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0 Jonas Lucas Sri Lankas Frieden ņQachhaltiges Ende eines protracted social conflict? Kieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr. 37 August 2014 ISPK.org Institut für SicherheitsPolitik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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Jonas Lucas

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

Kieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr 37August 2014

ISPKorg

Institut fuumlr SicherheitsPolitik an der Christian-Albrechts-Universitaumlt zu Kiel

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 22 Analyserahmen und Ausgangslage 23 Ein Ende des protracted social conflict6

31 Akteure 6311 Regierung 7312 Opposition 8313 Diaspora 9314 LTTE 11315 Religioumlse Gruppen 12316 Auslaumlndische Stakeholder 13

32 Lage der Bevoumllkerung 15321 Militarisierung 15322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges 16323 Landverteilung und Inlandsvertriebene 17324 Menschenrechte 18325 Wirtschaftliche Lage 21

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 214 Fazit 22

Jonas Lucas BASri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflictKieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr 37Kiel August 2014

Lektorat Stefan Hansen MA

Impressum

HerausgeberProf Dr Joachim Krause (Direktor)Stefan Hansen MA (Geschaumlftsfuumlhrer)

Institut fuumlr Sicherheitspolitikan der Christian-Albrechts-Universitaumlt zu Kiel Westring 40024118 Kiel

ISPKorg

Die veroumlffentlichten Beitraumlge mit Verfasserangabe geben die Ansicht der betreffenden Autoren wieder nicht notwendigerweise die des Herausgebers oder des Instituts fuumlr Sicherheits-politik

copy 2014 Institut fuumlr Sicherheitspolitik an der Christian-Albrechts-Universitaumlt zu Kiel (ISPK)

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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1 Einleitung

Im Jahr 2009 endete der uumlber 25 Jahre anhal-tende Buumlrgerkrieg in Sri Lanka durch einen Sieg der Regierungstruppen1 Dies obwohl ein militaumlrischer Sieg uumlber die Guerillakaumlmpfer der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) von Experten lange ausgeschlossen worden war2

Schon direkt nach Ende des Krieges stellte die Forschung die Frage ob der Buumlrgerkrieg auf militaumlrische Weise auch nachhaltig beendet werden konnte und ob dies auch fuumlr andere Staaten ein probates Mittel zur Terrorismus-bekaumlmpfung sein koumlnnte In der Wissenschaft dominierte dabei die Meinung dass die LTTE dauerhaft zerschlagen sei dem militaumlrischen Sieg aber auch politische Reformen folgen muumlssten Insgesamt herrschte jedoch Hoff-nung dass der Sieg den Anfang einer positiven Entwicklung darstellen wuumlrde34

Angesichts der Tatsache dass sich in juumlngster Zeit die Proteste gegen die Regierung ver-schaumlrfen5 sich der internationale Druck auf die Regierung erhoumlht6 und es immer wieder Berichte uumlber Menschenrechtsverletzungen gibt7 bedarf es heute fuumlnf Jahre nach Buumlrger-

1 Vgl Ropers Norbert Siegfrieden in Sri Lanka erfolgreiche Terrorismusbekaumlmpfung in Froumlhlich Christiane ua (Hrsg) Friedensgutachten 2010 S 2742 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 1f3 Vgl ebd S 1 44 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2745 Vgl Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerk-laumlrung) Executive Appointments for the 2nd Term of the Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) in EinNewsDesk vom 15012014 httpworldeinnewscompr_news188119983executive-appointments-for-the-2nd-term-of-the-transnational-government-of-tamil-eelam-tgte 220320146 Vgl Jivanda Tomas Sri Lanka dismisses David Camerons call for independent human rights in-quiry in The Independent vom 16112013 Sri Lanka dismisses David Camerons call for inde-pendent human rights inquiry httpwwwindependentcouknewsworldasiasri-lanka-dismisses-david-camerons-call-for-independent-human-rights-inquiry-8944157html 140320147 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014

kriegsende einer aktuellen Analyse der Lage Auch weil Forschungsgruppen wie die Interna-tional Crisis Group immer neue Bedenken uumlber die Situation aumluszligern8 Diese Arbeit beantwor-tet daher ob mit Blick auf die Geschichte des ethnischen Konfliktes aber vor allem auf die neuesten Ereignisse die Gefahr einer erneu-ten militaumlrischen Konfrontation besteht

Diese Arbeit analysiert daher die politische Situation in Sri Lanka und beantwortet unter Zuhilfenahme von Edward Azars Theorie der protracted social conflicts (PSC) ob der Buumlr-gerkrieg in Sri Lanka nachhaltig beendet ist oder ob eine neue Eskalation des Konfliktes bevorsteht Eine derartige Analyse ist auch im Hinblick darauf dass andere Staaten Sri Lan-kas Vorbild eines Siegfriedens folgen koumlnnten wichtig PSCs sind ein passender Analyserah-men da Sri Lanka in der Forschung als typi-sches Beispiel eines protracted social conflictsgilt9 Edward Azar selber kategorisierte den Konflikt in Sri Lanka schon 1986 als PSC10

Gleichzeitig erklaumlrte Azar militaumlrische Mittel zum Beenden von PSCs jedoch als ineffektiv11

Daher kann Azars Theorie entweder direkt einen Erklaumlrungsansatz liefern weshalb Sri Lankas Frieden nicht nachhaltig ist oder aber die Ergebnisse dieser Arbeit dienen der Wei-terentwicklung des theoretischen Rahmens

2 Analyserahmen und Ausgangslage

Dieser Teil der Arbeit stellt Edward Azars The-orie des protracted social conflicts vor Der Begriff des PSCs wird definiert sowie seine Merkmale und Ursachen genauer erlaumlutert Anschlieszligend werden die Hintergruumlnde des sozialen Konfliktes in Sri Lanka eroumlrtert

8 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire in Asia Re-port 253 (2013)9 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27510 Vgl Azar Edward EMoon Chung In Managing Protracted Social Conflicts in the Third World Facilitation and Development Diplomacy in Mil-lennium ndash Journal of International Studies 15 (1986) S 39411 Vgl ebd S 393

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Edward Azars Theorie des protracted social conflictsAzar definiert PSCs als bdquothe prolonged and often violent struggle by communal groups for such basic needs as security recognition and acceptance fair access to political institutions and economic participationrdquo12 Der Term PSC beschreibt folglich den Kampf um die Befriedi-gung von kollektiven Grundbeduumlrfnissen einer Gruppe13 Diese Konflikte sind gekennzeichnet durch zeitlich andauernde feindselige Ausei-nandersetzungen innerhalb eines Staates evtl unter Einbeziehung der Anrainerstaaten uumlber unterschiedliche soziale ethnische religioumlse Identitaumlten zwischen den beteiligten Grup-pen14 PSCs sind langwierig schwankend in ihrer Intensitaumlt und haben keinen fixen Start-bzw Endpunkt15

Der Fokus bei der Studie von PSCs liegt auf den verschiedenen Gruppen und ihren Identi-taumlten Diese setzen sich zusammen aus Ab-stammung Religion Ethnie und Kultur Jegli-che Art von Konflikt national und internatio-nal basiert auf dem Streben dieser Identitaumlts-gruppen ihre gemeinsamen Beduumlrfnisse zu befriedigen16 Der Ursprung der Konflikte liegt darin dass einer Volksgruppe oder Identitaumlts-gruppe die universellen Grundbeduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt sowie politische wirtschaftliche und soziale Teilhabe verweigert werden Entscheidend ist dass diese unterschwelligen Grundbeduumlrfnisse einer jeden Gruppe nicht verhandelbar sind lediglich oberflaumlchliche Interessen koumlnnen Teil eines ausgehandelten Kompromisses wer-

12 Azar Edward E The Analysis and Management of Protracted Social Conflict in Volkan JMont-ville J und Julius D (Hrsg) The Psychodynamics of International Relationships 2 Lanham 1991 S 9313 Vgl Azar Edward E The Management of Pro-tracted Social Conflict Theory and Cases Dart-mouth 1990 S 7ndash1014 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 394f15 Vgl ebd S 39516 Vgl Azar Edward E Protracted International Conflicts Ten Propositions in Azar Edward E Burton John W (Hrsg) International Conflict Resolution Theory and Practice Sussex 1986 S 31ff

den17 Werden die Beduumlrfnisse ignoriert fuumlhrt dies zu Frustration und letztendlich zu Wider-stand18 PSCs sind vor allem in Regionen bzw Staaten vorzufinden die wirtschaftlich unter-entwickelt sind und Defizite in der politischen und wirtschaftlichen Integration der verschie-denen Bevoumllkerungsgruppen aufweisen19 Die-se Defizite stammen aus einer strukturellen Diskriminierung von Identitaumltsgruppen in poli-tischen wirtschaftlichen und sozialen Berei-chen des Staates Diskriminierung tritt immer dann ein wenn bestimmte Grundbeduumlrfnisse einer Gruppe verweigert werden Besonders schwer wiegt das Vorenthalten von Lebens-mitteln Wohnraum Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung Als Folge ist diese Gruppe in ihrer Existenz bedroht und ihr wird somit das Grundbeduumlrfnis Sicherheit verwei-gert Findet diese Diskriminierung entlang ethnischer sozialer oder religioumlser Linien statt fuumlhrt dies mit groszliger Wahrscheinlichkeit zu dem Entstehen eines PSCs und dem Ausbre-chen von Gewalt20

Jegliche Loumlsung muss die tiefen strukturellen Ungleichheiten in Politik Wirtschaft und Justiz zwischen den Volksgruppen uumlberwinden um langanhaltenden nachhaltigen Frieden zu garantieren Jede andere Loumlsung basiert auf Macht und Gewalt durch die dominante Gruppe Sie unterliegt so dem Risiko eines erneuten Ausbrechens des Konflikts sobald sich der dominierten Gruppe durch nationale oder internationale Entwicklungen eine Moumlg-lichkeit bietet21 Eine Intervention der interna-tionalen Staatengemeinschaft in Form von Militaumlreinsaumltzen oder finanziellem Druck be-trachtet Azar ebenfalls als ineffektiv zur nach-haltigen Konfliktloumlsung22

17 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f18 Vgl Azar The Management of Protracted So-cial Conflict S 719 Vgl ebd S 2820 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 396f21 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f22 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 393

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Ob ein Konflikt nachhaltig beendet ist haumlngt in groszligem Maszlige von der Bereitschaft der Buumlr-ger ab sich einer Rebellengruppe erneut an-zuschlieszligen Dabei geben politische und wirt-schaftliche Rahmenbedingungen den Aus-schlag ob ein gewaltsamer Kampf attraktiv erscheint23 Walter benennt zwei Hauptgruumln-de warum sich Freiwillige zur Guerilla melden und es somit zu erneuter Gewalt kommen kann Diese bricht erneut aus wenn die aktu-elle persoumlnliche Lage schlimmer erscheint als die Gefahr im Kampf zu sterben und wenn es fuumlr die Individuen aussichtslos erscheint eine friedliche Loumlsung zu finden24 Das bedeutet dass es nicht ausreicht sich nur mit unter-schwelligen Problemen die fuumlr den anfaumlngli-chen Ausbruch des Buumlrgerkrieges verantwort-lich waren zu beschaumlftigen Zusaumltzlich muumlssen die aktuellen Lebensumstaumlnde verbessert werden Die Ergebnisse von Walters Untersu-chung zeigen dass eine wirkliche Verbesse-rung der Lebensqualitaumlt eine geringere Wahr-scheinlichkeit eines erneuten Buumlrgerkriegs-ausbruchs nach sich zieht25 Dies stimmt mit Azars Theorie uumlberein dass Unterentwicklung einer der Gruumlnde fuumlr das Entstehen von PSCs ist Wirtschaftlicher Aufschwung und eine Teilhabe aller an dessen Nutzen traumlgt alsonachweislich zu einem nachhaltigen Frieden bei

Ein Ansatz zur Konflikttransformation basiert darauf dass die eigentlichen Ziele in einem PSC oft in den Hintergrund ruumlcken da die Ge-walt eine Eigendynamik entwickelt hat26 Es bedarf daher eines langfristigen Engagements einer dritten Partei als Vermittler um langsam ein neues Verstaumlndnis der verschiedenen Gruppen fuumlreinander zu erzeugen und einen nachhaltigen sich selbst erhaltenden Frieden zu schaffen Das Ergebnis soll nicht nur ein Ruumlckgang oder Ende der traditionellen Gewalt

23 Vgl Walter Barbara F Does Conflict Beget Conflict Explaining Recurring Civil War in Journal of Peace Research 41 (2004) S 4f24 Vgl ebd S 8f25 Vgl ebd S 1526 Vgl Graf WilfriedKramer GudrunNicolescou Augustin Counselling and training for conflict transformation and peace-building in Galtung JohanWebelCharles (Hrsg) Handbook of Peace and Conflict Studies New York 2007 S 131

sein sondern auch ein Ende der kulturellen oder strukturellen Gewalt dh der Diskrimi-nierung der eine Gruppe ausgesetzt ist27

Eine Definition wann ein Frieden nachhaltig und andauernd ist gestaltet sich jedoch schwierig da PSCs laut Azar keinen festen Start- bzw Endpunkt haben und es daher auch nicht moumlglich ist die genaue Dauer zu mes-sen28 Aus diesem Grund kann auch ein Zeit-raum nicht als Maszligstab zur Bestimmung die-nen ob ein Konflikt nachhaltig beendet wur-de Stattdessen muumlssen die Entwicklungen analysiert werden die zu einem erneuten Buumlrgerkrieg fuumlhren koumlnnten und uumlberpruumlft werden ob die Merkmale eines PSCs immer noch in der Gesellschaft zu beobachten sind oder ob Reformen die gesellschaftliche Situa-tion veraumlndert haben Diese Faktoren bestim-men ob der Frieden nachhaltig ist

Hintergrund des KonfliktesDie Geschichte Sri Lankas und seines inner-staatlichen Konfliktes ist gepraumlgt von zwei ethnischen und religioumlsen Gruppierungen der singhalesischen Mehrheit buddhistischen Glaubens und der tamilisch hinduistischen Minderheit die hauptsaumlchlich den Norden und Osten des Landes bewohnt und ihrem gewaltsamen Fluumlgel der LTTE Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Gruppen wie muslimische und christliche Minderheiten29

Die wichtigsten singhalesischen Parteien sind die United National Party (UNP) und die Sri Lankan Freedom Party (SLFP)30 der auch der derzeitige Praumlsident Mahinda Rajapaksa ange-houmlrt31 Die politische Vertretung der tamili-schen Bevoumllkerung uumlbernimmt vor allem das Parteienbuumlndnis Tamil National Alliance (TNA)32

27 Vgl Graf Counselling and training S 124ndash12828 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 3629 Vgl Roumlsel Jakob Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka Der Tamilenkonflikt Aufstieg und Niedergang eines singhalesischen Staates Baden-Baden 1997 S 2530 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 631 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2832 Vgl ebd S 282

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 22 Analyserahmen und Ausgangslage 23 Ein Ende des protracted social conflict6

31 Akteure 6311 Regierung 7312 Opposition 8313 Diaspora 9314 LTTE 11315 Religioumlse Gruppen 12316 Auslaumlndische Stakeholder 13

32 Lage der Bevoumllkerung 15321 Militarisierung 15322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges 16323 Landverteilung und Inlandsvertriebene 17324 Menschenrechte 18325 Wirtschaftliche Lage 21

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 214 Fazit 22

Jonas Lucas BASri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflictKieler Analysen zur Sicherheitspolitik Nr 37Kiel August 2014

Lektorat Stefan Hansen MA

Impressum

HerausgeberProf Dr Joachim Krause (Direktor)Stefan Hansen MA (Geschaumlftsfuumlhrer)

Institut fuumlr Sicherheitspolitikan der Christian-Albrechts-Universitaumlt zu Kiel Westring 40024118 Kiel

ISPKorg

Die veroumlffentlichten Beitraumlge mit Verfasserangabe geben die Ansicht der betreffenden Autoren wieder nicht notwendigerweise die des Herausgebers oder des Instituts fuumlr Sicherheits-politik

copy 2014 Institut fuumlr Sicherheitspolitik an der Christian-Albrechts-Universitaumlt zu Kiel (ISPK)

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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1 Einleitung

Im Jahr 2009 endete der uumlber 25 Jahre anhal-tende Buumlrgerkrieg in Sri Lanka durch einen Sieg der Regierungstruppen1 Dies obwohl ein militaumlrischer Sieg uumlber die Guerillakaumlmpfer der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) von Experten lange ausgeschlossen worden war2

Schon direkt nach Ende des Krieges stellte die Forschung die Frage ob der Buumlrgerkrieg auf militaumlrische Weise auch nachhaltig beendet werden konnte und ob dies auch fuumlr andere Staaten ein probates Mittel zur Terrorismus-bekaumlmpfung sein koumlnnte In der Wissenschaft dominierte dabei die Meinung dass die LTTE dauerhaft zerschlagen sei dem militaumlrischen Sieg aber auch politische Reformen folgen muumlssten Insgesamt herrschte jedoch Hoff-nung dass der Sieg den Anfang einer positiven Entwicklung darstellen wuumlrde34

Angesichts der Tatsache dass sich in juumlngster Zeit die Proteste gegen die Regierung ver-schaumlrfen5 sich der internationale Druck auf die Regierung erhoumlht6 und es immer wieder Berichte uumlber Menschenrechtsverletzungen gibt7 bedarf es heute fuumlnf Jahre nach Buumlrger-

1 Vgl Ropers Norbert Siegfrieden in Sri Lanka erfolgreiche Terrorismusbekaumlmpfung in Froumlhlich Christiane ua (Hrsg) Friedensgutachten 2010 S 2742 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 1f3 Vgl ebd S 1 44 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2745 Vgl Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerk-laumlrung) Executive Appointments for the 2nd Term of the Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) in EinNewsDesk vom 15012014 httpworldeinnewscompr_news188119983executive-appointments-for-the-2nd-term-of-the-transnational-government-of-tamil-eelam-tgte 220320146 Vgl Jivanda Tomas Sri Lanka dismisses David Camerons call for independent human rights in-quiry in The Independent vom 16112013 Sri Lanka dismisses David Camerons call for inde-pendent human rights inquiry httpwwwindependentcouknewsworldasiasri-lanka-dismisses-david-camerons-call-for-independent-human-rights-inquiry-8944157html 140320147 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014

kriegsende einer aktuellen Analyse der Lage Auch weil Forschungsgruppen wie die Interna-tional Crisis Group immer neue Bedenken uumlber die Situation aumluszligern8 Diese Arbeit beantwor-tet daher ob mit Blick auf die Geschichte des ethnischen Konfliktes aber vor allem auf die neuesten Ereignisse die Gefahr einer erneu-ten militaumlrischen Konfrontation besteht

Diese Arbeit analysiert daher die politische Situation in Sri Lanka und beantwortet unter Zuhilfenahme von Edward Azars Theorie der protracted social conflicts (PSC) ob der Buumlr-gerkrieg in Sri Lanka nachhaltig beendet ist oder ob eine neue Eskalation des Konfliktes bevorsteht Eine derartige Analyse ist auch im Hinblick darauf dass andere Staaten Sri Lan-kas Vorbild eines Siegfriedens folgen koumlnnten wichtig PSCs sind ein passender Analyserah-men da Sri Lanka in der Forschung als typi-sches Beispiel eines protracted social conflictsgilt9 Edward Azar selber kategorisierte den Konflikt in Sri Lanka schon 1986 als PSC10

Gleichzeitig erklaumlrte Azar militaumlrische Mittel zum Beenden von PSCs jedoch als ineffektiv11

Daher kann Azars Theorie entweder direkt einen Erklaumlrungsansatz liefern weshalb Sri Lankas Frieden nicht nachhaltig ist oder aber die Ergebnisse dieser Arbeit dienen der Wei-terentwicklung des theoretischen Rahmens

2 Analyserahmen und Ausgangslage

Dieser Teil der Arbeit stellt Edward Azars The-orie des protracted social conflicts vor Der Begriff des PSCs wird definiert sowie seine Merkmale und Ursachen genauer erlaumlutert Anschlieszligend werden die Hintergruumlnde des sozialen Konfliktes in Sri Lanka eroumlrtert

8 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire in Asia Re-port 253 (2013)9 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27510 Vgl Azar Edward EMoon Chung In Managing Protracted Social Conflicts in the Third World Facilitation and Development Diplomacy in Mil-lennium ndash Journal of International Studies 15 (1986) S 39411 Vgl ebd S 393

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Edward Azars Theorie des protracted social conflictsAzar definiert PSCs als bdquothe prolonged and often violent struggle by communal groups for such basic needs as security recognition and acceptance fair access to political institutions and economic participationrdquo12 Der Term PSC beschreibt folglich den Kampf um die Befriedi-gung von kollektiven Grundbeduumlrfnissen einer Gruppe13 Diese Konflikte sind gekennzeichnet durch zeitlich andauernde feindselige Ausei-nandersetzungen innerhalb eines Staates evtl unter Einbeziehung der Anrainerstaaten uumlber unterschiedliche soziale ethnische religioumlse Identitaumlten zwischen den beteiligten Grup-pen14 PSCs sind langwierig schwankend in ihrer Intensitaumlt und haben keinen fixen Start-bzw Endpunkt15

Der Fokus bei der Studie von PSCs liegt auf den verschiedenen Gruppen und ihren Identi-taumlten Diese setzen sich zusammen aus Ab-stammung Religion Ethnie und Kultur Jegli-che Art von Konflikt national und internatio-nal basiert auf dem Streben dieser Identitaumlts-gruppen ihre gemeinsamen Beduumlrfnisse zu befriedigen16 Der Ursprung der Konflikte liegt darin dass einer Volksgruppe oder Identitaumlts-gruppe die universellen Grundbeduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt sowie politische wirtschaftliche und soziale Teilhabe verweigert werden Entscheidend ist dass diese unterschwelligen Grundbeduumlrfnisse einer jeden Gruppe nicht verhandelbar sind lediglich oberflaumlchliche Interessen koumlnnen Teil eines ausgehandelten Kompromisses wer-

12 Azar Edward E The Analysis and Management of Protracted Social Conflict in Volkan JMont-ville J und Julius D (Hrsg) The Psychodynamics of International Relationships 2 Lanham 1991 S 9313 Vgl Azar Edward E The Management of Pro-tracted Social Conflict Theory and Cases Dart-mouth 1990 S 7ndash1014 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 394f15 Vgl ebd S 39516 Vgl Azar Edward E Protracted International Conflicts Ten Propositions in Azar Edward E Burton John W (Hrsg) International Conflict Resolution Theory and Practice Sussex 1986 S 31ff

den17 Werden die Beduumlrfnisse ignoriert fuumlhrt dies zu Frustration und letztendlich zu Wider-stand18 PSCs sind vor allem in Regionen bzw Staaten vorzufinden die wirtschaftlich unter-entwickelt sind und Defizite in der politischen und wirtschaftlichen Integration der verschie-denen Bevoumllkerungsgruppen aufweisen19 Die-se Defizite stammen aus einer strukturellen Diskriminierung von Identitaumltsgruppen in poli-tischen wirtschaftlichen und sozialen Berei-chen des Staates Diskriminierung tritt immer dann ein wenn bestimmte Grundbeduumlrfnisse einer Gruppe verweigert werden Besonders schwer wiegt das Vorenthalten von Lebens-mitteln Wohnraum Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung Als Folge ist diese Gruppe in ihrer Existenz bedroht und ihr wird somit das Grundbeduumlrfnis Sicherheit verwei-gert Findet diese Diskriminierung entlang ethnischer sozialer oder religioumlser Linien statt fuumlhrt dies mit groszliger Wahrscheinlichkeit zu dem Entstehen eines PSCs und dem Ausbre-chen von Gewalt20

Jegliche Loumlsung muss die tiefen strukturellen Ungleichheiten in Politik Wirtschaft und Justiz zwischen den Volksgruppen uumlberwinden um langanhaltenden nachhaltigen Frieden zu garantieren Jede andere Loumlsung basiert auf Macht und Gewalt durch die dominante Gruppe Sie unterliegt so dem Risiko eines erneuten Ausbrechens des Konflikts sobald sich der dominierten Gruppe durch nationale oder internationale Entwicklungen eine Moumlg-lichkeit bietet21 Eine Intervention der interna-tionalen Staatengemeinschaft in Form von Militaumlreinsaumltzen oder finanziellem Druck be-trachtet Azar ebenfalls als ineffektiv zur nach-haltigen Konfliktloumlsung22

17 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f18 Vgl Azar The Management of Protracted So-cial Conflict S 719 Vgl ebd S 2820 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 396f21 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f22 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 393

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Ob ein Konflikt nachhaltig beendet ist haumlngt in groszligem Maszlige von der Bereitschaft der Buumlr-ger ab sich einer Rebellengruppe erneut an-zuschlieszligen Dabei geben politische und wirt-schaftliche Rahmenbedingungen den Aus-schlag ob ein gewaltsamer Kampf attraktiv erscheint23 Walter benennt zwei Hauptgruumln-de warum sich Freiwillige zur Guerilla melden und es somit zu erneuter Gewalt kommen kann Diese bricht erneut aus wenn die aktu-elle persoumlnliche Lage schlimmer erscheint als die Gefahr im Kampf zu sterben und wenn es fuumlr die Individuen aussichtslos erscheint eine friedliche Loumlsung zu finden24 Das bedeutet dass es nicht ausreicht sich nur mit unter-schwelligen Problemen die fuumlr den anfaumlngli-chen Ausbruch des Buumlrgerkrieges verantwort-lich waren zu beschaumlftigen Zusaumltzlich muumlssen die aktuellen Lebensumstaumlnde verbessert werden Die Ergebnisse von Walters Untersu-chung zeigen dass eine wirkliche Verbesse-rung der Lebensqualitaumlt eine geringere Wahr-scheinlichkeit eines erneuten Buumlrgerkriegs-ausbruchs nach sich zieht25 Dies stimmt mit Azars Theorie uumlberein dass Unterentwicklung einer der Gruumlnde fuumlr das Entstehen von PSCs ist Wirtschaftlicher Aufschwung und eine Teilhabe aller an dessen Nutzen traumlgt alsonachweislich zu einem nachhaltigen Frieden bei

Ein Ansatz zur Konflikttransformation basiert darauf dass die eigentlichen Ziele in einem PSC oft in den Hintergrund ruumlcken da die Ge-walt eine Eigendynamik entwickelt hat26 Es bedarf daher eines langfristigen Engagements einer dritten Partei als Vermittler um langsam ein neues Verstaumlndnis der verschiedenen Gruppen fuumlreinander zu erzeugen und einen nachhaltigen sich selbst erhaltenden Frieden zu schaffen Das Ergebnis soll nicht nur ein Ruumlckgang oder Ende der traditionellen Gewalt

23 Vgl Walter Barbara F Does Conflict Beget Conflict Explaining Recurring Civil War in Journal of Peace Research 41 (2004) S 4f24 Vgl ebd S 8f25 Vgl ebd S 1526 Vgl Graf WilfriedKramer GudrunNicolescou Augustin Counselling and training for conflict transformation and peace-building in Galtung JohanWebelCharles (Hrsg) Handbook of Peace and Conflict Studies New York 2007 S 131

sein sondern auch ein Ende der kulturellen oder strukturellen Gewalt dh der Diskrimi-nierung der eine Gruppe ausgesetzt ist27

Eine Definition wann ein Frieden nachhaltig und andauernd ist gestaltet sich jedoch schwierig da PSCs laut Azar keinen festen Start- bzw Endpunkt haben und es daher auch nicht moumlglich ist die genaue Dauer zu mes-sen28 Aus diesem Grund kann auch ein Zeit-raum nicht als Maszligstab zur Bestimmung die-nen ob ein Konflikt nachhaltig beendet wur-de Stattdessen muumlssen die Entwicklungen analysiert werden die zu einem erneuten Buumlrgerkrieg fuumlhren koumlnnten und uumlberpruumlft werden ob die Merkmale eines PSCs immer noch in der Gesellschaft zu beobachten sind oder ob Reformen die gesellschaftliche Situa-tion veraumlndert haben Diese Faktoren bestim-men ob der Frieden nachhaltig ist

Hintergrund des KonfliktesDie Geschichte Sri Lankas und seines inner-staatlichen Konfliktes ist gepraumlgt von zwei ethnischen und religioumlsen Gruppierungen der singhalesischen Mehrheit buddhistischen Glaubens und der tamilisch hinduistischen Minderheit die hauptsaumlchlich den Norden und Osten des Landes bewohnt und ihrem gewaltsamen Fluumlgel der LTTE Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Gruppen wie muslimische und christliche Minderheiten29

Die wichtigsten singhalesischen Parteien sind die United National Party (UNP) und die Sri Lankan Freedom Party (SLFP)30 der auch der derzeitige Praumlsident Mahinda Rajapaksa ange-houmlrt31 Die politische Vertretung der tamili-schen Bevoumllkerung uumlbernimmt vor allem das Parteienbuumlndnis Tamil National Alliance (TNA)32

27 Vgl Graf Counselling and training S 124ndash12828 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 3629 Vgl Roumlsel Jakob Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka Der Tamilenkonflikt Aufstieg und Niedergang eines singhalesischen Staates Baden-Baden 1997 S 2530 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 631 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2832 Vgl ebd S 282

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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1 Einleitung

Im Jahr 2009 endete der uumlber 25 Jahre anhal-tende Buumlrgerkrieg in Sri Lanka durch einen Sieg der Regierungstruppen1 Dies obwohl ein militaumlrischer Sieg uumlber die Guerillakaumlmpfer der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) von Experten lange ausgeschlossen worden war2

Schon direkt nach Ende des Krieges stellte die Forschung die Frage ob der Buumlrgerkrieg auf militaumlrische Weise auch nachhaltig beendet werden konnte und ob dies auch fuumlr andere Staaten ein probates Mittel zur Terrorismus-bekaumlmpfung sein koumlnnte In der Wissenschaft dominierte dabei die Meinung dass die LTTE dauerhaft zerschlagen sei dem militaumlrischen Sieg aber auch politische Reformen folgen muumlssten Insgesamt herrschte jedoch Hoff-nung dass der Sieg den Anfang einer positiven Entwicklung darstellen wuumlrde34

Angesichts der Tatsache dass sich in juumlngster Zeit die Proteste gegen die Regierung ver-schaumlrfen5 sich der internationale Druck auf die Regierung erhoumlht6 und es immer wieder Berichte uumlber Menschenrechtsverletzungen gibt7 bedarf es heute fuumlnf Jahre nach Buumlrger-

1 Vgl Ropers Norbert Siegfrieden in Sri Lanka erfolgreiche Terrorismusbekaumlmpfung in Froumlhlich Christiane ua (Hrsg) Friedensgutachten 2010 S 2742 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 1f3 Vgl ebd S 1 44 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2745 Vgl Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerk-laumlrung) Executive Appointments for the 2nd Term of the Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) in EinNewsDesk vom 15012014 httpworldeinnewscompr_news188119983executive-appointments-for-the-2nd-term-of-the-transnational-government-of-tamil-eelam-tgte 220320146 Vgl Jivanda Tomas Sri Lanka dismisses David Camerons call for independent human rights in-quiry in The Independent vom 16112013 Sri Lanka dismisses David Camerons call for inde-pendent human rights inquiry httpwwwindependentcouknewsworldasiasri-lanka-dismisses-david-camerons-call-for-independent-human-rights-inquiry-8944157html 140320147 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014

kriegsende einer aktuellen Analyse der Lage Auch weil Forschungsgruppen wie die Interna-tional Crisis Group immer neue Bedenken uumlber die Situation aumluszligern8 Diese Arbeit beantwor-tet daher ob mit Blick auf die Geschichte des ethnischen Konfliktes aber vor allem auf die neuesten Ereignisse die Gefahr einer erneu-ten militaumlrischen Konfrontation besteht

Diese Arbeit analysiert daher die politische Situation in Sri Lanka und beantwortet unter Zuhilfenahme von Edward Azars Theorie der protracted social conflicts (PSC) ob der Buumlr-gerkrieg in Sri Lanka nachhaltig beendet ist oder ob eine neue Eskalation des Konfliktes bevorsteht Eine derartige Analyse ist auch im Hinblick darauf dass andere Staaten Sri Lan-kas Vorbild eines Siegfriedens folgen koumlnnten wichtig PSCs sind ein passender Analyserah-men da Sri Lanka in der Forschung als typi-sches Beispiel eines protracted social conflictsgilt9 Edward Azar selber kategorisierte den Konflikt in Sri Lanka schon 1986 als PSC10

Gleichzeitig erklaumlrte Azar militaumlrische Mittel zum Beenden von PSCs jedoch als ineffektiv11

Daher kann Azars Theorie entweder direkt einen Erklaumlrungsansatz liefern weshalb Sri Lankas Frieden nicht nachhaltig ist oder aber die Ergebnisse dieser Arbeit dienen der Wei-terentwicklung des theoretischen Rahmens

2 Analyserahmen und Ausgangslage

Dieser Teil der Arbeit stellt Edward Azars The-orie des protracted social conflicts vor Der Begriff des PSCs wird definiert sowie seine Merkmale und Ursachen genauer erlaumlutert Anschlieszligend werden die Hintergruumlnde des sozialen Konfliktes in Sri Lanka eroumlrtert

8 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire in Asia Re-port 253 (2013)9 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27510 Vgl Azar Edward EMoon Chung In Managing Protracted Social Conflicts in the Third World Facilitation and Development Diplomacy in Mil-lennium ndash Journal of International Studies 15 (1986) S 39411 Vgl ebd S 393

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Edward Azars Theorie des protracted social conflictsAzar definiert PSCs als bdquothe prolonged and often violent struggle by communal groups for such basic needs as security recognition and acceptance fair access to political institutions and economic participationrdquo12 Der Term PSC beschreibt folglich den Kampf um die Befriedi-gung von kollektiven Grundbeduumlrfnissen einer Gruppe13 Diese Konflikte sind gekennzeichnet durch zeitlich andauernde feindselige Ausei-nandersetzungen innerhalb eines Staates evtl unter Einbeziehung der Anrainerstaaten uumlber unterschiedliche soziale ethnische religioumlse Identitaumlten zwischen den beteiligten Grup-pen14 PSCs sind langwierig schwankend in ihrer Intensitaumlt und haben keinen fixen Start-bzw Endpunkt15

Der Fokus bei der Studie von PSCs liegt auf den verschiedenen Gruppen und ihren Identi-taumlten Diese setzen sich zusammen aus Ab-stammung Religion Ethnie und Kultur Jegli-che Art von Konflikt national und internatio-nal basiert auf dem Streben dieser Identitaumlts-gruppen ihre gemeinsamen Beduumlrfnisse zu befriedigen16 Der Ursprung der Konflikte liegt darin dass einer Volksgruppe oder Identitaumlts-gruppe die universellen Grundbeduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt sowie politische wirtschaftliche und soziale Teilhabe verweigert werden Entscheidend ist dass diese unterschwelligen Grundbeduumlrfnisse einer jeden Gruppe nicht verhandelbar sind lediglich oberflaumlchliche Interessen koumlnnen Teil eines ausgehandelten Kompromisses wer-

12 Azar Edward E The Analysis and Management of Protracted Social Conflict in Volkan JMont-ville J und Julius D (Hrsg) The Psychodynamics of International Relationships 2 Lanham 1991 S 9313 Vgl Azar Edward E The Management of Pro-tracted Social Conflict Theory and Cases Dart-mouth 1990 S 7ndash1014 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 394f15 Vgl ebd S 39516 Vgl Azar Edward E Protracted International Conflicts Ten Propositions in Azar Edward E Burton John W (Hrsg) International Conflict Resolution Theory and Practice Sussex 1986 S 31ff

den17 Werden die Beduumlrfnisse ignoriert fuumlhrt dies zu Frustration und letztendlich zu Wider-stand18 PSCs sind vor allem in Regionen bzw Staaten vorzufinden die wirtschaftlich unter-entwickelt sind und Defizite in der politischen und wirtschaftlichen Integration der verschie-denen Bevoumllkerungsgruppen aufweisen19 Die-se Defizite stammen aus einer strukturellen Diskriminierung von Identitaumltsgruppen in poli-tischen wirtschaftlichen und sozialen Berei-chen des Staates Diskriminierung tritt immer dann ein wenn bestimmte Grundbeduumlrfnisse einer Gruppe verweigert werden Besonders schwer wiegt das Vorenthalten von Lebens-mitteln Wohnraum Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung Als Folge ist diese Gruppe in ihrer Existenz bedroht und ihr wird somit das Grundbeduumlrfnis Sicherheit verwei-gert Findet diese Diskriminierung entlang ethnischer sozialer oder religioumlser Linien statt fuumlhrt dies mit groszliger Wahrscheinlichkeit zu dem Entstehen eines PSCs und dem Ausbre-chen von Gewalt20

Jegliche Loumlsung muss die tiefen strukturellen Ungleichheiten in Politik Wirtschaft und Justiz zwischen den Volksgruppen uumlberwinden um langanhaltenden nachhaltigen Frieden zu garantieren Jede andere Loumlsung basiert auf Macht und Gewalt durch die dominante Gruppe Sie unterliegt so dem Risiko eines erneuten Ausbrechens des Konflikts sobald sich der dominierten Gruppe durch nationale oder internationale Entwicklungen eine Moumlg-lichkeit bietet21 Eine Intervention der interna-tionalen Staatengemeinschaft in Form von Militaumlreinsaumltzen oder finanziellem Druck be-trachtet Azar ebenfalls als ineffektiv zur nach-haltigen Konfliktloumlsung22

17 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f18 Vgl Azar The Management of Protracted So-cial Conflict S 719 Vgl ebd S 2820 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 396f21 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f22 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 393

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Ob ein Konflikt nachhaltig beendet ist haumlngt in groszligem Maszlige von der Bereitschaft der Buumlr-ger ab sich einer Rebellengruppe erneut an-zuschlieszligen Dabei geben politische und wirt-schaftliche Rahmenbedingungen den Aus-schlag ob ein gewaltsamer Kampf attraktiv erscheint23 Walter benennt zwei Hauptgruumln-de warum sich Freiwillige zur Guerilla melden und es somit zu erneuter Gewalt kommen kann Diese bricht erneut aus wenn die aktu-elle persoumlnliche Lage schlimmer erscheint als die Gefahr im Kampf zu sterben und wenn es fuumlr die Individuen aussichtslos erscheint eine friedliche Loumlsung zu finden24 Das bedeutet dass es nicht ausreicht sich nur mit unter-schwelligen Problemen die fuumlr den anfaumlngli-chen Ausbruch des Buumlrgerkrieges verantwort-lich waren zu beschaumlftigen Zusaumltzlich muumlssen die aktuellen Lebensumstaumlnde verbessert werden Die Ergebnisse von Walters Untersu-chung zeigen dass eine wirkliche Verbesse-rung der Lebensqualitaumlt eine geringere Wahr-scheinlichkeit eines erneuten Buumlrgerkriegs-ausbruchs nach sich zieht25 Dies stimmt mit Azars Theorie uumlberein dass Unterentwicklung einer der Gruumlnde fuumlr das Entstehen von PSCs ist Wirtschaftlicher Aufschwung und eine Teilhabe aller an dessen Nutzen traumlgt alsonachweislich zu einem nachhaltigen Frieden bei

Ein Ansatz zur Konflikttransformation basiert darauf dass die eigentlichen Ziele in einem PSC oft in den Hintergrund ruumlcken da die Ge-walt eine Eigendynamik entwickelt hat26 Es bedarf daher eines langfristigen Engagements einer dritten Partei als Vermittler um langsam ein neues Verstaumlndnis der verschiedenen Gruppen fuumlreinander zu erzeugen und einen nachhaltigen sich selbst erhaltenden Frieden zu schaffen Das Ergebnis soll nicht nur ein Ruumlckgang oder Ende der traditionellen Gewalt

23 Vgl Walter Barbara F Does Conflict Beget Conflict Explaining Recurring Civil War in Journal of Peace Research 41 (2004) S 4f24 Vgl ebd S 8f25 Vgl ebd S 1526 Vgl Graf WilfriedKramer GudrunNicolescou Augustin Counselling and training for conflict transformation and peace-building in Galtung JohanWebelCharles (Hrsg) Handbook of Peace and Conflict Studies New York 2007 S 131

sein sondern auch ein Ende der kulturellen oder strukturellen Gewalt dh der Diskrimi-nierung der eine Gruppe ausgesetzt ist27

Eine Definition wann ein Frieden nachhaltig und andauernd ist gestaltet sich jedoch schwierig da PSCs laut Azar keinen festen Start- bzw Endpunkt haben und es daher auch nicht moumlglich ist die genaue Dauer zu mes-sen28 Aus diesem Grund kann auch ein Zeit-raum nicht als Maszligstab zur Bestimmung die-nen ob ein Konflikt nachhaltig beendet wur-de Stattdessen muumlssen die Entwicklungen analysiert werden die zu einem erneuten Buumlrgerkrieg fuumlhren koumlnnten und uumlberpruumlft werden ob die Merkmale eines PSCs immer noch in der Gesellschaft zu beobachten sind oder ob Reformen die gesellschaftliche Situa-tion veraumlndert haben Diese Faktoren bestim-men ob der Frieden nachhaltig ist

Hintergrund des KonfliktesDie Geschichte Sri Lankas und seines inner-staatlichen Konfliktes ist gepraumlgt von zwei ethnischen und religioumlsen Gruppierungen der singhalesischen Mehrheit buddhistischen Glaubens und der tamilisch hinduistischen Minderheit die hauptsaumlchlich den Norden und Osten des Landes bewohnt und ihrem gewaltsamen Fluumlgel der LTTE Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Gruppen wie muslimische und christliche Minderheiten29

Die wichtigsten singhalesischen Parteien sind die United National Party (UNP) und die Sri Lankan Freedom Party (SLFP)30 der auch der derzeitige Praumlsident Mahinda Rajapaksa ange-houmlrt31 Die politische Vertretung der tamili-schen Bevoumllkerung uumlbernimmt vor allem das Parteienbuumlndnis Tamil National Alliance (TNA)32

27 Vgl Graf Counselling and training S 124ndash12828 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 3629 Vgl Roumlsel Jakob Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka Der Tamilenkonflikt Aufstieg und Niedergang eines singhalesischen Staates Baden-Baden 1997 S 2530 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 631 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2832 Vgl ebd S 282

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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Edward Azars Theorie des protracted social conflictsAzar definiert PSCs als bdquothe prolonged and often violent struggle by communal groups for such basic needs as security recognition and acceptance fair access to political institutions and economic participationrdquo12 Der Term PSC beschreibt folglich den Kampf um die Befriedi-gung von kollektiven Grundbeduumlrfnissen einer Gruppe13 Diese Konflikte sind gekennzeichnet durch zeitlich andauernde feindselige Ausei-nandersetzungen innerhalb eines Staates evtl unter Einbeziehung der Anrainerstaaten uumlber unterschiedliche soziale ethnische religioumlse Identitaumlten zwischen den beteiligten Grup-pen14 PSCs sind langwierig schwankend in ihrer Intensitaumlt und haben keinen fixen Start-bzw Endpunkt15

Der Fokus bei der Studie von PSCs liegt auf den verschiedenen Gruppen und ihren Identi-taumlten Diese setzen sich zusammen aus Ab-stammung Religion Ethnie und Kultur Jegli-che Art von Konflikt national und internatio-nal basiert auf dem Streben dieser Identitaumlts-gruppen ihre gemeinsamen Beduumlrfnisse zu befriedigen16 Der Ursprung der Konflikte liegt darin dass einer Volksgruppe oder Identitaumlts-gruppe die universellen Grundbeduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt sowie politische wirtschaftliche und soziale Teilhabe verweigert werden Entscheidend ist dass diese unterschwelligen Grundbeduumlrfnisse einer jeden Gruppe nicht verhandelbar sind lediglich oberflaumlchliche Interessen koumlnnen Teil eines ausgehandelten Kompromisses wer-

12 Azar Edward E The Analysis and Management of Protracted Social Conflict in Volkan JMont-ville J und Julius D (Hrsg) The Psychodynamics of International Relationships 2 Lanham 1991 S 9313 Vgl Azar Edward E The Management of Pro-tracted Social Conflict Theory and Cases Dart-mouth 1990 S 7ndash1014 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 394f15 Vgl ebd S 39516 Vgl Azar Edward E Protracted International Conflicts Ten Propositions in Azar Edward E Burton John W (Hrsg) International Conflict Resolution Theory and Practice Sussex 1986 S 31ff

den17 Werden die Beduumlrfnisse ignoriert fuumlhrt dies zu Frustration und letztendlich zu Wider-stand18 PSCs sind vor allem in Regionen bzw Staaten vorzufinden die wirtschaftlich unter-entwickelt sind und Defizite in der politischen und wirtschaftlichen Integration der verschie-denen Bevoumllkerungsgruppen aufweisen19 Die-se Defizite stammen aus einer strukturellen Diskriminierung von Identitaumltsgruppen in poli-tischen wirtschaftlichen und sozialen Berei-chen des Staates Diskriminierung tritt immer dann ein wenn bestimmte Grundbeduumlrfnisse einer Gruppe verweigert werden Besonders schwer wiegt das Vorenthalten von Lebens-mitteln Wohnraum Zugang zu medizinischer Versorgung oder Bildung Als Folge ist diese Gruppe in ihrer Existenz bedroht und ihr wird somit das Grundbeduumlrfnis Sicherheit verwei-gert Findet diese Diskriminierung entlang ethnischer sozialer oder religioumlser Linien statt fuumlhrt dies mit groszliger Wahrscheinlichkeit zu dem Entstehen eines PSCs und dem Ausbre-chen von Gewalt20

Jegliche Loumlsung muss die tiefen strukturellen Ungleichheiten in Politik Wirtschaft und Justiz zwischen den Volksgruppen uumlberwinden um langanhaltenden nachhaltigen Frieden zu garantieren Jede andere Loumlsung basiert auf Macht und Gewalt durch die dominante Gruppe Sie unterliegt so dem Risiko eines erneuten Ausbrechens des Konflikts sobald sich der dominierten Gruppe durch nationale oder internationale Entwicklungen eine Moumlg-lichkeit bietet21 Eine Intervention der interna-tionalen Staatengemeinschaft in Form von Militaumlreinsaumltzen oder finanziellem Druck be-trachtet Azar ebenfalls als ineffektiv zur nach-haltigen Konfliktloumlsung22

17 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f18 Vgl Azar The Management of Protracted So-cial Conflict S 719 Vgl ebd S 2820 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 396f21 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 28f22 Vgl Azar Managing Protracted Social Conflicts S 393

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Ob ein Konflikt nachhaltig beendet ist haumlngt in groszligem Maszlige von der Bereitschaft der Buumlr-ger ab sich einer Rebellengruppe erneut an-zuschlieszligen Dabei geben politische und wirt-schaftliche Rahmenbedingungen den Aus-schlag ob ein gewaltsamer Kampf attraktiv erscheint23 Walter benennt zwei Hauptgruumln-de warum sich Freiwillige zur Guerilla melden und es somit zu erneuter Gewalt kommen kann Diese bricht erneut aus wenn die aktu-elle persoumlnliche Lage schlimmer erscheint als die Gefahr im Kampf zu sterben und wenn es fuumlr die Individuen aussichtslos erscheint eine friedliche Loumlsung zu finden24 Das bedeutet dass es nicht ausreicht sich nur mit unter-schwelligen Problemen die fuumlr den anfaumlngli-chen Ausbruch des Buumlrgerkrieges verantwort-lich waren zu beschaumlftigen Zusaumltzlich muumlssen die aktuellen Lebensumstaumlnde verbessert werden Die Ergebnisse von Walters Untersu-chung zeigen dass eine wirkliche Verbesse-rung der Lebensqualitaumlt eine geringere Wahr-scheinlichkeit eines erneuten Buumlrgerkriegs-ausbruchs nach sich zieht25 Dies stimmt mit Azars Theorie uumlberein dass Unterentwicklung einer der Gruumlnde fuumlr das Entstehen von PSCs ist Wirtschaftlicher Aufschwung und eine Teilhabe aller an dessen Nutzen traumlgt alsonachweislich zu einem nachhaltigen Frieden bei

Ein Ansatz zur Konflikttransformation basiert darauf dass die eigentlichen Ziele in einem PSC oft in den Hintergrund ruumlcken da die Ge-walt eine Eigendynamik entwickelt hat26 Es bedarf daher eines langfristigen Engagements einer dritten Partei als Vermittler um langsam ein neues Verstaumlndnis der verschiedenen Gruppen fuumlreinander zu erzeugen und einen nachhaltigen sich selbst erhaltenden Frieden zu schaffen Das Ergebnis soll nicht nur ein Ruumlckgang oder Ende der traditionellen Gewalt

23 Vgl Walter Barbara F Does Conflict Beget Conflict Explaining Recurring Civil War in Journal of Peace Research 41 (2004) S 4f24 Vgl ebd S 8f25 Vgl ebd S 1526 Vgl Graf WilfriedKramer GudrunNicolescou Augustin Counselling and training for conflict transformation and peace-building in Galtung JohanWebelCharles (Hrsg) Handbook of Peace and Conflict Studies New York 2007 S 131

sein sondern auch ein Ende der kulturellen oder strukturellen Gewalt dh der Diskrimi-nierung der eine Gruppe ausgesetzt ist27

Eine Definition wann ein Frieden nachhaltig und andauernd ist gestaltet sich jedoch schwierig da PSCs laut Azar keinen festen Start- bzw Endpunkt haben und es daher auch nicht moumlglich ist die genaue Dauer zu mes-sen28 Aus diesem Grund kann auch ein Zeit-raum nicht als Maszligstab zur Bestimmung die-nen ob ein Konflikt nachhaltig beendet wur-de Stattdessen muumlssen die Entwicklungen analysiert werden die zu einem erneuten Buumlrgerkrieg fuumlhren koumlnnten und uumlberpruumlft werden ob die Merkmale eines PSCs immer noch in der Gesellschaft zu beobachten sind oder ob Reformen die gesellschaftliche Situa-tion veraumlndert haben Diese Faktoren bestim-men ob der Frieden nachhaltig ist

Hintergrund des KonfliktesDie Geschichte Sri Lankas und seines inner-staatlichen Konfliktes ist gepraumlgt von zwei ethnischen und religioumlsen Gruppierungen der singhalesischen Mehrheit buddhistischen Glaubens und der tamilisch hinduistischen Minderheit die hauptsaumlchlich den Norden und Osten des Landes bewohnt und ihrem gewaltsamen Fluumlgel der LTTE Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Gruppen wie muslimische und christliche Minderheiten29

Die wichtigsten singhalesischen Parteien sind die United National Party (UNP) und die Sri Lankan Freedom Party (SLFP)30 der auch der derzeitige Praumlsident Mahinda Rajapaksa ange-houmlrt31 Die politische Vertretung der tamili-schen Bevoumllkerung uumlbernimmt vor allem das Parteienbuumlndnis Tamil National Alliance (TNA)32

27 Vgl Graf Counselling and training S 124ndash12828 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 3629 Vgl Roumlsel Jakob Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka Der Tamilenkonflikt Aufstieg und Niedergang eines singhalesischen Staates Baden-Baden 1997 S 2530 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 631 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2832 Vgl ebd S 282

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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Ob ein Konflikt nachhaltig beendet ist haumlngt in groszligem Maszlige von der Bereitschaft der Buumlr-ger ab sich einer Rebellengruppe erneut an-zuschlieszligen Dabei geben politische und wirt-schaftliche Rahmenbedingungen den Aus-schlag ob ein gewaltsamer Kampf attraktiv erscheint23 Walter benennt zwei Hauptgruumln-de warum sich Freiwillige zur Guerilla melden und es somit zu erneuter Gewalt kommen kann Diese bricht erneut aus wenn die aktu-elle persoumlnliche Lage schlimmer erscheint als die Gefahr im Kampf zu sterben und wenn es fuumlr die Individuen aussichtslos erscheint eine friedliche Loumlsung zu finden24 Das bedeutet dass es nicht ausreicht sich nur mit unter-schwelligen Problemen die fuumlr den anfaumlngli-chen Ausbruch des Buumlrgerkrieges verantwort-lich waren zu beschaumlftigen Zusaumltzlich muumlssen die aktuellen Lebensumstaumlnde verbessert werden Die Ergebnisse von Walters Untersu-chung zeigen dass eine wirkliche Verbesse-rung der Lebensqualitaumlt eine geringere Wahr-scheinlichkeit eines erneuten Buumlrgerkriegs-ausbruchs nach sich zieht25 Dies stimmt mit Azars Theorie uumlberein dass Unterentwicklung einer der Gruumlnde fuumlr das Entstehen von PSCs ist Wirtschaftlicher Aufschwung und eine Teilhabe aller an dessen Nutzen traumlgt alsonachweislich zu einem nachhaltigen Frieden bei

Ein Ansatz zur Konflikttransformation basiert darauf dass die eigentlichen Ziele in einem PSC oft in den Hintergrund ruumlcken da die Ge-walt eine Eigendynamik entwickelt hat26 Es bedarf daher eines langfristigen Engagements einer dritten Partei als Vermittler um langsam ein neues Verstaumlndnis der verschiedenen Gruppen fuumlreinander zu erzeugen und einen nachhaltigen sich selbst erhaltenden Frieden zu schaffen Das Ergebnis soll nicht nur ein Ruumlckgang oder Ende der traditionellen Gewalt

23 Vgl Walter Barbara F Does Conflict Beget Conflict Explaining Recurring Civil War in Journal of Peace Research 41 (2004) S 4f24 Vgl ebd S 8f25 Vgl ebd S 1526 Vgl Graf WilfriedKramer GudrunNicolescou Augustin Counselling and training for conflict transformation and peace-building in Galtung JohanWebelCharles (Hrsg) Handbook of Peace and Conflict Studies New York 2007 S 131

sein sondern auch ein Ende der kulturellen oder strukturellen Gewalt dh der Diskrimi-nierung der eine Gruppe ausgesetzt ist27

Eine Definition wann ein Frieden nachhaltig und andauernd ist gestaltet sich jedoch schwierig da PSCs laut Azar keinen festen Start- bzw Endpunkt haben und es daher auch nicht moumlglich ist die genaue Dauer zu mes-sen28 Aus diesem Grund kann auch ein Zeit-raum nicht als Maszligstab zur Bestimmung die-nen ob ein Konflikt nachhaltig beendet wur-de Stattdessen muumlssen die Entwicklungen analysiert werden die zu einem erneuten Buumlrgerkrieg fuumlhren koumlnnten und uumlberpruumlft werden ob die Merkmale eines PSCs immer noch in der Gesellschaft zu beobachten sind oder ob Reformen die gesellschaftliche Situa-tion veraumlndert haben Diese Faktoren bestim-men ob der Frieden nachhaltig ist

Hintergrund des KonfliktesDie Geschichte Sri Lankas und seines inner-staatlichen Konfliktes ist gepraumlgt von zwei ethnischen und religioumlsen Gruppierungen der singhalesischen Mehrheit buddhistischen Glaubens und der tamilisch hinduistischen Minderheit die hauptsaumlchlich den Norden und Osten des Landes bewohnt und ihrem gewaltsamen Fluumlgel der LTTE Neben diesen gibt es noch weitere kleinere Gruppen wie muslimische und christliche Minderheiten29

Die wichtigsten singhalesischen Parteien sind die United National Party (UNP) und die Sri Lankan Freedom Party (SLFP)30 der auch der derzeitige Praumlsident Mahinda Rajapaksa ange-houmlrt31 Die politische Vertretung der tamili-schen Bevoumllkerung uumlbernimmt vor allem das Parteienbuumlndnis Tamil National Alliance (TNA)32

27 Vgl Graf Counselling and training S 124ndash12828 Vgl Azar Protracted International Conflicts S 3629 Vgl Roumlsel Jakob Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka Der Tamilenkonflikt Aufstieg und Niedergang eines singhalesischen Staates Baden-Baden 1997 S 2530 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 631 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 2832 Vgl ebd S 282

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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Die ethnischen Differenzen in Sri Lanka gehen bis in die Kolonialzeit zuruumlck in der die tami-lisch-hinduistische Minderheit von der Koloni-almacht Groszligbritannien bevorzugt behandelt wurde33

Die Unabhaumlngigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 wurde von vielen Singhalesen als Moumlglichkeit gesehen ihre angeborenen Rechte zuruumlckzu-erobern34 Auf singhalesischer Seite entstand etwas das Norbert Ropers als ethnic outbid-ding bezeichnet Die jeweils in der Opposition befindliche singhalesische Partei versuchte die naumlchsten Wahlen durch einen nationalisti-schen radikal-buddhistischen Wahlkampf fuumlr sich zu entscheiden Durch die klaren Mehr-heitsverhaumlltnisse zwischen den Ethnien ge-wann stets entweder die UNP oder die SLFP die Repressionen gegen die tamilische Min-derheit nahmen so zu35 Unter Einfluss der Sangha den buddhistischen Ordensangehoumlri-gen verschaumlrfte sich der religioumlse Konflikt und dem Buddhismus wurde in einer Verfassungs-aumlnderung ein Sonderstatus eingeraumlumt36

Aumlhnlich der singhalesischen Entwicklung strit-ten sich auch mehrere tamilische Parteien und Gruppen um den Posten als alleiniger Vertre-ter der tamilischen Interessen Waumlhrend zu Beginn noch nach einer politischen Loumlsung gesucht wurde radikalisierten sich die Forde-rungen der tamilischen Bevoumllkerung und da-mit auch die tamilischen Organisationen bis 1980 zunehmend

Seit 1976 begann die breite Masse der Tami-len einen eigenstaumlndigen Staat Eelam zu fordern37 Der Prevention of Terrorism Act von 1979 der Polizei und Militaumlr weitreichende

33 Vgl Roumlsel der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 32ndash4434 Vgl ebd S 46f35 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 28236 Vgl DeVotta Neil Control Democracy Institu-tional Decay and the Quest for Eelam Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka in Pacific Affairs 73 No 1 (2000) S 5937 Vgl Brun CatherineVan Hear Nicholas Be-tween the local and the diasporic the shifting centre of gravity in war-torn Sri Lankarsquos transna-tional politics in Contemporary South Asia 20 No 1 (2012) S 63f

Kompetenzen einraumlumte fuumlhrte als Reaktion zu einer weiteren Militarisierung des tamili-schen Widerstandes38

Im Juli 1983 kam es zu anti-tamilischen Unru-hen nachdem tamilische Rebellen 13 Soldaten ermordet hatten Die Unruhen in Colombo zogen sich uumlber mehrere Tage hin Nachweis-lich wurden diese von Regierungsangehoumlrigen gelenkt und von der Sangha unterstuumltzt Die Pogrome fuumlhrten zu einer absoluten Verdraumln-gung der Tamilen aus allen Geschaumlftsberei-chen und forderten bis zu 4000 Leben 80000 bis 100000 Tamilen fluumlchteten vor den Unru-hen und verloren ihre Haumluser3940 Als Konse-quenz sah ein groszliger Teil der tamilischen Ge-meinschaft den gewaltsamen Kampf als einzi-gen Loumlsungsweg an41 Was folgte war eine in ihrer Intensitaumlt schwankende militaumlrische Auseinandersetzung zwischen der LTTE und Regierungstruppen Angriffe der LTTE auf Mili-taumlr- und Regierungseinrichtungen beantwor-tete die sri-lankische Armee mit Vergeltungs-schlaumlgen Die Intensitaumlt der Gewalt nahm zu und die LTTE ging dazu uumlber Anschlaumlge auf die Zivilbevoumllkerung durchzufuumlhren Die Armee beantwortete dies mit Uumlbergriffen auf tamili-sche Zivilisten42

Die LTTE wurde in ihrem Kampf vor allem durch die tamilische Diaspora finanziell unter-stuumltzt sowohl freiwillig als auch unter Zwang Durch die groszlige Zahl der Fluumlchtlinge vor dem Buumlrgerkrieg wuchs die Diaspora auf bis zu einer Million Tamilen an Allgemein wird die Kontrolle uumlber die Diaspora als eine der ent-scheidenden Staumlrken der LTTE ausgemacht43

Auf dem Houmlhepunkt ihrer Macht kontrollierte die LTTE etwa ein Viertel des Gebiets Sri Lan-kas Es war eine der effektivsten und mo-dernsten Rebellengruppen der Welt Sie ver-fuumlgte uumlber eine Armee von bis zu 20000 Sol-

38 Vgl DeVotta Explaining Ethnic Conflict in Sri Lanka S 6339 Vgl ebd S 64f40 Vgl Tambiah Stanley Jeyaraja Sri Lanka ndashEthnic fratricide and the dismantling of democracy Delhi 1986 S 16ndash2341 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27642 Vgl Peebles The History of Sri Lanka S 153ff43 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 61ff

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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daten inklusive einer Marine mit Schnellboo-ten sowie sehr einfachen U-Booten einer Luftwaffe die in der Lage war Bombenangriffe zu fliegen und einer Spezialeinheit fuumlr Selbstmordattentate4445

Alle ernstzunehmenden internationalen Ver-handlungsversuche darunter die von Indien und Norwegen scheiterten entweder an der Frage der Autonomie der tamilischen Gebiete oder an einem erneuten Bruch des Waffen-stillstandes bevor eine Loumlsung erzielt werden konnte 46 Besonders Indien hatte ein verstaumlrk-tes Interesse an einer Loumlsung des Konfliktes Unter Druck des von hauptsaumlchlich Tamilen bewohnten indischen Bundesstaates Tamil Nadu unterstuumltzte die indische Regierung die LTTE zunaumlchst wenn auch nur verdeckt47 Auf einem Houmlhepunkt der Gewalt im Jahr 1987 einigten sich Regierung LTTE und Indien auf einen Waffenstillstand mit einer indischen Friedenstruppe Indian Peace Keeping Force(IPKF) Als die IPKF auch LTTE-Kaumlmpfer verhaf-tete schlug die LTTE militaumlrisch zuruumlck Ein Kampf zwischen Indien das zwischenzeitlich bis zu 72000 Soldaten in Sri Lanka stationier-te und der LTTE entbrannte 1990 zog sich Indien komplett aus Sri Lanka zuruumlck nicht in der Lage trotz der zahlenmaumlszligigen Uumlberlegen-heit die LTTE zu besiegen Aus Rache ermor-dete die LTTE Im Mai 1991 Rajiv Gandhi den ehemaligen indischen Premierminister waumlh-rend der indischen Friedensmission in Sri Lan-ka48 Daraufhin wendete sich die Zentralregie-rung Indiens sich soweit nicht schon als Folge der militaumlrischen Offensive geschehen vol-lends von der LTTE ab Allein die Tamilen in Tamil Nadu bleiben weiterhin eng mit den Sri-Lanka-Tamilen verbunden49

Im Jahr 2006 gewann Mahinda Rajapaksa von der SLFP die Wahlen mit dem Versprechen

44 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 16245 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S 246 Vgl ebd S 1f47 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 180ff48 Vgl ebd S157f49 Vgl Roumlsel Der Buumlrgerkrieg auf Sri Lanka S 216f

die territorialen Zugestaumlndnisse an die LTTE durch die damalige Regierung wieder ruumlck-gaumlngig zu machen Die LTTE und damit alle Tamilen boykottierten die Wahl Das Ergebnis war ein denkbar knapper Sieg der SLFP Be-reits 2006 gab es daraufhin wieder ernsthafte militaumlrische Auseinandersetzungen50

Fuumlr die Niederlage der LTTE koumlnnen mehrere Gruumlnde gefunden werden Entscheidend war dass viele Staaten die LTTE in Folge des bdquoglo-balen Kampfes gegen den Terrorismusldquo als terroristische Organisation einstuften Dies war ein Argument fuumlr die Regierung ein hartes Vorgehen zu legitimieren51 und erschwerte der LTTE die Finanzierung des Widerstands-kampfes52 Auszligerdem verschaumlrfte die Armee ihr Vorgehen und nahm hohe Opferzahlen auch unter der Zivilbevoumllkerung in Kauf Ent-fuumlhrung und Folter wurden ebenso eingesetzt wie gezielte Attentate auf die LTTE-Fuumlhrung Im Mai 2009 erklaumlrte die Regierung den Sieg uumlber die LTTE53 Die Ergebnisse des 25 Jahre andauernden Buumlrgerkrieges waren bis zu 100000 Todesopfer und 500000 Binnen-fluumlchtlinge54

3 Ein Ende des protracted social conflict

Der folgende Abschnitt untersucht inwieweit der PSC in Sri Lanka als nachhaltig beendet angesehen werden kann Um dies zu ermoumlgli-chen wird die Rolle der verschiedenen Akteu-re die heutige Lage der Bevoumllkerung und die aktuelle Entwicklung seit 2009 analysiert

31 Akteure

Fuumlr die Analyse des PSCs in Sri Lanka muumlssen die Interessen der verschiedenen Akteure untersucht werden Dieser Abschnitt stellt daher diese verschiedenen Akteure sowie ihre Rolle in Sri Lanka vor und erklaumlrt moumlgliche Herausforderungen fuumlr die Nachhaltigkeit des Friedens die durch diese Akteure entstehen

50 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27851 Vgl ebd S 27952 Vgl Houmlglund KristineSvensson Isak The Peace Process in Sri Lanka in Civil Wars 5 No 4 (2003) S 10653 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 27954 Vgl Wagner Am Ende des Buumlrgerkriegs in Sri Lanka S1f

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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311 Regierung

Die sri-lankische Regierung allen voran Praumlsi-dent Rajapaksa ist dank der uumlberlegenen Wahlsiege bei den Praumlsidentschafts- und Par-lamentswahlen 2010 mit einer groszligen Macht-fuumllle ausgestattet Die Verfassung gewaumlhrt dem Praumlsidenten weitreichende Kompeten-zen Er ist nicht nur Staatsoberhaupt sondern auch Oberbefehlshaber der Streitkraumlfte (Art 30 (1) Verfassung Sri Lanka) Die Amtszeit be-traumlgt jeweils 6 Jahre (Art 30 (2) Verfassung Sri Lanka) Dabei versucht Rajapaksa sich und seiner Familie auch langfristig die Macht zu sichern Unter anderem lieszlig er den 18ten Zu-satzartikel verabschieden der es ihm erlaubt auch laumlnger als zwei Amtsperioden zu regie-ren55 Dieser Zusatzartikel gibt dem Praumlsiden-ten auch in anderen Belangen mehr Kontrolle Der Generalstaatsanwalt wird direkt dem Prauml-sidenten unterstellt ebenso wie die Kommis-sion welche urspruumlnglich als Kontrolle der Exekutive fungierte56 Mahinda Rajapaksa kann also sowohl mit groszliger Machtfuumllle als auch mit dem Wissen noch lange im Amt zu sein agieren

Gleichzeitig bringt er seine Familie in wichti-gen Positionen der Regierung unter Insge-samt 130 Verwandte Rajapaksas arbeiten fuumlr den Staat57 Neben Mahinda Rajapaksa sind noch drei seiner Bruumlder auf einem Minister-posten in Sri Lanka Am maumlchtigsten ist Go-tabhaya Rajapaksa Er ist nicht nur Verteidi-gungsminister sondern auch Minister fuumlr Stadtentwicklung5859 das bedeutet Gotab-

55 Vgl Miwa Hiroki Strong President and Vulner-able Political System in Sri Lanka in Kasuya Yuko (Hrsg) Presidents Assemblies and Policy-making in Asia (2013) S 14256 Vgl 18th Amendment to the Constitution httpwwwpriugovlkCons1978Constitution18th20Amendment20Act28E29pdf 1103201457 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17858 Vgl Homepage des Verteidigungsministeriums httpwwwdefencelkenglishasp 0503201459 Vgl Blair David Sri Lanka a country ruled as a family business by four brothers in The Telegraph vom 17102013 httpwwwtelegraphcouknewsworldnewsasiasrilanka10386664Sri-

haya Rajapaksa besitzt eine erhebliche Kon-trolle uumlber den tamilischen Norden und Osten Dort ist das Militaumlr im taumlglichen Leben der Bevoumllkerung noch sehr praumlsent Viele zivile Aufgaben werden vom Militaumlr uumlbernommen bzw kontrolliert Es gibt auch Vorwuumlrfe dass das Militaumlr aktiv in den Wahlkampf der Nord-und Ostprovinzen eingegriffen habe60 Allge-mein erscheint es problematisch dass das Militaumlr welches die meisten Zivilisten aus ihren angestammten Gebieten vertrieben hat nun mit fuumlr die Ruumlcksiedelung verantwortlich ist da diese zum Bereich der Stadtentwicklung gehoumlrt Es kann davon ausgegangen werden dass dies groszliges Misstrauen in der Bevoumllke-rung hervorruft61 In einer weiteren Maszlignah-me zur Konsolidierung der Macht wurde die Polizei dem Militaumlr unterstellt62

Ein weiterer Schritt der Regierung sich einer unabhaumlngigen Kontrolle zu entziehen war die Absetzung der obersten Richterin Shirani Ban-daranayake im Jahr 201363 Sie hatte 2012 gefordert dass ein neues Gesetz eingebracht von einem Bruder Mahinda Rajapaksas die Zustimmung der Provinzregierungen braumluchte Dies entspricht den Kompetenzen die den Provinzregierungen im 13ten Zusatzartikel zugesichert werden Zwei Monate spaumlter wur-de sie wegen Vergehen im Amt angeklagt Der Prozess gegen Bandaranyake fuumlhrte zu hefti-gen Protesten von Anwaumllten Opposition Menschenrechtsgruppen und der UN64 Trotz allen Widerstandes setzte die Regierung eine Absetzung durch und ernannte den ehemali-gen Rechtsberater des Praumlsidenten als neuen

Lanka-a-country-ruled-as-a-family-business-by-four-brothershtml 0503201460 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 4f61 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 17862 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn The Need for International Action in Asia Report 243 (2013) S 463 Vgl ebd S 564 Vgl Aneez ShiharSirilal Ranga Sri Lankas Rajapaksa removes chief justice after impeach-ment in Reuterscom vom 13012013 httpinreuterscomarticle20130113srilanka-impeachment-idINDEE90C05R20130113 11032014

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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obersten Richter Gegner der Absetzung wur-den von der Regierung massiv eingeschuumlchtert und bedroht65

Insgesamt ergibt sich das Bild einer sri-lankischen Regierung vor allem einer Familie Rajapaksa die zunehmend demokratische Kontrollmechanismen auszliger Kraft setzt und saumlmtliche Befugnisse sich selbst uumlberschreibt Eine Dezentralisierung der Macht und damit eine bessere Integration aller Bevoumllkerungs-gruppen findet nicht statt Bereits seit Ende des Buumlrgerkrieges gibt es Kritik an der wach-senden Machtfuumllle und der Nichtbeachtung von demokratischen Grundprinzipien6667 Die-se Entwicklung verschaumlrft sich offenbar zu-nehmend

312 Opposition

Wie erwaumlhnt sind die TNA und UNP die beiden wichtigsten Parteien bzw Parteienbuumlndnisse neben der SLFP Daher wird sich auch an die-ser Stelle auf die Aktivitaumlten dieser beiden konzentriert

Die TNA veraumlnderte ihre Stellung nach Kriegs-ende von der politischen Vertretung der LTTE hin zu einem Buumlndnis das alle Richtungen der tamilischen Bevoumllkerung bedient Bei den Parlamentswahlen 2010 trat die TNA mit dem Ziel einer foumlderalen Loumlsung des Konfliktes an und verabschiedete sich somit von dem An-spruch auf einen separaten Tamilenstaat68

Innerhalb der tamilischen Gemeinschaft gibt es jedoch Uneinigkeit uumlber den Kurs der TNA Viele Stimmen aus der Diaspora und dem na-tionalistischen Lager der Tamilen werfen der TNA vor sich dem Druck der Regierung zu beugen Dies ist einer der Gruumlnde warum der Wahlkampf zu den Provinzwahlen 2013 im Norden und Osten von der TNA mit den For-derungen nach mehr Selbstbestimmung ge-fuumlhrt worden ist Es kann jedoch davon ausge-gangen werden dass dies keine Ruumlckkehr zu alten Forderungen nach einem separaten Staat bedeutet Gleichzeitig wird die TNA von

65 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Au-thoritarian Turn S 6f66 Vgl ebd S If67 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 280ff68 Vgl ebd S 282f

Regierungsseite beschuldigt eine separatisti-sche Stimmung in der tamilischen Bevoumllkerung zu schuumlren Um erfolgreich zu sein braucht es daher eine Fuumlhrung der TNA die es schafft beide Einfluumlsse auszugleichen Ebenso bedarf es der Anerkennung der TNA durch Singhale-sen als Verhandlungspartner mit dem gleichen Ziel dem friedlichen Zusammenleben von Tamilen und Singalesen69 Die TNA hat bei den Wahlen einen deutlichen Sieg errungen die Rajapaksa Regierung lehnt es jedoch noch immer ab das Militaumlr aus dem Norden abzu-ziehen und der Provinzregierung alle Voll-machten aus dem 13ten Zusatzartikel Sri Lan-kas zu gewaumlhren Dieser definiert die Kompe-tenzen der Provinzregierungen70 Es wird da-her befuumlrchtet dass der Wahlsieg im Norden ohne positive Folgen bleiben wird71

Die UNP die traditionell zweitstaumlrkste Kraft im Land hat vor allem mit innerparteilichen Kon-flikten zu kaumlmpfen Im Oktober 2013 uumlbertrug UNP-Chef Ranil Wickremasinghe Teile seiner Macht einem neu eingerichteten Fuumlhrungs-gremium innerhalb der UNP in der Annahme so die Kraumlfte der Partei wieder zu buumlndeln72

Die Hoffnungen fuumlr eine starke Opposition liegen darin dass sich alle Parteien zur naumlchs-ten Praumlsidentschaftswahl auf einen gemein-samen Kandidaten einigen der weitreichende Reformen anstrebt Ob dies moumlglich ist und ob es auch bedeuten wuumlrde dass notwendige Reformen durchgesetzt werden koumlnnen wird als fraglich angesehen73

Zusammenfassend gestaltet sich die Lage fuumlr die Opposition in Sri Lanka schwierig Waumlh-rend sich die Regierung unter Mahinda Raja-paksa immer mehr Richtung Autoritarismus

69 Vgl Uyangoda Jayadeva Sri Lanka in 2010 Regime Consolidation in a Post-Civil War Era in Asian Survey 51 (2011) S 131ndash13470 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 171 Vgl ebd S 5ndash1172 Vgl o V Ranil to transfer powers to UNP-leadership-board in Colombo Telegraph vom 07102013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpranil-to-transfer-powers-to-unp-leadership-board 0503201473 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Po-temkin Peace Democracy Under Fire S 34ff

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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bewegt bleibt die singhalesische Opposition als Folge innerparteilicher Konflikte groumlszligten-teils handlungsunfaumlhig Die tamilische Opposi-tion auf der anderen Seite ist zwischen dem Druck der eigenen Anhaumlnger den Forderun-gen mehr Nachdruck zu verleihen und den Anschuldigungen der Regierung die Abspal-tung voran treiben zu wollen gefangen Eine Loumlsung in der Regierung und TNA zusammen-arbeiten ist auf Grund gegenseitiger Anschul-digungen und des Misstrauens nicht abseh-bar Politische Partizipation wird den Tamilen trotz Wahlsieges der TNA im Norden von der Regierung in groszligen Teilen verwehrt Auf die-se Art verlieren die Tamilen eine Moumlglichkeit ihre Interessen durchzusetzen und die politi-sche Diskriminierung setzt sich fort Insgesamt ergibt sich das Bild dass beide Gruppen der Opposition in der derzeitigen Lage wenige Moumlglichkeiten haben einen politischen Wan-del einzuleiten

313 Diaspora

Die tamilische Diaspora besteht weltweit aus bis zu einer Million Menschen und kann damit schon zahlenmaumlszligig groszligen Einfluss ausuumlben74

Waumlhrend die Diaspora in der Zeit des Buumlrger-krieges unter Kontrolle der LTTE stand for-mierte sie sich 2009 nach Kriegsende neu Heute gibt es mehrere tamilische Organisatio-nen in der Diaspora75

Unter den Angehoumlrigen der Diaspora gelten die LTTE Kaumlmpfer oft als Maumlrtyrer die im Kampf fuumlr die gute Sache gefallen sind Auch bleibt in der Diaspora die Meinung tief veran-kert dass das uumlbergeordnete Ziel ein unab-haumlngiger Tamilenstaat bleiben muss Dabei ist zu beachten dass viele den Krieg und die Lage fuumlr Tamilen in Sri Lanka niemals unmittelbar erlebt haben7677 Eine der einflussreichsten

74 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 6175 Vgl Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7076 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18077 Vgl Sarvendra Tharma Mapping Tamil Trans-national Politics Past Present and Future in Dias-pora Dialogues for Development and Peace Project (2011) S 5 httpwwwberghof-peacesupportorg

Organisationen ist das Global Tamil Forum(GTF) dieses setzt sich aus den verschiedenen nationalen Tamilengruppen zusammen Das GTF ist international anerkannt und erhaumllt vor allem in Groszligbritannien dank dessen groszliger Diaspora viel politische Aufmerksamkeit78

Unter anderem traf sich David Cameron im Vorfeld des Commonwealth Heads of Go-vernment Meetings (CHOGM) mit Mitgliedern des GTF79

Eine weitere Organisation das Transnational Government of Tamil Eelam (TGTE) wurde 2009 gegruumlndet80 Das TGTE bezeichnet sich selbst als demokratisch gewaumlhlte Regierung der Diaspora die gewaltlos demokratisch und diplomatisch handelt81 Die Regierung des TGTE wurde 2010 gewaumlhlt Unter den Mitglie-dern fanden sich viele LTTE-Kader die sich zum Zeitpunkt der Niederlage bereits auszliger Landes befanden82 In der Ankuumlndigung des TGTE zu Beginn diesen Jahres erklaumlrte der Premierminister bdquoThe five years ahead augurs to be a crucial period in the path of the Tamil freedom struggle This might indeed be the period when we will witness the birth of the independent State of Tamil Eelamrdquo83 Das Ziel eines unabhaumlngigen Staates Eelam bleibt alsoweiter Prioritaumlt und eine Verschaumlrfung des Freiheitskampfes wird eindeutig impliziert

Als weitaus radikaler und militanter gilt die Nediyavan Fraktion Diese kritisiert andere Tamilenorganisationen dafuumlr nicht aggressiv genug vorzugehen und unterhaumllt gute Kontak-

publicationsSL_Diaspora_Papers_Sarvendrapdf0603201478 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 7179 Vgl oV Cameron held talks with Tamil groups before CHOGM-UK in Daily Mirror vom 08022014 httpwwwdailymirrorlknews42818-cameron-held-talks-with-tamil-groups-before-chogm-ukhtml 0603201480 Vgl Sarvendra Mapping Tamil Transnational Politics S 581 Vgl Offizielle Homepage des TGTE httpwce-tgteorgconstitution 0603201482 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 70f83 Rudrakumaran Visuvanathan (Presseerklaumlrung) 06032014

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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te nach Sri Lanka Sie koumlnnte erheblichen Druck auf andere Organisationen ausuumlben um den Widerstand gegen die Regierung zu ver-schaumlrfen84

Die letzte zu erwaumlhnende groszlige Organisation ist die Gruppe Tamils against Genocide Sie sieht ihre Aufgabe in dem Kampf gegen aktu-elle Menschenrechtsverletzungen und fuumlr die Aufklaumlrung der Kriegsverbrechen der Regie-rung waumlhrend des Buumlrgerkrieges85

Allgemein veraumlndert sich das Bild der Diaspo-ra Waumlhrend es vor einigen Jahren vor allem Tamilen waren die direkt aus Sri Lanka geflo-hen sind setzt sich die aktive Bewegung heute zu groszligen Teilen aus jungen Tamilen in zwei-ter Generation zusammen die noch nie in Sri Lanka gelebt haben Diese neue Generation ist gepraumlgt von den Erzaumlhlungen ihrer Familien und der Berichterstattung uumlber den Krieg in den Medien Der starke Nationalismus der aumllteren Diaspora hat auf diesem Weg auch Einzug in die naumlchste Generation erhalten Gleichzeitig sind sie auch gepraumlgt von westli-chen Werten und viele sehen es als ihre Ver-antwortung gegen die Menschenrechtsverlet-zungen in ihrem Heimatland zu kaumlmpfen Die-se Generation von Tamilen zeichnet sich durch groszlige politische Aktivitaumlt auch schon zum Ende des Krieges aus Waumlhrend der letzten Monate des militaumlrischen Kampfes gab es in Groszligbritannien Proteste mit bis zu 100000 Teilnehmern Auch unter diesen jungen tami-lischen Aktivisten ist das Bild von LTTE-Kaumlmpfern als Maumlrtyrer weiterhin verbreitet86

Gerade die Kaumlmpfe zu Ende des Buumlrgerkrieges mit hohen Opferzahlen unter der tamilischen Zivilbevoumllkerung haben bei vielen Diasporaan-gehoumlrigen die Ansicht manifestiert dass der bewaffnete Kampf der einzige Loumlsungsweg

84 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18085 Vgl Offizielle Homepage von Tamils against Genocide httpswwwtamilsagainstgenocideorgDefaultaspx 0703201486 Vgl Nandakumar Thusiyan Political Activism in the Tamil Diaspora in Diaspora Dialogues for De-velopment and Peace Project (2011) S 8ff httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Nandakumarpdf 07032014

ist87 Wie verzweifelt auch gerade die junge Diaspora ist zeigen Faumllle von Selbstverbren-nungen in den Jahren 2009 und 201088 Au-szligerdem kann davon ausgegangen werden dass es im indischen Tamil Nadu noch gewalt-bereite Gruppen von LTTE-Sympathisanten gibt Hier gab es das erste Attentat nach Ende des Krieges Auch wenn dieses ohne Opfer blieb so zeigt es dass diese Gruppen vorhan-den sind und in Tamil Nadu immer noch eine gewisse Loyalitaumlt der alten LTTE gegenuumlber herrscht89

Die verschiedenen Organisationen betreiben ihren Widerstand in Form von Protesten ge-gen die Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka mit der Aufforderung zur Aufklaumlrung der vergangen Kriegsverbrechen Sie haben sich anscheinend im Augenblick von dem ge-waltsamen Kampf verabschiedet90 Der politi-sche Widerstand und Einfluss der tamilischen Diaspora ist enorm Besonders in Groszligbritan-nien erhalten sie die Aufmerksamkeit hoher politischer Kreise Im Vorfeld des CHOGM im November 2013 kam es in Tamil Nadu zu star-ken Protesten gegen eine indische Teilnahme am Gipfel Als Folge sagte der indische Pre-mierminister Manmohan Singh seine Teilnah-me ab und lieszlig sich von seinem Auszligenminister vertreten9192 Dies verdeutlicht sehr gut wie

87 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18088 Vgl Nandakumar Political Activism in the Tamil Diaspora S 8 89 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18190 Vgl Senthan Selvarajah Balasundaram Nir-manusan The (Re) Construction of Sri Lankan Tamil Political Identity in the UK in Diaspora Dia-logues for Development and Peace Project (2011) S 12f httpwwwberghof-peacesupportorgpublicationsSL_Diaspora_Papers_Senthan-Balasundrampdf 0703201491 Vgl oV CHOGM Summit PM seeks to assuage feeling of Tamil Nadu people in The Times of India vom 13112013 httptimesofindiaindiatimescomindiaCHOGM-Summit-PM-seeks-to-assuage-feeling-of-Tamil-Nadu-peoplearticleshow25688670cms 0703201492 Vgl oV Khurshid says Tamil Nadu factor did influence CHOGM decision in India Today vom 10112013httpindiatodayintodayinstorykhur

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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maumlchtig die tamilische Bevoumllkerung in Indien ist Auch in Groszligbritannien kam es zu Protes-ten gegen die Teilnahme Camerons an CHOGM Zwar sagte er seine Teilnahme nicht ab kritisierte die Regierung in Colombo je-doch scharf Er reiste als erster Premierminis-ter seit Ausbruch des Krieges in den Norden des Landes und fordert internationale Maszlig-nahmen die Sri Lanka dazu bringen sollen Kriegsverbrechen zu untersuchen und Men-schenrechte zu respektieren9394

Alles in allem ist es der Diaspora gelungen die Aufmerksamkeit der internationalen Staaten-gemeinschaft auf die Menschenrechtslage in Sri Lanka zu lenken Eine nicht unwichtige Rolle spielt dabei die von dem britischen Fern-sehsender Channel 4 veroumlffentlichte Doku-mentation No Fire Zone die auf drastischste Weise die Kriegsverbrechen in den letzten Monaten des Krieges aufzeigt95 Diese erfuumlllte zwei Funktionen sie erreichte die Aufmerk-samkeit einer breiten Oumlffentlichkeit und sorg-te gleichzeitig dafuumlr dass die Diaspora wieder solidarisch zusammenruumlckte

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass sich die Organisation der Diaspora nach der Nie-derlage der LTTE veraumlndert und diversifiziert hat Im Augenblick wird der Widerstand mit demokratischen Mittel hierbei auch durchaus mit Erfolg aufrecht erhalten Es gibt jedoch immer noch ehemalige LTTE-Kaumlmpfer in Rei-hen der Diaspora und ebenso einige andere Gruppen die sich einen haumlrteren Widerstand gegen die Regierung in Sri Lanka wuumlnschen Die LTTE-Anhaumlnger werden weiterhin als Frei-heitskaumlmpfer verehrt und das Ziel eines unab-haumlngigen Tamilenstaates ist allgegenwaumlrtig

shid-says-tamil-nadu-factor-did-influence-chogm-decision1322478html 0703201493 Vgl oV Sri Lanka summit boycott will not bring positive change in BBC News vom 10112013 httpwwwbbccomnewsuk-politics-24886805 0703201494 Vgl Cullinane Susannah UK PM David Cameron mobbed by protesters in Sri Lanka in CNN vom 15112013 httpeditioncnncom20131115worldasiasri-lanka-commonwealth-cameron 0703201495 Vgl Offizielle Homepage bdquoNo Fire Zonerdquo httpnofirezoneorg 07032014

Damit unterscheidet sich die Diaspora von Teilen der Tamilen in Sri Lanka und der TNA die es anstreben eine foumlderale Loumlsung zu su-chen

Die Moumlglichkeiten zur Finanzierung des Wi-derstandes bleiben der Diaspora erhalten auch wenn dieses Geld derzeit vorwiegend in gewaltlosen Widerstand flieszligt96 Sollte es zu einem erneuten gewaltsamen Kampf kom-men ist daher ein Weg zur Finanzierung vor-handen Auf eine der wichtigsten Stuumltzen des damaligen Widerstandskampfes kann also weiter zuruumlckgegriffen werden Die Frage wird sein ob sich militante Gruppen innerhalb der Diaspora werden durchsetzen koumlnnen wenn keine Verbesserung der Lebensumstaumlnde und der politischen Rechte fuumlr die Tamilen eintritt bzw ob gemaumlszligigte Gruppen zumindest dazu gebracht werden koumlnnen gewaltsamen Wi-derstand zu dulden und zu finanzieren

Erste Erfolge in der Anerkennung der Interes-sen der Tamilen wie waumlhrend des CHOGMs werden der Bewegung sicherlich weiter Auf-trieb geben Durch ihren Kampf gegen die Menschenrechtsverletzungen wird bereits eine Grundlage zur Legitimation von Gewalt gelegt Auch eine Einigung aller Diasporagrup-pen auf eine gemeinsame Linie koumlnnte zu ei-ner Verschaumlrfung beitragen

Wie bereits erwaumlhnt ist in PSCs die Anerken-nung der eigenen Identitaumlt einer der wichtigs-ten Faktoren fuumlr nachhaltigen Frieden Fuumlr den Groszligteil der Diaspora findet diese Anerken-nung nicht statt Daher waumlre es moumlglich sollte sich die Situation der Tamilen nicht bessern dass der politische Widerstand sehr schnell in bewaffneten Widerstand umschlaumlgt

314 LTTE

Wie eingangs aufgezeigt haben einige Ex-LTTE-Kader ihren Weg in die verschiedenen Organi-sationen der tamilischen Diaspora gefunden Es gibt jedoch auch andere Strukturen der LTTE die weiterhin existieren Es wurden 2009 und 2010 nach Kriegsende in verschiedenen Staaten LTTE Angehoumlrige wegen Schmuggels

96 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 181

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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und anderer terroristischer Aktivitaumlten festge-nommen97 Die LTTE bzw ehemalige LTTE-Anhaumlnger sind also weiterhin wenn auch nur zersplittert aktiv Auszligerdem gibt es immer noch Material der LTTE zB Schiffe die nicht beschlagnahmt worden sind Diese koumlnnten jederzeit wieder zum Schmuggel von Waffen genutzt werden Allgemein ist der Logistikbe-reich der LTTE laumlngst nicht so hart getroffen worden wie der militaumlrische Arm Viele dieser Ex-LTTE sind immer noch in Asien zu Hause und koumlnnten alte Transportwege fuumlr den Waf-fenschmuggel wieder oumlffnen98

Ein Wiederauferstehen der LTTE in alter Form ist dennoch unwahrscheinlich Sie wurde mili-taumlrisch komplett zerschlagen und hat ihre gesamte Fuumlhrungsriege verloren Hinzu kommt dass die LTTE in den letzten Jahren des Krieges den Druck und die Gewalt auf die eigene Bevoumllkerung und auf die Diaspora er-houmlht hat um alle Kraumlfte fuumlr einen Endkampf zu mobilisieren Dies hat auch fuumlr Widerstand in der tamilischen Bevoumllkerung gesorgt99

Trotzdem herrscht wie beschrieben in der Diaspora immer noch groszlige Bewunderung fuumlr die LTTE und die Uumlberzeugung der Notwen-digkeit eines Staates Eelam vor Die Wahr-scheinlichkeit dass die LTTE in ihrer alten Form zuruumlckkehrt ist trotzdem sehr gering100

An dem Houmlhepunkt ihrer Macht aumlhnelte diese eher einer traditionellen Armee als einer Gue-rillatruppe Angesichts der starken Uumlberwa-chung durch das regulaumlre Militaumlr im Norden und Osten kann sich die LTTE in dieser Form nicht neu aufstellen101 Die Moumlglichkeiten fuumlr kleinere Gruppen sich zu formieren ist jedoch durchaus vorhanden Wege zur Beschaffung von Waffen bestehen noch und die Diaspora waumlre weiterhin in der Lage den Widerstands-kampf zu finanzieren und ideologisch sowie propagandistisch zu unterstuumltzen102

97 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 18198 Vgl ebd S 16499 Vgl BrunVan Hear Between the local and the diasporic S 71f100 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 164101 Vgl ebd102 Vgl ebd S 180

315 Religioumlse Gruppen

Unter den religioumlsen Gruppen haben vor allem die Bodu Bala Sena (BBS) uumlbersetzt die Budd-hist Power Force und die JHU eine Partei in der Koalition mit der SLFP Konfliktpotenzial Beide vertreten radikal buddhistische Ansich-ten und sehen vor allem in den sri-lankischen Muslimen eine Bedrohung fuumlr den Buddhis-mus103

In den letzten Jahren gab es ausgehend von diesen radikalen Buddhistengruppen einen Anstieg der Gewalt gegen Muslime und Chris-ten in Sri Lanka104 Die Hochkommissarin der UN fuumlr Menschenrechte spricht in ihrem Be-richt fuumlr die Sitzung des Menschenrechtsrats von 280 Vorfaumlllen dh Bedrohungen oder Gewalt gegenuumlber Muslimen und 103 Vorfaumll-len gegenuumlber Christen im Jahr 2013105 Bei den Uumlbergriffen handelt es sich vor allem um Attacken auf Moscheen und muslimische Ge-schaumlfte Groszliges Aufsehen erregten die Protes-te gegen die Zertifizierung von Halal-Lebens-mitteln Singhalesen wurden dazu aufgerufen die Geschaumlfte von Muslimen zu boykottieren Bei diesen Uumlbergriffen schreitet die Polizei nachweislich nicht ein und laumlsst Randalierern frei Hand106

Unterstuumltzung erhalten die buddhistischen Bewegungen durch hochrangige Regierungs-mitarbeiter Bei der Eroumlffnung eines Institutes der BBS war Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapaksa Gastredner Zwar gibt es auch Pro-teste aus Regierungskreisen der Einfluss der BBS steigt aber weiterhin107 2013 zensierte die sri-lankische Regierung das Time Magazine

103 Vgl Stein Sabine Interreligioumlse Spannungen in Suumld- und Suumldostasien in Nuumlnlist Christian (Hrsg) CSS Analysen zur Sicherheitspolitik 148 (2014) S 1f104 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 28105 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014 S 6106 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 27f107 Vgl oV The hardline Buddhists targeting Sri Lankas Muslims in BBC News vom 25032013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-21840600 11032014

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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wegen einer Geschichte uumlber The Face of Buddhist Terror Die zunehmenden Uumlbergriffe gegenuumlber Muslimen irritieren zunaumlchst da Muslime keine groszlige Rolle im Buumlrgerkrieg gespielt haben und auch sonst weitestgehend integriert waren108 Diese Gruppen betrachten die Muslime jedoch als Bedrohung fuumlr die Vorherrschaft des Buddhismus in Sri Lanka Viele Uumlbergriffe werden damit begruumlndet dass Muslime der buddhistischen Bevoumllkerung wirtschaftlich schaden Insgesamt ist die An-sicht der Uumlberlegenheit des Buddhismus weit verbreitet109

Es steigen die Befuumlrchtungen dass sich unter den als moderat einzustufenden Muslimen als Reaktion auf die Uumlbergriffe fundamentalisti-sche Bewegungen auspraumlgen koumlnnten Dies wuumlrde bedeuten dass die buddhistischen Extremisten sich darin bestaumltigt saumlhen wenn sie von den Muslimen als radikalen Islamisten sprechen die den Buddhismus bedrohen Eine weitere Eskalation waumlre die Folge110

Eine umfassende Bewertung der Lage in Sri Lanka muss daher auch die Moumlglichkeit mit einbeziehen dass sich ein gewaltsamer Kon-flikt zwischen Muslimen und Buddhisten in Sri Lanka ausweiten koumlnnte Wird die Lage der Muslime mit Azars Theorie der PSCs analy-siert so wird auch ihnen derzeit mehr und mehr die eigene Identitaumlt verwehrt indem sie aufgrund ihres Glaubens diskriminiert werden Gleichzeitig zeigen die Entwicklungen wie tief der Glauben an die Uumlberlegenheit des Budd-hismus in der Gesellschaft verankert ist

316 Auslaumlndische Stakeholder

Die sri-lankische Regierung hat in der Ge-schichte des Konflikts immer wieder gezeigt dass sie in der Lage ist auslaumlndische Sanktio-nen abzuwenden Die internationale Staaten-gemeinschaft hat es nie geschafft den noumltigen

108 Vgl Stein Interreligioumlse Spannungen in Suumld-und Suumldostasien S 3f109 Vgl Strathern Alan Why are Buddhist monks attacking Muslims in BBC News vom 01052013 httpwwwbbccomnewsmagazine-22356306 11032014110 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 23f

Druck auf Colombo auszuuumlben so dass drin-gend notwendige Reformen eingeleitet wer-den koumlnnen Schon waumlhrend der Endphase des Krieges versuchten die USA und Groszligbri-tannien beide Parteien dazu zu bewegen Zivi-listen staumlrker zu schonen Gegenuumlber US-Auszligenministerin Hillary Clinton und dem US-Botschafter versicherte die sri-lankische Re-gierung auf Zivilisten nicht mehr zu schieszligen Im Nachhinein ist klar dass diese Versprechen nicht eingehalten worden sind Auch Vor-schlaumlge zur Evakuierung von Zivilisten wurden ignoriert Waumlhrenddessen verhinderte China dass der UN-Sicherheitsrat eine kritische Reso-lution zu Sri Lanka verabschiedete Auch die Drohungen Kredite des IWF zu blockieren wurden ignoriert111 John Holmes der damali-ge UN-Nothilfekoordinator bestaumltigt dass die Regierung auch unter houmlherem internationa-len Druck ihre Strategie nicht angepasst haumlt-te112 Dies zeigt den derzeit eingeschraumlnkten Handlungsspielraum der internationalen Staa-tengemeinschaft gegenuumlber Sri Lanka

Nach Ende des Krieges versuchten die USA und die EU erneut eine Resolution im UN-Menschenrechtsrat einzubringen die beide Kriegsparteien kritisierte Stattdessen wurde auf Druck von Staaten wie China Pakistan und Kuba eine Resolution verabschiedet die ein-seitig die LTTE kritisierte und das Vorgehen der Regierung positiv beurteilte113 Im Jahr 2010 schuf Sri Lanka dank steigenden interna-tionalen Drucks die Lessons Learnt and Re-conciliation Commission (LLRC) Ihr Ziel ist es den Konflikt nach Bruch des Waffenstillstan-des aufzuarbeiten und Empfehlungen zur Ver-

111 Vgl Brockmeier SarahKurtz GerritRotmann Phillip Schutz und Verantwortung Uumlber die US-Auszligenpolitik zur Verhinderung von Graumlueltaten Berlin 2013 S 60ndash64112 Vgl Holmes John Humanitarian Action and Protection A Comment on Norah Nilandrsquos lsquoSri Lanka Unrestricted warfare and limited protective humanitarian actionrsquo in International Develop-ment Policy 6 No 1 (2014) S 145113 Vgl oV Sri Lanka UN Rights Council Fails Victims in Human Rights Watch News vom 27052009 httpwwwhrworgnews20090527sri-lanka-un-rights-council-fails-victims 12032014

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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soumlhnung des Landes zu geben114115 In 2012 wurde eine UN-Resolution verabschiedet die die Umsetzung der LLRC-Empfehlungen for-derte Als Folge wurde von der Regierung eine Task Force ernannt und ein National Action Plan zur Umsetzung ins Leben gerufen116 Bis heute werden nicht alle Empfehlungen insge-samt nur ca die Haumllfte umgesetzt und diese teilweise nur unvollstaumlndig durchgefuumlhrt Be-sonders die Bereiche Justiz die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und aktuellen Men-schenrechtsverletzungen werden ausgespa-rt117 Der letzte Bericht von 2014 der UN-Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte Nava-nethem Pillay kritisiert erneut dass diese nur teilweise und unzureichend umgesetzt wer-den118

Auszligenpolitisch orientiert sich die Regierung zunehmend an Laumlndern Asiens und des Nahen Ostens und entfernt sich dabei immer weiter von westlichen Staaten Dies ist als Reaktion auf Kritik von EU USA und UN an der Men-schenrechtslage zu werten Besonderer Fokus wird auf die Kooperation mit China gelegt aber auch mit Laumlndern wie Iran und Pakistan unterhaumllt Sri Lanka enge Beziehungen119 Gro-szligen Einfluss auf der Entwicklung in Sri Lanka hat vor allem Indien Es unterstuumltzt Sri Lanka finanziell erheblich um seine Vormachtstel-lung im Raum gegenuumlber China aufrecht zu erhalten Es draumlngt jedoch auch auf Reformen zur Demokratisierung und politischen Einbin-dung der Tamilen Indien hat kein Interesse an einem erneuten Aufflammen des Konflikts in

114 Vgl Homepage der Lessons Learnt and Recon-ciliation Commission httpwwwllrclk 04032014115 Vgl de Silva Esquire Chitta Ranjan ua Report of the Commission of Inquiry on Lessons Learnt and Reconciliation Colombo 2011 httpwwwpriugovlknews_updateCurrent_ Affairsca201112 FINAL20LLRC20REPORTpdf 24032014116 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3117 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f118 Vgl ebd119 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 178f

Sri Lanka da dies auch die Situation in Tamil Nadu verschaumlrfen wuumlrde120 Dabei ist zu beo-bachten dass Sri Lanka nur verhalten auf indi-sche Forderungen reagiert und neue Handels-partner sucht Die immer engeren Kontakte zu China geben der Regierung dabei einigen Spielraum121 Gleichzeitig entsteht eine enge militaumlrische Kooperation zwischen Pakistan und Sri Lanka Sowohl China als auch Pakistan versorgen Sri Lanka mit Waffen die Indien sich weigert zu liefern Wirtschaftlich ist China ebenfalls stark involviert und foumlrdert eine Reihe von groszligen Infrastrukturprojekten im Land122

Auf internationale Proteste waumlhrend des CHOGM reagierte die sri-lankische Regierung mit Zuruumlckweisung Praumlsident Rajapaksa be-tonte das Meeting waumlre nicht der Ort um uumlber Sri Lanka zu urteilen und die Kritik waumlre nicht angebracht123 Basil Rajapaksa der Bru-der des Praumlsidenten ging so weit zu erklaumlren dass Sri Lanka eine Untersuchung der Kriegs-verbrechen nicht zulassen werde124 David Cameron setzte Sri Lanka eine Frist von vier Monaten um eine umfassende Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen einzuleiten Praumlsident Rajapaksa erwiderte dass Groszligbri-tannien nicht in der Position sei diese Frist zusetzen bzw uumlberhaupt Kritik zu uumlben125 In der Abschlusserklaumlrung des Gipfeltreffens war letztendlich keine Kritik an der sri-lankischen Regierung zu finden Es ist durch die Boykotte und Kritik von britischer Seite lediglich gelun-gen die Aufmerksamkeit auf Probleme in Sri

120 Vgl International Crisis Group India and Sri Lanka after the LTTE in Asia Report 206 (2011) S 2121 Vgl ebd S 13ff122 Vgl ebd S 16ff123 VgloV Colombo summit overshadowed by rights row in Al Jazeera vom 15112013 httpwwwaljazeeracomnewsasia201311colombo-summit-overshadowed-rights-row-2013111555924334578html 14032014124 Vgl Jivanda Sri Lanka dismisses David Cam-erons call for independent human rights inquiry125 Vgl Mason Rowena Sri Lanka defiant after Cameron calls for war crimes investigation in The Guardian vom 17112013 httpwwwtheguardiancomworld2013nov16sri-lanka-david-cameron-war-crime-allegations 14032014

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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Lanka zu lenken126 Inwieweit dies konkrete Folgen fuumlr Sri Lanka haben wird bleibt abzu-warten Als ersten Schritt kuumlndigte die Regie-rung in Colombo an eine Zaumlhlung der Kriegsto-ten einzuleiten127

Insgesamt ergibt sich das Bild dass der Ein-fluss westlicher Staaten zunehmend schwin-det Colombo zeigt kaum ernstzunehmende Reaktionen auf Proteste aus Reihen der UN Stattdessen reagiert die Regierung mit kleinen Zugestaumlndnissen die oft nicht oder nur unzu-reichend umgesetzt werden um die internati-onale Staatengemeinschaft zu beschwichtigen oder ignoriert die Proteste in Gaumlnze Gleichzei-tig wird gegen Vorwuumlrfe protestiert und klar-gestellt dass eine Einmischung in sri-lankische Angelegenheiten nicht erwuumlnscht ist Waumlh-renddessen naumlhert sich Sri Lanka immer wei-ter China an so dass auch Indien seinen Ein-fluss verliert Je enger die Kontakte zwischen China und Sri Lanka werden desto geringer wird die Chance dass durch internationalen Druck die Lage im Land veraumlndert werden kann

32 Lage der Bevoumllkerung

Nachdem die verschiedenen Akteure in Sri Lanka analysiert worden sind beschaumlftigt sich dieser Abschnitt mit der aktuellen Lage der Bevoumllkerung

321 Militarisierung

Die groszlige Machtfuumllle des Verteidigungsminis-ters Gotabhaya Rajapaksa und die Schwierig-keiten der Regierung der Nordprovinz ihre Rechte durchzusetzen wurden bereits erlaumlu-tert Es gibt jedoch noch andere Hinweise darauf dass eine anhaltende Militarisierung der Gesellschaft besonders im Norden des Landes von statten geht

126 Vgl Robbins James Questions of Common-wealths wisdom and relevance in BBC News vom 17112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-24980011 14032014127 Vgl oV Sri Lanka set to begin survey of civil war dead in BBC News vom 28112013 httpwwwbbccomnewsworld-asia-25132674 14032014

Die LLRC hat empfohlen dass sich das Militaumlr aus der Zivilgesellschaft staumlrker zuruumlckzieht um eine Normalisierung des taumlglichen Lebens zu ermoumlglichen Eine Umsetzung dieser Emp-fehlung hat noch nicht stattgefunden Die Regierung erklaumlrte zwar dass die Zahl der Soldaten auf 10000 reduziert worden sei128 die International Crisis Group geht jedoch eher von 150000 Soldaten im Norden und Osten des Landes aus Das Militaumlr bleibt stark in ad-ministrativen Aufgaben sowie dem Wieder-aufbau involviert129 Die Arbeit der Zivilgesell-schaft unterliegt dabei einer strengen regel-maumlszligigen Kontrolle durch Militaumlrs Waumlhrend der Wahlen griff die Armee aktiv in den Wahl-kampf ein indem sie zB das Aufhaumlngen von Plakaten fuumlr die Regierungspartei uumlbernahm Ebenso kam es zu Drohungen und Einschuumlch-terungen gegen TNA-Kandidaten130

Das Militaumlr hat einen groszligen Einfluss auf Bau-und Landwirtschaftprojekte im Norden und fuumlhrt diese auch selber durch131 Dabei scheint es sich auf eine andauernde Praumlsenz einzurichten da permanente Militaumlrlager errichtet werden Des Weiteren beginnt das Militaumlr seinen Einfluss auf das Bildungssystem in ganz Sri Lanka auszuweiten Erste eigene Universitaumlten werden gegruumlndet und Kinder von Militaumlrangehoumlrigen erhalten Zugang zu besseren Schulen132 Auszligerdem beginnt das Militaumlr einen eigenen Geschaumlftszweig aufzu-bauen vor allem in Norden So eroumlffnete das Militaumlr erste Hotelresorts und gruumlndete eine eigene Hotelkette133 Auch eine eigene Flugli-

128 Vgl Perera Chaminda Troops DrasticallyDown In North in Daily News vom 20012014 httpwwwdailynewslklocaltroops-drastically-down-north 14032014 129 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 18130 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f131 Vgl Kumar Shamala The Military Expansion into Education in Economic and Political Weekly 48 No 7 (2013) S 38132 Vgl Goodhand Jonathan Sri Lanka in 2012 Securing the State Enforcing the ldquoPeacerdquo in Asian Survey 53 No 1 (2013) S 68f 133 Vgl oV Sri Lanka military opens more hotels creates resort brand in Lanka Business Online vom 09112012 httpwwwlankabusinessonline

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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nie die Inlandsfluumlge anbietet existiert be-reits134 Fuumlr den Ministerpraumlsidenten der Nordprovinz C V Wigneswaran stellt die Mili-taumlrpraumlsenz im Norden das groumlszligte Hindernis fuumlr eine nachhaltige friedliche Entwicklung dar Einem UN-Gesandten erklaumlrte er bdquoLiveli-hood of residents of the North had been seri-ously affected and they take loans for their day to day living All avenues of employment had been taken over by the army who carry out work in all spheres including agriculture fisheries and trade denying opportunities to the peoplerdquo135

Es bleibt festzuhalten dass das Militaumlr das Leben der tamilischen Bevoumllkerung ein-schraumlnkt und seinen Einfluss in allen Bereichen weiter ausbaut Durch die militaumlrische Kontrol-le werden den Tamilen ihre Selbstbestim-mungsrechte aberkannt Auf diese Weise werden setzt sich eine wirtschaftliche soziale und politische Diskriminierung fort

322 Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges

Eine eigene Untersuchung der Endphase des Krieges durch die Armee ergab dass diese sich an alle guumlltigen internationalen Regeln gehal-ten habe und saumlmtliche zivile Opfer durch die LTTE entstanden seien136 Obwohl die Presse einer strengen Zensur unterlag und unabhaumln-gige Beobachter nicht erlaubt waren ist si-cher dass auch von Regierungsseite Kriegs-verbrechen begangen wurden137 Zum Ende des Krieges wurden die Rebellen und mit ih-nen 300000 Zivilisten von der Armee immer weiter Richtung Nordosten abgedraumlngt Die Regierung gab Schutzgebiete fuumlr Zivilisten aus sogenannte No Fire Zones (NFZ) Diese Schutz-

comnewssri-lanka-military-opens-more-hotels-creates-resort-brand369700485 14032014134 Vgl Homepage Helitourshttpwwwhelitourslkabout_ushtml 14032014135 Vgl Thangrasa Sumithi Prasath S K Military presence is the main problem ndash CM to UN envoy in Daily Mirror vom 03122013 httpwwwdailymirrorlknews39732-military-presence-is-the-main-problem-cm-to-un-envoyhtml 14032014136 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 11137 Vgl Wagner Christian Am Ende des Buumlrger-kriegs in Sri Lanka in SWP-Aktuell 8 (2009) S 3

gebiete genauso wie Krankenhaumluser sind von der Armee immer wieder gezielt bombardiert worden138 Diese letzte Phase des Konfliktes forderte ca 25000 Menschenleben allein unter den Zivilisten Die Uumlberlebenden wur-den zunaumlchst ohne ausreichende Versorgung in Camps inhaftiert139 Insgesamt fanden sich nach Kriegsende uumlber 250000 Menschen in diesen Camps wieder Von diesen sind bis heute noch 10000 bis 15000 spurlos ver-schwunden140 Zusaumltzlich befinden sich seit Ende des Krieges immer noch 11000 ehemali-ge Kaumlmpfer in Haft141

Menschenrechtsverletzungen fanden aller-dings auf beiden Seiten statt Die LTTE hinder-te die Zivilisten daran aus den letzten von ihnen kontrollierten Gebieten zu fliehen Fluumlchtige wurde erschossen Hinzu kamen der Einsatz und die Rekrutierung von Kindersolda-ten durch die LTTE142 Auszligerdem schuumlchterte die Regierung Journalisten und Kritiker syste-matisch ein Besonders ist hier das white-van Phaumlnomen zu nennen welches die Entfuumlhrung von Gegnern der Regierung mit anonymen Bussen beschreibt Versorgungslinien des Ro-ten Kreuzes und der UN mit Lebensmitteln und Medikamenten wurden unterbrochen und bombardiert Viele Uumlberlebende wurden Opfer von Gewalt und Folter Als LTTE-kaumlmpfer identifizierte Personen wurden meist hingerichtet143

Die Empfehlungen der LLRC zur Aufarbeitung des Buumlrgerkrieges sind bis heute nur teilweise umgesetzt worden Der National Action Planwar nicht erfolgreich da keine Unabhaumlngigkeit der Kommission gewahrt wurde144 Der neues-

138 Brockmeier Schutz und Verantwortung S 59139 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 279f140 Vgl Kingsbury Damien Sri Lanka in Genser JaredCotler Irwin (Hrsg) The Responsibility to Protect New York 2012 S 298141 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 182142 Vgl International Crisis Group War crimes in Sri Lanka in Asia Report 191 (2010) S 5143 Vgl Darusman Marzuki ua UN Report of the Secretary Generalrsquos Panel of Experts on Account-ability in Sri Lanka New York 2011 S iff144 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 3

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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te UN-Bericht erkennt zwar gewisse Fort-schritte an sieht aber noch betraumlchtliche Luuml-cken in den Bereichen der Menschenrechts-verletzungen und der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen145

Solange es keine vollstaumlndige Aufarbeitung der Geschehnisse waumlhrend und nach dem Buumlrgerkrieg gibt werden diese weiterhin gro-szligen Einfluss auf die Bevoumllkerung haben Nor-bert Ropers analysierte schon 2010 dass der Krieg noch lange nachwirken koumlnnte und eine Aufarbeitung neben anderen Maszlignahmen unbedingt notwendig sei um nicht nur den Krieg sondern auch den Konflikt zu been-den146 Daher ist die Gefahr groszlig dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten jede neue Konfrontation verschaumlrfen und die Erlebnisse des Krieges weiterhin das Denken der Menschen dominie-ren Ein grundlegendes Misstrauen zwischen den Ethnien bleibt bestehen und gegenseitige Beschuldigungen halten an Eine Verstaumlndi-gung zwischen Singhalesen und Tamilen wird so weiter erschwert

323 Landverteilung und Inlandsvertriebene

Das Problem der IDPs ist auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch nicht geloumlst Obwohl die Regierung verkuumlndete dass die Ruumlcksiedlung abgeschlossen sei schaumltzen an-dere Quellen die Zahl der IDPs auf 93000 Hinzu kommen ca 100000 Fluumlchtlinge in Ta-mil Nadu die sich noch nicht trauen zuruumlckzu-kehren Groszlige Teile des Landes im Norden sind immer noch vom Militaumlr besetzt Landbe-sitzer deren Grund vom Militaumlr genutzt wird erhalten keine Entschaumldigung und das Militaumlr versucht weiterhin Kontrolle uumlber weitereLandstriche zu erlangen Die Empfehlungen der LLRC zur Ruumlckgabe des Landes werden in diesem Bereich nicht befolgt147 Rechtlich ist es dem sri-lankischen Staat nur erlaubt Land zu beschlagnahmen wenn dies der Oumlffentlich-keit und der Gesellschaft dient Auszligerdem gibt

145 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 8f146 Vgl Ropers Siegfrieden in Sri Lanka S 284147 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 19f

der 13te Zusatzartikel die Kontrolle uumlber staat-liches Land weitestgehend an die Provinzre-gierungen weiter Das Centre for Policy Alter-natives in Sri Lanka analysiert dass die Land-verteilung jedoch immer noch zentral aus Colombo geregelt wird und hauptsaumlchlich unter Kontrolle des Militaumlrs steht Statt wie angekuumlndigt eine Ruumlckfuumlhrung des Landes einzuleiten werden neue Gebiete beschlag-nahmt und fuumlr Militaumlranlagen oder den Auf-bau staatlicher Industrie genutzt148

Hinzu kommt die Ansiedlung von Singhalesen in Teilen dieser Gebiete Die Weitergabe von Land an die singalesische Mehrheit vermittelt das Bild das die Regierung in Colombo ver-sucht die demographische Verteilung der Bevoumllkerung zu veraumlndern149 Durch diese Umsiedlung der Tamilen unter Zwang besteht die Gefahr einer weiteren Entfremdung zwi-schen Tamilen und den Singhalesen die nun die ehemaligen Tamilengebiete bewohnen150

Viele der IDPs befinden sich immer noch in Siedlungen oder Camps die vom Militaumlr kon-trolliert werden Sollte dies langfristig so blei-ben sieht Clarke die Gefahr dass diese Camps zu neuen Ausgangsorten tamilischen Wider-standes werden Diese Gefahr steigt mit dem Wissen der Tamilen dass nun Singhalesen auf ihren Gebieten wohnen151

IDPs haben in der Regel einen groszligen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ge-waltausbruchs Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Regierung ihren Umgang mit ver-triebenen Tamilen uumlberdenken Vertriebene leben unter widrigsten Umstaumlnden mit wenig Aussicht einer Verbesserung der Situation Dies fuumlhrt zu einem Zusammenruumlcken der Gruppe und Frustration uumlber die sri-lankische Regierung Gleichzeitig gibt es fuumlr die Tamilen Anlass ihren Lebensraum auf Grund der Landproblematik bedroht zu sehen Ohne

148 Vgl Fonseka Bhavani Jegatheeswaran Dhar-sha Politics Policies And Practices With Land Ac-quisitions And Related Issues In The North And East Of Sri Lanka in Centre for Policy Alternatives Policy Brief Colombo 2013 S 7ff149 Vgl ebd S 43150 Vgl Clarke Conventionally Defeated but Not Eradicated S 183151 Vgl ebd

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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Perspektive fuumlr die IDPs und eine Ruumlckgabe der Gebiete an die Tamilen kann dies durch-aus eine Eigendynamik entwickeln die zu of-fenem Widerstand der Tamilen fuumlhrt

324 Menschenrechte

Die Zivilgesellschaft in Sri Lanka verabschiede-te am 4 Maumlrz 2014 ein gemeinsames Memo-randum fuumlr den UN-Menschenrechtsrat Darin kritisiert sie die Menschenrechtslage sowie den Umgang mit Meinungs- und Pressefreiheit in Sri Lanka Wichtige Anklagepunkte gegen Regierung und Militaumlr sind wahllose Haus-durchsuchungen Einschraumlnkung der Bewe-gung in der Region Verhaftungen und sexuelle Uumlbergriffe gegenuumlber Frauen im Norden Fuumlr das ganze Land kritisiert die Zivilgesellschaft die systematische Unterdruumlckung von Re-gimekritikern Menschenrechtsaktivisten stu-dentischen Bewegungen und NGOs die Ein-schraumlnkung der Presse- Meinungs- und Religi-onsfreiheit sowie Entfuumlhrungen und Folter152

Auch von anderen Quellen werden viele dieser Menschenrechtsverletzungen dokumentiert

Meinungs- Religions- und Pressefreiheit Im Jahr 2012 wurde ein Journalist einer tamili-schen Zeitung zusammengeschlagen und an-dere bedroht153 Dabei nutzte die Regierung auch offene Drohungen und Einschuumlchterun-gen In einem Telefoninterview mit Gotabaya Rajapaksa das der Sunday Leader veroumlffent-lichte drohte dieser dem Journalisten mit einer Gefaumlngnisstrafe sollte er die Geschichte veroumlffentlichen und beschimpfte ihn massiv154

Der Sunday Leader war eine der wenigen un-abhaumlngigen Zeitungen und wurde immer wie-der Opfer von Attacken Als Folge des gerade beschriebenen Interviews entschuldigte sich die Herausgeberin der Zeitung am 19 Oktober 2012 bei Gotabaya Rajapaksa fuumlr die Behaup-tung er habe sie bedroht nachdem die Zei-

152 Vgl Centre for Policy Alternatives Joint Civil Society Memorandum to the Human Rights Council and the International Community Colombo 2014153 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16154 Vgl Jansz Frederica Gota Goes Berserk inSunday Leader vom 05072012 httpwwwthesundayleaderlk20120708gota-goes-berserk 20032014

tung im Monat vorher von einem regierungs-nahen Investor aufgekauft worden war155

Noch im gleichen Monat floh die Herausgebe-rin aus Sri Lanka und beantragte Asyl156

Auszligerdem sperrt die Regierung kritische In-ternetseiten Im Jahr 2012 wurden die Inter-netauftritte der Oppositionspartei UNP voruuml-bergehend gesperrt nach Protesten jedoch wieder freigegeben157 In 2013 wurden unter anderem die Nachrichtenseite Colombo Tele-graph und Seite TamilNet blockiert158

Ein Bericht der UN bestaumltigt dass es auch 2013 Uumlbergriffe auf Journalisten und Zeitun-gen gab Verteiler einer tamilischen Zeitung wurden attackiert die Druckmaschinen einer Zeitung in Jaffna im Norden des Landes in Brand gesetzt und das Buumlro der Zeitung uumlber-fallen159 Ein Journalist der sich mit Korruption beschaumlftigte wurde angeschossen160 Die Re-gierung selbst betreibt Zeitungsverlage Radio-stationen und Fernsehsender Gleichzeitig wird erheblicher Druck auf unabhaumlngige Me-dien ausgeuumlbt positiv uumlber die Regierung zu berichten161 Es wurde ein Ethikkodex verab-schiedet der wenn auch nur freiwillig dazu anhaumllt nichts zu veroumlffentlichen das internati-onale Beziehungen stoumlren oder die Integritaumlt von Exekutive Legislative und Judikative an-zweifeln koumlnnte162 Dies wuumlrde jede Kritik an der Regierung unmoumlglich machen

155 Vgl oV Sri Lankan paper apologizes for re-porting death threat in Ifex vom 19102012 httpwwwifexorgsri_lanka20121019apology_to_minister 20032014156 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16157 Vgl ebd158 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report httpwwwstategovdocumentsorganization220616pdf 20032014159 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7160 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 16161 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report162 Vgl Ministry of Mass Media and Information Code of Media Ethics httpwwwmediagovlkenglishimagesstoriespdfmedia_ethicspdf 20032014

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Doch nicht nur Journalisten sind der Uumlberwa-chung und Unterdruumlckung durch die Regie-rung ausgesetzt auch Menschenrechtsaktivis-ten werden eingeschuumlchtert und bedroht Vorlaumlufiger Houmlhepunkt waren Todesdrohun-gen gegen Nimalka Fernando eine bekannte Aktivistin waumlhrend einer Radiosendung eines Staatssenders163 Waumlhrend des CHOGMs stoppte das Militaumlr Busse mit Angehoumlrigen von vermissten Personen aus dem Norden die nach Colombo reisen wollten um zu demonst-rieren164 Gleichzeitig kam waumlhrend des CHOGM zu Protesten gegen das Channel 4 Team welches die Dokumentation No Fire Zone veroumlffentlicht hatte Es wurde von pro-Regierungsdemonstranten daran gehindert in den Norden des Landes zu reisen Diese De-monstrationen fanden statt obwohl die Re-gierung urspruumlnglich jede Art von Protest waumlhrend des CHOGM untersagt hatte165166

Auf diesem Weg wurden sowohl eine negative Berichterstattung als auch kritische Proteste gegen die Regierung verhindert167 Im August 2013 erschoss die Armee drei singhalesische Demonstranten als sie einen Protest aufloumlste Grund fuumlr die Demonstration war die Forde-rung nach sauberem Trinkwasser168

Dies sind nur einige Beispiele fuumlr die Unter-druumlckung der unabhaumlngigen Presse und kriti-scher Menschenrechtler sowie dem Umgang mit Demonstrationen Obwohl diese Punkte schon in den Empfehlungen der LLRC genannt

163 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 7164 Vgl oV Court bans protests during CHOGM in Daily FT vom 15112013 httpwwwftlk20131115court-bans-protests-during-chogm 14032014165 Vgl oV Channel 4 Crew returned to Co-lombo after protesters blocked journey to North in Asian Tribune vom 14112013 httpwwwasiantribunecomnode66876 14032014166 Vgl oV Court bans protests during CHOGM167 Vgl oV Sri Lanka Blocks Freedom Of Move-ment During CHOGM in Colombo Telegraph vom 13112013 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpsri-lanka-blocks-freedom-of-movement-during-chogm 20032014168 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 4f

wurden gibt es laut UN bis heute keine Ver-besserung der Situation169 Durch den ausge-uumlbten Druck entsteht eine Selbstzensur der gesamten Presse in Sri Lanka170

Probleme fuumlr die muslimische Minderheit durch radikale buddhistische Gruppen wur-den bereits aufgezeigt Doch auch fuumlr die Ta-milen gibt es Schwierigkeiten bei der Aus-uumlbung ihres hinduistischen Glaubens Eine Studie der sri-lankischen Forschungsgruppe The Social Architects errechnete dass 82 aller Neubauten von religioumlsen Staumltten im Norden buddhistische Tempel waren nur 11 Hindu Tempel obwohl die groszlige Mehrheit der Bevoumllkerung in dieser Region hinduistischen Glaubens ist In einer Umfrage der gleichen Studie gaben 21 der Bevoumllkerung im Norden und Osten des Landes an ihre Religion nicht frei ausuumlben zu koumlnnen Besonders religioumlse Feste und Gedenktage wuumlrden vom Militaumlr verboten171

Entfuumlhrungen auszligergerichtliche Toumltungen und die Situation von Gefangenen Entfuumlhrungen und auszligergerichtliche Toumltungen durch regierungsnahe paramilitaumlrische Grup-pen werden weiterhin dokumentiert Genaue Statistiken gibt es nicht da oft keine Anzeige erstattet wird172 Das bedeutet aber vermut-lich dass die white-vans aus Kriegszeiten wei-ter aktiv sind Auch die BBC berichtete 2012 dass die Entfuumlhrungen durch das Militaumlr wei-ter anhalten173 Ein neuer Bericht aus dem Maumlrz 2014 bestaumltigt dass Entfuumlhrungen Fol-ter Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt weitergehen Ziel sind vor allem ehemalige

169 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 17170 Vgl Sooka YasminThe Bar Human Rights Committee of England and Wales (BHRC)The In-ternational Truth amp Justice Project Sri Lanka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009-2014 Johannesburg 2014 S 14171 Vgl The Social Architects The Numbers Never Lie Acomprehensive Assessment of Sri Lankarsquos LLRC Progress Colombo 2013 S 29ff172 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 2f173 Vgl oV Sri Lankas sinister white van abduc-tions in BBC News vom 14032012 httpwwwbbccomnewsworld-asia-17356575 20032014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

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LLTE-Anhaumlnger oder mit der LTTE assoziierte Personen Die Untersuchung zeigt dass diese Uumlbergriffe systematisch organsiert sind und von Militaumlr Polizei oder diesen nahestehen-den Organisationen durchgefuumlhrt werden Insgesamt 40 Faumllle werden genauer analysiert davon geschahen mehr als die Haumllfte in den Jahren 2013 und 2014 Dies laumlsst den Schluss zu dass sich die staatliche Gewalt sogar ver-schlimmert Die analysierten Faumllle sind ledig-lich Personen die es geschafft haben nach Groszligbritannien zu fliehen die Dunkelziffer in Sri Lanka ist voraussichtlich um einiges houml-her174 Alle 40 Personen gaben an nachdem sie entfuumlhrt wurden gefoltert sexuell miss-braucht und diskriminiert worden zu sein Alle wurden verhoumlrt um Informationen uumlber die LTTE oder ein Gestaumlndnis uumlber ihre Arbeit fuumlr die LTTE zu erhalten175 Medizinische Untersu-chungen der Opfer haben bestaumltigt dass alle von Ihnen gefoltert wurden176 Fast alle Opfer wurden gezwungen ein Gestaumlndnis in Singha-lesisch einer Sprache die sie nicht verstehen zu unterschreiben und wurden erst nach Zah-lung von Bestechungsgeldern durch ihre Fami-lie freigelassen177

Auch andere Quellen berichten von Gewalt gegen Gefangene in Sri Lanka Viele werden ohne Haftbefehl festgenommen und es ist unmoumlglich festzustellen wer sich in Haft be-findet Viele Familien wissen nicht ob ihre Angehoumlrigen verhaftet wurden oder nicht Der Prevention of Terrorism Act wird auch ange-wendet um politische Gegner zu verhaften178

Der PTA verbietet es nicht Folter zum Errei-chen eines Gestaumlndnisses anzuwenden179 Bei zwei Gefaumlngnisaufstaumlnden in 2012 starben mindestens 29 Haumlftlinge durch die Polizei180

Es wurden Anschuldigungen erhoben dass elf

174 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 6f175 Vgl Sooka An Unfinished War S 30176 Vgl ebd S 39177 Vgl ebd S 57178 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 12ff179 Vgl US Department of State Sri Lanka 2013 Human Rights Report S 9180 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Authoritarian Turn S 14f

der Insassen erst nach Beendigung des Auf-standes hingerichtet worden sind181

Nicht nur wird die Aufarbeitung der Kriegs-verbrechen unzureichend vorangetrieben auch fuumlr aktuelle Gewalttaten begangen von Politkern Militaumlrs und Polizei bzw fuumlr poli-tisch motivierte Gewalt herrscht weitestge-hend Straffreiheit In mehreren Faumlllen waren diese an Gewalttaten und sogar Ermordungen beteiligt wurden aber auf Kaution freigelas-sen Die meisten der Faumllle werden nicht weiter verfolgt182 Insgesamt herrscht in Sri Lanka eine Kultur der Straffreiheit sowohl fuumlr Politi-ker als auch fuumlr Sicherheitskraumlfte die gegen internationales Recht verstoszligen183

Der vorhergegangene Abschnitt hat gezeigt dass Sri Lanka gegen Oppositionelle Journalis-ten und Gefangene ohne gerichtliche Grund-lage vorgeht Dadurch werden die Tamilen und Oppositionelle der Moumlglichkeit beraubt mit demokratischen Mitteln gegen die struk-turelle Diskriminierung durch den Staat zu protestieren Das Grundbeduumlrfnis der Sicher-heit wird verletzt da vor allem Tamilen fuumlrch-ten muumlssen Opfer der Repressionen des Staa-tes zu werden Dieser nutzt sein Gewaltmono-pol um Widerstand im Keim zu ersticken auch mit drastischen Mitteln In PSCs ist die Gegen-reaktion immer auch von dem vorausgegan-gen Ereignis abhaumlngig Ein derart ruumlcksichtslo-ses Vorgehen ohne gesetzliche Rechtfertigung provoziert auch eine gewaltsame Gegenreak-tion durch die diskriminierten Gruppen sollte diese sich weiter in ihrer Sicherheit bedroht fuumlhlen Die Einschraumlnkung der eigenen religiouml-sen Identitaumlt setzt sich fuumlr die Tamilen fort Ihre freie Religionsausuumlbung ist nicht immer garantiert und der Bau von vor allem buddhis-tischen Tempeln muss bei Tamilen den An-schein der Bevorzugung des Buddhismus er-wecken Nach Azar sind besonders Menschen-

181 Vgl oV Justice in the aftermath in Ceylon Today vom 18112012 httpwwwCeylontodaylk51-17397-news-detail-justice-in-the-aftermathhtml 21032014182 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 24f183 Vgl Sooka An Unfinished War Torture and Sexual Violence in Sri Lanka 2009ndash2014 S 65ff

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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rechtsverletzungen schwerwiegende Proble-me fuumlr einen nachhaltigen Frieden Die Dis-kriminierung findet eindeutig entlang ethni-scher oder religioumlser Linien statt und ent-spricht damit einem grundlegenden Merkmal von PSCs

325 Wirtschaftliche Lage

Sri Lanka verzeichnete 2013 ein Wirtschafts-wachstum von 63 dieses ist damit etwas niedriger als in den vorhergegangenen Jahren Das Preisniveau ist sehr hoch und die Inflati-onsrate betrug 2013 69184 Groszlige Hoffnun-gen werden auf das Wachstum in der Touris-musbranche gelegt Im Jahr 2012 reisten erstmals mehr als eine Million Touristen nach Sri Lanka185 Die starken Preissteigerungen in den letzten Jahren fuumlhrten jedoch zu einem fallenden Realeinkommen der meisten Haus-halte186 Im GINI-Index der die Einkommens-unterschiede weltweit berechnet liegt Sri Lanka auf Rang 25 wobei Rang 1 die groumlszligten Einkommensunterschiede bedeutet187 Die Jugendarbeitslosigkeit liegt derzeit bei 20 Die hohen Lebenshaltungskosten und die Sparprogramme der Regierung haben in den letzten Jahren immer wieder fuumlr Proteste der Bevoumllkerung gesorgt Diese wurden meist mit Gewalt niedergeschlagen auch Todesopfer wurden dabei in Kauf genommen188

Ganz offensichtlich koumlnnen nicht alle Bevoumllke-rungsschichten von dem Wirtschaftswachstum in einigen Branchen profitieren Die Proteste und die Intensitaumlt der Reaktionen von Regie-rungsseite zeigen wie angespannt die wirt-schaftliche Lage im Uumlbrigen ist Die wirtschaft-liche Expansion des Militaumlrs besonders im Tourismusbereich und die Beschlagnahmung von Land zur wirtschaftlichen Erschlieszligung

184 Vgl Germany Trade amp Invest Wirtschaftsdaten kompakt Sri Lanka httpwwwgtaideGTAIContentDETradeFachdatenMKT200807mkt200807555609_151140pdf 21032014185 Vgl Goodhand Sri Lanka in 2012 S 69186 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21187 Vgl Lexas Der GINI-Index httpwwwlaenderdatendewirtschaftgini-indexaspx 21032014188 Vgl International Crisis Group Sri Lankalsquos Potemkin Peace Democracy Under Fire S 21f

(siehe Abschnitt 421) tragen nicht dazu bei die Bevoumllkerung an der Entwicklung zu beteili-gen Strukturelle Ungleichheit bzw Diskrimi-nierung in der wirtschaftlichen Integration ist eines der Merkmale von PSCs Die Uumlbernahme wirtschaftlicher Aktivitaumlten im Norden traumlgt nicht dazu bei Ungleichheiten abzubauen Fuumlr einen nachhaltigen Frieden ist die Beteiligung aller Gruppen am wirtschaftlichen Auf-schwung sehr wichtig Das es sogar Demonst-rationen der singhalesischen Bevoumllkerung gegen die Regierung kommt impliziert dass diese Beteiligung derzeit nicht gegeben ist und bietet Potenzial fuumlr erneute Unruhe in der Bevoumllkerung

33 Aktuelle Entwicklung Treffen des UN-Menschenrechtsrat im Maumlrz 2014Die Hoffnungen vieler Menschenrechts-aktivisten lagen auf dem Treffen des UN-Menschenrechtsrats im Maumlrz 2014 Der in dieser Arbeit bereits haumlufig zitierte Bericht der Hochkommissarin fuumlr Menschenrechte pran-gerte aktuelle Menschenrechtsverletzungen sowie eine fehlende Umsetzung der LLRC-Empfehlungen und eine fehlende Aufarbei-tung des Buumlrgerkrieges an Als wichtigsten Punkt ihres Berichtes forderte sie eine unab-haumlngige internationale Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen und eine Uumlber-wachung der nationalen Fortschritte189 Ein haumlrteres Durchgreifen wurde im Vorfeld von vielen Staaten allen voran Groszligbritannien gefordert Die sri-lankische Regierung wies alle Vorwuumlrfe zuruumlck und kritisierte dass der Menschenrechtsbericht von Vorurteilen ge-praumlgt sei und dass die Forderung einer unab-haumlngigen Untersuchung die Kompetenzen des Mandats der Hochkommissarin uumlberschreite

Diese Untersuchung wuumlrde einen Eingriff in die Souveraumlnitaumlt Sri Lankas bedeuten190 Ein

189 Vgl Office of the United Nations High Commis-sioner for Human Rights Promoting reconciliation and accountability in Sri Lanka S 18190 Vgl Human Rights Council Comments re-ceived from the Permanent Mission of Sri Lanka on the draft report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights on promot-ing reconciliation and accountability in Sri Lanka Genf 2014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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Resolutionsentwurf vor allem durch Groszligbri-tannien und die USA eingebracht uumlbernahm weitestgehend die Kritik und Forderungen aus dem Bericht der Hochkommissarin Lediglich die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission wurde nicht gefordert Der Resolutionsentwurf belaumlsst es bei einer Dro-hung dass Sri Lanka Fortschritte vorzuweisen habe andernfalls wuumlrde es eine Untersuchung stattfinden191 Entsprechend enttaumluscht fielen die Reaktionen von Menschenrechtlern und Tamilen auf den Entwurf aus In Chennai In-dien gab es als Folge des Entwurfs anti-amerikanische Proteste Demonstranten for-derten Eelam sei die einzige Loumlsung192 Einen offenen Brief schrieben 24 Organisationen der Zivilgesellschaft aus suumldlichen Laumlndern an den Menschenrechtsrat in dem sie forderten die Einfuumlhrung einer internationalen Untersu-chungskommission in die Resolution aufzu-nehmen193 Der Colombo Telegraph schrieb dass die Resolution ein Sieg fuumlr die sri-lankische Regierung darstellt Sowohl TNA als auch die tamilische Diaspora zeigten sich tief enttaumluscht Colombo bekommt auf diesemWeg weiteren Aufschub ohne direkt mit Sank-tionen rechnen zu muumlssen Es wird angedeu-tet dass die Tamilen und die tamilische Dias-pora sich von dem Gedanken verabschieden sollten ihre Ziele durch den Menschenrechts-rat erreichen zu koumlnnen194

191 Vgl United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland ua draft resolution 25hellip Pro-moting reconciliation accountability and humanrights in Sri Lanka Genf 2014192 Vgl oV TN Student Groups Says Fk Off USA Anti-US Protests On lsquoWeakrsquo US Sponsored Resoltion On Sri Lanka in Colombo Telegraph vom 10032014httpswwwcolombotelegraphcomindexphptn-student-groups-says-fk-off-usa-anti-us-protests-on-weak-us-sponsored-resolution-on-sri-lanka 22032014193 Vgl oV Establish An International Investiga-tion Open Letter To The UNHRC On Sri Lanka By Southern Countries Based Civil Society in Co-lombo Telegraph vom 22032014 httpswwwcolombotelegraphcomindexphpestablish-an-international-investigation-open-letter-to-the-unhrc-on-sri-lanka-by-southern-countries-based-civil-society 22032014194 Vgl Colombo Telegraph Geneva India And American Imperialism ndash Part ll [Facebook] 22032014 URLhttpswwwfacebookcom

Dies koumlnnte eine der wesentlichen Konse-quenzen der Resolution sein naumlmlich dass sie keine direkten positiven Folgen fuumlr die Tami-len hat Sie vermittelt den Eindruck als koumlnn-ten die Tamilen sich nicht auf die Unterstuumlt-zung der internationalen Staatengemeinschaft verlassen Dies birgt die Gefahr dass die Frustration in der tamilischen Bevoumllkerung ansteigt Sollte sich die Auffassung durchset-zen dass die diplomatischen Mittel nicht zum Ziel fuumlhren ruumlckt eine Umkehr zu bewaffneten Widerstand naumlher Waumlhrenddessen geht die Regierung unbeeindruckt weiter gegen Men-schenrechtsaktivisten vor Nur eine Woche vor der Sitzung des Menschenrechtsrats verhafte-te die Polizei mehrere Aktivisten darunter auch einen katholischen Priester195

4 Fazit

Diese Arbeit hat aufgezeigt dass der PSC in Sri Lanka nicht als beendet bezeichnet werden kann Es gibt immer noch viele Probleme im Land die zu einer erneuten Eskalation des Konflikts fuumlhren koumlnnten Zwar gibt es auch fuumlnf Jahre nach Ende des Buumlrgerkrieges noch kein erneutes Aufflammen der Gewalt und es wird allgemein angenommen dass die LTTE in ihrer alten Form besiegt ist es sind jedoch immer noch die typischen Merkmale eines PSCs in Sri Lanka zu beobachten Die Grund-beduumlrfnisse von Sicherheit Anerkennung der eigenen Identitaumlt und politische sowie wirt-schaftliche Teilhabe werden nicht der ganzen Bevoumllkerung gewaumlhrt Dabei findet die Auf-spaltung der Gesellschaft immer noch entlang religioumlser und ethnischer Linien statt Das laut Azar noumltige Uumlberwinden der strukturellen Ungleichheit zwischen Singhalesen und Tami-len hat bisher nicht stattgefunden Die Men-schenrechtsverletzungen durch die Regierung nehmen zu Dies birgt die Gefahr eine ent-sprechende gewaltsame Gegenreaktion der Tamilen zu provozieren da die Mittel des poli-tischen Widerstandes eingeschraumlnkt sind Bei

permalinkphpstory_fbid=656833881018636ampid=253162218052473ampsubstory_index=0 195 Vgl oV Never a good time in The Economist vom 21032014 httpwwweconomistcomblogsbanyan201403sri-lanka-and-human-rights 22032014

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung

Sri Lankas Frieden nachhaltiges Ende eines protracted social conflict

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dieser Entwicklung wird fuumlr die Tamilen gleichzeitig immer deutlicher dass internatio-nale Hilfe nicht zu erwarten ist

Nach Walter haumlngt das Entstehen von bewaff-netem Widerstand von der aktuellen persoumlnli-chen Lage und der Aussicht auf eine friedliche Loumlsung ab Beide Faktoren entwickeln sich in Sri Lanka zunehmend negativ Hinzu kommt dass der Buumlrgerkrieg mangels Aufklaumlrung und Versoumlhnung immer noch nachwirkt und sich in groszligem Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen niederschlaumlgt Insgesamt deutet die Entwicklung auf eine steigende Frustration der Tamilen und dadurch auch steigende Gefahr eines gewaltsamen Konfliktes hin

Diese Entwicklungen tragen dazu bei dass die tamilische Gesellschaft naumlher zusammenruumlckt Besonders in der Diaspora ist das Ziel von Ee-lam noch allgegenwaumlrtig Sollte sich heraus-kristallisieren dass eine foumlderale Loumlsung keine Besserung ihrer Lebenssituation herbeifuumlhrt koumlnnten auch die Tamilen in Sri Lanka wieder auf diesen Kurs einschwenken Gleichzeitig gibt es in der Diaspora auch radikalere Stim-men die bereits jetzt einen erneuten Frei-heitskampf fordern Diese Ansicht wird sichbei der derzeitigen Entwicklung weiter durch-setzen Die Moumlglichkeit der Finanzierung durch die Diaspora und der Zugang zu Waffen sind weiterhin gegeben Auch auf die Unter-stuumltzung aus Tamil Nadu koumlnnte sich eine moumlgliche Widerstandsgruppe verlassen Durch den ideologischen Kampf wird bereits die Grundlage fuumlr eine Legitimation von Gewalt gelegt Dank der Proteste steht die Weltoumlf-fentlichkeit der Regierung derzeit aumluszligerst kritisch gegenuumlber Dies ist fuumlr die Tamilen eine gaumlnzlich andere Situation als zur Zeit des Buumlrgerkrieges

Die Situation in Sri Lanka entspricht immer noch der eines typischen PSCs Die sri-lankische Regierung hat es in den letzten fuumlnf Jahren versaumlumt Reformen zur Einbindung der Tamilen einzuleiten Der noumltige strukturel-le Wandel hat nicht stattgefunden Es muss befuumlrchtet werden dass die letzten Jahre nur eine voruumlbergehende Ruhephase in einem PSC darstellen sollte sich die Entwicklung nicht abaumlndern Fuumlr eine nachhaltige Friedensent-

wicklung bedarf es jedoch einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemein-schaft Diese sollte unter Einbeziehung von Indien und China nicht nur Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen fordern sondern vor allem eine Vermittlung zwischen den verschiedenen Gruppen vorantreiben Ziel der Vermittlung muss sein allen Parteien in Sri Lanka einen Ausweg aus dem Konflikt aufzu-zeigen um das Wechselspiel von Misstrauen Diskriminierung Anschuldigungen und Gewalt zu durchbrechen Aktuell hat die UN durch die Resolution gezeigt dass sie diese Veraumlnderung nicht einlaumluten kann und es deutet nichts dar-auf hin dass die sri-lankische Regierung eine Vermittlung oder Versoumlhnung ernsthaft voran-treiben moumlchte Die aktuelle UN-Resolution koumlnnte dabei den Ausloumlser fuumlr erneute Gewalt darstellen Sollte die Regierung die Forderun-gen umsetzen muss mit erheblichen Protes-ten von radikalen nationalistischen Gruppen gerechnet werden die sich auch gegen Tami-len richten werden Ignoriert die Regierung die Resolution ruumlckt Sri Lanka einer erneuten Militarisierung des tamilischen Widerstandes immer naumlher da deutlich wird dass mit keiner diplomatischen Loumlsung fuumlr die Tamilen zu rechnen ist

Zusammenfassend laumlsst sich sagen dass der PSC in Sri Lanka durch den militaumlrischen Sieg nicht nachhaltig beendet worden ist Stattdes-sen setzt sich der Konflikt in der Gesellschaft fort Dies bedeutet gleichzeitig dass ein mili-taumlrischer Sieg alleine nicht ausreicht einen PSC zu beenden Eine nachhaltige Loumlsung benoumltigt auch immer Reformen zur Aufhebung der strukturellen Diskriminierung