identifizierte 7 randomisierte/quasi-randomisierte
Kontrollstudien mit 27 separaten Datensätzen, die für die Fragestellung des Reviews relevant
128
waren. Keine der Datensätze zeigte, daß unter Einsatz von Bohren gelegte
Amalgamfüllungen eine bessere Behandlungsoption sind als ART. Unabhängig von der Art
der Kavität, Dentition oder Studiendauer gab es keinen Unterschied in der Erfolgsrate
zwischen GIZ und Amalgam, außer bei 4 Datensätzen, bei welchen ART-GIZ eine bessere
Leistung zeigte. Diese Datensätze verglichen Füllungen in bleibenden Zähnen der Klasse I, II
und V. Es wurden keine Unterschiede bei Studien in Milchzähnen mit einer Studiendauer von
2 Jahren festgestellt. Die Reviewfrage kann damit beantwortet werden, daß ART-Füllungen
mit hochviskosem GIZ im Vergleich zu den herkömmlichen Amalgamfüllungen der selben
Größe, Art der Dentition und Studiendauer, den selben Erfolg hat und die ART Erfolgsrate
u.U. sogar höher als die von Amalgamfüllungen sein kann. Diese Erkenntnisse sind jedoch
mit Vorsicht zu betrachten und eine uneingeschränkte Aussage über die Überlegenheit eines
Behandlungsverfahrens im Vergleich zum anderen ist noch nicht möglich da alle
aufgenommenen Studien eine begrenzte interne Validität aufgrund von unklarer
Zufallszuteilung und/oder unklarer Verdeckung der Zufallszuteilung hatten. Deshalb bedarf es
weiterer hochwertiger randomisierter Kontrollstudien. Es wird empfohlen, daß die Berichte
über weitere Studien solcher Art dem CONSORT-Statement folgen.
Interessenkonflikt
Alle Autoren erklären, daß kein Interessenkonflikt vorliegt.
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133
134
Kariesvorbeugende Wirkung von Caseinphosphopeptid/Amorphous Kalziumphosphat
(CPP-AKP): eine Metaanalyse
VEERASAMY YENGOPAL & STEFFEN MICKENAUTSCH
Abstrakt
Ziel. Dieser systematischer Review mit Metaanalyse soll die folgende Frage beantworten:
"Bietet CPP-AKP (Caseinphosphopeptide/Amorphous Kalziumphosphat) eine bessere
Kariesvorbeugung als andere Interventionen oder Placebo?" Material und Methoden.
Sieben elektronische Datenbanken wurden nach relevanten Studien durchgesucht. Unter
Anwendung von Aufnahme- und Ausschlußkriterien wurden 12 Artikel akzeptiert.
Ergebnisse. Von den akzeptierten Artikeln konnten fünf in-situ randomisierte Kontrollstudien
(RCT) für die Metanalyse zusammengefaßt werden. Während der kurzfristigen in-situ
Untersuchungen (7-21 Tage) trugen die Probanden Prüfkörper aus Zahnschmelz, die nach
CPP-AKP Einwirkung im Labor analysiert wurden. Die zusammengefaßten in-situ Ergebnisse
zeigten eine höhere gewichtete Mittelwertsdifferenz (WMD) des
Remineralisierungprozentsatzes, für Kaugummi mit 1,8 mg CPP-AKP im Vergleich zu
Kaugummi ohne CPP-AKP (WMD -8,01; 95% CI: -10,54 bis -5,48; p < 0,00001), dies gilt auch
im Vergleich zu "keine Behandlung" (WMD — 13,56; 95% CI: —16,49 bis —10,62; p <
0,00001). Ein deutlich höherer Remineralisierungseffekt wurde auch nach Einwirkung von
10.0 mg CPP-AKP festgestellt ( -7,75; 95% CI: -9,84 bis -5,66; p < 0,00001). Eine langfristige
in-vivo RCT (24 Monate) mit einem großen Stichprobenumfang (n = 2720) stellte fest, daß die
Wahrscheinlichkeit von Karies bei Probanden um 18% niedriger war, die einen zuckerfreien
Kaugummi mit 54 mg CPP-AKP kauten, als bei Probanden, die Kaugummi ohne CPP-AKP
kauten (p = 0,03). Schlußfolgerung. Im Rahmen dieses systematischen Reviews mit
Metaanalyse weisen die Ergebnisse von klinischen in-situ Studien auf einen kurzfristigen
Remineralisierungseffekt von CPP-AKP hin. Darüber hinaus legen die viel versprechenden in-
vivo RCT-Ergebnisse eine kariesvorbeugende Wirkung für die langfristige klinische CPP-AKP
Anwendung nah. Zur Bestätigung dieser ersten Ergebnisse sind weitere randomisierte
Kontrollstudien erforderlich.
Schlüsselwörter: Caries, CPP-ACP, meta-analysis
135
Einführung
Das Potential von Caseinphosphopeptide/Amorphous Kalziumphosphat (CPP-AKP)
Zahnhartgewebe zu remineralisieren und Demineralisierung zu hemmen wurde im
Laborstudien, in Tierversuchen [2,11] sowie in in-situ Studien [3,4] festgestellt. Ein solches
Potential wird durch die Fähigkeit von Caseinphosphopeptide (CPP) erklärt Kalzium durch
Bindung von amorphous Kalziumphosphat (AKP) und der Formung eines CPP-AKP Komplex,
zu stabilisieren [5]. Dieser CPP-AKP Komplex agiert als Kalzium und Phosphat Reservoire,
das sich auf Plaque und Zahnoberflächen festsetzt. Nach Säureeinwirkung auf CPP-AKP
werden Kalzium- und Phosphatione frei die dann Grundlage einer mit diesen Mineralien
übersättigten Zahnumgebung sind. Dadurch wird die Demineralisierung von Zahnhartgewebe
reduziert und eine Remineralisierung verbessert [6,8]. Es wurde gezeigt, daß durch CPP-AKP
remineralisierter Zahnschmelz mehr säureresistent ist [3,7]. Die am meisten getestete (und
gebrauchte) Form der CPP-AKP-Anwendung erfolgt durch Kauen von zuckerfreien
Kaugummi auf Sorbitol oder Xylitol basis mit CPP-AKP [3,4,7]. Andere CPP-AKP Träger sind
Milch [9], Mundspülungen [10], Lutschtabletten [11,12] und Zahnpasta [13]. Ein vor kurzem
erschienener systematischer Review berichtete über die klinische Effektivität von
Caseinderivaten, unter Anderem auch CPP-AKP [14]. Die Reviewergebnisse beinhalteten die
Wirkung von CPP-AKP zur Kariesvorbeugung (10 Studien), Behandlung von Mundtrockenheit
(1 Studie) und Überempfindlichkeit der Zähne (1 Studie). Die Autoren fanden eine nur
"ungenügend Beweislage in Quantität und Qualität der klinischen Studien" um Empfehlungen
im Bezug auf einer langfristige Wirkung von Caseinderivaten, besonders CPP-AKP, zur
Kariesvorbeugung, Behandlung von Zahnüberempfindlichkeit und Mundtrockenheit,
abzugeben. Diese Schlußfolgerung basierte auf der Bewertung der aufgenommenen Studie
nach PICOS-Format (Patienten; Intervention; Kontrollen; Ergebnis; Schlußfolgerungen) und
einer qualitativen Auswertung. Der Nachteil einer qualitativen Auswertung in systematischen
Reviews ist jedoch eine mögliche Einführung von systematischen Fehlern, da Ergebnisse
einiger Studien unangemessen über andere hervorgehoben werden können [15]. Die Vorteile
der Metaanalyse gegenüber einer qualitativen Auswertung sind die Identifizierung eines
statistisch signifikanten Behandlungseffektes (p<0,05) und die verbesserte Einschätzung des
Effektes durch Quantifizierung des Ergebnisses. Damit wird eine präzisiere
Ergebnisbewertung möglich [15]. Während die methodische Schwäche von Studien den Wert
der Aussage eines systematischen Reviews begrenzt, ermöglicht das quantifizierte
Gesamtgewicht der Beweislage eine objektivere Auswertung.
Das Fehlen von beweiskräftigen Erkenntnissen im systematischen Review von Azarpazhooh
und Limeback [14] im Bezug zur Kariesvorbeugung mit CPP-AKP hätte vermieden werden
136
können wenn eine Metaanalyse unternommen worden wäre (7 Studien begünstigten CPP-
AKP über die Kontrollgruppe, 2 Studien stellten keinen zusätzlichen Vorteil von CPP-AKP
fest, 1 Studie lieferte widersprüchliche Erkenntnisse). Der Vorteil einer Metaanalyse wurde in
einer Reihe von systematischen Reviews bewiesen, bei welchen einzelne Studien
unterschiedliche Ergebnisse lieferten, das Gesamtgewicht der Beweislage durch Metaanalyse
aber (zusammengetragen aus Studien mit ähnlichen Ergebnissen) als durchaus
aussagekräftig befunden wurde [16-18]. Daher war das Ziel dieses systematischen Reviews
mit Metaanalyse die folgende Frage zu beantworten: "Bietet CPP-AKP
(Caseinphosphopeptide/Amorphous Kalziumphosphat) eine bessere Kariesvorbeugung als
andere Interventionen oder Placebo?”
Materialien und Methoden
Suchstrategie
Die Literaturrecherche umfaßte die elektronischen Datenbanken: Biomed Central; Cochrane
oral health reviews; Cochrane library; Directory of open access journals (DOAJ); PubMed;
Science Direct; Research findings electronic register - ReFeR. Für die Datenbanksuche
wurden folgende Begriffsketten von Suchbegriffen und booleschen Links gebildet: "MI Paste
OR Recaldent OR casein phosphopeptide-amorphous calcium phosphate OR CPP-ACP OR
tooth mousse". In die Suche wurden alle Publikationen einbezogen, die bis 31. August 2008
in jeder Datenbank aufgelistet waren.
Kriterien für Aufnahme und Ausschluß
Englischsprachige Publikationen mit relevanten Titel und Abstrakt die über eine klinische
(randomisiert oder quasi-randomisiert; in-situ oder in-vivo) Untersuchung berichteten wurden
für den Review akzeptiert. Es wurden auch systematische Reviews (mit oder ohne
Metaanalyse) akzeptiert, die Informationen über die Effizienz von CPP-AKP angaben.
Leitartikel, klinische Fallstudien, in-vitro Studien, Tiergewebestudien und Übersichtsartikel die
nicht als systematische Reviews betrachtet werden konnten, wurden nicht in diesen Review
aufgenommen. Falls nur ein relevanter Artikel ohne Abstrakt verfügbar war, wurde die
gesamte Publikation zur Aufnahme geprüft. Allgemeinen Empfehlungen entsprechent [19]
wurden die aufgenommenen Artikel von 2 Reviewern (VY und SM) unabhängig voneinander
geprüft. Meinungsverschiedenheiten wurden durch Diskussion und Konsens gelöst. Falls
mehrere Berichte für eine Studie vorlagen, wurde der Bericht mit längster Studiendauer
akzeptiert.
137
Qualität der Studien
Die Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien wurde durch 2 Reviewer (VY und SM)
unabhängig voneinander unternommen und zuerst an anderen Studien getestet.
Meinungsverschiedenheiten in der Qualitätsbewertung wurden durch Diskussion und
Konsensus gelöst. Die Studien wurden nach vier allgemein akzeptierte Qualitätskriterien [20-
22] betreffs interner Validität geprüft:
(1) Erstellung Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. computererzeugte zufällige Zahlen, erzeugt durch eine Tabelle von
zufälligen Zahlen;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. Verwendung von Patientennummer, Geburtsdatum, erzeugt durch
Abwechslung aufeinanderfolgender Patientennummern, etc.
(2) Verdeckung der Zufallszuteilung, beschrieben als:
(A) Adäquat - z.B. zentrale Zufallszuteilung, undurchsichtige aufeinanderfolgend nummerierte
Umschläge;
(B) Unklar;
(C) Inadäquat - z.B. offener Zuordnungszeitplan, unversiegelte oder durchsichtige
Umschläge.
(3) Vedeckung der Ergebnisbewertung, beschrieben als:
(A) Ja;
(B) Unklar;
(C) Nein;
(D) Nicht möglich.
(4) Vollständigkeit der Nachfolgeuntersuchung (klare Gründe für Probandenausscheid erklärt
und Verlustzahl für jede Behandlungsgruppe berichtet) bewertet als:
(A) Ja, Ausfälle weniger als 30%
(B) Ja, Ausfälle mehr als 30%
(C) Keine Erklärung
138
Datensammlung und Metaanalyse
Das primäre Hauptkriterium des Reviews war die Kariesvorbeugung, entsprechend folgenden
Anforderungen:
(a) Eine Verbesserung der DMFT/DMFS/DFS-Werte mit Standardabweichungen (SDs)
oder 95% Konfidenzintervallen (CI) oder Standardfehler vom Mittelwert (SEM)
Die für die Metaanalyse gesuchten Daten waren die mittleren DMFT/DMFS/DFS-Werte mit
SDs. Falls kein SD angegeben wurde, wurde diese aus den 95% CIs oder SEM-Werten
berechnet. Falls kein SD-Wert vorhanden war oder nicht berechnet werden konnte, wurde die
Publikation ausgeschlossen.
(b) Prozentuale Remineralisierung (%R) mit SDs (%R Anstieg oder Verringerung)
Da dies eine kontinuierliche Variable ist, wurden Daten (für die Metaanalyse) aus den
aufgenommenen Studien mit Hilfe von der Cochrane RevMan Version 4.2 Software
zusammengefaßt. Die Differenzen der %R-Werte wurden wie folgt berechnet: %R
Kontrollgruppe minus %R Behandlungsgruppe. Ein negatives Ergebnis bezeichnet daher
einen größeren Remineralisierungeffekt von CPP-AKP als andere Interventionen oder
Placebo.
(c) Eine Veränderung der Läsionstiefe (Zunahme oder Abnahme)
Zwei Reviewer (VY und SM) sammelten mit Hilfe eines Datenformulars, das in Pilotversuchen
getestet wurde, unabhängig voneinander Daten aus den akzeptierten Artikeln.
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Reviewern während der Datensammlung wurden
durch Diskussion und Konsensus gelöst. Die Ergebnisse der aufgenommenen Studien
wurden als kontinuierliche Daten behandelt. Studien wurden nach Cochranerichtlinien auf
deren klinische und methodische Heterogenität bewertet [23]. Die Studien wurden als
homogen betrachtet, wenn sie sich in den folgenden klinischen und methodischen Aspekten
nicht wesentlich unterschieden: Art des Wirkstoffeinsatzes (z.B. durch Kaugummi), Art des
Kontrollmaterials (z.B. Kaugummi ohne CPP-AKP, keine Intervention), Anwendungs-
/Gebrauchsfrequenz, CPP-AKP-Konzentration (z.B. 18,8 mg, 10,0 mg) und Hauptkriterium
(z.B. %R). Klinisch und methodisch homogene Studien wurden in Untergruppen
zusammengefaßt und analysiert. Dabei wurde das Random-Effekts-Modell der Metaanalyse-
Software, RevMan 4.2 benutzt. Studien wurde ein Mantel-Haenzel-Gewicht zugeordnet das
direkt proportional zu deren Stichprobenumfang war. Unterschiede zwischen den Gruppen
139
wurden in Form von gewichteten Mittelwertdifferenzen (WMDs) und deren entsprechenden
95% Konfidenzintervallen (CIs) angegeben. Metaanalysenergebnisse der Untergruppen
wurden graphischen in Forest Plots dargestellt. Für heterogene Studien, die nicht in
Metaanalysen zusammengefaßt werden konnten, wurden individuelle Mittelwertdifferenzen
(MDs) berechnet. Auf diese Weise sollten Unterschiede zwischen den Test- und
Kontrollgruppen quantitativ verdeutlicht werden.
Ergebnisse
Die Datenbanksuche ergab insgesamt 3459 Artikel. Diese Zahl wurde durch Anwendung der
breit angelegten Aufnahmekriterien auf 5 Reviews und 30 klinische Studien verringert. Von
den 35 Artikeln würden 23 nach Anwendung der Ausschlußkriterien nicht im Rahmen dieses
Reviews berücksichtigt (Abbildung 1). Tabelle 1 faßt Gründe für den Artikelausschluß
zusammen. Elf Studien [3,4,6-10,12,13,24,25] und ein systematischer Review [14] wurden für
diesen Review akzeptiert (siehe Tabelle 2).
Abbildung 1. Flußdiagram der Artikelsuche und Metaanalysen
Artikel identifiziert durch Datenbanksuche (n = 3459)
Artikel ohne Relevanz für den Review ausgeschlossen (n = 3424)
Artikel zur detaillierten Prüfung aufgenommen (n = 35)
Artikel ausgeschlossen aufgrund von Ausschlußkriterien (n = 23)
Akzeptierte Artikel (n = 12)
Systematischer Review (n = 1)
Randomisierte Kontroll-studien (n = 11)
Randomisierte Kontrollstudien nicht in Metaanalysen aufgenommen (n = 6)
Randomisierte Kontroll-studien in Metaanalysen aufgenommen (n = 5)
140
Tabelle 1. Ausgeschlossene Artikel und Gründe für Ausschluß
Einschätzung und Qualitätsbewertung der akzeptierten Studien
Tabelle 2 faßt die akzeptierten Studien im PICOS-Format zusammen und Tabelle 3 berichtet
über deren Qualitätsbewertung. Von den 11 Studien waren neun [3,6-10,12,24,25] doppelt-
blind, in-situ, randomisierte Kontrollstudien (RCT) mit einer Crossover-Komponente. Die
meisten hatten einen geringen Stichprobenumfang (n<15). Zwei [6,24] hatten aber
Stichproben von 30 Probanten und kurze Studiendauer (im Durchschnitt 14 Tage, mit
Ausnahme einer Studie [25], die eine Studiendauer von 21 Tagen hatte). Zwei Studien [4,13]
waren RCTs mit längeren Studiendauern von jeweils 12 und 24 Monaten. Im Bezug auf die
Qualitätsbewertung wurden alle bis auf zwei Studien [9,13] (Verdeckung der Zufallszuteilung
war unklar - "B"), als "A"(adäquat) für Zufallszuteilung, Verdeckung der Zufallszuteilung und
Verdeckung der Ergebnisauswertung bewertet. Alle aufgenommenen Studien lieferten
Angaben zum Stichprobenumfang, Probantenverlustrate und Studiendauer. Alle, in
Metaanalysen aufgenommenen, Studien wurden als "A" für Zufallszuteilung, Verdeckung der
Zufallszuteilung, Verdeckung der Ergebnisauswertung und Vollständigkeit der
Nachfolgeuntersuchung bewertet. Diese waren jedoch in-situ Studien mit nur kurzer Dauer (7-
21 Tage).
Autoren Grund für Artikelausschluß Aimutis WR 2004 [42] Narrativer Review Ardu S et al. 2007 [34] Fallstudie Cochrane NJ et al. 2008 [31] In-vitro Studie Hay et al. 2005 [11] Untersuchte andere Kaseinderivate aber kein CPP-AKP Hicks J et al. 2004 [41] Narrativer Review Mazzaoui SA et al. 2003 [43] In-vitro Studie Milnar FJ et al. 2007 [36] Fallstudie Oshiro M et al. 2007 [2] Tiergewebestudie Pai D et al. 2008 [29] In-vitro Studie Piekarz C et al. 2008 [30] In-vitro Studie Rahiotis C et al. 2007 [34] In-vitro Studie Ramalingam L et al. 2005 [40] In-vitro Studie Reynolds EC 1997 [5] In-vitro Studie Reynolds EC 1998 [44] Narrativer Review Schirrmeister JF et al. 2007 [45] Tiergewebestudie Slayton RL 2006 [47] Narrativer Review Sudjalim TR et al. 2006 [38] Narrativer Review Sudjalim TR et al. 2007 [37] In-vitro Studie Tantbirojn D et al. 2008 [32] In-vitro Studie Vlacic J et al. 2007 [33] Fallstudie Yamaguchi K et al. 2006 [39] Tiergewebestudie Yamaguchi K et al. 2007 [1] Tiergewebestudie Zero DT 2006 [46] Narrativer Review
142
Tabelle 2. Hauptmerkmale der Datensätze aus den akzeptierten Studien
Autor/Jahr Population Intervention Vergleichs- intervention/Kontrollen
Ergebnis Studienmethode
Iijima et al. 2004 [7] 10 gesunde Probanden, (Durchschnittsalter;32,3; SD +/- 7,9 Jahre)
2 Anwendung von Kaugummi: 1. Zahnreinigungskaugummi in Streifen mit CPP – AKP (18,8 mg) 2. Zuckerfreier Kaugummi in Streifen ohne CPP-AKP
Crossoverdesign, 14-tägige Testperiode gefolgt von 7-tägigen Auswaschungen zwischen den Interventionen In-vitro Säuretest von Zahnschmelzproben, Dauer 8 und 16 Stunden
% Oberflächenremineralisierung [%R] (CPP-AKP versus Kontrolle) 3 Maße angegeben 1. %R kein Säuretest (17.88 ± 0,97 vs 9,02 ± 0,74) 2. %R nach 8 Std. Säuretest (12,43 ± 0,90 vs 3,12 ± 0,88) 3. %R nach 16 Std. Säuretest (10,40 ± 1,19 vs 1,08 ± 1,02
Doppelt-blinde in-situ und in-vitro RCT mit Crossover
Itthagarun et al. 2005 [25]
12 gesunde Probanden (5 Männer; 7 Frauen; Alter 20-47)
3 Zuckerfreier Kaugummi mit 1. 30 mg Urea 2. 30 mg Urea + 25 mg Dicalciumphosphatedehydrate 3. 30 mg Urea + 47 mg CPP-AKP.
Crossoverdesign, 21-tägige Testperiode für jeden Typ von Kaugummi gefolgt von 5-tägigen Auswaschungen nach jedem Test
Zwei Ergebnisse angegeben
1. Mitllere % Veränderung der Läsionstiefe bei Stichproben
2. Mittlere % Veränderung des Mineralgehaltes bei Stichproben
Doppelt-blinde in-situ und in-vitro RCT mit Crossover
Shen et al. 2001 [24]
30 gesunde Probanden (30 +/- 7; 33 +/- 7 und 34 +/- 6 Jahre)
3 Arten von Kaugummi 1. Sorbitolbasiertes Dragee-Kaugummi mit 4 unterschiedlichen Dosierungen von CPP-AKP 2. Sorbitolbasiertes Kaugummi in Streifen mit 4 unterschiedlichen Dosierungen von CPP-AKP 3. Xylitolbasiertes Dragee-Kaugummi mit 4 unterschiedlichen Dosierungen von CPP-AKP Dosierungen in mg CPP-AKP waren 0; 0,19; 18,8 & 56.4 mg
Crossoverdesign, 14-tägige Testperiode für jede Art von Kaugummi gefolgt von mindestens einwöchiger Auswaschung zwischen den Interventionen
% Unterfläche Remineralisierung (%R)
Doppelt-blinde in-situ und in-vitro RCT mit Crossover
143
Tabelle 2. Hauptmerkmale der Datensätze aus den akzeptierten Studien (II)
Autor/Jahr Population Intervention Vergleichs- Intervention/Kontrollen
Ergebnis Studienmethode
Reynolds et al. 2003 [6]
30 gesunde Erwachsene (Alter zwischen 22-44 Jahren)
Bestand aus 2 Teilen/;- A. Mundspülung Untersuchung 4 Interventionen getestet 1. 2% CPP-AKP 2. 6% CPP-AKP, 3. Kalzium + Phosphat Paste zubereitet als Mundspülung 4. Deionisiertes Wasser B. Kaugummi Untersuchung in 2 Teilen (1) Kaugummi entweder in Dragees oder Streifen mit Kalziumzusatz CaCO3 oder CaHPO4/CaCO3 oder CPP-AKP (zwei Arten von Kaugummi mit 3 verschiedenen Zusätzen) (2) Probanden kauten Dragee-Kaugummi mit 9,5 mg CPP-AKP 4 Tage lang ohne Anwendung weiterer Methoden der Mundhygiene.
Mundspülung Untersuchung Crossoverdesign; Auswaschungsperiode 4 Wochen zwischen Behandlungen. Kaugummi-Untersuchung Crossoverdesign; keine Auswaschungsperiode angegeben, in-situ Studie
Zur Mundspülung-Untersuchung Kalzium und Phosphate Levels im Überzahnfleisch-Plaque Kaugummi-Untersuchung % Oberflächenremineralisierung (%R) und Level von CPP in Plaque
Doppelt-blind RCT; Crossoverdesign; Kaugummi hat in-situ Komponente
Cai et al. 2007 [3]
10 gesunde Probanden (7 Männer; 3 Frauen; Alter: 23-46 Jahre)
Drei Behandlungen: 1. Zuckerfreie Dragee-Kaugummi mit 20mg
Zitronensäure + 18,8 mg CPP-AKP 2. Kaugummi mit 20 mg Zitronensäure 3. Kaugummi ohne Zitronensäure oder CPP-AKP
Crossover Untersuchung mit 2-Wochen Behandlungsperioden gefolgt von 7 Tagen Auswaschung
1. % Unterfläche Remineralisierung
2. % Remineralisierung nach 16 Std. Säuretest
Doppelt-blind in-situ RCT mit Crossover
Walker et al. 2006 [9]
10 gesunde Erwachsene
Drei Behandlungen: 1. 200 ml Milch mit 2,0 g CPP-AKP/l 2. 200 ml Milch mit 5,0 g CPP-AKP/l 3. 200 ml Milch ohne CPP-AKP
Crossover Untersuchung mit 15 Tagen Behandlungsperioden (200 ml Milch, 60 s) gefolgt von 7 Tagen Auswaschung
% Unterfläche Remineralisierung (%R)
Doppelt-blind in-situ RCT mit Crossover
Cai et al. 2003 [12]
10 gesunde Probanden (6 Männer; 4 Frauen; Durchschnittsalter 34 ± 6,6 Jahre)
Vier Behandlungen mit Lutschtablette 1,75 g mit: 1. 18,8 mg CPP-AKP 2. 56,4 mg CPP-AKP 3. Kein CPP-AKP 4. Keine Lutschtablette; keine Behandlung; Kontrolle
Crossoverdesign mit 14-tägigen Testperiode für jede Art von Lutschtabletten (4x täglich) gefolgt von mindestens einer Woche Auswaschungsperiode zwischen Interventionen
% Unterfläche Remineralisierung (%R)
Double blinded in- situ RCT mit Crossover
Manton et al. 2008 [8]
10 gesunde Probanden (6 Männer 4 Frauen)
3 Arten von Kaugummi: 1. Sorbitol/ Xylitol-basiertes Kaugummi in Streifen 2,0 g ohne CPP-AKP 2.Sorbitol/Xylitol-basiertes Dragee-Kaugummi 1,5 g (x2) ohne CPP-AKP 3. Two gum pellets containing 10 mg CPP-AKP
Crossoverdesign mit 14-tägigen Testperiode für jede Art von Kaugummi (4x täglich) gefolgt von 7 Tagen Auswaschung zwischen Interventionen 7 Tage Auswaschung zwischen Interventionen
% Unterfläche Remineralisierung (%R)
Doppelt-blind in- situ RCT mit Crosssover
144
Tabelle 2. Hauptmerkmale der Datensätze aus den akzeptierten Studien (III)
Autor/Jahr Population Intervention Vergleichs- intervention/Kontrollen
Ergebnis Studienmethode
Morgan et al. 2008 [4]
2720 gesunde Kinder randomisiert in Test (n = 1369) und Kontrolle (n = 1351)
Kaugummi mit 54 mg CPP-AKP gekaut 3X täglich für 10 Minuten pro Sitzung. 926 Kinder beendeten die Untersuchung. 439 schieden aus
Sorbitol-basiertes Kaugummi 3x täglich 10 Minuten pro Sitzung. 894 Kinder beendeten die Untersuchung. 452 schieden aus.
Karies Fortschritt oder Rückbildung nach 24 Monaten. Approximaler Karies diagnostiziert via digitale Bißflügel-Röntgenaufnahmen.
Doppelt-blind blind RCT
Reynolds et al. 2008 [10]
14 gesunde Probanden (7 Männer; 7 Frauen; Alter 21 bis 45)
2 RCTs: A. Drei Mundspülungen mit 1. 2% w/v CPP-AKP + 450 ppm F als NaF im deionisiertem Wasser 2. 450 ppm F als NaF im deionisiertem Wasser 3. Placebo Kontroll-Spülung als deionisiertes Wasser B. Zahnpasta-Untersuchung. Jede Zahnpasta-Mischung enthielt 1. Placebo 2. 1100 ppm F als NaF 3. 2800 ppm F als NaF 4. 2% CPP-AKP 5. 2% CPP-AKP + 1100 ppm F als NaF
A. Crossover Untersuchung mit 15 ml Spülung 3x pro Tag 4 Tage und 1x am 5. Tag. Keine andere Methode der Mundhygiene während der Testperiode angewendet.
B. Crossover Untersuchung mit 4x Spülung pro Tag, 14 Tage gefolgt von 7 Tagen Auswaschung zwischen den Interventionen. In-vitro Säuretest der Zahnschmelzproben nach der in-situ Studie
1. Plaque Fluorid Levels 2. % Unterfläche
Remineralisierung (%R) 3. % Remineralisierung
nach Säuretest
Doppelt-blind in-situ und in-vitro RCT mit Crossover
Andersson et al. 2007 [13]
26 gesunde Probanden (13 Jungs; 13 Mädchen; Durchschnittsalter 14,6 Jahre; Alter 12-16 Jahre; 60 Zähne; 152 white spot Läsionen und Schneidezähne) wurden nach einer kieferorthopädischen Behandlung entlassen
Testgruppe von 13 Probanden; 70 Standorte. Behandlung: Putzen 2x täglich Zahnpasta mit CPP-AKP 3 Monate lang, anschließend Anwendung von 1100 ppm F Zahnpasta 3 Monate
Kontrollgruppe bestand aus 13 Probanden; 62 Standorten. Behandlung: 0,05% NaF Mundspülung + 1100 ppm F Zahnpasta, 6 Monate
Rückgang der White spot Läsionen durch visuelle Inspektion und Laserfluoreszenz über 1, 3, 6 und 12 Monate
RCT
145
Tabelle 3. Qualitätsbewertung der akzeptierten Studien
Autor/Jahr Zufallszuteilung Verdeckung der Zufallszuteilung
Verdeckung Stichprobengröße (n) Ausfälle Studiendauer
Iijima et al. 2004 [7]
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
10
A- Keine Crossoverdesign 14 Tage x2 mit 7x 2 Tage Auswaschung
Itthagarun et al. 2005 [25]
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
12
A- 3 Crossoverdesign 21 Tage x 3 mit 5 x3 Tag Auswaschung
Shen et al. 2001 [24]
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
10
A- Keine Crossoverdesign 14 Tagen x3 mit 7 x3 Tag Auswaschung
Reynolds et al. 2003 [6]
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
30 A- Keine Crossover design 14 Tagen x3 Auswaschungsperiode unbekannt
Cai et al. 2007 [3]
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
10 A- Keine Crossoverdesign 14 Tage x3 mit 7 x3 Tag Auswaschung
Walker et al. 2006 [9]
A-Adäquat Codierte Zufallszuteilung
B- Unklar A-Ja Doppelt-blind
10 A- Keine Crossoverdesign 15 Tage x3mit 7 x3 Tag Auswaschung
Cai et al. 2003 [12]
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind 10 A- Keine
Crossoverdesign 14 Tage x4mit 7 x4 Tag Auswaschung
Manton et al. 2008 [8]
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Doppelt-blind
10 A- Keine Crossoverdesign 14 Tage x3 mit 7 x3 Tag Auswaschung
Morgan et al. 2008 [4]
A-Block Zufallszuteilung
A- Versiegelte codierte Umschläge
A-Ja Doppelt-blind
2720 Testgruppe (n = 1369) Kontrollgruppe (n = 1351)
Testgruppe -439 Kontrollgruppe – 452 B- Ausfälle >30% (33%)
24 Monate
Reynolds et al. 2008 [10]
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A- Adäquat Zentrale Zufallszuteilung
A-Ja Double-blind
14 A- None Crossoverdesign 14 days x5 with 7 x5 day washout period
Andersson et al. 2007 [13] A- Adäquat
Zufallszuteilung durch Würfeln
B- Unklar A- Verblindeter Therapeut
26 A- None 12 Monate
146
Während dieser in-situ Studie trugen die Teilnehmer Prüfkörper aus Zahnschmelz, die am
Ende im Labor analysiert wurden.
Datensammlung für Metaanalyse
Es wurden nur klinisch und methodisch homogene Studien mit ähnlichen Ergebnissen in die
Metaanalysen aufgenommen. Drei Untergruppen wurden für diesen Review analysiert
(Abbildung 2-4).
Abbildung 2. Prozentuale Remineralisierung (%R) - Untergruppe 1: zuckerfreier Kaugummi
mit 18.8 mg CPP-AKP versus zuckerfreier Kaugummi ohne CPP-AKP
Abbildung 3. Prozentuale Remineralisierung (%R) - Untergruppe 2: zuckerfreier Kaugummi
mit 10.0 mg CPP-AKP versus zuckerfreier Kaugummi ohne CPP-AKP
Abbildung 4. Prozentuale Remineralisierung (%R) - Untergruppe 3: 18.8 mg CPP-AKP versus keine Behandlung
147
Abbildung 2 liefert Information über das Ergebnis der Metaanalyse zur kariesvorbeugenden
Wirkung von 18,8 mg CPP-AKP in zuckerfreien Kaugummi im Vergleich zu zuckerfreien
Kaugummi ohne CPP-AKP. Vier Datensätze aus 3 Studien (Abbildung 2) mit individuellen
gewichteten Mittelwertdifferenzen (WMD) für Kontroll- und Testgruppen haben zum
Gesamteffekt beigetragen. Eine größerer prozentualer Remineralisationseffekt (%R) wurde
bei Testprobanten mit 18,8 mg CPP-AKP Kaugummi festgestellt (WMD -8,01; 95% CI: -10,54
bis -5,48; p < 0,00001). Alle Studien hatten ein Crossover, in-situ Design mit einer 14-tägigen
Testperiode gefolgt von einer 7-tägigen Auswaschung zwischen den Interventionen. Ein
ähnliches Ergebnis wurde für die niedrigeren Dosierung mit 10,0 mg CPP-AKP beobachtet
(Abbildung 3: WMD -7,75; 95%CI: -9,84 bis -5,66; p < 0,00001). Bei der Analyse der dritten
Untergruppe (Abbildung 4), wurde die Testgruppe mit 18,8 mg CPP-ACP in zuckerfreien
Kaugummi (Streifen oder Dragee) oder Lutschtabletten, mit Probanten verglichen, bei denen
keine Intervention vorgenommen wurde. Daten für diese Metaanalyse wurden aus 2 Studien
entnommen [3,24] und eine signifikante Remineralisationswert (%R) für die Testgruppe mit
CPP-AKP festgestellt (WMD -13,56; 95%CI: -16,49 zu -10,62; p < 0,00001).
Die Mittelwertdifferenzen (MD) für Studien, die nicht in Metaanalysen zusammengefaßt
werden konnten, wurde auch berechnet: In der Studie von Itthagarun et al. [25] wurden drei
Arten von Kaugummi mit 30 mg Urea, 30 mg Urea + 25 mg Dikalziumphosphatdehydrat oder
30 mg Urea + 47 mg CPP-AKP in einer in-situ, Crossover-Studie mit 12 Probanden getestet.
Nur 9 Probanden haben die Studie beendet. Der Remineralisierungseffekt des CPP-AKP
versus 30 mg Urea (angegeben als Veränderung der Läsionstiefe) begünstigte CPP-AKP
(MD -16,6; 95%CI -30,37 bis -1,95; p < 0,03). Beim Vergleich von CPP-AKP mit einem
anderen Kaseinderivat (25 mg Dikalziumphosphathydrat) wurden keine signifikanten
Unterschiede festgestellt; dies weist auf einen gleichen Behandlungseffekt hin (MD -1,0;
95%CI%: -14,58 bis 12,58; p = 0,89). Die Studie von Reynolds et al. [6] vergleicht die
remineralisierende Wirkung von CPP-AKP im zuckerfreien Kaugummi gegenüber anderen
Kalziumformen im Kaugummi. Die Studie hatte ein Crossover-, in-situ Design und 30
Teilnehmer. Die MD für 9,5 mg CPP-AKP Kaugummi versus Kaugummi mit Gehalt an
CaHPO4/CaCO3 begünstigte CPP-AKP [(MD -7,00; 95% CI: -5,94 bis - 8,06; p < 0,00001).
Ähnliche Ergebnisse erhielt man beim Vergleich von CPP-AKP Kaugummi (entweder
Dragees oder Streifen) zu Kaugummi nur mit CaCO3.
In einer anderen Studie von Reynolds et al. [10] erhielten die Probanden einen Zahnpasta mit
(1) Placebo, (2) 1100 ppm Fluorid, (3) 2800 ppm Fluorid, (4) 2% CPP-AKP oder (5) 2% CPP-
AKP + 1100 ppm Fluorid in einer 14-tägigen Crossover-Untersuchung mit einer 7-tägigen
148
Auschwaschungszeit zwischen den Behandlungen. Die MD des Remineralisierungs-
Prozentsatzes (%R) zwischen 2% CPP-AKP + 1100 ppm Fluorid und 1100 ppm Fluorid-
Zahnpasta angegeben, und begünstigte die CPP-AKP Gruppe (MD -12,80; 95%CI -9,54 bis -
16,06; p <0,00001). Ähnliche signifikante MD erhielt man beim Vergleich von 2% CPP-ACP +
1100 ppm Fluorid gegenüber allen anderen in der Studie eingesetzten Produkten. In einer
Studie wurde zu Milch CPP-AKP zugefügt und dessen Behandlungseffekt untersucht: 2,0 und
5,0 g/l CPP-AKP in Milch gegenüber Milch ohne CPP-AKP [9]. Die Milch mit 5,0 g/l CPP-AKP
hatte deutlich höhere %R-Werte als Milch mit 2,0 g/l CPP-AKP und Milch ohne CPP-AKP
(jeweils 11,4 versus 7,8 versus 4,6).
Eine Studie gab an, daß die Wahrscheinlichkeit von Kariesprogression bei Probanden, die
zuckerfreies Kaugummi mit 54 mg CPP-AKP kauten, 18% niedriger war, als in den Kontroll-
Personen, die Kaugummi ohne CPP-AKP (p = 0,03) kauten [4]. Der große
Stichprobenumfang (n = 2720 Kinder) und eine lange Studiendauer (24 Monate) in dieser
RCT waren für eine Untersuchung der CPP-AKP-Effektivität einzigartig.
Andersson et al. [25] verglichen den Remineralisierungseffekt von Zahnpasta mit CPP-AKP
bei 13 Probanden, 3 Monate lang, gefolgt von 3-monatigen Gebrauch von 1100 ppm Fluorid-
Zahnpasta. Die Probanden mit einer Kontrollgruppe verglichen (n = 13), die nur eine 0,05%
NaF Mundspülung + 110 ppm Fluorid-Zahnpasta über 6 Monate benutzt hat [13]. Das
Ergebnis von Interesse war der Rückgang der ‘White Spot’-Läsionen. Obwohl beiden
Gruppen eine deutliche Verbesserung über eine 12-monatige Beobachtungsperiode zeigten,
war die Anzahl der ‘White Spot’-Läsionen, die nach 12 Monaten in der CPP-AKP Gruppe
vollständig verschwanden, wesentlich höher (jeweils 63% versus 25%; p < 0,05).
Diskussion
Das Ziel dieses systematischen Reviews mit Metaanalyse war es die kariesvorbeugende
Wirkung des CPP-AKP anhand der Ergebisse von veröffentlichten klinischer Studien zu
untersuchen. Es wurde nicht versucht nach unveröffentlichten Studien zu suchen oder die
Literatursuche auf nicht-englischsprachigen Datenbanken auszuweiten. Arbeiten, die in einer
anderen Sprache erschienen sind, wurden daher ausgeschlossen. Obwohl dies einen
systematischen Fehler einführte, deckten die recherchierten Datenbanken die Mehrheit der
veröffentlichten Studien auf dem Gebiet Biochemie ab und beinhalteten auch nicht-
englischsprachige Artikel. Jedoch wurden keine relevanten nicht-englischsprachigen Studien
aus den recherchierten Datenbanken, an Hand englischsprachigen Abstrakte, gefunden.
149
Bei allen genannten Metaanalysen (Abbildung 2-4), wurde bei Läsionen (18.8 mg oder 10.0
mg) die mit CPP-AKP behandelten wurden eine viel stärkere Remineralisierung festgestellt,
als bei Kontroll-Läsionen ohne CPP-AKP Einwirkung. Alle Studien der Metaanalyse waren in-
situ RCT mit einer Crossover-Komponete. Die Studiendauer war deutlich durch die
Notwendigkeit für Patienten Prüfkörper aus Zahnschmelz zu tragen, die anschließend in
einem Labor analysiert wurden, begrenzt (weniger als 15 Tage bei den meisten Studien). Die
Prüfkörper wurden im Labor zerteilt und das Prozent-Mineral-Profil eines jeden
Zahnschmelzblockes mittels Mikroradiographie mit einem durchschnittlich gesundem
Zahnschmelz zwischen Läsionen der selben Sektion verglichen. Das in-situ Studiendesign ist
daher keine ideale Methode, kann aber zur Messung des Mineralgehaltes von Zahnschmelz
gerechtfertigt werden. Im Gegensatz zu diesen in-situ Studien, sind in-vivo Studien an
Patienten bei denen eine Zahnentfernung aus kieferorthopädischen Gründen notwendig ist zu
bevorzugen. Die Beweislage aus solchen gut durchgeführten randomisierten Kontrollstudien
[4,13] demonstrierten die Effizienz von CPP-AKP und haben dadurch zum Gewicht der
Beweisführung beigetragen.
Die bemerkenswerten Ergebnisse der Metaanalysen (Abbildung 2-4) geben Hoffnung auf
einen noch größeren kariesvorbeugenden Effekt von CPP-AKP nach langfristiger
Anwendung. Die in-vivo RCT-Ergebnisse (Tabelle 3) unterstützt diese Annahme [4]. Es muß
angemerkt werden, daß die Kinder in den Testgruppen dieser Studie zuckerfreien Kaugummi
mit 54 mg CPP-AKP kauten, also eine bedeutend höhere CPP-AKP Konzentration
aufnahmen als die Probanten in den kurzfristigen in-situ Studien (Abbildung 2-4). Eine weitere
Studie trägt ebenfalls zum Gewicht der Beweisführung bei, die einen langfristigen Einsatz von
CPP-AKP bei Patienten untermauert [13]. In dieser Studie, die unabhängig von Reynolds et
al., welche die CPP-AKP Technologie patentiert haben, durchgeführt wurde, stellte eine
größere Abnahme von ‘White Spot’-Läsionen nach 12 Monaten mit CPP-AKP fest (jeweils
63% versus 25%; p < 0,05). Diese randomisierte Kontrollstudie lieferte eine unabhängige in-
vivo Bestätigung der in-situ Erkenntnisse von Reynolds et al. Während der Behandlungseffekt
statistisch signifikant war, muß angemerkt werden, daß der geringe Stichprobenumfang (n =
13) in den Test- und Kontrollgruppen dieser Studie zu einer Überschätzung des CPP-AKP
Behandlungseffektes führen kann.
Der systematische Review von Azarpazhooh und Limeback [14] stellte fest, daß die
„ungenügende Beweislage der klinischen Studien" (sowohl in Quantität als auch in Qualität)
keine Grundlage für eine Empfehlung bezüglich einer langfristigen Effizienz von
Caseinderivaten (besonders für CPP-AKP) bei der Kariesvorbeugung in-vivo und für die
150
Behandlung von Dentin-Hypersensibilität oder Mundtrockenheit, bietet [14]. Im Rahmen ihrer
Suchstrategie (bis zu Oktober 2007), waren diese Schlußfolgerungen begründet. Eine weitere
(RCT) Studie (veröffentlicht in 2008) trägt aber durch ihren großen Stichprobenumfang (n =
2720), langfristige Studiendauer (24 Monate) und exzellenten Qualitätsbewertung (Tabelle 3)
wesentlich zur Beweislage für eine langfristigen kariesvorbeugenden Wirkung von
zuckerfreien Kaugummi mit CPP-AKP bei [4]. Obwohl die Ausschiedsrate in dieser Studie
33% betrug (bewertet als "B" für "Ausschied" in der Qualitätsbewertung), lieferten die Autoren
dafür eine detaillierte Begründung (Schulwechsel der Kinder).
Die Autoren einer Studie, welche die methodische Qualität von 250 Studien aus 33
Metaanalysen analysiert, um die Verbindung zwischen der methodischen Qualität und des
geschätzten Behandlungseffektes festzustellen, haben angemerkt, daß solche Variablen wie
Zufallszuteilung, verdeckte Zufallszuteilung und Verdeckung entscheidende Messgrößen bei
der Qualitätsbestimmung der Studienergebnisse sind [20]. Die Zufallszuteilung bleibt die
einzige Methode zur Beseitigung von systematischen Auswahlfehlern [20]. Im Bezug auf die
Verbergung der Zufallszuteilung und Verdeckung, haben Studien mit einer unklaren
Verbergung oder die nicht doppelt-blind Studien eine Überschätzung des Behandlungseffekts
um bis zu 30% geliefert [20]. Deshalb ist es eindeutig, daß systematische Reviews, die keine
umfassende Qualitätsbewertung der aufgenommenen Studien beinhalten, hinsichtlich der
Beantwortung der Reviewfrage, selbst systematische Fehler erzeugen, da das Gewicht der
Beweislage für und gegen eine Intervention unabdingbar mit der Qualität der
aufgenommenen Studien verknüpft ist. Die hohe Qualitätsbewertung einer Studie [4]
zusammen mit den erhaltenen Ergebnissen liefert starke Beweise für eine langfristige
kariesvorbeugende Wirkung von CPP-AKP. Des Weiteren schafft die Aussage [14], daß die
Mehrheit der aufgenommenen in-situ Studien von Therapeuten durchgeführt wurden, die das
CPP-AKP-Komplex patentiert haben (all diese Untersuchungen begünstigten CPP-AKP), den
Eindruck, daß die Autoren dieser Studien bei der Darstellung ihrer Erkenntnisse parteiisch
waren [3,6-10,12,24]. Dies ist irreführend, da die Qualitätsbewertung dieser Studien (siehe
Tabelle 3) mit der Bewertung anderer in-situ Studien [25] durch Autoren, die nicht zu den
Patentinhabern von CPP-AKP gehörten, vergleichbar ist.
Metaanalysen in systematischen Reviews stellen eine leistungsfähige Methode dar, um
aussagekräftige Schlußfolgerungen anhand von Daten der aufgenommenen Studien treffen
zu können. Weiterhin helfen Metaanalysen zur Vermeidung von Fehlern bei der Interpretation
von Ergebnissen [15]. Allerdings wird der Anwendunsbereich von Metaanalysen durch die
klinische und die statistische Heterogenität eingeschränkt [27]. Klinische Heterogenität wird
151
durch Faktoren, wie Probandendemographie, Studienmehodik bestimmt. Nur wenn Studien
sich in diesen Faktoren ähneln können sie als homogen betrachtet werden und nur dann
können ihre Daten in einer Metaanalyse kombiniert werden. Dazu kann ein Fixed-Effects-
oder ein Random-Effects-Modell verwendet werden. In dieser Studie wurden Daten aus 5
homogenen in-situ Studien [3,7,8,12,24] für die Metaanalysen zusammengefaßt. Diese
Ergebnisse (graphisch dargestellt als Forest Plots – Abbildung 2 - 4) liefern auch Information
über die statistische Heterogenität (meist p < 0,10), welche, falls nicht überprüft, die
Ergebnisse der Metaanalyse bedeutungslos machen würde. In Abbildung 2-4 liegt eine
signifikante statistische Heterogenität vor, die mit der inkonsistenten Größe der
Behandlungseffekte der einzelnen Studien zusammenhängt.
Die fehlende Metaanalyse im systematischen Review von Azarpazhooh und Limeback [14]
hat die Schlußfolgerungen der Autoren über die komparative, kurzfristige kariesvorbeugende
Effizienz von CPP-AKP im Verhältnis zu anderen Interventionen beeinflußt. Des Weiteren
könnte dies zum irrtümlichen Vergleich der Anzahl der "positiven Studien" mit der Anzahl der
"negativen Studien" führen. Laut dem Cochrane Handbuch [15], ist eine solche
"Stimmenzählung" als unzuverlässig zu betrachten, "da die Einstufung einer Studie als
"positiv" oder "negativ" von der Interpretation der Reviewer abhängen könnte und nicht das
relative Gewicht der zuverlässigen Beweisführung einer jeder Studie berücksichtigen würde".
Ein weiterer Bericht [28] hob hervor, daß bei der "Stimmenzählung" geringe aber klinisch
relevanten Effekte übersehen werden, besonders wenn Studien mit statistisch
unwesentlichen Ergebnissen als "negativ" oder "nicht beweiskräftig" eingestuft wurden.
Insgesamt gesehen, lieferte dieser Review Beweise für eine effektive kurz- und langfristige
(maximal 24 Monate) Anwendung von CPP-AKP zur Kariesvorbeugung. Die Dosierungen, die
sich als effektiv erwiesen haben, betrugen im zuckerfreien Kaugummi zwischen 10,0 mg
CPP-AKP und 18,8 mg CPP-AKP. Für eine langfristige Effizienz (maximal 24 Monate) wurde
eine Dosierung von 54 mg CPP-AKP festgestellt. Das in-situ Studiendesign beschränkt die
Untersuchung auf nur kurzfristigen Effizienz. Zukünftige Studien sollten in-vivo randomisierte
Kontrollstudien sein. Das Ergebnismaß solcher Studien sollte eine klinische
Kariesvorbeugung oder Rückgang von Karies über längere Perioden (> 12 Monate) sein. Die
Berichterstattung solcher Studien sollte sich nach dem CONSORT Statement [48] richten und
vor allem eine klare Beschreibung der randomisierten Zufallszuteilung der Probanden
beinhalten, Informationen zu vorhandenen Einschränkungen angeben und die für die
Erzeugung der Zufallszuteilung, Registrierung der Probanden und die Zuordnung zu Gruppen
152
verantwortlichen Mitarbeiter nennen. Des Weiteren sollte der Bericht angeben, ob und auf
welche Weise die Zuordnung bis zum Abschluß der Studie verborgen wurde [48].
Dieser Metaanalyse bestätigt einen kurzfristigen Remineralisierungseffekt von CPP-AKP.
Zusätzlich liefern die in-vivo randomisierte klinische Studien vielversprechende Ergebnisse für
die langfristige Anwendung von CPP-AKP zur Kariesvorbeugung. Weitere gut durchgeführte
in-vivo randomisierte Kontrollstudien sind notwendig.
Interessenerklärung: Die Autoren erklären, daß kein Interessenkonflikt vorliegt. Ausschließlich
die Autoren sind für den Inhalt und die Verfassung der Arbeit verantwortlich.
Literatur
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determination of the effect of casein phosphopeptide-amorphous calcium phosphate
paste on the demineralization of bovine dentin. Caries Res 2007;41:204-7.
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Updates der systematischen Reviews online
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