Instrumentos en Capilla de Freiberg en Alemán

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SUMMARY This is a report about musical instruments as played by angels in the Freiberg funeral chapel (16 th century). It has been assumed earlier that they were real instruments and not decorations of plaster, but this was confirmed definitely in 2002 when the chapel was restaurated. A scaffold was installed and the instruments were taken out of the angels’ hands. At present they are being repaired, restored, and replica will be built of all of them to make them sound again and to find out details of the late Renaissance “sound shape”. The original instruments – five violins, four citterns, four lutes, three harps, three shawms, two straight and three bent zinks, two jingle drums, two triangles (and two fakes of trombones) – are examined by an interdisciplinary team of restaurators, specialists for analysing and preserving wood and metal, resear- chers in archaeometry and specialized photogra- phers, instrument builders, musicians et al. (see note 18), thus using methods from archaeology and specifically music archaeology for preservation. This way the instruments have many details in common with archaeological finds, the whole pro- cedure aiming at musical traditions in which the instruments and their music are a significant part. Selten ergibt sich die Möglichkeit, Musikinstru- mente aus früheren Jahrhunderten im Originalzu- stand zu untersuchen. Sie waren immer Gebrauchsgegenstände, und so kann es keinen wundern, daß sie immer wieder den Anforderun- gen der jeweiligen Musizierpraxis und dem herr- schenden Zeitgeschmack entsprechend in Ton- höhe, Tonumfang, Klang etc. abgeändert wurden. In den vergangenen vier Jahrhunderten vollzog sich mehrmals ein musikalischer Wandel und brachte zahlreiche Neuerungen im Musikinstru- mentenbau mit sich, sowohl in der Bauweise und Gestaltung als auch in der Spielart und im Klang- ideal. So darf es als ein besonderer Glücksfall bezeichnet werden, daß in Freiberg eine Reihe von verschiedenen Musikinstrumenten aus dem ausge- henden 16. Jahrhundert hoch oben unter dem Gewölbe in den Händen musizierender Engel in ihrem nahezu originalen Zustand erhalten geblie- ben sind. Insofern haben diese Instrumente einiges gemeinsam mit archäologischen Funden: die Überlieferung an schwer zugänglichem, verborge- nem Ort und daraus resultierend ihr Zustand, der keine späteren Veränderungen über sich ergehen lassen mußte – abgesehen natürlich von klimati- schen Einwirkungen über eine längere Zeit und Schädlingsbefall. Da die Freiberger Instrumente aber nicht im feuchten Boden, sondern in über- dachter, luftiger Höhe die mehr als 400 Jahre über- dauerten, ist ihr Zustand im allgemeinen sehr gut. Sogar dünne Metallsaiten und Darmsaitenreste blieben erhalten. Wenn man Musikinstrumente in die Ikono- grafie und Dekoration von Kirchenräumen und Orgelprospekten einbezog, wurden sie in der Regel aus dem gleichen Material und in ähnlicher Technik wie die Skulpturen hergestellt. Es genügte die Darstellung charakteristischer Formen. Gele- gentlich fanden jedoch auch echte Musikinstru- mente Verwendung 1 . Es ist denkbar, daß in Frei- berg reale Instrumente willkommen waren, um über die rein ikonografische Ebene hinaus das Bildliche so originalgetreu wie nur möglich dar- stellen zu können. Praktische Überlegungen schei- * Die Freyberger Instrumente waren Gegenstand des 24. Musikinstrumentenbau-Symposiums, Michaelstein, 22.–23. November 2003: Die Musikinstrumente des 16. Jahrhunderts im Dom zu Freiberg. In vorliegendem Zusammenhang werden sie als archäologische Lese- bzw. Oberflächenfunde behandelt. 1 Rieder 1998, 47–56. Die Musikinstrumente aus der Begräbniskapelle des Freiberger Domes * Ein Forschungsprojekt zu sächsischen Musikinstrumenten des 16. Jahrhunderts und seine Geschichte Eszter Fontana/Veit Heller

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Instrumentos en una capilla del Centro de Europa

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SUMMARY

This is a report about musical instruments as played by angels in the Freiberg funeral chapel(16th century). It has been assumed earlier thatthey were real instruments and not decorations ofplaster, but this was confirmed definitely in 2002when the chapel was restaurated. A scaffold wasinstalled and the instruments were taken out of theangels’ hands. At present they are being repaired,restored, and replica will be built of all of them tomake them sound again and to find out details ofthe late Renaissance “sound shape”. The originalinstruments – five violins, four citterns, four lutes,three harps, three shawms, two straight and threebent zinks, two jingle drums, two triangles (andtwo fakes of trombones) – are examined by aninterdisciplinary team of restaurators, specialists foranalysing and preserving wood and metal, resear-chers in archaeometry and specialized photogra-phers, instrument builders, musicians et al. (seenote 18), thus using methods from archaeology andspecifically music archaeology for preservation.This way the instruments have many details incommon with archaeological finds, the whole pro-cedure aiming at musical traditions in which theinstruments and their music are a significant part.

Selten ergibt sich die Möglichkeit, Musikinstru-mente aus früheren Jahrhunderten im Originalzu-stand zu untersuchen. Sie waren immerGebrauchsgegenstände, und so kann es keinenwundern, daß sie immer wieder den Anforderun-gen der jeweiligen Musizierpraxis und dem herr-schenden Zeitgeschmack entsprechend in Ton-höhe, Tonumfang, Klang etc. abgeändert wurden.In den vergangenen vier Jahrhunderten vollzogsich mehrmals ein musikalischer Wandel undbrachte zahlreiche Neuerungen im Musikinstru-mentenbau mit sich, sowohl in der Bauweise und

Gestaltung als auch in der Spielart und im Klang-ideal. So darf es als ein besonderer Glücksfallbezeichnet werden, daß in Freiberg eine Reihe vonverschiedenen Musikinstrumenten aus dem ausge-henden 16. Jahrhundert hoch oben unter demGewölbe in den Händen musizierender Engel inihrem nahezu originalen Zustand erhalten geblie-ben sind. Insofern haben diese Instrumente einigesgemeinsam mit archäologischen Funden: dieÜberlieferung an schwer zugänglichem, verborge-nem Ort und daraus resultierend ihr Zustand, derkeine späteren Veränderungen über sich ergehenlassen mußte – abgesehen natürlich von klimati-schen Einwirkungen über eine längere Zeit undSchädlingsbefall. Da die Freiberger Instrumenteaber nicht im feuchten Boden, sondern in über-dachter, luftiger Höhe die mehr als 400 Jahre über-dauerten, ist ihr Zustand im allgemeinen sehr gut.Sogar dünne Metallsaiten und Darmsaitenresteblieben erhalten.

Wenn man Musikinstrumente in die Ikono-grafie und Dekoration von Kirchenräumen undOrgelprospekten einbezog, wurden sie in derRegel aus dem gleichen Material und in ähnlicherTechnik wie die Skulpturen hergestellt. Es genügtedie Darstellung charakteristischer Formen. Gele-gentlich fanden jedoch auch echte Musikinstru-mente Verwendung1. Es ist denkbar, daß in Frei-berg reale Instrumente willkommen waren, umüber die rein ikonografische Ebene hinaus dasBildliche so originalgetreu wie nur möglich dar-stellen zu können. Praktische Überlegungen schei-

* Die Freyberger Instrumente waren Gegenstand des24. Musikinstrumentenbau-Symposiums, Michaelstein,22.–23. November 2003: Die Musikinstrumente des 16.Jahrhunderts im Dom zu Freiberg. In vorliegendemZusammenhang werden sie als archäologische Lese- bzw.Oberflächenfunde behandelt.

1 Rieder 1998, 47–56.

Die Musikinstrumente aus der Begräbniskapelledes Freiberger Domes*Ein Forschungsprojekt zu sächsischen Musikinstrumenten des 16. Jahrhunderts und seine Geschichte

Eszter Fontana/Veit Heller

nen ebenso von Bedeutung gewesen zu sein, daunweit von Freiberg, in den Ortschaften Randeckund Helbigsdorf, ein weit über die Grenzen Sach-sens hinaus bekanntes Instrumentenbauzentrumexistierte, so daß es sich als die einfachste undkostengünstigste Lösung angeboten haben könnte,den Herstellern bereits vorhandene, fertige oderfast fertige Instrumente für die Gestaltung derKapelle abzukaufen.

Die Engel, „Welche von gebranten Zeugegemacht Und mit Kopper beleget“ und „mit aller-ley Seitenspiel und Instrumenten“2 (fünf Geigen-instrumente, vier Cistern, vier Lauten, drei Har-fen, drei Schalmeien, zwei Gerade Zinken sowieAttrappen von zwei Posaunen, drei Krumme Zin-ken, zwei Schellentrommeln und zwei Triangeln)ausgestattet sind, wurden im Jahre 1593, währendder Umgestaltung des Chorraums zur Begräbnis-stätte der wettinischen Fürsten3, angebracht. In 12Metern Höhe sollen sie ein immer währendes Glo-ria in excelsis Deo verkünden.

Um diesem Auftrag dauerhaft gerecht werdenzu können, mußten sowohl die Instrumente alsauch die musizierenden Engel hin und wiedereiner Reparatur unterzogen werden. Vom Jahre1785 wird berichtet, daß „34 kleine Genien vonGips deren jeder ein besonderes musicalischesInstrument hält, daran aber die meisten ruiniertund überhaupt theils mehr, theils weniger beschä-digt sind, solche aber sämtlich wieder in gutenStand zusetzen….“4 seien.

Die musikhistorische Bedeutung des Freiber-ger Instrumentenensembles wurde dann in den1880er Jahren erkannt, als man während dergründlichen Renovierung und Erneuerung derFürstengruft von 1882 bis 1885 ein Gerüst5 auf-stellte. Man nahm die Instrumente ab, „ersetztemehrere zerbrochene Engel durch neue“6 undreparierte die beschädigten Instrumente. Wahr-scheinlich stammen zwei, nicht originale KrummeZinken aus dieser Zeit. Der Kunsthistoriker Ri-chard Steche7 wies in seiner kurz nach der Reno-vierung veröffentlichten Publikation auf diese sel-tenen „Tonwerkzeuge“ hin und beschrieb sogareinige von ihnen. Steche hielt die Instrumente fürecht. Seine Angaben wurden von späteren Auto-ren „ohne Nachprüfung weitergetragen“8. So zumBeispiel in der im Jahre 1904 über G. M. Nosseniveröffentlichten Dissertation von Walter Mackow-sky, der in seiner Arbeit beiläufig anmerkt, daß„den Engeln am Deckengewölbe (...) echte Saiten-instrumente“ in die Hand gegeben wurden9.

Das Fachgebiet Organologie im Rahmen derMusikwissenschaft entwickelte sich in der erstenDekade des 20. Jahrhunderts geradezu rasant, undso wuchs auch das Interesse an den in den Samm-lungen und anderswo erhaltenen Objekten. In die-sem Zusammenhang ist der Vortrag des Musikwis-

senschaftlers Wilibald Gurlitt von Bedeutung, der1926 auf einer Tagung in Breslau10 über den musi-kalischen Denkmalwert alter Musikinstrumenteberichtete und zu weiteren, gründlicheren Unter-suchungen der Freiberger Musikinstrumenteermunterte. Wie Steche ging auch Gurlitt davonaus, daß die überlieferten Instrumente einst spiel-bar waren.

Eine Möglichkeit, diese These zu überprüfen,ergab sich jedoch erst später. Der Musikwissen-schaftler Friedrich Ernst Müller aus Freiberg undFriedrich Ernst11, der damalige Konservator amMusikinstrumenten-Museum der Universität Leip-zig, übernahmen gemeinsam diese Aufgabe. Esläßt sich nicht mehr genau sagen, zu welchemZeitpunkt ein Teil12 der Begräbniskapelle eingerü-stet wurde und wie lange dieses Gerüst, das fürdiese Untersuchung zweifellos notwendig war,stehen blieb. In Betracht könnten die Jahre1938–1940 kommen, da im Zuge der Kriegsvorbe-reitungen in diesem Zeitraum zahlreiche Doku-mentationen über Kunstschätze erstellt wurden.Müller schloß gerade seine Arbeit über die Musik-geschichte Freibergs ab, und sein Manuskriptwurde bereits in der Druckerei bearbeitet. Wahr-scheinlich war der Satzspiegel schon fertig, denn erkonnte folgenden ankündigenden Hinweis nurnoch auf dem letzten Blatt anfügen: „Eine Unter-suchung der in der kurfürstl. Begräbniskapellevorhandenen alten Instrumente, die voraussicht-lich wertvolle Aufschlüsse zur Instrumentenkundeliefern dürfte, ist unter Willigung des Landbauam-tes vom Bearbeiter bereits in Angriff genom-

2 Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Loc. 35911.Rep.VIII. Freiberg Nr. 2 Churfürstlichen Begrebnus Bawzu Freiibergk belangende, Angefangen im Ihare 1591.Zitiert nach einer Computerschrift, zusammengestellt vonMike Huth im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpfle-ge Sachsen. Dresden, 2003. Siehe auch Heyde/Liersch1979, 242.

3 1585 bis 1594 nach Entwürfen von Giovanni Maria Nosse-ni (1544–1620).

4 Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden. Zitiert nach einerComputerschrift, zusammengestellt im Auftrag des Lan-desamtes für Denkmalpflege Sachsen.

5 Wagner, 2000, 82.6 Mackowsky 1904, 39.7 Steche 1884, 53.8 Müller 1957, 193.9 Mackowsky 1904, 63.10 Gurlitt 1927, 89.11 Friedrich Ernst (1897–1976) war vom 1. Januar 1937 bis

zum 22. November 1948 als Konservator am Musikinstru-menten-Museum der Universität Leipzig tätig. Er führtesowohl praktische als auch wissenschaftliche Arbeiten ausund war Verfasser von zahlreichen Aufsätzen. Es kannnicht ausgeschlossen werden, daß er kleinere Reparaturenan den Instrumenten von Freiberg vor Ort vornahm.

12 Darauf schließen wir, weil man nicht an alle Instrumenteherankam.

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men.“13 Das gesammelte Material wurde vonF. E. Müller erst im Jahre 1957 veröffentlicht14.Die Kürze der Beschreibungen und auch der viel-fältige Aufgabenbereich des Museumskonserva-tors lassen darauf schließen, daß für diese Unter-suchung nur einige Tage in Anspruch genommenwurden. Im Text enthalten sind Maße, Beobach-tungen zu Material und Technik, spätere Ergän-zungen etc. Auch einige Fotoaufnahmen15 wurdenwährend dieses Aufenthalts in Freiberg gemacht.Im Ergebnis ihrer Arbeit kamen Müller und Ernstzu folgender Ansicht:

„Die nähere Untersuchung ergab vollkommenzweifelsfrei die Unhaltbarkeit der StecheschenAngaben hinsichtlich der Echtheit der Instrumen-te. Alle erwiesen sich als ausgezeichnet gearbeiteteund bis in Einzelheiten meisterhaft nachgebildeteAttrappen. Der Musikinstrumentenkunde viel-leicht neue Aufschlüsse vermitteln zu können, wardurch dieses zunächst negative Ergebnis zurUnmöglichkeit geworden. Aber aus der Erwägungheraus, daß die Renaissance das Höchste in einerbeinahe pedantisch wahrheitsgetreuen Wiedergabedes Dargestellten erblickte, und außerdem diehohe Qualität der Nachbildungen durchaus aufzünftige Hände zu schließen gestattete, wurdenMessungen vorgenommen, die für die wissen-schaftliche Instrumentenkunde von Interesse seindürften.“16

Zwei Jahrzehnte später kamen Herbert Heydeund Peter Liersch zu einem anderen Resultat. Einezwischen 1966 und 1977 durchgeführte Renovie-rung in der fürstlichen Grablege bot ihnen dieMöglichkeit, die Instrumente in den Jahren 1976und 1977 näher zu untersuchen und ihre Bedeu-tung im historischen, organologischen und musi-kalischen Kontext der Fachwelt zu offerieren. Esentstanden zahlreiche Fotos, Röntgenaufnahmen,technische Zeichnungen, detaillierte Vermessun-gen, ergänzt mit wertvollen Beobachtungen zuAufbau und Zustand der Instrumente. HerbertHeyde unternahm Archivforschungen, Peter Lierschsetzte seine Erkenntnisse auch in Nachbautenum. Ihre im Jahre 1979 veröffentlichte Publi-kation17 war bisher die einzige ausführliche Studiezu diesem frühen sächsischen Instrumentenbau-zentrum.

Im Jahre 2002 bot sich nun eine neuerlicheGelegenheit, die Freiberger Instrumente eingehen-deren Untersuchungen zu unterziehen, als imZuge der Renovierungsarbeiten am FreibergerDom in der Begräbniskapelle ein Gerüst aufge-stellt wurde. So war es möglich, die 30 Instrumen-te unter strengster Wahrung denkmalschützeri-scher Grundsätze nach Leipzig zu holen und ihreErkundung in ein am Musikinstrumenten-Muse-um der Universität angesiedeltes, bereits seit Jah-ren laufendes Forschungsprojekt einzubeziehen.

Zu diesem Zweck wurde eine größere Projekt-gruppe gebildet, der nicht nur namhafte Einzel-personen, sondern auch Vertreter von mehr als 20Institutionen angehören18. Ihre Aufgabe soll essein, eine möglichst detaillierte Dokumentation

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13 Müller 1939, 144. Das Vorwort trägt das Datum Oktober1939. Es ist also vorstellbar, daß der Druck erst im Jahre1940 abgeschlossen wurde.

14 Müller 1957, 193. Möglicherweise wurde der 70. Geburts-tag Gurlitts zum Anlaß für die Publikation genommen.

15 Hinweis bei Müller 1957, 199. Der Verbleib der Fotos istbisher unbekannt.

16 Müller 1957, 194.17 Heyde/Liersch 1979, 233–251.18 Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig:

Markus Brosig, Eszter Fontana (Projektkoordination), VeitHeller (Projektleitung), Volker Seumel; Institut für Musik-instrumentenforschung „Georg Kinsky“ e.V.; SächsischeSchlösserverwaltung im Landesamt für Finanzen: IngoGräßler und seit 2003 Staatsbetrieb Sächsisches Immobi-lien- und Baumanagement, Niederlassung Chemnitz; Lan-desamt für Denkmalpflege Sachsen: Andreas Schulze; Stif-tung Kloster Michaelstein: Monika Lustig; Institut für dia-gnostische Radiologie der Universität Leipzig: FrankSchmidt, Walter Wilke; Ordinariat für Holzbiologie derUniversität Hamburg: Peter Klein, Micha Beuting; Institutfür Spektrochemie und angewandte Spektroskopie, Dort-mund: Helgard Staat, Alex von Bohlen, Luzia Seifert;Fachschule Köln, Fachbereich Restaurierung und Konser-vierung: Friedemann Hellwig; Westsächsische HochschuleZwickau/Studiengang Musikinstrumentenbau in Mark-neukirchen: Andreas Michel; Germanisches Nationalmu-seum Nürnberg: Klaus Martius; Händelhaus Halle: RolandHentzschel, Christiane Rieche; Institut für Musikinstru-mentenbau Zwota; Gunter Ziegenhals. – Partner für Mess-und Analysetechnik: Institut für Experimentelle Physik I.der Universität Leipzig; Olympus Optical & Co (Europa)GmbH/Hamburg; Panametrics GmbH, Mess- und Prüf-technik (Hofheim), Fokus GmbH Leipzig, Gesellschaft fürBauvermessung, und Fotogrammetrie. – Stefan Beck (Ber-lin); Thomas Drescher (Basel); Peter Forrester (Norfolk);Herbert Heyde (New York); Claudia Kunde (Naumburg);Martin Kirnbauer (Basel); Eberhard Meinel (Markneukir-chen); Annette Otterstedt (Berlin); Ute Singer (Brühl);Janos Stekovics (Halle); Wolfram Steude (Dresden); BeritWagner (Halle). – Für die Kopien verantwortliche Instru-mentenbauer: Sandro Dorst (Sonneberg); Norbert Ecker-mann (Eggern); Fritz Heller (Aachen); Günter Mark (BadRodach); Steffen Milbradt (Meissen); Marcus Raquet(Bamberg); Hans Reiners (Berlin); Hans Salger (Bremen);Thilo Viehrig (Magdeburg); Rainer Weber (Bayerbach);Roland Wilson (Köln). – Arbeitsgruppe Musik: ClaudiaKonrad (Ständige Konferenz Mitteldeutsche Barockmusike.V., Michaelstein); Steffen Lieberwirth (MitteldeutscherRundfunk, Halle); Susanne Ansorg (Goseck); SusanneScholz (Leipzig, Leitung der Streichergruppe); SebastianPank (Raumklang, Goseck); Vertreter der Projektleitung;Roland Wilson (Köln, musikalische Gesamtleitung, Lei-tung der Bläsergruppe) sowie Mitglieder von „MusicaFreybergensis“. – Förderung: Die wissenschaftlichenUntersuchungen förderte die Ständige Konferenz Mittel-deutsche Barockmusik e.V. aus Mitteln des Beauftragtender Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur undder Medien und Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen. – Die Instrumentenkopien wurden mit freund-licher Unterstützung seitens der Ostdeutschen Sparkas-senstiftung im Freistaat Sachsen und der Sparkasse Leipzigerstellt.

unter Einbeziehung aller nur denkbaren wissen-schaftlich-technischen Hilfsmittel zu erstellen.Alle Methoden der Archäometrie finden unterdem besonderen Gesichtspunkt Anwendung, daßeine Auswertung der Dokumentation auch dannnoch möglich sein muß, wenn die originalen Musik-instrumente nach Abschluß der Renovierungsar-beiten an der Begräbniskapelle wieder in dieHände der Engel gelangen.

Hauptziel des Projektes ist also die Erarbei-tung eines möglichst umfassenden Materials zuden Musikinstrumenten der Begräbniskapelle undseine wissenschaftliche Auswertung unter ver-schiedenen thematischen Aspekten.

Archivforschungen, das Studium der erhalte-nen Musik und die erneute Sichtung der bisherigenSekundärliteratur sollen die bisherigen Kenntnisseüber das Osterzgebirge als wichtigen Standort desMusikinstrumentenbaus im 16. Jahrhundert ver-tiefen. Da der Randecker Instrumentenbau alsFolge der besonderen Rolle Freibergs im Ost-West-Handel und die Zugehörigkeit zum Stapel-bezirk Leipzig nach dem Messeprivileg von 1507auch überregionale Bedeutung erlangte, ist dasInstrumentenbau-Handwerk der Freiberger Ge-gend in Bezug zu setzen zu ähnlichen Zentrenin Thüringen, auch wenn diese nur dokumenta-risch und nicht durch überlieferte Musikinstru-mente belegt sind. So wäre ein besseres Verständ-nis auch zum Beispiel des Thüringischen Musikin-strumentenbaus zu erwarten. Ebenso ist es vonBedeutung, nachträglich die Geschichte dieserInstrumente genau zu dokumentieren, etwa dieUmstände ihrer Anschaffung oder spätere Repara-turen. Forschungen auf musikhistorischem Ge-biet, die musikalische Überlieferung und Musi-zierpraxis betreffend, werden durch kunsthistori-sche und ikonographische Erkenntnisse zu ergän-zen sein.

Um mehr Details zur angewandten Technikdes Instrumentenbaus im 16. Jahrhundert heraus-zufinden, wurden verschiedene metrische undoptische Untersuchungsmethoden verwendet. Siesollen Aufschluß geben über die Projektierungund Proportionierung der Instrumente sowie überhandwerkliche Techniken und Arbeitsabläufe.Materialuntersuchungen wie Holzbestimmung,Dendrochronologie, Bestimmung der Farben undder sonstigen Überzüge etc. erweitern zugleichunsere Kenntnisse zu Handel und Handwerk inSachsen.

Einen großen Komplex bildet das Forschungs-gebiet zu Aufführungspraxis, Spielweise undKlang. Nirgendwo sonst ist eine Instrumenten-bauschule vor 1600 so umfassend und konzentriertdurch historische Musikinstrumente belegt. Diezum Teil sogar signierten Instrumente wurdenallesamt in Sachsen hergestellt und auch für den

Bau der Attrappen, beispielsweise der Posaunen,bildeten offensichtlich Werke sächsischer Instru-mentenbauer die Vorlage. In der Zeit der begin-nenden Renaissance in Sachsen kündigen dieseInstrumente den musikalischen Stilwandel nach1600 an. Doch dokumentieren sie vor allem dieältere sächsische Tradition und ihre beginnendeSynthese mit modernen italienischen Einflüssen.

Die hier knapp umrissenen Untersuchungenund ihre ausführliche Dokumentation haben dieGrundlage dafür geboten, exakte, spielbare Nach-bildungen dieser Instrumente herzustellen. Mitdiesen ist es jetzt auch möglich, klangliche undaufführungspraktische Erfahrungen zu sammelnbeispielsweise mit dem fünfstimmigen Ensembleaus Kleiner Diskantgeige, Diskantgeige, Alt/Tenorgeige und zwei Baßgeigen unterschiedlicherMensur oder zur Klanglichkeit und Spielbarkeitbesonders weit mensurierter Renaissancezinken.Auch die Möglichkeiten des solistischen oderbegleitenden Spiels auf den Freiberger Cistern,Lauten und Harfen mit ihren teilweise originalerhaltenen Saitenbezügen lassen sich letztlich nurin der Praxis, auf meisterhaft gearbeiteten Kopienerproben. Akustische Messungen können hinge-gen nur an einigen Originalinstrumenten, etwa beiden Zinken und Schalmeien, durchgeführt werden.So sind Anhaltspunkte zu Stimmtonhöhe, Stim-mungsart und Griffweise zu erhalten. Und dietheoretischen Erkenntnisse lassen sich mit wert-vollen praktischen Erfahrungen der Musikerergänzen.

Wenn im vergangenen Jahrhundert die Musik-instrumente der Freiberger Begräbniskapelle baldfür Originale und bald für geschickte Nachbil-dungen gehalten wurden, so hatte zu diesen kon-trären Auffassungen vielleicht auch der Umstandgeführt, daß sie kaum den in Museen überlieferten,oft aus höfischen Inventaren stammenden Musik-instrumenten entsprechen. Die Freiberger Instru-mente schlagen vielmehr eine Brücke vom Musi-zieren in den Wirtshäusern über die Praxis derFreiberger Bergsänger hin zur Dresdener Hofmu-sik. Ist der Bogen zu weit gespannt? Vielleichtdoch nicht, wenn man bedenkt, daß sich am säch-sischen Hof über Jahrhunderte die Festaufzüge(oder, wie man sie damals nannte: „Inventio-nen“19) mit vermummten Instrumentalisten undähnliche Lustbarkeiten, zu denen auch die Berg-sänger regelmäßig geladen wurden, einer besonde-ren Beliebtheit erfreuten, etwa die sogenannten„Wirtschaften“, bei denen der Fürst mit seinerGemahlin die Gäste als Schankwirt traktierte20.

19 Becker-Glauch 1951, 30–64.20 Mackowsky 1904, 94.

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Die nach der Vorstellung Nossenis singendenund musizierenden Engelsputten stellen keinbestimmtes Ensemble dar. Sie widerspiegeln eherdie Vielfalt typischer instrumentaler und vokalin-strumentaler Kombinationen: die der ,,Cantorey-en“ und „Instrumentalisten“, der Bläserchöre mitPosaunen, Zinken und Schalmeien, des Streicher-ensembles sowie der Gruppe der sächsischenBergsänger mit ihren Zistern, kleinen Geigen undHarfen, Trommeln und Triangeln, so, wie sie um

1600 in den Kirchen, zu festlichen Aufzügen oderzu Hochzeiten erklungen sein könnten.

Nach Abschluß der Untersuchungen underfolgter Auswertung sollen die Ergebnisse ineinem Studienband über die Musikinstrumente derBegräbniskapelle im Freiberger Dom zusammen-gefaßt und im Kontext der Besonderheiten dessächsisch-erzgebirgischen Musiklebens betrachtetwerden.

MÜLLER, F. E. 1957Die Musikinstrumente in der Freiberger Dom-kapelle. In: Archiv für Musikwissenschaft XIV.Trossingen.

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Abb. 2 Engelgruppe aus der Begräbniskapelle des Freiberger Domes mit Geradem Zink,Laute, Krummem Zink, Diskantgeige, Schellentrommel, Cister; Ende 16. Jh. Foto: Volker

Friedemann Seumel, Musikinstrumenten-Museum der Universität Leipzig.

Abb. 1 Decke der Begräbniskapelle im Freiberger Dommit musizierenden Engeln (die meisten nicht sichtbar).Foto: Knopfe, Freiberg. Courtesy Ruth Gerig Verlag

und Galerie am Turm, Quedlinburg.

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Abb. 4 Engel aus der Begräbniskapelle des FreibergerDomes mit Harfe; Ende 16. Jh. Foto: Volker Friede-mann Seumel, Musikinstrumenten-Museum der Univer-

sität Leipzig.

Abb. 3 Engel aus der Begräbniskapelle des FreibergerDomes mit Baßgeige; Ende 16. Jh. Foto: Volker Friede-mann Seumel, Musikinstrumenten-Museum der Univer-

sität Leipzig.

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