Infektionen des Bewegungsappeaastr · 2019-08-14 · Peter E. Ochsner, Olivier Borens, Paul-Michael...

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Herausgegeben durch die Expertengruppe „Infektionen des Bewegungsapparates“ der swiss orthopaedics und der Swiss Society for Infectious Diseases. Infektionen des Bewegungsapparates Grundlagen, Prophylaxe, Diagnostik und Therapie Überarbeiteter Nachdruck der 2. Auflage im Eigenverlag swiss orthopaedics, Grandvaux 2016

Transcript of Infektionen des Bewegungsappeaastr · 2019-08-14 · Peter E. Ochsner, Olivier Borens, Paul-Michael...

  • Herausgegeben durch die Expertengruppe „Infektionen des Bewegungsapparates“ der swiss orthopaedics und der Swiss Society for Infectious Diseases.

    Infektionen des BewegungsapparatesGrundlagen, Prophylaxe, Diagnostik und Therapie

    Überarbeiteter Nachdruck der 2. Auflage im Eigenverlag swiss orthopaedics, Grandvaux 2016

  • Peter E. Ochsner, Olivier Borens, Paul-Michael Bodler, Ivan Broger, Gerhard Eich, Fritz Hefti, Thomas Maurer, Hubert Nötzli, Stefan Seiler, Domizio Suvà, Andrej Trampuz, Ilker Uçkay, Markus Vogt, Werner Zimmerli

    Infektionen des Bewegungsapparates Grundlagen, Prophylaxe, Diagnostik und Therapie

    Überarbeiteter Nachdruck der 2. Auflage 2016

    Herausgegeben durch die Expertengruppe „Infektionen des Bewegungsapparates“ der swiss orthopaedics und der Swiss Society for Infectious Diseases.

  • Wichtige Hinweise für den Gebrauch:Soweit in diesem Leitfaden Dosierungen oder Applikationsempfehlungen erwähnt werden, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass die Expertengruppe, die Autoren, die Herausgeber und der Verlag große Sorgfalt darauf verwendet haben, dass diese Angaben dem Wissensstand bei der Fertigstellung des Werkes entsprechen.

    Jeder Anwender ist aber gehalten, vor der Durchführung einer Behandlung die Dosierungen von Medikamenten mit den entsprechenden Fachspezialisten zu be-sprechen und durch das Studium der Beipackzettel zu überprüfen. Aktualisierungen der Behandlungspläne im Laufe der Zeit sind zu berücksichtigen. Die Expertengrup-pe appelliert an alle Benutzer, mögliche Ungenauigkeiten zu melden.

    Der Inhalt dieses Leitfadens ist urheberrechtlich geschützt. Auszüge dürfen unter ausdrücklichem Quellennachweis kopiert und verbreitet werden, wenn sie textlich nicht verändert werden und der Ursprung wie folgt zitiert wird: Aus: Infektionen des Bewegungsapparates. Hrsg. durch die Schweiz. Gesellschaft für Orthopädie und Traumatologie (swiss orthopaedics) und die Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie (Swiss Society for Infectious Diseases), 2. Auflage Grandvaux 2015.

    Layout und Druck:Heraeus Medical GmbH, Philipp-Reis-Str. 8/13, D-61273 Wehrheim

    Verlag:Eigenverlag swiss orthopaedics, Grandvaux

    Printed in Germany

    Illustrationen Buchcover: Kopfprothese mit verzögertem Infekt und als Folge Knorpelverschleiß, Pfannendachzyste, Zement- und Prothesenlockerung. Ausschnitt: Implantatoberfläche mit etabliertem Biofilm (Rasterelektronen mikroskop).

    1. deutsche Auflage 2013Nachdruck 20142. überarbeitete und erweiterte deutsche Auflage 2015 1. englische Auflage 20141. französische Auflage 20151. chinesische Auflage 2015

  • Erhältlichkeit des gedruckten Leitfadens: ■ swiss orthopaedics

    Chemin de la Bovarde19, CH-1091 Grandvaux, Bestellformular auf: www.swissorthopaedics.ch

    ■ Swiss Society for Infectious Diseases PD Dr. Ilker Uçkay, Secretary Swiss Society for Infectious Diseases, E-Mail: [email protected], www.sginf.ch

    ■ Heraeus Medical GmbH, Philipp-Reis-Str. 8/13, D-61273 Wehrheim, E-Mail: [email protected], www.heraeus-medical.com

    Erhältlichkeit des Infektiologischen Passes in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch (vgl. Kap. 18):

    ■ Heraeus Medical GmbH, Philipp-Reis-Str. 8/13, D-61273 Wehrheim, E-Mail: [email protected], www.heraeus-medical.com

    http://www.swissorthopaedics.chmailto:[email protected]://www.sginf.chmailto:[email protected]://www.heraeus-medical.commailto:[email protected]://www.heraeus-medical.com

  • Im Jahre 2006 schuf die Schweizer Gesellschaft für Orthopädie und Trauma tologie (swiss orthopaedics) die Expertengruppe „Infektionen des Bewegungsapparates“. Von Beginn an war klar, dass diese Kommission fachübergreifend mit den speziell ausgebildeten Infektiologen kooperieren musste. Es war dann ein besonderes Glück, dass sich gleich fünf bekannte Infektiologen – Gerhard Eich, Andrej Trampuz, Ilker Uçkay, Markus Vogt und Werner Zimmerli – zur Zusammenarbeit bereit erklärt haben. Die Fachgesellschaften für Infektiologie und für Orthopädie und Traumato-logie stehen beide als Herausgeber hinter der vorliegenden Publikation.

    Infektionen des Bewegungsapparates, vor allem in Assoziation mit Implantaten wie einer Gelenkprothese, stellen nach wie vor eine ernsthafte Komplikation dar und bedeuten für den Betroffenen langwierige Behandlungen mit nicht ganz sicherem Therapieerfolg. Oft kann dabei das primäre Implantat nicht erhalten werden. Das Thema ist und bleibt aktuell, da Infektionen für Patienten und Ärzte eine ganz spezielle Herausforderung mit hohen Anforderungen an das gegenseitige Vertrauen darstellen. Da die Komplikation glücklicherweise relativ selten eintritt, fehlt zum Teil die Erfahrung, wie diagnostisch und therapeutisch am besten vorzugehen ist. So ist es Ziel dieser Publikation, den Orthopäden und Infektiologen ein Nachschlagewerk zur Verfügung zu stellen, in dem die speziellen Aspekte der Infektionen des Bewe-gungsapparates festgehalten werden.

    Der Vorstand der swiss orthopaedics hat das durch die kombinierte Exper-tengruppe vorgelegte Werk mit Freude zur Kenntnis genommen und dankt an dieser Stelle allen Beteiligten für ihre Arbeit. Es ist kein Zufall, dass zwei der Initiatoren – Peter Ochsner und Werner Zimmerli – wegen ihres großen Engage-ments und ihrer Verdienste um die Belange der Infektiologie Ehrenmitglieder der swiss  orthopaedics sind.

    Möge es gelingen, dass die Publikation zum Wohle der Patienten mit Infektionen des Bewegungsapparates als Mittel zur Fortbildung und als Ratgeber in kritischen Situationen beigezogen wird. Zum unbestreitbaren Erfolg wird es dann, wenn fort-während Verbesserungen und Erneuerungen darin Aufnahme finden und damit die internationale Vorreiterrolle der Schweiz bei der Entwicklung von Konzepten zur Bekämpfung von Infektionen des Bewegungsapparates bestätigen.

    Bern, im Juni 2014 Bernhard Christen Präsident swiss orthopaedics

    Geleitwort des Präsidenten swiss orthopaedics

  • Infektionen des Bewegungsapparates treten entweder spontan (z. B. Arthritis des Nativgelenkes, Spondylodiszitis usw.) oder als postoperative Komplikationen (z. B. Implantat-assoziierte Infektion) auf. Im Alltag des orthopädischen Chirurgen sind Infektionen selten. Treten sie als nosokomiale Komplikation auf, fühlen sich die betroffenen Patienten bedroht und sind beunruhigt. Eine offene Diskussion und gut erläuterte diagnostische und therapeutische Maßnahmen können das Vertrauen in die behandelnden Ärzte wiederherstellen. Dabei ist die enge Zusammenarbeit der Orthopäden und der Infektiologen von entscheidender Bedeutung. Wichtig ist für den Patienten, dass er diese Zusammenarbeit am Krankenbett miterlebt.

    Der vorliegende Leitfaden soll aufzeigen, welches Vorgehen in den einzelnen Situ-ationen empfehlenswert ist. Er wendet sich in erster Linie an diejenigen Orthopäden und Infektiologen, welche nicht regelmäßig solche Patienten betreuen Er erläutert sowohl die diagnostischen Schritte, als auch die rationalen Therapien. Zudem hat er zum Ziel, den Orthopäden in die Denkweise des Infektiologen und umgekehrt, einzuführen.

    Verfasst wurde der Leitfaden durch die Expertengruppe „Infektionen des Be-wegungs apparates“, welche durch die swiss orthopaedics beauftragt wurde, die Kenntnisse über diese Erkrankungen unter den Orthopäden zu fördern. Die Zusam-mensetzung der Expertengruppe zeigt eine ausgewogene Vertretung der verschie-denen Schweizer Regionen. Fünf bezüglich der Infektionen des Bewegungsappara-tes besonders versierte Infektiologen sind – unterstützt durch die Swiss Society for Infectious Diseases – in die Autorenschaft integriert.

    Die 2. deutsche Auflage, die mit Absicht größer geplant war als die erste, ist schon derart rasch wieder vergriffen, dass wir uns darauf beschränken müssen, vor einem Nachdruck nur die notwendigsten Korrekturen vorzunehmen.

    Wir sind dankbar, dass wir weiterhin auf die tatkräftige Unterstützung der Firma Heraeus Medical GmbH zählen dürfen. So ist es uns möglich, stetig Anpassungen des Buches an die Entwicklung vorzunehmen.

    Im Namen der ExpertengruppeFrenkendorf und Lausanne,im Oktober 2015 Peter E. Ochsner und Olivier Borens

    Vorwort der Expertengruppe

  • Danksagung

    Ohne vielseitige tatkräftige Unterstützung ist ein derart gebietsüberschreitendes Werk nicht realisierbar. Wir möchten den vielen Ratgebern und Helfern ein herz-liches Dankeschön aussprechen.

    Neben vielen ungenannten waren dies auf die Kapitel bezogen in erster Linie: ■ Kap. 2: Prof. Dr. med. Andreas Widmer, Universitätsspital, Basel (Stellungnah-

    men zur Prophylaxe) ■ Kap. 4: Dr. med. Martin Clauss, Liestal (kritische Textdurchsicht), Prof.

    Dr. med. Uli Exner, Zürich (Einsatz silberbeschichteter Tumorprothesen), Dr. med. Lars Frommelt, Mikrobiologe, HELIOS ENDO-Klinik, Hamburg (Antibiotika beimischung zum Zement), PD Dr. med. Andreas Krieg, Universi-tätskinderklinik beider Basel (Einsatz silberbeschichteter Tumorprothesen), Dr. pharm. Anke Leumann, Bahnhof apotheke, Lörrach (Antibiotika-beimischung zum Zement), Heraeus Medcial GmbH Wehrheim (Antibiotika in PMMA-Zement), Dr. med. Peter Wahl, Hôpital cantonal, Fribourg (kriti-sche Textdurchsicht, Einsatz von Calciumsulfat)

    ■ Kap. 6: Dr. med. Steffen Bergelt, Aarau (Vorschläge zu Histolo gie, dazugehöri-ge Illustrationen), Dr. Sigrid Pranghofer und Dr. Martin Altwegg, Labor Bio-analytica, Luzern (Durchsicht mikrobiologische Anteile und PCR), Dr. med. Michael Wissmeyer,  HCUGE, Genève (Durchsicht und Ergänzung Nuklear-medizinische Diagnostik), Dr. Michaela Schneiderbauer, University of Miami (Vorschläge zur zweiten Auflage), Prof. Dr. med. Daniel Kalbermatten Univer-sitätsspital Basel (Abb. 6-3)

    ■ Kap. 9: Prof. Dr. med. André Gächter, Mörschwil (Illustrationen und Ergän-zungen), Dr. Michaela Schneiderbauer, University of Miami (für die kritischen Kommentare zur revidierten Fassung)

    ■ Kap. 12: Prof. Dr. med. Dirk J. Schäfer, Universitätsspital, Basel (Stellenwert verschiedener plastisch-rekonstrukiver Methoden. Zusätzlich hat er alle bild-lich dargestellten Beispiele von freien Transplantaten operiert.)

    ■ Kap. 13: Dr. med. Thomas Böni, orthopädische Universitätsklinik Balgrist, Zürich (zahlreiche Ergänzungen)

    ■ Kap. 15: Dr. Sigrid Pranghofer, Luzern (kritische Textdurchsicht, An fertigung aller Illustrationen des Kapitels),

    ■ Kap. 17: Dr. Stefano Giulieri, CHUV, Lausanne (Kapitelergänzungen) ■ Kap. 19: Dr. Sigrid Pranghofer, Luzern und PD Dr. Seife Hailemariam, Institut

    für Histologie und zytologische Diagnistik, Aarau (gemeinsame Umsetzung des vorgeschlagenen Formulars in die Praxis)

    Für die freundliche Unterstützung der Heraeus Medical GmbH, Wehrheim, bei Gestaltung und technischer Realisierung möchten wir uns herzlich bedanken.

    Die Expertengruppe

  • Expertengruppe Infektionen des Bewegungsapparates

    Prof. Dr. med. Peter E. OchsnerEmerit. Extraordinarius Orthopädie an der Universität BaselRüttigasse 7, 4402 Frenkendorf, Schweiz, [email protected]

    PD MER Dr. med. Olivier Borens (Präsident)Chefarzt Septische Chirurgie, Klinik für Orthopädie und UnfallchirurgieUniversitätsspital Lausanne, CHUVRue Bugnon 46, 1001 Lausanne, Schweiz, [email protected]

    Dr. med. Paul-Michael Bodler Orthopädie am RosenbergRorschacherstr. 150, 9006 St. Gallen, Schweiz, [email protected]

    Dr. med. Ivan BrogerCo-Chefarzt/Stv. Leiter Orthopädie, Kantonsspital GraubündenLoestr. 99, 7000 Chur, Schweiz, [email protected]

    Dr. med. Martin Clauss Klinik für Orthopädie und Traumatologie, Kantonsspital Baselland, Rheinstr. 26, 4410 Liestal, Schweiz, [email protected]

    Dr. med., dipl. chem. ETH Gerhard Eich, med. Mikrobiologie FAMH Leiter Infektiologie, Spitalhygiene, Arbeitsmedizin, Stadtspital Triemli Birmensdorferstr. 497, 8063 Zürich, Schweiz, [email protected]

    Dr. med. Thomas MaurerFacharzt für Orthopädie und Traumatologie des BewegunsapparatesIm Zagenacker 18, 4411 Seltisberg, Schweiz, [email protected]

    Prof. Dr. med. Hubert NötzliOrthopädie SonnenhofBuchserstr. 30, 3006 Bern, Schweiz, [email protected]

    Dr. med. Stefan Seiler (früheres Mitglied)Praxis bei der Klinik Linde Blumenrain 91, 2503 Biel, Schweiz, [email protected]

    PD Dr. med. Parham SendiUniversitätsklinik für Infektiologie, Inselspital, CH-3010 Bern, Schweiz,[email protected]

    mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]

  • PD Dr. med. Domizio Suvà Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Universitäts spital Genf 4, rue Gabrielle Perret-gentil, 1211 Genève 14, Schweiz, [email protected]

    PD Dr. med. Andrej Trampuz (früheres Mitglied)Medizinische Universität Charité, Freie und Humboldt UniversitätCharitéplatz 1, 10117 Berlin, Deutschland, [email protected]

    PD Dr. med. Ilker UçkayInfektiologie, Klinik für Orthopädie, Universitätsspital Genf 4, rue Gabrielle Perret-gentil, 1211 Genève 14, Schweiz, [email protected]

    Prof. Dr. med. Markus VogtChefarzt der Medizinischen Klinik, Zuger KantonsspitalLandhausstr. 11, 6340 Baar, Schweiz, [email protected]

    Prof. Dr. med. Werner Zimmerli (früheres Mitglied)Emerit. Ordinarius Innere Medizin an der Universität BaselOchsengasse 38, 4123 Allschwil, Schweiz, [email protected]

    Gastautor:

    Prof. Dr. med. Fritz HeftiEmerit. Ordinarius Kinderorthopädie an der Universität BaselKonsiliararzt am Universitätskinderspital bei der Basel (UKBB)Im Bertschenacker 5, 4103 Bottmingen, Schweiz, [email protected]

    Expertengruppe Infektionen des Bewegungsapparates

    mailto:[email protected]:[email protected]:[email protected]:[email protected]

  • Inhaltsverzeichnis

    Grundlagen

    1 Der Implantat-assoziierte Biofilm 19Andrej Trampuz

    1.1 Definition 191.2 Entstehung und Ausreifung eines Biofilms 201.3 Interaktion zwischen Implantat und Biofilm 201.4 Ausbildung von Varianten von Mikroorganismen 221.5 Pathogenese von Implantat-assoziierten Infektionen 221.6 Literatur 23

    2 Vermeidung perioperativer Infektionen 25Markus Vogt, Ilker Uçkay, Paul Bodler

    2.1 Allgemein 252.2 Präoperative Maßnahmen 252.3 Intraoperative Maßnahmen 262.4 Postoperative Maßnahmen 272.5. Perioperatives Management von Patienten mit Infektionen / 28 Kolonisation mit multiresistenten Bakterien 282.6 Die Antibiotikaprophylaxe in der orthopädischen Chirurgie 29

    2.6.1 Grundlage der perioperativen Antibiotikaprophylaxe 292.6.2 Praktisches Vorgehen 292.6.3 Eingriffe ohne Evidenz für die Wirkung

    einer Antibiotikaprophylaxe 312.6.4 Wann ist eine Prophylaxe möglicher hämatogener

    Protheseninfektionen sinnvoll? 322.7 Literatur 34

    3 Systemische Antibiotikatherapie 37Werner Zimmerli

    3.1 Grundlagen 373.2 Definitionen zu Antibiotikaeinsatz 413.3 Vorgehen bei Therapieversagen 413.4 Antibiotika 423.5 Literatur 46

  • 4 Die lokale Therapie mit Antiseptika und Antibiotika 47Olivier Borens, Peter E. Ochsner

    4.1 Zielsetzungen einer lokalen Therapie 474.2 Grundlagen 474.3 Antiseptika und ihre wichtigsten Anwendungsformen 48

    4.3.1 Die wichtigsten Antiseptika zur Anwendung bei offenen Wunden und zur  Beschichtung von Implantaten 48

    4.3.2 Antiseptische Abdeckung bei nicht bzw. schwer heilenden Wunden 494.4 Antibiotika und ihre wichtigsten Träger 50

    4.4.1 Antibiotika 504.4.2 Antibiotikaträger 524.4.3 PMMA-Knochenzement mit Antibiotika 534.4.4 Kollagenschwämme mit Antibiotika 604.4.5 Kalziumsulfat-Gips 604.4.6 Beschichtete Implantate 61

    4.5 Literatur 61

    5 Die Vakuumtherapie 63Stefan Seiler

    5.1 Grundlagen 635.2 Therapieprinzipien 635.3 Indikationen und Kontraindikationen 645.4 Vakuumverband, antiseptische Abdeckung oder plastische Chirurgie 665.5 Dont’s 665.6 Literatur 66

    6 Die Diagnostik bei Infektionen des Bewegungsapparates 68Thomas Maurer

    6.1 Blutuntersuchungen 686.1.1 Leukozyten, Differenzialblutbild 686.1.2 C-reaktives Protein (CRP) 686.1.3 Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) 696.1.4 Procalcitonin 696.1.5 Interleukin-6 (IL-6) 69

    Inhaltsverzeichnis

  • 6.2 Gelenkpunktion 706.2.1 Entnahmetechnik Gelenkpunktion 706.2.2 Zellzahl, Differenzierung, Gram-Präparat 726.2.3 Mikrobiologische Resultate 736.2.4 Untersuchung der Gelenkflüssigkeit mit Biomarkern 736.2.5 Kontrastmittelarthrografie 74

    6.3 Bildgebende Diagnostik 746.3.1 Konventionelles Röntgenbild 756.3.2 Computertomografie mit Kontrastmittel 766.3.3 Kernspintomografie 786.3.4 Kontrastmittelarthrografie 796.3.5 Sonografie 796.3.6 Nuklearmedizin 796.3.7 Zusammenfassung bildgebende Diagnostik der Infektionen

    des Bewegungsapparates 826.4 Biopsieentnahme 83

    6.4.1 Antibiotikapause – Verzögerung der Antibiotikaprophylaxe 836.4.2 Entnahmetechnik 836.4.3 Transport zum Laboratorium 866.4.4 Bakteriologische Untersuchung 866.4.5 Polymerasekettenreaktion (PCR) für den molekularen

    Nachweis von Bakterien 866.4.6 Histologische Untersuchung 87

    6.5 Untersuchung der entfernten Fremdkörper mittels Sonikation 896.6 Literatur 91

  • Inhaltsverzeichnis

    Spezielle Infektionen

    7 Die periprothetische Infektion 94Peter E. Ochsner, Werner Zimmerli, Hubert Nötzli

    7.1 Grundlagen 947.1.1 Vorbemerkungen 947.1.2 Ätiologie 947.1.3 Lokalisation 947.1.4 Inzidenz 967.1.5 Risikofaktoren 967.1.6 Klassifikation 96

    7.2 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 977.2.1 Anamnese und Befunde 977.2.2 Labor 987.2.3 Bildgebung 99

    7.3 Therapiewahl, Algorithmus 1007.4 Operative Therapie 102

    7.4.1 Allgemeine Bausteine der operativen Therapie 1027.4.2 Spezifische Bausteine der operativen Therapie 104

    7.5 Antibiotikatherapie 1097.6 Zu erwartende klinische Ergebnisse 1117.7 Dont’s 1117.8 Literatur 112

    8 Die infizierte Osteosynthese – Infekt pseudarthrose – chronische Osteomyelitis 114Peter Ochsner, Werner Zimmerli

    8.1 Grundlagen 1148.1.1 Ätiologie 1148.1.2 Inzidenz 1168.1.3 Klassifikationsmöglichkeiten zur Abschätzung der Schwere

    post traumatischer Infektionen bzw. der Ausdehnung der Knochennekrosen 116

    8.2 Entwicklung des Knochens im Frakturbereich bei Infektion 1208.3 Der Infektionsbeweis 1238.4 Die posttraumatische Arthritis 123

  • 8.5 Antibiotikatherapie 1248.5.1 Indikationen 1248.5.2 Therapiedauer, Probleme 124

    8.6 Frühe Erstmanifestation – die infizierte Osteosynthese 1258.6.1 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 1258.6.2 Behandlungsindikationen 1268.6.3 Operative Therapie 1278.6.4 Prognose und Komplikationen 127

    8.7 Verzögerte Erstmanifestation – die Infektpseudarthrose 1288.7.1 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 1288.7.2 Behandlungsindikationen 1308.7.3 Operative Therapie 1318.7.4 Besondere Behandlungswege 1348.7.5 Prognose und Komplikationen 135

    8.8 Späte Erstmanifestation – die chronische posttraumatische Osteomyelitis 1368.8.1 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 1368.8.2 Behandlungsindikationen 1378.8.3 Operative Therapie 1378.8.4 Besondere Behandlungswege 1398.8.5 Prognose und Komplikationen 141

    8.9 Differenzialdiagnose: Chronische hämatogene Osteomyelitis beim Erwachsenen 1418.9.1 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 1418.9.2 Behandlungsindikationen 1438.9.3 Operative Therapie 1438.9.4 Prognose, Komplikationen 144

    8.10 Dont’s 1448.11 Literatur 144

  • Inhaltsverzeichnis

    9 Die infektiöse Arthritis 146Werner Zimmerli, Olivier Borens

    9.1 Grundlagen 1469.1.1 Ätiologie 1469.1.2 Inzidenz 1469.1.3 Risikofaktoren 1479.1.4 Betroffene Gelenke 147

    9.2 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 1479.2.1 Anamnese 1479.2.2 Klinische Befunde 1479.2.3 Labor 1489.2.4 Bildgebung 1489.2.5 Differenzialdiagnose 148

    9.3 Therapieprinzipien 1499.3.1 Gelenkpunktion 1499.3.2 Arthroskopie 1499.3.3 Arthrotomie 1509.3.4 Synovektomie 1509.3.5 Antibiotische Behandlung 1519.3.6 Generelles zur Physiotherapie 153

    9.4 Dont’s 1539.5 Literatur 154

    10 Die Spondylodiszitis 156Ivan Broger, Stefan Seiler

    10.1 Grundlagen 15610.1.1 Definition 15610.1.2 Pathogenese 15610.1.3 Epidemiologie 156

    10.2 Klinische Symptomatik und diagnostisches Vorgehen 15710.2.1 Klinik 15710.2.2 Labor 15710.2.3 Radiologische Diagnostik/Bildgebende Verfahren 15710.2.4 Mikrobiologie 159

  • 10.3 Therapieprinzipien 15910.3.1 Konservative Behandlung – Antibiotika und Ruhigstellung 15910.3.2 Operative Behandlung – Chirurgie plus Antibiotika 160

    10.4 Prognose und Komplikationen 16110.5 Dont’s 16110.6 Literatur 161

    11 Die Weichteilinfektion 163Domizio Suvà, Olivier Borens, Ilker Uçkay

    11.1 Grundlagen 16311.1.1 Einteilung 16311.1.2 Laboruntersuchungen, Mikrobiologie und Histologie 164

    11.2 Einige wichtige Erkrankungen 16511.2.1 Furunkulose und lokale Hautabszesse 16511.2.2 Erysipel 16511.2.3 Phlegmone (Zellulitis) 16611.2.4 Septische Bursitis 16711.2.5 Nekrotisierende Fasziitis (NF) 168

    11.3 Literatur 170

    12 Die offene Wunde 172Stefan Seiler

    12.1 Grundlagen 17212.1.1 Ätiologie 17212.1.2 Wundarten 172

    12.2 Diagnostik und Klinik 17212.2.1 Anamnese 17212.2.2 Klinische Beurteilung 17212.2.3 Labor 17312.2.4 Mikrobiologie 17312.2.5 Radiologische Diagnostik/bildgebende Verfahren 17312.2.6 Voraussetzungen für die Wundheilung 173

    12.3 Therapie 17412.3.1 Behandlung der akuten Wunde

    (Weichteildefekt, offene Fraktur II./III. Grades) 17412.3.2 Behandlung der subakuten und chronischen Wunden 17612.3.3 Systemische Maßnahmen 177

    12.4 Dont’s 17712.5 Literatur 177

  • Inhaltsverzeichnis

    13 Der diabetische Fuß 178Olivier Borens

    13.1 Grundlagen 17813.1.1 Inzidenz 17913.1.2 Pathogenese 17913.1.3 Klassifikation 179

    13.2 Klinik 18013.3 Diagnostik 18113.4 Therapieprinzipien 182

    13.4.1 Behandlungschritte beim offenen diabetischen Fuß 18213.4.2 Prophylaktische Maßnahmen 185

    13.5 Prognose und Komplikationen 18513.6 Literatur 186

    14 Osteomyelitis und eitrige Arthritis bei Kindern und Jugendlichen 188Fritz Hefti

    14.1 Klassifikation 18814.2 Akute hämatogene Osteomyelitis 188

    14.2.1 Ätiologie und Pathologie 18814.2.2 Vorkommen, Lokalisation 18914.2.3 Klinik, Diagnostik 18914.2.4 Therapie 19114.2.5 Nachkontrollen, Prognose 193

    14.3. Sonderformen der akuten Osteomyelitis 19414.3.1 Akute multifokale hämatogene Osteomyelitis 19414.3.2 Neugeborenenosteomyelitis 19414.3.3 Spondylodiszitis 195

    14.4 (Primär) chronische Osteomyelitis 19514.4.1 Ätiologie 19514.4.2 Klinik, Diagnostik 19514.4.3 Therapie 19714.4.4 Nachbehandlung 19714.4.5 Nachkontrollen, postinfektiöse Deformitäten 19814.4.6 Wachstumsprognose 198

  • 14.5 Sonderformen der chronischen Osteomyelitis 19814.5.1 Chronisch aggressive Osteomyelitis sclerosans Garré 19814.5.2 Chronisch (rekurrierende) multifokale Osteomyelitis (CRMO) 20014.5.3 Spezifische Osteomyelitis (Tuberkulose) 20114.5.4 BCG-Osteomyelitis 20114.5.5 Exogene Osteomyelitis 202

    14.6 Infektiöse (eitrige) Arthritis 20214.6.1 Ätiologie, Lokalisation 20214.6.2 Wachstumsprognose 20214.6.3 Klinik 20314.6.4 Diagnostik und Therapie 20514.6.5 Postinfektiöse Deformitäten 205

    14.7 Dont’s 20514.8 Literatur 206

    Anhang

    15 Eine mikrobiologische Orientierungshilfe 208Gerhard Eich

    15.1 Einleitung 20815.2 Grundlagen 208

    15.2.1 Virulenz und Pathogenität 20815.2.2 Endogene und exogene Infektionen 20915.2.3 Bakterielle Lebensformen 21015.2.4 Diagnostik 21115.2.5 Resistenzprüfung 211

    15.3 Spezielle Bakterien 21415.3.1 Grampositive Bakterien 21415.3.2 Gramnegative Bakterien 21815.3.3 Anaerobe Bakterien 22115.3.4 Weitere Mikroorganismen 222

    15.4 Pilze 22315.5 Nomenklatur und Schreibweise von Mikroorganismen 22315.6 Literatur 224

  • 16 Definitionen 225Paul Bodler

    17 Häufige Fehler bei der Behandlung von Infektionen des Bewegungsapparates 232Ilker Uçkay, Markus Vogt

    17.1 Zur Diagnostik 23217.2 Zur Antibiotikatherapie 23317.3 Diverses 235

    18 Der Infektiologische Pass 237Thomas Maurer

    18.1 Zweck des Infektiologischen Passes 23718.2 Anwendung des Infektiologischen Passes 237

    19 Die Dokumentation von Probenentnahmen für Bakteriologie und Histologie 241Peter E. Ochsner

    19.1 Problematik 24119.2 Zweck eines speziellen Formulars 24119.3 Gestaltung des Formulares 241

    Sachwortverzeichnis 244

    Abbildungsverzeichnis 260

  • 19

    Der Biofilm ist eine effiziente Strategie von Mikroorganismen, die in dieser Form unter ungünstigen Bedingungen, z. B. bei Nahrungsmangel, besser überleben und die Kolonie (Keimpopulation) erhalten und vermehren. Die Ausbildung dieses Biofilms ist ein Resultat der Evolution und der Anpassung von Mikroorganismen an ihr Habitat. Mehr als 80 % aller Mikroorganismen in der Natur existieren als Biofilm. Mit der zunehmenden Anwendung von Implantaten sind wir in der Medizin ver-mehrt mit Mikroorganismen in Biofilmen konfrontiert, die in dieser Form im Kör-per persistieren und sich gegen unser Abwehrsystem mit seinen Antikörpern und Immunzellen sowie gegen Antibiotika wehren.

    1.1 DefinitionBakterien können sich in 2 Lebensformen befinden (Abb. 1-1):

    ■ Planktonische (frei lebende) Form, metabolisch aktiv, rasche Replikation ■ Biofilm, metabolisch wenig aktiv, stationäre Wachstumsphase

    Wegen der verlangsamten Replikation sind Bakterien im Biofilm bis zu 1000-mal resistenter gegen Antibiotika. Nur wenige Antibiotika können Bakterien mit gro-ßer Sicherheit im Biofilm abtöten, sofern dieser weniger als 3 Wochen im Aufbau ist. Rifampicin kann Staphylokokken und Streptokokken, Chinolone können gram-negative Stäbchen eliminieren. Diese Antibiotika spielen bei einer Eradikations-behandlung von Implantat-assoziierten Infektionen eine wichtige Rolle.

    Abb. 1-1: Planktonische und Biofilm-assoziierte Formen von Bakterien

    Andrej Trampuz

    1 Der Implantat-assoziierte Biofilm

  • 20

    Der Implantat-assoziierte Biofilm

    Mikroorganismen bilden ein polymerisiertes Exopolysaccharid (Matrix), das die einzelnen Bakterien einbettet. Ein reifer Biofilm setzt sich zu 25–30 % aus Bakterien und zu 70–75 % aus einer amorphen Matrix zusammen.

    Über Wochen bis Jahre entwickeln sich Biofilme in komplexe dreidimensionale Strukturen mit Wasserkanälen (primitiver Zirkulationsmechanismus), die mit Hilfe von Botenstoffen, den sogenannten Quorum-sensing-Molekülen, untereinander kommunizieren. Die Ultrastruktur des Biofilms kann sich den Bedingungen an-passen, wobei Adhäsions-, Akkumulations- und Ablösungsprozesse genetisch regu-liert werden.

    1.2 Entstehung und Ausreifung eines BiofilmsNach der Adhäsion vermehren sich die Mikroorganismen auf der Oberfläche (Pro-liferation) und bilden eine mehrschichtige Struktur (früher Biofilm). In einem wei-teren Schritt entwickelt sich eine stabile Zellmatrix (reifer Biofilm), gefolgt von der Ablösung einzelner Mikroorganismen von der Oberfläche (Abb. 1-2). Die abgelösten Bakterien wandeln sich in ihre planktonische Form um, in der sie wieder meta-bolisch aktiv sind und sich rasch teilen.

    ProliferationAdhäsion

    Reifer BiofilmAblösung

    Abb. 1-2: Entwicklungsstufen des Biofilms auf Oberflächen: Adhäsion, Proliferation, reifer Biofilm und Ablösung

    1.3 Interaktion zwischen Implantat und BiofilmDer erste Schritt der Implantat-assoziierten Infektion erfordert die Adhäsion von Mikroorganismen an das Fremdkörpermaterial (Abb. 1-3). Sofern die Kolonisa-tion vor dem Kontakt mit Blut und Plasma des Wirts erfolgt, sind physikalisch-

  • 21

    chemische Mechanismen für die Interaktion zwischen Mikro organismen und der Implantatoberfläche verantwortlich.

    Unmittelbar nach Kontakt mit Blut oder Plasma kommt es zu einer erheblichen Änderung der Oberflächencharakteristika des Implantatmaterials und zur Adsorp-tion zunächst von Albumin. Im Verlauf kommt es zu einer zunehmend komplexe-ren Zusammensetzung abgelagerter Wirtsmoleküle (z. B. Fibronektin, Fibrinogen, Vitronektin, von-Willebrand-Faktor) und zellulärer Elemente (z. B. Thrombozyten, Fibro blasten und aktivierte Endothelzellen). Dies führt zu einer Änderung der Oberfläche, welche die Adhäsion von Mikroorganismen fördert.

    Lyse von planktonischen Bakterien

    Bakterien geschützt im Biofilm

    Implantat Degranulation von Makrophagen

    Antibiotika

    Antikörper

    Abb. 1-3: Biofilm auf der Implantatoberfläche. Frei lebende planktonische Bakterien werden durch Antibiotika und Antikörper abgetötet, während adhärente Bakterien im Biofilm in der extra zellulären Matrix geschützt überleben. Im Kontakt mit Fremdkörpern werden Granulo-zyten/Phagozyten degranuliert und verlieren ihre Fähigkeit zur Phagozytose.

    Durch antimikrobielle Beschichtung, z. B. mit Silber, oder Veränderung der Implan tatoberfläche, etwa durch eine Nanostruktur, kann die Adhäsion der Bak-terien vermin dert und somit das Risiko einer Implantat-assoziierten Infektion reduziert werden.

  • 22

    1.4 Ausbildung von Varianten von MikroorganismenIm Bereich des Implantats können sich atypische Varianten von Mikroorganismen ausbilden, sog. „small colony variants“ (SCV). Es handelt sich um Subpopulationen von Staphylokokken und anderen Bakterienspezies, z. B. Pseudomonas aeruginosa oder Escherichia coli, die durch reduzierte Teilungsraten, atypische Zellmorpholo-gie, reduzierte Pigmentbildung und geringere Stoffwechselleistungen gekennzeich-net sind. Der SCV-Phänotyp ist gekennzeichnet durch vermehrte Biofilmbildung, damit verbunden durch eine vermehrte Ausbildung persistierender Infektionen bei Fremdmaterial sowie durch eine erhöhte Antibiotikaresistenz. SCV gehören zu den sog. schwierig zu behandelnden Bakterien. Zur Ausheilung einer Infektion ist beim Nachweis von SCV in der Regel ein zweizeitiger Prothesenwechsel erforderlich (vgl. Kap. 15.2.3).

    1.5 Pathogenese von Implantat-assoziierten InfektionenDie Infektion eines Implantates kann auf drei unterschiedlichen Wegen erfolgen (Abb. 1-4):

    ■ Intraoperativ durch direkte Besiedlung (Kolonisation) des Fremdmaterials über die chirurgische Wunde oder den Luftweg

    ■ Durch hämatogene oder lymphogene Streuung des Erregers von einem an-deren Infektionsherd, z. B. von einem Harnwegsinfekt, Hautinfekt oder einer Pneumonie

    1

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    n (%

    )

    Zeit nach Operation (Jahre)

    Perioperativ erworben

    Hämatogen erworben

    1 2

    Abb. 1-4: Häufigkeit von perioperativen und hämatogenen Protheseninfektionen nach primärer Implantation

    Der Implantat-assoziierte Biofilm

  • 23

    ■ Kolonisation durch direkten Kontakt zu einer benachbarten infizierten Stelle, z. B. einer Osteomyelitis, oder per continuitatem durch Hautdefekt von außen, z. B. bei einer Wundinfektion oder einem infizierten Hämatom oder einem diabetischen Ulcus

    Die Zuordnung zu exogenen und hämtogenen Infektionen ist nicht immer eindeu-tig. Durchgemachte Wundheilungsstörungen, andernorts lokalisierte Infektherde, besondere Bakterienspezies erlauben aber oft eine korrekte Zuordnung. Die meisten Infektionen entstehen intraoperativ sowie über postoperative Wundheilungsstörun-gen. Hierfür spricht die Effizienz präventiver Maßnahmen wie der perioperativen Antibiotikaprophylaxe sowie technischer und Hygienemaßnahmen (vgl. Kap. 2.2 und 2.3). Es konnte gezeigt werden, dass diese Maßnahmen nicht nur zu einer sig-nifikanten Reduktion von Früh-, sondern auch von verzögerten Infektionen führen.

    1.6 Literatur

    Weiterführende Lektüre

    ■ Costerton JW, Stewart PS, Greenberg EP. Bacterial biofilms: a common cause of persistent infections. Science 1999; 284: 1318–22

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    ■ Laverty G, Gorman SP, Gilmore BF. Biomolecular mechanisms of staphylococ-cal biofilm formation. Future Microbiol 2013; 8: 509–24

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  • 24

    Der Implantat-assoziierte Biofilm

    Weitere Artikel

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    ■ Ceri H, Olson ME, Stremick C et al. The Calgary biofilm device: new technology for rapid determiation of antibiotic susceptibilities of bacterial biofilms. J Clin Microbiol 1999; 37: 1771–6

    ■ Kaplan SS, Heine RP, Simmons RL. Defensins impair phagocytic killing by neutrophils in biomaterial – related infection. Infect Immun 1999; 67: 1640–45

    ■ Simonetti O, Cirioni O, Mocchegiani F et al. The efficacy of the quorum sensing inhibitor FS8 and tigecycline in preventing prosthesis biofilm in an animal model of staphylococcal infection. Int J Mol Sci 2013; 14: 16321–32

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    Markus Vogt, Ilker Uçkay, Paul Bodler

    2 Vermeidung perioperativer Infektionen

    2.1 AllgemeinPerioperative Infektionen gehören zu den gefürchtetsten und häufigsten Kompli ka-tionen nach orthopädischen Eingriffen. Sie führen sehr oft zu verlängerten Klinik-aufenthalten und zu hohen Kosten.

    Perioperative Infektionen werden in erster Linie durch Hautkeime des Patienten und eventuell auch durch in der Raumluft vorhandene Bakterien ausgelöst. Eine Vielzahl der Infek tionen ist vermeidbar. Perioperative Infektionen werden prä-, peri- oder postoperativ verursacht.

    Die in den Kap. 2.2–2.4 gemachten Empfehlungen zur Vermeidung perioperativer Infektionen sind aufgrund der Wertigkeit der zugrundeliegenden Studien eingeteilt:

    ■ Gruppe A basiert auf Level-I-Studien ■ Gruppe B basiert auf Level-II–III-Studien ■ Gruppe C basiert auf Level-IV–V-Studien

    Die wichtigste Maßnahme zur Reduktion perioperativer Infektionen ist die präope-rative Antibiotikagabe. Diese wird im Kap. 2.6 ausführlich besprochen.

    2.2 Präoperative MaßnahmenA ■ Ist der Patient an einer systemischen oder lokalen bakteriellen Infektion

    erkrankt, so soll diese behandelt und eine elektive Operation verschoben wer-den. Eine asymptomatische Kolonisation der Harnwege durch Bakterien oder Candida spp., also ein sogenannter asymptomatischer Harnwegsinfekt, stellt hingegen keine Indikation zur antibiotischen Behandlung dar. Ein elektiver Eingriff muss deshalb nicht verschoben werden.

    ■ Bei Diabetikern soll die Blutzuckereinstellung optimal sein.

    B ■ Patienten sollen darüber aufgeklärt werden, dass bei Rauchern ein erhöhtes perioperatives Infektionsrisiko besteht.

    ■ Das präoperative Duschen mit einem Antiseptikum reduziert die Keimzahl auf der Haut. Eine signifikante Reduktion der Infektionsrate kann dadurch jedoch nicht erreicht werden. Patienten sollen mindestens am Vortag oder am Ope-rationstag duschen und dabei medizinische Seife verwenden. Ein neuer prä-operativer Präventionsansatz ist das Screenen von Patienten (mit konsekutiver präoperativer Dekolonisation der Körperoberfläche und Nares) auf das Vor-handensein von S.  aureus (unabhängig ob Methicillin-sensibel oder MRSA), wobei zum heutigen Zeitpunkt die Dauer und Art der Dekolonisation nicht evidenzbasiert belegt sind. Praktisch führen viele Zentren, vor allem im euro-päischen Ausland, bei Risiko patienten mit nachgewiesener S. aureus-Kolonisa-

  • 26

    Vermeidung perioperativer Infektionen

    tion eine präeemptive De kolonisation mit Chlorhexidin und/oder intranasa-lem Mupirocin während 3–7 Tagen durch.

    ■ Vor der ersten Operation soll das Operationsteam die Hände waschen, sodass sie makroskopisch sauber sind.

    ■ Das Operationsteam soll die Hände mit einer alkoholischen Lösung mit einem Remanenzzusatz, z. B. Chlorhexidin, nach einem festen Schema für mindestens 2–5 Minuten desinfizieren. Die Fingernägel müssen kurz sein. Es dürfen keine künstlichen Fingernägel und Schmuckgegenstände getragen werden.

    ■ Vor jeder weiteren Operation müssen die Hände erneut desinfiziert werden. ■ Durch geeigneten Wärmeschutz soll ein Auskühlen des Patienten vor der Ope-

    ration verhindert werden. ■ Eine verunreinigte Hautoberfläche des Patienten muss zunächst gewaschen

    und mechanisch gereinigt werden. ■ Für die Desinfektion des Operationsfeldes sind Mittel auf der Basis von Alko hol

    (70g%) kombiniert mit Chlorhexidin bzw. Jod heute international empfohlen. ■ Durch jodbeschichtete Folien kann die Hautkontamination vermindert wer-

    den. Die Infektionsrate wird dadurch jedoch wahrscheinlich nicht reduziert. Dasselbe gilt für Folien ohne Jodbeschichtung, die gelegentlich verwendet wer-den aber deren Nutzen bis jetzt wissenschaftlich nicht belegt ist.

    ■ Haare sollen nur dann entfernt werden, wenn sie direkt im Zugangsbereich liegen. Zur Entfernung soll ein elektrischer Clipper mit einem Einmalkopf verwendet werden. Die Haarentfernung soll so kurzfristig wie möglich vor der Operation erfolgen.

    ■ Alle im Operationsbereich tätigen Personen sollen gegen Hepatitis B geimpft sein.

    ■ Die Mitarbeiter sollen eigene Erkrankungen an einer übertragbaren Infektions-krankheit melden. Es sollen Richtlinien bestehen, welche die Maßnahmen und das Verhalten in Falle einer Erkrankung regeln.

    ■ Der präoperative Klinikaufenthalt soll so kurz wie möglich sein.

    2.3 Intraoperative MaßnahmenA ■ Der Patient soll gut oxygeniert und nicht hypotherm sein.

    B ■ Im Operationssaal soll gegenüber den angrenzenden Räumen ein positiver Luftdruck bestehen. Operationssäle, in denen gelenkersetzende Operationen durchgeführt werden, sollten vermutlich über einen „laminar airflow“ verfü-gen. Harte wissenschaftliche Evidenz für diese Empfehlung fehlt jedoch. Lami-nar airflow ermöglicht eine Reduktion der Keimzahl über dem Operations-

  • 27

    gebiet, aber keine Reduktion der Frequenz von postoperativen klinischen Infektionen.

    ■ Die Türen des Operationssaals sollen geschlossen sein und möglichst selten geöffnet werden.

    ■ Das Operationsteam muss Masken tragen (Mund-Nasenschutz Typ II), die Mund und Nase bedecken, sowie Hauben, die die Haare komplett bedecken. Personal im Sterilbereich muss sterile Mäntel und Handschuhe tragen. Sterile Operationsmäntel müssen wasserabstoßend sein.

    ■ Operationskleidung welche verunreinigt ist, muss gewechselt werden. Es steht zur Diskussion, ob bei infektbedingten Revisionsoperationen nach dem vollstän digen Debridement und möglicher Prothesenentfernung und vor dem Einbringen von neuem Prothesen- und/oder Osteosynthesematerial die Operationskleidung gewechselt und das Operationsfeld neu steril abgedeckt werden soll.

    ■ Vor dem Einsetzen definitiver Prothesen soll der Operateur die Handschuhe wechseln, auch wenn es für diese Empfehlung keine harte Evidenz gibt.

    ■ Der Operateur kann durch eine suffiziente Hämostase, einen vorsichtigen Umgang mit den Weichteilen, der Resektion von avitalem Gewebe und der Ver-meidung von Toträumen das Infektionsrisiko reduzieren.

    ■ Drainagen sollen durch eine separate Inzision ausgeleitet werden, die entfernt von der eigentlichen Wunde liegt. Es sollen geschlossene Drainagesysteme ver-wendet werden.

    C ■ Nur das unbedingt notwendige Personal soll sich im Operationssaal aufhalten; Türen sollen nicht unnötig geöffnet werden.

    ■ Die Operationszeit sollte so kurz wie möglich sein. „Ein guter Operateur ope-riert langsam und ist schnell fertig.“

    2.4 Postoperative MaßnahmenA ■ Durch die Verwendung von Okklusivverbänden kann das Infektionsrisiko ver-

    ringert werden.

    B ■ Verbände sollen nicht früher als 24 Stunden postoperativ gewechselt werden. ■ Die Hände sollen vor und nach einem Verbandswechsel desinfiziert werden. ■ Die Drainagen sollten so früh wie möglich, bei Infektrevisionen aber auch

    angepasst an die Flüssigkeitsproduktion, gezogen werden.

  • 28

    Vermeidung perioperativer Infektionen

    C ■ Der Verbandswechsel soll in sauberer Technik (Handschuhe!) durchge führt werden.

    ■ Patienten und Angehörige sollen in der korrekten Wundbehandlung unterrich-tet werden und über Symptome einer Wundinfektion aufgeklärt sein.

    2.5. Perioperatives Management von Patienten mit Infektionen / Kolonisation mit multiresistenten Bakterien

    In der vorliegenden Literatur besteht keine Einigkeit und keine wissenschaft liche Evi-denz darüber, welche zusätzlichen Maßnahmen in diesen Situationen nötig sind. Die Isolationsmaßnahmen werden in diesen Fällen in der Schweiz und auch anderswo sehr unterschiedlich gehandhabt. Die außerhalb des Operationssaales geltenden Vorschriften der Isolation sind gegenüber den im Operationssaal bei den üblichen Patienten angewandten Sterilitätsvorschriften weniger strikt. Das Prinzip des Aus-ziehens der Operationskleidung im Operationssaal am Ende der Operation (Haube, Maske, Schürzen, Handschuhe) sowie die Reinigung der Operations säle zwischen jeder Operation sind strikter. Die Platzierung von Patienten mit multi resistenten Keimen auf den Schluss des Operationsprogrammes ergibt keine belegbare Risiko-verminderung. Demgegenüber müssen nach dem Verlassen des Operationssaales die für die Abteilung vorgeschriebenen Isolationsmaßnahmen weitergeführt wer-den. Es empfiehlt sich deshalb, so klinisch möglich, diese Patienten ohne Aufenthalt im Wachsaal direkt auf ihr Zimmer zurückzuverlegen. Es bleibt den für die Hygiene Verantwortlichen überlassen, allenfalls gewisse Vorgehensweisen zu verschärfen.

    Bei folgenden Bakteriengruppen drängen sich spezielle Maßnahmen auf: ■ Methicillin-resistente S. aureus (MRSA): Ein ambulantes Screening von

    Patien ten aus endemischen MRSA-Gebieten vor der Hospitalisation ist sinn-voll. Perioperative Antibiotikaprophylaxe mit Vancomycin

    ■ ESBL-Träger (Gram-negative Keime, wie z. B. Escherichia coli oder Klebsiel-len): Sie bevölkern den Urogenital- oder den Rektalbereich. Darum erübrigt sich eine Anpassung der Standardprophylaxe bei orthopädischen Eingriffen ausserhalb dieses Bereiches.

    ■ Aerogen übertragbare Pathogene, wie z. B. eine offene, unbehandelte Tuber-kulose: Verschiebung der Operation auf das Programmende und Benutzung ultrafiltrierender Operationsmasken, evtl. Negativdruck im Operationssaal, falls möglich.

  • 29

    2.6 Die Antibiotikaprophylaxe in der orthopädischen Chirurgie

    2.6.1 Grundlage der perioperativen Antibiotikaprophylaxe

    Eine richtig durchgeführte perioperative Antibiotikaprophylaxe reduziert die Rate postoperativer Infektionen und hat sich deshalb für definierte orthopädische Ein-griffe breit durchgesetzt. Eine effiziente und optimal eingesetzte Antibiotikaprophy-laxe ist aber kein Ersatz für eine gute, möglichst wenig traumatisierende Operations-technik und ein kompetentes postoperatives Management.

    2.6.2 Praktisches Vorgehen

    Anzahl der AntibiotikagabenDie Verabreichung einer einzigen Antibiotikadosis (single-shot) ist bei Operationen bis zu einer Dauer von 3 Stunden ausreichend. Eine längere, auf mehrere Dosen ver-teilte Antibiotikaprophylaxe erbringt keinen zusätz lichen Nutzen, birgt jedoch die Gefahr einer Resistenzentwicklung.

    Bei Operationen, die länger als 3 Stunden dauern, einem Blutverlust von über 2000 ml oder notwendigen Infusionsmengen von über 2000 ml sollte eine zusätz-liche Prophylaxegabe verabreicht werden, um zu gewährleisten, dass beim Wundver-schluss die Gewebespiegel des Antibiotikums weiterhin genügend hoch sind. Eine erneute Dosierung soll erfolgen, sobald der erste der oben genannten Parameter erreicht ist.

    EvidenzDie Effizienz der Antibiotikaprophylaxe in der orthopädischen Chirurgie ist belegt. In einer randomisierten Studie mit 2137 Patienten, die Hüftprothesen erhielten, betrug die Infektionsrate unter Placebo 3,3 % (35/1067) und unter Cefazolin 0,9 % (10/1070). Weitere Studien und Metaanalysen haben die Wirksamkeit einerAntibiotikaprophylaxe bei orthopädischen Eingriffen bestätigt.

    Zeitpunkt der AntibiotikagabeDie Antibiotikaprophylaxe soll sicherstellen, dass  vom Zeitpunkt der Inzision bis zum Wundverschluss bakterizide Konzentrationen im Gewebe bestehen. In einer neuen prospektiven Beobachtungsstudie mit 3836 chirurgischen Eingriffen und einer Prophylaxe mit 1,5 g Cefuroxim i.v. wurde bestätigt, dass mit einer Prophylaxe-gabe 30–59 Minuten vor Inzision signifikant niedrigere Wundinfektionsraten zu ver-zeichnen waren als bei einer Gabe während der letzten 30 Minuten (Tab. 2-1).

  • 30

    In einer prospektiven Studie mit 2847 Patienten wurden die Wundinfektionsraten in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Gabe prophylaktischer Antibiotika untersucht. Während die Wundinfektionsrate bei Gabe der Prophylaxe innerhalb 2 Stunden vor Schnitt mit 0,6 % niedrig war, lagen die Raten bei früherer Gabe mit 2,4 % oder spä-terer Gabe mit 3,3 % deutlich höher.

    Unsere Empfehlung: Aufgrund klinischer Studien ist die Infektionsrate am nied-rigsten, wenn der Zeitpunkt der Antibiotikagabe mit der Narkoseeinleitung zusam-menfällt (30–59 Minuten vor Inzision).

    Bei Operationen in BlutsperreBei Operationen in Blutsperre (z. B. Kniearthroplastik) wurde bisher die Antibio-tikaprophylaxe 30–60 Minuten vor Anlegen des Tourniquets verabreicht. In einer kürzlich veröffentlichten großen, randomisierten, doppelblinden und placebokont-rollierten Studie bei Patienten mit einer Kniearthroplastik erhielten 442 eine konven-tionelle Prophylaxe mit 1,5 g Cefuroxim 10–30 Minuten vor Anlegen der Blutsperre und 466 Patienten die gleiche Dosis 10 Minuten vor dem Beenden der Blutsperre. Die Wundinfektionsrate betrug nach 3 Monaten 3,4 % in der konventio nellen und 1,9 % in der experimentellen Gruppe (p = 0,21). Auch nach einem Jahr bestand mit einer Infektionsrate von 3,6 % gegenüber 2,6 % kein signifikanter Unterschied.

    Unsere Empfehlung: Sollte eine intraoperative mikrobiologische Diagnostik (Pro-benentnahme) geplant sein, dann sollte die Antibiotikagabe 10 Minuten vor dem Öffnen der Blutsperre erfolgen (Tab. 2-1).

    Vermeidung perioperativer Infektionen

    Tab. 2-1: Beginn der Antibiotikaprophylaxe

    Indikation Antibiotikum und Verabreichung *

    Alle Operationen mit Osteosynthesen und Prothesen

    1,5 g Cefuroxim, 1 g Cefazolin oder 2 g Cefamandol bei Narkoseeinleitung Falls Blutsperre geplant: 30–60 Minuten vor Schließen der Blutsperre

    Offene Frakturen 1. und 2. Grades Sofort bei Aufnahme ins Krankenhaus, dann nächste Dosis vor Operation, falls mehr als 3 Stunden ver-zögert. Prophylaxedauer 24 Stunden.

    Offene Frakturen 3. Grades Präemptive/empirische Frühtherapie ab Unfallort bzw. ab Notfallstation für 3 Tage (z. B. Amoxicillin/ Clavulansäure i.v. 3 x 2,2 g)

    Geplante mikrobiologische Diagnostik Prophylaxe unmittelbar nach Probenentnahme Bei Blutsperre 10 Minuten vor dem Öffnen

    * Gabe als Kurzinfusion 30–60 Minuten vor Inzision. Bei Eingriffen von über 3 Stunden Dauer soll eine weitere Dosis des jeweiligen Antibiotikums intraoperativ verabreicht werden.

  • 31

    Bei Verdacht auf bestehende Infektion (Keime noch unbekannt) und geplanter Pro-benentnahme sollte ausnahmsweise die Prophylaxe unmittelbar nach der intra-operativen Probenentnahme getätigt werden, um der mikrobiologischen Keim-identifizierung maximale Chancen einzuräumen (auch wenn in vielen Fällen in der Praxis die Keimidentifizierung auch nach einer einmaligen Prophylaxegabe noch möglich ist).

    AntibiotikaauswahlCephalosporine haben sich für die Prophylaxe in der orthopädischen Chirurgie bewährt. Cephalosporine der ersten (Cefazolin) oder zweiten Generation (Cefuro-xim, Cefamandol) haben sich mit ihrem gegen potenzielle Erreger (Staphylokokken, Streptokokken und gramnegative Bakterien) gerichteten Spektrum in der Knochen-chirurgie gut etabliert. Bei schwerer Cephalosporinallergie, einer Haut kolonisation mit Methicillin-resistentem S. aureus (MRSA) oder einer hohen Spitalrate von MRSA sollte Vancomycin eingesetzt werden. Die Rücksprache mit einem Infektiologen ist sinnvoll. Antibiotika mit einem breiten Spektrum (Ceftriaxon, Imipenem, Pipera-cillin-Tazobactam) sind den heute verwendeten Cephalosporinen bei der periope-rativen Prophylaxe nicht überlegen. Sie werden als Therapiereserven bei schweren Infektionen eingesetzt und sollen deshalb nicht zur Prophylaxe verwendet werden. Unter einer länger dauernden Antibiotikatherapie kann es zur Selektion von Methi-cillin-resistenten Koagulase-negativen Staphylokokken kommen.

    Unsere Empfehlung: Bei Patienten mit vorangegangener Antibiotikatherapie von über 2 Wochen oder bei bekannten MRSA-Trägern soll vor der erneuten Implanta-tion von orthopädischem Material eine Prophylaxe mit 1 g Vancomycin als Einzel-dosis mit einer Infusionsdauer von 60 Minuten erwogen werden. In verschiedenen Kliniken wird in dieser speziellen Situation zur Vorbeugung eventueller „Wund-infektionen mit gramnegativen Erregern“ zusätzlich parallel ein Antibiotikum mit Gram-negativem Spektrum als einmalige Kurzinfusion verabreicht. Art und Dosie-rung des Antibiotikums sollten mit einem erfahrenen Infektiologen abgesprochen werden. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht durch Studien gestützt.

    2.6.3 Eingriffe ohne Evidenz für die Wirkung einer Antibiotikaprophylaxe

    Bei folgenden Eingriffen in der orthopädischen Chirurgie ist die Durchführung einer Prophylaxe nicht sinnvoll:

    ■ Arthroskopische Eingriffe ohne Einbringen von Fremdmaterial ■ Spinale Eingriffe ohne Implantate ■ Arthrotomie ■ Amputationen, wenn nicht infektbedingt ■ Entfernung von Osteosynthesematerial

  • 32

    Vermeidung perioperativer Infektionen

    2.6.4 Wann ist eine Prophylaxe möglicher hämatogener periprothetischer Infektionen sinnvoll?

    Während sich die intra- oder perioperativ erworbenen exogenen periprothetischen Infektionen meist in den ersten 2 Jahren zeigen, besteht für Patienten mit Kunst-gelenken im Anschluss an die Operation ein lebenslanges Risiko hämatogener Infektionen. In einer Arbeit zur Pathogenese fanden sich unter 63 Hüftprothesen-infektionen 27 (43 %) hämatogene Infektionen. Von diesen waren drei Viertel Spät-infektionen. Der durch liegende Implantate erworbene Granulozytendefekt bedingt, dass im Gegensatz zum Patienten ohne Implantat deutlich geringere Bakterienkon-zentrationen im Blut zu Fremdkörperinfektionen führen können. Tierexperimen-telle Studien mit mehrmaligen künstlich verursachten Bakteriämien konnten zeigen, dass aber immerhin Konzentrationen von 1000 Staphylokokken/ml Blut notwendig sind, um einen Fremdkörperinfekt zu induzieren.

    ZahnbehandlungenZu unterscheiden sind übliche Zahnbehandlungen von zahnärztlicher Behandlung von Infekten.

    Übliche Zahnbehandlungen Studien bei Kindern konnten zeigen, dass nach Zahnextraktionen zwar über wenige Minuten dauernde Bakteriämien auftreten, diese aber sehr niedrige Keimkonzentra-tionen von 1–28 Keimen/ml Blut aufweisen. Während sich nach Zahnextraktionen unter den Keimen ein Drittel Viridans-Strepto kokken finden, lassen sich diese Kei-me nur bei 2 % der etablierten hämatogenen periprothetischen Infektionen nachwei-sen – also sehr selten. Dies spricht gegen die Hypothese, dass Zahneingriffe für die Pathogenese hämatogener periprothetischer Infektionen eine wichtige Rolle spielen.

    Die Amerikanische Zahnärztegesellschaft und die Amerikanische Akademie der Orthopäden erklärten 2003 in gemeinsamen Leitlinien, dass keine wissenschaft liche Evidenz bestehe, dass hämatogene periprothetische Infektionen mit einer Anti-biotikaprophylaxe verhindert werden könnten. Für spezielle Hochrisikopatienten, wie z. B. Immunsupprimierte oder Patienten mit kürzlich implantierten Prothesen, könne aber eine Prophylaxe erwogen werden. Diese Empfehlung ist jedoch nicht evidenzbasiert.

    Kürzlich konnte in einer prospektiven Fallkontrollstudie an der Mayo-Klinik zum ersten Mal an 339 Patienten mit Infektionen von Hüft- und Knieprothesen und einer gleichen Zahl von Prothesenträgern ohne Infektionen sehr anschaulich gezeigt werden, dass Zahneingriffe keine Risikofaktoren für periprothetische Infek-tionen darstellen und dass eine Antibiotikaprophylaxe auf mögliche sich entwickeln-de Protheseninfektionen keinen Einfluss hatte. Das Risiko für Infektionen war bei Diabetes mellitus (Odds Ratio [OR] 1,8; 95 %CI 1,2–2,8), nach Revisionsoperation

  • 33

    (OR 2,4, 1,6–3,5), bei Immunsuppression (OR 2,2; 1,6–3), Operationszeit mehr als 4 Stunden (OR 2,7, 1,5–5), bei postoperativ sezernierender Wunde (OR 18,7; 7,4–47) und bei Infektionen nicht in Nachbarschaft liegender Organe (OR 2,2; 1,5–3,25) sig-nifikant erhöht. Eine Antibiotikaprophylaxe zeigte sowohl bei Zahneingriffen mit niedrigem (OR 0,8; 0,5–1,2) und höherem Bakteriämierisiko (OR 0,7; 0,5–1,1) kei-nen signi fikanten Effekt. Die Ergebnisse dieser Fallkontrollstudie sind zwar nicht so aussagekräftig wie die einer randomisierten Studie, aber aufgrund der für eine randomisierte Studie benötigten sehr hohen Patientenzahlen ist eine solche Studie schwierig durchführbar.

    Unsere Empfehlung: Keine Prophylaxe bei üblichen Zahnbehandlungen.

    Infektionen im Zahn- und Mundbereich Hier besteht ein echtes Risiko einer häma togenen Streuung. Wir empfehlen, mög-liche Zahnsanierungen vor Protheseneingriffen durchzuführen und im ersten Jahr nach der Implantation diese Eingriffe, wenn immer möglich, zu vermeiden. Bei manifesten Infektionen im Mundbereich, z. B. bei Zahngranulomen oder schwerer Parodontitis, muss eine Antibiotikatherapie und keine Prophylaxe durchgeführt werden.

    Floride HautinfektionenSie sind der wichtigste Grund für hämatogene periprothetische Infektionen. Unter 67 Patien ten mit Spätinfektionen von Prothesen hatten 46 % Haut infektionen, von denen zwei Drittel durch S. aureus verursacht waren. Nur bei 3 Patienten kam eine dentogene Ursache in Frage, wobei die isolierten Erreger keine typischen Mund-keime waren. Während Bakteriämien mit S. aureus ist das Risiko einer periprothe-tischen Infektion am höchsten. Von 44 Patienten mit Kunstgelenken, die von einer S. aureus- Bakteriämie betroffen waren, entwickelten 34 % eine hämatogene peripro-thetische Infektion.

    Zusammenfassend ist eine rasche und adäquate Therapie jeglicher Infektionen viel wichtiger als eine Antibiotikaprophylaxe. Hautinfektionen sind gefährlich, und Patienten müssen informiert werden, sich schnellstmöglich bei einem Arzt zu mel-den. Außerdem müssen während und nach Infektionen, speziell aber bei S. aureus-Bakteriämien, mögliche periprothetische Infektionen gesucht werden.

    Unsere Empfehlung zusammengefasst ■ Gute Mundhygiene und Zahnsanierung vor und nach Protheseneingriff ■ Keine Prophylaxe beim Zahnarzt nötig, bei einem Zahnabszess ist eine Thera-

    pie und keine Prophylaxe erforderlich. ■ Wichtigste Quellen für eine hämatogene periprothetische Infektionen sind

    floride Haut infektionen, Pneumonien und symptomatische Harnwegs infekte. Diese Infektionen sollten wie alle anderen Sepsisformen früh erkannt und be-handelt werden.

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    Vermeidung perioperativer Infektionen

    2.7 Literatur

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    Vermeidung perioperativer Infektionen

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    Werner Zimmerli

    3 Systemische Antibiotikatherapie

    3.1 GrundlagenFür den optimalen Einsatz der antimikrobiellen Therapie müssen Wirkungsspektrum, lokale Resistenzlage, Besonderheiten des Patienten (Alter, Grundleiden, Nieren-insuffizienz etc.), Pharmakokinetik, Toxizität und Ausscheidungsart des Medika-ments sowie klinische Studien für die zu behandelnde Infektion und wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

    ErregerdiagnostikUm den Missbrauch von Antibiotika zu vermeiden, muss sich die antimikrobielle Therapie auf eine adäquate diagnostische Grundlage stützen. Dazu gehören folgende Methoden:

    ■ Mikroskopischer Nachweis (z. B. Gonokokken im Gelenkpunktat) ■ Mikrobiologischer (kultureller) Erregernachweis (z. B. in Blut,

    Biopsie material, Sonikatflüssigkeit, Gelenkpunktat) ■ Antigennachweis (z. B. Pneumokokkenantigen im Urin) ■ Nukleinsäurenachweis (z. B. Borrelia burgdorferi im Gelenkpunktat) ■ Antikörpernachweis (z. B. Mycoplasma pneumoniae im Serum)

    Die mikrobiologische Kultur einschließlich der Resistenzprüfung ist besonders wichtig bei der Behandlung lebensgefährlicher Infektionen oder bei solchen mit möglicherweise multiresistenten Keimen. Auch Infektionen, bei denen eine Lang-zeittherapie notwendig ist (z. B. Spondylodiszitis, Arthritis, Implantat-assoziierte Infektion) oder bei denen die Rezidivgefahr hoch ist (konservativ behandelte Abs-zesse) sollten mikrobiologisch abgeklärt werden, damit die Therapie resistenzgerecht und entsprechend der Bioverfügbarkeit gewählt werden kann.

    ResistenzprüfungMit der Resistenzprüfung sollen Argumente zur Voraussage der Wirksamkeit von Antibiotika beim Patienten gewonnen werden. Der Nachweis der Empfindlichkeit ist jedoch keine Garantie für die Wirksamkeit in vivo. Andere Kriterien, wie Pharmako-kinetik, spezielles Kompartiment, Wachstumsphase des Keimes, pH am Wirkungs-ort oder Keimdichte, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Da Implantat-assozierte Erreger adhärierend und nicht wachsend sind (Biofilmbakterien, vgl. Kap. 1), kann bei diesen Infektionen die Wirksamkeit auf Grund der Resistenzprüfung besonders schlecht vorausgesagt werden.

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    Systemische Antibiotikatherapie

    Bei der Resistenzprüfung werden die isolierten Erreger unter standardisierten Be - dingungen verschiedenen Konzentrationen antimikrobieller Substanzen ausgesetzt. Wächst der Erreger oberhalb einer definierten Konzentration, wird er als resistent gegen diese Substanz bezeichnet. Diese Grenzkonzentration wird minimale Hemm-konzentration (MHK) genannt. Die MHK kann direkt durch die Dilutionsmethode bestimmt werden. Einfachere Methoden sind die indirekte Bestimmung mit dem Plättchendiffusionstest oder dem Epsilometertest (E-Test). Details vgl. Kap. 15.2.5.

    ErregereigenschaftenDie verschiedenen Erreger zeigen eine große Vielfalt von Eigenschaften. Eine Dis-kordanz zwischen der Empfindlichkeit eines Keimes in der Routineresistenzprüfung und derjenigen im Organismus des Patienten kann von besonderen Eigenschaften des Erregers abhängen. Einige für die Therapie wichtige Charakteristika sind in Tab. 3-1 zusammengefasst.

    Intrazelluläre Lage, z. B. Legionellen, Mykobakterien, Chlamydien

    Hohe Keimdichte (Abszess)

    Resistenzentwicklung unter laufender Antibiotikatherapie

    Multiresistenz

    Biofilm, z. B. adhärierende Keime bei Implantat-assoziierten Infektionen

    Langsam oder nicht wachsende Keime, z. B. bei Implantat-assoziierte Infektionen

    Tab. 3-1: Charakteristika des Erregers

    Die Keimdichte ist in Abszessen höher als bei standardisierten Resistenzprüfung in vitro (>106 CFU/ml vs. 105 CFU/ml). Da gewisse Antibiotika, z. B. Betalaktam-Anti-biotika, eine viel schlechtere Wirkung bei hoher Keimzahl haben (Inokulumeffekt), muss diese Situation bei der Therapie berücksichtigt werden. Dies ist der rationale Grund, weshalb bei Implantat-assozierten Infektionen ein sorgfältiges Debridement zur Herdsanierung vor der antibiotischen Behandlung durchgeführt werden muss (vgl. Kap. 4.4.1). Ohne operative Therapie ist das Risiko für ein Therapieversagen und eine Resistenzentwicklung hoch. Besonders ungünstig wirkt sich der Inokulum-effekt aus, wenn der Erreger unter der Einwirkung des Antibiotikums resistent wer-den kann, was typischerweise bei Rifampicin der Fall ist. Das Risiko für eine Muta-tion hängt von der Keimzahl beim Beginn der Therapie ab.

    Bei gewissen Infektionen sind die Keime nicht in Suspension, sondern adhärent. Dies trifft in besonderem Maß für die Osteomyelitis oder für Fremdkörper-assozi-ierte Infektionen zu. Die Abtötungsrate solcher adhärenter Keime kann nicht mit der Routine-Resistenzprüfung vorausgesagt werden. Insbesondere schlecht wirksam

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    sind zellwandaktive Antibiotika. Dies hängt am ehesten mit der langsamen Wachs-tumsrate von adhärenten Keimen zusammen, bei denen die Zellwandsynthese redu-ziert ist. Diese Tatsache muss bei der Therapie mitberücksichtigt werden.

    Resistenzentwicklung Die Resistenzentwicklung tritt in der Regel epidemiologisch in einer geographi-schen Gegend auf (Selektion) in der ein Antibiotikum überdurchschnittlich häufig gebraucht wird. Resistente Erreger können jedoch auch beim individuellen Patien-ten selektioniert werden, wenn die Antibiotikatherapie bei offener Wunde (Fistel, Sekretion) durchgeführt wird. Gewisse Erreger können auch unter der Therapie auf das verabreichte Antibiotikum resistent werden („emergence of resistance“). Diese Gefahr ist hoch bei Pseudomonas aeruginosa unter allen Antibiotika (Cephalospo-rine, Pseudomonaspenicilline, Carbapeneme und Chinolone). Bei Staphylokokken wurde dies unter Chinolonen, Rifampicin oder Fusidinsäure beobachtet. Deshalb sollten diese Substanzen nur in Kombination gegen Staphylokokken verabreicht wer-den. Bei Rifampicin ist dieses Risiko besonders hoch. Gemäss einer schweizerischen multizentrischen Studie sind Risikofaktoren für eine Resistenzentwicklung multi-ple Voroperationen am Infektherd, Behandlungsbeginn bei hohem Inokulum (z. B. kein Debridement!), zu kurze postoperative intravenöse Therapie (

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    Systemische Antibiotikatherapie

    Aus dem oben erwähnten geht hervor, dass für die Therapie vieler Infektionskrank-heiten das Antibiotikum nicht willkürlich nach dem Resultat der Resistenzprüfung gewählt werden kann. Zusätzlich zur Resistenzprüfung sind Ergebnisse von klini-schen Studien besonders für die Wahl der korrekten Substanz bei Staphylokokken-sepsis, Osteomyelitis, Arthritis oder Implantat-assoziierten Infektionen notwendig. Wenn diese Infektionen nicht gemäß den Empfehlungen behandelt werden, die sich aus klinischen Studien ergeben, besteht ein erhöhtes Risiko für ein Therapieversa-gen oder für ein Rezidiv. Rezidive treten besonders häufig nach inadäquater Thera-pie einer Implantat-assoziierten Infektion auf.

    ApplikationsformFür die Entscheidung, ob eine Therapie intravenös oder oral durchgeführt werden soll, geben neben dem Zustand des Patienten (Schluck unfähigkeit, gestörte Magen-Darm-Motilität) vor allem auch die pharmakokine tischen Eigenschaften der Sub-stanz den Ausschlag. Parenterale antimikrobielle Substanzen sind in der Regel bedeutend teurer als orale. Aus wirtschaftlichen Gründen sollten deshalb nach Mög-lichkeit orale Substanzen bevorzugt werden. Dies ist allerdings für manche Indika-tionen und Substanzen nicht möglich. Beispielsweise liegen die Serumspiegel, die mit oralen Betalaktam-Antibiotika erreicht werden, etwa zehnmal niedriger als diejenigen, die mit parenteralen Substanzen erreicht werden können. In besonde-ren Fällen muss die ganze Antibiotikatherapie parenteral verabreicht werden. Die Implantation eines Katheters (z. B. Port-A-Cath) ist die Voraussetzung für eine ambulante parenterale Therapie. Im Gegensatz dazu können Chinolone auch bei schweren Infektionen oral verabreicht werden, sofern der Patient nicht an Erbre-chen leidet. Auch Rifampicin, Fusidinsäure, Linezolid oder Cotrimoxazol haben eine ausgezeichnete Bioverfügbarkeit.

    Die Osteomyelitis oder Nativgelenkarthritis kann für die ganze Therapiedauer oral behandelt werden, falls für den Erreger resistenzgerechte Antibiotika mit gu-ter Bioverfügbarkeit zur Verfügung stehen. Dies ist der Fall, wenn Staphylokokken sensibel auf Chinolone und Rifampicin sind oder wenn gramnegative Stäbchen auf Chinolone sensibel sind. Dieses Vorgehen ist mit Studien belegt.

    Die Implantat-assozierte Arthritis wird dagegen routinemäßig initial 2 Wochen intravenös behandelt. Dies wurde in einer kontrollierten Studie so durchgeführt, al-lerdings gibt es dazu keine vergleichende Studien. Für die initiale i.v.-Therapie gibt es jedoch Argumente. In der perioperativen Phase ist die enterale Resorption häufig gestört. Initial ist im Infektionsherd in der Regel die Keimdichte hoch. Damit ist das Risiko der Resistenzentwicklung („emergence of resistance“) gewisser Antibiotika (v. a. Rifampicin und Chinolone) zu diesem Zeitpunkt am höchsten. In der Tat ist die fehlende oder verkürzte initiale intravenöse Therapie ein signifikanter Risikofaktor für die Entstehung einer Rifampicinresistenz, wie eine multizentrische Studie aus der Schweiz gezeigt hat.

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    Patientenbegleitung bei langdauernder AntibiotikatherapieOft dauert eine Antibiotikatherapie bei Infektionen des Bewegungsapparates lange über die Hospita lisation des Patienten hinaus. Zur Kontrolle des Behandlungsver-laufs sind regelmäßige CRP-Kontrollen notwendig. Je nach den verwendeten Anti-biotika müssen auch andere Laborwerte überprüft werden. Die Begleitung solcher Behandlungen in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt wird durch die Verwendung des Infektiolo gischen Passes wesentlich erleichtert (vgl. Kap. 18).

    3.2 Definitionen zu Antibiotikaeinsatz ■ Prophylaxe: Antibiotikum gelangt vor dem Erreger in die Wunde. Beispiel:

    chirurgische Prophylaxe, in der Regel Einzeldosis ■ Präemptive Therapie: Antibiotikum gelangt erst nach dem Erreger, jedoch vor

    der Infektion in die Wunde. Beispiel: Antibiotikumgabe nach offener Fraktur, in der Regel für ca. 3–5 Tage

    ■ Empirische Therapie: Antibiotikumgabe ohne Kenntnis der individuellen Mikro biologie, also auf Grund von Erfahrungswerten

    ■ Gezielte Therapie: Antibiotikumgabe auf Grund eines definierten Keimes mit nachgewiesener Empfindlichkeit

    3.3 Vorgehen bei TherapieversagenWenn eine antibiotische Therapie nicht die gewünschte Wirkung erzielt, muss das Problem neu evaluiert werden. Insbesondere muss hinterfragt werden, ob die klini-sche Diagnose korrekt war.

    Ist dies der Fall, muss gesichert werden, ob die üblichen Erreger der diagnosti-zierten Infektion auf das verabreichte Antibiotikum empfindlich sind. Einige Er-reger können unter der laufenden Therapie resistent werden. Dies ist jedoch die Ausnahme und wird vor allem bei Pseudomonas aeruginosa gesehen. Häufiger ist eine Superinfektion mit resistenten Bakterien oder mit Pilzen durch eine Selektion dieser Erreger.

    Eine Therapie kann auch aus pharmakokinetischen Gründen versagen. So kann z. B. eine S. aureus-Sepsis nicht mit oralem Flucloxacillin behandelt werden, da die erreichbaren Antibiotikaspiegel bei weitem nicht ausreichen. Interaktionen zwischen den Phagozyten, den Bakterien und den antimikrobiellen Substanzen können ebenfalls ein Therapieversagen erklären. So wirken z. B. Chinolone nur ungenügend bei saurem Milieu und Aminoglykoside werden im Eiter inaktiviert. Dies muss bei der Wahl des Antibiotikums für die konservative Therapie abszedie-render Infektionen (die grundsätzlich eine Domäne der operativen Therapie sind)

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    berücksichtigt werden. Werden die erwähnten Möglichkeiten des Therapieversagens systematisch evaluiert, kann die Chance eines sekundären Ansprechens optimiert werden. Dieses Vorgehen ist nicht zuletzt aus epidemiologischen Gründen wichtig, da beim „blinden“ Wechsel in der Regel Antibiotika mit sehr breitem Spektrum ge-wählt werden. Dies bewirkt einen hohen Selektionsdruck für multiresistente Mikro-organismen.

    3.4 AntibiotikaWirkungsweiseTab. 3-3 zeigt den Wirkmechanismus der verschiedenen Antibiotikaklassen.

    Systemische Antibiotikatherapie

    Antibiotikaklasse Angriffsort

    Betalaktam-AntibiotikaPenicillinPenicillinase-stabile PenicillineAminopenicillineUreidopenicillineCephalosporine 1.–4. GenerationCarbapeneme

    Durch Bindung an die Penicillin-Bindeproteine wird der richtige Aufbau der Zellwand gestört, führt zum Absterben der Bakterien

    GlykopeptideVancomycinTeicoplanin

    Durch Einbau in die Zellwand während der Synthese wird der Zellwand aufbau gestört, führt zum Zelltod

    LipopeptidDaptomycin

    Bindung an Bakterienmembran, Depolarisation und Hemmung der RNA-, DNA- und Proteinsynthese

    RifamycineRifampicin, Rifabutin

    Hemmung der DNA-abhängigen RNA-Polymerase

    MakrolideErythromycin, Clarithromycin, Azitromycin

    Bindung an die 50S-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen und Hemmung der Proteinsynthese

    AminoglykosideGentamicin, Amikacin, Netilmicin, Tobramycin

    Irreversible Bindung an die ribosomale 30S-Untereinheit und Hemmung der Proteinsynthese

    ChinoloneNorfloxacin, Ciprofloxacin, Ofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin

    Hemmung der bakteriellen Gyrase, die für das Supercoiling der bakteriellen DNA verantwortlich ist

    Tab. 3-3: Wirkungsmechanismus von Antibiotika

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    Spektrum der einzelnen AntibiotikaDie wichtigsten Substanzen und deren antimikrobielles Spektrum sind im Folgen-den zusammengefasst. Genaue Angaben zur Wahl der Substanz, zur Dosis und zur Applikation sind in den Tab. 7-1 und 9-2 zu finden. Für weitere Angaben, vor allem zu den Nebenwirkungen, sei auf die entsprechenden Fachbücher verwiesen.

    Penicillin und Aminopenicilline ■ Penicillin V (oral), Penicillin (i. v.), Amoxicillin (oral, i. v.). ■ Spektrum: Betalaktamase-negative Staphylokokken, hämolytische und ver-

    grünende Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken, Anaerobier der Mundflora u. a. m.

    Aminopenicillin mit Clavulansäure ■ Amoxicillin/Clavulansäure ■ Spektrum: Staphylokokken (außer MRSA, Methicillin-resistente Staphylo-

    coccus epidermidis [MRSE]), Haemophilus spp., Anaerobier, Escherichia coli, Klebsiella spp., Proteus spp.

    Penicillinase-stabile Penicilline ■ Flucloxacillin, Cloxacillin, Naficillin ■ Spektrum: S. aureus und Koagulase-negative Staphylokokken (ohne MRSA,

    MRSE)

    Ureidopenicilline ■ Piperacillin/Tazobactam ■ Spektrum: Pseudomonas aeruginosa und andere gramnegative Stäbchen,

    Staphylokokken (außer MRSA, MRSE), andere grampositive Kokken und Anaerobier

    Tab. 3-3: Wirkungsmechanismus von Antibiotika (Fortsetzung)

    Antibiotikaklasse Angriffsort

    Clindamycin Hemmung der ribosomalen 50S-RNA der Bakterien

    TetracyclineDoxycyclin, Minocylin (2. Gen.)Tigecyclin (3. Gen.)

    Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese durch Bindung an die ribosomale 30S-Untereinheit.

    FusidaneFusidinsäure

    Proteinsynthesehemmung

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    Carbapeneme ■ Carbapeneme: Imipenem, Meropenem, Ertapenem ■ Spektrum: sehr breites Spektrum, insbesondere gegen Enterobacteriaceae,

    S. aureus und Anaerobier

    Cephalosporine

    Generationen Parenteral z. B. Oral z. B. Spektrum

    1. Cefazolin Cefadroxil Grampositive außer Enterokokken

    2. Cefamandol, CefuroximCefuroxim-Axetil Proteus spp., Escherichia coli, Staphylokokken

    (Alternative), Haemophilus influenzae

    3.Ceftriaxon, Ceftazidim

    Cefpodoixim- proxetil, Cefixim

    Ceftriaxon: breiter gegen Gramnegative, Ceftazidim: schlecht gegen Streptokokken, wirksam gegen Pseudomonas aeruginosa

    4.

    Cefepime – Wie 3. Generation, jedoch Spektrum noch breiter, vor allem gegen gramnegative Keime mit „Exten-ded-spectrum-beta-lactamase“-Produktion. Auch wirksam gegen Pseudomonas aeruginosa

    5.

    Ceftobiprol, Ceftarolin

    – Wie 3. Generation, jedoch zusätzlich besser wirksam gegen Penicillin-resistente Pneumo-kokken und wirksam gegen Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA, MRSE)

    Makrolide ■ Erythromycin, Roxithromycin, Clarithromycin, Azithromycin ■ Spektrum: Moraxella catarrhalis, Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneu-

    moniae, Legionella pneumophila, grampositive Anaerobier, Bordetella pertus-sis, Corynebacterium diphteriae, Campylobacter jejuni

    Rifamycine ■ Rifampicin, Rifabutin ■ Spektrum: Staphylokokken, Streptokokken, Propionibacterium spp., Myko-

    bakterien ■ Merke: Muss immer kombiniert werden, wirkt auch gegen Biofilmbakterien,

    deshalb besondere Bedeutung bei Implantat-assoziierte Infektionen

    Systemische Antibiotikatherapie

    Tab. 3-4: Cephalosporin-Generationen und Wirkungsspektrum.

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    Aminoglykoside ■ Amikacin, Gentamicin, Netilmicin, Tobramycin ■ Spektrum: gramnegative Keime (inkl. Pseudomonas spp.), Staphylokokken.

    Synergismus mit Penicillin G gegen Streptokokken und Enterokokken und mit Antipseudomonas-Betalaktam gegen Pseudomonas aeruginosa

    Glykopeptide ■ Vancomycin, Teicoplanin ■ Spektrum: wirkt ausschließlich gegen Grampositive, Methicillin-resistente

    Staphylokokken, Enterokokken, Corynebakterien (periprothetische Infektio-nen), Strepto kokken, Clostridium difficile

    Zyklisches Lipopeptid ■ Daptomycin ■ Spektrum: wirkt ausschließlich gegen Grampositive, Staphylokokken inkl.

    Methicillin-resistente und Glykopeptid-resistente, Enterokokken inkl. Vanco-mycin-resistente, Streptokokken, Clostridium perfringens

    Fluorochinolone ■ Ciprofloxacin (i. v., p. o.), Levofloxacin (i. v., p. o.), Moxifloxacin (i. v., p. o.) ■ Spektrum:

    – Ciprofloxacin: Enterobacteriaceae (E. coli, Proteus spp., Klebsiellen, Salmo-nellen, Shigellen), Haemophilus spp., Pseudomonas aeruginosa (einziges orales Antipseudomonas-Medikament)

    – Levofloxacin und Moxifloxacin: Staphylokokken (in Kombination mit Ri-fampin), Enterobacteriaceae, Pneumokokken (auch Penicillin-resistente), Streptokokken, Haemophilus spp., Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen

    Cotrimoxa