Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

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Literaturregion Rhein-Neckar Literaturregion Rhein-Neckar Stuttgart Karlsruhe Frankfurt am Main

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Literaturregion

Rhein-Neckar

Literaturregion

Rhein-Neckar

Stuttgart

Karlsruhe

Frankfurt am Main

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Literaturregion Rhein-NeckarLiteraturregion Rhein-Neckar

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Vorwort 3

Altrip (1) (s. Ludwigshafen)

Angelbachtal-Eichtersheim (2) 6

Annweiler (3) 7

Auerbach (4) (s. Bensheim)

Bad Bergzabern (5) 9

Bad Dürkheim (6) 12

Bellheim (7) 15

Bensheim (8) 15

Buchen (9) 19

Burg Hornberg (10) (s. Neckarzimmern)

Deidesheim (11) 22

Edenkoben (12) 24

Eschbach (13) 25

Frankenthal (14) 26

Freinsheim (15) 28

Germersheim (16) 28

Grünstadt (17) 30

Hambacher Schloss (18) (s. Neustadt) 32

Hardenburg (19) (s. Bad Dürkheim)

Hardheim (20) 32

Heidelberg (21) 33

Heppenheim (22) 43

Jockgrim (23) 45

Klingenmünster (24) 45

Kloster Lorsch (25) (s. Auerbach)

Ladenburg (26) 46

Lambsheim (27) 48

Lampertheim (28) 48

Landau (29) 49

Leinsweiler (30) 51

Klosterruine Limburg (31) (s. Bad Dürkheim)

Ludwigshafen (32) 52

Ludwigshafen-Oggersheim (43) 56

Mannheim (33) 58

Mauer (34) 66

Minfeld bei Kandel (35) 67

Mosbach (36) 67

Neckarbischofsheim (37) 69

Neckarsteinach (38) 70

Neckarzimmern (39) 70

Neustadt an der Weinstraße (40) 71

Oberotterbach (41) 73

Oberhambach (42) (s. Heppenheim)

Rheinzabern (44) 74

Schloss Eberstadt (45) (s. Buchen)

Schwetzingen (46) 75

Sinsheim (47) 77

Speyer (48) 79

St. Germanshof 82

Weinheim (49) 83

Wörth (52) 84

Worms (51) 85

Zwingenberg am Neckar (53) 89

Personenregister 92

Bildnachweise 94

Literaturhinweise 95

Adressverzeichnis 97

Impressum 97

Die roten Zahlen verweisen auf die Karte S.4 /5

Inhalt

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Vorwort

A ls Wirtschaftsraum hat sich die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren

2,4 Millionen Einwohnern in den letzten Jahren an der Spitze der Bundes-

republik platziert. Dazu beigetragen haben eine innovative Industrie und

Forschung, weltweit agierende Konzerne, Universitäten mit bestem Ruf in

Forschung und Lehre, ein Mittelstand als Motor für den Arbeitsmarkt und

eine Lebensqualität, die alle Bereiche umfasst: großstädtisches Flair, mit-

telalterliche Gassen, hervorragende Gastronomie, eine facettenreiche

Museumslandschaft und ein vielfältiges sportliches Angebot – mit einer

Formel 1-Rennstrecke in Hockenheim und einem Fußballbundesligaclub

in Hoffenheim. Ausflugsziele führen in landschaftlich reizvolle Weinregionen

mit ausgezeichneten Winzern, zum Hambacher Schloss, einer gewichtigen

demokratischen Erinnerungsstätte, in den pittoresken Schlosspark von

Schwetzingen, der Siegfriedstraße entlang in den Odenwald. Zurück geht

es über die Bergstraße in die südliche Pfalz, die zugleich in Teilen Mitglied

der grenzüberschreitenden PAMINA-Region ist, die sich südlich an die

Metropolregion anschließt1.

Die Region Rhein-Neckar um das Dreiländereck Baden-Württemberg,

Rheinland-Pfalz und Hessen ist eine Kulturregion ersten Ranges, in der

sich Moderne und Tradition ideal aufeinander beziehen lassen. Dies gilt

auch für die Entwicklung der Literatur von ihren Anfängen in den Klöstern

über den Humanismus und seine Wurzeln in den Lateinschulen sowie über

den Sturm und Drang und die Romantik bis zur Wende in das 20. Jahrhun-

dert und der Geschichte der Bundesrepublik bis heute.

Dafür stehen Namen wie Liselotte von der Pfalz, Friedrich Schiller, Friedrich

Hölderlin, Achim von Arnim und Clemens Brentano, Joseph von Eichen-

dorff, Joseph Victor von Scheffel, Alfred Mombert, Hilde Domin, Bernhard

Schlink, Wilhelm Genazino und viele andere.

Der Führer durch die Literaturregion Rhein-Neckar ist entstanden durch die

Zusammenarbeit der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe mit dem ADAC

Nordbaden und der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Dem Geschäfts-

führer des ADAC Nordbaden Manfred Rosenberg und der Leiterin der Öf-

fentlichkeitsarbeit der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH Regina Pfriem

sei für die Zusammenarbeit gedankt, die jetzt erstmals eine literarische

Spurensuche in der Region Rhein-Neckar möglich macht.

Prof. Dr. Hansgeorg Schmidt-Bergmann

Literarische Gesellschaft Karlsruhe,

Museum für Literatur am Oberrhein Karlsruhe

1Vgl.: Literaturregion PAMINA. Baden. Elsass. Pfalz. Hrsg.: ADAC Nordbaden, Südbaden, Pfalz;

Literarische Gesellschaft und TechnologieRegion Karlsruhe. Download: www.literaturland-bw.de

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Metropolregion Rhein-Neckar

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Angelbachtal-Eichtersheim

Das Heckerlied

Wenn die Leute fragen,

Lebt der Hecker noch?

Sollt ihr ihnen sagen,

Ja, ja er lebet nocht!

Er hängt an keinem Baume,

er hängt an keinem Strick!

Er hängt nur an dem Träume

von der Republik.

[...]

Fürstenblut muß fließen,

fließen stiefeldick.

Und daraus ersprießen,

die rote Republik.

Ja dreiunddreißig Jahre

währt die Knechtschaft schon.

Nieder mit den Hunden,

von der Reaktion!

Der legendäre badische Revolutionär

Friedrich Hecker (1811– 1881) wurde

in Eichtersheim geboren. Er proklamierte

1848 in Konstanz die Deutsche Republik

und wurde zur Symbolfigur der demo-

kratischen Bewegung. Nach der Nieder-

lage der aufbegehrenden Revolutionäre

bei Kandern am 20. April 1848 musste

er in die Schweiz fliehen, von wo er nach

Amerika auswanderte. Das sogenannte

Heckerlied „Wenn die Roten fragen: lebt

der Hecker noch ...“ wurde in der Revo-

lutionszeit zum weit verbreiteten Volks-

lied. Als Farmer im Staat Illinois nahm

Hecker am öffentlichen Leben teil und

kämpfte auf Seiten der Union im Ameri-

kanischen Bürgerkrieg. 1849 und 1873

kehrte er kurz nach Deutschland zurück.

Hecker begrüßte die deutsche Einheit,

ohne sich mit der dominierenden Rolle

Preußens im Reich einverstanden erklä-

ren zu können.

Wichtige Werke: „Die Erhebung des

Volkes in Baden für die deutsche Repu-

blik im Frühjahr 1848“ (1848), „Reden

und Vorlesungen“ (1872).

Eine Gedenktafel am Rathaus, Friedrich-

Hecker-Straße 5, erinnert an den badi-

schen Revolutionär.

Friedrich Hecker Haus Eichtersheim

In Eichtersheim begann der Karlsruher

Geograph Friedrich Ratzel (1844–1904)

seine Apothekerlehre. Seine Jugender-

innerungen „Glücksinseln und Träume“

sind auch heute noch ein lesenswerter

Führer durch die Region. Die Gedenk-

tafel an der alten Schlossapotheke in der

Friedrich-Hecker-Straße 7 erinnert an ihn.

In dieser Zeit waren noch viel mehr alte

Bücher am Leben als heute, und das

gab auch sogar kleine Büchereien, wie

man sie gelegentlich besonders in den

Häusern der Pfarrer und der Ärzte fand,

einen Reichtum oder vielmehr eine Man-

nigfaltigkeit, die eine moderne Bücher-

sammlung nicht hat. Schon äußerlich

zeichneten sich die alten Bände mit ihren

braunen bunt oder mit Gold bedruckten

Lederrücken und ihrem roten oder Mar-

morschnitt vor den Erzeugnissen der zur

Stümperei herabgesunkenen Buchbin-

derei des mittleren neunzehnten Jahr-

Alte Schlossapotheke

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hunderts aus. [...] Was für Prachtausga-

ben hat es von Haller, Ewald von Kleist,

besonders aber von Klopstock und Wie-

land gegeben!

Friedrich Ratzel: Glücksinseln und Träume (1905)

In Eichtersheim lebte Konrad Winkler (1918 –1993), der in vielen Rundfunkbei-

trägen eine Topografie der Region hinter-

ließ. Zuletzt lebte er in der Heidelberger

Straße 17 in Eichtersheim. Sein Nachlass

befindet sich seit 1994 im Archiv des

Museums für Literatur am Oberrhein.

Im Nachbardorf Mühlhausen wurde 1919

der Schriftsteller Hans Bender geboren:

Das Dorf Mühlhausen, wo ich am 1. Juli

1919 geboren wurde, hatte nur einen

bescheidenen Ruf. Es hatte ein Dutzend

große und kleine Zigarrenfabriken und,

um die Jahrhundertwende, einen thea-

terbegeisterten Pfarrer, der eine Festhalle

mit einer großen Bühne baute, eine Laien-

spielgruppe und ein Orchester unterhielt.

Als Kind sah ich dort „Die Jungfrau von

Orleans“, „Preziosa“, „Das Marienkind“

und „Das vierte Gebot“ von Anzengruber.

Im letzten Stück spielt ich selbst eine

Rolle: ein verstorbenes Kind, das seiner

unschuldig verurteilten Mutter als Engel

in der Gefängniszelle erscheint. Deshalb

waren die ersten Schreibversuche Thea-

terstücke. Sie sollten alle die gesehenen

Stücke übertrumpfen.

Die Schulhefte füllten sich mit Szenen

und Akten, und sie wurden auch, in der

Kegelbahn neben dem Gasthaus, von

mir aufgeführt. Schöne Mädchen waren

unter den Nachbarskindern, die sich in

meine Zigeunerinnen, Hexen und Engel

verwandeln, aber nur schwer die langen,

von mir verfaßten Texte auswendig ler-

nen konnten.

Hans Bender: Das wiegende Haus (1961)

Annweiler – Stadt am Trifels

„Wer den Trifels hat, hat das Reich“, war

ein geflügeltes Wort, als die Burg Trifels

das Reichsland um Annweiler schützte.

Besonders unter den Staufern stellte der

Trifels ein Sinnbild von Macht und Größe

dar. Vom 11. bis zum 13. Jahrhundert

wurden auf dem Trifels mehrmals die

Reichskleinodien der Kaiser und Könige

des Heiligen Römischen Reiches Deut-

scher Nation – darunter Krone, Reichs-

apfel, Reichsschwerter, Kaisermantel

– aufbewahrt, zumeist aufgrund einer

Thronvakanz, also bis die Fürsten den

nächsten König gewählt hatten, der dann

mit den Insignien gekrönt wurde. Heute

werden hier Nachbildungen der Origi-

nale, die sich in der Schatzkammer der

Wiener Hofburg befinden, ausgestellt.

Berühmtester Gefangener auf der Burg

von 1193 bis 1194 war der englische

König Richard Löwenherz. Im Trifels, der

als Vorlage für die Gralsburg im „Parzi-

val“ von Wolfram von Eschenbach ge-

dient haben soll, lebte nach einer mit-

telalterlichen Sage der legendäre Kaiser

Friedrich I. Barbarossa weiter. Die bis

heute immer wieder restaurierte Burg

Schloss Eichtersheim

Reichsinsignien

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ist eine der beliebtesten Ausflugsziele in

der Pfalz. Im „Museum unterm Trifels“

in Annweiler, das sich in drei Fachwerk-

häusern befindet, wird die wechselvolle

Geschichte des Trifels anschaulich do-

kumentiert.

Richard Löwenherz auf dem Trifels

König Richard Löwenherz von England

hatte auf einem Kreuzzuge auf den Wäl-

len von Ptolemais die Fahne Leopolds

von Österreich beschimpft und wurde

von diesem bei seiner Rückkehr gefan-

gen genommen und nach Dürrenstein an

der Donau gebracht. Doch Heinrich VI.

meinte, nur ein Kaiser dürfe einen König

gefangen halten, und brachte den

Löwenherz auf den Trifels, wo er zehn

Monate lang der Freiheit beraubt war.

Niemand wusste den Aufenthalt des

löwenmutigen Helden. Sein treuer Sän-

ger Blondel zog singend von Schloss zu

Schloss, den guten König zu suchen.

Einst kam er vor die Burg Trifels und ließ

sein Lied erklingen, das nur ihm und dem

König bekannt war. Als die erste Strophe

geendet hatte, scholl die zweite als Ant-

wort aus dem Turme. „O Richard, o mein

König!“, rief Blondel dem Einsamen zu.

Er eilte rasch zu Tale und rückte bald mit

fünfzig Mannen zum Trifels und stürmte

ihn trotz heftiger Gegenwehr. Und wie-

der klang das Lied der Freunde durch

die weiten Hallen und soll auch heute

noch in einsamen Stunden dort gehört

werden.

Friedrich Wilhelm Hebel: Pfälzische Sagen (1958)

Joseph Victor von Scheffel (1826–

1886) hat in seiner populären Gedicht-

sammlung „Gaudeamus“ (1868) die

Sagenwelt des Trifels und der Burgen

Anebos und Scharfenberg, im Volks-

mund auch Münz genannt, in seinem

Trifels-Gedicht wiedergegeben:

Burg Trifels

Scheffel als Wanderer

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Annweilers Berge seh‘ ich wieder

Und ihre Burgdreifaltigkeit,

In Ehren alt, vernarbt und bieder,

Kriegszeugen deutscher Kaiserzeit.

Dort Scharfenburg, die schlanke feine,

Vor ihr der Felsklotz Anebos,

Und hier als dritter im Vereine

Der Reichspfalz Trifels Steinkoloß.

–> Karlsruhe

info

Museum unterm Trifels

Am Schipkapass 4 · 76855 Annweiler

Tel. 0 63 46/16 82 · Fax 0 63 46/92 80 17

Öffnungszeiten:

15. März –1. November Di– So 10 –17 Uhr,

2. November – 14. März Sa, So 13 –17 Uhr

www.vg-annweiler.de

Auerbach

–> Bensheim

Bad Bergzabern

Im Zentrum der südpfälzischen Kurstadt

liegt das Schloss Bergzabern. Die Herzö-

ge von Zweibrücken ließen hier am Erlen-

bach eine Burg errichten, die während

der Bauernkriege 1525 von aufstän-

dischen lothringischen Bauern zerstört

wurde. Ludwig II. von Pfalz-Zweibrücken

baute die Burg zum Schloss um. Die

beiden massiven Rundtürme der vier-

flügeligen Anlage dienten als Geschütz-

türme des Schlosses, das in der Vergan-

genheit auch durch einen Wassergraben

geschützt wurde. Diesen ebnete man

jedoch bei der Renovierung von 1725

ein. Heute zeigt sich das sehenswerte

Schloss, in dem sich der Sitz der Ver-

bandsgemeindeverwaltung Bad Bergza-

bern und die Stadtverwaltung befinden,

im Stil der pfälzischen Renaissance.

Die in Strasbourg geborene Caroline von Hessen-Darmstadt (1721– 1774)

lebte zeitweise in dem 1725 wiederauf-

gebauten Schloss, das ihre Mutter als

Witwenruhesitz gewählt hatte. „Femina

sexu ingeniu vir“ – Frau von Geschlecht,

von Geist ein Mann – lautete der Nachruf

Friedrich des Großen auf die Gräfin, die

ihrer Lebensmaxime „Wir sind geboren,

tätig zu sein und für die Gemeinschaft zu

leben“, auch Taten folgen ließ. Johann

Gottfried Herder und Goethe nannten sie

die „Große Landgräfin“ und Christoph

Martin Wieland verehrte sie als „Königin

von Europa“.

Ein Gedenkstein mit Tafel am Philo-

sophenweg kurz vor dem Parkhotel er-

innert an den in Bad Bergzabern gebo-

renen Arzt, Apotheker und Naturforscher

Jacobus Theodorus (um 1525 – 1590).

Sein Beiname Tabernaemontanus steht

für die lateinische Übersetzung seines

Geburtsortes Bad Bergzabern. Jaco-

bus Theodorus war Leibarzt des Grafen

Philipp II. von Nassau-Saarbrücken und

des Bischofs von Speyer. 1588 erschien

sein immer noch bekanntes Heilpflanzen-

buch „Neuwe vollkommentlich Kreuter-

buch“ Band I und 1591 Band II und III.

Ganz in der Nähe des Schlosses befin-

det sich das Gasthaus „Zum Engel“, das

als schönstes Renaissance-Gebäude

der Pfalz gilt. Vom Ende des 16. Jahr-

hunderts bis 1802 diente der 1569 er-

richtete Bau den Zweibrücker Herzögen

als Amtshaus für den Oberamtsmann.

In den oberen Stockwerken befindet

sich heute das Museum der Stadt Bad Schloss Bad Bergzabern

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Bergzabern, das neben Dokumenten zur

Stadtgeschichte auch an Jacobus Theo-

dorus, August Becker und den Historiker

Georg Weber erinnert.

info

Museum der Stadt Bad Bergzabern

Königstraße 45 · Tel. 0 63 43/7 01 14

Öffnungszeiten: Mi – Sa 16 –18 Uhr

www.bad-bergzabern.de

Im März 1835 machte Georg Büchner (1813 –1837) auf der Flucht nach Frank-

reich im Gasthaus „Zum Engel“ Station.

Nach seinem Grenzübertritt am 9. März

schreibt er aus dem sicheren Wissem-

bourg an die Familie in Darmstadt:

Seit ich über der Grenze bin, habe ich

frischen Lebensmut, ich stehe jetzt ganz

allein, aber gerade das steigert meine

Kräfte. Der beständigen geheimen Angst

vor Verhaftung und sonstigen Verfol-

gungen, die mich in Darmstadt bestän-

dig peinigte, enthoben zu sein, ist eine

große Wohltat.

Die in Breslau geborene Philosophin

Edith Stein (1891– 1942) war in

Freiburg Assistentin des Philosophen

Edmund Husserl (1859 –1938), von

dem sie 1916 promoviert wurde. Sie

verbrachte in Bad Bergzabern mehrfach

ihre Ferien. Hier las sie im Sommer 1921

die Lebensgeschichte der spanischen

Mystikerin Theresia von Avila (1515 –

1582), nach deren Lektüre sich die ge-

bürtige Jüdin zur Konversion zum katho-

lischen Glauben entschloss und wie ihr

Vorbild später Karmelitin wurde. In der

Martinskirche in Bad Bergzabern wurde

Edith Stein am 1. Januar 1922 getauft.

Nach der Festnahme durch die Natio-

nalsozialisten wurde sie ins Konzentra-

tionslager Auschwitz deportiert und im

August 1942 ermordet. Eine Gedenktafel

befindet sich neben dem Taufstein an

der nach ihr benannten Klinik. Ihr Haupt-

werk „Endliches und ewiges Sein“ er-

schien 1950 posthum; autobiografische

Schriften finden sich in „Aus dem Leben

einer jüdischen Familie und weitere auto-

biografische Beiträge“ (2002).

Pfälzische Landschaft

Die sanfte Linie! Und es übersteigt

Sie keine kühnere. Da wölbt das Blau

Der Beere sich am Holz und goldnes

Grau

Der edlen Äpfel und das Nächste neigt

Sich wie das Fernste; schwankte je im

Licht

Ein Acker so wie dieser, so beschwingt,

So zarten Flügels? – Aber es gelingt

Ein Zärtliches nur selten zum Gedicht.

Martha Saalfeld: Deutsche Landschaft (1946)

Von 1948 bis zu ihrem Tode 1976 lebte

die in Landau geborene Schriftstellerin

Martha Saalfeld (1898 –1976) zusam-

men mit ihrem Ehemann, dem Graphiker

Werner vom Scheidt (1894 –1984) in

Gasthaus „Zum Engel“

Edith Stein

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R h e i n - N e c k a r

Bad Bergzabern. Der Garten ihrer „Vil-

la“ und die Landschaft „der Stadt am

Kastanienwald“ haben in vielen ihrer Ge-

dichte und Prosatexte Spuren hinterlas-

sen, insbesondere in ihrem Roman „Pan

ging vorüber“ (1954). In Bad Bergza-

bern entstanden die Romane „Der Wald“

(1949), „Anna Morgana“ (1956), „Mann

im Mond“ (1961). Von 1933 an wurde

sie von den Nationalsozialisten mit Publi-

kationsverbot belegt: „Den Zeitraum bis

fünfundvierzig konnte ich durch meine

Tätigkeit in Apotheken überbrücken.“

Der expressionistische Schriftsteller

Kasimir Edschmid (1890 –1966),

der Martha Saalfeld 1959 in Bad Berg-

zabern besuchte, vermerkte in seinem

Tagebuch:

Ich sah mir die Saalfeld immer wieder

an. Niemand im deutschen Sprachgebiet

schreibt wie sie die gleiche naturverzück-

te Prosa. Ihre Gartenbesessenheit dringt

in die Gebiete ein, in denen neben dem

Aroma der Blüten auch die dämonischen

Schauer erlebt werden.

Die Autorin starb in Bad Bergzabern und

wurde in Landau begraben. Seit 1994

wird jährlich vom Land Rheinland-Pfalz

der Martha-Saalfeld-Förderpreis für im

Entstehen begriffene literarische Werke

an vier Autorinnen und Autoren verge-

ben. Preisträger waren unter anderen

Michael Buselmeier (1995), Christoph

Peters (1998) und Katharina Schultens

(2005).

Im Museum der Stadt Bad Bergzabern

ist eine Martha Saalfeld- und Werner vom

Scheidt-Gedächtnisstätte eingerichtet.

Das Weingut „Villa Pistoria“, Liebfrauen-

berg 2, wurde von dem Juristen und

Publizisten Daniel Friedrich Ludwig Pistor (1807–1886) als Sommerresi-

denz errichtet. Mit seiner Schrift „Bür-

ger-Katechismus für Teutschland“ von

1832 plädierte er für demokratische

Positionen nach französischem Vorbild.

Nach seiner Rede auf dem Hambacher

Fest (1832), das einen Höhepunkt der

demokratischen und liberalen Oppositi-

onsbewegung markierte, musste Pistor

ins Elsass flüchten und engagierte sich

anschließend von Paris aus für die de-

mokratische Bewegung. Von 1845 bis zu

seinem Tod lebte er als Advokat in Metz.

Ein Beispiel für die Literarisierung des

sogenannten Westwalls findet sich in

Ernst Jüngers (1895 –1998) Kriegs-

tagebuch „Strahlungen“ (1949), das

von seinen Erlebnissen während des

2. Weltkrieges an der „Westfront“ be-

richtet. Der Bau der Anlage hatte 1936

nach der Besetzung der entmilitarisierten

Zone mit kleinen „Grenzwachtbunkern“

entlang der Westgrenze Deutschlands

begonnen. Heute sind fast alle Teile der

Anlage zerstört. Seit 1998 sind in der

Martha Saalfeld

Villa Pistoria

Westwall-Museum

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Kurfürstenstraße zwei Bunker der Beton-

bauten des „Westwalls“ in Privatinitiative

zugänglich gemacht worden. Gezeigt

werden die Befestigung mit den Original-

einrichtungen und eine Darstellung der

Geschichte des Westwalls.

info

Westwall-Museum

Kurfürstenstraße · Tel. 0 63 98/367

Öffnungszeiten:

1. März–30. Juni jeden 1. So im Monat

10–16 Uhr, 1. Juli – 31. Oktober jeden

So 10–16 Uhr

info

Information Bad Bergzabern

Tourismusverein Südliche Weinstrasse

Bad Bergzabern e.V. · Kurtalstr. 27

76887 Bad Bergzabern · Tel. 063 43/98 96 60

Fax 063 43/9 89 66 66

www.bad-bergzaberner-land.de

Bad Dürkheim

Die Schriftstellerin Anna Flora Barbara Croissant-Rust (1860 –1943) wurde

im Salinenhaus in Bad Dürkheim, dem

heutigen Alten Krankenhaus in der

Dr.-Kaufmann-Straße geboren:

Ich bin geboren am 10. Dezember 1860

auf der Saline zu Dürkheim a. H. Von der

Pfälzer Heimat hatte ich, trotzdem ich

mit 5 Jahren schon „berufshalber“ mit

meinen Eltern nach der Oberpfalz ver-

ziehen mußte, eine deutliche und starke

Erinnerung mitgenommen. Das große

Biedermeierhaus, das wir bewohnten,

der weitläufige Garten, mit verschnitte-

nen Hecken, Weingeländern, Mandel-

und Pfirsichbäumen, das freie ungebun-

dene Leben im „Paradies“ der Saline, die

unser Reich in doppeltem Sinne war, als

Kinder des Chefs, mögen mir, mit der

Fülle der Natureindrücke dazu, vieles

mitgegeben haben.

Anna Croissant-Rust: Rückschau. In: Die Brücke 1

(1912)

Ihr Nachlass wird im Stadtarchiv Ludwigs-

hafen und in der Stadtbibliothek Mün-

chen verwaltet. 1887 schrieb Croissant-

Rust ihre erste Novelle „Das Kind“, die

in Michael Georg Conrads Monatsschrift

„Die Gesellschaft“ veröffentlicht wurde.

Mit „Feierabend. Münchner Arbeiter-

Novelle“ (1890), einer drastischen Milieu-

schilderung in naturalistischer Tradition,

wurde sie einer großen Leserschaft be-

kannt. Sie starb 82-jährig in München-

Pasing. Zuletzt von ihr erschienen: „Ge-

schichten. Mit einer Einführung in Leben

und Werk“ (1987).

Ebenfalls in Bad Dürkheim geboren wur-

de der Mundartdichter und Redakteur

der Werkszeitung der BASF Karl Räder (1870 –1967). Auf dem Ebersberg bietet

sich den Spaziergängern der sogenannte

„Karl-Räder-Blick“, in der Gaststätte

„Zum Winzer“ konnte man sich früher

in der „Karl-Räder-Stube“ nach seinem

Spaziergang eine Pause gönnen.

Kriemhildenstuhl Karl Räder

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R h e i n - N e c k a r

Der in Mannheim tätige Schaupieler

und Autor August Wilhelm Iffland

(1759–1814) inszenierte auch im

Leiningenschen Schloss, dem heutigen

Kurhaus.

Der Pathologe und Politiker Rudolf Ludwig Carl Virchow (1821−1902),

besuchte das „Solbad“ Dürkheim zur

Traubenkur. Im Februar 1852 bereist

Virchow im Auftrag des bayerischen In-

nenministeriums den Spessart, um die

durch eine Hungersnot bedrohten Ge-

biete zu begutachten; im selben Jahr

legte er der Regierung ein Memorandum

über „Die Noth im Spessart“ vor. Er be-

zeichnete darin „Bildung, Wohlstand und

Freiheit“ als „die einzigen Garantien für

die dauerhafte Gesundheit eines Volkes“.

info

Heimatmuseum im Haus Catoir

Römerstraße 20 · 67098 Bad Dürkheim

Tel. 0 63 22/79 13 71 · Fax 06322/84 85

Öffnungszeiten: Di – So 14–17 Uhr

www.kreis-bad-duerkheim.de

Hermann Schaefer (1847–1932) war

in der Stadt und der Region als Lyriker

bekannt. Seine Gedichte „Bunte Herbst-

blätter“ erschienen 1900. „Rebengold

und Weinrosen. Distichen zum Preis des

deutschen Weines“ (1907) und „Von den

Hängen der Haardt“ (1912) sind eine

Elegie auf die Heimat und die Lebenslust.

Über den Talhütten blicken nun schon

die Türme der Stadt empor; wir kommen

endlich aus dem Bergland an die son-

nigen Abhänge desselben in die Ebene,

aus den waldigen Täler und Schluchten

in das schönste Rebland, nach Dürk-

heim dem vielgerühmten und herrlich

gelegenen Bade- und Weinort von der

Haardt, wo wir wieder so recht in den

Mittelpunkt des deutschen Paradieses,

des „Wonnegaues“, gelangt sind. Am

Ausgang eines der schönsten und an

wilden und anmutigen Stellen, an histo-

rischen Erinnerungen reichsten Täler der

Pfalz, im Angesicht der prachtvollsten

Klosterruine Deutschlands, vor der groß-

en Rheinebene zwischen den vorzüg-

lichsten Rebhügeln, so recht mitten im

besten und reichsten Weinland gelegen,

hat diese Stadt von jeher die Aufmerk-

samkeit aller Naturfreunde und Touris-

ten auf sich gezogen. Wenn sich darum

Dürkheim nach und nach zu einem der

besuchtesten Solbäder und bedeutends-

ten Kurorte emporschwingen wird, wen

will es noch wundern, da alle Bedin-

gungen hierzu – mildes, südliches Klima,

herrliche Umgegend, heitere Bewohner-

schaft und ausgezeichnete Traubensor-

ten – vollständig erfüllt sind.

August Becker: Die Pfalz und die Pfälzer (1858)

In Leistadt geboren, lebte der Pfälzer

Volksmusiker und Mundartdichter Kurt Dehn (1920– 2000) bis zu seinem Tod in

der Kurstadt. Seine Lieder werden heu-

te noch von vielen Pfälzern gesungen,

z. B. das beliebte „Do werd die Wutz ge-

schlacht“. Seine Mundart-Gedichte fin-

den sich gedruckt in den Sammlungen:

„Mol annerscht“ (1985) und „Lache is

xund!“ (1995).

Historisches Foto der Karl-Räder-Stube

Klosterruine Limburg

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L i t e r a t u r r e g i o n

info

Pfalzmuseum für Naturkunde

(POLLICHIA-Museum)

Hermann-Schäfer-Straße 17

67098 Bad Dürkheim

Tel. 0 63 22/9 41 30 · Fax 0 6322/94 13 11

www.pfalzmuseum.de

Ebenfalls in Mundart dichtet Waltraud Meißner (1940), die seit Mitte der 60er

Jahre in Bad Dürkheim lebt. Zuletzt er-

schienen: „Derkemer Speedläs“ (2005).

James Fenimore Cooper (1789 –1851)

schrieb seine Lederstrumpf-Erzählungen

teils während seines Europaaufenthaltes

1826 bis 1833, sowie, angeregt durch

einen längeren Besuch in der Kurstadt,

die Sage „The Heidenmauer“, die, rasch

übersetzt, für den Rest des Jahrhunderts

zum Klassiker der Badbesucher wurde.

Weitere berühmte Kurgäste waren im 19.

Jahrhundert die Schriftsteller Friedrich Gerstäcker (1816 –1872), Ferdinand Freiligrath (1810 –1876), Paul Hey-se (1830 –1914) und Ludwig Uhland

(1787– 1862).

Eduard Jost (1837–1902) war Journa-

list und Dichter. Für sein „Pfälzer Lied“,

das 1869 auf der Limburg bei Bad Dürk-

heim enstand, wurde ihm dort ein Denk-

mal gesetzt.

Am deutschen Strom, am grünen Rheine

ziehst du dich hin, o Pfälzerland!

Wie lächelst du im Frühlingsschmucke,

wie winkt des Stromes Silberband!

Da steh’ ich auf des Berges Gipfel und

schau auf dich in süßer Ruh’,

und jubelnd ruft’s in meinem Herzen:

O Pfälzerland, wie schön bist du! O Pfäl-

zerland, wie schön bist du!

Erste Strophe des „Pfälzer Liedes“

info

Salinenmuseum im Gradierbau

Am Kurpark · 67098 Bad Dürkheim

Tel. 0 63 22/93 51 56

info

Freilichtmuseum Römisches Weingut Weilberg

Brunnengasse 28 · 67098 Bad Dürkheim-Ungstein

Tel. 0 63 22/89 95 · Fax 0 63 22/89 95

www.ungstein.de

Hardenburg

Teufelstein

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R h e i n - N e c k a r

Bellheim

August Heinrich (1881– 1965) war un-

ter dem Namen „Bellemer Heiner“ als

Mundartautor und Vortragskünstler in der

ganzen Südpfalz bekannt. „Gebore bin

ich, des isch kloor, /un zwar in Bellem,

des isch wohr“, beginnt die Geschich-

te seines abenteuerlichen Lebens in

Reimen. „Ich war zufriede mit de Welt“

(1981) war das biografische Vermächtnis

eines fahrenden Mundartsängers.

Bensheim

Der Heimatschriftsteller Karl Henkel-mann (1858 –1928) war Begründer des

Stadtmuseums und -archivs, ab 1899

lehrte er als Professor am dortigen Gym-

nasium. 1912 veröffentlichte er „Auf dem

Frankenstein“ und „Fürststab und Erz-

bischof“.

info

Museum der Stadt Bensheim

Marktplatz 13 · 64625 Bensheim

Tel. 0 6251/6 34 92

www.museumsverein-bensheim.de

Auerbach bei Bensheim

Das Auerbacher Schloss wurde im

13. Jhd. als mächtige Wehrburg auf

dem Urberg vom Landgrafen Diether IV.

von Katzenelnbogen (gestorben 1245)

erbaut.

Durch umfangreiche Neu- und Erweite-

rungsbauten im 14. Jhd. hat die Burg

ihre heutige Gestalt erhalten.

Ab 1903 nahm sich die hessische Lan-

desregierung im Rahmen der Denkmal-

pflege der Burganlage an.

Die Schlossruine liegt oberhalb von Auer-

bach, einem Stadteil von Bensheim, auf

dem Melibokus (517 m ü. d. M.).

Die Schlossanlage ist für Besucher täg-

lich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

info

www.schloss-auerbach.de

Während der Badischen Revolution

flüchtete Joseph Victor von Scheffel

nach Auerbach, von dort aus schreibt

er an seine Mutter:

Wenn nur alles so unbefangen und heiter

wäre wie diejenigen, die hier in Auerbach

mitten im Belagerungszustande sich in

Berg und Wald herumtreiben und Mai-

wein trinken und fleißig Skizzen zeichnen.

So eine Grenze macht ungeheuer viel

aus; in Baden Sturm und Drang und hier

Ruhe und Stilleben, freilich auch nicht

überall; heut nacht hat man den Kano-

nendonner von Worms her gehört, wo

die hessischen Truppen die Freischaren

vertreiben. [...]

Bis jetzt lebt die kleine Kolonie hier sehr

angenehm beisammen, die schöns-

ten Punkte des Odenwaldes sind in der

Nähe und das ganze Bendersche Erzie-

hungsinstitut von Weinheim ist hier, 50

Mann Buben mit ihren Lehrern, die mar-

schieren gehörig in den Bergen herum

und hie und da nehme ich mir ein Rudel

heraus und gehe mit ihnen, um nach der

Natur zu zeichnen.

(28. Mai 1849)

Wegen der Unruhen und Nähe zur

badischen Grenze waren in Auerbach

Soldaten stationiert.

Eine Tafel an der Außenwand des

Kurhotels Krone erinnert an Scheffels

Aufenthalt in Auerbach:

Auerbacher Schloss

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L i t e r a t u r r e g i o n

In diesem Hause weilte

Josef Victor von Scheffel

aus seiner Heimat vertrieben

mehrere Wochen im Mai u. Juni 1849

Dem ehrenden Gedächtnis Scheffels

geweiht

im Jahre 1899 von den Bewohnern

Auerbachs

Zeichnung Scheffels: „Eingang zur Bachgasse“

Der junge Scheffel bekam schon im Alter

von 8 Jahren regelmäßig Zeichenunter-

richt. Insgesamt mehrere hundert Zeich-

nungen und Skizzenblätter hat Scheffel

angefertigt, die im Museum für Literatur

am Oberrhein in Karlsruhe einzusehen

sind (www.literaturmuseum.de).

Stadtmuseum

Josef Stoll (1879 – 1956) war Mundart-

dichter und Heimatforscher. Als Schrift-

steller schrieb er Lyrik- und Theaterstü-

cke in Mundart. Außerdem verfasste er

mehr als ein Dutzend Werke über die

Geschichte seiner Heimatstadt Bens-

heim. Sein Werk „Bensheimer Idioti-

kon“ ist ein umfassendes Werk über die

Mundart der Region. Aufgrund seiner

Unterstützung der NSDAP in den drei-

ßiger Jahren und den damit verbunde-

nen öffentlichen Auftritten und Reden ist

Joseph Stoll zunehmend umstritten.

Der Dichter Karl Ernst Knodt (1856 –

1917), der seinen Zeitgenossen als

„Waldpfarrer“ bekannt war, wurde in Ep-

pelsheim (bei Alzey) als vierter von fünf

Söhnen des Pfarrers Adam Knodt und

seiner Frau Elise geboren. Zwischen

1875 und 1878 studierte er Theologie,

1880 wurde er im Pfarramt in Gernsheim

am Rhein zum Pfarr- und Schuldiakon

geweiht. 1904 ließ er sich aus gesund-

heitlichen Gründen vom Pfarramt beur-

lauben. Er zog nach Bensheim in ein von

dem Heppenheimer Steinmetz und Ar-

chitekten Heinrich Metzendorf (1866–

1923) erbautes Haus. Hermann Hesse

(1877– 1962) besuchte ihn des öfteren

dort. In der Rezension von Karl Ernst

Knodts „Fontes Melusinae“ beschreibt

Hesse das Pfarrhaus als einen Ort der

Begegnung:

So fremd ihm [Knodt] das moderne Welt-

leben ist, so befreundet und vertraut sind

ihm die neuen Denker und Dichter, er

redet gern von ihnen und kennt sie gut

– und wie könnte es anders sein, da das

Pfarrhaus im Odenwald jahraus jahrein

so viele Dichter beherbergt hat. Gustav

Faite war öfters bei Knodt zu Gast, und

wir Jungen – Martin Boelitz, Lulu von

Strauß, Hans Bethge und andere – be-

suchten ihn immer gern und haben man-

ches Huhn von seinem Hof verzehrt und

manche Flasche Wein bei ihm getrunken.

Hermann Hesse: Die Propyläen (1905)

Denkmal der

„Fraa vun Bensem“

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R h e i n - N e c k a r

Dort

Dort liegt mein Leben, wo in fernster

Ferne

Der Adler seine großen Kreise zieht.

Dort liegt mein Lieben, wo auf stillem

Sterne

Die Sehnsucht singt ihr allerstillstes Lied.

Dort ist die Heimat meiner höchsten

Stärke,

Dort kann ich selig, kann ich einsam sein.

Dort wirk‘ ich ungewollt die ew’gen

Werke,

Dort bin ich ganz mit meinem Gott allein.

Karl Ernst Knodt: Wir sind die Sehnsucht (1912)

Es ist schön, in Bensheim einkehren zu

dürfen als in einem Vereinigungspunkt

des gegensätzlich Scheinenden. Ebene

und Gebirge kommen einander entge-

gen. Jenes saubere Behagen der Neu-

zeit, das dem Reisenden so erquicklich

sein kann, bindet sich mit dem unver-

wüstlichen Reiz der alten Jahrhunderte,

ohne daß um des einen Willen auf das

andere verzichtet sein müßte. Kleine,

brückenreiche Wasserläufe teilen an-

mutig die Stadt; barock und malerisch

stehen Johann von Nepomuk und Franz

Xaver auf der steinernen Mittelbrücke;

alte Giebel- und Erkerhäuser, klösterliche

Niederlassungen und ehemalige Ritterhö-

fe geben dem Auge wohltuende Ruhe-

punkte. Den sonderbarsten aller Anblicke

gewährt das im Jugenstil errichtete Rat-

haus. Ich, der ich ja im Odenwalde eine

liebe Weile hindurch mein gutes Zuhause

gehabt habe, ich bin oft in Bensheim ge-

wesen; fast nie habe ich es mir versagen

mögen, eine Weile zu den majestätisch

gerollten Wülsten dieses monströsen

Baues hinaufzustarren.

Werner Bergengruen: Deutsche Reise (1959)

Die 1779 erbaute Synagoge in der Bach-

gasse 32– 34 in Bensheim-Auerbach

überstand die Reichspogromnacht 1938

nur, weil sie zu diesem Zeitpunkt als Re-

peraturwerkstatt genutzt wurde. Heute

befindet sich dort eine Bibliothek mit jü-

discher Literatur. Die Vorfahren von Anna Seghers (1900 –1983), Familie Reiling,

stammten aus Bensheim-Auerbach. Zur

Zeit des Baus der Synagoge lebte Gab-

riel Reiling dort, dessen Ur-Ur-Enkelin

Netty Reiling war, die sich später Anna

Seghers nannte.

info

Informationen unter:

Tel. 0 62 51/7 72 82 · Fax 0 62 51/98 28 89

www.bergstrasse.de/synagoge-auerbach

Synagoge Auerbach

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L i t e r a t u r r e g i o n

Kloster Lorsch

Das Reichskloster wurde 763 gegründet.

Erhalten ist die karolingische Torhalle und

ein Teil der Vorkirche. Die berühmte und

seinerzeit größte Bibliothek Deutschlands

mit dem „Lorscher Codex Aureus“ und

dem „Lorscher Livius“ kam als Bestand

der Heidelberger „Biblioteca Palatina“

1622 nach Rom. Bedeutsam ist das im

12. Jahrhundert angelegte geschichtlich

und urkundliche Quellenwerk „Lorscher

Codex“, das sich heute im Staatsarchiv

München befindet. Erwähnt wurde die

ehemalige Klosteranlage im Nibelungen-

lied.

In der Vorkirche des Klosters soll sich die

Grabstätte Siegfrieds (sogenannter „Lan-

ger Sarg“) befinden. Das Kloster Lorsch

(Kloster „Hagen ze Lorse“) war auch Wit-

wensitz von Kriemhilds Mutter Ute. Im

Nibelungensaal des Alten Rathauses in

Lorsch sind Gemälde zur Nibelungensa-

ge zu besichtigen. Das Kloster Lorsch

wurde 1991 in die Liste des UNESCO

Welterbes aufgenommen.

Kloster Lorsch

info

Kloster Lorsch, Museumszentrum Lorsch

Nibelungenstraße 35 · 64653 Lorsch

Öffnungszeiten des Klosters:

Di – So und an Feiertagen 10 –17 Uhr

Mo geschlossen. Geschlossen außerdem:

1. Januar, Fastnachtsdienstag, 24. Dezember.

Tag der Offenen Tür ist immer am Tag des Of-

fenen Denkmals (zweiter So im September).

www.kloster-lorsch.de

Abt Sigehard von Schauenburg

(1167–1198) aus dem Lorscher Kloster

wird die Fassung C des Nibelungenliedes

zugeschrieben. Diese befindet sich heute

in der Badischen Landesbibliothek Karls-

ruhe (www.blb-karlsruhe.de).

Werner Bergengruen berichtet in den

1930er Jahren:

Jenseits des herrlichen Waldriesen ge-

langt ich nach Lorsch. Heute ist es eine

kleine Tabakstadt, zu der wohl Fremde

kommen, um eine Weile ergriffen vor den

wundersamen Bauresten einer sehr

entlegenen Vergangenheit zu stehen.

Für Jahrhunderte einer früheren Zeit aber

war die Lorscher Benediktiner-Abtei ein

mächtiges Staatswesen innerhalb

des Reiches, sein gewaltiger Besitz an

Leuten und Land macht es manchem

Fürsten überlegen. Karl der Große hat

dem Kloster eine besondere Zuneigung

erzeigt, an der Einweihung nahm er

selbst teil. [...]

Von den Bauten des Kloster Lorsch, in

dem auch die Frau Ute der Nibelungen-

sage bestattet sein sollte, hat sich we-

niges erhalten. Die schwere, massige

Basilika gehört dem nachkarolingischen

Mittelalter an. Wie ein fremdländisches

Wunder aber steht die buntfarbige Mi-

chaeliskapelle vor uns, die dreibogige,

zweigeschossige Vorhalle des alten Klos-

ters mit den heute vermauerten Arkaden.

Sie entstand in Karls des Großen Ju-

Altes Rathaus Lorsch

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R h e i n - N e c k a r

gendzeit, und sie ist das seltene Denkmal

jener Epoche, in welcher das junge deut-

sche Volk in Hinneigung und Widerstand

mit dem ungeheueren Erbe der alten

Welt zu ringen hatte und dieses Erbes

Meister zu werden suchte. [...]

Die rosa Mosaikplatten auf dem weißen

Grunde geben ein zauberhaftes Farben-

spiel; es ist, als habe sich mitten in einer

urdeutschen Landschaft der Märchen-

vogel eines fernen, eines versunkenen

Landes niedergelassen.

Werner Bergengruen: Deutsche Reise (1959)

Buchen

Albrecht Pilgrim von Buchheim, Spross

aus dem Buchener Stadtadel, lebte in

der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Von ihm sind in der Manessischen Lie-

derhandschrift fünf Lieder überliefert:

Seht, wie hold der Mai geschmückt hat

Anger, Wiesenplatz und Feld;

Wer sich je an Luft entzückt hat,

Findet reichlich nun Entgelt.

Mai ermahnt zu Spiel und Lust:

Holdres Sinnen

Weckt tiefinnen

Mir die Liebe in der Brust.

Stets doch liebt ich sie in Treuen

Und ich bleib ihr eng vereint,

Nimmer soll es mich gereuen,

Wenn das holde Weib auch meint,

Daß mein Herz an andre denkt:

Seel und Sinne

Haben Minne,

Königin, nur dir geschenkt!

Albrecht Pilgrim von Buchheim: Heidelberger

Liederhandschrift

Der römisch-katholische Konrad Koch,

genannt Wimpina, da sein Vater aus

Wimpfen stammte (um 1460–1531),

steht in humanistischer Tradition.

Wimpina immatrikulierte sich 1479 an

der Universität Leipzig, wo er 1485 den

akademischen Grad eines Magisters

erwarb. Er studierte Theologie und wur-

de 1491 Professor und 1494 Rektor der

Leipziger Akademie. 1501 erhielt er in

Würzburg die Priesterweihe, 1506 war er

Gründungsrektor der Universität Viadrina

in Frankfurt an der Oder und Mitverfasser

der Confutatio, der katholischen Entgeg-

nung auf das protestantische Augsbur-

ger Bekenntnis von 1530. Ein Grabdenk-

mal in der Buchener Stadtkirche erinnert

an den Humanisten.

Der in Buchen geborene Gottfried Jo-hann Bessel (1672–1749) war der wohl

bedeutendste Abt des Benediktinerstifts

Göttwei in Niederösterreich (1714–1749),

das er nach dem Brand 1718 nach Plä-

nen von Johann Lucas von Hildenbrandt

wiederaufbauen ließ. Nach dem Abt ist

die Realschule der Stadt Buchen be-

nannt. Gottfried Bessel war mehrfach

Rektor der Universität Wien sowie Ver-

fasser der „Göttweiger Chronik“ („Chroni-

con Gotwicense“).

Pilgrim auf dem Marktplatzbrunnen mit Stadtkirche

Wimpinaplatz

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L i t e r a t u r r e g i o n

In Buchen arbeitete viele Jahre der Frie-

denspreisträger des Deutschen Buch-

handels 2008, Anselm Kiefer (1945).

info

Bezirksmuseum Buchen

Haagstraße 10 · 74722 Buchen

Tel. 0 62 81/88 98 · Fax 0 62 81/55 68 98

www.bezirksmuseum.de

info

www.buchen.de

Walldürn bei Buchen

Mutter sagte: „Aber es ist schön, daß du

uns im Auto hinfährst, auch wenn du an

das Wunder nicht so recht glaubst. Es

ist ein gutes Werk von dir. Vielleicht be-

kommst du später dafür die Gnade.“

„Was für ein Wunder denn?“ fragte der

Vater.

„Das „Wunder vom Heiligen Blut!“ Und

Mutter erzählte dem Vater die Geschich-

te, die sie Hans am Abend beim Zubett-

gehen schon erzählt hatte: Vor sechs-

hundert Jahren war einem Priester beim

Meßopfer der Kelch umgefallen. Statt

Wein ergoß sich Blut über die Altardecke.

Das Blut zeichnete zwölf rote Köpfe des

dornengekrönten Heilands in das weiße

Linnen.

„Vor sechshundert Jahren?“ fragte der

Vater skeptisch.

„Das Linnen zeigen sie während der

Wallfahrtszeit in einem silbernen Schrein.

Ihr werdet es sehen.“

Eine Burg stand auf dem Hügel. Eine

Fahne wehte über dem Turm.

„Sie wurde im Bauernkrieg zerstört“,

sagte der Vater.

Ährenfelder wogten hügelauf, hügelab,

die grünen Ährenfelder des Juni mit den

blauen und roten Punkten der Korn- und

Mohnblumen.

Hans Bender: Die Wallfahrt (1962)

Bekannt ist die Ortschaft Walldürn we-

gen des sogenannten „Blutwunders“ im

Jahre 1330. In den Wallfahrtsort kom-

men jährlich von Mai bis Mitte Juni etwa

100 000 Pilger. Hans Bender beschreibt

die „Heiligblut-Wallfahrt“ in der Erzählung

„Die Wallfahrt“ (1961).

info

Stadt- und Wallfahrtsmuseum

Hauptstraße 39 · 74731 Walldürn

Öffnungszeiten:

Di, Do und So 14 –16 Uhr.

Während des Winterhalbjahres geschlossen.

Joseph Martin Kraus (1756 –1792),

Odenwälder Mozart genannt, war Kom-

ponist und Kapellmeister am Hof des

schwedischen Königs Gustav III. und

Direktor der Königlichen Schwedischen

Musikakademie. Sein musikalisches

Talent wurde auf der Buchener Latein-

schule früh gefördert.

Martin Kraus

Bezirksmuseum Buchen, Museumshof

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R h e i n - N e c k a r

Die Malerin Maria Anna Walburga

(Marianne) Kraus-Lämmerhirt (1765 –

1838) wurde in Buchen geboren. 1790

war sie Hofdame bei der zweiten Frau

des kunstsinnigen Grafen Franz von Er-

bach-Erbach, Luise Charlotte Polyxene,

die sie 1791 auf einer Italienreise beglei-

ten durfte. Sie schloss Bekanntschaft mit

Malern und Bildhauern Roms und Ne-

apels, die zum Goethe-Kreis gehörten.

Von Wilhelm Friedrich Gmelin (1760 –

1820) erhielt sie regelrechten Unter-

richt, die Malerin Angelika Kauffmann (1741–1807), Johann Friedrich Hirt (1719 –1783), den Bildhauer Alexander Trippel (1744 –1793) und Johann Friedrich Reiffenstein (1719 – 1793)

und viele andere traf sie fast täglich. In

Neapel gaben ihr Jacob Philipp Hackert (1737– 1807) und Johann

Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–

1829) Unterricht. Maria Anna Walburga

Kraus-Lämmerhirt hat ihre Reise in dem

Buch: „Für mich gemerkt auf meiner Rei-

se nach Italien 1791. Reisetagebuch der

Malerin und Erbacher Hofdame Marianne

Kraus“ (1996) dokumentiert.

Juliana von Stockhausen (1899 –

1998) war Schrifstellerin. Ihren Großeltern

gehörte Schloss Eberstadt, wo Juliana

und ihre jüngere Schwester Edel häu-

fig den Sommer verbrachten. Ihr erster

großer Roman „Das große Leuchten“,

der sich mit dem Bauernkrieg in Ober-

schwaben befasste, erschien 1918. Es

folgten zahlreiche weitere Romane und

Erzählungen. 1924 fand die Vermählung

Juliana von Stockhausens mit Ferdin-and Maria Graf Gatterburg (1899 –

1950) statt. Die Familie lebte zunächst in

der Nähe von Wien, ab 1934 auf Schloss

Eberstadt. Ihr 1943 veröffentlicher Ro-

man „Im Zauberwald“ beschreibt den

Nachbarort Adelsheim und schildert

Erinnerungen und Beschreibungen alter

Brauchtümer. Der autobiografische Ro-

man „Auf Immerwiedersehen“ erschien

1977. Die Autorin wurde auf dem Fried-

hof Eberstadt beigesetzt.

Der Wald ächzte, es krachte und

knirschte, winselte und pfiff in die Tie-

fe, es heulte, fauchte und jammerte von

den Höhen, gurgelnde Bäche schossen

talwärts, große, bleiche Seen standen in

den Wiesen. Die Brückenbögen ragten

schwärzlich aus der Flut. Im Sturm, der

die Mähnen der Pferde, die Hüte und

Mäntel der Reiter peitschte, wehten die

Weiden wie Haar.

„Wohin des Wegs, die Herren?“

„Zur Fastnacht nach Buchen, Hammer-

wirt, und drei Kirschwasser her, gut ge-

messen, oder du mußt mit.“

„Beim heil‘gen Blut von Wallern, die

Schloss Eberstadt

Porträt Maria

Anna Walburga

Kraus-Lämmerhirt

Page 24: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

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L i t e r a t u r r e g i o n

Brück‘ ist hin, der Bach hat sie fortgeris-

sen. Ihr Herren, Ihr kommt nicht durch.“

„Noch drei Kirschwasser, Hammerwirt!

Die Furt anvisiert, Brüder; vorwärts!

Feuer!“

Juliana von Stockhausen: Im Zauberwald (1943)

info

Museumsstraße Odenwälder Bauernhaus

74731 Walldürn

Tel. 0 62 86/320 · Fax 0 62 86/13 49

www.museumsstrasse-odenwald.de

Foto: Hermann Cohen Akademie

Die Hermann-Cohen-Akademie mit Sitz

in Buchen im städtischen ehemaligen

Beginenkloster, die nach dem jüdischen

Religionsphilosophen (1842–1918) be-

nannt ist, erforscht die jüdische Tradition

in der europäischen Geistesgeschichte.

Cohens wichtigstes Werk ist: „Religion

der Vernunft aus den Quellen des Juden-

tums“ (1919).

info

Hermann-Cohen-Akademie für Religion,

Wissenschaft und Kunst

Obergasse 6 · 74722 Buchen/Odw.

www.hermann-cohen-akademie.de

Einer der bedeutendsten Architekten

der Bundesrepublik, Egon Eiermann

(1904 – 1970), der die Gedächtniskirche

in Berlin entwarf und seit 1947 den Lehr-

stuhl für Architektur der Technischen

Hochschule Karlsruhe inne hatte, kon-

zipierte auch die „Siedlung der Neuen

Heimat“, die die Stadt Buchen 1946 in

Auftrag gab. Aufgrund begrenzter finan-

zieller Mittel konnten nur 5 der 21 ge-

planten Einfamilienhäuser realisiert wer-

den. Eiermann verfolgte sein Konzept der

„Einfachheit und disziplinierten Gleich-

mäßigkeit“. Unkonventionell sind die un-

verputzten Wände, das flach geneigte

Dach und der großzügig gestaltete Ar-

beits- und Wohnbereich bei gleichzeitiger

Einschränkung im Schlafbereich.

Hotel Prinz Carl (www.prinz-carl.de)

Das Hotel Prinz Carl in Buchen hat 1967

ebenfalls Egon Eiermann umgebaut und

die Einrichtung selbst entworfen. Die

sogenannten „Eiermann-Zimmer“ sind

noch heute in Benutzung des Hotels.

Egon Eiermann wurde auf dem Stadt-

friedhof Buchen beigesetzt.

info

Kultur- und Kunstmuseum in Walldürn

Zurzeit wegen Umbau geschlossen.

Informationen unter 0 62 82/6 71 07

www.kultur-kunst-museum.de

Deidesheim

Karl May (1842–

1912) besuchte im

Juni 1897 auf einer

großen Rundreise

durch Deutschland

mit seiner Frau für

zwei Wochen den

Weingutbesitzer

Kommerzienrat Emil

Page 25: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

23

R h e i n - N e c k a r

Seyler in Deidesheim. Zur sogenannten

„Tafelrunde“ gehörte der Kaplan Andreas

Kempf, der in der „Palatina“ einen länge-

ren Beitrag veröffentlichte: „Einige Plau-

derstündchen von Pfälzern bei Old Shat-

terhand“ (1897):

[...] es war ein zu köstlicher Genuß, ihn

fern von seinen Manuskripten, losge-

trennt von seinen ernsten Pflichtarbeiten,

Friedenspfade verfolgend als muntern

Wandersmann für einige Stunden mit

Beschlag belegen zu können. [...]

Gute Geister fügten es aber, daß man

seine anregende Gesellschaft auch noch

anderswo genießen konnte, nie zu lang,

nie lang genug, denn wenn er freigebig

spendet aus dem reichen Schatz seiner

Erfahrung, wobei seine Wort- und Men-

schenkenntnis zutage tritt, wenn man

dem leichten Fluß seiner Rede lauscht

und seine große Sprachgewandtheit

bewundern muß, wenn er so ungesucht

den Ernst seiner Worte mit den Guir-

landen anmutigen Scherzes verbrämt,

so auf den Goldgrund eines tiefen Ge-

mütes schauen läßt, dann fühlt auch der

unruhigste Mensch – Talent zum Sitzen-

bleiben.

Andreas Kempf (Pfälzer Zeitung vom 21.8.1897)

Villa Seyler

Das Museum für Weinkultur im histo-

rischen Rathaus dokumentiert die Kultur-

geschichte des Weins.

info

Museum für Weinkultur

Marktplatz

67146 Deidesheim · Tel. 0 63 26/98 15 61

www.weinkultur-deidesheim.de

Im Oktober 1896 schickte Karl May ein

Gedicht an die „Orgelpfeifen“ der Familie

Seyler, deren fünf Töchter wiederholt an

„Onkel Karl“ schreiben:

Er kommt, ich kenne ihn schon lang,

Jenseits des Rheines herüber.

Dort haust ein Commerzienrath

In einem tiefen Keller,

Der viele schöne Weine hat,

Bald roth und bald auch heller...

O, Deidesheim, Du Kränzler-Stadt,

Was hast Du doch für Pfeifen...

O, werdet ja niemals verstimmt;

Bleibt bei dem heutgen Tone,

Bis ich als Organistenzwerg

Nach so und so viel Tagen

Selbst komm zu Euch nach Rupperts-

berg,

Die Klaviatur zu schlagen!...

Wir kommen sicher bald einmal

In großen, hellen Haufen

Beim Sonnen- oder Mondesstrahl

Bis an die Hardt gelaufen.

Inzwischen, bitte, bleibt getreu

Im schönen Pfälzer Lande

dem Onkel und der Tante May

besonders aber der Tante!

Karl May: Waldröschen oder

die Verfolgung rund um die Erde (1882)

info

Deutsches Film- und Fototechnik Museum

Weinstraße 33 · 67146 Deidesheim

Tel. 06326/6568

www.film-fotomuseum.de

info

Museum für moderne Keramik

Stadtmauergasse 17 · 67146 Deidesheim

Tel. 0626/98 15 61

Weinmuseum Deidesheim

Page 26: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

24

L i t e r a t u r r e g i o n

Edenkoben

Im Ortszentrum am Goldenen Eck be-

findet sich der 1990 errichtete Leder-

strumpf-Brunnen des Bildhauers Gernot

Rumpf mit überlebensgroßen Bronze-

figuren. Die Figuren stellen den zeich-

nenden Maler Max Slevogt, Leder-

strumpf und seinen indianischen Freund

Chingachgook dar. Der 1764 in Eden-

koben geborene Johann Adam Hart-mann (1748 –1826) nahm am amerika-

nischen Unabhängigkeitskrieg teil und

war als bekannter „Ranger“ eines der

Vorbilder für James Fenimore Coopers

„Lederstrumpf“-Figur.

König Ludwig I. von Bayern (1786–

1868), der München zur führenden

Kunststadt Deutschlands ausbauen ließ

und nach seiner Affäre mit der Tänzerin

Lola Montez (1818 –1861) 1848 ab-

danken musste, hielt sich regelmäßig in

der damals noch zu seinem Königreich

gehörenden südpfälzischen Region auf.

Unmittelbar unter der Ruine Rietburg ließ

er zwischen 1845 und 1852 von den

Architekten Friedrich von Gärtner und

Leo von Klenze die klassizistische Vil-

la im pompejanischen Stil errichten. Im

Schlossmuseum ist eine Galerie mit über

50 Gemälden des Malers Max Slevogt (1868 –1932) zu besichtigen. Slevogts

Landschaftsbilder zeigen die Pfalz mit ih-

ren milden Weinhügeln und Wäldern. Die

Sammlung dokumentiert den Künstler

als Literaturfreund und herausragenden

Illustrator. Zu seinen Meisterwerken ge-

hören die Lithografien zu Coopers in den

Jahren 1823 bis 1841 erschienenen „Le-

derstrumpf“-Romanen.

Lederstrumpf-Brunnen

Villa Ludwigshöhe

Unweit der Villa Ludwigshöhe, in der

Klosterstraße 181, befindet sich in der

ehemaligen Bergelmühle das Künstler-

haus Edenkoben der rheinland-pfälzi-

schen Stiftung für Kultur. Es beherbergt

Wohnungen für Literatur- und Kunststi-

pendiaten und ist eine der bedeutends-

ten literarischen Begegnungsstätten der

Region. Das Künstlerhaus ist Treffpunkt,

Wohn- und Arbeitsort für Dichter, Schrift-

steller, bildende Künstler, Musiker und

Übersetzer. Die Vergabe von Stipendien

sowie ein attraktives Veranstaltungsan-

gebot, das zeitgenössische Literatur,

Musik und Bildende Kunst vorstellt, ge-

hören zum Programm dieses bedeu-

tenden Kunstzentrums, ebenso wie die

Publikationen der Übersetzerwerkstatt

„Poesie der Nachbarn – Dichter überset-

zen Dichter“.

Künstlerhaus

Page 27: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

25

R h e i n - N e c k a r

Herrenhaus Edenkoben

Ein weiteres wichtiges Kulturzentrum in

Edenkoben ist das Herrenhaus Edenko-

ben in der Klosterstraße 175, das sich

seit Beginn des 19. Jahrhunderts im

Besitz der Familie Stahl befindet.

Es liegt inmitten der Weinberge westlich

von Edenkoben. 1987 wurde das Anwe-

sen mit seinem barocken Haupthaus und

mehreren Nebengebäuden renoviert und

dient heute als Künstlerhaus mit Ateliers,

Wohnungen, Veranstaltungs- und Aus-

stellungsräumen.

info

Schloss Villa Ludwigshöhe

67480 Edenkoben

Tel. 0 63 23/ 95 92 22 · Fax 06323/95 92 88

www.max-slevogt-galerie.de

info

Künstlerhaus Edenkoben

Tel. 0 63 23/23 25 · Fax 06323/9809 25

www.kuenstlerhaus-edenkoben.de

info

Herrenhaus Edenkoben

Tel. 0 63 23/23 22 · Fax 0 63 23/98 96 26

www.herrenhaus-edenkoben.de

info

Südliche Weinstraße e.V.

Büro für Tourismus

Poststraße 23 · 67480 Edenkoben

Tel. 06323/95 92 22 · Fax 0 6323/95 92 88

www.garten-eden-pfalz.de

info

Museum für Weinbau- und

Stadtgeschichte

Weinstraße 107

Tel. 0 63 23/8 15 14 · Fax 063 23/95 92 88

April – Oktober: Fr 16 –19 Uhr, Sa 15–18 Uhr,

So 14 –17 Uhr

November – März: So 14 –17 Uhr

www.museum-edenkoben.de

Eschbach

Die Madenburg oberhalb des Winzer-

ortes Eschbach wurde als Reichsburg

im 11. Jahrhundert gegründet. Im

16. Jahrhundert wurde sie als Burg

des Bischofs von Speyer noch einmal

ausgebaut, 1679 kam sie in franzö-

sischen Besitz.

1689 erfolgte im pfälzischen Erbfolge-

krieg die Zerstörung. Im Juni 1848 ver-

sammelte sich die „Frankfurter Linke“

auf der Madenburg und veranstaltete

ein „neues“ Hambacher Fest.

Einer der Hauptredner war der im

November 1848 hingerichtete Demokrat

Robert Blum (1807– 1848).

Madenburg

Page 28: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

26

L i t e r a t u r r e g i o n

Frankenthal

Der Propagandist der Badischen Revo-

lution 1848, Johann Philipp Becker (1809 –1886), wurde in Frankenthal ge-

boren. Er engagierte sich politisch als

überzeugter Demokrat und nahm 1832

am Hambacher Fest teil. 1847 im Kanton

Bern eingebürgert, kämpfte er als Offizier

der eidgenösssichen Armee im Sonder-

bundskrieg und beteiligte sich 1848/49

an der badischen Revolution im Groß-

herzogtum Baden, 1860 unterstützte er

Guiseppe Garibaldi im italienischen Eini-

gungskampf. Er war 1864 Mitbegründer

der Ersten Internationale in London und

gab die Zeitschrift „Der Vorbote“ (1866–

1871) heraus.

Seine humorig-ironische Sicht auf die

politischen Ereignisse in Hambach doku-

mentieren folgende Zeilen:

Und ob der Himmel wetterschwül / in

Flammenzeichen krachte,

verlief im großen Festgewühl/ der Frei-

heitsmai ganz sachte.

Johann Philipp Becker Denkmal

Foto: Ludwig Marum Wohnhaus

„Stolperstein“ Ludwig Marum

Der Jurist und Politiker Ludwig Marum

(1882–1934), in Frankenthal geboren,

entstammte einer ursprünglich spanisch-

jüdischen Familie, die nach ihrer Vertrei-

bung über die Niederlande in den süd-

westdeutschen Raum eingewandert war.

Er trat in jungen Jahren der SPD bei und

engagierte sich nach seiner Niederlas-

sung 1908 in Karlsruhe als Rechtsan-

walt für sozial Bedürftige. Während der

Novemberrevolution 1918 war er Mit-

glied des „Wohlfahrtsausschusses“ und

übernahm in der kurzlebigen badischen

Volksregierung das Amt des Justizminis-

ters. Marum war bis 1928 Franktionsfüh-

rer der SPD und ab 1928 Mitglied des

Deutschen Reichstag. Als Rechtsanwalt

hatte er Ende der 20er Jahre vielfache

gerichtliche Auseinandersetzungen mit

Nationalsozialisten. Sie bezeichneten

den mutigen Sozialdemokraten drohend

als „badischen Rathenau“. Nach der

„Machtergreifung“ 1933 wurde er verhaf-

tet und in das Konzentrationslager Kislau

deportiert, wo er am 29. März 1934 er-

mordet wurde.

Am 2.4.1933 versucht Ludwig Marum in

einem Brief aus dem Konzentrationlager

seine Situation zu ironisieren:

Mein lieber Schatz!

Ich habe heute einen richtigen Sonn-

tag erlebt. Der Aufseher brachte mir die

Frankfurter Zeitung ans Bett. Dann habe

ich gut gefrühstückt. Von 9 – ½10 gin-

gen wir im Hof spazieren. Dann las ich

Zeitungen u. eine Novelle von C. F. Mey-

er. Unsere Zellen waren offen, sodaß wir

plaudern konnten. Um 1 Uhr aß ich fürst-

lich zu Mittag. Von 2–3 nach dem Moc-

ca schlief ich. Von 4 – ½ 6 Uhr gingen wir

sicher 5 km auf unsrem 24 Schritt langen

Page 29: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

27

R h e i n - N e c k a r

Korridor. Um 6 Uhr kaltes Abendbrot mit

Bier, das herrlich schmeckte. Und jetzt ¾

7 Uhr schreib ich an Dich. Zur Vollkom-

menheit fehlst nur Du u. die Kinder. Du

siehst aber aus dieser Lebensbeschrei-

bung, daß Du Dir meinetwegen keine

Sorge zu machen brauchst. Es wird

schon gehen. Nur Kopf hoch!

Ich küsse Dich!

In Liebe Dein Ludwig

Ludwig Marum: Briefe aus dem Konzentrationslager

(1984)

Der Schriftsteller

Paul Bertololy

(1892–1972), Sohn

des Arztes Karl Ber-

tololy aus Coswig

(Sachsen), verfasste

Romane, Novellen,

Kurzgeschichten

und Hörspiele. In

Heidelberg gehörte er der Burschen-

schaft Corps Rhenania an, die ihn zu der

kulturhistorischen Novelle „Alt-Heidel-

berg, ewiger Studententraum“ inspirierte.

1919 wurde er zum Dr. med. promoviert

und ließ sich als Landarzt in Lembach

im Elsass nieder, wo er später zum

Ehrenbürger ernannt wurde. Bertotoly

bekam mehrere Literaturpreise, u. a.

den Oberrheinischen Kulturpreis der

J. W. von Goethe-Stiftung in Basel

(1969) und den René-Schickele-Preis

(1973). In „Im Angesicht des Menschen“

beschreibt der Arzt, wie er den Ausbruch

des 1. Weltkrieges erlebte:

Die Zeitläufte schienen irgendwie mit

meiner inneren Zerfahrenheit in Zusam-

menhang zu stehen. Die ersten Semes-

ter meines Studiums verliefen unter

dem Zeichen eines ungebundenen Stu-

dententums im Ausklang einer fehde-

und trinkfreudigen Romantik, einer ly-

rischen Lebensbegeisterung, die sich an

ihrem eigenen Überschwang berauschte

und in ihrer souveränen Unbekümmert-

heit die zweitrangigen Fragen wie Beruf,

Politik, Fortkommen den dürren Oblie-

genheiten des Philistertums zuwies.

Wie ein Gewitter brach in diesen nicht

endenwollenden Frühlingstag der Krieg

herein, und das Weltbild erfuhr mit einem

Schlag jene im menschlichen Dasein be-

gründete Wandlung, jenen periodischen

Umschlag nach der Kehrseite, die der

Tod mit seinen blutigen Visionen und ma-

kabren Fanfaren beherrscht.

Als nach Jahren das Dämonenheer wie

geborstene Gewitterwolken abzog, war

die Welt eine andere geworden, eine ma-

terielle Trümmerstätte, aus der der Geist

des Hohen und Schönen wie auch des

heiteren und beschaulichen Lebensge-

nusses endgültig ausgezogen war.

Paul Bertololy: Im Angesicht des Menschen. Aus

dem Leben eines Landarztes (1956)

In Frankenthal wurde einer der „Pioniere“

des Berg-, Sport-, Ski- und Naturfilms

Arnold Fanck (1889 –1974) geboren.

Berühmt wurde er durch seinen Do-

kumentarfilm über die Besteigung des

Monte Rosa. Er arbeitete zusammen mit

Luis Trenker und Leni Riefenstahl.

info

Touristen-Information Stadt Frankenthal

Rathausplatz 2–7 · 67227 Frankenthal

Tel. 06233/89-0 · Fax 0 62 33/89-400

www.frankenthal.de

info

Erkenbert-Museum

Rathausplatz · 67227 Frankenthal (Pfalz)

Tel. 0 62 33/8 94 95 · Fax 0 62 33/8 95 53

Öffnungszeiten: Di 10 –18 Uhr,

Mi –So 14–18 Uhr

www.frankenthal.de

Erkenbertruine

Page 30: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

28

L i t e r a t u r r e g i o n

Freinsheim

Der Schriftsteller Hermann Sinsheimer (1883 –1950), in Freinsheim geboren,

war Rechtsanwalt in Ludwigshafen, ar-

beitet als Theaterdirektor und Theater-

kritiker in München, als Chefredakteur

des Simplicissimus und Feuilletonchef

des „Berliner Tageblatt“. Er schrieb mit

seinem Bruder Carl Mundartschwänke

wie „Die Reblaus“(1909) und „An den

Wassern von Babylon. Ein fast heiteres

Judenbuchlein“ (1920). Seine Autobio-

grafie publizierte der jüdische Autor, der

1938 emigrieren musste, unter dem Titel

„Gelebt im Paradies“ (erschien posthum

1953). Zu seinen Ehren verleiht die Stadt

Freinsheim seit Jahren den Sinsheimer-

Preis an bedeutende Persönlichkeiten

des deutschen Kulturlebens und seit

2000 die Sinsheimer-Medaille für Ver-

dienste um

die pfälzische

Literatur.

Das Hand-

werkermuse-

um informiert

über ausge-

storbene und

aussterbende

Handwerks-

berufe.

Historisches Rathaus

info

Handwerkermuseum Freinsheim im Eisentor

Touristinfo der Stadt Freinsheim

Historisches Rathaus · Postfach 105

67251 Freinsheim · Tel. 0 6353/98 92 94

www.freinsheim.de

Germersheim

Ludwigstor mit Stadt- und Festungsmuseum

Das Deutsche Straßenmuseum in Ger-

mersheim ist eines von nur drei europä-

ischen Museen, die sich umfassend mit

dem Thema Straße beschäftigen. Das

Museum zeigt die kulturgeschichtlichen

Zusammenhänge und Aspekte, die im

Verlaufe der Jahrhunderte mit, durch und

neben der Straße stattfanden – bezogen

auch auf das Rheintal, durch das seit der

Frühzeit die wichtigsten europäischen

Verkehrswege verlaufen.

Stadtmauer Freinsheim

Page 31: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

29

R h e i n - N e c k a r

info

Deutsches Straßenmuseum

Im Zeughaus · Tel. 0 7274/50 05 00

Di – Fr 10 –18 Uhr · Sa –So 11–18 Uhr

www.deutsches-strassenmuseum.de

In Germersheim wurde der Humanist

und Mediziner Johannes Posthius

(1537–1597) geboren. Er studierte

Medizin und Philosophie in Heidelberg

und war seit 1569 Leibarzt des Würz-

burger Bischofs. In dieser Zeit verfasste

Posthius Gedichte und Elegien, so dass

er zu den bedeutendsten neulateinischen

Dichtern seiner Zeit zählte. 1585 zog

der Gelehrte nach Heidelberg an den

Hof des pfälzischen Kurfürsten Fried-

rich IV.

In Germersheim starb der in Speyer ge-

borene Pfarrer und Dichter Friedrich Blaul (1809 –1863), der seit 1856 in

der Stadt lebte und als Dekan tätig war.

Blaul, der in Heidelberg und Tübingen

Theologie, Kunstgeschichte, Geschichte

und neuere Sprachen studiert hatte, gilt

als „pfälzischer Spätromantiker“. 1838

erschienen seine topografischen Notizen

„Träume und Schäume vom Rhein“ und

1860 der baugeschichtliche Führer „Der

Kaiserdom zu Speyer“. Die „Blaulstraße“

in Germersheim wurde nach dem Dichter

benannt.

Der Germersheimer Journalist und Dich-

ter Eugen Croissant (1862 –1918) war

Leiter des „Pfälzischen Merkur“ sowie

der Zeitschrift „Der Pfälzerwald“. Als ers-

te literarische Arbeit entstanden die „Ge-

dichte eines Skeptikers“. Auch als Mund-

art- und Heimatdichter machte er sich

einen Namen. 1900 erschien Croissants

Roman „Heimliche Liebe. Eine Geschich-

te aus den Tagen des Herzogtums.“

Die duftigscht Blum‘

‘s wird Herbscht! Die Blätter färwen sich

Am Rebedach vor’m Fenschter,

Un in de Wisse sieht mer schun

Die erschte Newelg’schpenschter.

‘s wird Herbscht! un unser Menschheit

dut

Jetz ihrn Weltschmerz heichle,

Un die Poete jamm’ren schun

Noch Lenz un Märzeveilche.

Die Menschheit, ja die is emol

So butterweech gerote –

Mer Pfälzer nor, mir bloose nit

Die Trübsal so noch Note. [...]

Eugen Croissant: Buschur (1898)

Rudolf I. von Habsburg (1218 –1291),

König des Heiligen Römischen Reiches

Deutscher Nation, erweiterte in enger

Anlehnung an die Staufer den habsbur-

gischen Besitz im Elsass, in der Schweiz

und in Schwaben und wurde im Süd-

westen des Reiches zum mächtigsten

Eingang des Straßenmuseums

Page 32: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

30

L i t e r a t u r r e g i o n

Fürsten. Am 18. August 1276 verlieh er

Germersheim, wo er sich häufig aufhielt,

das Stadtrecht. Rudolf starb am 15. Juli

1291 auf dem Weg von Germersheim

nach Speyer. Der schwäbische Arzt und

Dichter Justinus Kerner (1786 –1862)

erinnerte an des „Kaiser Rudolfs Ritt zum

Grabe“:

Auf der Burg zu Germersheim,

Stark am Geist, am Leibe schwach,

Sitzt der greise Kaiser Rudolf,

Spielend das gewohnte Schach.

Und er spricht: „Ihr guten Meister!

Ärzte, sagt mir ohne Zagen:

Wann aus dem zerbrochnen Leib

Wird der Geist zu Gott getragen?“ [...]

Justinus Kerner: Die lyrischen Gedichte (1826)

Die Welt des Altrheins spiegeln die Er-

zählungen „Die Aalfischer“, „Glückliches

Ufer“ und „Unweit vom Strome“ des

1882 in Ludwigshafen geborenen Pfar-

rers Adam Ritzhaupt. Seine Romane

„Der mißratene Vikar“ (1933) und „Jung-

schmied Fasolt. Ein Roman aus der

Gründerzeit“ (1935) spielen ebenso wie

Anna Croissant-Rusts (1860 – 1943)

„Unkebunk“ (1917) in Germersheim. Die

Dichterin gehörte als einzige Frau zum

Münchner Naturalistenkreis.

info

www.fask.uni-mainz.de

info

Es lohnt sich ein Abstecher zum

Schifffahrtsmuseum in Neuburg:

Tel. 0 72 72/12 26 · Mo, Di, Do 9–12 Uhr

Schifffahrtsmuseum in Neuburg

Im Jahr 1949 wurde die bis dahin selbst-

ständige Ausbildungsstätte als Aus-

lands- und Dolmetscherinstitut (ADI) der

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

eingegliedert.

Aus Westheim bei Germersheim stammt

Georg Heeger (1856 –1915), der zu-

sammen mit Georg Wüst die Sammlung

„Volkslieder aus der Rheinpfalz“ (1909)

herausgab. Als Wissenschaftler machte

er sich insbesondere durch seine Bei-

träge zur Geschichte Landaus und der

Südpfalz sowie mit biologischen Studien

über seine Heimat und einer umfang-

reichen Sammlung Pfälzer Volkslieder

einen Namen.

Grünstadt

Stadthaus

Christoph Karl Ludwig von Pfeil (1712– 1784), in Deufstetten bei Dinkels-

bühl geboren, war Reichsfreiherr und

Dichter. Er schrieb beispielsweise die

evangelischen Kirchengesänge „Betge-

meinde, heilge dich, Segnet uns zu guter

Letzt und Wohl einem Haus“ (aus dem

Evangelischen Gesangsbuch 1951 Nrn.

275, 407, 429).

Johann Conrad Seekatz (1719 –1768)

wurde als Sohn des Wormser Hofmalers

Johann Martin Seekatz (1680 –1729)

in Grünstadt geboren. Er wurde durch

seinen Bruder Johann Ludwig und

1748–1751 durch Philipp Hieronymus

Page 33: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

31

R h e i n - N e c k a r

Brinkmann in Mannheim ausgebildet und

war seit 1753 Hofmaler in Darmstadt. Er

unterhielt enge Beziehungen zu Goethes

Vater in Frankfurt/Main und malte des-

sen Familie. Einige seiner Bilder sind im

Frankfurter Goethe-Haus ausgestellt.

Altes Rathaus

Der Grünstädter Franz Umbscheiden

(1825 –1874) war der Sohn eines Ge-

richtsschreibers. Er studierte ab 1845

zunächst Rechtswissenschaften, dann

Chemie an der Universität Gießen, wo

er Mitglied des Corps Teutonia wurde.

1849 war er einer der Hauptprotagonis-

ten der Reichsverfassungskampagne in

der Pfalz. Nach Niederschlagung des

pfälzischen Aufstandes wurde er durch

das Appellationsgericht in Zweibrücken

in Abwesenheit zum Tod verurteilt. Er

emigrierte in die Vereinigten Staaten, wo

er bis zu seinem Tod als Journalist und

Politiker wirkte, u.a. als Herausgeber des

New Jersey Volksmann, der New York

Democrat und der Freien Presse in Eliz-

abeth, New Jersey. Politisch war er an-

fangs auf Seiten der Republikaner, nach

dem Sezessionskrieg wechselte er auf

die Seite der Demokraten. Er starb in

Newark, New Jersey.

Der Maler und Grafiker Werner Holz

(1948–1991) wird dem „Phantastischen

Realismus“ zugeordnet. 1990 entstan-

den seine „Magischen Pfalzlandschaf-

ten“. Holz ist auch durch Wandmalereien

bekannt: Das „Haus Catoir“ in Bad Dürk-

heim (Heimatmuseum in der Römerstr.

20) trägt seine Malerei, auch das erhaltene

Renaissancetor am „Pfaffenhof“ in Herx-

heim am Berg, wo er sein Atelier hatte:

Vielleicht kann man meine Bilder und

Zeichnungen als „Gucklöcher“ in die Welt

des Unaussprechlichen ansehen, in eine

Welt, in der die Leichtigkeit des Gedan-

kens bildlich werden kann, ohne sich den

Gesetzen des Alltäglichen unterwerfen zu

müssen.

info

Heimatmuseum des Altertumsvereins

Grünstadt-Leiningerland e.V.

Neugasse 2 (Stadtbücherei) · 67269 Grünstadt

Tel. 0 63 59/96 01 44

Öffnungszeiten: Di und Fr 14–19 Uhr,

Do 9–12 Uhr und 13 –16 Uhr

Fußgängerzone in Grünstadt

Page 34: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

32

L i t e r a t u r r e g i o n

Hambacher Schloss

–> Neustadt an der Weinstraße

Hardheim

Die Goethestube in

Hardheim im heu-

tigen „Badischen

Hof“ in der Würz-

burger Straße 2,

damals die Wirt-

schaft „Grüner

Baum“, erinnert an

den Aufenthalt des Dichters zusammen

mit dem Kunstgelehrten und Kunst-

sammler Sulpiz Boisserées (1783–

1854) am 7. Oktober 1815. An diesem

Tag reiste Goethe in melancholischer

Stimmung in Begleitung des Kunstbe-

geisterten Freundes Sulpiz Boisserée

von Mannheim Richtung Odenwald.

Reisestationen sind Neckargemünd,

Wiesenbach, Waldwimmersbach, Aglas-

terhausen, Obrigheim und Neckarelz, wo

die beiden übernachten. Auf der Weiter-

fahrt am nächsten Morgen in Richtung

Buchen treffen sie den Maler Ferdinand

Jagemann, der Goethe schon zweimal

porträtiert hatte. Vor Buchen holt ihre

Kutsche den schweren Schweizer Post-

reisewagen des Pestalozzischülers Wil-helm von Türk (1774–1846) ein, der

mit seiner Familie auf dem Weg nach

Frankfurt an der Oder ist. Als sie weiter

durch das Städtchen Buchen fahren, in

dem Götz von Berlichingen einst seinen

verhängnisvollen Pakt mit den Bauern

schloss, soll Goethe die Figur aus sei-

nem bekanntesten Dramen mit keinem

Wort erwähnt haben.

Über Walldürn fahren sie auf der heu-

tigen „Siegfriedstraße“ nach Hardheim,

wo sie im Gasthaus „Zum Grünen Baum“

zu Mittag essen. Die sechzehnjährige

Wirtstocher Genoveva Burkhard be-

schreibt Boisserée als „junges, frisches

Mädchen“, die den 66-jährigen Goethe

mit verliebten Augen angeblickt haben

soll. Der Dichter gab ihr schließlich ei-

nen herzhaften Kuss. Goethe, der den

„Kuss von Hardheim“ selbst nicht er-

wähnt hat, schreibt immerhin in seinen

Erinnerungen, dass er sich der Rückreise

„immer mit vorzüglichem Anteil erinnern“

werde.

Siegfried

Die Siegfriedstraße führt auf einer Länge

von rund 160 km von Worms durch den

südlichen Odenwald bis nach Würzburg.

Auf ihrem Weg durch Heppenheim findet

man eine der sogenannten „Siegfriequel-

len“, den „Drei-Linden-Brunnen“.

(www.nibelungen-siegfriedstrasse.de)

info

Erfatal-Museum

Schlossplatz 6 · 74736 Hardheim

Tel. 062 83/580 · Fax 0 62 83/58 55

Öffnungszeiten:

März – Oktober: So 14.30 – 17 Uhr

und jederzeit nach Vereinbarung

www.erfatal-museum.de

Zeichnung Goethes: „Der Badischer Hof“

Page 35: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

33

R h e i n - N e c k a r

Heidelberg

Eine schwedische und eine russische

Freundin, die beide in Heidelberg studiert

hatten und sich dann, etwa nach einem

Jahrzehnt, verheiratet, beide wieder tra-

fen, hörte ich vor Jahren bei einem dîner

ihre Studien-Erinnerungen austauschen,

vielmehr, muß man schon sagen, sich

gegenseitig zu solchen Erinnerungen

steigern und anregen. Ein übers andere

Mal mußte ich, der Zuhörende, der Hei-

delberg nicht kennt, mich fragen, ob es

denn wirklich denkbar sei, daß es sich da

um eine deutsche Stadt, ihre Gärten, ihre

Hügelwege, ja ihre Himmel handle: was

da aufgerufen wurde, war von so land-

schaftlichem Überschwang, von solcher

Fülle von Südlichkeit, von einer so gren-

zenlosen atmosphärischen Gewährung,

daß ich mindestens auf Südfrankreich

hätte schließen mögen.

Rainer Maria Rilke: Brief an Lotti von Wedel (1922)

1386 wird die Heidelberger Universität

– Ruperto Carola – die erste auf deut-

schem Boden, gegründet. Sie wirkt wie

ein Magnet auf Studenten und Gelehrte.

Unter Friedrich I. (1449 –1476) hält mit

Peter Luder (1415 –1472) 1456 der

Humanismus Einzug in Universität und

Stadt. Als einer der ersten Lehrer der

‚studia humanitas‘ (der humanistischen

Fächer) präsentiert er sich mit einer auf-

sehenerregenden Rede der Zuhörer-

schaft. Das Jahr 1456 wird daher auch

als das Entstehungsdatum des deut-

schen Humanismus angesehen.

Unter Kurfürst Philipp dem Aufrichtigen

erreicht der deutsche Humanismus

seinen Höhepunkt, was besonders auf

das Wirken von Johann von Dalberg

(1445–1503; 1481 zum kurpfälzischen

Kanzler ernannt) zurückgeht. Er beruft

den bekannten Humanisten Rudolf Agricola (1444 –1485) an die Univer-

sität. Unter dessen Studenten befindet

sich auch der Dichter Konrad Celtis

(1459 –1508), der in Heidelberg den

„Sodalitas Litteraria Rhenana“ (lat.

sodalitas = Freundeskreis) gründet.

Ein weiterer bekannter Humanist der

Ruperto Carola ist Sebastian Münster (1489 –1552), der bereits als 14-jähriger

in Heidelberg studierte. Auf Münster ge-

hen auch zwei der ältesten Abbildungen

Heidelbergs zurück, so ein Holzschnitt-

Medaillon von 1526. An Münsters Haupt-

werk „Cosmographia“ (erste Fassung

1544), dessen Inhalt die damalige Welt

beschreibt, erinnert heute der Spring-

brunnen auf dem Karlsplatz.

Münster-Brunnen

Berühmtheit in Europa erlangte Heidel-

berg mit seiner Universitätsbibliothek, der

Bibliotheca Palatina. Beherbergt war die

Bibliothek zunächst in der Heiliggeist-

kirche, deren Emporen als Lesesaal der

Universität dienten. Die Bücher wurden

an den Lesepulten festgekettet, um die

literarischen Kostbarkeiten vor allzu be-

gierigen Studenten zu schützen. In den

Wirren des Dreißigjährigen Krieges wird

1623 der wertvolle Bibliotheksbestand in

den römischen Vatikan abtransportiert. Schlosspanorama

Page 36: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

34

L i t e r a t u r r e g i o n

Am 26. April 1518 hielt Martin Luther (1483 –1546) an der Universität seine

berühmte Heidelberger Disputation. Auf

dieses bedeutungsvolle Ereignis und an

Luthers Aufenthalt im Kloster der Au-

gustiner weist die Gedenkplatte auf dem

Universitätsplatz hin.

Liebe und Leid verbinden Liselotte von der Pfalz (1652 –1722) mit Heidelberg.

Als Tochter des Kurfürsten Karl Lud-

wig und der Prinzessin Elisabeth Char-

lotte von Hessen-Kassel wird Liselotte

auf der Heidelberger Burg geboren. Um

nach dem Schrecken des Dreißigjäh-

rigen Kriegs den Frieden in der Pfalz und

an den westlichen Grenzen zu wahren,

soll Liselotte durch eine Verbindung mit

Philippe, dem Herzog von Orléans, in

den französischen Hof einheiraten.

Liselottes Leben in Frankreich ist voller

Trauer und Heimweh. Ihr Schmerz findet

in der Zerstörung ihrer Heimat, bedingt

durch den pfälzisch-orléanischen Erb-

folgekrieg (1688 –1697), seinen Höhe-

punkt. In einem Brief schreibt sie:

Kaum hatte ich mich über des armen

Carllutz tod [ein Halbbruder Liselottes] ein

wenig erholt, so ist das erschreckliche

und erbärmliche elend in der armen Pfalz

angegangen, und was mich am meisten

daran schmerzt, ist, daß man sich meines

namens gebraucht,

um die armen leute ins

äußerste unglück zu

stürzen.

Liselotte von der Pfalz, Brief

vom 20. März 1689

Allen Feuern und Kriegen hat das Haus

„Zum Ritter St. Georg“ getrotzt, das

1592 im Auftrag des hugenottischen

Tuchhändlers Charles Berlier erbaut wur-

de. Seit 1703 dient das schmucke Haus

als Gasthaus, dessen Fassade über die

Jahrhunderte von berühmten Heidelber-

ger Besuchern gewürdigt wurde, wie

Victor Hugo (1802 –1885), der dort

jedoch nicht übernachtet hat.

Der Lyriker und Novellist Theodor Storm (1817–1888) soll sich hier aller-

dings zweimal einquartiert haben, und

ein häufiger Gast war Joseph Victor von Scheffel (1826 –1910). 1924 wurde

hier der „Scheffelbund“ gegründet, der

seit 1926 seinen Sitz in Karlsruhe hat.

(www.literaturmuseum.de)

Gasthof „Zum Ritter“

Da Heidelberg im Pfälzischen Krieg stark

zerstört wird und 1720 der Kurfürst Carl

Philipp die Residenz nach Mannheim

verlegt, verliert Heidelberg vorüberge-

hend seine Bedeutung. Unter der Regie-

rung Carl Theodors blüht die Stadt kul-

turell wieder auf. Nach der Erweiterung

Badens zum Großherzogtums, erneuert

Karl Friedrich von Baden 1803 die Uni-

versität. Durch seine kluge Berufungs-

politik gewinnt die Universität schnell an

Ansehen, was sich auch in wachsenden

Studentenzahlen widerspiegelt.

Fenster der

Heiliggeistkirche

Page 37: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

35

R h e i n - N e c k a r

Das Etikett „Heidelberger Romantik“

macht Heidelberg zum Zentrum der

jungen Kunst in Deutschland. Etliche

Reiseberichte zeugen von der reizvollen

Umgebung und tragen dazu bei, dass

Heidelberg ein Treffpunkt von Intellek-

tuellen und Inspirationsquelle für Künstler

wird. Zu letzteren zählen beispielsweise

William Turner (1775 –1851), Fried-rich Rottmann (1768 –1816) und Carl Philipp Fohr (1795–1818).

Im Kurpfälzischen Museum Heidelberg

kann man die Entwicklungen der Bilden-

den Künste anhand zahlreicher Expo-

nate verfolgen. Untergebracht im Pa-

lais Morass, wird der Öffentlichkeit eine

umfangreiche Sammlung an Gemälden,

Stichen, Münzen und weiteren Expona-

ten präsentiert. 2008 feierte das Museum

mit dem idyllischen Garten sein 100-jäh-

riges Bestehen, nachdem es 1908 vom

badischen Großherzog Friedrich II. und

dessen Gemahlin eingeweiht wurde.

Kurpfälzisches Museum

info

Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg

Hauptstraße 97 · 69117 Heidelberg

Tel. 0 62 21/5 83 40 00 und 5 83 40 20

Fax 0 6221/58 34 90 00

Öffnungszeiten: Di – So 10 –18 Uhr

www.museum-heidelberg.de

Achim von Arnim (1781 –1831) und

Clemens Brentano (1778 – 1842) arbei-

ten in der Hauptstraße 151 an ihrer be-

rühmten Volksliedsammlung. Der erste

Band erscheint 1805 mit dem Titel „Des

Knaben Wunderhorn“. Bis 1808 folgen

zwei weitere Bände.

Sammler anderer Art sind die Brüder

Melchior (1786 –1851) und Sulpiz Boisserée (1783 –1854). Mit ihrer Kunst-

sammlung altdeutscher- und niederlän-

discher Gemälde setzen sie sich das Ziel,

mit einem Museum in Heidelberg die Ent-

wicklung der deutschen Malerei seit ihren

Anfängen zu dokumentieren. Johann Wolfgang von Goethe (1749 –1832) ist

einer ihrer interessierten Gäste:

Er betrachtete die Bilder nicht, wie sie

eins neben dem andern an der Wand

hingen, wodurch der Eindruck zerstreut

und mehr oder minder abgeschwächt

wird; er ließ sich immer nur eins, abge-

sondert von den anderen, auf die Staffe-

lei stellen und studierte es, indem er es

behaglich genoß und seine Schönheiten

unverkümmert durch fremdartige Eindrü-

cke von außen, sei es der Bilder- oder

Menschenwelt, in sich aufnahm. Er ver-

hielt sich dabei still, ohne viel zu reden,

bis er des Gesehenen, seines Inhalts und

seiner tieferen Beziehungen Herr zu sein

glaubte, und fand er dann Anlaß, Per-

sonen, die er liebte und schätzte, gegen-

über seinen Empfindungen Ausdruck zu

geben, so geschah es in einer Weise, die

alle Hörer zwang.

Aus den Memoiren von Joh. Bapt. Bertram (1814)

info

Germanistisches Seminar – Bibliothek –

Hauptstraße 207–209 · 69117 Heidelberg

Mo– Fr 9 – 20.45 Uhr · Sa 10 –17.45 Uhr

www.gs.uni-heidelberg.de/bibliothek

Page 38: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

36

L i t e r a t u r r e g i o n

Regelmäßige Ausstellungen und Le-

sungen veranstaltet die vielfach ausge-

zeichnete Stadtbücherei.

info

Stadtbücherei Heidelberg

Poststraße 15 · 69115 Heidelberg

www.stadtbuecherei-heidelberg.bib-bw.de

Hauptstelle Universitätsbibliothek

Plöck 107–109 · 69117 Heidelberg

Tel. 0 6221/54 23 80 · Fax 0 62 21/54 26 23

www.ub.uni-hd.de

Die junge Marianne von Willemer (1784 –1860) wird für Goethe zur anre-

genden „Muse“. Vereinzelte Treffen und

ein reger Briefwechsel mit der aufge-

weckten Frau lassen den „West-Östli-

chen Diwan“ (1815) entstehen. Bei einem

gemeinsamen Spaziergang im Schlos-

spark entdeckt Goethe einen Ginkgo-

Baum, dessen herzförmige Blätter

Harmonie symbolisieren:

Dieses Baums Blatt. Der von Osten

Meinem Garten anvertraut,

Gibt geheimen Sinn zu kosten,

Wie’s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,

Das sich in sich selbst getrennt?

Sind es zwei, die sich erlesen,

Daß man sie als eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,

Fand ich wohl den rechten Sinn;

Fühlst du nicht an meinen Liedern,

Daß ich eins und doppelt bin?

J. W. von Goethe: Gingo biloba (27. September 1815)

Alt-Heidelberg, du feine,

Du Stadt an Ehren reich,

Am Neckar und am Rheine

Kein‘ andre kommt dir gleich.

Stadt fröhlicher Gesellen,

An Weisheit schwer und Wein,

Klar ziehn des Stromes Wellen.

Blauäuglein blitzen drein.

Und kommt aus lindem Süden

Der Frühling übers Land,

So webt er dir aus Blüten

Ein schimmernd Brautgewand.

Auch mir stehst du geschrieben

Ins Herz gleich einer Braut,

Es klingt wie junges Lieben

Dein Name mir so traut.

Und stechen mich die Dornen,

Und wird mir’s drauß zu kahl,

Geb‘ ich dem Roß die Spornen

Und reit‘ ins Neckartal.

Joseph Victor von Scheffel: Trompeter von Säckingen

Namhafte Literaten, Gelehrte und Wis-

senschaftler haben in Heidelberg stu-

diert und so die Stadt und ihr Umland

schätzen und lieben gelernt. Zu diesen

zählen Joseph Freiherr von Eichen-dorff (1788 –1857), Joseph Victor von Scheffel – der in seinem Todes-

jahr zum Ehrenbürger ernannt wurde –,

Mark Twain (1835 –1910), Friedrich Hebbel (1813 –1863), Gottfried Keller (1819 –1890), Max Halbe (1865 –1944),

der Kultursoziologe Nicolaus Sombart (1923 –2008), der Schriftsteller Walter Helmut Fritz (1929) und viele mehr.

Auch Friedrich Hölderlin (1770 –1843)

bekennt 1798 in seinem Gedicht „Heidel-

berg“ seine Liebe zur Stadt, „der Vater-

landstädte / Ländlichschönste“. Wilhelm Goethebank und Ginkgo Baum

Page 39: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

37

R h e i n - N e c k a r

Meyer-Förster (1862 –1934) feiert

die Neckarstadt in seinem Theaterstück

„Alt-Heidelberg“ (zunächst „Karl Hein-

rich“, 1899), das sehr erfolgreich auf-

geführt, jedoch auch als „Operetten-

schmalz“ kritisiert wurde.

Ein bekannter geisteswissenschaftlicher

Vertreter unter den Heidelberger Profes-

soren war der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 –1831), der

1816–1818 in Heidelberg lehrt. Hier

publiziert er 1817 die „Encyclopädie der

philosophischen Wissenschaften“ und

arbeitet an den berühmten „Heidelberger

Jahrbüchern“ mit. Trotz anstrengender

intellektueller Studieninhalte ist Hegel bei

den Studenten sehr beliebt. Während

eines „Punschgelages“ ist es der Philo-

soph, der vorschlägt, den Dichter – und

engen Freund – Jean Paul (1763 –1825)

ehrenhalber zu promovieren.

Der Philologe Friedrich Creuzer (1771–

1858) gehörte zum Kreis der Romantiker

und redigierte die „Heidelberger Hand-

bücher der Literatur“. Seit 1804 wirkte er

mit einer kleinen Unterbrechung bis zu

seiner Pensionierung 1845 als Professor

an der Heidelberger Universität. Creuzers

Ideen gaben Anstoß, die antike Symbolik

und Mythologie in den Wissenschaften

neu zu diskutieren. Der Philosoph und

Schüler Martin Heideggers (1889 –

1976) Hans-Georg Gadamer (1900 –

2002) wird 1948 als Nachfolger Karl

Jaspers an die Universität berufen und

lehrt dort über 20 Jahre. Er versammel-

te knapp ein Dutzend Studenten zu wö-

chentlichen Lesungen aus den „Klassi-

kern der Philosophie“ in seinem Haus am

Büchsenackerhang, am Stadtrand von

Heidelberg. 1960 erscheint sein Werk

„Wahrheit und Methode“, das Grundla-

genwerk der philosophischen Herme-

neutik. 2001 wurde die nach Gadamer

benannte Stiftungsprofessur an der

Ruprechts-Karls-Universität eingerichtet.

Im Fokus steht die Auseinandersetzung

und Fortschreibung der Hermeneutik.

Die Studenten beherrschten das Straßen-

bild, füllten die Bierstuben und Weinbei-

seln, deren es eine Anzahl als Anhängsel

von Bäckereien gab. Der Student war

das A und O des Heidel-

berger Alphabets; die

Bürgerschaft lebte von

ihm. Ich rechne im

weiteren Sinne zu den

Studenten auch die

Professorenschaft.

Die natürlich die obers-

te Staffel bildete und

gesellschaftlich die ent-

scheidende Rolle spielte.

Max Halbe (um 1883)

info

Studentenkarzer der Universität Heidelberg

Alte Universität · Augustinergasse 2

Tel. 0 62 21/54 35 54 · Fax 062 21/54 36 66

April – September: Di –So 10 –18 Uhr

Oktober: Di–So 10–16 Uhr

November – April: Di –Sa 10 –16 Uhr

www.heidelberg-marketing.de

info

Universitätsmuseum Heidelberg, Alte Universität

Grabengasse 1 · 69117 Heidelberg

Tel. 0 62 21/ 54 35 93

Öffnungszeiten:

April – September: Di – So 10 –18 Uhr,

Oktober: Di – So 10 –16 Uhr,

November – März: Di – Sa 10 –16 Uhr

Page 40: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

38

L i t e r a t u r r e g i o n

Der frühexpressionistische Dichter Ernst Blass (1890 – 1939) beendet sein in

Berlin begonnenes Studium an der Hei-

delberger Universität. Er lernt hier Fried-rich Burschell (1889 – 1970) und Karl

Jaspers kennen. Blass ist Herausgeber

der literarischen Monatszeitschrift „Die

Argonauten“, in der ab 1914 Beiträge

verschiedener Autoren erscheinen, dar-

unter auch Ernst Bloch, Walter Benja-

min, Franz Werfel, Robert Musil u. a. In

seinem Gedichtband „Die Straße kom-

me ich entlang geweht“ (1912) gestaltet

Blass mit als erster das moderne, urbane

Leben in der deutschen Lyrik.

Der Verlag, in dem 1914 „Die Argo-

nauten“ erschienen und zuvor 1912 die

erste expressionistische Gedichtsamm-

lung „Der Kondor“, war der Verlag von

Richard Weissbach (1882 –1950).

Als Student besuchte Weissbach Vor-

lesungen in Philosophie, Philologie, Ar-

chäologie und Geschichte an der Univer-

sität in Heidelberg. Die Herausgabe der

Monatsschriften machte sein Unterneh-

men zu einem bedeutenden Verlag des

frühen literarischen Expressionismus.

Der in Karlsruhe geborene Lyriker

und Dramatiker Alfred Mombert (1872 –1942) studierte in Heidelberg

Jura und wurde 1897 promoviert. Neun

Jahre lang ist er als Rechtsanwalt tä-

tig, bevor er sich schließlich ganz dem

Schreiben widmet. Beeinflusst von den

Werken Friedrich Nietzsches, Friedrich

Hölderlins und Rainer Maria Rilkes, gilt

Mombert als Wegbereiter des Expressi-

onismus:

Nachmittags am Neckar schreite ich

uferlang auf die alte schöne Brücke zu.

Drüben vom Turm der Heiliggeistkirche

glänzt freudig das große goldene Ziffer-

blatt der Uhr. Und im Sonnenschein wird

hier ein Säuglingswägelchen hinter dem

anderen vorübergefahren.

Der muß erst geboren werden, der mir

einreden wird, diese reizend knospen-

den, mit dem Schnuller im Mündchen

uns anlächelnden Staatsbürgerlein (ver-

mutlich bald schon wortgewaltige Politi-

ker!) seien in ohnmächtigen, kopfhänge-

rischen, glücklosen Nächten gezeugt …

Wer statt am Fluß im Bergwald spaziert,

der gerät manchmal vor einen Ameisen-

haufen. Gerade hat ein böser Junge mit

diabolischer Chaoslust mit seinem Ste-

cken darin herumgestochert und sich

dann in die Büsche verzogen. Nun geht

es hier drunter und drüber! Die Ameisen

rennen irrsinnig durcheinander. Erst vor-

wärts – dann rückwärts. Dann zugleich

vorwärts und rückwärts. Wer die Amei-

sensprache versteht, kann sie jammern

hören: „Das Weltall eingestürzt.“ „Unter-

gang des Abendlandes.“ „Kulturbruch.“

„Keine Schönheit mehr.“

Alfred Mombert (1932)

Mombert wird oft der Lyriker Stefan

George gegenübergestellt, der ebenfalls

zur Heidelberger Literaturgeschichte

gehört. Der Literatur-, Musik- und Kultur-

historiker Richard Benz (1884 –1966),

1954 zum Ehrenbürger Heidelbergs

ernannt, hält eine Begegnung der un-

gleichen Literaten in seinen Lebens-

erinnerungen fest:

Ich sah ihn (George) einmal, wie er

um die Mittagszeit die fast leere Haupt-

straße am Kornmarkt herabkam, wäh-

rend zufällig auf der andern Seite Mom-

bert sich in entgegengesetzter Richtung

bewegte – man konnte sich, in Äußerem,

Haltung und Gebärde, keine größeren

Gegensätze denken: George, schlank

und groß, betont aufrecht sich haltend,

Stefan George

Page 41: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

39

R h e i n - N e c k a r

trug eine Manuskriptrolle in der Hand,

bewußt den Dichter auch äußerlich sym-

bolisierend; während Mombert vornü-

bergebeugt, ganz in sich gesammelt, mit

großen Schritten vorwärts strebte, ganz

männliche Kraft, von einem erbarmungs-

losen geistigen Müssen getrieben; der

Andre, trotz seines scharfen Gesichts-

Schnitts fast altweiberhaft-grämlich, in

künstlicher Herbe und Unnahbarkeit,

gemessen wandelnd, wie er sich wohl

das Erscheinen eines Gottes auf Erden

vorstellte. Die beiden kannten sich ohne

Zweifel, wenn sie sich so einsam begeg-

neten [...], und es ist schwer zu sagen,

was sie in solchen Augenblicken emp-

fanden.

Die Ruine des Heidelberger Schlosses,

Wahrzeichen der Stadt, lockt seit jeher

Gäste an, die das prächtige Bauwerk

und seine Umgebung bewundern, wie

den angrenzenden Schlossgarten, der

während seiner Entstehungszeit zwi-

schen 1614 und 1619 als achtes Welt-

wunder gefeiert wurde.

Zum ersten Mal 1926 inszeniert, besu-

chen jedes Jahr Tausende die Heidelber-

ger Schlossfestspiele.

info

www.theaterheidelberg.de

Der Philosoph und Literaturkritiker

Walter Benjamin (1892–1940) be-

schreibt die „Aura“ des Heidelberger

Schlosses:

Ruinen, deren Trümmer gegen den Him-

mel ragen. Erscheinen bisweilen doppelt

schön an klaren Tagen, wenn der Blick

in ihren Fenstern oder zu Häupten den

vorüberziehenden Wolken begegnet. Die

Zerstörung bekräftigt durch das vergäng-

liche Schauspiel, das sie am Himmel er-

öffnet, die Ewigkeit dieser Trümmer.

Walter Benjamin (1928)

Der Philosophenweg mit seinem roman-

tischen Blick auf Heidelberg war eben-

so ein Ort für geistigen Austausch und

intellektuelle Gespräche wie das Stift

Neuburg. 1825 wurde die ehemalige

Klosterkirche von Friedrich Schlosser (1776 –1861), Schwiegerneffe Goethes,

als Sommersitz und „erstes Goethe-Mu-

seum“ genutzt. Sie wurde als „Roman-

tikerklause“ bekannt. Auch zu Zeiten

der unruhigen Moderne versammelten

sich hier verschiedene Künstlergemein-

schaften um den letzten Stiftsinhaber,

Alexander von Bernus. Intellektuelle wie

Stefan George (1868 –1933), Karl Wolfskehl (1869 –1948), Georg Sim-mel (1858 –1918) oder Klaus Mann

(1906 –1949) waren darunter.

Die heute im Stift untergebrachte Bene-

diktinerabtei mit hübschem Klostergar-

ten bietet in ihrem Hofladen Lebensmittel

aus eigener Produktion an.

Page 42: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

40

L i t e r a t u r r e g i o n

info

Abtei Neuburg

Stiftweg 2 · 69118 Heidelberg

www.stift-neuburg.de

Maler, Dichter und ihre Gesellen

Halten hier immer wieder Haus,

Sehen die Schiffe drunten fahren,

Lehnen mit den wehenden Haaren,

Wie früher andere an den hellen

Sommertagen aus ihren Zellen

Über das offene Tal hinaus.

Aber an Abenden, den klaren,

Trauernden, die nur sie verstehen,

Treten sie in den Park und gehen

Hin auf Träumen von hundert Jahren,

Und sie bilden, was sie sehen.

Alexander von Bernus

Der Philosoph Karl Jaspers (1883 –

1969) legt 1908 sein Staatsexamen der

Medizin an der Heidelberger Universität

ab und arbeitet in den darauffolgenden

Jahren in der psychiatrischen Klinik Hei-

delberg. Jaspers verbindet eine enge

Freundschaft mit dem Soziologen Max Weber (1864 –1920). Er ist Lehrer der

Philosophin Hannah Arendt (1906 –

1975) und der Autorin Hilde Domin

(1909 – 2006). Jaspers philosophische

Schrift „Die geistige Situation unserer

Zeit“ (1931) findet großen Anklang. Der

Philosoph erinnert sich:

Die Bevölkerung Heidelbergs, nicht ur-

eingesessen, stammt zum größten Teil

von Menschen ab, die nach dem Bran-

de und der totalen Zerstörung der Stadt

durch die Franzosen 1692, Jahre spä-

ter, auf einen Aufruf des Kurfürsten, zum

Wiederaufbau an den menschenleer

gewordenen Ort aus ganz Europa ka-

men. So wurde bis heute die Universi-

tät in ihren hohen Zeiten geschaffen von

Fremden aus aller Welt, die hier ihr neues

sinnlich-übersinnliches ‚zu Hause‘ fanden

und, wohin sie in Folge auch kamen, be-

wahrten. Dieser Geist, von dem Boden

gelöst, übernational, überstaatlich, leben-

dig innerhalb der Universität, wird getra-

gen von unzähligen Einzelnen.

Karls Jaspers (Heidelberger Erinnerungen, 1961)

Zu den berühmten Söhnen der Stadt

gehört der erste Reichspräsident der

Weimarer Republik, Friedrich Ebert (1841–1925).

info

Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Untere Straße 27 · 69117 Heidelberg

Tel. 062 21/91 07 00 · Fax 062 21/91 0710

Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10–18 Uhr,

Do bis 20 Uhr

www.ebert-gedenkstaette.de

Die in Köln geborene Dichterin Hilde Do-

min studiert an der Heidelberger Univer-

sität, bevor sie 1932 mit ihrem späteren

Mann Erwin Walter Palm (1910 –1988)

Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte

Stift Neuburg

Blick vom Philosophenweg

Page 43: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

41

R h e i n - N e c k a r

nach Italien emigriert. Es folgt die Flucht

vor den Nationalsozialisten. Während

ihres Exils in der Dominikanischen Re-

publik schreibt sie ihre ersten Gedichte.

1960 wird Palm an die Universität Heidel-

berg berufen. Hilde Domin erhielt neben

zahlreichen Ehrungen 2004 das Ehren-

bürgerrecht der Stadt Heidelberg:

Das selbständige Arbeiten begann für

mich hier, in Heidelberg. Von hier sehe

ich sogar noch die ehemalige Pension,

in der meine Mutter, nach gemeinsamer

Zimmersuche, mich noch meiner Cousine

ans robuste Herz legte, was diese nicht

wenig entsetzte, worauf Mutter dann

nach Köln zurückfuhr und die Schwimm-

leine durchgeschnitten war. Köln war da-

mals viel weiter von Heidelberg als heute,

subjektiv und auch objektiv. Aber pünkt-

lich gingen meine Wäschepakete hin

und her und kamen nie ohne Extrageld-

scheine oder ein gebratenes Hähnchen,

damals noch etwas Besonderes, [...] oder

sonst ein Schutzsignal zurück.

Hilde Domin: Meine Wohnungen

Im neugestalteten Museum wird an das

Leben des Chemikers und Ingenieurs

Carl Bosch (1874 –1940) erinnert, der

in den 20er Jahren Vorstand bei BASF

gewesen ist.

info

Carl Bosch Museum Heidelberg gGmbH

Schloss-Wolfsbrunnenweg 46 · 69118 Heidelberg

Tel. 0 62 21/60 36 16 · Fax 062 21/60 36 18

Täglich außer Do 10 –17 Uhr

www.musuem.villa-bosch.de

Michael Buselmeier (geb. 1938 in

Berlin) lebt als freier Schriftsteller in

Heidelberg und ist die „Literaturinstitu-

tion“ der Neckarstadt. Seine literarischen

Führungen – die auch als Buch erhältlich

sind – informieren über das Heidelberger

Literaturleben vom Humanismus bis hin

zum aktuellen Geschehen. Buselmeier

selbst reflektiert mit ironisch distanzier-

tem Ton seine Wahlheimat in dem kri-

tischen Roman „Der Untergang von

Heidelberg“ (1981):

1968 erschien mir (und anderen) Litera-

tur ohne Erkenntniswert, für den Augen-

blick brauchte ich sie nicht. Nur weiß

ich nicht, woher manche Rezensenten

die Dreistigkeit nehmen, unsere damals

wahrhaftige Haltung zur Poesie so hä-

misch zu kommentieren, so als hätten

sie immer schon Bescheid gewußt,

und haben sich doch höchstens vom

Schreibtisch bis zur Gardine bewegt,

während wir unten vorbeigerannt sind

Hortus Palatinus Garten des Kurfürsten Friedrich V.

Page 44: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

42

L i t e r a t u r r e g i o n

mit Sprechchören und Transparenten,

Fensterscheiben für die Wahrheit zer-

schlagend, und nachts die großen

fremden Begriffe studiert haben. Eini-

ge Kritiker ließen sich Haare und Bärte

wachsen, zogen sich Jeans-Anzüge

über und sprachen im Fernsehen mit

wichtigen Mienen, einerseits/anderer-

seits, vom Imperialismus. Alles war nicht

so schlimm, sagen sie jetzt, in neuen

Latzhosen in die Sonne tretend: „jetzt

dichten sie wieder“, „jetzt sind sie wieder

unser“, „das ist die Götterdämmerung

eines vordergründigen politischen

Engagements“, die Scheinwerfer drauf,

die Kameras, Dichter, Dichter! Und wir

sitzen schweigend da, etwas unbehag-

lich in unseren Vortragssesseln, und

lassen uns vom Staat und vom Bun-

desverband der Deutschen Industrie

Literaturpreise verleihen.

Michael Buselmeier: Der Untergang von Heidelberg

Auch in der Gegenwartsliteratur wird

Heidelberg zum literarischen Schau-

platz, so in Thomas Meineckes (1955)

„Tomboy“ (1998), einem gesellschafts-

kritischen Roman, der die Dekonstruk-

tion von Geschlechterrollen thematisiert.

Meineckes Protagonistin Vivian Atkinson

heftet sich an „die philosophischen Fer-

sen Judith Butlers“.

Die amerikanische Theoretikerin Judith Butler (1956), die in ihrer Studie „Gender

Trouble“ (1990) das Zusammenwirken

von Macht, Identität und Geschlechter-

rollen analysiert, studierte von 1978–

1979 an der Universität Heidelberg.

Der Amerikaner Allen Ginsberg hatte

einst oben am Philosophenweg gestan-

den und gleich über die gesamte, meist

dunstige Ebene, welche sich vor ihm

ausbreitete, ein Beat Poem verfaßt, das

sogar die chemischen Werke Ludwigs-

hafens inkorporierte. Vivians Mutter hatte

daraus die folgenden Zeilen auswendig

gekonnt: Highdelbergh below, orange

roofed, misty under grey cloud flowing

over oak ridge, across the red stone

bridge, over brown Neckar waters, flow-

ing west to the Rhine plains; supporting

BASF. Nicht lange nach der Zerschla-

gung der IG Farben standen sogar am

unteren Mississippi BASF-Werke, hatte

Vivians Daddy zu berichten gewußt, und

natürlich gab es auch ein kleines Heidel-

berg im Staate Mississippi.

Thomas Meinecke: Tomboy

Die Handlung des Kriminalromans „Die

Apothekerin“ (1994) von Ingrid Noll (1935) spielt in der Heidelberger Frau-

enklinik. Ingrid Noll lebt heute mit ihrem

Mann in Weinheim.

–> Weinheim

Du weißt, daß ich dich sehr gern habe,

und ich weiß, daß du ein prima Kerl bist,

du hast nur einen kleinen Fehler: du

fährst zu oft nach Heidelberg.

Heinrich Böll: Du fährst zu oft nach Heidelberg

Page 45: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

43

R h e i n - N e c k a r

Auch Heinrich Böll (1917–1985) lässt

die Neckarstadt in seiner Erzählung „Du

fährst zu oft nach Heidelberg“ – aus dem

gleichnamigen Erzählband (1981) – zu

einem literarischen Schauplatz werden.

Die Schriftstellerin Jagoda Marinic

(1977) studierte Germanistik, Politologie

und Anglistik in Heidelberg und lebt auch

hier. Ihr zuletzt erschienener Erzählband

„Russische Bücher“ (2005) wurde mit

dem Grimmelshausen-Förderpreis aus-

gezeichnet.

Der schweizer Schriftsteller Peter Bieri (1944) studierte ab 1964 in Heidelberg

und wurde dort promoviert. Unter sei-

nem Pseudonym Pascal Mercier ver-

öffentlichte er u. a. 2004 den Roman

„Nachtzug nach Lissabon“. 2008 hält

Bieri die Poetikdozentur an der Heidel-

berger Universität.

Seit 1995 verfasst der Karlsruher Autor

Wofgang Burger (1952) Krimis, darun-

ter vier Heidelberg-Krimis um den Krimi-

nalrat Alexander Gerlach: „Heidelberger

Requiem“ (2005), „Heidelberger Lügen“

(2006), „Heidelberger Wut“ (2007) und

zuletzt „Schwarzes Fieber“ (2008).

Heppenheim

1847 tagte im Gasthof „Zum Halben

Mond“ das Vorparlament zur Deutschen

Nationalversammlung. Das historische

Hotel wurde 1849 zum Hauptquartier der

großherzoglich-hessischen Truppen im

Kampf gegen die revolutionär-demokra-

tische Bewegung.

Der Heppenheimer Anton Schmitt (1801–1876) war Fabel- und Fibeldichter.

Schmitt erfand die Rohrpost, was ihm

mehr Ruhm einbrachte als sein päda-

gisch-literarisches Steckenpferd: ge-

reimte Bildunterschriften.

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber (1878 –1965) lebte in den Jah-

ren 1916 bis 1938 in Heppenheim. Hier

entstand die erste Konzeption seines

Werkes „Ich und Du“, das 1923 veröf-

fentlicht wurde und mit dem er sich von

der bisher eingenommenen mythischen

Grundhaltung verabschiedete und die

Wende zu einem dialogischen Denken

vollzog.

Im Rahmen zionistischer Bestrebun-

gen schloss er sich der von Aron David Gordon (1856 –1922) begründeten re-

volutionär-sozialistischen Erneuerungs-

bewegung an. Buber initiierte Tagungen

zur Verbesserung des Bildungswesens

und arbeitete in den pädagogischen

Reformbestrebungen im „Internationalen

Arbeitskreis für Erneuerung der Erzie-

hung“ sowie im „Hohenrodter Bund“.

Er beteiligte sich an den Bestrebun-

gen des interkonfessionellen „Patmos-

kreises“, die Begegnung und Zusam-

menarbeit der Religionen zu fördern,

1920 – 1930 gab der Frankfurter Profes-

sor im Auftrag dieses Kreises zusam-

men mit Joseph Wittig und Viktor von

Weizäcker die Zeitschrift „Die Kreatur“

heraus. Seit 1925 begann eine enge Zu-

sammenarbeit mit Franz Rosenzweig

(1886 –1929). Noch vor den November-

pogromen 1938 konnte Buber mit seiner

Frau nach Israel emigrieren.

In New York war Martin Buber 1955 ne-

ben Hannah Arendt, Gershom Scholem

u.a. an der Gründung des Leo Baeck

Instituts beteiligt, einer wichtigen Doku-

mentations- und Forschungsstätte für

die Geschichte der deutschsprachigen

Juden.

In den Jahren 1938 –1940 verfasste sei-

ne Frau Paula Buber das literarische

Zeitbild „Muckensturm. Ein Jahr im Le-

ben einer kleinen Stadt“, das 1953 unter

ihrem Pseudonym Georg Munk veröf-

Martin Buber

Page 46: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

44

L i t e r a t u r r e g i o n

fentlicht wurde. Sie beschreibt darin die

Anfänge des Nationalsozialismus in einer

Kleinstadt, der Heppenheim als ein Vor-

bild diente:

Das Muckensturmer Herz seufzt ungern

lange unter der Beklemmung von Tod

und Grauen. Hat es den dunklen Ge-

walten seinen Tribut entrichtet, strebt es

alsbald mit mächtigem Drang dem le-

bendigen Lichte zu. In diesen Tagen ge-

sellte sich zu dieser natürlichen Erhebung

des Gemüts noch ein besondrer Antrieb.

In vielen Kellern des Städtchens gärte

der Most dem gleichen holden Licht ent-

gegen, dem auch die bedrückte Seele

zuflog. Die letzten Wagen kehrten mit

Trauben beladen aus den Weinbergen

heim. Über die Straßen des Städtchens

strich ein kühler Herbstwind hin, unter

dem sich leichter atmete als unter der ver-

gangenen lastenden Sommerschwüle.

Georg Munk: Muckensturm. Ein Jahr im Leben einer

kleinen Stadt (1953).

Das Wohnhaus der Bubers in Heppen-

heim, in dem er von 1916 –1938 zusam-

men mit seiner Frau und den Enkelinnen

Barbara und Judith Buber lebte, wurde

während der Novemberpogrome ver-

wüstet. Heute ist es Sitz des Internatio-

nalen Rates der Juden und Christen.

info

Martin-Buber-Haus

Internationaler Rat der Juden und Christen e.V.

Werléstraße 2 · 64646 Heppenheim

Tel. 0 62 52/9 3120 · Fax.0 62 52/6 83 31

Besuche und Führungen auf Anfrage

www.iccj.org

Wilhelm Holzamer (1870 –1907) war

13 Jahre Realschullehrer in Heppenheim,

ehe er Großherzoglicher Kabinettsbiblio-

thekar wurde. 1903 ging Holzamer als

freier Schriftsteller nach Paris, 1905 nach

Berlin. Sein Wohnhaus ist in der Lorscher

Straße 21 zu finden, wo 1901 auch sein

Sohn Hans Detlef Holzamer geboren

wurde, dessen Taufpate Detlef von Liliencron (1844 –1909) war.

H. D. Holzamer wurde Dialektschriftstel-

ler. Für die damaligen „Heppenheimer

Sommernächte“ schrieb er Heimatspiele,

sein größter Erfolg war die Komödie „Der

Herr Borjemoaschder“, des Weiteren „De

Hepprumer Kernberjer“ und „Das bun-

te Buch der Bergstraße“. Vermutlich ist

H.D. Holzamer 1947 in russischer Gefan-

genschaft gestorben.

In dritter Generation wurde der ehe-

malige Oberstudienrat 1939 Hansjörg Holzamer, genannt Jake, geboren.

1978 erschien sein Buch „Jakes Traum:

Der Tod des Nichtschwimmers“. 1968

gab er „Das bunte Buch der Bergstraße“

seines Vaters neu heraus.

1936 ist in Heppenheim der Maler und

Bildhauer Horst Antes geboren, der

zwischen 1957 und 1959 bei HAP Gries-

haber an der Akademie der bildenden

Künste in Karlsruhe Malerei studierte,

wo er seit 1967 eine Professur inne hat.

Kennzeichnend sind seine ab 1962 ent-

standenen sogenannten „Kopffüßler“.

info

Museum für Stadtgeschichte und Volkskunde

Kurmainzer Amtshof

Amtsgasse 5 · 64646 Heppenheim

Tel. 062 52/6 9112 · Fax 06252/6 91 62

Öffnungszeiten: Mi, Do, Sa 14 –17 Uhr,

So und Feiertag 14–18 Uhr

Fünf Kilometer nordöstlich von Heppen-

heim liegt die kleine Ortschaft Oberham-

bach, in der der Pädagoge und Vor-

kämpfer für freie Schulgemeinden Paul Geheeb (1870 –1961) 1910 die Oden-

waldschule gründete. Zuvor hatte er

1906 gemeinsam mit Gustav Wyneken

Martin-Buber-Haus

Page 47: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

45

R h e i n - N e c k a r

(1875–1964) die Freie Schulgemeinde

Wickersdorf gegründet. Die Odenwald-

schule genoss weit über die Grenzen

Deutschlands einen guten Ruf.

Schüler waren hier beispielsweise

Erika und Klaus Mann und Felix Hart-

laub. Klaus Mann schwärmte in seinem

Lebensbericht „Der Wendepunkt“: „Daß

es eine solche Schule in Deutschland

einmal geben konnte!“ Felix Hartlaub

berichtet in seinen Briefen an die Familie

aus der Odenwaldschule:

Der Tag verläuft jetzt sehr planmäßig, die

Pausen und Zwischenzeiten sind knapp

bemessen. Ich habe mich auch zu sehr

mit Nachmittagskursen überladen, das

lernt man aber mit der Zeit. Große Freu-

de macht mir der Gartenbau. Mir wur-

de ein verottetes, nie umgegrabenes

Stück Erde zugewiesen, an dem ich jetzt

schufte, grabe, hacke. Darauf stehen

drei Stachelbeerbüsche, deren erhoffte

Frucht mir, dem alleinigen Besitzer, zufal-

len wird. So genieße ich die Freuden und

Gaben des ackerbauenden Robinson.

(28.5.1928)

Als Gäste kamen der indische Schrift-

steller und Nobelpreisträger Rabin-dranath Tagore (1861–1941), die

schwedische Frauenrechtlerin Ellen Key (1849–1926), Martin Buber, der fran-

zösische Schriftsteller und Musikkritiker

Romain Rolland (1866–1944) und

Albert Schweitzer (1875–1965).

Geheeb emigrierte 1934 in die Schweiz

und gründete im selben Jahr im Berner

Oberland die École d’Humanité.

Jockgrim

Die in Speyer geborene Schriftstellerin

Lina Sommer (1862–1932) lebte meh-

rere Jahre in Jockgrim und wurde hier

auch begraben. Mit ihren Bändchen

„Stillvergniecht“, „Vun allem ebbes“,

„Pälzer Blumestreißel“, „So Sache,

Wisseblume“ und „Pälzer Humor“ war

sie eine beliebte Mundartautorin in der

Pfalz. In Jockgrim erin-

nert ein kleiner Platz mit

einer Porträtbüste an

die Autorin.

Lina Sommer Gedenktafel

Wunsch

Ein bißchen, ein klein bißchen nur

Laß, Gott, mich zu mir selber kommen,

Daß ich aus meinem Arbeitsfeld

Nicht atemlos werd weggenommen.

Ein wenig, ein klein wenig Ruh

Möchte vor der großen Ruh ich halten,

Und losgelöst und unbeschwert

Still lauschen, und die Hände falten.

Lina Sommer

Lina-Sommer-Platz mit Porträtbüste

Klingenmünster

Der in Klingen-

münster geborene

August Becker (1828 –1891) ge-

hört zu den be-

deutendsten pfälzi-

schen Dichtern des

19. Jahrhunderts

Odenwaldschule in Oberhambach

Page 48: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

46

L i t e r a t u r r e g i o n

und war unter anderem mit Fritz Reu-

ter, Gustav Freytag und Hoffmann von

Fallersleben bekannt. Er wuchs im pro-

testantischen Dorfschulhaus von Klin-

genmünster auf und wurde in München

Mitarbeiter der „Fliegenden Blätter“. Ei-

nen ersten Erfolg hatte er mit dem spät-

romantischen Versepos „Jung Friedel

der Spielmann“ (1854). Der Roman „Des

Rabbi Vermächtnis“ (1866) zeigt ein po-

sitives Bild von Tradition und Gegenwart

der jüdischen Bevölkerung. „Vervehmt.

Roman aus der Gegenwart“ (1868) ent-

hält eine Kritik an der Restauration von

1848. Sein bekanntestes Werk ist die

Kulturgeschichte „Die Pfalz und die Pfäl-

zer“ (1858). In diesem Werk beschreibt

er Dörfer, Landschaften, Gebirge, Flüs-

se, Gerätschaften, Handwerke und nicht

zuletzt die Menschen der Pfalz. August

Becker starb 1891 in Eisenach und wur-

de 1930 auf den Friedhof von Klingen-

münster überführt.

[...] Wie man unter dem Begriff der Pfalz

gewöhnlich nur den vorderen Teil im

Auge hat, so findet man den pfälzischen

Volkscharakter in der Vorderpfalz und

hier vor allem bei den Bewohnern des

herrlichen Weinlandes von der Haardt

und den Vogesen am reinsten und aus-

geprägtesten. Dort findet man sowohl

die Licht- als auch die Schattenseiten

potenziert. Es gibt kein gastfreieres, edel-

sinnigeres, großherzigeres Völkchen als

die Weinpfälzer, aber auch keines, wo

so viel Übergescheitheit bei wirklichem

Verstande, so viel „Krischerei“ bei Wohl-

beredtheit und gesundem Urteil herrscht

wie hier.

August Becker: Die Pfalz und die Pfälzer (1858)

Im Geburtshaus von August Becker, das

sich in der Ortsmitte, an der Ecke Wein-

straße/Steinstraße befindet, ist heute

das August-Becker-Museum und das

Heimatmuseum Klingenmünster unter-

gebracht.

info

August-Becker-Museum Klingenmünster

Steinstraße 2 · Tel. 0 63 49/63 44

Öffnungszeiten: Sa 13 –14.30 Uhr; So 11–12 Uhr

www.klingenmuenster.org

Ladenburg

Johann Christoph Sauer wurde 1695

in Ladenburg geboren. 1724 wanderte

er mit seiner Familie nach Pennsylvania

aus. Seit 1735 bemühte er sich dort um

die Beschaffung der Ausstattung für eine

deutschsprachige Druckerei. 1738 erhielt

er Fraktur-Lettern aus einer Schriftgieße-

rei in Frankfurt am Main. Nun druckte er

seine zahlreichen Kalender, Bücher und

eine Zeitung, die später als „Germantow-

ner Zeitung“ wöchentlich erschien.

1743 druckte er dort die erste deutsch-

sprachige Bibel: Sie hatte 1 272 Seiten

und gilt als die erste gedruckte Bibel in

Amerika überhaupt. Die erste englisch-

sprachige erschien erst 40 Jahre da-

nach. Sauer starb 1757 in Germantown,

Pennsylvania.

Der Verleger Carl Friedrich Loening

(1810 – 1884) wurde als Zacharias

Löwenthal in Ladenburg geboren. Sein

Verlag, mit dem er dem Jungen Deutsch-

land eine Plattform bot, wurde 1835

August-Becker Haus

Page 49: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

47

R h e i n - N e c k a r

verboten. Er und sein Partner Jospeh

Rütten gründeten 1844 die „Literarische

Anstalt Frankfurt am Main“, die zum

Verlag vieler linker Autoren wird. So er-

scheint beispielsweise „Die heilige Fami-

lie“ von Marx/Engels. Loening ist auch

die Veröffentlichung des bekannten

„Struwwelpeter“ (1845) zu verdanken,

dessen Autor Heinrich Hoffmann

(1809 –1894) er zur Publikation überre-

dete. In den 1940er Jahren wird der Ver-

lag von den Nationalsozialisten „arisiert“.

Töff, töff, töff! Ein neuer Gruß einer neu-

en Zeit. Ein erster Hornruf jener Epoche,

wo der Motor seine Herrschaft antritt

zu Lande, dann zu Wasser und schließ-

lich in der Luft. Die Welt horcht auf! Die

Menschen bleiben auf der Straße ste-

hen, staunen und schauen. Wie, geht’s

mit rechten Dingen zu? Ein Wagen ohne

Pferde, rennend und rollend? Wie ein

Wunder pufft der Wagen die Straßen

entlang. Stolz wie ein König steuert der

Lenker. Stolz wie ein König grüßt er vom

Sitze herunter zu den staunenden Men-

schen.

Auf einmal aber kommt das Verhängnis

– in Gestalt der ersten „Panne“. Lang-

samer geht der Wagen, und jetzt? Rich-

tig, regungslos bleibt er stehen. Der Len-

ker steigt ab, kniet nieder, bastelt und

flickt. Die Menschen sammeln sich an,

lächeln und lachen. Das Staunen und

Bewundern schlägt um in Mitleid, Spott

und Hohn. Wie hier beim ersten Male,

so entspann sich bei jedem Steckenblei-

ben in der Stadt oder später draußen in

den Dörfern eine Debatte vernichtendster

Kritik. [...] „Wie kann man sich in so ei-

nen unzuverlässigen, armseligen, lautlär-

menden Maschinenkasten setzen, wo es

doch genug Pferde gibt auf der Welt und

die elegantesten Kutschen und Drosch-

Struwwelpeter

Page 50: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

48

L i t e r a t u r r e g i o n

ken obendrein“, sagten die anderen. [...]

Mochten aber auch alle verneinen und

ablehnen, ich blieb fest. Den mutigen

Glauben an die Zukunft vermochte mir

keiner zu rauben. Es gab auf der Welt

nur einen Menschen, der ebenso mutig

glaubte und hoffte wie ich – meine Frau.

Carl Benz: Lebensfahrt eines deutschen Erfinders

(1925)

Der Automobilpionier Carl Benz (1844 –

1929) lebte von 1903 bis zu seinem Tode

in Ladenburg, wo er seine Werkstät-

ten hatte, seine Frau Bertha starb 1944

ebenfalls dort. In der Ilvesheimer Straße

26 befindet sich heute das Automuseum

Dr. Carl Benz.

info

Automuseum Dr. Carl Benz

Ilvesheimer Straße 26 · 68526 Ladenburg

Tel. 062 03/18 17 86 · Fax 06203/25 03

Mi, Sa und So 14 –18 Uhr

www.automuseum-ladenburg.de

info

Carl-Benz-Haus

Dr.-Carl-Benz-Platz 2 · 68526 Ladenburg

Tel. 062 03/7 01 04 · Fax 06203/92 47 09

www.ladenburg.de

Lambsheim

Karl Geib (1777–1852) lebte als frei-

er Schriftsteller und Lyriker in Lambs-

heim. Er war auch Übersetzer und Her-

ausgeber u. a. der Zeitschrift „Palatina“

(1839/40) und von Reisehandbüchern

über die Mosel, Pfalz und Neckar, denen

er seinen Ruf als „Nestor der pfälzischen

Dichter“ und „Künder der romantisch-

malerischen Pfalz“ verdankt (z. B. „Rei-

se-Handbuch“, 1841). Die Sammlung

„Volkssagen des Rheinlands in Roman-

zen und Balladen“ (1828) stammt eben-

falls von ihm.

An seinem Geburtshaus in der Haupt-

straße 59 erinnert eine Gedenktafel an

Karl Geib. Auf dem Friedhof Lambsheim

ist sein Grab zu finden.

Lampertheim

Aus Lampertheim kam der Jesuiten-

pater Alfred Delp (1907–1945). Sein

politisches Engagement brachte ihn in

Kontakt mit dem „Kreisauer Kreis“ und

den Münchner Widerstandskreisen. Im

Juli 1944 wurde er verhaftet und wegen

Hoch- und Landesverrats verurteilt, 1945

in Plötzensee hingerichtet. In Lamperts-

heim an der Ostseite der Andreaskirche

wurde ihm zu Ehren eine Gedächtniska-

pelle eingerichtet.

Alfred-Delp-Kapelle

Ausstellungsräume Automuseum Karl Geib Geburtshaus

Page 51: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

49

R h e i n - N e c k a r

info

Heimatmuseum der Stadt Lampertheim

Römerstraße 102 · 68623 Lampertheim

Tel. 06206/93 53 21

www.lampertheim.de

Landau

Deutsches Tor

Im Spanischen Erbfolgekrieg war Landau

für kurze Zeit ein europäischer Brenn-

punkt. 1689 wurde die Stadt, die 1648

mit dem Elsass zu Frankreich gekommen

war, beinahe vollständig niedergebrannt.

Vom Festungsbaumeister Marschall

Sébastien Le Prestre de Vauban

(1633 –1707) zu einer der stärksten Fes-

tungen Frankreichs ausgebaut, wurde sie

von den Kaiserlichen Truppen und von

der französischen Armee wechselseitig

erobert und wieder verloren.

„Landau kann in der Tat das Schlüssel-

loch zu Frankreich heißen“, schrieb

Jakob Michael Reinhold Lenz (1751–

1792). Der „Stürmer und Dränger“ stand

in französischen Diensten, wechselte

1772/73 von Fort-Louis ins damals fran-

zösische Landau. Hier verbrachte er vier

Monate als Hofmeister eines baltischen

Barons und übersetzte die Komödien

„Das Väterchen“, „Die Aussteuer“, „Die

Entführungen“ und die „Buhlschwester“

von Plautus, die 1774 unter dem Titel

„Lustspiele nach dem Plautus fürs deut-

sche Theater“ erschienen.

Das Geburtshaus des Urgroßvaters von

Anne Frank in der Kaufhausgasse 9 –

mit teilweise gotischen Elementen – ist

eines der wenigen Häuser, die den

Stadtbrand von 1690 überstanden ha-

ben. Neben der ständigen Ausstellung

zur Geschichte der Landauer Juden

und einer Dokumentation über Sinti und

Roma in der Pfalz sind hier wechselnde

Kunstausstellungen zu besuchen.

Im Haus, das als Kommunikationszent-

rum dient, befindet sich auch ein Syn-

agogen- sowie ein Gedächtnisraum für

Martha Saalfeld.

–> Bad Bergzabern

info

Frank-Loebsches Haus

Kaufhausgasse 9 · 76829 Landau

Tel. 0 63 41/8 64 72Altes Kaufhaus

Villa Streccius, Sitz des Kunstvereins

Page 52: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

50

L i t e r a t u r r e g i o n

Der Maler und spätromantische Lyriker

Heinrich Jakob Fried (1802–1870)

verlebte seine Jugend in Landau. 1830

erschien seine lithografische Sammlung

von Ansichten geschichtlicher Denkmä-

ler der Pfalz „Erinnerungen an die Vor-

zeit, oder die Rheinpfalz“ und 1840 die

zweibändige Gedichtsammlung „Epheu-

ranken“. Zu seinen bekanntesten male-

rischen Werken gehört eine Ansicht der

Blauen Grotte auf Capri.

In der „Roten Kaserne“ nahe dem Rat-

hausplatz (heute Schule, mit Gedenkta-

fel) wurde Thomas Nast (1804–1902)

geboren, der als Kind in die USA aus-

wanderte und in Ecuador verstarb. Er gilt

als der Begründer der amerikanischen

politischen Karikatur. Neben dem Dollar-

signum erfand er die zeitgenössischen

Embleme für die Republikaner und De-

mokraten in Form von Esel und Elefant

und verwandelte den Pfälzer „Belzeni-

ckel“ in den amerikanischen Santa Claus.

Ihm zu Ehren vergibt die Stadt Landau

seit 1978 den Thomas-Nast-Preis.

info

Historisches Stadtmuseum im Haus Mahla mit

Stadtarchiv

Marienring 8 · 76829 Landau

Tel. 0 63 41/131 55 · Fax 0 6341/1 31 54

Der in Landau geborene Konrad Krez

(1828 –1897) veröffentlichte als junger

Lyriker die Gedichtsammlungen „Dornen

und Rosen aus den Vogesen“ (1847) und

„Gesangbuch“ (1850). Er wurde während

der Revolution von 1848/49 zum Tode

verurteilt. Doch konnte Krez aus der

Festung Landau in die USA fliehen. Er

machte als Anwalt Karriere und kämpfte

im Bürgerkrieg als General gegen die

Südstaaten. Als Staatsbeamter und füh-

render Politiker der Demokraten trat er

für eine moderne Sozialgesetzgebung

ein. Krez blieb ein Lyriker zweier Welten,

dem der Abschied aus der nie verges-

senen Heimat nicht leicht fiel:

Abschied

Noch einmal füllt die Schalen,

Mit Rheinwein anzustoßen,

Noch einmal schmückt die Schläfen

Mit heimathlichen Rosen;

Schon morgen werden tönen

Die Rufe der Matrosen.

[...]

Konrad Krez: Gesangbuch (1850)

An seinem Geburtshaus „Zum grünen

Baum“ in der Königstraße – gegenüber

dem Deutschen Tor – ist eine Gedenk-

tafel für Konrad Krez angebracht. Sein

Nachlass befindet sich im Stadtarchiv.

Der in Karlsruhe geborene Hans Erich Ufer (1896 –1920) wuchs in Landau auf

und trat sehr jung als expressionistischer

Lyriker in Erscheinung. „Es flirrt in seinen

Gesängen das genialische Pathos und die

selbstherrliche Naivität des Stürmers“,

schrieb der Journalist und Kritiker Paul

Ginthum über Ufer. Im 1. Weltkrieg war

er auf der Isle of Man interniert. Auf dem

Rücktransport nach Deutschland gingen

die meisten seiner Werke verloren.

Augustinerkirche

Kreuzgang

Frank-Loebsches-Haus, Innenhof

Page 53: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

51

R h e i n - N e c k a r

Der in Heidelberg geborene Paul Gint-hum (1894 –1959) war 30 Jahre lang

führender Journalist, Kritiker und Schrift-

steller in Landau. Er veröffentlichte

Schauspiele, Pfälzer Sagen und Balla-

den, Gedichte, Libretti („Madame Lise-

lotte“), Kritiken und verfasste Beiträge

zur pfälzischen Literatur und Kunst. Sein

Grab befindet sich auf dem Landauer

Friedhof.

info

Büro für Tourismus, Landau

Tel. 06341/131 81 oder 06341/1 31 82

Fax 06341/1 3179

www.landau.de

info

Sehenswert ist das Museum für Kutschen und

Chaisen · Taubensuhlstraße 5

Geöffnet nach Vereinbarung

Informationen:

Büro für Tourismus · Marktstraße 50

Tel. 06341/131 80 · Fax 063 41/1 31 79

www.landau.de

Leinsweiler

Ab 1898 lebte der Künstler Max Slevogt (1868 –1932) auf dem Hofgut Neukastell,

seinem „Castello Nuovo“. Monumentale

Wand- und Deckengemälde im Innern

zeigen Szenen aus dem homerischen

Epos „Ilias“, aus der orientalischen Mär-

chensammlung „1001 Nacht“, aus

Shakespeares „Macbeth“, aus Goethes

„Faust“, aus Coopers „Lederstrumpf“,

aus Mozarts Opern „Zauberflöte“ und

„Don Giovanni“ sowie aus Richard Wag-

ners Opernzyklus „Ring des Nibelungen“.

Der Künstler starb 1932 und wurde im

Garten des Slevogthofs beigesetzt.

info

Slevogthof Leinsweiler

Tel. 0 63 45/36 85 · Fax 06345/91 80 42

www.suedlicheweinstrasse.de

In Leinsweiler befindet sich das Gasthaus

„Saarhof“, das 1937 von dem Architek-

ten Paul Schmitthenner (1884 –1972)

begonnen und erst 1952 als „Leinswei-

ler Hof“ fertiggestellt wurde. Der Sand-

Böcklingsches Palais

Leinsweiler Tor

Slevogthof

Page 54: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

52

L i t e r a t u r r e g i o n

steinbau sollte im Zuge der Errichtung

der Deutschen Weinstraße als eine von

mehreren geplanten Kelterstationen mit

Weinverkauf und Gaststätte dienen.

Ludwigshafen

Am feierlichsten Fluß Deutschlands, mit-

ten zwischen Speyer und Worms, mitten

im Nibelungenliede gleichsam, dicht ne-

ben Jesuitenkirche, Rokoko-Bibliothek,

Schillers Hof- und Nationaltheater in

Mannheim. Selten hat man die Wirklich-

keit und die Ideale des Industriezeitalters

so nahe beisammen, den Schmutz und

das residenzhaft eingebaute Geld... In

50 Jahren könnte auf dem kruden Bo-

den eine Stadt stehen, die sich gewa-

schen, die sich nicht einmal gewaschen

hat, sondern direktester Wuchs ist aus

Schiffbau, Silos, Elevatoren, Fabriksaal.

Die kommende Zeit hat hier mehr umzu-

stoßen, aber weniger anzuzünden als in

der alten Kultur, die dafür mehr zu plün-

dern gibt ...

Ernst Bloch, 1964

Die Gründung der Stadt Ludwigshafen

im 19. Jahrhundert prophezeit der ba-

dische Hofhistoriker und Literat Aloys Wilhelm Schreiber (1761–1841): „Wird

die Rheinschanze nicht mehr als militä-

rischer Punkt betrachtet, so dürfte sich

vielleicht eine Stadt hier bilden“.

Ludwigshafen ist zum Schauplatz zahl-

reicher literarischer Werke geworden. In

Adam Ritzhaupts Roman „Sonne und

Rauch“ (1932) wird die Atmosphäre

der jungen Stadt, die sich von den ge-

schichtsträchtigen Städten der Region

abhebt, literarisch dokumentiert. Lud-

wigshafen sei eine Stadt, „von der wir

zu sagen haben: Sie hat keine Vergan-

genheit. Sie ist ins Werden gekommen

mit der neuesten Zeit. Sie ist so jung,

daß ihre ersten Kinder heute noch leben

könnten. Als ein bayrischer König sie ins

Leben rief und ihr seinen königlichen Na-

men gab, waren ihr keine Richtzeichen

aus der Vergangenheit vorgeschrieben.

Sie hatte keiner Zeit zu gehorchen, als

der Gegenwart, wuchs aus sich selber,

wuchs aus kecker Selbständigkeit, nüch-

terner, klarer Unabhängigkeit.“

Das BASF-Hochhaus prägt das Stadtbild von Ludwigshafen

Ernst Bloch mit Rudi Dutschke

Page 55: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

53

R h e i n - N e c k a r

Der spröde Charme, den die Arbeiter-

stadt verbreitete, inspirierte auch Dieter Berkel zu literarischem Schaffen: In

„Damals, als wir die Literatur entdeckten“

(1987) beschreibt er die Stadt als

äußeres Abbild des Seelenlebens der

Menschen:

Es gab einen Geruch damals vor 40 Jah-

ren, einen Geruch nach zeriebenem Mör-

tel, verbranntem Holz, nach Chemikalien,

nach Angst und Hoffnungslosigkeit.

Wir, das waren die Fünfzehn- bis Sieb-

zehnjägrigen, liefen in diesen Kulis-

sen, vor diesem Bühnenbild herum wir

Schauspieler, die nach dem letzten Akt

weiterspielen, ohne Text improvisieren,

nicht aufhören können, weil sie das Ende

nicht akzeptieren, weil sie sich in eine

Zukunft hineinspielen wollen, die es nicht

gibt. Wir waren nicht krank, nur leer. Un-

sere Seele war zerfetzt und zertrümmert

wie die Stadt Ludwigshafen um uns her-

um, aber wir lebten, und das schien viel

zu sein.

In Ludwigshafen wurde der Schriftstel-

ler Friedrich Burschell (1889 –1970)

geboren. Er studierte in München, Ber-

lin und Heidelberg Philosophie, Litera-

tur und Kunstgeschichte. 1913 wohnte

er mit dem Dichter und Kritiker Ernst Blass (1890 – 1939) und dessen Freund,

dem Psychiater Arthur Kronfeld (1886 –

1941), in dem von ihm beschriebenen

„Haus Brückenstraße Nummer 1“ zu-

sammen. Ab 1912 arbeitete er als freier

Autor u.a für die „Frankfurter Zeitung“,

die „Vossische Zeitung“, die „Weltbüh-

ne“, „Die Neue Rundschau“ und „Die

literarische Welt“. 1919 begann er sein

literarisches Schaffen mit „Die Einfalt

des Herzens“. 1933 emigrierte er über

Frankreich und Spanien in die Tsche-

choslowakei und kehrte erst 1954 nach

Deutschland zurück. Seine Bücher wa-

ren 1934 der Bücherverbrennung zum

Opfer gefallen. 1968 erschien die Mono-

grafie „Friedrich Schiller“.

Und dann sahen wir auch den Rhein,

den breiten, offenen Fluß, der uns mit

Frische erzog, wir sahen die Hügel des

Neckars, die träumerisch geschwun-

genen, wieder, wo wir schwärmten und

die Jugend glühte, und fanden uns an

den sanften Seegestaden im freudigen

Wind vom Schnee der Berge mitten in

der treuesten Heimat, die wie die Mutter

sorgend und zärtlich auf uns gewartet

hatte.

Friedrich Burschell: Die Einfalt des Herzens (1919)

Geburtshaus

Friedrich Burschell

Aus Ludwigshafen stammt die Schrift-

stellerin Hedwig Laudien (1884–1968).

Sie wurde bekannt durch die preis-

gekrönte Erzählung „Das Buckelche“

(1924). In den 50er Jahren erschienen

Sammlungen mit Sagen aus Stadt und

Landkreis Ludwigshafen mit den Titeln

„Von den kleinen Wundern unserer

Stadt“ und „Wo es geistert und raunt“.

Ihr Nachlass wird im Stadtarchiv Lud-

wigshafen verwaltet.

Das Geburtshaus Ernst Blochs (1885 –

1977) liegt im alten Kern der Innenstadt,

in der heutigen Stabelstraße. Der Sohn

jüdischer Eltern begab sich schon früh

zur Lektüre philosophischer Werke in

die Schlossbibliothek Mannheim. Sein

Ernst-Bloch-Zentrum

Page 56: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

54

L i t e r a t u r r e g i o n

Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“, zwi-

schen 1938 und 1947 im US-amerika-

nischen Exil geschrieben, übte auf die

Studentenbewegung Ende der 60er Jah-

re großen Einfluss aus. Im Verwaltungs-

haus der ehemaligen Walzmühle ist das

Ernst-Bloch-Zentrum untergebracht. Es

dient als Studien-, Ausstellungs- und

Tagungsort und verfügt über ein großes

Archiv mit Schriften und Lebenszeugnis-

sen des Philosophen.

info

Ernst-Bloch-Zentrum der Stadt Ludwigshafen

am Rhein · Walzmühlstraße 63

67061 Ludwigshafen am Rhein

Di – Mi 14–17 Uhr · Do 14–20 Uhr

www.bloch.de

info

Stadtmuseum Ludwigshafen

Rathausplatz 20 · 67059 Ludwigshafen

Öffnungszeiten:

Di 10 –17 Uhr, Do 10–19 Uhr, So 13–17 Uhr

www.ludwigshafen.de

Der Schweizer Künstler Max Bill (1908–

1994) schuf als bildhaftes Symbol für

das „Prinzip Hoffnung“ von Ernst Bloch

ein Kunstwerk aus Granit, die „Endlose

Treppe“. Die Skulptur wurde 1991 neben

dem Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigs-

hafen (Berliner Straße 23) errichtet.

info

Wilhelm-Hack-Museum

Berliner Straße 23 · 67059 Ludwigshafen

Tel. 0621/5 04 30 45 · Fax 0621/5 04 37 80

Bis zum 31.10.2008 wegen Umbauarbeiten

geschlossen.

www.wilhelm-hack-museum.de

Josef Lenhard (1886–1965) war

Arbeiterdichter. Sein 1932 erschienener

Roman „Mensch unterm Hammer“

wurde 1933 sofort verboten. Er schrieb

auch Gedichte („Dem Werk singe ich

mein Lied, 1937) und Erzählungen („Der

Kamm aus Elfenbein, 1939). Er starb in

Ludwigshafen und ist auf dem Haupt-

friedhof begraben.

info

Karl-Otto Braun Museum

Kurt-Schumacherstraße 18

67069 Ludwigshafen-Oppau

Tel. 06 21/65 21 32 · Fax 0621/65 21 32

So 10–13 Uhr, 14 –17 Uhr

www.oppau-museum.info

info

Stadtarchiv Ludwigshafen

Rottstraße 17· 67061 Ludwigshafen am Rhein

Mo – Fr 8.30 –12 Uhr, Mo – Mi 13.30 – 16 Uhr,

Do 13.30–18 Uhr

www.ludwigshafen.de

Der Schriftsteller Ludwig Greve

(1924–1991),

eigentlich Heinz

Ludwig Greve, wur-

de in Berlin geboren.

Um der Verfolgung

durch die Nazis zu

enkommen, versuchte seine deutsch-

jüdische Familie die Flucht nach Kuba.

Die Familie wurde auseinandergerissen,

Vater und Schwester deportiert und er-

mordet. 1945 wanderte Greve mit seiner

Mutter nach Palästina aus, erst 1950

konnte er mit Hilfe der „Quäker“, der

„Religiösen Gesellschaft der Freunde“, so

die offizielle Bezeichnung, nach Deutsch-Skulptur „Endlose Teppe“ von Max Bill

Page 57: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

55

R h e i n - N e c k a r

land zurückkehren.

Er kam nach Lud-

wigshafen und ar-

beitete zunächst im

Heim der Quäker.

Im Sommer 1952

zog Greve in die

Freie Kunstschule

Bernsteinschule in

Sulz am Neckar, in

der sich Künstler

und Architekten um

Werner Oberle und

HAP Grieshaber

versammelten, u. a.

Peter Härtling und

Helmut Heißenbüt-

tel. Ab April 1957

begann er in der Bibliothek im Deutschen

Literaturarchiv in Marbach zu arbeiten. Er

veröffentlichte seit Mitte der 1950er Jah-

re regelmäßig Gedichte.

[…]

Das Korn ist süß

und schwankt auf bläulichen Halmen,

so schläfert die Menge

die Zahl, die ihr milchig eigen;

doch wittert sie eine Regung der Luft,

erschauern die Grannen

wie Seide auf warmen Körper.

Da senkt aus dem Mittag

Sonne den glühenden Stachel

und schwellend, berstend vor Licht,

scheint die verlassene Erde

wie Honig erleuchtet.

Ludwig Greve: Nach dem Regen, in: Bei Tag (1974)

Der gebürtige Mannheimer Arno Reinfrank (1934–2001) war Schrift-

steller, Publizist und Übersetzer. Er

wuchs in Ludwigshafen am Rhein auf.

Sein Vater war Chemiefacharbeiter bei

der IG Farben (heute BASF) und wurde

1941 in ein Außenlager des KZ Dach-

au deportiert, Mutter und Sohn Arno

mussten bis 1945 versteckt in einem

Schwarzwalddorf leben.

Seit 1946 schrieb Reinfrank Gedichte.

Aus seiner Feder stammen aber auch Er-

zählungen und „Moi Pälzer Werterbuch:

Vom Mutterwitz der Umgangssprache“.

Von 1981–1989 war er Sekretär des

PEN-Zentrums deutschsprachiger Auto-

ren im Ausland. 1987 entstand: „Proben

mit Schiller oder Der Mannehmer Aff“.

Ebenfalls in Ludwigshafen geboren

wurde Dieter M. Gräf, Jahrgang 1960.

Der Schriftsteller erhielt 1995 das Rolf-

Dieter-Brinkmann-Stipendium der Stadt

Köln, 2004 ein Stipendium der Villa Mas-

simo und andere Preise.

Harald Schneider (1962) wohnt im

Rhein-Neckar-Dreieck in Schifferstadt

bei Ludwigshafen. Er ist Kinder- und

Jugendbuchautor und Verfasser erfolg-

reicher Krimiromane. In Zeitungen wie

der Rheinpfalz hat er seinen Protagonis-

ten Kriminalhauptkommissar Reiner Palz-

ki etabliert, der im Rhein-Neckar-Dreieck

und der Vorderpfalz ermittelt.

Die in Ludwigshafen geborene Auto-

rin Fanny Morweiser (1940) verfasst

Schauergeschichten und Grotesken, die

teils so skurrile Namen haben wie „Voo-

doo-Emmi“ (1987).

Region Ludwigshafen

Altrip ist die Heimat Reginos von Prüm

(um 840 – 915). Dem Musiktheoretiker,

Kanonisten und Geschichtsschreiber

wurde bei der Kirche in Altrip ein Denk-

mal gesetzt. Von 892– 899 war er der

siebte Abt der Abtei Prüm.

Ebenfalls aus Altrip stammt der Schrift-

steller Wilhelm Michael Schneider

Reginodenkmal

Page 58: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

56

L i t e r a t u r r e g i o n

(1891–1975), auch unter dem Pseudo-

nym Wilhelm Perhobstler bekannt. Sein

Kriegsroman „Infantrist Perhobstler“ er-

schien 1929, rund vier Jahrzehnte später

seine „Ungeschminkten Geschichten“.

Altrip hatte sich seinen ländlichen Cha-

rakter bewahrt. Die Häuser waren klein,

mit heruntergezogenen Dächern, die Höfe

gegen den Einblick von der Straße her mit

Mauern oder hohen Holzzäunen abge-

schirmt. Topfblumen standen hinter den

Mullgardinen der niedrig angebrachten

Fenster. Unter den Schuppendächern

hing der zum Trocknen aufgereihte Mais,

manchmal auch Tabak. In dem Haus Iff-

landstraße 10 befand sich ein Gemischt-

warenladen, hinter dem blankgeriebenen

Schaufenster lagen Nudel- und Reispa-

kete, Kartoffeln in einer Holzkiste und ganz

vorn billiges Spielzeug.

Fanny Morweiser: Ein Sommer in Davids Haus (1978)

1700 wurde Ruchheim an die aus Basel

stammende Familie von Russicon ver-

kauft. Diese baute das Schloss zu einer

barocken Anlage um. Vor dem Ruchhei-

mer Schlösschen steht ein Brunnen, der

an den populären Ruchheimer Heimat-

dichter Paul Münch (1875 –1964) er-

innert. Er verfasste Verse und Gedichte

rund um die Pfalz u. a. in „Die pälzisch

Weltgeschicht“. Heute hat das Forstamt

seinen Sitz im Schlösschen.

info

Karl-Otto-Braun-Museum

Kurt-Schumacherstraße 18

67069 Ludwigshafen-Oppau

Tel. 06 21/65 21 32 · Fax 0621/65 21 32

info

Schulmuseum mit Heimatmuseum

Hilgundstraße 21 · 67067 Ludwigshafen

Tel. 06 21/5 0442 3110 · Fax 0621/504 4231 98

www.mozartschule-rheingoenheim.de

Ludwigshafen-Oggersheim

Wir kamen durch die schönste Alleen

nach Okkersheim, wo der Churfürstin

ihr Siz ist. Ich kam hier in das nemliche

Wirtshaus, in welchem sich der große

Schiller lange aufhielt, nachdem er sich

aus Stutgard geflüchtet hatte. Der Ort

wurde mir so heilig – und ich hatte genug

zu thun, eine Träne im Auge zu verber-

gen, die mir über die Bewunderung des

großen genialischen Dichters ins Auge

stieg. Von dem Lustschloß der Chur-

fürstin kan ich nichts eigentliches sagen

– ich sah nichts – als Häuser und Gärten,

dann Schiller gieng mir im Kopf herum.

Friedrich Hölderlin, 1787

Altrip-Haus

Schillerdenkmal

Page 59: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

57

R h e i n - N e c k a r

In der Heimatstadt des Bundeskanzlers

a. D. Helmut Kohl (1930), in der Schil-

lerstraße 6, befindet sich das Schiller-

haus, ehemals Gasthaus „Zum Viehof“.

Es erinnert an die abenteuerliche Flucht

des jungen Schiller im Oktober 1782 aus

Stuttgart. Mit seinem Freund Johann Andreas Streicher (1761–1833) quar-

tierte sich Friedrich Schiller unter dem

falschen Namen „Dr. Schmidt“ im Gast-

haus „Zum Viehof“ ein, nachdem sein im

Mannheimer Nationaltheater uraufgeführ-

tes Drama „Die Räuber“ den württem-

bergischen Herzog Karl Eugen in höchs-

tem Maße aufgebracht hatte und dieser

Schiller mitteilen ließ: „... bei Strafe der

Kassation schreibt Er keine Komödien

mehr.“ Schiller erkannte den Ernst der

Lage und blieb in Oggersheim, wo er die

erste Fassung des „Fiesco“ schrieb. Im

ehemaligen Gasthof befindet sich heute

ein Museum, das u.a. Handschriften und

Erstausgaben seiner Werke zeigt.

In einem Gedicht aktualisiert Claus Bertram (1927) Schillers Flucht anspie-

lungsreich und ironisierend auf Verhält-

nisse der 1970er Jahre:

Wanderer kommst du von Oggersheim...

Wanderer kommst du von Oggersheim

Berichte, du habest ihn gesehen,

den Dichter Fritz im Gasthof Viehof

wohin er geflüchtet vor dem Staatssi-

cherheitsdienst.

[...]

Bei Kerzenlicht schreiben sie ein Stück,

ein revolutionäres

„Fiesco“ nennen sie’s, nach dem alten

Genueser,

der Wirt ist freundlich,

spendiert öfter mal ‘n Bier,

doch nach der zehnt Woch‘ will Fritz weg

weit fort will er in den Osten

um den Wirt zu bezahlen, verkauft er sein

letzt‘ Gedicht.

Wanderer kommst du von Oggersheim

Berichte, du habest ihn gesehen ...

Claus Bertram in: Jenseits von Oggersheim. Werk-

statt Ludwigshafen-Mannheim im Werkkreis Litera-

tur der Arbeitswelt. Neustadt 1986

Da man die täglichen Kosten des Aufent-

haltes wußte, so ließ sich leicht berech-

nen, daß die Baarschaft auf höchstens

drei Wochen ausreichen könne, in wel-

cher Zeit Schiller seine Arbeit zu beendi-

gen hoffte.

Allein es ließ sich leicht voraussehen, daß

dieses nicht der Fall seyn würde, indem

er viel zu sehr mit seinem neuen Trauer-

spiel beschäftigt war, und schon am ers-

ten Abend in Oggersheim den Plan des-

selben aufzuzeichnen anfing.

Gleich bei dem Entwurf desselben hat-

te er sich vorgenommen, die vorkom-

menden Charaktere den eigensten

Persönlichkeiten der Mitglieder von der

Mannheimer Bühne so anzupassen, daß

jedes nicht nur in seinem gewöhnlichen

Rollenfache sich bewegen, sondern auch

ganz so, wie im wirklichen Leben zeigen

könne. Im voraus schon ergötzte er sich

oft daran, wie Herr Beil den Musikus Mil-

ler, so recht naiv-drollig darstellen werde,

und welche Wirkung solche komische

Auftritte gegen die darauf folgenden

tragischen auf die Zuschauer machen

müßten.

Andreas Streicher: Schillers Flucht von Stuttgart und

Aufenthalt in Mannheim von 1782 bis 1785 (1836)

Schiller-Route

Als Geschenk der Stadt

Ludwigshafen zum 400.

Stadtjubiläum Mannheims

und 202. Todestag Schillers

wurde 2007 die Schiller-

Route eingeweiht. Der 10,9

Kilometer lange Radweg

Das ehemalige Gasthaus „Zum Viehof“

Page 60: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

58

L i t e r a t u r r e g i o n

führt zu 17 mit Info-Stelen versehenen

Stationen des Dichters in Mannheim

(Start: Schloss) und Ludwigshafen (Start:

Rheinuferpark, ehemalige „Fliegende

Brücke“).

info

Schillerhaus

Schillerstraße 6 · Ludwigshafen-Oggersheim

info

www.kunsthaus-oggersheim.de

Mannheim

Sieben Straßen in einer Richtung, ge-

kreuzt durch sieben andere, bilden die

Stadt; breit, kerzengerade. Schöne Plät-

ze; zweistöckige, meist wohlge[b]aute

Häuser. Die Lage der Stadt ist reizend,

an der Stelle wo der Neckar in den Rhein

mündet; sie wird eine der hervorra-

gendsten Städte Deutschlands werden,

und wenn die Franzosen sie hätten, so

würden Mainz, Speyer, Worms, Heidel-

berg, Philippsburg, Trier ihre Bedeutung

verlieren oder doch im Schach gehalten

werden […]

Die Stadt ist niedrig gelegen und steht

sozusagen gleichsam in einem Sumpf.

Darum behaupten die Heidelberger, die

Luft in Mannheim sei schlecht: aber nach

den Gesichtern der Mannheimer zu urtei-

len ist dies nicht der Fall […] Aber wenn

die Luft wirklich schlecht wäre, würde es

mich nicht wundern, denn man baut dort

unaufhörlich, man hebt Erde aus und das

Wasser wird faulig in den Vertiefungen,

die man nicht ausfüllt in dem Verhältnis

wie man baut, und, da die Straßen nicht

alle gepflastert sind, bleibt das Wasser

stehen […].

Charles de Montesquieu (1689–1755)

Nachdem Mannheim im Jahr 1604 durch

Kurfürst Friedrich IV. (1574 –1610) ge-

gründet wurde, verlassen zwei Jahre

später etliche Flugblätter die Stadt am

Zusammenfluss von Rhein und Neckar in

alle Welt, um Reklame für die Stadt und

ihre Privilegien zu machen.

Nach diesen „Druck-Anfängen“ erlebt

das Mannheimer Verlagswesen seine

eigentliche Blüte im 18. Jahrhundert.

Als Kurfürst Karl Philipp (1661–1742)

1720 seine Residenz von Heidelberg

nach Mannheim verlegt, zieht auch die

Hofbuchdruckerei mit in die neue Resi-

denzstadt um. Zu den bedeutendsten

Schillerhaus in Oggersheim Wasserturm

Barockschloss Mannheim

Page 61: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

59

R h e i n - N e c k a r

Verlegern zählen Christian Friedrich Schwan (1733–1815), Anton von Klein (1746 –1810), Friedrich Daniel Bassermann (1811–1855) und Karl Mathy (1807–1868).

info

Barockschloss Mannheim

Schlossmittelbau

Bismarckstraße · 68161 Mannheim

Tel. 06221/65 5718 · Fax 06221/65 57 17

Öffnungszeiten:

Di – So und an Feiertagen 10 –17 Uhr

Sonderführungen, insbesondere auf den Spuren

literarischer Persönlichkeiten, werden angeboten.

www.schloss-mannheim.de

1774 begleitet Goethe den Dichter und

Literaturhistoriker Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) von Frank-

furt bis nach Mannheim. Während der

Kutschfahrt trägt er Klopstock aus seiner

bereits begonnenen Faustdichtung vor.

1815 besucht Goethe die Familie von

und zu Linschoten in Mannheim, deren

Tochter Elisabeth den Lyriker zu dem

Gedicht „Bedenklich“, Teil des „West-

Östlichen Divans“, anregt.

Soll ich von Smaragden reden

Die dein Finger niedlich zeigt?

Manchmal ist ein Wort vonnöthen,

Oft ist’s besser daß man schweigt.

Also sag‘ ich: daß die Farbe

Grün und augerquicklich sey!

Sage nicht daß Schmerz und Narbe

Zu befürchten nah dabey.

Immerhin! du magst es lesen!

Warum übst du solche Macht!

„So gefährlich ist dein Wesen

Als erquicklich der Smaragd.“

Goethe: West-Östlicher Divan (1819)

1769 wurde der Mannheimer Antiken-

saal mit mehr als 50 Abgüssen von grie-

chischen und römischen Statuen und

Büsten ausgestattet. Hier konnten die

Schüler der Zeichenakademie im Qua-

drat F6 ihren Studien nachgehen, aber

auch interessierte Bürger und Besucher

Mannheims sich mit der Antike vertraut

machen.

Zwar hat sich im Laufe der Jahre die

Sammlung verloren, heute jedoch fin-

den Mannheimer Besucher eine neu

beschaffte Auswahl der bekanntesten

Statuen in der Antikensaal-Galerie im

Mannheimer Schloss.

In Mannheim angelangt, eilte ich mit

größter Begierde, den Antikensaal zu

sehn, von dem man viel Rühmens mach-

te. Schon in Leipzig, bei Gelegenheit der

Winkelmannschen und Lessingschen

Schriften, hatte ich viel von diesen be-

Page 62: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

60

L i t e r a t u r r e g i o n

deutenden Kunstwerken reden hören,

desto weniger aber gesehn: denn außer

Laokoon, dem Vater, und dem Faun mit

den Crotalen befanden sich keine Ab-

güsse auf der Akademie; und was uns

Oeser bei Gelegenheit dieser Bildnisse

zu sagen beliebte, war freilich rätselhaft

genug. Wie will man aber auch Anfän-

gern von dem Ende der Kunst einen

Begriff geben?

Goethe: „Dichtung und Wahrheit“, Dritter Teil,

Elftes Buch (1831)

Antikengalerie im Schloss

info

Schloss Mannheim, Antikensaal-Galerie der

Universität. Im 2.OG des Westflügels über der

Schlosskirche. Betreut von der Abteilung „Alte

Geschichte“ des Historischen Instituts:

Tel. 06 21/181 22 37

Mo – Fr während den Vorlesungszeiten der

Universität, Sa bis 14 Uhr

Es werden regelmäßig literarisch-historische

Führungen angeboten.

www.geschichte.uni-mannheim.de

Auch Joseph Freiherr von Eichendorff

führen seine Reisen nach Mannheim. In

einem Reisebrief vom 5. Oktober 1807

berichtet er von einer Fußwanderung

nach Mannheim durch das Neckartal,

durch Wieblingen und Seckenheim:

Durch abgelegene, fast öde Straßen

verirrten wir uns gleichsam in das schö-

ne Mannheim hinein und befanden uns

plötzlich an dem Hofe des ungeheuren

und herrlichen, von Karl Theodor ganz im

alten französischen Geschmack erbauten

Residenzpalais, das fast die ganze Stadt

von der Rheinseite umschließt. Von hier

wandten wir uns rechts in das Innere von

Mannheim und fühlten uns ganz eigen

erfreut durch den fast ganz neuen und

einzigen Anblick einer so durchaus mo-

dernen Stadt.

Joseph Freiherr von Eichendorff: Briefe

„Ach“, versetzte der andere, „es ist die

Liebe; die Liebe, die Trösterin des Men-

schengeschlechts, die Erhalterin des Alls,

die Seele aller empfindenden Wesen, die

zärtliche Liebe.“ – „Ach“, sagte Candide,

„ich habe sie gekannt, diese Liebe, diese

Herrscherin über die Herzen, diese See-

le unserer Seele; sie hat mir nicht mehr

eingebracht als einen Kuss und zwanzig

Tritte in den Hintern.“

Voltaire: Candide oder Der Optimismus

Der Schriftsteller Voltaire (1694 –1778),

Verfasser des philosophischen Romans

„Candide“ (1759) – den er übrigens in

Schwetzingen fertigstellt –, ist im Juli

1753 zu Gast beim Kurfürsten Karl Theodor (1724 – 1799). Er wird begleitet

von seinem Sekretär Cosimo Ales-sandro Collini (1727–1806). Collini

begleitet Voltaire nach Genf, kehrt aber

zurück und wird 1759 Sekretär des Kur-

fürsten. Zuletzt war Collini Direktor des

naturwissenschaftlichen Kabinetts in

Mannheim.

Collinis „Précis de l’histoire du palatinat

du Rhin“ galt lange als ausführlichste

Quelle der Geschichte der Pfalz.

Was die Stadt Mannheim, in Rücksicht

auf schöne Kunst, vorzüglich auszeich-

net, ist ihre Schaubühne – eine Bühne,

die durch reinern Geschmack, bessern

Ton und das wahre, geistvolle Spiel ei-

Altes Rathaus

Page 63: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

61

R h e i n - N e c k a r

niger ihrer Glieder die Aufmerksamkeit

des ganzen Publikums auffordert.

Friedrich Schiller: Rheinische Thalia

Kurfürst Carl Theodor fördert in Mann-

heim Theater und Musik. Sein Weggang

nach Bayern gefährdet jedoch die Bemü-

hungen um die Gründung eines Natio-

naltheaters. Doch der Kurfürst bestimmt,

dass das Theater als wichtiger Wirt-

schaftsfaktor erhalten bleiben soll und

bewilligt die erforderlichen Mittel zur

Einstellung eines festen Ensembles.

Das neue Schauspielhaus erhält seinen

Platz im Quadrat B 3.

Unter dem ersten Intendanten Frei-

herr Wolfgang Heribert von Dalberg

(1750 –1806) entwickelt sich das The-

ater, das 1779 seinen Spielbetrieb auf-

nimmt, zu einer der angesehensten

Bühnen in Deutschland. 1839 wird das

Nationaltheater vollständig der städ-

tischen Verantwortung unterstellt und ist

weltweit eines der ältesten kommunalen

Theater.

Sophie von La Roche (1731–1807)

entwirft ein lebendiges Portrait Mann-

heims und seiner Bewohner nach Weg-

zug des kurfürstlichen Hofes:

Man sagt, daß in Rom, in sehr unglück-

lichen Zeiten, alle Theater geöffnet wur-

den, und daß man neue Schauspiele

einführte, um das Volk zu zerstreuen, und

sein Elend vergessen zu machen. Mit

Mannheim geschah es auch. Man erhob

das teutsche Theater so viel möglich, der

Churfürst bewilligte selbst eine ansehn-

liche Summe, um die Einwohner wenigs-

tens durch die Aufzüge und den Anblick

gespielter Fürsten, mit einem Schatten-

bild zu belustigen.

Sophie von La Roche: Briefe über Mannheim,

5. Brief

info

www.nationaltheater-mannheim.de

Friedrich Schiller (1759–1805) kommt

am 13. Januar 1782 zum ersten Mal

nach Mannheim, um die aufsehener-

regende Uraufführung seiner „Räuber“

(1780) mitzuerleben. Der Dichter reist

ohne Erlaubnis des Herzogs von Würt-

temberg nach Mannheim und wird mit

Arrest und dem Verbot weiterer schrift-

stellerischer Betätigung bestraft.

Am 22. September flieht er endgültig

aus Stuttgart. Um einer Auslieferung zu

entgehen wechselt Schiller zunächst

Nationaltheater

Page 64: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

62

L i t e r a t u r r e g i o n

Der Schauspieler

und Dramatiker

August Wilhelm Iffland (1759 –1814)

traf 1779 in Mann-

heim ein. Berühmt-

heit erlangte er als

charismatischer

Charakterdarsteller,

darunter als Franz

Moor in der Urauf-

führung von Schillers „Die Räuber“.

Als Autor war Iffland mit Stücken wie

„Verbrechen aus Ehrsucht“ (1784) und

„Die Jäger“ (1785) sehr erfolgreich. Es

war Iffland, der Schiller riet, sein Drama

„Luise Millerin“ in „Kabale und Liebe“

(1784) umzutaufen:

Der Freiherr von Dalberg tat alles Mög-

liche dieses Talent [gemeint ist Schiller]

zu ehren. Die Vorstellungen wurden an

Dekorationen, Kostüme, Fleiß und Genie

auf eine bewunderswürdige Art gegeben.

[…] Franz Moor war für mich ein eigenes

Fach, in dem es mir, glaub‘ ich, gelungen

ist, Neuheit und Kraft zu entwickeln.

1775 wurde in Mannheim die „Deutsche

Gesellschaft“ gegründet, um die deut-

sche Literatur- und Theaterlandschaft

zu unterstützen und zu fördern. Zu den

Mitgliedern zählten Wolfgang Heribert

von Dalberg, Stephan von Stengel,

Anton von Klein und Christian Friedrich

Schwan. Ehrenmitglieder waren Friedrich

Gottlieb Klopstock, Gottfried Ephraim

Lessing und Christoph Martin Wieland.

Friedrich August Pecht: Schiller in Mannheim

seine Aufenthaltsorte,

bis er sich in Mann-

heim niederlässt und

Theaterdichter am

Nationaltheater wird.

In Mannheim lernt

Schiller Margarethe Schwan kennen, die Tochter seines

„Gönners und Freundes“ Friedrich Schwan. Im April 1785 wird sein Ver-

trag am Theater nicht verlängert, so dass

Schiller nach Leipzig abreist.

Von Leipzig aus wirbt Schiller um Mar-

garethes Hand, die seinen Heiratsantrag

allerdings ablehnt.

Jetzt lebe ich zu Mannheim in einem an-

genehmen dichterischen Taumel – Kurp-

falz ist mein Vaterland, denn durch meine

Aufnahme in die gelehrte Gesellschaft,

deren Protektor der Kurfürst ist, bin ich

nationalisiert, und kurfürstlich pfalz-bay-

rischer Untertan. Mein Klima ist das The-

ater, in dem ich lebe und webe, und mei-

ne Leidenschaft ist glücklicherweise auch

mein Amt.

Brief Schillers an den Musiker Johann Rudolf Zums-

teeg vom 19. Januar 1783

Der Bildhauer des Schillerdenkmals, das

man auf dem Schillerplatz in B3 findet,

Karl Cauer (1828 –1885), erläutert die

„literarische Auffassung seines Monu-

ments“: Schiller, mit dem „Räuber“-Ma-

nuskript in der Hand, nimmt eine Stellung

ein, als erkläre er den Schauspielern das

Stück.

Städtische Kunsthalle

Page 65: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

63

R h e i n - N e c k a r

info

Städtische Kunsthalle

Friedrichsplatz 4 · 68165 Mannheim

Tel. 0621/293 64 52

Öffnungszeiten: Di – So 11–18 Uhr

www.kunsthalle-mannheim.de

Knapp ein Jahr lebt der Dramatiker August von Kotzebue (1761–1819)

in Mannheim. Der Rechtswissenschaft-

ler und Schriftsteller war der meistge-

spielte Theaterdichter seiner Zeit. Zu

seinen Werken gehören „Menschenhaß

und Reue“ (1789) und „Der arme Poet“

(1813). Kotzebue kritisiert die Burschen-

schaft und reizt damit die freiheitlichen

Gesinnten. Diese Feindseligkeit treibt den

Studenten und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand (1795 –1820) schließlich

soweit, dass er am 9. März 1819 Kot-

zebue unter falschem Namen in dessen

Wohnung am Theater in A2, 5 aufsucht

und ihn erdolcht. Sand wird 1820 in Hei-

delberg öffentlich enthauptet.

Für eine kurze Zeit wohnt der Philosoph

Arthur Schopenhauer (1788 –1860)

in Mannheim in A1, 9. Nachdem er eine

Liste mit Vor- und Nachteilen erstellt hat,

verlässt er Mannheim im Juni 1833 end-

gültig und zieht nach Frankfurt, wo er

auch stirbt. Die Enkelin der Vermieterin

Schopenhauers, Josephine Follenweider,

schrieb einige Erinnerungen ihrer Mut-

ter auf:

Er hatte die Wohnung eine Treppe hoch

inne. Meine Mutter erzählte, wenn Herr

Dr. Sch. als des Nachts 1–2 Uhr von der

Harmonie nach Hause kam, er mit dem

Stock auf alle Möbel geschlagen hat, so

dass alle übrigen Bewohner aufwach-

ten. Als mein Großvater H. S. des andern

Morgens zur Rede stellte, was das in der

Nacht gewesen wäre, so sagte er: „Ich

citiere meine Geister des Nachts.“

Nun hatten sich die Leute schließlich an

diese Manie gewohnt und ließ man ihn

gehen.

Clemens Brentano kam 1791 im Alter

von 13 Jahren in die „Winterwerber‘sche

Schule“ in Mannheim, ein „rheinpfälzi-

sches öffentliches Erziehungsinstitut für

männliche Zöglinge aller Religionen und

Religionsparteien“. Brentano schildert

seinem Onkel die beunruhigenden Zu-

stände in einem Brief; glücklicherweise

wird er zu einem anderen Erzieher nach

Bonn gebracht:

Keine Minute geht vorbei, dass er nicht

schimpfen oder zanken sollte, ist er mit

uns fertig, so fängt er mit seiner Frau und

mit seinen Kindern oder den Dienstbo-

ten an. Wer könnte einen solchen Mann

Die Ermordung von August von Kotzebue

Page 66: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

64

L i t e r a t u r r e g i o n

lieben? Allein kein Wunder, dass man die

Mägde klagen und die Kinder weinen

hört, morgens steht er zankend auf und

so geht er zu Bett.

Nachdem August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) auf-

grund seiner „Unpolitischen Lieder“ sei-

nes Amtes als Professor der Universität

Breslau enthoben wird, reist der Schrift-

steller und Germanist durch Deutschland

und kommt 1843 nach Mannheim. Hier

Station zu machen, hatte für Fallersleben

einen besonderen Grund, galten doch

die Mannheimer Verleger als Förderer der

engagierten Schriftsteller – der „schrei-

benden Revolutionäre“.

Der Verfasser des Deutschlandliedes

(1841) nimmt in Mannheim an den Feier-

lichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der

badischen Verfassung teil.

Es blüht im Lande Baden

Ein Baum gar wunderbar,

Hat immer grüne Blätter

und blüht trotz Sturm und Wetter

Schon fünfundzwanzig Jahr.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Mark Twain bemerkt in seinem unterhalt-

samen Reisebericht über Mannheim:

Ein andermal fuhren wir nach Mannheim

und besuchten ein Spektakel – auch

Oper genannt – und zwar „Lohengrin“.

Das Gebumse und Gepauke, Gedröhn

und Gekrache war einfach unglaub-

lich. Der quälende und unbarmherzige

Schmerz, den es verursachte, ruht in

meinem Gedächtnis gleich neben der

Erinnerung an die Zeit, als ich meine

Zähne in Ordnung bringen ließ. Gewisse

Umstände machten es notwendig, daß

ich die vier Stunden bis zum Schluß da-

blieb, und ich blieb da. Aber das An-

denken dieser langen, schleppenden,

harten Leidenszeit ist unzerstörbar. Daß

man es schweigend und stillsitzend er-

tragen musste, machte es nur noch

schlimmer. Ich befand mich in meinem

Abteil mit acht oder zehn Fremden bei-

derlei Geschlechts, und das legte mir

Zurückhaltung auf. Aber zeitweise war

der Schmerz so heftig, daß ich kaum die

Tränen unterdrücken konnte.

Auch der französische Schriftsteller

Alexandre Dumas (1802–1870), Autor

des historischen Romans „Die drei Mus-

ketiere“ (1849), schildert das Mannhei-

mer Leben in seinem Reisebericht „Eine

Reise an die Ufer des Rheins im Jahre

1838“ (1841):

[Mannheim] strahlt eine Schönheit aus,

die keineswegs des Charmes entbehrt.

[…] Übrigens habe ich noch nie eine

hübschere Bevölkerung gesehen. Wäh-

rend der halben Stunde, die wir vor dem

Portal der Jesuitenkirche standen, sahen

wir mehr als fünfzig hübsche Frauen dort

austreten. Die jungen Männer standen

ihnen in nichts nach.

Der Roman „Esch und die Anarchie“

aus der Trilogie „Die Schlafwandler“

(1931/32) von Hermann Broch (1886 –

1951) spielt teilweise in Mannheim.

Hafen Mannheim

Page 67: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

65

R h e i n - N e c k a r

Vicki Baum (1888 –1960), Musikerin

und Autorin von „Menschen im Hotel“

(1929), einem Roman, der das Leben

im Berliner „Grand Hotel“ in den späten

1920ern porträtiert, lebt zeitweise mit

ihrem Mann, dem Generalmusikdirektor

Richard Lert, in Mannheim.

Und doch sah ich Mannheim wie einem

Stück Heimat entgegen – Süddeutsch-

land, der Rhein, wieder diesen drolligen

kindlichen Dialekt sprechen und hören,

wieder bei diesem warmherzigen, fröh-

lichen, offenen Menschenschlag leben.

Vicki Baum: Es war alles ganz anders, 1962

Bernhard Schlink (1944), Autor des

Bestsellers „Der Vorleser“ (1995) und des

Romans „Das Wochenende“ (2008), der

den Terrorismus der 70er Jahre thema-

tisiert, wuchs in Mannheim und Heidel-

berg auf. Schlinks frühe Romantrilogie

um die Figur des Privatdetektivs Gerhard

Selb spielt in Mannheim-Ludwigshafen

und in der Region. Mit dem Blick auf die

deutsche Nachkriegsgeschichte werden

Politik und Entwicklungen in der Bundes-

republik und ihre Folgen auf die Gesell-

schaft dargestellt:

Wir fuhren über die neue Hängebrücke,

unter uns Rhein und Hafen. Ich sah hin-

auf in den Himmel und in die Seile. Es

war hell und sternenklar. Als wir von der

Brücke abschwenkten und ehe wir in

die Straßen eintauchten, lag für einen

Moment Mannheim mit seinen Türmen,

Kirchen und Hochhäusern vor uns. Wir

mußten vor einer Ampel warten, ein

schweres Motorrad hielt neben uns an.

„Komm, wir fahren noch bis zur Adria“,

rief das Mädchen auf dem Rücksitz ih-

rem Freund gegen den Lärm der Ma-

schine in den Helm. Im heißen Sommer

1946 war ich oft an dem Baggersee ge-

wesen, in dessen Namen die Mannhei-

mer und Ludwigshafener ihre Sehnsucht

nach dem Süden gelegt haben.

Bernhard Schlink/Walter Popp: Selbs Justiz (1987)

info

Museum für Kunst-, Stadt- und Theatergeschichte

(Reiss-Engelhorn-Museen)

Zeughaus C5 · 68159 Mannheim

Tel. 06 21/2 93 31 50 · Fax 0621/2 93 95 39

Di – So (auch an Feiertagen) 11–18 Uhr

www.rem-mannheim.de

info

Museumsschiff Mannheim

Neckarvorlandstraße · 68159 Mannheim

Tel. 06 21/1 56 57 56 · Täglich 14–18 Uhr

www.landesmuseum-mannheim.de

1943 wurde Wilhelm Genazino in

Mannheim geboren. Zunächst als freier

Journalist tätig, lebt Genazino heute als

Page 68: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

66

L i t e r a t u r r e g i o n

freier Schriftsteller in Frankfurt. Berühmt

wurde er mit seiner „Abschaffel“-Trilogie

(1977–1979). 2004 erhielt Genazino den

Georg-Büchner-Preis, 2007 den Hein-

rich-Kleist-Preis.

Heute habe ich in der Straßenbahn eine

Plastiktüte mit zwei Kilo Orangen liegen-

lassen. Ich ging auf die andere Seite der

Haltestelle und wartete auf die Rückkehr

der Bahn. Ich wollte die Orangen wie-

der haben, nein, ich wollte sie nicht wie-

der haben. Es müßte schön sein, ver-

schwundene Orangen wieder zu sehen.

Wilhelm Genazino: Die Obdachlosigkeit der Fische

(1994)

Leonie Ossowski (1925) lebte zwan-

zig Jahre lang in Mannheim. Neben ihrer

schriftstellerischen Tätigkeit engagier-

te sich Ossowski im sozialen Bereich.

Ihr Roman „Die große Flatter“ (1977)

schildert die Zustände in den damaligen

Mannheimer „Benz-Baracken“:

Außerhalb der Wohnung gibt es in der

Siedlung keine Möglichkeit, etwas aufzu-

heben. Da steht Baracke neben Baracke,

Einfachstwohnung neben Einfachstwoh-

nung. Dazwischen ein wenig ausgetre-

tener Rasen und Mülltonnen, in denen

die Kleineren tagtäglich Versteck spielen.

Auch innerhalb der Wohnung hat Charli

für ein Versteck seiner Schätze keinen

geeigneten Platz. Frau Schock bewohnt

mit ihren sieben Kindern und dem Fami-

lienernährer Herrn Warga nur ein Zimmer

und eine Wohnküche. Jeder Raum ist

kaum größer als drei mal vier Schritt,

vielleicht auch fünf. Die Kücheneinrich-

tung besteht aus einem Buffet, einem

Tisch, Stühlen, einer Kommode mit

einem Fernsehapparat und dem schon

erwähnten Sofa, auf dem Frau Schock

und Herr Warga schlafen.

Leonie Ossowski: Die große Flatter (1977)

info

Landesmuseum für Technik und Arbeit in

Mannheim (LTA)

Museumsstraße 1 · 68165 Mannheim

Tel. 0621/4 29 89 · Fax 0621/4 29 87 54

Öffnungszeiten:

Di, Do, Fr 9 –17 Uhr, Mi 9 – 20 Uhr, Sa, So und

Feiertage 10 –18 Uhr

www.landesmuseum-mannheim.de

Mannem!

Mannem! Ja, dass muß mer sage,

Wie ich mich besinn‘ un wähl‘,

Mannem bleibt halt immer Mannem;

S‘ gibt nor eens, bei meiner Seel!

Do der Rhein un do der Necker –

S‘ is der der e Paradies,

Un die Stadt mit ihre Gasse,

Hol mich Gott, e klen Paris.

Will mer nor deß Schloß betrachte,

Werren eem die Aage scheu,

Wo mer hinkummt, is doch nergends

So e welt-millions Gebäu.

Anonymes Mannheimer Dialektgedicht; abgedruckt

im „Mannheimer Stadt- und Landboten“ vom

9. September 1834

Mauer

Am 21. Oktober 1907 fand der Arbei-

ter Daniel Hartmann (1854–1952) in

der Sandgrube Grafenrain bei Mauer

einen prähistorischen Unterkiefer, dem

Blumenpeter

Page 69: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

67

R h e i n - N e c k a r

ein Alter von 621 000 bis 474 000 Jah-

ren zugeschrieben wird und der von dem

Anthropologen Otto Schoetensack

(1850 –1912) in der Untersuchung „Der

Unterkiefer des Homo heidelbergensis

aus den Sanden von Mauer bei Heidel-

berg“ (1908) beschrieben wurde. Viele

Forscher deuten heute die dem Homo

heidelbergensis zugeordneten Funde als

Varianten des Homo erectus, der sich

vor zirka 1,77 Millionen Jahren weit über

Afrika hinaus verbreitete hatte.

Minfeld bei Kandel

Die Scheune in der Herrengasse 23

wurde zu einem attraktiven und viel be-

suchten Kulturzentrum umgebaut, in

dem Musik- und Literaturveranstaltungen

stattfinden.

info

KuSchMi

Kontakt über: SüdpfalzTourismus Kandel e.v.

Tel. 0 7275/61 99 45

www.suedpfalz-tourismus-kandel.de

Mosbach

Als „berühmtester Sohn der Stadt Mos-

bach“ wird Nikolaus Cisnerus (auch:

Nicolaus Kistner oder Nicolaus Cisner,

1529 –1583) häufig bezeichnet. Er war

Humanist, reformierter Christ, Jurist und

Lyriker. Nikolaus Cisnerus wurde als

Sohn des Kaufmanns und Ratsherrn Jo-

docus Kistner geboren. Er entstammte

einer angesehenen Mosbacher Bürger-

familie, die im Laufe des 16. Jahrhun-

derts mehrere Rats- und Gemeindebür-

germeister sowie Ratsmitglieder stellte.

Nikolaus besuchte die Neckarschule in

Heidelberg, anschließend das Collegium

Dionysianum, später umbenannt in Ca-

simirianum.

Ab 1547 lehrte er an der Philosophi-

schen Fakultät der Universität Mathema-

tik und Philosophie. Kistner begab sich

zu einem Studienaufhalt nach Straßburg,

einem der Zentren der Reformationsbe-

wegung, wo er mit dem lutheranischen

Theologen Martin Bucer (1491– 1551)

zusammentraf. Später wechselte er

nach Wittenberg, wo er Freundschaft mit

Philipp Melanchthon schloss.

1552 wurde er Ethikprofessor in Heidel-

berg. Auf Wunsch des kunstliebenden

Kurfürsten Ottheinrich besuchte Cisne-

rus viele Bibliotheken in Frankreich und

Italien und erwarb dort seltene Hand-

schriften für die kurfürstliche Bibliothek in

Heidelberg. Von 1562 bis 1564 hatte er

das Amt des Rektors an der Universtät

Heidelberg inne. Ferner wurde Cisnerus

Ende 1566 Beisitzer am Reichskammer-

gericht zu Speyer, der höchsten juristi-

schen Instanz des Heiligen Römischen

Reiches Deutscher Nation. Neben zahl-

reichen juristischen Werken machte sich

Cisnerus als Lyriker einen Namen. Fast

sein gesamtes literarisches Schaffen ver-

öffentlichte er in neulateinischer Sprache.

Er starb in Heidelberg. In seinem Ge-

burtsort Mosbach ist seit 1959 das dor-

tige „Nicolaus-Kistner-Gymnasium“ nach

ihm benannt.

Gedenkstein Daniel Hartmann

Page 70: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

68

L i t e r a t u r r e g i o n

Wilhelm Stern (1792 – 1873) wurde als

Sohn des Bäckermeisters Martin Stern in

Mosbach geboren und wuchs dort auf.

Ab dem 14. Lebensjahr besuchte er das

Lyzeum in Karlsruhe, das von Johann

Peter Hebel geprägt war. Danach nahm

er sein Theologiestudium in Heidelberg

auf. Nach dem Studiumabschluss in

Tübingen arbeitete er bei seinem Lehrer

und Freund Johann Heinrich Pesta-lozzi (1746 –1827) am Neuenburger

See in der Schweiz. 1823 wurde er mit

dem Aufbau der evangelischen Lehrerbil-

dungsanstalt in Karlsruhe betraut.

Stern verfasste zahlreiche Sprach-, Lese-

und Rechenbücher, die im badischen

Schulunterricht Benutzung fanden. Er

war Lehrer, Professor und Direktor des

Lehrerseminars in Karlsruhe. Die Wil-

helm-Stern Grundschule in Mosbach ist

nach ihm benannt.

info

Stadtmuseum Mosbach

Hospitalgasse 4 · 74821 Mosbach

Tel. 062 61/89 92 40 · Fax 06261/89 92 41

April – Oktober Mi und So 15 –18 Uhr

www.mosbach.de

Fritz Heinsheimer (1897–1958) war ein

expressionistischer, später realistischer

Maler. Er war von 1925 –1932 Meister-

schüler von Max Slevogt (1869 –1932) in

Berlin. Heinsheimer erhielt wegen seiner

jüdischen Abstammung während der Zeit

des Nationalsozialismus ab 1933 Arbeits-

verbot und emigrierte schließlich von

1942 bis 1945 nach Frankreich.

Wir fahren nun in das Tal der Elz hin-

ein, die hier mit dem Bürger Neckar

sich vermählt, und in kurzem sind wir in

der einstigen Reichsstadt Mosbach im

Odenwald. Berge grüßen uns statt der

ewigen Hügel im Kraich- und Elsenzgau

und an ihren steilen Halden Reben; [...]

Fast das ganze 15. Jahrhundert hindurch

war sie auch Residenz eines Zweiges

der Pfalzgrafen. Drum fuhr ich am heu-

tigen Abend nicht ohne Respekt zum

erstenmal in meinem Leben in die alte

Stadt ein. Erst wollte sie mir nicht gefal-

len, denn ich traf überall neumodische

Häuser, Schulen und Turnhallen. Aber je

weiter ich hineinkam, um so mehr staun-

te ich über die schönen und vornehmen

Bürgerhäuser, jene großen Holzpaläs-

te, aus denen die Behaglichkeit und der

Wohlstand des Bürgertums des 17. und

18. Jahrhunderts herabschauen auf die

Neuzeit; das echte und rechte Bild einer

ehemaligen Reichsstadt.

Und die heutigen Mosbacher und Mos-

bacherinnen schauten so vergnügt und

so friedlich aus den malerischen Häu-

sern in den Sommerabend hinein wie

die einstigen Patrizier und Patrizierinnen

zu Ulm oder Augsburg. [...] Sogar mein

Kutscher, der Josef, teilt ganz meine An-

schauung, daß es in Mosbach schön sei.

Sein Grund ist aber ein anderer. Er hat

hier das beste Bier auf der ganzen Reise

gefunden. Er teilt die Biere ein in solche,

in denen „Stoff ist“ und in solche, in de-

nen „kein Stoff ist.“

„Es isch Stoff drin“, das ist die beste

Alte Posthalterei

Museum Altes Hospital

Page 71: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

69

R h e i n - N e c k a r

Note, die er gibt. Wir beide suchen also

auf der Reise Stoff, er im Bier und ich in

Land und Leuten.

Heinrich Hansjakob: Sommerfahrten (1904)

Im Mosbacher Stadtteil Neckarelz wur-

de Klaus Michael Grüber (1941– 2008)

geboren. Der Regiesseur und Schau-

spieler gehörte zu den wichtigsten „The-

atermachern“. 1977 inszenierte er Fried-

rich Hölderlins „Hyperion“ und folgend

die legendäre „Winterreise“ im Berliner

Olympiastadion.

Neckarbischofsheim

Ein Sohn der Stadt Neckarbischofsheim

war der Lyriker und Jurist Karl Mayer (1786 –1870). Er wird zur „Schwäbischen

Schule“ gezählt und veröffentlichte un-

ter anderem 1867 das Erinnerungsbuch

„Ludwig Uhland, seine Freunde und Zeit-

genossen“.

Natur und Menschenfleiß

Du schöne Erd, in kurzer Frist

Verlaß ich deine Auen.

Was kann mir’s frommen, ob du bist

Gleich herrlich stets zu schauen?

Und doch, uneigennützig bang

Wird mir beim Menschenfleiße,

Daß Dir sein wohlgemeinter Zwang

Die Göttlichkeit entreiße.

Karl Mayer: Gedichte (1836)

Schwäbische Dichter, u. a. Meyer, Lenau und Kerner

info

Museum im alten Schloss

Schlosspark · 74924 Neckarbischofsheim

Tel. 07263/69 71 · Fax 072 63/60 44 28

Öffnungszeiten: April –Oktober jeden 1. So im

Monat 15 –17.30 Uhr

info

„Schmitthennerstube“ im fünfeckigen Hohen

Turm · Turmstraße 1· Neckarbischofsheim

Besuchsmöglichkeit nach Anfrage

Tel. 0 62 22/77 01 26 (ab 17 Uhr)

Ebenfalls aus Neckarbischofsheim

stammt Adolf Schmitthenner (1854 –

1907), Pfarrer und volkstümlicher Erzäh-

ler. Er verwaltete verschiedene kirchliche

Ämter in Nordbaden, 1893 wurde er

Stadtpfarrer und Dozent am Prediger-

seminar in Heidelberg. Er schrieb „No-

vellen“ (1896) und die Romane „Leonie“

(1899) und „Das deutsche Herz“ (1908).

Am Alten Pfarrhaus gegenüber der Kir-

che, seinem Geburtshaus, ist ihm zu

Marktplatz Mosbach

Schloss Neckarbischofsheim

Page 72: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

70

L i t e r a t u r r e g i o n

Ehren eine Gedenktafel angebracht.

Im fünfeckigen Hohen Turm wurde die

Adolf-Schmitthenner-Heimatstube ein-

gerichtet:

Aus dem weiten und warmen Busen des

Schwabenlandes rauscht der Neckar

dem Odenwald zu. Er verschmäht es,

durch die niedrigen Hügel des Kraich-

gaus zu brechen; er will seine Kraft an

den Lenden eines Gebirges erproben.

Vielleicht ist auch das Heimweh in ihm

erwacht nach den Bergen und Wäldern,

durch die er als Bächlein gesprungen ist

und es zieht ihn aus den Niederungen

zu den Höhen hin. Oder es geht ihm wie

einem verwöhnten Muttersohn: es ist ihm

zu wohl geworden im bequemen schwä-

bischen Bürgerhaus, er will ein wenig auf

Ritterschaft in die Büsche hinein.

Adolf Schmitthenner: Das deutsche Herz (1908)

Neckarsteinach

Dem Minnesänger

Bligger II. von Steinach hat die Stadt

Neckarsteinach sein

Wappen zu verdanken,

das eine Harfe zeigt.

Er ist um1174 gebo-

ren, sein Sterbedatum

liegt wohl nach 1209. Von dem rhein-

fränkischen Edelherren mit Sitz zu Neck-

arsteinach sind zwei Minnelieder (in den

Handschriften B und C) und – nur in der

Manessischen Liederhandschrift C – ein

Spruch von 15 Versen überliefert. Dort ist

auch ein Autorenbild vorhanden.

Neckarzimmern

Burg Hornberg Wohnsitz von Götz von Berlichingen

info

Museum im alten Schloss

Schlosspark · 74924 Neckarbischofsheim

Tel. 0 72 63 /69 71 · Fax 072 63/60 44 28

Öffnungszeiten: April – Oktober jeden 1. So

im Monat 15 –17.30 Uhr

Götz von Berlichingen

(um 1480 –1562),

der fränkische

Reichsritter, wur-

de durch sei-

ne Rolle beim

schwäbischen

Bauernkrieg le-

gendär. 1517

kaufte er die Burg

Hornberg bei

Neckarzimmern.

Der unterhalb der Burg wachsende Wein

war von erheblichem wirtschaftlichem

Vorteil für den Burgherren. Später kauf-

te er noch den in der Nähe gelegenen

Stockbrunner Hof als Wirtschaftshof

dazu, der bis heute zur Burg gehört.

Das Geburtshaus von Adolf Schmitthenner Mittelburg Neckarsteinach

Page 73: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

71

R h e i n - N e c k a r

1525, zur Zeit des Bauernkriegs, führte

Götz von Berlichingen als Hauptmann

aufständische Bauern, den „Hellen Hau-

fen“, im Zug gegen Amorbach und Würz-

burg. Goethe schuf dem Ritter mit der

„Eisernen Hand“ in seinem Drama ein

literarisches Denkmal. Die historische

Obere Burg mit Museum ist für Besucher

geöffnet.

Die Burg Hornberg beherbergt ebenso

das urkundlich zweitälteste Weingut

der Welt und bietet auf Voranmeldung

für Gruppen Burgführungen, Weinlehr-

pfadsführungen, Schlosskellerführungen

wie auch Weinproben und Essen in der

über 500 Jahre alten Gundelsheimer

Gutsmühle direkt am Neckar an.

Einzelreisende sind ebenfalls herzlich

willkommen.

info

Burg Hornberg 1 · 74865 Neckarzimmern

Tel. 06261/50 01 (ab 10 Uhr)

Ganzjährig durchgehend geöffnet, Termine zur

Führung nach Vereinbarung

www.Burg-Hornberg.de

Neustadt an der Weinstraße

„An der Haardt, kurz vor Neustadt ist

eine gar anmuthig schöne Gegend an

den Bergen hin...“, so schreibt Johann Jakob Wilhelm Heinse (1746–1803)

im Juli 1780.

Am 27. Mai 1832 gewinnt das Hamba-

cher Schloss nahe Neustadt, das seit

1000 n. Chr. als Burg existiert, symbo-

lische Bedeutung als „Wiege der Demo-

kratie“: Fast 30 000 Menschen ziehen

nach Hambach, um die Einheit Deutsch-

lands und eine Verfassung zu fordern.

Angeführt wird der Zug vom Ruf des

Juristen Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789 –1845): „Hinauf, Patrioten! Zum

Schloss, zum Schloss!“ Hauptredner war

der Publizist Johann Georg August Wirth (1789 –1848).

Der Landwirt und Kaufmann Johann Philipp Abresch (1804 –1861) war ei-

ner der Unterzeichner des Aufrufes zum

Hambacher Fest. In seinem Amt als

Stadtrat von Neustadt protestierte er

gegen das Versammlungsverbot durch

die bayerische Regierung. Für das Fest

fertigte Abresch eine deutsche Trikolore

in den Farben Schwarz-Rot-Gold an und

versah sie mit der Aufschrift „Deutsch-

lands Wiedergeburt“.

Diese Fahne stellt den Ursprung der heu-

tigen deutschen Nationalflagge dar. Ab-

resch trug sie während des Demonstra-

tionszuges vom Neustadter Marktplatz

hinauf zum Schloss, wo sie am Turm

befestigt wurde.

Zur 150. Wiederkehr des „Hambacher

Festes“ wurde die Ruine vom Landkreis

1982 wieder aufgebaut und saniert,

2008 wurde das Museum neu gestaltet.

info

Hambacher Schloss

Tel. 0 63 21/3 08 81 · Fax 06321/48 26 72

Öffnungszeiten ab dem 8. November 2008:

ganzjährig und täglich 10–18 Uhr

(letzter Einlass: 17.30 Uhr)

www.hambacher-schloss.de

Johannes Hüll (1828 – 1907) wurde in

Neustadt geboren und starb auch dort.

Er war Lyriker, Redakteur des „Pfälzi-

schen Museums“ und bearbeitete Pfälzer

Sagen. 1871 veröffentlichte er Gedichte:

„Schwert und Harfe“.

1878 schrieb er über „Neustadt an der

Haardt und seine Umgebung“ und ließ

ein Buch über „Dichtungen eines pfäl-

zischen Poeten“ (1881) folgen. Ihn ehrt

Casimiranum

Page 74: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

72

L i t e r a t u r r e g i o n

eine Gedenktafel auf der „Hüllsburg“

im Kübelweg, sein Grab liegt auf dem

Hauptfriedhof in Neustadt.

In Neustadt liegt Eduard Jost (1837–

1902) begraben. Er war Opernsän-

ger, Redakteur und Verfasser von lokal-

historisch-patriotischen Erzählungen,

z. B. „Die Patriotin von Lautern“ (1884)

und „Landstuhl und Ebernburg“ (1885).

info

Museum der Stadt Neustadt a. d. Weinstraße

Villenstraße 16b · 67433 Neustadt

Tel. 06321/85 55 40 · Fax 0 63 21/85 54 02

Mi, Fr 16–18 Uhr, Sa, So 11–13 und 15 –18 Uhr

www.neustadt.eu

Der in Neustadt geborene Paläontologe,

Natur- und Religionsphilosoph Edgar Dacqué (1878 –1945) schrieb „Urwelt,

Sage und Menschheit“ (1924), „Natur

und Seele“ (1926), „Deutsche Naturan-

schauung“ (1935) und „Die Urgestalt,

der Schöpfungsmythos neu erzählt“

(1940). In Neustadt lebte Alban Haas

(1877–1968). Der Priester übersetzte

„Das Leben des hl. Franz von Assisi“

von Omer Englebert zusammen mit

Annemarie Hogg vom Französischen

ins Deutsche.

Julius Overhoff (1898 –1977) hatte

eine Führungsposition der IG-Farben

inne. 1924 – 1929 war er bei der

Igerrosko in Berlin tätig, 1930 – 1945

in der Hauptverwaltung in Frankfurt

am Main als Handlungsbevollmächtig-

ter, Prokurist und Direktor.

Wegen dieser Tätigkeiten wurde er

bei den Nürnberger Prozessen als

Zeuge vernommen. Von 1949 bis 1963

arbeitete er als Verkaufsleiter. Sein

Debüt, „Ein Buch von der Stadt Soest“

(1935), das die Aufmerksamkeit des

späteren Freundes und Verlegers Peter

Suhrkamp (1891–1959) erregte, be-

schreibt am Beispiel des Stadtbilds

die dem Mittelalter noch mögliche ein-

heitsstiftende kulturelle Leistung. In der

autobiografischen Erzählung „Haus

im Ortlosen“ (1960) setzt er sich mit dem

Verschwinden der Privatsphäre ausein-

ander.

Hambacher Fest

Page 75: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

73

R h e i n - N e c k a r

info

Otto Dill Museum

Rathausstraße 12 · 67433 Neustadt

Tel. 0 63 21/29 83 21

www.neustadt.eu

Mi, Fr 14–17 Uhr, Sa, So 11–17 Uhr

www.otto-dill-museum.de

Horst Stowasser (1951) begründete das

„AnArchiv“, eine umfangreiche Sammlung

von Dokumenten, Zeitschriften und Lite-

ratur zum Anarchismus mit deutschspra-

chigem Schwerpunkt.

Sein „Projektanarchismus“ schafft Arbeits-

und Wohnmöglichkeiten in kollektiver

Selbstverwaltung. Noch heute besteht

das „Werk Selbstverwalteter Projekte und

Einrichtungen“ (WESPE) in Neustadt. Das

neueste Objekt ist das generationenüber-

greifende Wohnprojekt Eilhardshof. Dieses

Baudenkmal wird kollektiv in Gemeinei-

gentum verwaltet. Zu seiner Theorie er-

schienen ist Horst Stowassers „Anarchie!

Idee – Geschichte – Perspektiven“ (2007).

Joseph Victor von Scheffel besuchte

im Herbst 1865 den Maler Karl Roux

(1826 –1895) und dessen Schwager den

Amtsrichter Reiffel in Neustadt und un-

ternahmen eine Wanderung durch die

üppigen Weinberge. Nach der Lese und

Reife des Weines erhielt Scheffel eini-

ge Fässer des Jahrgangs, wodurch er

zu seinem berühmten Preislied auf den

„Fünfundsechziger“ inspirierte wurde:

In luftigen Trinkkemenaten

Den Ort gesteht man nicht ein –

Da prüften drei späte Nomaden

Den edelsten pfälzischen Wein.

Aus rötlichen Römern erblinkte

Des Rieslings feinperlendes Gold

Des Höhensaums Rebgeländ‘ winkte

Im Mondschein den Trinkenden hold.

Die angesprochene „Trinkkemenate“

befand sich im Haus des Neustädter

Verlegers Eduard Witter am Marktplatz.

Der dritte der „drei Nomaden“ soll der

Heidelberger Historiker Ludwig Häusser

sein. Der Künstler Anton von Werner hat

die Szene in einer Zeichnung für Schef-

fels Gaudeamus-Prachtausgabe festge-

halten.

info

Eisenbahnmuseum

Das Museum befindet sich direkt am

Hauptbahnhof in 67403 Neustadt.

Tel. 063 21/3 03 90 · Fax 06321/39 81 62

Di – Fr 10–13 Uhr, Sa, So, Feiertage 10–16 Uhr

www.eisenbahnmuseum-neustadt.de

Oberotterbach

Gut drei Kilometer westlich der Ortschaft

befinden sich die Überreste der Burg

Guttenberg, einst Sitz der Familie,

aus der der Minnesänger Ulrich von Gutenburg (um 1180) stammt. Im Ge-

folge der Kaiser Friedrich I. Barbarossa

und Heinrich VI. dichtete er nach dem

Vorbild Friedrichs von Hausen, teilweise

unter provenzalischem Einfluss:

Ich hôrte ein merlikîn wol singen,/daz

mich dûhte der sumer wolt entstân./ich

waene, ez al der welte vröide sol brin-

gen,/wan mir einen, mich entriege mîn

wân./Swie mîn vrowe wil, sô sol ez mir

ergân,/der ich bin ze allen zîten undertân

[...]

(Ich hörte wohl ein Amselchen singen,

mir schien, das ist der Beginn des Som-

mers. Ich vermute, dass es der ganzen

Welt Freude bringen soll, wenn mich

Einsamen meine Hoffnung nicht täuscht.

So wie es meiner Geliebten gefällt, der

ich jederzeit ergeben bin, so soll es mir

ergehen.)Buchillustration von Anton von Werner

Page 76: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

74

L i t e r a t u r r e g i o n

Rheinzabern

In Rheinzabern wurde der Theologe und

hebräische Sprachwissenschaftler Paul Fagius (1504–1549) geboren. Als jun-

ger Student nahm er an der Heidelberger

Disputation teil, bei der ihn die Ausfüh-

rungen Martin Luthers von der Refor-

mationsidee überzeugten. Mit dem jü-

dischen Gelehrten Elijah Levita, von dem

er Hebräisch lernte, betrieb er in Isny eine

Buchdruckerei, die unter anderem das

altjiddisch-hebräisch-lateinisch-deutsche

Wörterbuch „Shemot-Devarim“ (1542)

sowie die jüdischen Tischgebete „Preca-

tiones hebraicae“ (1542) veröffentlichte.

Elisabeth Langgässer (1899 –1950)

lebte, nachdem ihr Mann, Wilhelm

Hoffmann, eine Dozentenstelle am

Dolmetscher-

institut in Ger-

mersheim erhal-

ten hatte, von

1948 –1950 in

den Gasthäu-

sern „Zur Krone“

und „St. Huber-

tus“. In der länd-

lichen Idylle, in

der sie unter der

Isolation der engen Dorfgemeinschaft litt,

blieben ihr für ihre späten literarischen

Werke lediglich zwei Jahre Zeit: Es er-

scheint die Gedichtsammlung

„Metamorphosen“ (1949) und der

Roman „Märkische Argonautenfahrt“

(1950). In ihrem Todesjahr wird Elisabeth

Langgässer der Georg-Büchner-Preis

verliehen. Ihre letzte Erzählung „Das

Wirtshaus am Dorfende“ beschreibt das

Gasthaus „St. Hubertus“:

Es liegt an der Gabelung, wo das Kreuz

steht und die Häuser zu Ende sind; dort,

wo die leeren Dreschhallen sich (ganz

ausgeblasen von lauter Wind) gedächt-

nislos erheben – Webstühle, die sie im

Sommer waren, als die summenden

Schiffchen, die zuckenden Spulen ihre

Fäden übereinander geworfen und den

Jahresteppich gewoben haben: schick-

salsträchtig und dicht von Gestalten, Ehemaliges Gasthaus „St. Hubertus“

Katholische Kirche mit dem Terra Sigillata Museum

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75

R h e i n - N e c k a r

von Bauern und Hunden, Burschen und

Mädchen, von Rosen, Weizen und Mais.

Dieses Summen hat auch das Wirtshaus

erfüllt; dieses Brausen und Brummen

der großen Maschinen: der Dreschma-

schinen, der Häckselmaschinen; hörte

man sie von der Wirtsstube her, so wur-

den die Gebilde aus Rädern, aus Leder-

riemen, Kolben und Stangen zu weiter

nichts als Geräusch, zu einem mytholo-

gischen Singsang, einem Rundgespräch

alter und weiser Parzen, die hier auf

römischen Fundamenten ihr Garn ge-

sponnen haben. Welcher Götterklatsch

um die ewigen Themen von Liebe,

Geburt und Tod! Ein Faden, der bis an

das Ende der Tage nicht abreißt, ge-

schweige am Jahresschluß in dem

Wirtshaus hinter der Welt.

Elisabeth Langgässer: Das Wirtshaus am Dorfende

(1950)

Ein beschilderter „Historischer Rund-

gang“ führt zu den interessanten Statio-

nen der Ortsgeschichte.

info

Terra Sigillata Museum

Hauptstraße 35 · 76764 Rheinzabern

Tel. 07272/95 58 93

www.terra-sigillata-museum.de

Schwetzingen

Wir schifften wieder über den Rhein

– und in ein paar Stunden waren wir in

den berühmten kurfürstlich-pfälzischen

Lustgärten von Schwetzingen. Beschrei-

bung ist hier wenig. Man muß die Pracht

– die außerordentliche Schönheiten der

Kunst – die ausgesuchten Gemälde, die

Gebäude, die Wasserwerke usw. selbst

gesehen haben – wenn man sich einen

Begriff davon machen will. Doch eins

muß ich nennen. Es ist hier eine tür-

kische Moschee (Tempel) angelegt, die

mancher, der sie sieht unter den vielen

Schönheiten, vielleicht vergißt, aber mir

gefiel sie am besten.

Friedrich Hölderlin, Brief an seine Mutter vom

3. Juni 1787

In Schwetzingen

starb Johann Peter Hebel (1760 –

1826) auf einer

Dienstreise. Sein

Sterbehaus, das ehe-

malige Gesandten-

haus, ist heute Sitz

des Amtsgerichts

(Zeyherstraße 6). Am

Haus befindet sich

eine Gedenktafel.

Schlossanlage Schwetzingen

Page 78: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

76

L i t e r a t u r r e g i o n

Die Anlagen des Schloss Schwetzingen

gehen auf eine mittelalterliche Burg zu-

rück. 1350 wurde es zum ersten Mal

urkundlich erwähnt. In der Renaissance-

zeit erfuhr es jedoch durch Umbaumaß-

nahmen wesentliche Veränderungen.

Barock, Rokoko und Klassizismus hin-

terließen an Bau und Einrichtung ihre für

die jeweilige Zeit typischen Spuren. Das

Schloss war die Sommerresidenz der

pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und

Karl Theodor.

Besonders erwähnenswert ist die Gar-

tenanlage. Unter der Regie von Kurfürst

Karl Theodor (1724 – 1799) entstand

in Schwetzingen nach dem Vorbild von

Versailles eine beeindruckende Gartenan-

lage. Einen Teil macht der symmetrisch

angelegte französische Barockgarten

aus, der andere Teil besteht aus einem

englischen Landschaftsgarten. Im so-

genannten „Türkischen Garten“ steht

die Moschee von Nicolas de Pigage

(1723 –1796).

[...] der Glanz der immer neuen Sonnen-

aufgänge in Schwetzingen, die Gegen-

wart der ersten Künstler ihrer Zeit, Vol-

taires geschliffener Geist und Mozarts

brillantes Konzertieren, Pigages Baukunst

und Verschaffelts Skulpturen, Glucks

Zugeneigtheit und Schubarts trunkense-

lige Liebeserklärung an Schwetzingen,

Stamitzens und Holzbauers neue Mu-

sik, Schweitzers erste Oper in deutscher

Sprache, zu der Wieland seine „Alceste“

hergab, solcher Glanz hüllte Carl Theo-

dor, den Friedensfürsten ein, während

sich andere Fürsten mühten, ihre Welt

mit Krieg zu überziehen.

Konrad Winkler: Den Künsten des Friedens.

Schwetzingen und seine Meister“.

info

Schlossmuseum Schwetzingen

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen

Schloss Mittelbau

68723 Schwetzingen · Tel. 0620/12 88 28

Führungen können über das „Service Center

Schlösser Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen“

gebucht werden: 062 21/53 84 31

www.schloss-schwetzingen.de

info

Orangerie im Schwetzinger Schlosspark

www.schloss-schwetzingen.de

Voltaire schrieb: „Ich will, bevor ich ster-

be, noch einer Pflicht genügen und einen

Trost genießen: Ich will Schwetzingen

wiedersehen, dieser Gedanke beherrscht

meine ganze Seele“ (1768).

Der Schriftsteller Johann Jakob Wil-helm Heinse (1746 –1803), dessen

Briefroman „Ardinghello und die glückse-

Schlossgarten

Page 79: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

77

R h e i n - N e c k a r

ligen Inseln“ (1787) zur Zeit der Romantik

viel beachtet wurde, schreibt auf seiner

Reise nach Italien 1780 über einen Be-

such in Schwetzingen:

Schwetzingen ist ein königlicher Garten

mit einer bezaubernden Durchsicht. Die

großen Gänge sind schatticht und kühl

und die kleineren heimlich und freund-

lich, die Wasserwerke fürtrefflich. – Das

Badhäuschen ist ein gar liebes Örtchen,

wenn nur Ihr durchlauchtigter Karl The-

odor keine so fatale Nase hätte, die alle

Liebe wie eine Krebsschere so geradezu

entzweischnitt. Der Apollotempel steht

gar heilig auf seiner Anhöhe; nur hat der

linke Gott darin einen erbärmlichen Hin-

tern. – Das türkische Gebäude, welches

jetzt aufgeführt wird, kömmt mir ganz

albern vor; ich sehe da weder Absicht

noch Zweck. So auch der Ruin von einer

Römischen Wasserleitung, obgleich in

seiner Art noch ungleich besser.

Wilhelm Heinse: Aus Briefen Werken Tagebüchern

(1958)

In Schwetzingen lebte bis zu seinem Tod

der dichtende Geologe und Botaniker

Karl Friedrich Schimper (1803 –1867).

Der in Mannheim geborene Lyriker ver-

fasste zahlreiche „Lehrgedichte“ und be-

gründete den wissenschaftlichen Begriff

der „Eiszeit“.

Autorglück (1847)

Welch Autorglück, gedruckt zu seyn,

Welch Autorglück, beguckt zu seyn!

Welch Autorglück, von Hoffnung und

Von süßer Frucht durchzuckt zu seyn!

Welch Autorglück, prophetengleich

Vom größten Fisch verschluckt zu seyn!

Welch Autorglück, im Wogenbrand

Vom Fisch ans Land gespuckt zu seyn!

Karl Friedrich Schimper: Gedichte, Hg: Wilhelm

Kühlmann (2005)

info

Karl-Wörn-Haus

Haus Schwetzinger Sammlungen

Marstallstraße 51 · 68723 Schwetzingen

Tel. 0 62 02/2 67 69 und 8 71 32

Jeden 1. So im Monat von 14 –17 Uhr,während

Sonderausstellungen jeden So von 14 –17 Uhr

www.schwetzingen.de

Sinsheim

In Sinsheim starb der evangelische The-

ologe Johann David Karl Wilhelmi (1786 –1857), der als Begründer der

Altertumsforschung in Südwestdeutsch-

land gilt.

Zusammen mit seinem Zwillingsbruder

besuchte Karl Wilhelmi das Gymnasium

in Heidelberg und studierte später dort.

Er wurde Vikar in verschiedenen Orten

der Kurpfalz. Ab 1825 verfasste er zahl-

reiche Schriften zu theologischen und

geschichtlichen Themen. Das Sinsheimer

Stadtmuseum geht auf das von ihm um

1831 gegründete Sinsheimer Antiqua-

rium zurück. Er starb am 8. April 1857

und wurde in Sinsheim beigesetzt. Die

Karl-Wilhelmi-Straße und das Wilhel-

mi-Gymnasium in Sinsheim sind nach

ihm benannt. Außerdem wird seit 1969

die Karl-Wilhelmi-Ehrenmünze an Per-

sonen verliehen, die der Stadt besondere

Dienste erweisen.

Moschee im Schwetzinger Schlossgarten

Page 80: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

78

L i t e r a t u r r e g i o n

Sinsheimer Stadtmuseum

Franz Sigel (1824 –1902) wurde in Sins-

heim geboren. Zur Schule ging er nach

Bruchsal, anschließend besuchte er die

Kadettenschule in Karlsruhe, an der er

1843 graduierte. Er war führend an den

badischen Aufständen 1848 und 1849

beteiligt, zeitweilig Kriegsminister der

republikanischen Regierung. Die aus-

sichtslose Lage der Revolutionäre ließ ihn

mit den unter seiner Führung verbliebe-

nen Einheiten im Juli 1849 in die Schweiz

ausweichen. 1851 wurde er ausgewie-

sen. Er hielt sich zunächst in London auf,

um wie viele andere exilierte Revoluti-

onäre aus den Staaten des Deutschen

Bundes im Mai 1852 mit dem Schiff

nach Amerika zu reisen.

Er lebte zunächst in New York, später in

St. Louis. Im amerikanischen Bürgerkrieg

übernahm Sigel die Leitung eines Frei-

willigenregiments aus Deutschen auf der

Seite der Union bzw. der Nordstaaten,

zunächst als Oberst, wenig später als

Brigadegeneral, schließlich als General-

major der Unionstruppen.

Die Freiwilligen besangen ihn mit dem

Kampflied „I’m going to fight mit Sigel“,

das zur populären Hymne des Bürger-

krieges wurde. 1865 kehrte er als Jour-

nalist nach New York zurück, wo er u. a.

für die Demokraten tätig war, einen be-

deutenden Verlag gründete und das New

York Deutsche Volksblatt herausgab.

Bis zu seinem Tod war er Redakteur des

New York Monthly. In Manhatten hat man

ein Denkmal für ihn errichtet.

Stefan Heym (1913–2001) hat in sei-

nem vom WDR verfilmten Roman „Lenz

oder die Freiheit“ Sigel als Nebenfigur

auftreten lassen. Dem Titelhelden Lenz

hat Heym Züge aus Sigels Biografie

gegeben.

Der Vermessungstechniker Wilhelm Bauer (1924) machte sich durch die

Veröffentlichung von 13 Ausgaben der

„Sinsheimer Hefte“ über die Sinsheimer

Stadtgeschichte und einer ausführlichen

Chronologie Sinsheims einen Namen

als regionaler Historiker. Die Hefte um-

fassen über 2100 Seiten, darin enthal-

ten sind Bilder, Urkunden, Dokumente,

Pläne, Karten und Statistiken. Außer-

dem veröffentlichte er heiter-satirische

zeitkritische Mundartgedichte. Zudem

initiierte er die Ausstellungen „300. Jah-

restag der Zerstörung Sinsheims 1689“

und „Geschichte der jüdischen Bürger

im Raum Sinsheim“ (1988). In dreijäh-

riger Arbeit von 1999 bis 2002 hat er an

der Übersetzung der evangelischen und

katholischen Kirchenbücher Sinsheims

von 1690 bis 1900 mit über 30 000 Ein-

trägen gearbeitet. Ergebnis ist eine elek-

tronische Datenbank mit allen relevanten

Einträgen dieser Kirchenbücher. Für sei-

ne Verdienste erhielt er 1994 die nach

Karl Wilhelmi benannte Ehrenmünze der

Stadt, 1998 die „Ehrennadel für Heimat-

pflege“ des Arbeitskreises Heimatpflege

des Regierungsbezirks Karlsruhe und

im Jahr 2005 das Ehrenbürgerrecht der

Stadt Sinsheim.Steinsberg Burgruine

Page 81: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

79

R h e i n - N e c k a r

Der Steinsberg mit seiner Burgruine

Steinsberg, vier Kilometer südlich von

Sinsheim, wird seit altersher der „Kom-

pass des Kraichgaus“ genannt. Schon

um 1180 rühmte der mittelalterliche

Spruchdichter Herger, auch Älterer

Spervogel genannt, die Burg und den

Burgherrn „Wernhart, der uf Steinesberg

saz“ in der Manessischen Liederhand-

schrift Heidelberg.

Im Museumshof „Lerchennest“ in Sins-

heim-Steinsfurt findet sich eine Gedenk-

stätte für Friedrich den Großen (1712–

1786). Es ist das einzige Museum, das

sich speziell dem Leben und Wirken des

Preußenkönigs widmet:

An der heutigen Gedenkstätte wurde

der junge Kronprinz am Morgen des 5.

August 1730 auf der Flucht vor seinem

strengen Vater, König Friedrich Wilhelm I.

von Preußen, gefangengenommen.

info

Museum Lerchennest,

Friedrich der Große-Museum

Lerchenneststraße 18 · 74889 Sinsheim

Tel.: 072 61/39 34 od. 0 72 61/6 14 96

Sonn- und Feiertage: 14 –17 Uhr

sowie nach vorheriger Vereinbarung

info

Stadt-und Freiheitmuseum

im Historischen Rathaus

Hauptstr. 92 · 74889 Sinsheim

Tel. 0 7261/40 49 50

www.sinsheim.de

info

Auto & Technik Museum, Sinsheim e.V.

Museumsplatz · 74889 Sinsheim

Tel. 0 72 61/9 29 90 · Fax 0 72 61/1 39 16

Mo – Fr 9 –18 Uhr, Sa, So, Feiertage: 9 –19 Uhr

www.museum-sinsheim.de

Speyer

Mein erster Gang war morgens zur Dom-

kirche. Dies ist eines der merkwürdigsten

Gebäude, die ich auf der Reise sah, und

das einzige, das ich recht genau, und

mit gehöriger Muse besah. Wann man

vorn am großen majestätischen Por-

tal eingeht, so sieht man vor sich einem

leeren Platz von einer ziemlichen Länge

bis an eine große Staffel hin, und von

ungewöhnlicher Höhe, die durch präch-

tige, einfache Säulen von den Nebenge-

bäuden getrennt wird. Über den Staffeln

aber steht ein großer, ganz marmorner

Altar, welcher so hoch ist, daß auch wie-

der Staffeln daran gebaut sind, und auf

welchem 5 brennende Lichter in gül-

denen Leuchtern stehen [...] Ganz hinten

im Chor stand der Thron des Bischofs

von Bruchsal, das Prächtigste, was man

sich vorstellen kann, und auf beiden Sei-

ten des Throns herunter die Stühle des

Domherrn, welche alle vergoldet sind.

[...] – ich hielt mich eine Stunde darin auf,

und könnte beinahe noch bisher jeden

Tag eine Stunde darin gewesen sein,

ohne Langeweile gehabt zu haben.

Friedrich Hölderlin Brief an seine Mutter vom 5.

Juni 1787

Der Dom und der Einfluss des Bischofs

zog durch die Jahrhunderte Gelehrte,

Theologen und Künstler nach Speyer.

Unter ihnen Walhafried Strabo

(um 808 – 849), Erasmus von Rot-terdam (1465 –1536), Philipp Melanchthon (1497– 1560), Johann Fischart (1546 –1591), Kasimir Edschmid (1890 –1966), Reinhold Schneider (1903 –1958), Wilhelm

Dampfmaschine im Technik Museum Sinsheim

Page 82: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

80

L i t e r a t u r r e g i o n

Hausenstein (1882 –1957) und viele

mehr. Als Druckort wurde Speyer vor

allem durch die juristischen, theologi-

schen und liturgischen Bücher der

Familie Drach berühmt.

info

Historisches Museum der Pfalz und Junges

Museum Speyer · Domplatz · 67346 Speyer

Tel. 0 6232/132 50 · Fax 06232/13 25 40

Di – So 10–18 Uhr

www.museum.speyer.de

Sophie von La Roche (1730 –1807),

die „Erzieherin von Teutschlands Töch-

tern“, lebte von 1780 bis 1768 im Haus

des Domherrn Baron von Hohenfeld,

wo sie u.a. Goethe, Schiller, Jung-Stil-

ling und Lavater besuchten. Zu Sophies

Speyerer Kreis zählten die Domherren

Christoph von Hohenfeld und Joseph

Anton Siegmund von Beroldingen, Rats-

konsulent Karl Ludwig Petersen und

Rektor Johann Georg Hutten. Zusam-

men mit Hutten gab sie die Zeitschrift

„Pomona für Teutschlands Töchter“ her-

aus, die zwischen 1783 und 1784 er-

schien. Am Wohnhaus in der Hauptstra-

ße 99 erinnert eine Gedenktafel an ihre

Zeit in Speyer, die sie in „Pomona“ Heft 3

beschreibt:

Ich wohne seit zwey Jahren in dem Haus

des Domherrn Baron von Hohenfeld,

dessen Bescheidenheit nicht leiden will,

daß ich nur das mindeste von der Größe

seines Geists und seiner Edelmüthigkeit

rede: sonst würde ich gar viel schönes

von Ihm erzählen. – Also nur von meinem

Zimmer. Es ist ziemlich groß und hoch,

welches ich sehr liebe; zwey Fenster be-

leuchten es; von diesem geht über die

Wormser Strasse weg die Aussicht ge-

gen die Lutherische Kirche, die ein schö-

nes, mit einem Hof und grossen Bäumen

umgebenes Gebäude ist, welches einen

Theil der Stelle einnimmt, auf der ehmals

ein Palast unserer Kayser stunde. Ich

sehe den größten Theil dieses Hofes;

zwey schöne Linden beschatten mei-

ne Fenster, und der Geruch ihrer Blüthe

durchduftet meine Zimmer, so wie der

Gesang der Vögel, die sie bewohnen,

mich weckt, und sehr oft das Entzü-

cken geniessen macht, daß ich die Son-

ne über die wegen ihrer Schönheit und

Fruchtbarkeit berühmte Bergstrasse auf-

gehen sehe, und eben so oft die immer

neue Farbmischung bewundern kann,

welche sie den leichten Wolken giebt, die

bald in Streifen an dem Rhein hinziehen,

bald in tausendfachen Gestalten von der

Morgenluft umher getragen werden.

Sophie von La Roche: Pomona für Teutschlands

Töchter (1783)

Luther Gedächtniskirche

Der „pfälzische Spätromantiker“ Georg Friedrich Blaul (1809 –1863) war als

Hauslehrer in Speyer tätig und als Pfarrer

in Frankenkthal, ab 1856 war er Dekan in

Germersheim.

–> Germersheim

Freilich ist Speyer nicht mehr das alte,

die Franzosen haben zu verschiedenen

Zeiten Versuche gemacht, den früheren

Charakter der Stadt zu verwischen. Es ist

ihnen trefflich gelungen, Gott sei’s ge-

klagt! Freundlicher mag die Stadt aller-

dings geworden sein, als sie früher war,

Speyerer Dom

Page 83: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

81

R h e i n - N e c k a r

dem Bürger mag’s in diesen mittelmä-

ßigen aber freundlich angetünchten Häu-

sern wohnlicher sein, als dem früheren

Reichststädter in seinen alten finsteren

Spelunken, aber mir war es nicht so lieb,

daß ich nicht einmal mehr auf architek-

tonische Spuren der alten Zeit stieß. Nur

die Linien der Straßen scheint die Stadt

aus ihrer alten Zeit überbehalten zu ha-

ben; doch sind auch diese nicht so wink-

lig und eckig wie in andern alten Städten.

Die Hauptstraße ist ganz gerade, obwohl

die Häuserreihen nicht schnurgerade

Linien bilden, wie etwa in dem vierecki-

gen Mannheim langweiligen Andenkens.

Doch ich sehe den Dom in der Ferne vor

mir, dieses riesenhafte Grabmal jener

alten untergegangenen Kaiserzeit, die

sich in diesen Mauern einst mit ihrem

Glanze, mit ihren Kämpfen und mit ihrem

Elend bewegte.

Friedrich Blaul: Träume und Schäume vom Rhein.

Zu Reisebildern aus der Rheinpfalz (1838)

Der Maler Anselm Feuerbach (1829 –

1880) wurde im heutigen „Feuerbach-

haus“ geboren. Nachdem ihm sein Zei-

chenlehrer 1843 jedes Talent abspricht,

versucht sich der junge Künstler an einer

Folge von Szenen aus dem Nibelungen-

lied. Er schickt Proben von Zeichnungen

an die Düsseldorfer Akademie zu Carl Friedrich Lessing (1808 –1880) und

Wilhelm von Schadow (1788–1862).

In Heidelberg lernt er 1855 Joseph Victor

von Scheffel kennen. Mit ihm reist er im

Mai nach Venedig:

Im fünften Jahr meiner Gymnasialstudien

ward ich unruhig und tat, wie man zu

sagen pflegt, nicht mehr gut. Es wurden

Zeichnungsproben nach Düsseldorf ge-

schickt, an Lessing und Schadow. Les-

sing antwortete: „Der junge Mensch soll-

te sein Gymnasium absolvieren und dann

weiter sehen“. Schadow aber schrieb:

„Der junge Feuerbach könne nichts an-

deres werden als Maler und möge so-

gleich kommen“. Daß ich mich dieser

letzteren Meinung sofort mit größter

Leidenschaft zuwandte, war selbstver-

ständlich. Ich quälte meinen kränklichen

Vater so lange, bis er müde wurde und

seine Einwilligung gab. Er tat es ungern,

da ihm Lessings Meinung als die richtige

erschien, die sie auch war. [...] Und ein

Kind war ich auch; ein vertrauensseliges,

trotz des ungebundenen Straßenlebens

von allem Gemeinen entfernt gebliebe-

nes Kind; brennend vor Eifer in der Sehn-

sucht nach einem unbekannten Ziel und

glückselig in all den Illusionen, die bisher

meine Welt vergoldet hatten.

Anselm Feuerbach: Ein Vermächtnis (1913)

info

Museum und Weinstube Feuerbachhaus Speyer

Allerheiligenstraße 9 · 67346 Speyer

Öffnungszeiten:

Di – Fr 16–18 Uhr · Sa, So 11–13 Uhr

Tourist-Information Speyer:

Tel. 0 62 32/14 23 92 · Fax 062 32/14 23 32

Die Dialekt- und Jugendschriftstellerin Lina

Sommer wurde 1862 in Speyer geboren.

–> Jockgrim

Die Philosophin Edith Stein war von 1922

bis 1931 Lehrerin an der Schule des Do-

Feuerbachhaus

Briefskizze Goethes

Page 84: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

82

L i t e r a t u r r e g i o n

minikanerinnenklosters St. Magdalena.

Die Gemeinde der Juden von Speyer

gehörte neben Worms zu den führenden

in Europa. Im „Judenhof“, dem ehemals

zentralen Bezirk des mittelalterlichen jü-

dischen Viertels von Speyer befindet sich

die älteste noch vollständig erhaltene

deutsche Mikwe, ein rituelles, jüdisches

Bad aus dem 12. Jahrhundert.

Eine Erzählung von Hans Bender spielt

am Altrhein bei Speyer:

„Wo ist der Dom?“, fragte das Mädchen.

„Hinter den Weiden“, sagte Hans. „War-

te, wenn wir dort unten an die Kreuzung

kommen, siehst du den Dom.“

„Ich bin müde“, sagte das Mädchen. „Mir

tun die Beine weh.“

„Es ist nicht mehr weit“, sagte Hans.

„Hinter dem Dorf beginnen die Wälder,

schöne Wälder zwischen den Armen des

Altrheins, ein Naturschutzgebiet.“

„Warum ein Naturschutzgebiet?“

„Weil es so schön ist. Weil seltene Bäu-

me dort wachsen, und die Vögel nicht

gestört werden sollen. Es ist ein Para-

dies. Du wirst sehen, ein Paradies.“

„Quatsch“, sagte das Mädchen, „ein Pa-

radies gibt es nicht mehr.“

Hans ließ ihre Hand los. Das Mädchen

bückte sich zum Rasenstreifen neben

der Chaussee und riß einen Grashalm

ab. Hans ging ein Stück voraus, sie ging

hinter ihm her und wischte ihr weißes Ta-

schentuch über die Stirn.

Hans Bender: Die halbe Sonne (1957)

Die Pfälzische Landesbibliothek Speyer

zählt mit einem Bestand von zirka einer

Million Bände und Sondersammlungen

zu den bedeutenden wissenschaftlichen

Universalbibliothek Deutschlands. Seit

dem 1. September 2004 ist sie Teil des

neu gegründeten Landesbibliothekszent-

rums Rheinland-Pfalz.

Thomas Lehr (1957), der durch seine

Erzählungen und Romane bekannt ge-

worden ist, wurde in Speyer geboren.

Er lebt seit seinem Studium als freier

Schriftsteller in Berlin. Sein bisheriges

Hauptwerk „Nabokovs Katze“ (1999)

trägt deutlich autobiografische Züge.

info

Technik Museum Speyer

Am Technik Museum · 67346 Speyer

Tel. 06232/6 70 80 · Fax 0 6232/67 08 20

Mo – Fr 9 –18 Uhr; Sa, So, Feiertage: 9 –19 Uhr

www.museumspeyer.de

St. Germanshof

Die kleine Ortschaft liegt am Grenzüber-

gang ins elsässische Wissembourg und

gehört heute zur Verbandsgemeinde

Dahner Felsenland.

Im April 1949 war St. Germanshof auf-

grund einer Bestimmung der interna-

tionalen Grenzkommission Frankreich

zuerkannt worden. Dem damaligen Bür-

germeister von Bobenthal, zu dem die

Ortschaft gehörte, gelang es nach star-

ken Protesten, dass St. Germanshof

schon wenige Monate später wieder sei-

ner Gemeinde zugeschlagen wurde.

Am 6. August 1950 sorgte der Ort er-

neut für Schlagzeilen, als rund 300 be-

geisterte Anhänger der europäischen

Mikwe

Technik Museum Speyer

Page 85: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

83

R h e i n - N e c k a r

Idee die Schlagbäume niederrissen und

im Rahmen einer feierlichen Proklama-

tion die europäische Fahne hissten. In

einem Leitartikel zur Fünfzigjahrfeier der

„Römischen Verträge“, die den Grund-

stein für die Europäische Union legten,

schreibt Altbundeskanzler Helmut Kohl:

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich

als 20-Jähriger an gemeinsamen Festen

zwischen Deutschen und Franzosen im

deutsch-französischen Grenzgebiet teil-

nahm. Wie feierten ausgelassen, sangen

europäische Lieder und verbündeten

uns. Zwischen der Pfalz und dem Elsass

räumten wir symbolisch Zollschranken

beiseite.

Helmut Kohl, in: Die Welt, 24. März 2007

Im Herbst 1954 arbeitete hier Hans Erich Nossak (1901–1977) an einem

Theaterstück, das er später als Grund-

lage für seinen Roman „Spätestens im

November“ (1955) verwendete. Die klei-

ne Grenzstation heißt im Roman Lud-

wigshof:

Ludwigshof ist nicht einmal ein Dorf,

nur eine winzige Grenzstation mitten im

Gebirge. Es stehen nur drei oder vier

Häuser längs der Straße, in denen die

Grenzwächter und Waldarbeiter woh-

nen. [...] Und dann natürlich der Gasthof,

zweihundert Meter vom Schlagbaum, an

dem nachts ein rotes Licht brannte. Wir

sahen es von unserem Fenster.

Ich möchte das alles genau beschreiben,

weil wir dort glücklich waren. [...]

Auf der anderen Seite gleich hinter

den Bergen sollte es eine hübsche alte

Stadt geben, sagte man uns, doch wir

brauchten die Stadt nicht. Wir waren

wirklich wie in einem Kessel, das Tal war

rings von Bergen abgeschlossen, so als

ob es hier nicht weiterginge.

Weinheim

Joseph Alois Falckh (1803 –1830) ver-

fasste Ritterromane in der Art des Chris-tian Heinrich Spieß (1755) und Chris-

tian August Vulpius (1762 –1827),

beispielsweise das Werk „Graf Conradin

von Worms oder Der Sturm auf dem

Rheine“ (1827).

(Philipp) Wilhelm Platz (1866 –1929)

wurde in Weinheim geboren und starb

auch dort. Er ist der Enkel von Wilhelm

Platz, dem Gründer der Weinheimer

Badenia Maschinenfabrik. Der Dichter

veröffentlichte verschiedene Werke mit

Odenwälder und Kurpfälzer Bezug, u. a.

„Aus Herrn Selberts altem Notizbuch

– Erinnerungen eines Ingenieurs“ (1923).

Zu Gast in Weinheim waren bedeutende

Persönlichkeiten. 1817 hielten sich Jean Paul (1763 –1825) und Johann Hein-rich Voß (1751–1826) im Falckhschen

Haus (Ecke Obertorstraße/Mittelgas-

se) auf. „Im Müll“ erinnert eine Steintafel

an A. H. Hoffmann von Fallersleben

(1798 –1874), der sich 1843 in Weinheim

u. a. mit Friedrich Hecker (1811–1881)

traf. Honoré de Balzac (1811–1881)

verfasst hier bei seinem Besuch der Lady

Ellenborough 1835 „Arabelle“, den „Brief

in Kursiv“ und „Louis Lamberts“.

info

Museum der Stadt Weinheim

Amtsgasse 2 · 69469 Weinheim/Bergstr.

Tel. 062 01/8 23 34 · Fax 0 62 01/96 20 44

Di – Sa 14 –17 Uhr, So 10 –17 Uhr

www.museum-weinheim.de

Im „Gelben Haus“ in der Bahnhofstraße

10 schrieb Joseph Victor von Scheffel,

Altstadt

Page 86: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

84

L i t e r a t u r r e g i o n

der häufig in Weinheim zu Gast war, das

Gedicht „Alt Heidelberg, du feine“.

–> Heidelberg

Das malerische Gerberbachviertel, die

alten Stadttürme, der storchennest-

gekrönte Rote Turm, Blauer Turm und

Hexenturm, das alte Rathaus, das ba-

rocke Deutschordensritterhaus (heute

Heimatmuseum), die Ulnersche Kapelle,

die Stadtkirche, sie bilden mit der zer-

zausten Windeck und der Wachenburg

das alte Weinheim. Ein ganz besonde-

res Schmuckstück ist aber das Berkhei-

mische Schloß, früher Schwendisches,

das heute als repräsentables Rathaus

dient. In dem fränkischen Fachwerkbau

der alten Post („Goldener Bock“) aber

hat Goethe 1775 gewohnt, und Viktor

von Scheffel dichtete im Haus des Kunst-

händlers Areta sein weltbekanntes „Alt-

Heidelberg, du Feine“. Der Komponist

dieses Liedes, S. A. Zimmermann, liegt

auf dem Weinheimer Friedhof begraben.

Hans Detlev Holzamer: Das bunte Buch der

Bergstraße (1968)

info

www.weinheim.de

Wörth

Das DaimlerChrysler Werk und die Öl-

raffinerie haben Wörth von 3 500 Einwoh-

nern im Jahre 1960 auf heute 19 000

anwachsen lassen. Die erste Brücken-

verbindung zwischen dem heutigen

Stadtteil Maxau und der einstigen badi-

schen Residenzstadt Karlsruhe wurde

am 25. August 1840 eingeweiht und für

Museum Weinheim

Roter Turm

Burgruine Windeck

Page 87: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

85

R h e i n - N e c k a r

den Straßenverkehr freigegeben.

Die 276 Meter lange Brücke bestand

aus 34 Schiffsrümpfen, die auf dem

Wasser schwammen und auf denen

Fahrbahnjoche befestigt waren. Zuvor

waren Reisende auf Fährschiffer ange-

wiesen. Unerfreuliche Erlebnisse, wie sie

die Erinnerungen eines reisenden Hand-

werksburschen schildern, dürften jedoch

nicht die Regel gewesen sein:

Als ich nächsten Tages an den Rhein

kam, meinte ich, doch von Wörth aus

nicht an das andere Ufer zu gelangen.

Ich bat die Schiffer um Überfuhr, bekam

aber eine recht plumpe und freche Ant-

wort. Sie verlangten sogar ein doppeltes

Fahrgeld, [...]. Ich sprang, auf alles ge-

faßt, in ihr Boot, und kaum daß der eine

losgemacht und wir die Strömung hat-

ten, stand ich hinter ihm. Ich hielt ihm

meinen deftigen Knotenstock über den

Schädel und gab ihm zu verstehen, daß

der Eichenknüppel fester sei als sein

Schädel, den ich durchaus nicht geson-

nen sei zu schonen, wenn er es nötig

mache. Kunststücker ließ ich an mir nicht

probieren! Da duckte der Kerl, ruderte

forsch, als wäre ihm nie anderes in den

Sinn gekommen und war der konzili-

anteste Bursche, der sich denken läßt.

Nach der Überfuhr war er dennoch dreist

genug, das doppelte Fahrgeld zu for-

dern, weshalb ich ihm nur die Hälfte gab

und dazu erklärte, daß ich bereit sei, das

übrige in redlichen Stockschlägen mit

meinem Eichenknüppel zu begleichen.

Der Kerl nahm das wenige Geld, stieß ab

und schimpfte, wie ein Rheinkadett es

nur kann, als mein Stock ihn nicht mehr

langen konnte.

Aus: Biedermeier auf Walze. Aufzeichnungen und

Briefe des Handwerksburschen Johann Eberhard

Dewald 1836–1838 (1936).

info

www.woerth.de

Worms

Versuch eines Wormsers in Gedichten 1745

Bey Erblickung seiner Vaterstadt

Nach so viel überstandnem Kummer

Empfind ich nun, daß diese Ruh

Noch sanfter, als ein Mittagsschlummer

Bey schwülen Sommertagen, thu.

Mein Worms ergötzt mich schon von

Ferne;

Wie wird erst die Entzückung seyn,

Kehr ich beym Glantz der Abendsterne

In seinen Mauren jauchtzend ein?

Hafen von Wörth

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86

L i t e r a t u r r e g i o n

Wofern mich nicht die Sinnen trügen,

So seh ich dich, mein Ithaka!

Wo ich, gewindelt in der Wiegen

Zuerst das holde Tagslicht sah;

Wo oft mein Vater voll Erbarmen,

In seinem Leben zu mir kam,

Und mich von meiner Mutter Armen

Mit liebesvollen Worten nahm.

Mein Hertze saget mir im Stillen,

An diesem Flus, an diesem Feld,

Wo Ströme gelben Weines quillen,

Und Ceres Frucht die Scheunen

schwellt,

An diesem Schmeltz beblümter Triften,

An allem was die Gegend hat,

Selbst an den Thürmen in den Lüften

Erkennst du deine Vaterstadt.

Nikolaus Götz

Worms ist vor allem als die Stadt der

Nibelungen bekannt. An das Nibelungen-

lied, um 1200 geschrieben, erinnern

unter anderem der Siegfriedbrunnen

vor dem Dom und das am Rheinufer

gelegene Hagen-Denkmal. Im Festspiel-

haus wird der Nibelungenteppich aus-

gestellt. Die Nibelungenfestspiele, 1937

gegründet, zeigten von den Bearbei-

tungen während des Dritten Reichs aus-

schließlich Christian Friedrich Hebbels

(1813 –1863) „Nibelungen“-Drama.

Ein neues Festival begründete 2002

Dieter Wedel (1941) mit einer Neuins-

zenierung der Nibelungen. Alljährlich im

August werden seitdem auf der Freiluft-

bühne direkt vor dem Dom wechselnde

Inszenierungen aufgeführt.

(www.nibelungenfestspiele.de)

Siegfried-Brunnen

Nibelungenmuseum

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87

R h e i n - N e c k a r

info

Nibelungenmuseum

Fischerpförtchen 10 · 67547 Worms

Tel. 062 41/20 21 20 · Fax 0 62 41/20 21 21

Di – Fr 10 –17 Uhr, Sa, So 10–18 Uhr

www.nibelungenmuseum.de

Abraham von Worms (um 1362 –1458)

verfasste einen umfangreichen „magi-

schen“ Text. Der Autor stellt sich im ers-

ten Satz von Buch I selbst als „Abraham

ben Rabbi Shimon bar Jehuda ben Rab-

bi Shimon“ vor.

Nichts ist bedauernswerter und unwür-

diger am Menschen, als wenn er sich

in allen Lebenslagen unwissend zeigt.

Wer arbeitet und reist, lernt viel. Wer sich

aber fern von seiner Heimat nicht zu be-

nehmen weiß, kommt auch zu Hause

nicht zurecht und ist wie ein an die Wand

gemalter Schütze, der stets auf den glei-

chen Ort zielt und doch nicht trifft.

Abraham von Worms: Das Buch der wahren Praktik

in der göttlichen Magie (1387)

Hans Folz (zwischen 1435/1440 –1513)

stammte aus Worms, war jedoch ab

1459 als Bürger von Nürnberg einge-

tragen. Er war Reformator des Meis-

tersangs und realistisch-satirischer

Schwankdichter, u. a. verfasste er die

„Fastnachtsspiele“.

Am 18. April 1521 auf dem Reichstag in

Worms soll Martin Luther (1483 –1546)

die berühmten Worte vor Karl V. gesagt

haben: „Hier stehe ich, ich kann nicht

anders, Gott helfe mir, Amen“. Darauf-

hin wurde über ihn die Reichsacht ver-

hängt, eine Ächtung, die ihn außerhalb

der Gesellschaft stellte. Im Aufgang zum

Großen Saal des Bischofshofes, wo der

Prozess stattfand, ist eine Gedenktafel

angebracht.

info

Museum der Stadt Worms im Andreasstift

Weckerlingplatz 7 · 67547 Worms

Tel. 062 41/94 63 90 · Fax 06241/2 40 68

Di – So 10–17 Uhr

www.museum.worms.de

info

Museum Kunsthaus Heylshof

Stephansgasse 9 · 67547 Worms

Tel. 06241/2 20 00

www.worms.de

Johann Nikolaus Götz (1721–1781)

gilt als Vertreter der

deutschen Anakre-

ontik. Götz stammte

aus einem evange-

lischen Pfarrhaus

in Worms, wo er

das Gymnasium

besuchte. Nach dem Abitur studierte er

1739 –1742 in der preußischen Univer-

sitätsstadt Halle (Saale) Theologie, wo

er mit seinen Studienfreunden Johann

Wilhelm Ludwig Gleim und Johann Peter

Uz den „zweiten Halleschen Dichterkreis“

bildete. Nach dem Studium 1742 nahm

Götz auf Empfehlung seines akade-

mischen Lehrers Baumgarten eine Stelle

als Hauslehrer im kurz zuvor preußisch

gewordenen Emden an. Nach gesund-

heitsbedingter Rückkehr nach Worms

wurde er 1744 in Forbach/Lothringen

Schlossprediger und Hofmeister bei der

Witwe des Generalgouverneurs des Her-

zogtums Zweibrücken von Strahlenheim.

In Lunévill am Hof des polnischen Kö-

nigs Leszczynski machte er mit Voltaire

Bekanntschaft und entwickelte seine

Vorliebe für die französische Sprache

und Literatur. Götz’ Werke bestehen aus

zahlreichen lyrischen Dichtungen und

Übersetzungen, u. a. aus dem Franzö-Luther-Gedenktafel

Page 90: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

88

L i t e r a t u r r e g i o n

sischen. Er übersetzte zusammen mit Uz

als erster sämtliche Oden von Anakreon

ins Deutsche (1746). Seine gekonnten

Übersetzungen machten die Gattungen

des Madrigals, des Triolet und des Ron-

deau auch in Deutschland literaturfä-

hig. U.a. Wieland, Herder, Lessing und

Goethe rühmen sein poetisches Gefühl.

Die Melodik seiner Verse inspirierte u. a.

Haydn zur Vertonung seiner Gedanken.

Im Garten des Heylshofs in unmittelbarer

Nachbarschaft zum Dom erinnern eine

Bronzestatue und ein in Bronze gegos-

senes Gedicht an Johann Nikolaus Götz.

Ein Autor der klassischen Moderne, der

in Worms seine Prägung erfuhr, war Ge-org K. Glaser. 1910 in Guntersblum ge-

boren, siedelte er mit seiner Familie 1917

in den nördlichen Wormser Vorort Neu-

hausen über und lebte hier bis 1926.

Die US-Amerikanerin Anne Marx

(1913–2006) wurde als Anneliese

Löwenstein im Harz geboren. 1925 zog

ihre Familie nach Worms, wo sie 1932

ihr Abitur machte. Anschließend studier-

te sie in Berlin und Heidelberg Medizin.

1934 wurde sie wegen ihres jüdischen

Glaubens vom Studium ausgeschlossen.

Ab 1935 veröffentlichte sie einen ersten

Gedichtband, siedelte 1936 in die USA

um und publizierte mehr als tausend

Gedichte.

In Worms lebt und arbeitet der Schrift-

steller und Dramatiker Walter Passian

(1949). Passian wuchs in Kassel auf.

1984 zog Passian nach Worms, wo er

heute lebt. In den 1990er Jahren produ-

zierte er für die Volksbühne die Musicals

„Bühnenträume“ (1996), „Tandaradei“

(1997) und „Adam und Evas“ (1999), zu

denen er jeweils das Libretto schrieb.

Viele seiner Stücke sind in Pfälzer Mund-

art im Theater Hemshofschachtel in Lud-

wigshafen aufgeführt worden. Seinen

ersten Kriminalroman veröffentlichte Pas-

sian im Dezember 2000.

Beim Wechsel vom damals bayerischen

Rheingebietes in Höhe des späteren

Ludwigshafen (1843) zum badischen

Mannheim notiert August von Platen

(1796 – 1835) am 12. Juni 1822:

In Worms sah ich den Dom, der hell und

großartig gebaut ist, die Altäre und an-

deren Verzierungen jedoch verraten die

größte Armut, da die Kirche von den

Franzosen ganz beraubt worden. Worms

ist ein freundliches Städtchen, so wie

Frankenthal und Oggersheim, die ich

schon kannte. Von Oggersheim ging

Dom

Luther-Denkmal

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89

R h e i n - N e c k a r

ich zu Fuß, da der Wagen nach Speyer

fuhr. Das bayrische Gebiet verließ ich vor

Mannheim an der Rheinbrücke, und dort

verließ ich auch den Rhein, den ich so

bald nicht mehr sehen werde.

August von Platen: Tagebücher (1990)

info

Tourist Information Worms

Neumarkt 14 · 67547 Worms

Tel. 06241/2 5045 · Fax 062 41/2 63 28

www.worms.de

Zwingenberg am Neckar

In Zwingenberg am Neckar unter dem

Melibokus (der mit 517,40 m über NN

der höchste Berg der Bergstraße) wurde

1780 der Darmstädter Kanzler Friedrich Karl von Moser (1723 –1798) „Schlöss-

chen“-Herr.

Auf dem Friedhof liegt das Grab von

Christian Wilhelm Stromberger (1826–1900), geistlicher Lyriker, Heraus-

Nibelungenbrücke Worms

Stadtansicht Zwingenberg

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90

L i t e r a t u r r e g i o n

geber und Biograf. Er war auch schrift-

stellerisch tätig und verfasste u.a.

„Von dem deutschen Nationalgeist“

(1766).

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (1923), der als Verbindungs-

offizier zur Spionageabwehr in Bensheim

tätig war, lebte einige Monate in der

Arthur-Sauer-Villa in Zwingenberg.

Jährlich finden im Schlösschen die

Zwingerberger Schlossfestspiele statt.

(www.schlossfestspiele-zwingenberg.de)

Schloss Zwingenberg

info

Heimatmuseum der Stadt Zwingenberg

Scheuergasse 11 · 64673 Zwingenberg

Tel. 0 6251/7 39 86 · Fax 062 51/70 03 33

www.zwingenberg-neckar.de

Weitere Routenvorschläge:

www.burgen-strasse.de

Page 93: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

91

R h e i n - N e c k a r

Page 94: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

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L i t e r a t u r r e g i o n

Personenregister

A: Abraham von Worms 87; Abresch, Johann Philipp 71; Agricola, Rudolf 33; Alb-

recht Pilgrim von Buchheim 19; Antes, Horst 44; Arendt, Hannah 40, 43; Arnim, Ach-

im von 25;

B: Balzac, Honoré de 83; Bassermann, Friedrich Daniel 59; Bauer, Wilhelm 78; Baum,

Vicki 65; Becker, August 10, 13, 45; Becker, Johann Philipp 26; Bender, Hans 7, 20,

82; Benjamin, Walter 39; Benz, Carl 48; Benz, Richard 38; Bergengruen, Werner 17,

18; Berkel, Dieter 53; Bernus, Alexander von 39; Bertololy, Paul 27; Bertram, Claus

57; Bertram, Joh. Bapt. 35; Bessel, Gottfried Johann 19; Bieri, Peter (d. i. Pascal Mer-

cier) 43; Bill, Max 54; Blass, Ernst 38, 53; Blaul, Georg Friedrich 29, 80; Bligger II. von

Steinach 70; Bloch, Ernst 52, 53; Blum, Robert 25; Böll, Heinrich 42, 43; Boisserées,

Melchior 35; Boisserées, Sulpiz 32, 35; Bosch, Carl 41; Brentano, Clemens 35, 62;

Broch, Hermann 64; Buber, Martin 43, 45; Büchner, Georg 10; Burger, Wolfgang 43;

Burschell, Friedrich 38, 53; Buselmeier, Michael 11, 41; Butler, Judith 42;

C: Caroline von Hessen-Darmstadt 9; Cauer, Karl 62; Celtis, Konrad 33; Cisnerus,

Nikolaus (auch: Nicolaus Kistner) 67; Cohen, Hermann 22; Collini, Cosimo Alessandro

60; Cooper, James Fenimore 14, 24; Creuzer, Friedrich 37; Croissant, Eugen 29;

Croissant-Rust, Anna Flora Barbara 12, 30;

D: Dahlberg, Johann von 33; Dalberg, Wolfgang Heribert von 61, 62; Dacqué, Edgar

72; Dehn, Kurt 13; Delp, Alfred 48; Diether IV. von Katzenelnbogen 15; Domin, Hilde

40; Dumas, Alexandre 64;

E: Ebert, Friedrich 40; Edschmid, Kasimir 11; Eichendorff, Joseph von 36, 60; Eier-

mann, Egon 22;

F: Fagius, Paul 74; Falkh, Joseph Alois 83; Fallersleben, August Heinrich Hoffmann

von 64, 83; Fanck, Arnold 27; Feuerbach, Anselm 81; Fohr, Carl Philipp 25; Folz,

Hans 87; Friedrich IV von der Pfalz 29, 58; Fried, Heinrich Jakob 50; Friedrich der

Große 79; Fritz, Walter Helmut 36;

G: Gadamer, Hans-Georg 37; Geheeb, Paul 44; Geib, Karl 48; Genazino, Wilhelm 65;

George, Stefan 38, 39; Ginthum, Paul 51; Glaser, Georg K. 88; Goethe, Johann Wolf-

gang von 9, 32, 35, 36, 39, 59, 60, 71, 81; Götz von Berlichingen 70; Götz, Johann

Nikolaus 86, 87; Gräf, Dieter M. 55; Greve, Ludwig 54; Grüber, Klaus Michael 69;

H: Haas, Alban 72; Halbe, Max 36, 37; Hansjakob, Heinrich 69; Hartmann, Johann

Adam 24; Hebbel, Friedrich 36, 86; Hebel, Johann Peter 75; Hebel, Friedrich Wil-

helm 8; Hecker, Friedrich 6, 83; Heeger, Georg 30; Hegel, Georg Wilhelm Friedrich

37; Heinrich, August 15; Heinse, Johann Jakob Wilhelm 71, 76; Heinsheimer, Fritz

68; Henkelmann, Karl 15; Herger (auch: Älterer Spervogel) 79; Hesse, Hermann 16;

Heym, Stefan 78; Hölderlin, Friedrich 36, 38, 56, 75, 79 ; Holz, Werner 31; Holzamer;

Hans Detlef 44, 84; Holzamer, Hansjörg 44; Holzamer, Wilhelm 44; Hüll, Johannes 71;

Hugo, Victor 34; Husserl, Edmund 10;

I: Iffland, August Wilhelm 13, 62;

J: Jakobus Theodorus 9; Jaspers, Karl 40; Jean Paul (d. i. Johann Paul Friedrich

Richter) 37, 83; Jost, Eduard 14, 72; Jünger, Ernst 11;

K: Karl Theodor von der Pfalz (Karl IV. Theodor) 60, 76; Keller, Gottfried 36; Kempf,

Andreas 23; Kerner, Justinus 30; Kiefer, Anselm 20; Klein, Anton von 59, 62; Klop-

stock, Friedrich Gottlieb 59, 62; Knodt, Karl Ernst 16; Koch, Konrad 19; Kotzebue,

August von 63; Kraus, Joseph Martin 20; Kraus-Lämmerhirt, Maria Anna Walburga

Marianne 21; Krez, Konrad 50;

Page 95: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

93

R h e i n - N e c k a r

L: Langgässer; Elisabeth 74; La Roche, Sophie von 61, 80; Laudien, Hedwig 53;

Lehr, Thomas 82; Lenhard, Josef 54; Lenz, Jakob Michael Reinhold 49; Lessing,

Gottfried Ephraim 62; Liselotte von der Pfalz 34; Loening, Carl Friedrich (d. i. Zacha-

rias Löwenthal) 46; Luder, Peter 33; Luther, Martin 34, 87;

M: Mann, Klaus 39, 45; Marinic, Jagoda 43; Marum, Ludwig 26; Marx, Anne (d.i.

Anneliese Löwenstein) 88; Mathy, Karl 59; May, Karl 22; Mayer, Karl 69; Meinecke,

Thomas 42; Meißner, Waltraut 14; Metzendorf, Heinrich 16; Meyer-Förster, Wilhelm

37; Mombert, Alfred 38; Montesquieu, Charles de 58; Morweiser, Fanny 55, 56;

Moser, Friedrich Karl von 89; Münch, Paul 56; Münster, Sebastian 33; Munk, Georg

(d.i. Paula Buber) 43;

N: Nast, Thomas 50; Noll, Ingrid 42; Nossak, Hans Erich 83;

O: Ossowski, Leonie 66; Overhoff, Julius 72;

P: Palm, Erwin Walter 40; Passian, Walter 88; Pestalozzi, Johann Heinrich 68;

Pfeil, Christoph Karl Ludwig von 30; Pigage, Nicolas de 76; Pistor, Daniel Friedrich

Ludwig 11; Platen, August von 88; Platz, (Philipp) Wilhelm 83; Posthius, Johannes 29;

R: Räder, Karl 12; Ratzel, Friedrich 6; Regino von Prüm 55; Reinfrank, Arno 55;

Rilke, Rainer Maria 33, 38; Ritzhaupt, Adam 30; Rottmann, Friedrich 25; Rudolf I. von

Habsburg 29; Rütten, Joseph 47;

S: Saalfeld, Martha 10, 29; Sauer; Johann Christoph 46; Schaefer, Hermann 13;

Scheffel, Joseph Victor von 8,15, 34, 36, 73; Scheidt, Werner vom 10; Schiller, Fried-

rich 57, 61; Schimper, Karl Friedrich 77; Schlink, Bernhard 65; Schmitt, Anton 43;

Schmitthenner, Adolf 69; Schmitthenner, Paul 51; Schneider, Harald 55; Schneider,

Wilhelm Michael (Pseudonym: Wilhelm Perhobstler) 55; Schopenhauer, Arthur 63;

Schreiber, Aloys Wilhelm 52; Schultens, Katharina; Schwan, Christian Friedrich 59,

62; Schwan, Margarethe 62; Seekatz, Johann Conrad 30; Seghers, Anna 17; Sieben-

pfeiffer, Philipp Jakob 71; Siegehard von Schauenburg 18; Sigel, Franz 78; Simmel,

Georg 39; Sinsheimer, Hermann 28; Slevogt, Max 24, 51, 68; Sombart, Nicolaus 36;

Sommer, Lina 45, 81; Stein, Edith 10, 81; Stengel, Stephan von 62; Stern, Wilhelm

68; Stockhausen, Juliana von 21; Stoll, Josef 16; Storm, Theodor 34; Streicher, Jo-

hann Andreas 57; Stowasser, Horst 73; Stromberger, Christian Wilhelm 89;

T: Turner, William 35; Twain, Mark 36, 64;

U: Ufer, Hans Erich 50; Ulrich von Gutenburg 73; Umbscheiden, Franz 31;

V: Virchow, Rudolf Ludwig Carl 13; Voltaire (d.i. François Marie Arouet) 60, 76; Voß,

Johann Heinrich 83;

W: Weber, Georg 10; Weber, Max 40; Wedel, Dieter 86; Weissbach, Richard 38; Wei-

zäcker, Viktor von 43; Werner, Anton von 73; Wieland, Christoph Martin 62; Wilhelmi,

Johann David Karl 77; Willemer, Marianne von 36; Winkler, Konrad 7, 76; Wirth, Jo-

hann Georg August 71; Wittig, Joseph 43; Wolfskehl, Karl 39; Wyneken, Gustav 44.

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L i t e r a t u r r e g i o n

Bildnachweise

Diethelm Brecht: 6,7;

Südliche Weinstraße e. V. Zentrale für Tourismus Landau: 7,8;

Tourismusverein Südliche Weinstraße Bad Bergzabern: 9, 10, 11;

Stadt Bad Dürkheim: 12, 13, 14;

Stadt Bensheim: 15,16;

Auerbacher Synagogenverein: 17;

Kultur- und Touristikabteilung Stadt Lorsch: 18;

Stadt Buchen, Wolfgang Mackert: 19, 20, 21, 22;

Foto auf Postkarte: 23;

Emanuel Döringer/Südliche Weinstraße Edenkoben e.V.: 24;

Verwaltung Schloss Villa Ludwigshöhe; Ingo Wilhelm/Künstlerhaus Edenkoben: 24, 25;

Fotoarchiv der Urlaubsregion Freinsheim: 28;

Germersheim: 28,29;

Gerhard Laubersheimer: 30,31;

Heidelberg Marketing GmbH: 33, 39, 40, 42;

Jasmin Hambsch/Lisa Schöttler/Sarah Wilhelm: 33, 34, 35, 36, 37, 55, 56, 60, 86,

87, 88;

Kurpfälzisches Museum Heidelberg: 35, 41;

Stadtarchiv Heppenheim: 44, 45;

Kreisverwaltung Germersheim: 45;

Peter Tholey: 45, 46, 74, 85;

Automuseum Dr. Carl Benz Ladenburg: 47, 48;

Gemeindeverwaltung Lambsheim: 48;

Stadtarchiv Lampertheim: 48;

Büro für Tourismus Landau: 49, 50, 60;

Bilddatenbank Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH: 51;

BASF Ludwigshafen: 52;

Stadtarchiv Ludwigshafen: 53, 54, 55;

Bloch-Zentrum Ludwigshafen: 52, 54;

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, Jean Christen: 63;

MLO Karlsruhe/Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim: 62;

Stadtmarketing Mannheim GmbH: 58, 61, 63;

Amt für Rats- und Öffentlichkeitsarbeit, Pressestelle: Fotograf: Foto-Schwarz-Werbe-

studio Mannheim: 58, 60, 62, 64, 65, 66;

Große Kreisstadt Mosbach, Pressestelle: 67, 68, 69;

Stadt Neckarbischofsheim: 69, 70;

Michael von Savary: 70;

Historisches Museum der Pfalz Speyer: 72;

Stadtinformation Schwetzingen: 75, 76, 80;

Stadt Sinsheim: 78;

Tourist-Information Speyer: 80, 81, 82;

Stadt Weinheim: 83,84;

Zooey Braun: 86;

Stadt Zwingenberg: 89, 90.

Page 97: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

95

R h e i n - N e c k a r

Quellen- und Literaturhinweise

Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwarts-

literatur. Band 1–10. München 1978-2008

Ausflüge in die KulturRegion. Zwischen Baden-Baden und Bruchsal, Rastatt und

Bretten. Hrsg. von G. Braun Buchverlag/TechnologieRegion Karlsruhe /Karlsruher

Verkehrsbund Karlsruhe 2005

Bender, Hans/Oberhauser, Fred: Schwarzwald und Oberrhein. Der literarische

Führer. Frankfurt a. M. und Leipzig 1993 [Neue Auflage für 2008 angekündigt.]

Berg, Manfred (Hrsg.): Ein Führer zu den historischen Sehenswürdigkeiten. Weinheim

2002

Bischoff, Helmuth /Atteln, Gisela: Rhein-Neckar: Worms, Speyer, Mannheim,

Ludwigshafen, Heidelberg. Ostfildern 2007

Boehncke, Heiner /Sarkowicz, Hans: Literaturland Hessen. Frankfurt a. M. 2005

Buselmeier, Michael (Hrsg.): Heidelberger Lesebuch. Stadt-Bilder von 1800 bis heute.

Frankfurt a. M. 1986

Buselmeier, Michael: Literarische Führungen durch Heidelberg. Eine Kulturgeschichte

im Gehen. Heidelberg 1991

Buselmeier, Michael: Literarische Führungen durch Heidelberg. Heidelberg 1996

Cronauer, Jürgen: Pfalzlexikon. Alle Orte, Sehenswürdigkeiten, Freizeiteinrichtungen,

Persönlichkeiten, Geschichte der Pfalz. Otterbach 2004

Die Straße der Demokratie: Revolution, Verfassung und Recht. Ein Routenbegleiter

auf den Spuren der Freiheit. Hrsg. von Susanne Asche und Ernst Otto Bräunche für

die Arbeitsgruppe Straße der Demokratie. Karlsruhe 2007

Ernst-Bloch-Zentrum. Zukunft als Programm. Hrsg. vom Ernst-Bloch-Zentrum der

Stadt Ludwigshafen. Bönnigheim 2002

Görler, Ingeborg (Hrsg.): So sahen sie Mannheim. Stuttgart 1974

Hässlin, Johann Jakob (Hrsg.): Rheinfahrt. Vom Ursprung bis Mainz. München 1980

Kiesel, Helmuth (Hrsg.): Heidelberg im Gedicht. Frankfurt a. M. 1996

Killy, Walther (Hrsg.): Deutsche biographische Enzyklopädie. Band 1–10. München

1999

Killy, Walther (Hrsg.): Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Band

1–14. München 1988

Kolb, Klaus: Ladenburg erleben. Ein Führer zu den Sehenswürdigkeiten der Römer-

stadt. Weinheim 2003

Kühlmann, Wilhelm /Wiegand, Hermann (Hrsg.): Karl Friedrich Schimper. Lyrik und

Lehrgedichte. Heidelberg 2005

Lauth, Sibylle: Nordbaden. Entdeckungsfahrten zwischen Odenwald und Schwarz-

wald: Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Maulbronn, Baden-Baden. Köln 2002

Mehling, Marianne (Hrsg.): Knaurs Kulturführer in Farbe. Rheinland-Pfalz. München

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Museumsverband Baden-Württemberg e.V. /Landesstelle für Museumsbetreuung

Baden-Württemberg (Hrsg.): Museen in Baden-Württemberg. Stuttgart 1999

Nibelungenlied-Gesellschaft Worms e.V. (Hrsg.): Die Nibelungen. Facetten eines

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Nibelungenmuseum-Betriebs GmbH (Hrsg.): Das Buch des anonymen Dichters.

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Oberhauser, Fred und Gabriele: Literarischer Führer durch Deutschland. Frankfurt a.M.

1983

Pilkington, Roger (Hrsg.): Menschen und Städte an Neckar und Main. Hamburg 1963

Page 98: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

Automuseum Dr. Carl Benz Ladenburg

Büro für Tourismus, Landau

Ernst-Bloch-Zentrum, Ludwigshafen

Gemeindeverwaltung Angelbachtal

Gemeindeverwaltung Lambsheim

Heidelberg Marketing GmbH

Kreisverwaltung Germersheim

Kurpfälzisches Museum Heidelberg

Nibelungenmuseum Worms

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim

Stadt Herxheim

Stadt Neckarsteinach

Stadt Zwingenberg

Stadtarchiv Heppenheim

Stadtarchiv Lampertheim

Stadtarchiv Ludwigshafen

Stadtarchiv Mannheim

Stadtinformation Schwetzingen

Stadtmarketing Mannheim GmbH

Stadtverwaltung Bad Dürkheim

Stadtverwaltung Grünstadt

Stadtverwaltung Neustadt an der Weinstraße

Stadtverwaltung Sinsheim

Stadt- und Tourismusmarketing Weinheim e.V.

Südpfalz-Tourismus, Kreisverwaltung Germersheim

Tourismusverein Südliche Weinstraße e.V.

Tourist Information Mosbach

Tourist-Information Speyer

Tourismusmarketing GmbH, Kreis Bergstraße, Lorsch

Tourist Information der Stadt Bad Dürkheim

Schimper Verlag GmbH (Hrsg.): Sagenhafter Odenwald. Ein Führer durch das Reich

der Nibelungen zwischen Worms und Würzburg. Schwetzingen 2000

Schmidt-Bergmann, Hansgeorg /Meyer, Jochen (Hrsg.): Geschichte der Literatur am

Oberrhein. Ein Querschnitt. Karlsruhe 2004

Silberburg Verlag (Hrsg.): Autoren in Baden-Württemberg. Ein aktuelles Nachschlage-

werk. Stuttgart 1991

Stadtarchiv Mannheim: Mannheimer Geschichtsblätter, 1902–1935

Städtische Galerie Karlsruhe /Bauhaus-Archiv Berlin (Hrsg.): Egon Eiermann. Die Kon-

tinuität der Moderne. Ostfildern-Ruit 2004

Von Esenwein, Jürgen/Utz, Michael (Hrsg.): „Folg` ich meinem Genius …“. Gedenk-

tafeln berühmter Männer und Frauen in Heidelberg. Heidelberg 1998

Walter, Jens (Hrsg.): Kindlers neues Literatur Lexikon. Band 1– 22. München 1988

Winkler, Conrad: Nachlass im Museum für Literatur Karlsruhe

Worms. Die Stadt der Nibelungen. Hrsg. von Edition Braus, Heidelberg 1995

Zierden, Josef (Hrsg.): Literarischer Reiseführer Rheinland-Pfalz. Frankfurt a. M. 2001

Für die Unterstützung und konstruktive Zusammenarbeit bedanken wir uns bei:

Zu beziehen über die ADAC-Geschäftsstellen und die Literarische Gesellschaft Karlsruhe

Siehe auch:

Page 99: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

Literarische Gesellschaft e. V. /Museum für Literatur am Oberrhein

PrinzMaxPalais

Karlstraße 10 · 76133 Karlsruhe

Tel. +49 (0)7 21 1 33 40 87 · Fax +49 (0)721 133 40 89

www.literaturmuseum.de · www.literaturland-bw.de

Metropolregion Rhein-Neckar GmbH

N 7, 5–6 · 68161 Mannheim

Tel. +49 (0)6 21 1 29 87-0 · Fax +49 (0)6 21 1 29 87-52

www.m-r-n.com

ADAC Nordbaden e. V.

Steinhäuserstraße 22 · 76135 Karlsruhe

Tel. +49 (0)7 21 81 04-0 · Fax +49 (0)7 21 81 04-111

www.adac.de/nordbaden

ADAC Pfalz e. V.

Europastraße 1 · 67433 Neustadt/Weinstraße

Tel. +49 (0) 63 21 89 05-0 · Fax +49 (0) 63 21 89 05-57

www.adac.de /pfalz

ADAC Südbaden e. V.

Haslacher Straße 199 · 79115 Freiburg

Tel. +49 (0)7 61 36 88-0 · Fax +49 (0)7 61 36 88-299

www.adac.de/suedbaden

Impressum:

Herausgeber: ADAC Nordbaden e.V., ADAC Pfalz e.V., ADAC Südbaden e.V.,

Literarische Gesellschaft Karlsruhe/Museum für Literatur am

Oberrhein, Metropolregion Rhein-Neckar GmbH

Idee, Konzeption: Hansgeorg Schmidt-Bergmann

Text: Jasmin Hambsch, Jürgen Oppermann, Lisa Schöttler

Redaktion: Jasmin Hambsch, Rebekka Kochner, Jürgen Oppermann,

Diana Sayegh, Hansgeorg Schmidt-Bergmann, Lisa Schöttler,

Sarah Wilhelm

Gestaltung: saydi | satz & design, Diana Sayegh, Karlsruhe, www.saydi.de

Druck: WDW Druck GmbH, Leimen-St.Ilgen

ISBN: 978-3-930314-48-5

Copyright: © Literarische Gesellschaft Karlsruhe, 2008

Literarische

Gesellschaft

Karlsruhe

Museum

für

Literatur

am

Oberrhein

Page 100: Frankfurt am Main Literaturregion Rhein-Neckar

Literarische

Gesellschaft

Karlsruhe

Museum

für

Literatur

am

Oberrhein

Ernst Bloch • Bernhard Schlink • Nibelungen •

Siegfried • Götz von Berlichingen • Friedrich

Schiller • Johann von Dalberg • Liselotte von

der Pfalz • Victor Hugo • Clemens Brentano •

Johann Wolfgang von Goethe • Rainer Maria

Rilke • Joseph von Eichendorff • Edith Stein •

Friedrich Hölderlin • Hans-Georg Gadamer •

Karl Jaspers • Joseph Victor von Scheffel •

Judith Butler • Wilhelm Genazino • Voltaire