KAPITOL (MONS CAPITOLINUS) -...
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KAPITOL (MONS CAPITOLINUS)
Capitolinum dictum, quod hic, cum fundamenta foderentur aedis Iovis, caput humanum dicitur inventum. Hic mons ante Tarpeius dictus a virgine Vestale Tarpeia1, quae ibi ab Sabinis necata armis et sepulta: cuius nominis monimen-tum relictum, quod etiam nunc eius rupes Tarpeium appellatur saxum.
M. Terentius Varro, de lingua Latina 5, 42
1) Tarpeia – Tochter des Befehlshabers auf dem Kapitol zur Zeit der Sabinerkriege.
Romulus, cum turbam civium non haberet, asylum condidit, ad quem locum si quis confugisset, eum exinde non liceret auferri. Hic cum videret virorum multi tudinem sine conubiis posse deperire, a vicinis civitatibus matrimonia postulavit, sed ab eis contemptus ludos se equestri deo, qui Consus dici-tur, editurum proposuit. Ad quos ludos cum de vicinis civitatibus maxima multi tudo cum omnibus feminis convenisset, Romulus eas signo dato rapi de spec taculo fecit: ob quam rem a Sabinis bellum ei indictum est. In quo cum iam capto a Sabinis Capitolio in foro Romano pugnaretur et eius milites fugerent, Iovi Statori templum se facturum esse promisit, si stetisset exercitus. Quo voto restituta1 pugna cum anceps2 esset, intervenientibus mulieribus Sabinorum, quae iam Romanis nupta erant, pugna sedata est et icto foedere3 Tatius rex Sabinorum in partem urbis acceptus est: unde Romani a Curibus4 Quirites appellati sunt.
Maurus Servius Honoratus, Aeneis 8, 635 (gek.)
1) restituere – wieder aufnehmen 2) anceps – unentschieden 3) icto foedere – nach Ab schluss
eines Vertrages 4) Cures, ium – Cures (Hauptstadt der Sabiner nordöstlich von Rom)
Mons Capitolinus
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Der Hügel war wegen der steilen Felsen bestens als Festung geeignet und umfasste zwei
Erhebungen: ARX und CAPITOLIUM; dazwischen lag die Senke, das ASYLUM. Die
Römerin Tarpeia soll den Sabinern im Kampf mit den Römern die Tore der Burg geöffnet
und dadurch die Eroberung ermöglicht haben. Die rupes Tarpeia am südlichen Rand des
Kapitols war später Hinrichtungsort.
Nachdem schon vorher Heiligtümer auf dem
Kapitol existiert hatten, unter anderem der angeb-
lich von Romulus gegründete Tempel des Iuppiter Fere trius, soll nach Eutropius der König Tarquinius Priscus den Bau des Tempels für Juppiter, Juno, Minerva begonnen haben, der zu Beginn
der Republik eingeweiht wurde. Dieser wichtigste
Tempel der römischen Staats religion der kapito-linischen Trias war ca. 53 m breit und 63 m lang
und hatte hinter drei Säu len reihen drei cellae, die
linke für Juno, die mittlere für Juppiter, die rechte
für Minerva.
Bei Brandkatastrophen zwischen 83 vor und 80 n. Chr. wurde der Tempel, ebenso wie
die anderen Gebäude auf dem Kapitol, zerstört, danach aber wieder aufgebaut, zuletzt
unter Domitian. Auf dem Kapitol befanden sich noch zwei kleinere Tempel: die Aedes Fidei (von der Teile bei einem Erdrutsch vom Hügel stürzten) und die Aedes Opis.
Die einzige befahrbare Straße auf das Kapitol war die Verlängerung der Via Sacra, der
Clivus Capitolinus, auf dem die Triumphzüge zum Juppitertempel führten und der heute
wieder begehbar ist. Außerdem gab es die Centum Gradus zum Kapitol sowie zwei steile
Zugänge zur Arx.
Auf der ARX, an der Stelle der heutigen S. Maria in Aracoeli, stand die Aedes Iunonis Monetae (= Mahnerin); daneben befand sich die Münzpräge stätte Roms. Der Begriff
Moneten stammt also bereits aus der Antike! Der Tempel war vielleicht der Sitz des
Kollegiums der Auguren.
TABULARIUM – Seine Fassade beherrscht heute noch das Forum; es handelt sich um
das Staatsarchiv, das auf einem Unterbau errichtet wurde und ein wichtiges Bei spiel jener
Architektur darstellt, die zwischen der Mitte des 2. und 1. Jhs. v. Chr. in Mittel italien
verbreitet war. Heute dient sein Untergeschoß als Verbindungs gang zwischen den beiden
Museumsgebäuden. In diesem Gang sind auch Reste der Aedes Veiovis zu sehen – einer
jugendlichen (etruskischen?) Unterweltsgottheit. Der Tempel wurde im Jahr 192 v. Chr.
geweiht und ca. 80 v. Chr. bei der Errichtung des Tabulariums erneuert.
Während einer Sanierung des Kapitols in den Jahren 1931–42 wurden Reste mehrerer
Gebäu de an den Abhängen entdeckt, von denen besonders eine insula links unterhalb der
Treppe zur Kirche S. Maria in Aracoeli bemerkenswert ist, weil sie Einblick in die triste
Wohn situation der städtischen plebs gewährt, besonders in der Kaiserzeit.
Tempel der kapitolinischen Trias Courtesy from Altair 4 Multimedia
www.altair4.com
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IL CAMPIDOGLIO HEUTE
PIAZZA DEL CAMPIDOGLIO – Der trapezför-
mige Platz wurde zusammen mit der Rampentreppe
(Cordonata) von Michelangelo geplant, die Treppe aber
erst durch Giacomo della Porta ausgeführt. Während das
antike Kapitol auf das Forum ausgerichtet war, bewirkte
die Neugestaltung eine Orientierung auf das christliche
Rom, auf den Vatikan hin.
Die Dioskurenstatuen links und rechts vom Treppen-
aufgang stammen aus der Antike, wurden jedoch ergänzt.
Daneben befinden sich jeweils Kaiser trophäen aus Stein,
die aus der Zeit Domitians stammen und mit denen Siege
über die Barba ren symbolisiert wurden.
Die ursprünglich in der Platzmitte stehende vergoldete bronzene Reiterstatue des Kaisers Mark Aurel wurde nach jahrelanger Restau rierung im Konser vatorenpalast aufgestellt. Auf
dem Podest steht seit 1997 eine Kopie. Die Originalstatue verdankt ihr „Überleben“ – in
der Zeit der Wiederverwertung wertvoller Roh materi alien – nur dem Umstand, dass sie
für eine Statue Kaiser Konstantins gehalten wurde und wohl in erster Linie wegen dessen
Toleranz gegenüber dem Christentum vor Zerstörung bewahrt blieb. Im Mittelalter waren die
Meinungen bezüglich der Frage, wen die Statue darstelle, sehr geteilt:
Einer der Dioskuren
Aliud signum aeneum est ante palatium domini papae, equus videlicet immensus et sessor eius. Quem peregrini Theodericum, populus vero Romanus Constantinum dicunt, at cardinales et clerici Romanae curiae seu Marcum1 seu Quintum Quirinum2 appellant. Hoc autem memoriale mira arte perfectum super quattuor columnas aeneas antiquitus ante aram Iovis in Capitolio stabat, sed beatus Gregorius3
equitem et equum suum deiecit et quattuor columnas praefatas4 in ecclesia beati Iohannis Lateranensis posuit. Romani vero equitem cum equo ante palatium domini papae posuerunt. Eratque equus et eques et columnae optime deauratae, sed pluribus in locis partem auri abrasit Romana avaritia, partem vero vetustas delevit. Sedet autem eques manum dexteram dirigens tamquam populo loquens vel imperans; sinistra manu frenum retentat, quo caput equi in dexteram partem obliquat,5 tamquam alio diversurus.6
Magistri Gregorii narratio de mirabilibus urbis Romae (12./13. Jh.)
1) Marcus Aurelius (161–180) 2) Quintus Quirinus ist historisch nicht ein deutig zuzu-
ordnen. Nach Meinung dieses Autors habe er durch seinen freiwilligen Opfertod Rom
von einer Seuche befreit. 3) vermutlich Papst Gregor I. (590–604) 4) praefatus – oben
erwähnt 5) obliquare – schräg richten, lenken 6) alio divertere – anderswohin wenden
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SENATORENPALAST – Amtssitz des Bürger meisters der Stadt Rom, im 16. Jh. unter
Verwendung mittelalterlicher Bauten über dem Tabularium errichtet. Der Brunnen zwi-
schen den Treppenauf gängen wird von einer antiken Statue der Miner va gekrönt, die in
der Renaissance zur Göttin ROMA umgestaltet wurde und links vom Fluss gott Nil, rechts
vom Tiber eingerahmt wird.
KONSERVATORENPALAST – Der von Michelangelo entworfene Bau enthält den
Groß teil des kapitolinischen Museums, insbesondere die Kapitolinische Wölfin, den Dorn-auszieher und Brutus. In mehreren Sälen finden sich sehenswerte Wandgemälde mit Dar-
stellungen aus der Geschichte Roms; im Saal der Wölfin die berühmten fasti Capitolini.
Im ersten Hof dieses Gebäudes sind Marmorreste
der Kolossalstatue Kaiser Konstantins aus seiner
Basilika auf dem Forum zu sehen. Seit 2006 ist
ein weiterer Hof zugänglich – die mit einem
Glasdach geschützte Esedra di Marco Aurelio, in
dem das Original der Mark-Aurel-Statue (Bild)
aufgestellt wurde. Auch Reste einer kolossalen
Bronzestatue Kaiser Konstantins, Mauerreste des
Juppitertempels und ein Modell desselben sind
hier zu besichtigen.
PALAZZO NUOVO des kapitolinischen
Museums – (links), ca. 1650 von G. Rainaldi nach dem Vorbild des Konserva toren palastes
errichtet; sehenswert u.a. Sterbender Gallier, Kapitolinische Venus, Amor und Psyche
sowie zahlreiche Portraitköpfe von Kaisern, Philosophen usw.
SANTA MARIA IN ARACOELI – über dem Tempel der Iuno Moneta errichtet. Der heu-
tige Bau stammt aus dem 13. Jh. Die Kirche war im Mittelalter Sitz des Stadtparlaments.
Die sehenswerte Innenausstattung umfasst zahlreiche Grab mäler sowie im linken Quer-
schiff eine Aedicula als Erinnerung an eine sibyllinische Verheißung für Augustus; unter
deren Aufbau sind die Reliquien der hl. Helena bestattet, der Mutter Kaiser Konstantins.
Die 124 Stufen umfassende Treppe wurde Mitte des 14. Jhs. begonnen. Sie wird als
Sym bol der Himmelsleiter interpretiert. Es gibt auch einen Seiteneingang, den man über
eine Treppe hinter dem Palazzo Nuovo vom Kapitolsplatz aus erreichen kann.
TIPP: Nicht versäumen sollte man einen kleinen Abstecher zur piazzale Caffarelli (Straße entlang des Konservatorenpalastes). Sie bietet einen prächtigen Blick über
diesen Teil Roms. Geht man diese Straße weiter nach links, also rund um den ehe-
maligen Tempel der kapitolinischen Trias, so gelangt man zu einem kleinen Park
oberhalb des Forums, der vielleicht die beste, sicher aber die ruhigste Aussicht auf
das Forum und das Velabrum bietet – ein wahrer locus amoenus.
Mark Aurel (Musei Capitolini; G. Egger)
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LUPA CAPITOLINA
Die Herkunft der vielleicht bekanntes-
ten römischen Bronze ist unge klärt.
Lange hatte man das Symbol der
Stadt Rom für ein etruskisches Werk
aus dem frühen 5. Jh. v. Chr. gehalten.
Anfang 2007 allerdings veröffentlich-
te die Leiterin einer 1997 durchge-
führten Restaurierung der Skulptur
ihre Untersuchungen der Gusstechnik,
nach denen die lupa erst in karolingi-
scher Zeit entstanden sein könne. Die
Zwillinge wurden mit Sicherheit erst
in der Renaissance ergänzt, aber der am obigen Bild deutlich sichtbare Riss auf der Innen-
seite des linken Hinter laufs würde den Schluss zulassen, dass es sich bei der Wölfin selbst
um die bereits von Cicero im unten stehenden Text beschriebene handeln könnte:
Nam profecto memoria tenetis Cotta et Torquato consulibus1 com plures in Capi tolio res de caelo esse percussas,2 cum et simulacra deorum depulsa sunt et statuae veterum hominum deiectae et legum aera3 liquefacta et tac-tus etiam ille, qui hanc urbem condidit, Romulus, quem inauratum in Capi to-lio, parvum atque lactantem,4 uberibus lupinis inhiantem5 fuisse meministis.
M. T. Cicero, Cat. 3,19
1) Die Konsuln des Jahres 65 2) percuti – (scil. von einem Blitz) getroffen wer den 2) legum aera – eherne Gesetzestafeln 3) lactare – saugen 4) inhiare – nach etwas schnappen (+Dativ)
Zu einer dieser Lupa Capitolina vielleicht ähnlichen Skulptur erzählt Magister Gregorius
folgende Geschichte:
In porticu etiam ante hiemale palatium1 domini papae est imago aenea illius lupae, quae dicitur Remum et Romulum aluisse. Sed hoc quidem fabulosum est. Nam Lupa quaedam mulier eximiae pulchritudinis antiquitus Romae fuit. Haec Remum et Romulum in Tiberi proiectos invenit et pro suis aluit. Quae ideo Lupa dicta est, quoniam pulchritudine sua et illecebris2 suis homines in amorem suum rapiebat. Haec autem lupa aenea arieti3 aeneo insidiatur,4 qui ante palatium praefatum aquam abluendis manibus ore emittit. Lupa etiam quondam singulis mammis aquam abluendis manibus emittebat, sed nunc fractis pedibus a loco suo divulsa est.5
Magistri Gregorii narratio de mirabilibus urbis Romae (12./13. Jh.)
1) hiemale palatium – Winterresidenz 2) illecebra – Verführung, Reiz 3) aries –
Widder 4) insidiari – auflauern 5) divellere – losreißen
Lupa Capitolina (Musei Capitolini)
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