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UNTERSUCHUNG VON INSTATIONÄREN STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IN DEN DIFFUSOREN VON REGELUNGSVENTILEN VON DAMPFTURBINEN Von der Fakultät für Maschinenbau der Helmut - Schmidt - Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor - Ingenieurs genehmigte DISSERTATION vorgelegt von Manuel Birger Clari aus München Hamburg 2014

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UNTERSUCHUNG VON INSTATIONÄREN STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

IN DEN DIFFUSOREN VON REGELUNGSVENTILEN VON DAMPFTURBINEN

Von der Fakultät für Maschinenbau

der Helmut - Schmidt - Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor - Ingenieurs

genehmigte

DISSERTATION

vorgelegt von

Manuel Birger Clari

aus München

Hamburg 2014

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1. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. Franz Joos

2. Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. Bernhard Weigand

Tag der mündlichen Prüfung: 07. April 2014

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VORWORT

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiteram Laboratorium für Strömungsmaschinen der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg imZeitraum von Mai 2007 bis September 2012.

Mein besonderer Dank gilt dem Leiter des Laboratoriums Herrn Professor Dr.-Ing. Franz Joos,der die Durchführung dieser Arbeit ermöglichte und durch seine Betreuung maßgeblich zumGelingen dieser Arbeit beigetragen hat.

Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr.-Ing. habil. Bernhard Weigand fürdas Interesse an meiner Arbeit und die Erstellung des Zweitgutachtens.

Darüber hinaus gilt mein Dank MAN Diesel & Turbo und der AG Turbo für die Finanzierungdes experimentellen Aufbaus und der Messtechnik. Besonders möchte ich mich bei Herrn Dr.-Ing. Thomas Polklas für die Unterstützung bei der Konzeptionierung und der Koordinierungdes Aufbaus des Versuchsstandes bedanken.

Ein großes Dankeschön an alle meine Kollegen am Laboratorium für Strömungsmaschinen.Bei Herrn Hans Joachim Dehne möchte ich mich besonders für die unersetzliche Unterstützungbeim Aufbau des Versuchsstandes bedanken. Auch bei den wissenschaftlichen MitarbeiternChristian Wächter, Sebastian Ulmer, Nils Moser und Birger Ober bedanke ich mich für ihreHilfe während der Zeit an der Helmut-Schmidt-Universität. Allen meinen Kollegen wünscheich viel Erfolg bei ihrer Forschung. Ich werde mich gerne an die gute Zusammenarbeit und andas gute Büroklima am Laboratorium zurückerinnern.

Ich danke meiner Mutter Irmgard für ihre stete Unterstützung auf meinem Lebensweg. Auchmeinem Bruder Malte danke ich mich für die gemeinsame Zeit während des Studiums und seineHilfsbereitschaft bei allen Problemen.

Hamburg, Mai 2014 Manuel Birger Clari

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KURZFASSUNG

In konventionellen und regenerativen Dampfkraftwerken sind Dampfturbinen die zentrale Kom-ponente zur Umwandlung der im Fluid enthaltenen Energie in elektrische Energie. Ein großerRegelbereich der elektrischen Leistung ist eine typische Anforderung an die Dampfturbine. Vorallem kleinere Kraftwerke für Biomasse, mit GuD-Prozess oder für Abwärmenutzung benöti-gen Dampfturbinen mit einem großen Teillastbereich. Hier kommen Dampfturbinen mit einerDüsengruppenregelung zum Einsatz. Eine zentrale Komponente dieses Turbinentyps ist das Re-gelventilgehäuse, in dem mehrere Regelventile angeordnet sind. Jedes Ventil besteht aus einemim Gehäuse montierten Diffusor und einem bewegbarem Stempel. Das Regelventilgehäuse isteines der wenigen Bauteile im Dampfkreislauf, das dem höchsten Druck und der höchsten Tem-peratur ausgesetzt ist. Durch die Drosselung kommt es abhängig vom Betriebspunkt zu Strö-mungsablösungen im Diffusor. Diese Ablösungen sind meist instationär und können nach Auf-bau des Ventils zu einer Fluid-Struktur-Interaktion zwischen Strömung und Stempel führen. Jenach Bau- und Betriebsweise des Regelventils kann die Kombination aus hohem Druck, hoherTemperatur und Fluid-Struktur-Interaktion zu einer Schädigung der einzelnen Ventilkomponen-ten kommen. Die Kenntnis der Ablösungen und deren Ursachen ist also ein wichtiger Punkt zurOptimierung des Regelventils. Bisherige Forschungsarbeiten zum Thema zeigen verschiedeneUrsachen und Lösungsansätze zur Behebung bzw. Verhinderung einer starken Fluid-Struktur-Interaktion im Regelventil.Darüber hinaus ist die herkömmliche Bauweise des Regelventils miteinem Steuerbalken als Ursache für die Fluid-Struktur-Interaktion identifiziert worden.

Diese Arbeit untersucht ein Regelventil, das durch separates Verfahren der Ventile im Ge-häuse eine flexiblere Regelung des Dampfes als ein Regelventil mit Steuerbalken ermöglicht.Das Regelventil wird durch Messungen an einem Versuchsaufbau auf Strömungsablösungenhin untersucht. Zur weiteren Beurteilung des Ablöseverhaltens des Ventils, werden numeri-sche Strömungssimulationen verwendet. Diese Simulationen werden mit den Messdaten vali-diert. Aus den Simulationsdaten werden Trajektorien der zweidimensionalen Strömung in einerwandnahen Ebene zum Diffuser berechnet. Durch die Trajektorien werden die instationärenStrömungsstrukturen in den Ablösungen sichtbar. Diesen Strukturen weisen kritische Punkteauf, die eine Klassifizierung der entsprechenden Struktur ermöglichen. Werden alle Strukturenfür einen Betriebspunkt zusammengenommen, kann damit eine Aussage über die Größe unddie Instationarität der Ablösungen getroffen werden. Schließlich wird mit dieser Methode dasAblösungsverhalten an unterschiedlichen Betriebspunkten beurteilt.

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ABSTRACT

In conventional and renewable steam power plant cycles, steam turbines are the central com-ponent for converting internal energy of steam into electric power. A typical requirement forthe steam turbine is a wide control range for the electric power output. Especially in smallerpower plants, which use biomass fuel, a combined-cycle or waste heat recovery from a produc-tion cycle, the steam turbines need a wide partial load range. Steam turbines with governingnozzles are used in these cases. The main component of this steam turbine type is the controlvalve casing, which is comprised of several control valves. Each valve is comprised of a valvediffuser, mounted in the control valve casing, and a moving valve plug. The control valve ca-sing is one of the few parts in the steam cycle exposed to the highest occurring pressures andtemperatures. Depending on the conditions of operation, a flow separation could take place inthe valve diffuser, due to the throttling of the pressure. These separations are unsteady and may,depending on the layout of the valve, induce a fluid-structure-interaction between the flow andthe valve plug. Depending on the layout and operation of the control valve, the combinationof high pressure, high temperature and fluid-structure-interaction can result in damage for thecomponents of the valve. Thus, sound knowledge about the separations and their causes area vital point for improving the operational safety and efficiency of the control valve. Previousresearch on this topic has shown various causes and approaches to respectively eliminate orinhibit a strong fluid-structure-interaction in the control valve of a steam turbine with governingnozzles. Furthermore, the typical design of the control valve with a lift bar was identified asanother cause for the fluid-structure-interaction.

This thesis researches the application of a control valve, which features four controls thatcan be operated independently. This feature offers greater control for operating the valve, thanthe conventional lift bar design. A series of experiments conducted on a test rig investigated the-se flow separations, and further evaluations were conducted by numerical simulations. Thesesimulations are then validated by the experimental data. Firstly, using the simulated data, tra-jectories are calculated from the 2-dimensional flow in a plane close to the wall of the diffuser.These trajectories make flow patterns in the unsteady flow separation visible. The flow patterncomprises of critical points, which allow for categorization of that pattern. By combining all theflow patterns for a single operation point, a evaluation of the scale and on the unsteadiness ofthe flow separations can be made. This method is then used to evaluate the separation behaviourof the valve on different operation points.

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INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung 1

2 Strömungsmechanische Grundlagen 32.1 Zweidimensionale Strömungsablösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.2 Dreidimensionale Strömungsablösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.3 Gasdynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.3.1 Machscher Kegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.3.2 Verdichtungsstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.3.3 Schräger Verdichtungsstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2.3.4 Abgelöster Verdichtungsstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.3.5 Reflexion von Verdichtungsstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.3.6 Lavaldüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.3.7 Unangepasste Lavaldüse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3 Regelung von Dampfturbinen 273.1 Ausflussfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3.2 Dampfkegelgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.3 Dampfturbinenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.3.1 Drosselregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.3.2 Düsengruppenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.3.3 Gleitdruckregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.3.4 Modifizierter Gleitdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

3.3.5 Regelung durch Überspringen von Stufen . . . . . . . . . . . . . . . . 36

4 Stand der Technik 394.1 Frequenz und Amplitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4.2 Strömungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

4.3 Ventildesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

4.4 Sonstige Veröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

4.5 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

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INHALTSVERZEICHNIS

5 Experimenteller Aufbau 505.1 Ventildesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515.2 Ähnlichkeitsbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525.3 Regelventil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5.3.1 Aufbau eines Ventils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555.3.2 Drucksensoren in den Ventildiffusoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5.4 Peripherie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595.4.1 Venturirohr zur Durchflussmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605.4.2 Stellantriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

6 Experimente 636.1 Betriebsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636.2 Auswertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646.3 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

7 Strömungsablösungen im Ventildiffusor 737.1 Aufbau der numerischen Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

7.1.1 Rechengitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747.1.2 Turbulenzmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 777.1.3 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

7.2 Validierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827.3 Auswertungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837.4 Strömung im Ventildiffusor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 867.5 Wirbelstrukturen an der Diffusorwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 897.6 Einfluss des Übergangsradius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97

8 Zusammenfassung 102

Literaturverzeichnis 105

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TABELLENVERZEICHNIS

5.1 BETRIEBSDATEN EINES TYPISCHEN REGELVENTILS . . . . . . . . . . . . 525.2 LEISTUNGSDATEN DER VERDICHTERANLAGE DES LSM . . . . . . . . . . 52

7.1 RANDBEDINGUNGEN DER SIMULATIONEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807.2 PARAMETERBEREICH DER SIMULATIONEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817.3 RANDBEDINGUNGEN DER VALIDIERUNGSSIMULATIONEN FÜR VENTIL 4 . 82

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

2.1 ÖFFNUNGSWINKEL EINES DIFFUSORS [3] [30] . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 BIFURKATIONSLINIE NACH PERRY UND CHONG [25] . . . . . . . . . . . . 72.3 FOKUS MIT DREIDIMENSIONALER STRÖMUNG [25] . . . . . . . . . . . . . 82.4 BEISPIEL DER ZWEIDIMENSIONALEN STRUKTUR EINER EINFACHEN AB-

LÖSUNG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.5 EINTEILUNG DER KRITISCHEN PUNKTE [6] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102.6 VERSETZTER SATTELPUNKT NACH PERRY UND CHONG [25] . . . . . . . 112.7 VERGLEICH VON UNTER- UND ÜBERSCHALLSTRÖMUNG AN ANGESTELL-

TER PLATTE [10] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.8 SCHALLAUSBREITUNG BEI VERSCHIEDENEN TRANSLATIONSGESCHWIND-

IGKEITEN [30] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.9 ÜBERSCHALLSTRÖMUNG AN UNTERSCHIEDLICHEN GEOMETRISCHEN ÜBER-

GÄNGEN [10] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.10 SCHRÄGSTOSSBEZIEHUNG σ = f (Ma,θ) [10] . . . . . . . . . . . . . . . . 182.11 STRÖMUNG BEI EINEM ABGELÖSTEN VERDICHTUNGSSTOSS [10] . . . . 192.12 STOSSINTERATION MIT FESTER WAND UND FREISTRAHLGRENZE [10] . . 202.13 MACHZAHLVERLÄUFE IN EINER LAVALDÜSE [24] . . . . . . . . . . . . . . 252.14 STRÖMUNGSFORMEN AM AUSTRITT EINER LAVALDÜSE BEI UNTERSCHIED-

LICHEN GEGENDRÜCKEN [10] [24] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.1 DAMPFKREISLAUF (CLAUSIUS-RANKINE PROZESS) . . . . . . . . . . . . 273.2 AUSFLUSSFUNKTION NACH BOHL [3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.3 DARSTELLUNG DES DAMPFKEGELGESETZES NACH TRAUPEL [37] . . . . 313.4 KRITISCHES DRUCKVERHÄLTNIS FÜR UNTERSCHIEDLICHE TURBINEN UND

BESCHAUFELUNGEN NACH TRAUPEL [37] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.5 SCHEMATISCHER AUFBAU EINER DROSSELREGELUNG NACH TRAUPEL

[37] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343.6 SCHEMATISCHER AUFBAU EINER DÜSENGRUPPENREGELUND NACH TRAU-

PEL [37] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353.7 SCHEMATISCHE AUFBAU EINER REGELUNG DURCH ÜBERSPRINGEN VON

STUFEN NACH TRAUPEL [37] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

3.8 H-S DIAGRAMME DER UNTERSCHIEDLICHEN DAMPFTURBINEN REGELUN-GEN (NACH TRAUPEL [37] UND MENNY [21]) . . . . . . . . . . . . . . . . 38

4.1 UNTERSCHIEDLICHE DESIGNS VON REGELVENTILEN 1 . . . . . . . . . . 40

4.2 VENTILSTRÖMUNG NACH HARDIN ET AL. [14] . . . . . . . . . . . . . . . . 42

4.3 BETRIEBSBEREICHE DER STRÖMUNGSFORMEN NACH ZHANG ET AL. [43] 43

4.4 STRÖMUNGSFORMEN BEI EINEM RUNDEN VENTILKEGEL NACH ZHANG

ET AL. [43] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4.5 UNTERSCHIEDLICHE DESIGNS VON REGELVENTILEN 2 . . . . . . . . . . 45

5.1 ISOMETRISCHE ANSICHT DER VERSUCHSANLAGE . . . . . . . . . . . . . 50

5.2 SCHEMA DES UNTERSUCHTEN REGELVENTILS . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.3 STROUHALZAHL FÜR EINE ZYLINDERUMSTRÖMUNG [28] [26] . . . . . . . 53

5.4 SCHEMATISCHER AUFBAU EINES VENTILS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.5 VENTILFLÄCHE IN ABHÄNGIGKEIT VOM HUB . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.6 EINBAU EINES DRUCKSENSORS IM DIFFUSOR . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5.7 POSITIONEN DER DRUCKSENSOREN AN DEN DIFFUSOREN . . . . . . . . 58

5.8 RELATIVE UNSICHERHEIT Um DER MASSENSTROMMESSUNG MIT VEN-TURIROHREN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

6.1 GEMESSENE BETRIEBSPUNKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

6.2 BEISPIEL EINER AUSWERTUNG FÜR 2400 HZ (LINKS) UND 400 HZ (RECHTS)(VENTIL 4, EINSTRÖMUNG VV4, SENSOR C6 - PR = 0,6151, OR = 0,1095) 65

6.3 BEISPIEL FÜR LEERLAUFSIGNALE FÜR 2400 HZ (LINKS) UND 400 HZ

(RECHTS) (VENTIL 4, EINSTRÖMUNG VV4, SENSOR A5 - PR = 0,6151,OR = 0,1095) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

6.4 HISTOGRAMM DER DOMINANTEN FREQUENZEN ALLER MESSUNGEN [5] . 68

6.5 FREQUENZKENNFELDER FÜR ALLE GEMESSENEN BETRIEBSPUNKTE . . 69

6.6 DRUCKSPRÜNGE SENSORREIHE A (VENTIL 4 - EINSTRÖMUNG VV4 OR=

0,221, PR = 0,664) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

7.1 GEOMETRIE FÜR DIE CFD-SIMULATION . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

7.2 RECHENGITTER IM VENTILBEREICH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

7.3 VALIDIERUNG DER NUMERISCHEN SIMULATIONEN FÜR UNTERSCHIEDLI-CHE BETRIEBSPUNKTE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

7.4 KOORDINATENDEFINITION FÜR GESCHWINDIGKEITSPROJEKTION . . . . . 85

7.5 MOMENTAUFNAHMEN DER STRÖMUNG IM VENTILDIFFUSOR . . . . . . . . 87

7.6 MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 1 (OR= 0,06 - PRDrossel =

0,974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

X

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

7.7 MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 2 (OR = 0,06, PRDrossel =

0,872) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 927.8 MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 3 (OR = 0,20, PRDrossel =

0,992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 947.9 MOMENTAUFNAHMEN DER WIRBELSTRUKTUREN 4 . . . . . . . . . . . . . 967.10 VENTILGEOMETRIE MIT 16 MM UND 25 MM ÜBERGANGSRADIUS . . . . . 987.11 VERGLEICH DER ABLÖSUNGEN FÜR UNTERSCHIEDLICHE ÜBERGANGS-

RADIEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

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NOMENKLATUR

FORMELZEICHEN, LATEINISCHE BUCHSTABEN

A m2 Flächea m

s SchallgeschwindigkeitC − Durchflusskoeffizientc m

s Geschwindigkeitcs

ms Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Druckstörung

cx,cy,czms Geschwindigkeiten in den drei Raumrichtungen

D m charakteristischer Durchmesser, Rohrdurchmesserd m Durchmesser WirkdruckgeberFp N DruckkraftFR N ReibungskraftFT N Trägheitskraftf Hz FrequenzfE Hz EigenfrequenzH m Höheh m Ventilhubh J

kg spezifische EnthalphieJ − Jacobi-Matrixk − DurchflusskoeffizientL m charakteristische Länge

lEin m störungsfreie Einlauflängem kg

s MassenstromN − Anzahl Knotenn − Polytropenexponent

OR − ÖffnungsverhältnisPR − Druckverhältnisp − Spur einer Matrixp bar Druck

p∞ bar Gegendruck hinter der Lavaldüseq − Determinante einer MatrixR m Radiusrk − kinematischer ReaktionsgradS − Anzahl Sattelpunktes m Abstand des abgelößten Stoßes vom Körpers m Länge entlang der Oberfläche des VentildiffusorsT K Temperatur

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

t s ZeitUc − relative Unsicherheit des DurchflusskoeffizientUD − relative Unsicherheit des RohrdruchmessersUd − relative Unsicherheit des Durchmesser des WirkdruckgebersUε − relative Unsicherheit der ExpansionszahlUm − relative Unsicherheit des MassenstromesUρ − relative Unsicherheit der Dichte

U∆ p − relative Unsicherheit der Druckdifferenzu* − SchubspanngsgeschwindigkeitV m3 Volumenv m3

kg spezifisches Volumenx,y,z m Koordinaten der drei Raumrichtungen

x m Längey m Abstand der ersten Zelle von Wandz − Stufenanzahl

FORMELZEICHEN, GRIECHISCHE BUCHSTABEN

α ∘ Diffusorwinkel, Winkel Kegelstumpfβ ∘ Druchmesserverhältnisδ ∘ absolute Unsicherheitε − Expansionszahlη

kgm·s dynamische Viskosität

ηC − Carnot-Wirkungsgradφ − Beaufschlagungsverhältnisκ − Isentropenexponentλ m freie Weglängeµ ∘ Winkel des Machschen Kegelµ − Ausflusszahl, Schluckzahlν

m2

s kinematische ViskositätΠ − Druckverhältnisπ − Kreiszahlθ ∘ Ablenkungswinkel der Überschallströmungθ ∘ Winkel in Umfangsrichtung des Ventildiffusorsρ

kgm3 Dichte

σ ∘ Stoßwinkel des schrägen Verdichtungstoßesτw

Nm2 Wandschubspannung

ξ − DruckverlustbeiwertΨ − Ausflussfunktion

XIV

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

INDICES, ABKÜRZUNGEN

A Austritt aus der TurbineAbl AblösungAus Austrittsfläche SimulationB BohrungD DiffusorD nach Drosselventil

Damp f DampfDN Normdurchmesser von Druckrohrleitungen

Drossel auf Drosselquerschnitt bezogenE vor Regeleinrichtung der TurbineE ′ vor Drosselventil

Ein Eintrittfläche SimulationGes GesamtKS Kegelstumpfkrit kritischm Meridianrichtung

Lu f t LuftMess MessungMV Messvolumenmax Maximalwert, zulässiger Wertmin Minimalwert, MindestwertPN Normdruckstufe von Druckrohrleitungenqab Wärmezufuhrqzu Wärmeabfuhrs isentrop

stat statischer ZustandR Referenzpunkt

RK Radkammer, vor der TurbineRV G Regelventilgehäusetot TotalzustandU UmgebungV x alle VentileV 1 Ventil 1V 2 Ventil 2V 3 Ventil 3V 4 Ventil 4vV 2 von Regelventilgehäuseseite des Ventil 2vV 4 von Regelventilgehäuseseite des Ventil 4

Z Zylinder0% 0% Zusatzunsicherheit

0,5% 0,5% Zusatzunsicherheit

XV

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

1 Diffusoreintritt1 vor Drosselstelle1 vor Ventil1 vor Turbine1 vor Wirkdruckgeber2 Diffusoraustritt2 nach Drosselstelle2 nach Ventil2 nach Turbine2 nach Wirkdruckgeber

KENNZAHLEN

Ha Hagensche ZahlMa Machzahl

Ma∞ AnströmmachzahlRe RenoldszahlSr Strouhalzahly+ Kennzahl für die wandnahen Auflösung eine num. Strömungssimulation

OPERATOREN, AKZENTE

∆x Differenzδx Differentialoperatorx Mittelwert, Mittelungx auf den Wert im begrenzenden Querschnitt bezogen~x Vektorx′ projezierter Wert

XVI

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1 EINLEITUNG

Als Industriedampfturbinen werden Dampfturbinen des kleinen bis mittleren Leistungsbereichs(1-100 MW) bezeichnet. Diese Turbinen werden unter anderem zur Stromerzeugung aus Bio-masse, Müll oder in einem GuD-Prozess eingesetzt. Aber auch der Einsatz in verfahrenstechni-schen Prozessen zur Abwärmenutzung oder zum Antrieb von anderen Aggregaten, ist typischfür Turbinen dieser Leistungsgröße. Als Anforderung an den Betrieb ergibt sich daraus ein grö-ßerer Teillastbereich, als er für Dampfturbinen in großen Kraftwerken üblich ist. Um diesengrößeren Teillastbereich zu ermöglichen, wird bei Industriedampfturbinen typischerweise eineandere Regeleinrichtung zur Änderung der Leistung verwendet. Da die Leistung einer Dampf-turbine proportional zum Dampfmassenstrom ist, beeinflußt die Regeleinrichtung der Dampftur-bine den Dampfmassenstrom. Bei Dampfturbinen in Kraftwerken kommen typischerweise nurein oder zwei Drosselventile zur Regelung des Dampfmassenstroms zum Einsatz. Bei Indus-triedampfturbinen wird eine sogenannte Regelstufe mit einem in Düsengruppen aufgeteiltenLeitrad verwendet. Der Dampfmassenstrom durch jede Düsengruppe wird durch ein separa-tes Drosselventil reguliert. Diese sogenannte Düsengruppenregelung ermöglicht einen größerenTeillastbereich. Dieser vergrößerte Regelbereich wird durch einen schlechteren Wirkungsgradim gesamten Lastbereich erkauft. Das Verfahren der unterschiedlichen Drosselventile wird typi-scherweise durch einen sogenannten Steuerbalken realisiert. Die beweglichen Ventilkegel sindmit unterschiedlich langen Ventilspindeln in einem Steuerbalken aufgehängt. Durch das Anhe-ben des Steuerbalkens werden die einzelnen Drosselventile in einer festen Reihenfolge geöffnet.Der Steuerbalken und die Drosselventile sind in dem sogenannten Regelventilgehäuse montiert.Das Regelventilgehäuse ist eines der Bauteile im Dampfkreislauf, das dem höchsten Druck undder höchsten Temperatur im Prozess ausgesetzt ist.

Durch die Drosselung des Dampfmassenstromes kommt es abhängig vom Betriebspunktzu Strömungsablösungen im Diffusor des Ventils. Diese Ablösungen sind typischerweise in-stationär und können je nach Aufbau des Ventils zu einer Fluid-Struktur-Interaktion zwischenStrömung und Ventilstempel führen. Bei einer überkritischen Druckströmung des Drosselven-tils kommt es zu einer Überschallströmung im Ventildiffusor. Je nach Bau- und Betriebsweisedes Regelventils kann die Kombination aus hohem Druck und Temperatur und Fluid-Struktur-Interaktion zu einer Schädigung der einzelnen Ventilkomponenten kommen. Die Kenntnis derAblösungen und deren Ursachen ist also ein wichtiger Punkt zur Verbesserung der Betriebssi-cherheit und der Optimierung des Regelventils.

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1 EINLEITUNG

Bisherige Forschungsarbeiten zu diesem Thema zeigen unterschiedliche Ursachen und Lö-sungsansätze zur Behebung bzw. Verhinderung einer starken Fluid-Struktur-Interaktion in ei-nem Regelventilgehäuse für eine Dampfturbine mit Düsengruppenregelung. Es haben sich be-reits einige konstruktive Verbesserungen des Ventilstempels als effektiv erwiesen. Darüber hin-aus ist die typische Bauweise des Regelventils mit einem sogenannten Steuerbalken als Ursachefür die Fluid-Struktur-Interaktion identifiziert worden.

Diese Arbeit untersucht ein Regelventil, das durch separates Verfahren der Ventile im Re-gelventil, eine flexiblere Regelung des Dampfmassenstromes als ein Regelventil mit Steuerbal-ken ermöglicht. Das Regelventil wird durch Messungen an einem experimentellen Aufbau aufStrömungsablösungen hin untersucht. Für die Untersuchung des Ablöseverhaltens sind sowohlFrequenz als auch Amplitude des Drucks an der Wand des Ventildiffusors von Interesse. Zurweiteren Beurteilung des Ablöseverhaltens des Ventils werden numerische Strömungssimulatio-nen verwendet. Anhand der Trajektorien der zweidimensionalen Strömung in einer wandnahenEbene werden die Größe und die Instationarität der Ablösungen beurteilt. Die Simulationenwerden mit den Messdaten validiert.

2

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE

GRUNDLAGEN

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zentral mit dem Betriebsverhalten von Regelventilen fürDampfturbinen. Die Strömung im Drosselventil ist entscheidend für den Betrieb des Regelven-tils. Das Drosselventil induziert gezielt einen Druckverlust, um damit den Massenstrom durchdas Ventil zu beeinflussen. In Abhängigkeit von dem relevanten Betriebsparameter Druckver-hältnis, kann sich im Drosselquerschnitt eine Überschallströmung ausbilden. Auf Grund gerin-gerer Verluste ist eine stetige Kontur mit moderater Krümmung erstrebenswert. Allerdings istdas nicht für den kompletten Drosselbereich des Ventils realisierbar. Oft kommt es bei Über-schallströmungen hinter dem Drosselquerschnitt zu Verdichtungsstößen, die strömungs- undgeometriebedingt sind. Am Drosselquerschnitt anschließend befindet sich ein Diffusor (s. Abb.5.4, Kap. 5.3). Durch die Umlenkung und die Verzögerung beim Übergang vom Drosselquer-schnitt in den Diffusor, ist dieser anfällig für Strömungsablösungen. Aufgrund einer vorwie-gend inhomogenen Anströmung des Ventils ist eine Ablösung in den meisten Fällen instationär.Sowohl die Ablösungungen in der Strömung, als auch deren Instationarität werden durch eineÜberschallströmung und einen Verdichtungsstoß noch begünstigt. Im folgenden Kapitel werdendie entsprechenden Grundlagen zu Strömungsablösungen und Überschallströmungen erläutert,um den Einstieg in die vorliegende Thematik zu erleichtern.

2.1 ZWEIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

Strömungsablösungen sind ein bekanntes Phänomen der Strömungsmechanik. Typischerweisemöchte man in technischen Anwendungen das Auftreten von Strömungsablösungen vermeiden.Sind Ablösungen nicht zu vermeiden, ist eine Kontrolle der Ablösung erstrebenswert, da eineRezirkulation in der Ablöseblase eine instationäre Strömung begünstigt. Dennoch gibt es techni-sche Anwendungen (z. B. Flammenhalter bei Gasbrennern) bei denen eine Strömungsablösungerwünscht ist und gezielt eingesetzt wird. Generell sind Ablösungen aufgrund der Turbulenz inder Scherschicht zur Hauptströmung stets mit hohen Verlusten behaftet.

In seinen Ausführungen zu zweidimensionalen Strömungsablösungen führt Leder [19] zu-erst die grundlegenden Bedingungen an, die nach Prandtl [27], notwendigerweise für eine Ab-lösung der Strömung gelten müssen. Als dreidimensionale Koordinatendefinition wird x und y

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

und die entsprechenden Geschwindigkeiten cx und cy als wandparallel gesetzt. Die x Koordina-te entspricht dabei der Strömungsrichtung. Senkrecht zur Wand liegt die Koordinatenrichtungz und die entprechende Geschwindigkeit cz. Im zweidimensionalen Fall gibt es nur die wand-parallele Koordinate x in Strömungsrichtung und die zugehörige Geschwindigkeit w, sowie dieKoordinate senkrecht zur Wand.

Vorraussetzungen für eine Ablösung im zweidimensionalen sind, zum einen ein positiverDruckgradient ∂ p/∂x> 0 in Strömungsrichtung und zum anderen das Vorhandensein von visko-sen Effekten. Die Wandschubspannung sinkt zur Ablösestelle hin und wird im Ablösungspunktτw = 0. Im Ablösungsgebiet ist τw < 0. Er definiert den Begriff der Grenzstromlinie als die vomAblösungspunkt ausgehende Stromlinie, die das Ablösungsgebiet umrandet. Er führt aus, dassim Falle einer zweidimensionalen Strömung die Wandschubspannung an der Ablösestelle nurgleich τw = 0 werden kann, wenn der Gradient der wandparallelen Geschwindigkeit senkrechtzur Wand ∂cx/∂ z = 0 wird. Der Geschwindigkeitsvektor also senkrecht auf der Wand steht.Innerhalb der Ablösung findet eine Rezirkulation der Strömung entgegengesetzt der Hauptströ-mungsrichtung statt.

Erreicht eine Strömung eine scharfe Kante am umströmten Körper kommt es hier ebenfallszum Ablösen der Strömung vom Körper, obwohl die Wandschubspannung τw > 0 und auch derDruckgradient noch ∂ p/∂x < 0. Die Strömung kann der Unstetigkeit in der Körpergeometrienicht folgen und deshalb wird in diesem Fall von einem Strömungsabriss gesprochen [19]. Auchbei einem Strömungsabriss kommt es innerhalb der Ablösung zu einer Rezirkulation.

4 6 8510 2 4 6 8

610 2

Dif

fuso

rwin

kel α

[°]

Reynoldszahl Re [-]

α

c1c1

A1A1

c2c2

A2A2

αmax

zulässigerBereich

zulässigerBereich

0

1

2

3

4

5

1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0

Flächenverhältnis A / A [-]2 1

Dru

ckve

rlu

stb

eiw

ert ξ

[-]

α = 4°

10°12°90°

(a) (b)

ABBILDUNG 2.1: ÖFFNUNGSWINKEL EINES DIFFUSORS [3] [30](a) Druckverlustbeiwert unterschiedlicher Öffnungswinkel (Querschnitt-sprung: α = 90∘ )(b) Zulässiger Diffusoröffnungswinkel für ablösungsfreie Strömung

4

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2.1 ZWEIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

Darüber hinaus erläutert Leder [19] noch den Begriff der Strömungsablösung zweiter Art.Diese Ablösung entsteht am hinteren Ende der Ablöseblase. Die Rezirkulationszone verjüngtsich und wirkt dadurch verzögernd auf die Hauptströmung. Es kommt zu einem positiven Druck-gradienten nahe der Scherschicht zwischen Ablösegebiet und der Hauptströmung. Als zusätzli-che Voraussetzung müssen ein reibungsbehaftetes Fluid (ν = 0) und ein Geschwindigkeitsprofilmit zwei Wendepunkten vorhanden sein. Dieses Geschwindigkeitsprofil ist typisch bei Umströ-mung von Körpern mit ausreichend hoher Geschwindigkeit. Durch die Versperrung durch denKörper wird ein Teil der Fluides beschleunigt und behält diese erhöhte Geschwindigkeit auchnach dem Ablösen vom Körper bei. Da sich eine Ablösung zweiter Ordnung innerhalb des Flui-des ausbildet, ist sie instabil und resultiert in der Bildung kohärenter Wirbelstrukturen, wie zumBeispiel die Kármánschen Wirbelstraße.

Querschnittserweiterungen von Rohrleitungen sind typisch für viele technische Anwen-dungen, zum Beispiel der Diffusor von Regelventilen. Allgemein werden zwei unterschiedlicheVarianten unterschieden, eine stetige und eine unstetige Querschnittserweiterung. Die unsteti-ge Querschnitterweiterung hat zwangsläufig einen Strömungsabriss am Querschnittssprung zurFolge. Im Gegensatz dazu treten bei einer stetigen Querschnittserweiterung mit einem DiffusorStrömungsablösung erst ab einem gewissen Diffusorwinkel α auf. Die Abbildung 2.1 b zeigtden zulässigen Diffusorwinkel αmax für lineare Diffusoren mit Kreisquerschnitt in Abhängigkeitvon der Reynoldszahl [3]. Wird dieser Winkel überschritten, kommt es zu einer Strömungsab-lösung. Diese Strömungsablösung bildet sich entsprechend der vorangegangen Ausführungenzum Ablösepunkt im hinteren Teil des Diffusors aus, da mit zunehmender Lauflänge die ki-netische Energie in der Grenzschicht abnimmt und der Druckgradient nicht mehr überwundenwerden kann. Der Ablösepunkt wandert mit steigendem Diffusorwinkel immer näher zum Dif-fusoreintritt. Hackeschmidt [13] erläutert, dass es zu einer einseitigen Ablösung innerhalb desDiffusors kommt. Ab einem Winkel α = 25∘ · · ·28∘ löst die Strömung auf dem komplettenUmfang bereits am Eintritt des Diffusors ab. Verallgemeinert kann gesagt werden, dass ab ei-nem Diffusorwinkel α > 30∘ die Strömung im Diffusor, vergleichbar mit einer unstetigen Quer-schnittserweiterung, direkt am Eintritt des Diffusors ablöst.

ξ =∆pρ

2 c21

(2.1)

Eine Strömungsablösung, beziehungsweise ein Strömungsabriss verursacht unerwünschthohe Verluste. In der Abbildung 2.1 a ist der Druckverlustbeiwert (s. Gl. 2.1) für unterschiedli-che Diffusorwinkel α dargestellt [3]. Die Linie für α = 90∘ entspricht dem Druckverlustbeiwerteiner unstetigen Querschnittserweiterung mit Strömungsabriss nach der Borda-CarnotschenGleichung [30]. Entsprechende Diagramme mit größeren Flächenverhältnissen und Reynolds-zahlabhängigkeit sind im Buch von Idelchik [17] zu finden.

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

Für die Beurteilung der Güte eines Diffusors werden zusätzlich der Druckrückgewinn undder Totaldruckverlust verwendet. Die Gleichung Gl. 2.2 nach [4] stellt den Zusammenhang fürden Drückrückgewinn einer idealen, reibungsfreien Strömung durch einen Diffusor da. Dabeientspricht die Ebene 1 dem Diffusoreintritt und die Ebene 2 dem Austritt. Als Druckrückge-winn wird hier der Anteil des dynamischen Druckes am Diffusoreintritt bezeichnet, der in sta-tischen Druck umgewandelt wird. Im Falle einer idealen, reibungsfreien Diffusorströmung istder Druckrückgewinn abhängig vom Flächenverhältnis von Eintrittsfläche A1 und der Austritts-fläche A2. Aus dem Vergleich von idealen Druckrückgewinn und dem realen Druckrückgewinneines Diffusors kann die Güte des Diffusors beurteilt werden.

∆pstat,12ρ12 c2

1= 1−

(A1

A2

)2

(2.2)

Der Totaldruckverlust (s. Gl. 2.3) stellt typischerweise den relativen Verlust an Totaldruckdar. Im Gegensatz zum Druckrückgewinn, der nur für Diffusoren definiert wird, kann der To-taldruckverlust für alle Arten von verlustbehafteten Strömungen definiert werden. Der relativeTotaldruckverlust ist der Anteil des Druckverlustes am Totaldruckes am Eintritt.

∆ptot,12 rel =ptot,2 − ptot,1

ptot,1(2.3)

Bei einem Diffusor ohne Strömungsablösung besteht der Druckverlust hauptsächlich ausReibungsverlusten an der Rohrwand. Die Rohrreibungsverluste sind proportional zur Diffusor-länge. Somit bedeuten Diffusorwinkel α < αmax zwar, dass keine Verluste durch eine Ablösungauftreten, jedoch werden dadurch die Länge des Diffusors und damit der Reibungsverlust grö-ßer. Nach Sigloch [30] gilt für geringe Erweiterung bis A2/A1 ≈ 1,5 bzw. d2/d1 ≈ 1,22, dasseine unstetige Querschnittserweiterung einen geringeren Druckverlust produziert, als eine steti-ge Erweiterung mit einem Diffusor. Bei großen Querschnittserweiterungen ist es daher sinnvolleinen verkürzten Diffusor, der in einem Querschnittssprung endet, zu wählen. Dadurch werdengeringere Verluste produziert, als bei einer vollständig stetigen Erweiterung. Außerdem wirddie gesamte Baulänge reduziert.

2.2 DREIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

Dreidimensionale Strömungsablösungen sind deutlich komplexer als die Vorgänge bei zwei-dimensionalen oder quasi-zweidimensionalen Strömungen. Analog zu den Betrachtungen fürzweidimensionale Ablösungen beginnt auch im Dreidimensionalen die Ablösung an einem Ab-lösepunkt. Dieser Ablösepunkt erfüllt die gleichen Kritierien wie im zweidimensionalen Fall,für den am Ablösepunkt die Wandschubspannung τw = 0 wird und der Geschwindigkeitsvektorsenkrecht auf der Wand steht. Die Gradienten der wandparallelen Strömungskomponenten sind

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2.2 DREIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

∂cx/∂ z = 0 bzw. ∂cy/∂ z = 0 (Definition des Koordinatensystem s. Kap 2.1). Im dreidimensio-nalen bildet sich ausgehend vom Ablösepunkt eine sogenannte Ablöselinie auf der Oberfläche,an der die Strömung ablöst. Er bezeichnet die Ablöselinie auch als Grenzstromlinie, da sie derzweidimensionalen Strömungslinie auf der Oberfläche entspricht, die durch den Ablösepunktverläuft. Aus den Ausführungen von Leder [19] wird deutlich, dass für diese Ablöselinie dieBedingungen τw = 0, ∂cx/∂ z = 0 bzw. ∂cy/∂ z = 0 nicht mehr gelten. Durch die dreidimensio-nale Strömung kommt es ausgehend vom Ablösepunkt zum Ablösen einer rotationsbehaftetenFluidschicht entlang der Grenzstrom- bzw. Ablöselinie.

Strömungsablösungen in dreidimensionalen Strömungen lassen sich anhand der wandna-hen Strömung untersuchen. Die dreidimensionale Geschwindigkeit wird in eine wandnahe Ebe-ne projeziert. Aus der projezierten Geschwindigkeit lassen sich zweidimensionale Trajektori-en konstruieren, die die Strömung parallel zur Wand darstellen. Die Trajektorien bilden unter-schiedliche Strukturen, aus denen Rückschlüsse auf die dreidimensionale Strömungsablösunggezogen werden können. Die folgenden Erläuterungen zu diesen Formen stammen aus der so-genannten Bifurkationstheorie1, einem Teilgebiet der Mathematik. Im Folgenden werden nurdie Teilaspekte erläutert, die im Rahmen dieser Arbeit Anwendung finden. In der Bifurkations-theorie werden sogenannte Bifurkationslinien verwendet. Eine Bifurkationslinie ist die lokaleSchnittlinie zweier Ebenen, die durch Lösungstrajektorien gebildet wird (s. Abb. 2.2, [25]).Eine der Ebenen enthält nur Trajektorien die sich der Bifurkationslinie annähern. Die andereEbene enthält nur Trajektorien, die von der Bifurkationslinie fortlaufen. Die Bifurkationslinie

1Bifurkation = Verzweigung

Bifurkations-linie

ABBILDUNG 2.2: BIFURKATIONSLINIE NACH PERRY UND CHONG [25]

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

entspricht einer Art Asymptote der Trajektorien. Die Linie kann gekrümmt und ohne definiertenAnfang oder Ende sein. Auch geschlossene Bifurkationslinien sind möglich [25].

Innerhalb eines dreidimensionalen Strömungsfeldes bilden die Trajektorien der senkrechtin eine Ebene projizierten zweidimensionalen Geschwindigkeitsvektoren unterschiedliche Struk-turen. Die unterschiedlichen zweidimensionalen Formen entsprechen einem bestimmten dreidi-mensionalen Strömungszustand (z.B. Wirbel, Scherströmung). Alle Strukturen haben gemein-sam, dass sie in einem sogenannten kritischen Punkt zusammen- oder auseinanderlaufen. Einkritischer Punkt ist der Durchstoßpunkt einer Bifurkationlinie der dreidimensionalen Strömungdurch die Projektionsebene. Einige der kritischen Punkte (z.B. Sattelpunkt, Sattelknoten) ent-halten Bifurkationslinien, die in der Projektionsebene verlaufen.

Die kritischen Punkte entsprechen mathematischen Singularitäten des zweidimensionalenVektorfeldes der Geschwindigkeit in der Projektionsebene, also Punkten, an denen die projizier-te Geschwindigkeit 0 wird. Da das dreidimensionale Geschwindigkeitsfeld aber der Koninutäts-gleichung folgen muss, entspricht damit ein kritischer Punkte einem Geschwindigkeitsvektor,der senkrecht auf der Projektionsebene liegt. Entsprechend dem Kriterium nach Prandtl [27]tritt im dreidimensionalen Fall bei ∂cx/∂ z = 0 und ∂cy/∂ z = 0 eine Ablösung auf.2Damit kannan den kritischen Punkten bzw. Bifurkationslinien der zweidimensionalen Trajektorien das drei-dimensionale Geschwindigkeitsfeld beurteilt werden. Allgemein kann also festgehalten werden,dass zweidimensionale Trajektorien, die in keinem kritischen Punkt enden oder zu einer Bifurka-tionslinie zusammenlaufen, einer zur Projektionsebene parallelen Strömung entsprechen. Hier

2dreidimensionaler Fall cx, cy: Geschwindigkeiten parallel zur Wand; z Koordinate senkrecht zur Wand

x1

x2

x3

Fokus inx x Ebene1 2

ABBILDUNG 2.3: FOKUS MIT DREIDIMENSIONALER STRÖMUNG [25]

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2.2 DREIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

tritt keine Strömungsablösung auf. Dem hingegen entsprechen kritische Punkte dem Kern einerStrömung senkrecht zur Projektionsebene, also einer ablösenden Strömung. Je nach Typ deskritischen Punktes stellen die enthaltenen Bifurkationslinien die Begrenzung eines Ablösungs-gebietes dar. Die Bifurkationslinien entsprechen also der Ablösungslinie oder der Anlegungs-linie der Strömung [36] [25]. Zusätzlich gibt der Typ des kritischen Punktes Aufschluss überdie Art der dreidimensionalen Strömung. Als Beispiel ist in Abbildung 2.3 ein Fokus und derkorrespondierende dreidimensionale Wirbel dargestellt.

Abbildung 2.4 a gibt ein Beispiel für eine Struktur, die sich in der Projektionsebene bei ei-ner einfachen Ablösung in einer Strömung einstellen kann. Jeweils ein Sattelpunkt markiert denAblösungs- und den Anlegepunkt. Aus der gegenläufigen Strömung zwischen Hauptströmungund rezirkulierender Strömung in der Ablöseblase entstehen zwei gegenläufig rotierende Wirbel(z.B. Fokus). Zwischen den Wirbeln zur nicht abgelösten Strömung hin bilden sich Bifurkati-onslinien aus. Diese Bifurkationslinien bilden sich aus zusammen- bzw. auseinanderlaufendenTrajektorien. Damit stellen sie eine Abgrenzung zwischen Ablösung und Hauptströmung dar.Zusätzlich gibt es eine Bifurkationslinie zwischen den beiden Teilen der Hauptströmung, die aufjeweils einer Seite der Ablösung vorbeiströmt. Diese Bifurkationslinie kann mit der Staustromli-nie bei der Umströmung eines Körpers verglichen werden. Die Bifurkationslinie kann in der Ab-lösung als eine Art virtueller Fortsatz der Staustromlinie betrachtet werden. In Abbildung 2.4 b

ist die Ablösung durch die Trajektorien in einer Ebene senkrecht zur Wand dargestellt. Man

SattelSattel

SattelSattel FokusFokus

FokusFokus

SattelSattelSattelSattel FokusFokus

(a)

(b)

ABBILDUNG 2.4: BEISPIEL DER ZWEIDIMENSIONALEN STRUKTUR EINER EINFACHENABLÖSUNG(a) Strömungsstruktur in wandparallelen Ebene(b) Strömungsstruktur in Ebene senkrecht zur Wand

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

erkennt, dass sich hier ein ähnliches Bild darstellt, wobei jedoch nur ein Wirbel und zwei Sat-telpunkte auf der Wand entstehen. Die Wand entspricht der Bifurkationslinie in Abbildung 2.4a, die die beiden Wirbel trennt. In dieser Ebene ist somit nur eine Hälfte der Strömungstrukturaus der wandparallelen Ebene zu sehen. Die Wandsattelpunkte markieren ebenfalls den Beginnund das Ende der Ablösung.

J =

[∂~cx

∂x ′∂~cx

∂y ′∂~cy

∂x ′∂~cy

∂y ′

](2.4)

p =∂~cx

∂x ′ +∂~cy

∂y ′ (2.5)

q =∂~cx

∂x ′∂~cy

∂y ′ −∂~cx

∂y ′∂~cy

∂x ′ (2.6)

Die kritischen Punkte können nach Dallmann [6] anhand des in Abbildung 2.5 dargestell-ten Diagramms unterteilt werden. Die Unterscheidung erfolgt anhand der Spur p (s. Gl. 2.5) undder Determinante q (s. Gl. 2.6) der Jacobimatrix J (s. Gl. 2.4) des orthogonal projizierten Ge-schwindigkeitsfeldes. Der dreidimensionalen Geschwindigkeitsvektor~c wird orthogonal auf diewandparallele Betrachtungsebene in den zweidimensionalen Geschwindigkeitsvektor ~c ′ proje-

Sattelpunkt

Stern-knoten

Fokus

Sattelknoten

Fokus-knoten

RegulärerKnoten

pq < 0

q p² = 4q

Zentrum

ABBILDUNG 2.5: EINTEILUNG DER KRITISCHEN PUNKTE [6]

10

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2.2 DREIDIMENSIONALE STRÖMUNGSABLÖSUNGEN

ziert.3 Das dreidimensionale Koordinatensystem x, y und z wird dabei in das zweidimensionaleorthogonale Koordinatensystem x ′ und y ′ der Projektionsebene transformiert.

Als Einfachstes kann der Sattelpunkt erkannt werden. Ist die Determinante q negativ, liegtimmer ein Sattelpunkt vor. Ein Sattelpunkt entspricht einem Punkt, an dem sich zwei Bifur-kationslinien kreuzen. Er teilt damit das umliegende zweidimensionale Geschwindigkeitsfeldin vier separate Bereiche [11]. Für ein positives q werden die kritischen Punkte zusätzlich mitHilfe der Spur p unterschieden. Generell gilt, dass für ein negatives p die zweidimensionalenTrajektorien im kritischen Punkt zusammenlaufen, für ein positives p hingegen, die Trajekto-rien vom kritischen Punkt auseinander laufen. Die Richtung der Trajektorien gibt Auskunftüber die Richtung der dreidimensionalen Strömung in Relation zur Betrachtungsebene. Im Falleiner wandnahen Betrachtungsebene entsprechen kritische Punkte, an denen die Trajektorenzusammenlaufen, einer sich ablösenden Strömung und entsprechend kritische Punkte mit aus-einanderlaufenden Trajektorien einer Strömung, die sich an die Wand anlegt. Ist die Spur derJacobi-Matrix negativ, löst die Strömung ab. Ist die Spur hingegen positiv, legt sich die Strö-mung wieder an die Wand an. Für jede Seite können fünf kritische Punkte unterschieden wer-den. Auf der Parabel p2 = 4q liegen der Sternknoten und der Fokusknoten. Oberhalb der Parabelliegt der Fokus. Unterhalb der Parabel liegt der reguläre Knoten. Auf der p-Achse liegt der Sat-telknoten. Für den Sonderfall p = 0 wird der kritische Punkt Zentrum genannt. Ein Zentrumentspricht geschlossenen Trajektorien, die nicht zu einem definierten Punkt zusammenlaufen.

Halbsattel

Sattelpunkt

ABBILDUNG 2.6: VERSETZTER SATTELPUNKT NACH PERRY UND CHONG [25]

Entsprechend der Ausführungen von Perry und Chong [25] sind die kritischen Punkte aufder p-Achse, der positiven q-Achse und auf der Parabel p2 = 4q als degenerierte Punkte anzu-sehen. Das heißt der Sattelknoten, das Zentrum, der Fokus-Knoten und der Stern-Knoten sinddegenerierte Punkte. Degenerierte Punkte gelten im Rahmen der Bifurkationstheorie als topolo-gisch instabil. Auf die Ablösungen von Strömungen bezogen, bedeutet ein degenerierter Punktsomit einen instabilen Strömungszustand. Ein solcher instabiler Strömungszustand wird sich

3~c =

cxcycz

;~c ′ =

[cx

cy′

]

11

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

mit der Zeit auflösen oder in einen anderen Zustand ändern. Als Beispiel für einen degenerier-ten kritischen Punkt wird von Perry und Chong [25] der sogenannte versetzte Sattelpunkt auszwei Halbsattelpunkten angeführt, der in Wirbelstraßen auftritt. Die Ausgangssituation und dermit der Zeit entstehende Sattelpunkt sind in Abbildung 2.6 dargestellt. Mit der Zeit nähern sichdie versetzten Halbsattelpunkte an und bilden einen verzerrten Sattelpunkt. Tobak und Peake[36] stellen fest, dass stationäre Strömungablösungen stets in den drei übrigen kritischen Punk-ten, dem regulären Knoten dem Fokus und dem Sattelpunkt, resultieren. Entsprechend werdendiese Punkte als topologisch stabil bezeichnet.

Nach der Index Regel von Flegg [9] werden alle Sattelpunkte S mit einem Wert −1 gezählt.Alle anderen kritischen Punkte und auch degenerierte Punkte werden als Knoten N gewertet undmit einem Wert +1 belegt. Für den vorliegenden Fall einer Strömung durch ein geschlossenenStrömungraum gilt nach der Indexregel der Zusammenhang aus Formel 2.7. Die Anzahl derSattelpunkte entspricht der Anzahl an Knoten.

0 = ∑N −∑S (2.7)

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2.3 GASDYNAMIK

2.3 GASDYNAMIK

Überschallströmungen sind ein bekanntes und technisch beherrschbares Phänomen der Ther-modynamik. In einem kompressiblen Medium besteht zwischen Dichte, Druck und Temperatureine Wechselwirkung zur Geschwindigkeit des Fluides. Diese Wechselwirkung bringt einigephysikalische Phänomene mit sich, die für inkompressible Fluide nicht beobachtet werden. Die-ses Teilgebiet der Thermodynamik wird als Fluid- oder Gasdynamik bezeichnet. Eines der be-kanntesten Phänomene einer Überschallströmung ist der Verdichtungsstoß. Als Illustration desUnterschiedes von Unterschall- und Überschallströmung dient ein Beispiel von Ganzer [10] füreine angestellte Platte (s. Abb. 2.7). Bei einer Unterschallströmung (links) verlaufen die Strom-linien stetig und krümmen sich bei der Umströmung der angestellten Platte, um der Form derPlatte zu folgen. Bei einer Überschallströmung hingegen ist die Strömung parallel zur Geome-trie des umströmten Körpers. Dabei erfolgt die Umlenkung der Strömung durch einen Verdich-tungsstoß oder durch sogenannte Expansionswellen. Während ein Verdichtungsstoß die Strö-mung sprunghaft abbremst und damit eine Unstetigkeit im Druck- und Geschwindigkeitsfelddarstellt, bilden Expansionswellen einen Bereich in dem die Strömung stetig beschleunigt undumgelenkt wird. Dieser Bereich wird auch als Expansionsfächer bezeichnet. Das in der Abbil-dung 2.7 gezeigte Beispiel für eine Überschallströmung weist an den Stellen einer Strömungs-verzögerung jeweils einen Verdichtungsstoß auf, also an der Unterseite der Plattenvorderkanteund an der Plattenoberseite an der Hinterkante der Platte. Auf der jeweils gegenüberliegendenSeite der Platte liegt dort, wo die Strömung beschleunigt wird, jeweils ein Expansionsfächerdem Verdichtungsstoß gegenüber.

Bei einem Regelventil für Dampfturbinen erreicht man bei Betriebspunkten mit einem aus-reichend hohen Druckgefälle über das Ventil im engsten Querschnitt die Schallgeschwindigkeit.Die Strömung durch den Drosselquerschnitt kann mit der Strömung in einer unangepasstenLavaldüse verglichen werden, wie im Folgenden näher erläutert wird.

ABBILDUNG 2.7: VERGLEICH VON UNTER- UND ÜBERSCHALLSTRÖMUNG AN ANGE-STELLTER PLATTE [10]

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2.3.1 MACHSCHER KEGEL

Einleitend sollen die unterschiedlichen Vorgänge bei Unter- und Überschallströmungen durchdie Betrachtung der Ausbreitung von Druckstörungen einer bewegten Störstelle dargestellt wer-den. Die unterschiedlichen Strömungsformen teilt Sigloch [30] in vier unterschiedlichen Berei-che ein. Diese sind in der Abbildung 2.8 dargestellt. Die relevante Kennzahl ist hier die Mach-zahl, als der Quotient aus Strömungsgeschwindigkeit c und der lokalen Schallgeschwindigkeita (s. Gl. 2.8).

Ma =ca

(2.8)

Generell gilt, dass sich eine Störung S bei der Überlagerung mit einer Strömungsgeschwin-digkeit, mit einer Geschwindigkeit cs ausbreitet. Dabei gilt für cs stromaufwärts die Gleichung2.9. Stromabwärts ergibt sich cs nach Gleichung 2.10. Hat cs ein positives Vorzeichen bereitetsich die Welle in Strömungsrichtung aus. Bei einem negativen Vorzeichen entgegengesetzt zurStrömungsrichtung.

cs = c+a (2.9)

cs = c−a (2.10)

Für die folgenden Überlegungen gilt die Annahme, dass es sich um kleine Druckstörungenhandelt. Die Translationsgeschwindigkeit c der Störquelle kann sich dabei entsprechend einerder folgenden drei gleichwertigen Möglichkeiten ergeben.

∙ Die Störquelle bewegt sich mit der Geschwindigkeit c durch das Fluid.

∙ Das Fluid bewegt sich mit der Geschwindigkeit c um die Störquelle.

∙ Die Resultierende aus der Bewegungsgeschwindigkeit der Störquelle und der Strömungs-geschwindigkeit des Fluides entspricht c.

Die Abbildung 2.8 a zeigt eine in Ruhe (c = 0) befindliche Störquelle, von der sich dieDruckwellen kugelförmig ausbreiten. Im Fall der Abbildung 2.8 b bewegt sich die Störstellemit einer geringeren Geschwindigkeit als die Schallgeschwindigkeit (c < a). Die Wellen laufenstromauf- und stromabwärts. Allerdings ist der Betrag von cs in Strömungsrichtung größer alsgegen der Strömungsrichtung. Dies führt zu einer höheren Frequenz der Druckstörungen vorder Störquelle als dahinter. Der Grenzfall in Abbildung 2.8 c ist die Translationsgeschwindig-keit der Störquelle gleich der Schallgeschwindigkeit. Die Schallwellen überlagern sich zu einerebenen, durch die Störquelle gehenden Front. Diese Front ist als Schallmauer bekannt. Strom-aufwärts vor der Front befindet sich eine ungestörte Zone in die keine Schallwellen gelangen

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2.3 GASDYNAMIK

können, da die Ausbreitungsgeschwindigkeit stromaufwärts cs = 0 beträgt. Für den Überschall-fall in Abbildung 2.8 d ist die Strömungsgeschwindigkeit c größer als die Schallgeschwindigkeita. Damit sind sowohl die Ausbreitungsgeschwindigkeit stromauf- als auch stromabwärts posi-tiv. Die Druckstörungen pflanzen sich also nur stromabwärts fort. Anhand der Abbildung 2.8d kann man erkennen, dass sich eine kegelförmige Zone ausbildet, innerhalb derer die Schall-wellen wahrnehmbar sind. Dieser Kegel wird als Machscher Kegel bezeichnet. Stromaufwärtsdes Machschen Kegels bleibt das Fluid unbeeinflusst. Der Winkel µ des Machschen Kegels istentsprechend der Gleichung 2.11 eine Funktion der Machzahl.

µ = arcsin(

1Ma

)(2.11)

Die zentrale Aussage des Machschen Kegels ist, dass bei Überschallströmungen Druckschwan-kungen sich nicht stromaufwärts ausbreiten können. Das heißt, jede Maßnahme zur Beeinflus-

(a)

(b)

2Δt a

Δt a

3Δt a

S0

2Δt a

Δt a

3Δt a

2Δt c2Δt cΔt cΔt c

3Δt c3Δt c

0S

(c)

(d)

2Δt a

Δt a

3Δt a

2Δt cΔt c

0S

SchallzoneSchallzoneSchallfreieZone

2Δt a

Δt a

3Δt a

μ

Schallzone

SchallfreieZone

2Δt cΔt c

3Δt c

00S

3Δt c

ABBILDUNG 2.8: SCHALLAUSBREITUNG BEI VERSCHIEDENEN TRANSLATIONSGE-SCHWINDIGKEITEN [30](a) Ruhe (Ma = 0)(b) Unterschall (Ma < 1)(c) Schallgeschwindigkeit (Ma = 1)(d) Überschall (Ma > 1)

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sung der Strömung stromabwärts der Störquelle lässt die Strömung vor der Störquelle unbeein-flusst. Dies gilt für alle Fälle, in denen eine Überschallströmung auftritt, sei es die Umströmungeines Körpers oder das Durchströmen einer Drosselstelle innerhalb einer Maschine.

2.3.2 VERDICHTUNGSSTOSS

Eine sprunghafte Änderung einer Überschallströmung wird als Verdichtungsstoß bezeichnet.Dabei steigen die Strömungsgrößen Druck p, Dichte ρ und Temperatur T , während die Ge-schwindigkeit~c sinkt. Die Ausdehnung des Verdichtungsstoßes beträgt lediglich wenige mittle-re freie Weglängen4. Dadurch kann aufgrund der sehr großen Gradienten von einer sprunghaftenbeziehungsweise unstetigen Änderung gesprochen werden.

Ganzer [10] erläutert die Entstehung eines Verdichtungsstoßes anhand eines einfachen Bei-spiels. Er führt aus, dass sich kleine Druckstörungen mit Schallgeschwindigkeit in ein ruhen-des Medium ausbreiten. Er spricht in diesem Zusammenhang von Kompressionswellen. Beieiner großen Störung hingegen, wie etwa der schnellen Bewegung eines Kolbens, muss manvon mehreren aufeinander folgenden Kompressionswellen ausgehen. Dabei breitet sich jedeKompressionswelle mit der jeweiligen lokalen Schallgeschwindigkeit aus, die eine Funktionder Temperatur ist. Mit jeder Kompressionswelle steigt die Temperatur für die darauf folgendeKompressionswelle an, die sich folglich mit einer höheren Schallgeschwindigkeit bewegt. Da-durch holen die späteren Kompressionswellen die erste Welle ein und alle Kompressionswellenüberlagern sich zu einer sprunghaften Störung, dem Verdichtungsstoß. Der Verdichtungsstoßläuft mit der Schallgeschwindigkeit der ersten Kompressionswelle ins ruhende Medium hinein.In diesem Fall wird der Verdichtungsstoß als senkrechter Stoß bezeichnet, da sich der Verdich-tungsstoß senkrecht zu den Stromlinien ausbildet (Stoßwinkel σ = 90∘).

Im Falle einer Expansion gilt eine analoge Erläuterung mit umgekehrtem Ergebnis. Gehtman von kleinen Druckstörungen aus, werden sich diese als Expansionswellen durchs Fluidbewegen. Da eine Expansion die Reduzierung der Temperatur und damit der Schallgeschwin-digkeit zur Folge hat, bewegen sich bei einer großen Druckstörung die nachfolgenden Expan-sionswellen langsamer als die erste Welle. Das bedeutet, dass sich Expansionswellen nie zueinem „Expansionsstoß“ überlagern können und eine Expansion in einer Überschallströmungimmer stetig erfolgt. Es ergibt sich der bereits erwähnte Expansionsfächer.

2.3.3 SCHRÄGER VERDICHTUNGSSTOSS

Ein senkrechter Verdichtungsstoß tritt in technischen Anwendungen eher selten auf. Üblicher-weise entstehen, bedingt durch die Geometrie des Strömungskörpers, sogenannte schräge Ver-dichtungsstöße, also Stöße mit einem Stoßwinkel σ < 90∘ gegenüber den Stromlinien. Dabei

4mittlere freie Weglänge von Luft: λ = 10−7 m

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2.3 GASDYNAMIK

entspricht der Ablenkungswinkel θ der Strömung dem Winkel der Geometrie. Die Stromlini-en verlaufen bei Überschallströmung stets parallel zur Oberfläche. Zu Verdeutlichung sind inder Abbildung 2.9 a der Stoßwinkel σ und der Ablenkungswinkel θ dargestellt. Von einempositiven Ablenkungswinkel wird gesprochen, wenn die Stromlinien von der ursprünglichenGeometrie weggelenkt werden müssen (s. Abb. 2.9 a, c). Entsprechend bedeutet ein negativerAblenkungswinkel, dass die Stromlinien zur Geometrie hin umgelenkt werden (s. Abb. 2.9 b,d). Bei einem positiven Ablenkungswinkel kommt es zu einem Verdichtungsstoß mit unstetigerStrömungsumlenkung. Ein negative Ablenkung hat ein Gebiet mit Expansionswellen zu Folgein dem die Strömung stetig umgelenkt wird.

Die Abbildung 2.9 stellt die vier grundlegenden Fälle von Überschallströmung im Bereicheiner Geometrieänderung zusammen. Dabei entsprechen die oberen beiden Bilder einer unsteti-gen Geometrieänderung. Die unteren beiden einem stetigen Übergang. Die linken Bilder weisenjeweils einen positiven, die rechten Bilder einen negativen Ablenkungswinkel auf.

Abbildung 2.9 a ist der einfachste Fall. Bei einer unstetigen positiven Ablenkung der Strö-mung entsteht an der Stelle der Geometrieänderung ein schräger Verdichtungsstoß, der dieStrömung sprunghaft umlenkt. Abbildung 2.9 b zeigt bei unsteter negativer Ablenkung eine

(a) (b)

(c) (d)

θθσσ

ABBILDUNG 2.9: ÜBERSCHALLSTRÖMUNG AN UNTERSCHIEDLICHEN GEOMETRI-SCHEN ÜBERGÄNGEN [10](a) Schräger Stoß an positivem Geometriesprung(b) Expansionsfächer bei negativem Geometriesprung(c) Kompressionswellen an positivem Geometrieübergang(d) Expansionswellen an negativem Geometrieübergang

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Reihe an Expansionswellen, die ebenfalls im Punkt der Geometrieänderung zusammenlaufen.Daher wird dieses Expansionsgebiet auch als Expansionsfächer bezeichnet. Eine solche Strö-mung wird als Prandtl-Meyer-Eckenströmung bezeichnet [10]. Bei einer positiven Krümmungder Geometriekontur wie in Abbildung 2.9 c entsteht ein Bereich einer stetigen Kompressionnahe der Wand. Durch die stete Ablenkung entstehen mehrere Kompressionswellen, die sicherst mit Abstand zur Wand zu einem Verdichtungsstoß überlagern. Das heißt, im wandnahenBereich wird durch einen steten Geometrieübergang eine sprunghafte Ablenkung verhindert.Dadurch werden auch die Druckverluste vermindert, die ein Verdichtungsstoß zur Folge hat.Wird die Strömung durch eine negative Krümmung abgelenkt, (s. Abb. 2.9 d) entstehen ent-lang der Krümmung eine Vielzahl von Expansionswellen, die mit zunehmendem Wandabstandauseinanderlaufen.

Ganzer [10] leitet aus der Beziehung des senkrechten Stoßes den in Gleichung 2.12 dar-gestellten Zusammenhang zwischen dem Stoßwinkel σ , dem Ablenkungswinkel θ und der An-strömmachzahl Ma her. Diese Formel wird auch als Schrägstoßbeziehung bezeichnet.

cotθ = tanσ

[κ+1

2 Ma2

Ma2sin2σ −1−1

](2.12)

Diese sogenannte Schrägstoßbeziehung σ = f (Ma,θ) als Diagramm aufgetragen ist in der Ab-bildung 2.10 zu sehen. Es fallen dabei folgende Aspekte ins Auge. Für jede Machzahl gibtes einen maximalen Ablenkungswinkel θmax (gestrichelte Linie). Wird der Ablenkungswinkelgrößer als θmax kommt es zu einem abgelösten Verdichtungsstoß (s. Kap. 2.3.4). Für kleinere

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

Machzahl vor dem Stoß [-]

Sto

ßw

inke

l [

°]σ

10

20

30

40

50

60

70

80

90

θ = 0°θ = 0°

10°10°

20°20°

30°30°

θmaxθmax

ABBILDUNG 2.10: SCHRÄGSTOSSBEZIEHUNG σ = f (Ma,θ) [10]

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2.3 GASDYNAMIK

Ablenkungswinkel ergibt die Schrägstoßbeziehung stets zwei Lösungen. Dabei entspricht dieLösung oberhalb der θmax Linie einem sogenannten starken Verdichtungsstoß. Die Lösung un-terhalb hat entsprechend einen schwachen Verdichtungsstoß zur Folge. Bei einem starken Stoßliegt Unterschall nach dem Verdichtungsstoß vor. Bei einem schwachen Stoß bleibt eine Über-schallströmung auch stromabwärts der Stoßfront erhalten. Ein schwacher Stoß bedeutet gerin-gere Druckverluste als bei einem starken Stoß. Daher kann es in technischen Anwendung vonVorteil sein mehrere schwache Stöße einem starken Stoß vorzuziehen, um die Druckverluste zureduzieren.

2.3.4 ABGELÖSTER VERDICHTUNGSSTOSS

Eine weitere Art des Verdichtungsstoßes ist der sogenannte abgelöste Stoß. Ein stumpfer Kör-per in einem Überschallgebiet erzeugt einen abgelösten Verdichtungsstoß. Das Entstehungskri-terium kann aus der Schrägstoßbeziehung in Abbildung 2.10 hergeleitet werden. Wird der füreine bestimmte Machzahl maximal zulässige Ablenkungswinkel θmax überschritten, entstehtanstelle eines schrägen Verdichtungsstoßes ein abgelöster Stoß. Die Abbildung 2.11 zeigt einBeispiel für den abgelösten Verdichtungsstoß. Da kein schräger Verdichtungsstoß aufgrund deszu großen Ablenkungswinkels möglich ist, entsteht ein Staupunkt an der Körperspitze. Dieserist nur durch einen starken Verdichtungsstoß vor dem Körper möglich. Die Stoßfront des abge-lösten Stoßes ist dabei hyperbelähnlich. Auf der Körperachse liegt stets ein senkrechter Stoß(θ = 0∘) vor. Daher entsteht vor dem Körper ein Unterschallgebiet. Bei der Ablenkung der Strö-mung um den Körper wird die Strömung durch die Verdrängung wieder beschleunigt bis Schall-geschwindigkeit erreicht wird. Ist die Körperfront passiert entsteht aufgrund der negativen Ab-lenkung ein Expansionsfächer, der die Überschallströmung parallel zur Wand hin umlenkt unddie Strömung weiter beschleunigt. Die Stoßfront des abgelösten Verdichtungsstoßes nähert sichdem Winkel µ für einen entsprechenden Machschen Kegel für die Anströmungsmachzahl Ma∞

an.

θ > maxθθ > maxθμ = arcsin 1/Ma∞ θ = 0°Ma > 1∞

Ma < 1

Ma = 1Ma = 1Ma ≈ Ma∞

s

D/2

ABBILDUNG 2.11: STRÖMUNG BEI EINEM ABGELÖSTEN VERDICHTUNGSSTOSS [10]

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Der Abstand s der Stoßfront von der Spitze des Körpers ist abhängig von der Körpergeo-metrie und der Anströmmachzahl Ma∞. Der Abstand des abgelösten Stoßes beträgt an einemRotationskörper mit flacher Nase s ≈ 5D bei Ma∞ = 1,3 und s ≈ 0,26D bei Ma∞ = 6 [10]. Füreine Kugel ist der Abstand mit s ≈ 0,6D bei Ma∞ = 1,3 und s ≈ 0,078D bei Ma∞ = 6 deutlichkleiner.

2.3.5 REFLEXION VON VERDICHTUNGSSTÖSSEN

Bezogen sich die voranstehenden Erläuterungen bisher nur auf eine Überschallstörmung umeinen Körper, werden nun im Folgenden die Gesetzmäßigkeiten bei einer Überschallströmungbei mehreren Körpern bzw. bei Innenströmungen erläutert. In einem solchen Fall kann es zu-sätzlich zur Reflektion von Verdichtungsstößen an festen Wänden und der Kreuzung von Ver-dichtungsstößen kommen. Die Abbildung 2.12 zeigt das Stoßsystem, dass sich zwischen einemKeil und einer festen Wand oder einer Freistrahlgrenze ergibt [10].

Beim Auftreffen der Überschallströmung auf die Spitze des Keils ergibt sich analog zuden Ausführungen aus Kapitel 2.3.3 in Abhängigkeit der Anströmmachzahl M1 und dem Keil-winkel θ ein schräger Verdichtungsstoß. Der Verdichtungsstoß lenkt die Strömung parallel zurKeilwand nach oben bzw. unten ab.

Trifft der Verdichtungsstoß nun auf eine feste Wand, gibt diese die Strömungsrichtungvor. Am Auftreffpunkt des Stoßes wird die Strömung also positiv abgelenkt (s. Kap. 2.3.3).Diese Ablenkung hat einen weiteren Verdichtungsstoß zur Folge, so dass der Eindruck einerReflektion des ersten Verdichtungsstoßes entsteht. Trifft der reflektierte Stoß wieder auf denKeil wird er entsprechend ein weiteres mal reflektiert.

Beim Aufeinandertreffen mit einer Freistrahlgrenze ist nun der Aussendruck pa festgelegt.Der Aussendruck entspricht dem Druck p1 vor dem Stoß. Durch die Druckerhöhung infolge desVerdichtungsstoßes ersteht ein Expansionsfächer durch den der Druck p2 auf den Aussendruck

MM11

pp11

1122

33

44

22

ppaa

2 θ2 θ

ABBILDUNG 2.12: STOSSINTERATION MIT FESTER WAND UND FREISTRAHLGRENZE[10]

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2.3 GASDYNAMIK

p4 = pa reduziert wird. Die Strömung erfährt durch den Expansionsfächer, ausgehend vom In-teraktionspunkt, eine negative Ablenkung. Ganzer [10] versteht dieses ebenfalls als Reflektion,nur mit negativem Vorzeichen.

2.3.6 LAVALDÜSE

Für technische Anwendungen in denen Überschallströmungen verwendet werden, ist eine mög-lichst verlustfreie Beschleunigung der Strömung von Unterschall- auf Überschallgeschwindig-keit notwendig. Hierfür werden speziell geformte Düsen verwendet. Eine solche Düse wirdnach ihrem Erfinder als Lavaldüse bezeichnet. Eine Lavaldüse besteht aus einer sich verengen-den Unterschalldüse und einer sich aufweitenden Überschalldüse. Zwischen beiden Teilen derLavaldüse liegt der sogenannte begrenzende Querschnitt. Liegt an der Lavaldüse ein überkri-tisches Druckverhältnis vor (s. Kap. 3.1), beträgt die Machzahl in diesem Querschnitt genauMa = 1. Dieser begrenzende Querschnitt wird auch als engster oder kritischer Querschnitt be-zeichnet. Bei Ventilen wird der Querschnitt in dem sich bei einem überkritischen Druckverhält-nis Ma = 1 einstellt auch als Drosselquerschnitt bezeichnet.

Um die Kontur einer Lavaldüse zu ermitteln, leitet Ganzer [10] aus der Impuls- und Massen-erhaltung die Beziehung für die Stromdichteänderung her. Diese Beziehung ist in Gleichung2.13 dargestellt.

duu

=− 11−Ma2

dAA

(2.13)

Es wird deutlich, dass sich bei Unterschallgeschwindigkeit eine Beschleunigung nur durch dasVerengen der Querschnittsfläche A erreichen lässt. Wird die Schallgeschwindigkeit erreichtbleibt die Geschwindigkeitsänderung du endlich wenn die Flächenänderung dA = 0 ist. Beieiner Überschallströmung wird für eine weitere Beschleunigung der Strömung nun eine Quer-schnittserweiterung erforderlich. Vorausgesetzt das Druckverhältnis ist groß genug, um Über-schall zu erreichen. Das heißt also, dass sich eine Überschallströmung genau gegensätzlichzum Unterschall bei einer Querschnittänderung verhält. Eine Unterschalldüse wirkt auf eineÜberschallströmung als Diffusor. Ein Unterschalldiffusor ist bei Überschall eine Düse.

Dieses Verhalten ist analog zum Verhalten von schrägen Stößen und Expansionswellen.Schräge Stöße treten bei einer positiven Ablenkung auf, also eine Verdrängung der Strömung.Im Unterschall würde eine solche Verdrängung zur Beschleunigung der Strömung führen. Durchden Verdichtungsstoß hingegen wird die Strömung verzögert. Bei Expansionswellen an negati-ven Ablenkungsorten verhält es sich entsprechend umgekehrt. Beim abgelösten Stoß (s. Abb.2.11) kann dieser Zusammenhang ebenfalls wiedergefunden werden. Der abgelöste Stoß redu-ziert die Geschwindigkeit auf Ma < 1, aufgrund der Verdrängung des Körpers wird die Strö-mung wieder auf Ma = 1 beschleunigt. Anschließend kommt es an der Körperkontur zu einer

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negativen Ablenkung, die nicht wie bei einer Unterschallströmung zu einer Verzögerung derStrömung führt, sondern durch Expansionswellen die Geschwindigkeit stetig beschleunigt bisnahezu die Anströmmachzahl Ma∞ erreicht wird.

Für die Bestimmung einer geeigneten Düsenkontur einer Lavaldüse zur Beschleunigungvon Unterschall auf Überschall ist die Einführung der sogenannten kritischen Machzahl Makrit

notwendig. Im Gegensatz zur herkömmlichen Definition der lokalen Machzahl (s. Gl. 2.8), wirddie kritische Machzahl Makrit mit der Schallgeschwindigkeit akrit im engsten Querschnitt (Ebe-ne 2), wenn ein überkritisches Druckverhältnis an der Lavaldüse anliegt, gebildet (s. Gl. 2.14).Die Bezeichnung kritische Machzahl leitet sich vom überkritischen Druckverhältnis ab.

Makrit =u

akrit(2.14)

Das Verhältnis von kritischer Machzahl Makrit zur lokalen Machzahl Ma leitet Ganzer [10] ausdem Energiesatz her und erhält die folgende Gleichung 2.15:

Ma2krit =

κ +12

Ma2 +(κ −1)(2.15)

Unter der Annahme der kompletten Umsetzung der Wärmeenergie eines Fluides würde dieMachzahl am Austritt der Lavaldüse Ma → ∞ werden. Aus der Gleichung 2.15 ergibt sich alsGrenzwert der kritischen Machzahl Makrit →

√(κ +1)/(κ −1) ein endlicher Wert. Das heißt

für das Beispiel Luft, dass selbst bei einer theoretischen kompletten Umsetzung der thermi-schen Energie in kinetische Energie, die Austrittsgeschwindigkeit nur das 2,45fache der Schall-geschwindigkeit akrit im engsten Querschnitt der Lavaldüse erreichen würde. Durch die Massen-erhaltung kann nun eine Beziehung der Querschnittfläche A bezogen auf die begrenzende Quer-schnittsfläche A2 in Abhängigkeit der kritischen Machzahl Makrit (s. Gl. 2.16, [10]) aufgestelltwerden. Resubstituiert man die Gleichung 2.15 erhält man den Flächenverlauf in Abhängigkeitvon der lokalen Machzahl Ma. Wird diese als Differentialgleichung (s. Gl. 2.17) ausgedrückt,erhält man den Verlauf der lokalen Machzahl Ma entlang der Symmetrieachse x der Lavaldüsenach Oertel [24].

AA2

=1

Makrit[1− κ−1

2

(Ma2

krit −1)] κ

κ−1(2.16)

dMadx

= Ma1A

dAdx

(1+ κ−1

2 Ma2

Ma2 −1

)(2.17)

Trägt man nun alle physikalisch sinnvollen Lösungen der Gleichung 2.17 als lokale MachzahlMa über der axialen Länge x in der Lavaldüse auf, erhält man das Diagramm aus Abbildung2.13. Entscheidend in dieser Darstellung ist die Position x2 des engsten Querschnitts A2 derDüse. An dieser Stelle wird bei einem überkritischem Druckverhältnis Ma = 1 erreicht. Im vor-

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2.3 GASDYNAMIK

deren Teil der Lavaldüse ist unabhängig vom Druckverhältnis stets eine Unterschallströmungvorhanden. Er funktioniert entsprechend als Unterschalldüse. Der korrespondierende Druck inder Austrittsfläche der Lavaldüse p3 ist für die unterschiedlichen Machzahlverläufe des Dia-gramms an der Druckachse an der rechten Seite des Diagramms aufgetragen.

2.3.7 UNANGEPASSTE LAVALDÜSE

Die in Abbildung 2.13 gezeigten Graphen erlauben die Darstellung aller möglichen Machzahl-verläufe für die Lavaldüse. Dabei sind die relevanten Querschnitte (1 - Eintritt, 2 - engsterQuerschnitt, 3 - Austritt) markiert. Wird die Lavaldüse nicht mit dem ausgelegten Austrittdruckp3 = pD betrieben, wird von einer unangepassten Lavaldüse gesprochen. Die am Austritt er-reichte Machzahl und die Strömungsform im Freistrahl nach der Düse hängen vom Druck p3 inder Austrittsfläche der Lavaldüse ab. Die relevanten Strömungsformen sind in Abbildung 2.14dargestellt. Die entsprechenden Machzahlverläufe in der Lavaldüse kann man in der Abbildung2.13 nachvollziehen. Es sind wiederum, die relevanten drei Querschnittsflächen markiert. Ver-dichtungsstöße sind durch eine graue Linie markiert. Expansionswellen sind durch gestrichelteLinien dargestellt.

∙ Ist der Austrittsdruck kleiner p3 > pA bleibt die komplette Strömung durch die Lavaldüseim Unterschallbereich. Der hintere Teil wirkt entsprechend verzögernd, so dass der Druckam Düsenaustritt größer ist als im engsten Querschnitt. Für den Grenzfall p3 = pA wirdzwar Ma = 1 im engsten Querschnitt erreicht, aber keine Überschallströmung im hinterenTeil der Lavaldüse erzielt.

∙ Wird der Gegendruck weiter abgesenkt (z.B. p3 = pB, s. Abb. 2.14 a) bildet sich hinterdem kritischen Querschnitt eine Überschallströmung aus, als würde die Lavaldüse mitdem Auslegungsgegendruck arbeiten. Allerdings tritt im hinteren Düsenteil ein senkrech-ter Verdichtungsstoß auf, der die Geschwindigkeit auf Unterschall abbremst, die nun imletzten Teil der Lavaldüse auf den Gegendruck verzögert wird. Die Position des Verdich-tungsstoßes hängt dabei vom Gegendruck ab und wandert für p3 → pC immer weiter zumAustritt der Lavaldüse. In diesem Fall ist der Grenzfall bei p3 = pC erreicht (s. Abb. 2.14b). Nun steht der senkrechte Verdichtungsstoß direkt am Austritt der Lavaldüse.

∙ Liegt der Gegendruck zwischen pC und pD (s. Abb. 2.14 d), bilden sich an der Austritts-kante schräge Verdichtungsstöße aus. Dabei handelt es sich um schwache Verdichtungs-stöße, die beim Auftreffen auf die Freistrahlgrenze eine Aufweitung des Freistrahlquer-schnitts bewirken. Dieses bedeutet eine negative Ablenkung der Überschallströmung, diein einem Expansionsfächer am Punkt der Freistrahlaufweitung resultiert. Treffen die Ex-pansionswellen auf die Freistrahlbegrenzung, bewirken sie eine Verengung des Freistrahls

23

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2 STRÖMUNGSMECHANISCHE GRUNDLAGEN

und damit einen schrägen Verdichtungsstoß. Dieses wiederholt sich innerhalb des Über-schallfreistrahls, bis die kinetische Energie soweit dissipiert ist, dass die Strömung denUnterschallbereich erreicht. In diesem Betriebszustand wird ein Überschallstrahl erzeugt,der als überexpandierter Überschallstrahl bezeichnet wird [10].

∙ Bei einem Gegendruck von p3 = pD arbeitet die Lavaldüse im Auslegungspunkt (s. Abb.2.14 c) und es wird ein Überschallfreistrahl ohne Verdichtungsstöße und Expansionswel-len am Düsenaustritt erreicht.

∙ Wird der Gegendruck weiter abgesenkt (z.B. auf p3 = pE , s. Abb. 2.14 e) ist der Mach-zahlverlauf innerhalb der Düse wie bei Auslegungsdruck pD. Allerdings ist der Druck imDüsenaustritt größer als der Gegendruck. Daher bilden sich an der Austrittskante Expan-sionsfächer, die wie beim überexpandiertem Freistrahl in schrägen Verdichtungsstößenresultieren. Auch hier bildet sich ein abwechselndes System von Stößen und Expansions-wellen aus, die den Freistrahl aufweiten und verengen. Dieser Freistrahl wird als unterex-pandierter Freistrahl bezeichnet [10].

24

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2.3 GASDYNAMIK

Mac

hza

hl [

-]

pA

pB

pC

pE

pD

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

0

rel. Länge der Lavaldüse x/x [-]Laval

Au

stri

ttsd

ruck

p3

11 22 33

Ebene

ABBILDUNG 2.13: MACHZAHLVERLÄUFE IN EINER LAVALDÜSE [24]

(d)

(e)

(c)

(b)

(a)

x

1122

33

x

p∞11

2233

x

1122

33

x

1122

33

x

1122

33

ABBILDUNG 2.14: STRÖMUNGSFORMEN AM AUSTRITT EINER LAVALDÜSE BEI UNTER-SCHIEDLICHEN GEGENDRÜCKEN [10] [24](a) Verdichtungsstoß in der Lavaldüse (pA < p3 < pC)(b) Verdichtungsstoß im Austritt der Lavaldüse (p3 = pC)(c) Ideal angepasste Lavaldüse (p3 = pD)(d) Unterexpandierte Lavaldüse (pC < p3 < pD)(e) Überexpandierte Lavaldüse (pD < p3)

25

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

In allen konventionellen Dampfkraftwerken zur Nutzung fossiler Brennstoffe wird ein Dampf-kreislauf verwendet, um die thermische freigesetzte Energie des Brennstoffes ans Arbeitsme-dium Wasser zu übertragen. Die Dampfturbine im Kreislauf wandelt die im Dampf enthalteneEnergie in technische Arbeit um und der Generator wiederum in elektrische Energie. Damitist die elektrisch erzeugte Leistung des Dampfkreislaufes vom Dampfmassenstrom durch dieTurbine, dem Druck- und Enthalpiegefälle über der Turbine sowie dem Turbinenwirkungsgradabhängig.

Ein Schema eines einfachen Dampfkreislaufes mit den notwendigen Komponenten [32]ist in Abbildung 3.1 a dargestellt. Der thermodynamische Vergleichsprozess wird Clausius-Rankine-Prozess genannt. Der ideale Vergleichsprozess ist im T-s Diagramm in 3.1 b zu sehen.Beim idealen Prozess wird das Wasser von der Speisepumpe auf den Turbineneintrittsdruckerhöht (1-2). Danach wird im Dampferzeuger und Überhitzer die Brennstoffenergie isobar insFluid übertragen (2-3) und überhitzter Dampf erzeugt. Die Turbine wandelt die Energie desDampfes in technische Arbeit um (3-4). Anschließend wird der Dampf im Kondensator auf denAusgangszustand vor der Speisepumpe kondensiert (4-1). Im realen Fall müssen die Verlusteder unterschiedlichen Komponenten berücksichtigt werden. Im Kessel und im Kondensator tritt

Dampf-erzeuger

Überhitzer

Speise-pumpe

Turbine

Konden-sator

T

s1

2

3

4

1

2

3

4

(a) (b)

ABBILDUNG 3.1: DAMPFKREISLAUF (CLAUSIUS-RANKINE PROZESS)(a) Schematischer Aufbau(b) idealer Prozess im T-S Diagramm

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

ein Druckverlust auf. Im realen Prozess ist die Zustandsänderung in der Speisepumpe und derTurbine polytrop.

Als Dampfturbinenregelung wird der Prozess bezeichnet, der zur dampfseitigen Beeinflus-sung der Leistungsabgabe der Dampfturbine verwendet wird. Es gibt unterschiedliche Artender Dampfturbinenregelung, die entweder den Dampfmassenstrom, das zur Verfügung stehen-de Enthalpiegefälle oder beides beeinflussen. Der Dampfmassenstrom und das Enthalpiegefällekönnen durch die Drosselung des Kesseldruckes beeinflusst werden. Zusätzlich zum Turbinen-eintrittszustand 3 ändern sich im Betrieb die Punkte 2 und 4. Diese sind unter anderem abhän-gig vom Enddruck der Speisepumpe, von der Feuerungsleistung des Dampferzeugers oder derKühltemperatur des Kondensators und haben einen direkten Einfluss auf die elektrische Leis-tungsabgabe.

Der maximale Wirkungsgrad jedes thermischen Kreisprozesses ist der Carnot - Faktor ηC.Der thermische Wirkungsgrad ηth entspricht dem Wirkungsgrad einer verlustbehafteten Wär-mekraftmaschine. Dementsprechend entspricht der reversible thermische Wirkungsgrad ηth, rev

dem Carnot - Faktor ηC der Wärmekraftmaschine [1]. Wie in Gleichung 3.1 zu erkennen, istder Carnot - Faktor eine Funktion der Temperaturen der Wärmezufuhr bzw. der Wärmeabgabedes Kreisprozesses.

ηC = ηth, rev = 1−Tqab

Tqzu

(3.1)

Eine Wirkungsgradsteigerung ist durch eine Absenkung der mittleren Temperatur der Wärme-abgabe oder durch die Erhöhung der mittleren Temperatur der Wärmezufuhr zu erreichen. DasTemperaturniveau der Kondensation ist durch die Umgebungstemperatur festgelegt. Hier ergibtsich keine Möglichkeit zur Wirkungsgradsteigerung. Die Erhöhung des Dampftemperatur vorder Turbine bietet die Möglichkeit, den thermischen Wirkungsgrad zu erhöhen. Hier stößt manan die Grenzen der Beanspruchbarkeit der verwendeten Werkstoffe. Die thermisch am stärkstenbeanspruchten Komponenten des Dampfkreislaufes sind der Überhitzer, die Rohrleitungen zurTurbine, die Regeleinrichtung der Dampfturbine sowie deren erste Stufe. In modernen Dampf-kraftwerken wird typischerweise ein Dampfzustand von ca. 250 bar und 550 ∘C eingestellt. Au-ßerdem kann es in einigen Bauteilen zu einer zusätzlichen Beanspruchung durch die Strömungkommen. Im Fall der vorliegenden Arbeit ist es die Dampfturbinenregeleinheit, in der es zuunerwünschten Strömungszuständen kommen kann, die eine Beanspruchung der beweglichenTeile der Regeleinrichtung zur Folge haben.

Die vorliegende Arbeit hat die Untersuchung von Anregung der mechanischen Bauteile derRegeleinrichtung von Dampfturbinen aufgrund von Fluid-Struktur-Interaktion zum Thema. DieBetrachtungen konzentrieren sich auf die Strömung durch die Regelventile. Die grundlegendenphysikalischen Zusammenhänge und die Funktionsweise der Dampfturbinenregelung könnendurch das Dampfkegelgesetz und die Ausflussfunktion erläutert werden.

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3.1 AUSFLUSSFUNKTION

3.1 AUSFLUSSFUNKTION

Das Durchströmen des Dampfes durch die Regeleinrichtung kann mit dem Ausströmen auseinem Druckbehälter durch einen definierten engsten Querschnitt (2) verglichen werden. Fürideale Gase ist der Massenstrom m, der aus einem Druckbehälter (1) in die Umgebung (3)austritt, entsprechend durch Gleichung 3.2 berechenbar.

m = µA2Ψ√

2p1 totρ1 (3.2)

Es gilt die Annahme, dass die Geschwindigkeit im Druckbehälter c1 = 0 ist. Damit herrschtim Behälter der Totaldruck p1 tot und das Fluid besitzt die Dichte ρ1. Mit µ wird die Ausfluss-zahl bezeichnet. Die Ausflusszahl ist ein Maß für die Beeinflussung des Geschwindigkeitsprofilsund der Strahleinschnürung auf Grund der Querschnittsverengung. Im Falle von Drosselventi-len kann µ = 0,98 angenommen werden. Die sogenannte Ausflussfunktion Ψ= f (p1 tot , p2 stat)

kann mit der Gleichung 3.3 für eine isentrope Strömung berechnet werden.

Ψ =

√√√√ κ

κ −1

[(p2 stat

p1 tot

) 2κ

−(

p2 stat

p1 tot

) κ+1κ

](3.3)

Diese Funktion ist abhängig vom Druckverhältnis aus Innendruck p1 tot im Druckbehälter unddem statischen Druck p2 stat im engsten Querschnitt A2. Sie weist ein Maximum Ψmax (s. Gl.3.4) auf.

Ψmax =

(2

κ +1

) 1κ−1√

κ

κ +1(3.4)

Das Druckverhältnis bei dem das Maximum der Ausflussfunktion Ψmax erreicht wird, nenntman kritisches Druckverhältnis Πkrit (s. Gl. 3.5).

Πkrit =

(2

κ +1

) κ

κ−1

(3.5)

Unterhalb dieses kritischen Druckverhältnisses Πkrit gilt nicht mehr die Gleichung 3.4, sonderndie Ausflussfunktion bleibt konstant bei Ψ = Ψmax. Das heißt, ab dem kritischen Druckverhält-nis ist der maximale Volumenstrom erreicht und es herrscht Schallgeschwindigkeit (Ma = 1)im engsten Querschnitt (2). Man spricht davon, dass der Querschnitt sperrt. Dieser Querschnittwird auch als begrenzender oder kritischer Querschnitt bezeichnet. Druckverhältnisse Π < Πkrit

werden als überkritisch bezeichnet. Ist Π > Πkrit spricht man von einem unterkritischen Druck-verhältnis.

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

0 0,2 0,4 0,6 0,8 10

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

Druckverhältnis Π [-]

Au

sflu

ßfu

nkt

ion

Ψ [

-]

κ = 1,6κ = 1,6κ = 1,4κ = 1,4κ = 1,2κ = 1,2

ABBILDUNG 3.2: AUSFLUSSFUNKTION NACH BOHL [3]

Die Funktionsverläufe für verschiedene Isentropenexponenten sind in Abbildung 3.2 dar-gestellt. Der mittlere Graph stellt den Verlauf für Luft (κ = 1,4) dar. Für Luft ist das kritischeDruckverhältnis Πkrit = 0,5283 und das Maximum der Ausflussfunktion beträgt Ψmax = 0,4842.Wenn man für Dampf κ = 1,33 annimmt, ergeben sich entsprechend Πkrit = 0,5405 und Ψmax =

0,4756. Das heißt bei Dampf wird bei einem höheren Druckverhältnis Schallgeschwindigkeitim begrenzenden Querschnitt erreicht. Außerdem ist bei gleicher Fläche der maximale Volu-menstrom geringer.

Die Geschwindigkeit im begrenzenden Strömungsquerschnitt A2 ergibt sich nach Glei-chung 3.6 in Abhängigkeit vom Druckverhältnis Π und der Ruhetemperatur T1 tot vor der Dros-selstelle.

c2 =

√2

κ

κ −1R T1 tot

[1−Π

κ−1κ

](3.6)

3.2 DAMPFKEGELGESETZ

Der als Dampfkegelgesetz bezeichnete Zusammenhang zwischen dem Dampfmassenstrom mD,dem Eintrittsdruck p1 stat , dem spezifischen Volumen vor der Turbine v1 und dem Gegendruckp2 stat nach der Turbine wurde als empirische Formulierung bereits von Stodola [31] aufge-stellt. Im Folgenden wird die theoretische Herleitung des Dampfkegelgesetzes für ein vielstufi-ge Dampfturbine nach Traupel [37] erläutert. Diese Herleitung beginnt bei der Schluckzahl µ (s.Gl. 3.7) und der Kontinuitätsgleichung (s. Gl. 3.8) für eine einzelne Stufe. Es wird eine polytro-

30

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3.2 DAMPFKEGELGESETZ

pe Zustandsänderung (s. Gl. 3.9) innerhalb einer Stufe und eine konstante Drehzahl der Turbineangenommen. Der Zustand am Turbineneintritt ist mit 1 bezeichnet. Für den Turbinenaustrittwird 2 als Index verwendet.

µ =k2 cm 2√

2 ∆hs(3.7)

mDamp f = A2 φ ρ2 µ√

2 ∆hs (3.8)

v2 = v1

(p2 stat

p1 stat

) 1n

(3.9)

Mit der Annahme kleiner relativer Druckänderungen in einer Stufe kann daraus das Dampf-kegelgesetz hergeleitet werden. Um die Gleichung zu vereinfachen, wird die Gleichung aufeinen Referenzzustand, wie den Auslegungs- oder den Volllastzustand bezogen. Das Dampfke-gelgesetz nach Gleichung 3.10 gilt für alle Betriebszustände, solange der Polytropenexponentkonstant zum Referenzpunkt bleibt.

mmR

µR

p1 stat

p1 stat, R

√p1 stat, R v1, R

p1 stat v1

√√√√√√√ 1−(

p2 statp1 stat

) n+1n

1−(

p2 stat, Rp1 stat, R

) n+1n

(3.10)

Die Abbildung 3.3 stellt die drei Fälle des Dampfkegelgesetzes dar. Für eine einzelne Stufe giltdie Ausflussfunktion aus dem vorherigen Abschnitt (s. Kap. 3.1). Die Abbildung 3.3 a zeigt diedreidimensionale Ausflussfunktion in Abhängigkeit von Eintrittsdruck p1 und dem Austritts-druck p2. Entsprechend der Erläuterungen zur Ausflussfunktion gibt es für einem konstanten

p1

p2

m.

p1

p2

m.

p1

p2

m.

(a) (b) (c)

ABBILDUNG 3.3: DARSTELLUNG DES DAMPFKEGELGESETZES NACH TRAUPEL [37](a) einzelne Stufe(b) kleine Stufenanzahl(c) große Stufenanzahl

31

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

Eintrittsdruck p1 ein kritisches Druckverhältnis Πkrit , ab dem der Massenstrom nicht mehr an-steigt.

Für eine kleine Stufenanzahl gilt die Abbildung 3.3 b. Es wird von einer Hintereinander-schaltung von begrenzenden Strömungsquerschnitten ausgegangen, für die jeweils die Ausfluss-funktion gilt. Hier liegt der begrenzende Querschnitt in der letzten Stufe. Sobald die letzte Stufesperrt, kann für ein konstantes p1 der Massenstrom nicht weiter erhöht werden. Für die gesamteTurbine ergibt sich ein Zusammenhang, wie er in Abbildung 3.3 b zu sehen ist.

Mit steigender Stufenanzahl sinkt das kritische Druckverhältnis der gesamten Turbine andem die letzte Stufe sperrt. Der Punkt an dem der maximale Massenstrom erreicht wird ist ab-hängig von der Stufenanzahl. In Abbildung 3.3 c ist der Zusammenhang für eine große Anzahlan Stufen entsprechend der Gleichung 3.10 dargestellt. Die Fläche der möglichen Betriebspunk-te bildet in diesem Fall die namensgebende Kegelfläche aus.

mmR

µR

p1 stat

p1 stat, R

√p1 stat, R v1, R

p1 stat v1

√√√√ (1−Πkrit)n+1

n − (Π−Πkrit)n+1

n

(1−Πkrit)n+1

n − (ΠR −Πkrit)n+1

n(3.11)

Traupel [37] folgert aus der Abhängigkeit von der Stufenanzahl das verallgemeinerte Dampfke-gelgesetz (s. Gl. 3.11) für eine endliche Anzahl an Stufen. Dabei wird die Zustandsänderung inder Turbine auf einen Referenzpunkt bezogen berechnet. Die Größen des Referenzpunktes sind

0,4 0,6 0,8 1 0,4 0,6 0,8 1 0,4 0,6 0,8 1

0

0,2

0,4

0,6

0

0,2

0,4

0,6

r = 0k r = 0,1k r = 0,5kκ

= 1

,1κ

= 1

,33

3

krit

isch

es D

ruck

verh

ätn

is Π

[-]

krit

Machzahl in der letzten Stufe [-]

z=1z=1

22

33

55

1010

z=1z=1

22

33

55

1010

z=1z=1

22

3355

1010

z=1z=1

22

33

55

1010

z=1z=1

22

33

55

1010

z=1z=1

22

33

55

1010

ABBILDUNG 3.4: KRITISCHES DRUCKVERHÄLTNIS FÜR UNTERSCHIEDLICHE TURBI-NEN NACH TRAUPEL [37]

32

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3.3 DAMPFTURBINENREGELUNG

durch den Index R gekennzeichnet. Das Druckverhältnis von p2 zu p1 wird hier aus Gründender Übersichtlichkeit mit Π dargestellt.

Das kritische Druckverhältnis Πkrit der gesamten Turbine hängt maßgeblich von der Be-schaufelung ab. Vor allem der Reaktionsgrad rk und die höchste Machzahl in der letzten Stufeim Auslegungszustand ist von Bedeutung. Die Abbildung 3.4 zeigt in unterschiedlichen Dia-grammen das kritische Druckverhältnis Πkrit einer Turbine in Abhängigkeit von der Machzahlin der letzten Stufe, dem Reaktionsgrad rk, dem isentropen Exponenten κ und der Stufenanzahlder Turbine z.

Der Dampfmassenstrom mDamp f ist auch von der Drehzahl der Turbine abhängig. DieseAbhängigkeit kann im Fall einer konstanten Drehzahl, wie es typischerweise bei Generator-turbinen der Fall ist, vernachlässigt werden. Laut Traupel [37] ist die Berücksichtigung desDrehzahleinflusses kompliziert und meistens nicht sehr groß.

3.3 DAMPFTURBINENREGELUNG

Die Leistungsregelung der Dampfturbine erfolgt über die Änderung des Druckes vor der Tur-bine, da der Druck nach der Turbine durch den Kondensator festgelegt ist. Der Massenstromstellt sich entsprechend des Dampfkegelgesetzes ein. Da der Kondensatordruck um den Faktor104 bis 105 niedriger als der Eintrittsdruck ist, kann von einem nahezu linearen Zusammenhangzwischen dem Druck vor der Turbine und dem Dampfmassenstrom durch die Turbine für denoberen Lastbereich ausgegangen werden. Ist eine Regeleinrichtung vor der Turbine angeord-net, drosselt diese den Druck nach dem Dampferzeuger auf den notwendigen Druck vor derTurbine. Die Regeleinrichtung stellt den engsten Querschnitt im Strömungsverlauf zur Turbinedar. Dementsprechend kann man die notwendige Querschnittfläche mit der Ausflussfunktionabschätzen. Der gedrosselte Druck muss als Verlust hingenommen werden.

Im Folgenden werden nun die unterschiedlichen Regelungsarten für Dampfturbinen erläu-tert. Traupel [37] und Menny [21] unterscheiden die Dampfturbinen entsprechend der Regel-einrichtung in Drosselregelung, Düsengruppenregelung und Gleitdruckregelung. Strauß [33]hingegen kategorisiert nach dem Druckbetrieb des Dampferzeugers in Festdruckbetrieb (fasstDrossel- und Düsengruppenregelung zusammen), Gleitdruck und modifiziertem Gleitdruckbe-trieb. Der modifizierte Gleitdruck entspricht der Gleitdruckregelung, wie sie von Traupel [37]und Menny [21] präsentiert wird. Zusätzlich dazu erläutert Traupel [37] noch eine Sonderbau-form, das Überspringen von Stufen (Bypassregelung).

3.3.1 DROSSELREGELUNG

Der Aufbau einer Drosselregelung nach Traupel [37] ist in Abbildung 3.5 dargestellt. Der Druckdes Dampfes pD vor der Turbine wird durch ein Drosselventil (2) variiert, während der Kessel-

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

pE

pE´

pApD

1 2

ABBILDUNG 3.5: SCHEMATISCHER AUFBAU EINER DROSSELREGELUNG NACH TRAU-PEL [37]

druck pE vor der Regeleinrichtung konstant bleibt. Die Drosselregelung verfügt zudem überein sogenanntes Schnellschlussventil (1), um im Falle eines Lastabwurfes die Dampfzufuhr zurTurbine schnell zu unterbrechen. Entsprechend dem Dampfkegelgesetz ändert sich der Dampf-massenstrom in Abhängigkeit des durch das Drosselventil einstellbaren Druckes pD vor derTurbine.

Der entscheidende Nachteil der Drosselregelung lässt sich durch den isentropen Wirkungs-grad ηs =

∆hDA∆hs EA

verdeutlichen. Während durch den festen Enddruck des Dampferzeugers pE

vor dem Drosselventil das isentrope Totalenthalpiegefälle ∆hs EA konstant bleibt, sinkt das Tota-lenthalpiegefälle ∆hDA, das von der Turbine verarbeitet wird, je stärker der Druck pD gedrosseltwird (s. Abb. 3.8 a). Im Teillastbereich ergibt sich dadurch ein schlechterer isentroper Wirkungs-grad ηs EA.

Nach Menny [21] wirkt sich allerdings der sinkende Druck pD positiv aus, da die Druck-zahlen der Turbinenstufe im Teillastbereich sinken und dadurch die Stufenwirkungsgrade ge-ringfügig steigen können. Die entscheidenden Vorteile sind die einfache Konstruktion und einguter Volllastwirkungsgrad. Strauß [33] ordnet diese Regelung dem Festdruckbetrieb (Druck imDampferzeuger konstant) zu und nennt als weiteren Vorteil eine schnelle Leistungsdynamik. Dadas Ventil nahezu verzögerungsfrei auf die Leistungsregelung reagiert, kann trotz der Trägheitder Dampferzeugung eine schnelle Leistungsänderung erreicht werden, indem die Druckspei-cherfähigkeit des Dampfkreislaufes (Kessel und Speisewassertrommel) genutzt wird.

3.3.2 DÜSENGRUPPENREGELUNG

Die Düsengruppenregelung basiert auf der Drosselregelung und wird ebenfalls bei einem festenKesseldruck pE betrieben [33]. In Abbildung 3.6 ist der schematische Aufbau einer Düsengrup-penregelung nach Taupel [37] zu sehen.

34

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3.3 DAMPFTURBINENREGELUNG

Der Dampf wird nicht nur durch eine, sondern durch mehrere parallel geschaltete Dros-seln bzw. Ventile geleitet. Bei einer Düsengruppenregelung ist der eigentlichen Turbine eineRegelstufe vorangestellt. Im Leitradring der Regelstufe, die als Gleichdruckstufe ausgelegt ist,wird ein hohes Druckgefälle abgebaut und eine hohe Strömungsgeschwindigkeit erreicht. Manspricht beim Leitrad einer Regelstufe von Düsen. Die unterschiedlichen Ventile versorgen je-weils einen festen Teil des Ringquerschnittes der Düsen der Regelstufe mit Dampf (s. Abb. 3.6 I -IV). Die beaufschlagten Segmente des Ringquerschnittes werden als Düsengruppen bezeichnet.Sind nicht alle Düsengruppen mit Dampf beaufschlagt, spricht man von einer Teilbeaufschla-gung der Regelstufe. Bei einer Teilbeaufschlagung kommt es sowohl zwischen den Düsen unddem Laufrad als auch im Bereich zwischen Regelstufe und Turbine, der sogenannten Radkam-mer, zu einer Sekundärströmung in Umfangsrichtung aufgrund der inhomogenen Massenstrom-verteilung. Die Sekundärströmungen können der Rotation des Laufrades entgegenwirken [33].Die Regelstufe ist immer als Gleichdruckstufe ausgelegt, da aufgrund der Teilbeaufschlagungeine höhere Reaktion im Spalt zwischen Düse und Laufrad der Regelstufe die Sekundärströmun-gen verstärken würde. Aufgrund einer hohen Beschleunigung im Leitrad setzt die Regelstufeein hohes Enthalpiegefälle um, allerdings ist der isentrope Wirkungsgrad der Regelstufe deut-lich niedriger als der einer typischen Reaktionsturbinenstufe.

Durch die Aufteilung auf mehrere Ventile kann gegenüber der Drosselregelung ein besse-rer Teillastwirkungsgrad erreicht werden (s. Abb. 3.8 b), da die Drosselverluste für eine voll ge-öffnete Düsengruppe geringer ausfallen. Allerdings entstehen durch die Sekundärströmungenaufgrund der Teilbeaufschlagung zusätzliche Verluste, die als Ventilationsverluste bezeichnetwerden. Im Volllastpunkt hingegen wirkt sich der schlechte Stufenwirkungsgrad der Regelstu-fe negativ auf den Gesamtwirkungsgrad der Turbine aus. Er liegt unter dem Wirkungsgrad derDrosselregelung ohne Düsengruppen.

pD

pRK

pA

pE

pE´

I II III IV

ABBILDUNG 3.6: SCHEMATISCHER AUFBAU EINER DÜSENGRUPPENREGELUND NACHTRAUPEL [37]

35

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

3.3.3 GLEITDRUCKREGELUNG

Im Gegensatz zu der Drossel- oder Düsengruppenregelung ist bei der Gleitdruckregelung kei-ne Regeleinrichtung vor der Dampfturbine angeordnet. Um den Druck vor der Dampfturbineund damit den Dampfmassenstrom entsprechend dem Dampfkegelgesetz anzupassen, wird derDruck im Dampferzeuger durch die Speisepumpe angepasst. Dadurch entfällt eine verlustbe-haftete Drosselstelle in der Dampfleitung zur Turbine. Indem man den Druck pE im Teillast-bereich anpasst, wird das isentrope Enthalpiegefälle im Teillastbereich geringer und damit derisentrope Wirkungsgrad ηs EA höher als bei der Drosselregelung (s. Abb. 3.8 c). Zusätzlich istder Leistungsverbrauch der Speisepumpe im Teillastbereich geringer. Allerdings wird im Teil-lastbereich der thermische Wirkungsgrad durch die verringerte Temperatur der Wärmezufuhrim Prozess verringert [21]. Insgesamt kann jedoch eine Wirkungsgradsteigerung gegenüber derDrosselregelung vor allem im Teillastbereich erreicht werden.

Zusätzlich zu diesem Vorteil nennt Strauß [33] noch die Lebensdauersteigerung aufgrundder geringeren Druckbeanspruchung der meisten Komponenten im Dampfkreislauf. Gegenüberder Düsengruppenregelung können die Düsengruppen und Regelstufe eingespart und ein Kos-tenvorteil erreicht werden.

Allerdings ist die Laständerungsgeschwindigkeit durch die Trägheit des Dampferzeuger-kreislaufes und der zulässigen Temperaturgradienten in den Verdampferbauteilen deutlich lang-samer als bei den obengenannten Regelverfahren mit Festdruckbetrieb.

3.3.4 MODIFIZIERTER GLEITDRUCK

Der modifizierte Gleitdruck ist ein Kompromiss aus Gleitdruck- und Drosselregelung [33]. Ana-log zur Drosselregelung ist ein Ventil vor der Dampfturbine angeordnet. Alle schnellen Lastän-derungen können über das Ventil erreicht werden. Während durch die Speisepumpe der Ver-dampfungsdruck nachgeregelt wird und das Drosselventil anschließend wieder geöffnet wird.Der Verlauf der Zustandsänderung ist in Abbildung 3.8 d dargestellt. Der Druckverlust durchdie Regeleinrichtung reduziert den Wirkungsgradgewinn, so dass laut Traupel [37] die Wir-kungsgradsteigerung gegenüber dem Drosselverfahren nur noch durch die im Teillastbereichverringerte Leistung der Speisepumpe erreicht wird.

3.3.5 REGELUNG DURCH ÜBERSPRINGEN VON STUFEN

Als Sonderbauform nennt Traupel [37] die Regelung durch Überspringen von Stufen, die ei-ne kurzfristige Steigerung der Turbinenleistung über die Normallast hinaus ermöglicht. Ent-sprechend der Abbildung 3.7 wird ein Bypassventil (2) verwendet, um die ersten Stufen derTurbine zu überbrücken. Auf die nachfolgenden Stufen wird ein höherer Druck im Vergleichzum geschlossenen Bypassventil aufgeprägt. Infolge des Dampfkegelgesetzes wird durch den

36

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3.3 DAMPFTURBINENREGELUNG

hinteren Turbinenteil ein höherer Massenstrom durchgesetzt und damit mehr Leistung erzeugt.Allerdings ist der Dampfmassenstrom durch das Bypassventil mit zusätzlichen Drosselverlus-ten behaftet. Außerdem sind der Dampfmassenstrom und damit die Geschwindigkeit höher, sodass beim Bypassen die Schaufelwirkungsgrade sinken. Das heißt, dass die Leistungssteigerungmit einem Wirkungsgradverlust erkauft wird. Diese Sonderbauform ist lediglich als Alternati-ve für Dampfturbinen interessant, die selten eine Spitzenlast erzeugen müssen und meistens ineinem mittleren Teillastbereich betrieben werden. Traupel [37] gibt an, dass eine Überlast von50% mit dem Bypassen der ersten Turbinenstufen möglich ist. Diese Regelungsart könnte beiDampfturbinenanwendungen zum Ausregeln der Residuallast aufgrund der Einspeisung vonfluktuierender regenerativer Energie wieder an Bedeutung gewinnen.

pE

pE´pD

pA

1

2

ABBILDUNG 3.7: SCHEMATISCHE AUFBAU EINER REGELUNG DURCH ÜBERSPRINGENVON STUFEN NACH TRAUPEL [37]

37

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3 REGELUNG VON DAMPFTURBINEN

(d)

Δh

s to

t

Δh

tot

N

Δh

tot

pA

pD, N

pD

pE

(a)

h

s

Δh

tot

Δh

tot

N

Δh

s to

t

pA

pRK, N

pD

pE

pRK

(b)

sh

Δh

tot

NΔh

tot

Δh

s to

t

Δh

s to

t N

pA

p = pE D

p = pE, N D, N

(c)

s

h

Δh

s to

t N

Δh

tot

Δh

tot

N

Δh

s to

t

pA

pD, N

pD

pE

pE, N

s

h

Volllast Teillast

polytrop

polytrop

polytrop isobar

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

polytrop

isotherm

eisoth

erme

ABBILDUNG 3.8: H-S DIAGRAMME DER UNTERSCHIEDLICHEN DAMPFTURBINEN RE-GELUNGEN(a) Drosselregelung [37](b) Düsengruppenregelung [21](c) Gleitdruckregelung [21](d) modifizierter Gleitdruck

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4 STAND DER TECHNIK

Untersuchungen der Strömung durch ein Regelventil für Dampfturbinen sind eine untergeord-nete Problemstellung in der Entwicklung von Dampfturbinen. Selten gibt es Veröffentlichungenzu diesem Thema. Dennoch ist bereits in den 1970er Jahren die Problematik von den im Betriebauftretenden Vibrationen der beweglichen Teile des Regelventils aufgrund von Fluid-StrukturInteraktion erkannt worden. Diese Fluid-Struktur Interaktion kann in einigen Betriebsbereichenzu einer Resonanz und dadurch zu einer starken Belastung der Komponenten des Regelventilsführen. Es wird deutlich, dass instationäre Strömungsablösungen nach der Drosselstelle der Re-geleinrichtung einen entscheidenden Einfluss auf das Auftreten von Fluid-Struktur-Interaktionmit einer Anregung der mechanischen Bauteile des Ventils haben. Die Frequenz und die Ampli-tude von Druckschwankungen im Nachlauf des Ventils sind relevant in Bezug auf eine akusti-sche oder mechanische Resonanz. Als Maßnahme gegen eine Fluid-Struktur Interaktion postu-lieren die meisten Veröffentlichungen eine Änderung des Regelventildesigns, um die ursächli-chen Strömungsablösungen für die Anregung zu reduzieren. Die nachfolgende chronologischeZusammenfassung der Literatur zum Thema wird sich entsprechend zuerst mit den Frequenzen,dann mit der Strömung im Ventil und schließlich mit den Änderungsvorschlägen zum Ventilde-sign befassen.

4.1 FREQUENZ UND AMPLITUDE

Beim Betrieb einer Dampfturbine kann es zu einer starken Fluid-Struktur Interaktion zwischendem beweglichen Ventilkegel und der Strömung im Ventildiffusor kommen (s. Abb. 5.2). Aufden Ventilkegel wirken durch den Druckgradienten am Ventil Kräfte ein. Aufgrund einer insta-tionären Strömung im Ventildiffusor können diese Kräfte auf den Ventilkegel verstärkt werdenund eine Beschädigung des Ventilkegels zur Folge haben [14] [43]. Die Frequenz der Druck-pulsationen der instationären Strömung im Ventildiffusor ist entscheidend und sollte keine Re-sonanz im Ventilkegel und der Ventilspindel erzeugen. Die Frequenzen und Amplituden derDruckschwankungen im Ventildiffusor variieren je nach Anregung und sind sowohl von demÖffnungsverhältnis OR = h/D, dem Druckverhältnis PR = p2/p1, dem Design des Ventilke-gels und -diffusors, als auch vom Versuchsaufbau und -fluid abhängig. Zu beachten ist, dassVersuche mit Luft entsprechend der thermodynamischen Ähnlichkeit (s. Kap. 5.2) eine deutlichgeringere Frequenz als Messungen mit Dampf ergeben.

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4 STAND DER TECHNIK

1979 machten Deich et al. [7] unter anderem Untersuchungen zum Einfluss der Dampfnäs-se auf den Betrieb eines einzelnen Regelventils. Sie maßen die Frequenz der Druckpulsationenmit 1250 - 1300 Hz für überhitzten Dampf und mit 500 - 600 Hz für Sattdampf.

Die Messungen von Tajc [34] an einer 1000 MW Dampfturbine mit Drosselventilen fürKernkraftwerke konzentrierten sich auf den Vergleich zweier Ventildesigns (s. Abb. 4.1 b) be-züglich der Frequenz der Druckpulsationen und Beschleunigung des Ventilkegels. Für das Aus-gangsdesign konnten Druckschwankungen bis 2,7 bar (4,3 % des Dampfdruckes vor dem Ven-til) bei Frequenzen bis 350 Hz festgestellt werden. Bei Frequenzen über 500 Hz erreichten dieDruckschwankungen 3,4 bar bzw. 5 % des Dampfdruckes vor dem Ventil. Außerdem konnte einMaximum der Beschleunigung des Ventilkegels bei 900 Hz gemessen werden. Das optimierteVentildesign erreichte eine deutliche Reduzierung der Druckschwankungen auf 0,7 bar (1,1 %)bis 350 Hz und 0,18 bar (0,3 %) für über 500 Hz. Das Beschleunigungsmaximum bei 900 Hzkonnte um den Faktor 10 reduziert werden.

Hardin et al. [14] untersuchten einen Schadensfall an einer Dampfturbine. Beim Betriebeiner Dampfturbine mit Balkensteuerung mit runden Ventilkegeln (s. Abb. 4.1 a, I) kam es zumVersagen der Ventilspindel. Beim anschließenden Betrieb mit einem Ventilkegel mit Abrisskan-te 4.1 a, II kam es erneut zum Abriss des Ventilkegels von der Ventilspindel. Sowohl beimAusgangsdesign, als auch beim neueren Design kam es kurz vor dem Versagen zu einem häm-mernden Geräusch, was als „rumble-strip“ Vibrationen1 bezeichnet wird. Diese Vibration tratkurz vor dem maximalen Öffnen des 2. Ventils mit einer Frequenz von 30 - 40 Hz auf. Es wur-de eine Druckamplitude von 5,3 bar oder 4,7 % des Dampfdruckes vor dem Ventil gemessen.

1rumble-strip: Englisch für das Geräusch, dass beim Überfahren von Straßenmarkierung entsteht

(b)(a)

I II III

IV V

ABBILDUNG 4.1: UNTERSCHIEDLICHE DESIGNS VON REGELVENTILEN 1(a) Ventilkegelformen nach Hardin et al. [14](b) Ventil mit Schalldämpfer nach Tajc et al. [34]

40

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4.2 STRÖMUNGSFORMEN

Daraufhin wurde ein weiter modifizierter Ventilkegel 4.1 (a-III) in die Dampfturbine eingebaut.Zu diesem Design wird in der Quelle lediglich die Aussage getroffen, dass gelegentlich leichteVibration, aber keine schwereren „rumble-strip“ Vibrationen auftreten.

Morita et. al. [23] verwendeten einen mit Luft betriebenem Versuchsstand, um die Strö-mung in einem Drosselventil mit kugelförmigen Ventilkegel zu untersuchen. Die Besonderheitdes experimentellen Aufbaus ist ein zylindrischer Nachlauf hinter der Drosselstelle. Typischer-weise ist hier ein Diffusor zur Druckrückgewinnung angeordnet. Die Experimente zeigten einvom Autor als rotierende Druckschwankung bezeichnetes Phänomen. Diese Druckschwankun-gen liefen mit 75 Hz bei einem Öffnungsverhältnis von OR = 0,0325 und mit 150 Hz beiOR = 0,0142 in Umfangsrichtung um.

In dem Artikel von Zaryankin et al. [41] werden Untersuchungen zu Regelventilen mitSchubstange präsentiert. Es wird ein verbessertes Ventil untersucht und die Amplituden vonDruckschwankungen im Ventilgehäuse und -diffusor gemessen. Diese werden mit 2,75 % bzw.5,1 % des Druckes im Ventilgehäuse quantifiziert.

Die Untersuchungen von Liu [20] an einem Regelventil für Dampfturbinen wurden an ei-nem mit Luft betriebenen Versuchsstand durchgeführt. Es wurde vor allem der Einfluss desVentileinlasses und des Ventilauslasses betrachtet. Mittels FFT-Analyse von transienten Druck-messungen konnten dominante Frequenzen bei 1,17 Hz und 4,3 Hz für das Ausgangsventilfestgestellt werden. Bei einer Vergrößerung des Ventileinlasses um 30% betragen die domi-nierenden Frequenzen 1,56 Hz und 2,54 Hz. Wird nun zusätzlich der Ventilauslass um 25%vergrößert, kann eine erneute Änderung der Frequenzen auf 0,39 Hz und 1,76 Hz beobachtetwerden.

Die zentralen Aspekte des Ventildesign von Tecza et al. [35] sind eine Führungshülse undDruckausgleichsbohrungen im Ventilkegel, um die Hubkräfte beim Verfahren des Ventils zureduzieren. Messungen am Regelventil mit Dampf zeigen dominante Frequenzen bei 540 - 560Hz und 800 - 850 Hz beim Öffnen des Ventils. Diese Frequenzen konnten mit einem CFD-Modell, das Fluid-Struktur Interaktion abbilden kann, reproduziert werden.

4.2 STRÖMUNGSFORMEN

Einige Autoren haben grundlegende Untersuchungen zu den möglichen Strömungsformen inRegelventilen durchgeführt. In den nachfolgenden Ausführungen werden die Veröffentlichun-gen zusammengefasst, die allgemeine Aussagen über die Ventilströmung anstellen.

Nach Heymann und Staiano [15] können bei Regelventilen idealerweise zwei grundlegen-de Strömungsarten unterschieden werden. Zum einen eine Kernströmung und zum anderen eineRingströmung. Bei einer Kernströmung bildet sich ein auf dem kompletten Umfang abgelösterFreistrahl in der Mitte des Ventildiffusors aus. Dieser Freistrahl ist instabil und erzeugt Vibratio-nen beim Betrieb des Ventils. Die Ringströmung hingegen liegt auf dem kompletten Umfang an

41

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4 STAND DER TECHNIK

Cutoff Konkav Hybrid

ABBILDUNG 4.2: VENTILSTRÖMUNG NACH HARDIN ET AL. [14]

der Wand des Ventildiffusors an und weißt eine Rezirkulationszone auf der Achse des Diffusorsauf. Diese Strömungsform ist stabil und führt zu einem vibrationsärmeren Ventilbetrieb.

Von Hardin et al. [14] durchgeführte zweidimensionale CFD Untersuchungen zu unter-schiedlichen Ventilkegelformen (s. Abb. 4.1 a, III-V) führten zu den in Abbildung 4.2 darge-stellten Ergebnissen. Zu sehen ist die Rückströmzone unterhalb des Ventilkegels jeweils fürgeringen Hub (links) und hohen Hub (rechts). Diese Rückströmzone ist ein Indikator für dieStabilität der Ventilströmung. Erstreckt sich die Rezirkulation über die gesamte Länge des Dif-fusors liegt eine an der Wand anliegende Ringströmung vor. Man erkennt, dass der sogenannteCutoff-Kegel (III) für einen niedrigen Hub eine stabile Strömung, für hohen Hub jedoch eineinstabile Strömung produziert. Ein konkav geformter Kegel (IV) hingegen produziert bei nied-rigem Hub eine instabile und bei hohem Hub eine stabile Strömung. Beim Hybridkegel (V) alsKombination der beiden Kegelformen ist entsprechend der Ergebnisse von Hardin et al. [14]sowohl bei niedrigem, als auch bei hohem Hub eine stabile Ringströmung zu erwarten.

CFD Simulationen von Zhang und Engeda [42] vergleichen die zweidimensionale Strö-mung eines Ventilquerschnitt mit rundem Ventilkegel und einem Ventilkegel mit Abrisskante.Die Ergebnisse für das Ventil mit rundem Ventilkegel zeigen ähnliche Strömungsformen imVentildiffusor, wie die Experimente aus einem nachfolgenden Artikel von Zhang et. al [43]. DasVentil mit einer Abrisskante hingegen zeigt für hohe Druckverhältnisse eine auf beiden Seitenangelegte Strömung. Für kleine Druckverhältnisse entsteht eine vom Ventildiffusor abgelösteStrömung, die jedoch symmetrisch zur Ventilachse ist. Diese Veränderung der Strömungsfor-men führt zu einer signifikanten Reduzierung der lateralen Belastungen des Ventilkegels.

Zhang et. al. [43] stellten anhand von Messungen an einem Versuchsstand mit Luft alsFluid die in Abbildung 4.4 dargestellten Strömungsformen im Ventildiffusor fest. Für die Mes-sungen ist ein kugelförmiger Ventilkegel verwendet worden. Mit Sensoren am Ventilkegel undam Ventildiffusor sind Druckmessungen durchgeführt und daraus die dargestellten Strömungs-formen im Ventil abgeleitet worden. Die Abbildung 4.3 zeigt die Betriebsbereiche in denendie unterschiedlichen Strömungsformen aus Abbildung 4.4 auftreten. Der Bereich E stellt den

42

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4.2 STRÖMUNGSFORMEN

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1,0

0,2

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8

AA

CC

DD

EE

Öffnungsverhältnis OR [-]

Dru

ckve

rhäl

tnis

PR

[-]

ABBILDUNG 4.3: BETRIEBSBEREICHE DER STRÖMUNGSFORMEN NACH ZHANG ET AL.[43]

Form D

Form C1

Form C2

Form E

Form C0

Form C3

Form A Form D

Form C1

Form C2

Form E

Form C0

Form C3

Form A

ABBILDUNG 4.4: STRÖMUNGSFORMEN BEI EINEM RUNDEN VENTILKEGEL NACHZHANG ET AL. [43]

43

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stabilen Betriebsbereich des Ventils mit voll durchströmtem Ventildiffusor dar. Bei kleinen Öff-nungsverhältnissen treten Strömungsablösungen im Ventil auf. In den Bereichen A, D und Etreten nur Druckschwankungen mit kleinen Amplituden auf. Der Bereich C ist relevant, da hierunterschiedliche Strömungsformen einander abwechseln. Hier kann die Amplitude der Druck-schwankungen bis zu 12 % bezogen auf den Druck vor dem Ventil betragen. Dieser Bereichdes Kennfeldes weist eine instabile Strömung mit hoher Amplitude auf und sollte im Betriebgemieden werden.

In einem 2008 veröffentlichtem Artikel von Liu et al. [20] über ein seitlich angeström-tes Regelventil mit einer Führungshülse um den Ventilstempel, wird unter anderem festgestellt,dass die Strömung im Regelventilgehäuse einen Einfluss auf die Stabilität der Ventilströmunghat. Ein Teil des Fluides umströmt die Ventilhülse und formt eine Rezirkulationszone hinter derHülse. Es kommt zu einer unterschiedlichen Anströmung des Drosselquerschnittes. Bei der Mi-schung des Fluidstromes unter dem Ventilkegel kann es dadurch zu einer aufwärtsströmendenRückströmung gegen den Ventilkegel kommen.

4.3 VENTILDESIGN

Es folgt eine Aufführung einiger Regelventildesigns mit deren speziellen Merkmalen. Die Ver-öffentlichungen haben typischerweise ein Ausgangsdesign, das unter gewissen Gesichtspunktenoptimiert wurde oder mit einem neuen Design verglichen wird. Die Auflistung umfasst Ventilefür unterschiedliche Regelungsarten von Dampfturbinen (s. Kap. 3).

Die Veröffentlichung von Hardin [14] befasst sich mit der Konturierung des Ventilkegels.Ausgangsform ist ein kugelförmiger Ventilkegel. Die im oberen Schema der Abbildung 4.1 a

dargestellten Konturen sind in einer Dampfturbine unter realen Bedingungen eingesetzt worden.Sowohl der kugelförmige Ventilkegel (I) als auch der Ventilkegel mit einer Abrisskante (II) führ-ten zu instabilen Strömungen und zu einem Versagen des Ventilstempels. Das sogenannte CutoffDesign (III) führte zu einer Verbesserung und wird seitdem in der Dampfturbine verwendet. Ba-sierend auf diesen Erkenntnissen führten Hardin et al. [14] eine Untersuchung mit numerischenSimulationen durch. Neben der Ausgangsform und dem stabil funktionierenden Cutoff Designsind zwei weitere Ventilkegelformen untersucht worden. Eine konkav geformte Ventilkegelkon-tur (IV), die sich am Radius des Ventildiffusors orientiert und ein Hybriddesign aus der Cutoffund konkaven Form (V). Alle Ventilkegelformen haben eine nahezu lineare Öffnung-Hub Cha-rakteristik ohne Wende- oder Sattelpunkte.

Die obere Skizze der Abbildung 4.1 b (links) zeigt ein typisches Design eines Drossel-ventils von Dampfturbinen für Kernkraftwerke. Die Kontur von Diffusor und Kegel bildet eineLavaldüse die bei Überschallbedingungen ein Stoßsystem erzeugt. Zur Reduzierung von Druck-schwankungen wird von Tajc et al. [34] ein Design mit einem Schalldämpfer am Diffusor vor-gestellt (s. Abb. 4.1 b, rechts). Dieser Schalldämpfer umschließt den Ventilkegel im unteren

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4.3 VENTILDESIGN

Bereich. Somit arbeitet der Schalldämpfer vor allem bei geringem Ventilhub als Strömungs-gleichrichter und stabilisiert dadurch die Strömung und reduziert die Frequenz und Amplitudevon Druckschwankungen.

Auch Zhang und Engeda [42] schlagen eine Abrisskante am Ventilkegel zur Verbesserungdes Betriebsverhaltens vor. Bei hohen Druckverhältnissen formt sich eine stabile Ringströmungaus. Bei geringen Druckverhältnissen hingegen eine instabile Kernströmung.

Im Gegensatz zu den anderen Veröffentlichungen in diesem Abschnitt beschäftigt sich dieArbeit von Zaryankin et al. [41] mit einem Ventil mit einer Schubspindel (s. Abb. 4.5 b). ImGegensatz zu der Zugspindel, wie sie in den anderen Veröffentlichungen vorgestellt wird, istbei diesem Design die Ventilspindel unterhalb des Ventilgehäuses angeordnet und drückt denVentilkegel gegen den Druck im Regelventilgehäuse aus dem Ventildiffusor nach oben. Der ent-scheidende Vorteil dieses Aufbaus ist laut Zaryankin et al. [41], dass sich die Druckspannungenim Gegensatz zu Zugspannungen positiv auf die Ausfallwahrscheinlichkeit der Ventilkompo-nenten auswirkt. Als Nachteil wird eine schlechtere Dichtwirkung angeführt. Auch Zaryankinet al. [41] vergleichen ein Design (s. Abb. 4.5 b, links) mit einer optimierten Variante (s. Abb.4.5 b, rechts). Das neue Design ersetzt die runde Ventilkegelform mit einer kegelförmigen Kon-tur. Beide Varianten verfügen über Ausgleichsbohrungen, die mit einem Hohlraum innerhalbdes Ventilkegels verbunden sind. Entsprechend des Artikels wirken diese Ausgleichsbohrungenwie ein aerodynamischer Dämpfer. Dieser Dämpfer entkoppelt die Druckschwankungen derStrömung vom Bauteil und verhindert dynamische Beanspruchungen auf den Ventilkegel unddie Ventilspindel. Das neue Design weist im Gegensatz zum Ausgangsdesign eine veränder-te Anordnung der Ausgleichsbohrungen auf. Der aerodynamische Verlust bei voll geöffnetemVentil kann dadurch reduziert werden.

(a) (b) (c)

ABBILDUNG 4.5: UNTERSCHIEDLICHE DESIGNS VON REGELVENTILEN 2(a) Regelventildesign mit Führungshülse nach Tecza et al. [35](b) Regelventildesign mit Schubspindel nach Zaryankin et al. [41](c) Regelventil mit kombiniertem Ventildesign nach Zanazzi et al. [39]

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4 STAND DER TECHNIK

Der Artikel von Tecza et al. [35] schlägt ein Ventildesign mit Führungshülse und Aus-gleichsbohrungen vor (s. Abb. 4.5 a). Der Ventilkegel ist in einer Führungshülse montiert, dieden Ventilkegel gegen die Strömungskräfte stabilisieren soll. Darüber hinaus ist ein Ventilkegelmit einer Abrisskante vorgesehen. Die Ausgleichbohrungen verbinden das Regelventilgehäu-se vor der Drosselstelle mit dem Ventildiffusor hinter der Drosselstelle. Durch diesen Bypasswird ein Teil des Massenstromes am eigentlichen Regelquerschnitt vorbei geleitet. Dieser By-passmassenstrom wird an der Kegelunterseite quer zum Hauptmassenstrom eingeleitet und solldadurch die Strömung zum Diffusor umlenken und somit die gesamte Strömung stabilisieren.Beim ersten Design (s. Abb. 4.5 a, links) traten im Betrieb Druckschwankungen auf, die imBereich der Eigenfrequenz der Ventilbaugruppe von 553 Hz lagen. Durch ein neues Designmit einer anderen Anordnung der Ausgleichsbohrungen (s. Abb. 4.5 a, rechts) konnten dieseDruckschwankungen unterdrückt werden.

Zanazzi et al. [39] stellen in ihrer Arbeit ein kombiertes Design aus Schnellschlussventilund Regelventil vor. Dieses Design ist in Abbildung 4.5 c dargestellt (links - voll geöffnet; rechts- voll geschlossen). Das Schnellschlussventil ist innerhalb des regelenden Ventils angeordnet.Beide Ventils verfahren also auf der gleichen Achse. Eine weitere Besonderheit dieses Designsist der ringförmige Diffusor, der anschließend in einen Radialdiffusor übergeht.

4.4 SONSTIGE VERÖFFENTLICHUNGEN

Abschließend folgt eine chronologische Zusammenfassung verschiedener Veröffentlichungen.Diese befassen sich mit Aspekten von Regelventilen, die für vorliegende Arbeit nicht direktrelevant sind.

Khanin [18] stellte 1975 ein Feder-Dämpfer-Modell für Regelventile von Dampfturbinenvor. Dieses Modell validierte er mit Messungen an einem einfachen Ventilversuchsstand.

Der Einfluss von Dampfnässe und des Ventilhubs auf den Betriebszustand eines Regel-ventils ist von Deich et al. [7] untersucht worden. Der Einfluss wird durch die Änderung derAusflusszahl bewertet. Er stellt fest, dass die Ausflusszahl bei Nassdampf stets größer ist als beiüberhitztem Dampf. Außerdem sinkt mit steigendem Hub die Ausflusszahl ab.

Eine Veröffentlichung, die den grundlegenden Zusammenhang zwischen dreidimensiona-len Strömungsablösungen und deren zweidimensionalen topologischen Strukturen erläutert, wur-de 1983 von Dallmann [6] veröffentlicht.

Gbadebo [12] nutzt den Ansatz von Dallmann [6], um die dreidimensionalen Ablösun-gen in Verdichtern zu untersuchen und verdeutlicht damit die Strömung in Ablösungen an Ver-dichterschaufeln.

In seinem Artikel weist Hardin et al. [14] auf die Resonanz von Sensoren hin, die nicht bün-dig an der Oberfläche angebracht sind. Ist das Messvolumen über eine Bohrung mit dem Strö-mungsraum verbunden, stellt sich eine Resonanzfrequenz ein, bei der sich im Messvolumen vor

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4.5 PROBLEMSTELLUNG

den Druckaufnehmern eine stehende Welle ausbildet und eine große Druckamplitude erzeugt.Diese Resonanz verfälscht das Messergebnis und kann unter Umständen den Druckaufnehmerbeschädigen. Bei der Auslegung der Messtechnik ist darauf zu achten, dass die Resonanzfre-quenz des Messvolumens ein Vielfaches der zu erwartenden Frequenz der Druckschwankungenim Ventildiffusor beträgt.

Morita et al. [23] beobachten bei ihren Messungen eine Amplitudenspitze bei einer sehrhohen Frequenz von 4000 - 5000 Hz. Dieser Peak entspricht der Resonanzfrequenz des Nach-laufrohres hinter dem Ventil. Es ist zu beachten, dass Morita et al. [23] keinen Diffusor nachder Drosselstelle verwenden, sondern direkt in eine zylindrische Rohrleitung übergehen. Einezylindrische Rohrstrecke kann leichter durch die vom Autor beobachteten rotierenden Druck-schwankungen angeregt werden, so dass sich eine stehende Welle im Nachlaufrohr ausbildet.

Ein Zusammenhang der Strömungsstabilität im Ventil und dem Verhältnis von Einlass-und Austrittsfläche des Regelventils wird von Liu et al. [20] beschrieben. Ihre Beobachtungenführen zu der Aussage, dass eine Vergrößerung der Ein- und Austrittsfläche die Asymmetrie derStrömung reduziert und damit die Frequenz der Strömungsablösung absenkt. Zusätzlich kannbei den untersuchten Ventilen eine Steigerung des Durchflusskoeffizienten um 27% erreichtwerden.

Zanazzi et al. [39] führen an ihrem kombinierten Ventildesign (s. Abb. 4.5 c) eine Opti-mierung des Druckverlustes durch. Dabei kann durch eine stärkere Querschnitterweiterung imhinteren Bereich des Ringdiffusors eine verbesserte Strömung im Radialdiffusor erreicht undder Druckverlust um ca. 6% reduziert werden.

In dem Artikel von Zanazzi et al. [40] wird die Fluid-Struktur-Interaktion am Ventilkegelmit numerischen Simulationen nachgebildet. Die Simulationen zeigen eine ähnliche Ergebnissewie vergleichbare Experimente.

Eine mathematische Berechnungsvorschrift für den Druckverlust des Ventildiffusors wirdvon Bianchini et al. [2] vorgestellt. Diese Korrelation wird anhand von Strömungssimulationenvalidiert.

4.5 PROBLEMSTELLUNG

Die Literaturrecherche zeigt, dass die grundlegenden Mechanismen der Ventilströmung bekanntsind. Vor allem kann festgehalten werden, dass eine ringförmige Strömung, die auf dem kom-pletten Umfang an der Oberfläche anliegt, im Nachlauf der Drosselstelle erstrebenswert ist.Generell sind Strömungsablösungen Ursache von asymmetrischen Druckbelastungen auf alleBauteile des Ventils. Besonders gefährdet sind hier die beweglichen oder exponierten Kompo-nenten, vor allem der Ventilkegel. Der Ventilkegel ist auch die entscheidende Komponente desVentils, der eine instationäre Strömungsablösung verursacht und damit eine instabile Strömungbegünstigt.

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4 STAND DER TECHNIK

Konstruktive Maßnahmen zur Reduzierung des instabilen Betriebsbereichs verändern ty-pischerweise den Ventilkegel und beeinflusst die Strömungsablösung. Es zeigt sich, dass dieseMaßnahmen instationäre Ablösungen mit starken Fluid-Struktur-Interaktionen verhindern. Den-noch kann es bei kleinem Öffnungsverhältnis, typischerweise beim Anfahren der Dampfturbine,zu einer instationären Strömung aufgrund einer Strömungsablösung am Ventildiffusor kommen.Diese Ablösung kann konstruktiv nicht umgangen werden. Der Einlaufbereich des Diffusorsmuss mit dem Ventilkegel eine stetige Düse formen. Der Nachlaufbereich des Ventildiffusorsmuss eine konstante Verzögerung der Strömung erreichen, um die Totaldruckverluste des Ven-tils und der anschließenden Rohrleitung zur Turbine zu reduzieren. Der Diffusor ist stets anfälligfür Strömungsablösungen.

Unterschiedliche Methoden, eine Strömungsstabilisierung zu erreichen sind bereits unter-sucht worden. Eine Abrisskante am Ventilkegel ist eine konstruktiv einfache Maßnahme undermöglicht die Beeinflussung des Ablösepunktes der Strömung vom Ventilkegel. Der Betriebs-bereich mit instationären Ablösungen und starker Fluid-Struktur-Interaktion im Ventil kanndeutlich reduziert werden. Allerdings kann dadurch nicht verhindert werden, dass bei kleinenÖffnungsverhältnissen eine instabile Kernströmung auftritt. Das Auftreten dieser Kernströmungund damit der instabile Betriebsbereich kann durch weitere konstruktive Maßnahmen weiterreduziert werden. Maßnahmen wie Ausgleichsbohrungen zum Regelventilgehäuse oder eineAusgleichskammer im Ventilkegel sind allerdings konstruktiv aufwendig.

Für die Überprüfung eines geänderten oder optimierten Regelventils sind umfangreicheVersuche erforderlich. Aufgrund der Komplexität des untersuchten Strömungsproblems sinddetaillierte Messungen schwierig. Es empfiehlt sich die Experimente durch numerische Strö-mungssimulationen zu ergänzen, um die Strömung im Regelventil besser aufzulösen. Allerdingssind numerische Strömungssimulationen ebenfalls aufwändig und eine Konvergenz der Lösungstark von den Randbedingungen und dem Rechengitter abhängig. Aufgrund der instationärenBedingungen ist eine aussagekräftige Darstellung, sowohl anhand der experimentellen Ergeb-nisse, als auch anhand der Simulationsergebnisse, schwierig.

Die vorliegende Arbeit behandelt eine Methode zur anschaulichen Darstellung der Simu-lationsergebnisse. Der Anspruch an diese Darstellung ist eine einfache Aussage über das Vor-handensein von Strömungsablösungen im Ventildiffusor. Die Darstellungsmethode soll durcheine Fallstudie veranschaulicht werden. Als Fallstudie wird ein Regelventil für eine Dampf-turbine mit Düsengruppenregelung untersucht. Dieses Regelventildesign soll eine unabhängigeRegelung der unterschiedlichen Ventile ermöglichen. Untersuchungen zu einem vergleichbarenRegelventildesign sind bisher nicht erschienen. Nach einer Beurteilung des Ablöseverhaltensdes Regelventils anhand der experimentellen Messdaten, sollen diese zur Validierung der nume-rischen Simulationen dienen. Basierend auf den Simulationsergebnissen soll die Strömung imRegelventil auf Strömungsablösungen hin untersucht und beurteilt werden. Hierbei ist vor allemeine mögliche Periodizität der Strömung entscheidend für das Auftreten einer kritische Fluid-

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4.5 PROBLEMSTELLUNG

Struktur-Interaktion. Die Beurteilung des Strömungsverhaltens soll sich auf diesen Aspekt kon-zentrieren.

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

Die Literaturrecherche zeigt, dass der sichere Betrieb eines Regelventils vom Auftreten voninstationären Strömungszuständen im Ventildiffusor beeinträchtig werden kann. VerschiedeneRegelventildesigns für unterschiedliche Anforderungen wurden mit experimentellen und nume-rischen Untersuchungen beurteilt (s. Kap. 4). Die vorliegende Arbeit untersucht ein Regelventil-design für Dampfturbinen mit Düsengruppenregelung (s. Kap. 3.3.2) und Einzelventilregelung.Dieses Regelventildesign ermöglicht ein separates Verfahren der unterschiedlichen Ventile. ImFolgenden wird der experimentelle Aufbau erläutert, an dem die experimentellen Untersuchun-gen durchgeführt wurden.

Die Abbildung 5.1 zeigt eine isometrische Ansicht der gesamten Versuchsanlage. Der Ver-suchsstand wird mit Luft anstelle von Dampf betrieben. Versuche mit Luft erlauben einen offe-nen Kreislauf und benötigen keinen Dampfkessel für die Durchführung. Beim Versuchsaufbauwird zwischen dem eigentlichen Regelventil und der Peripherie unterschieden. Die Peripheriefasst alle Vorrichtungen zusammen, die zum Betrieb des Regelventils notwendig sind, wie zumBeispiel Stellantriebe, Regelklappen oder Venturirohre zur Durchflussmessung. Das Regelven-til ist über einen Bock auf einem Maschinenbett gelagert. Es ist durch eine Arbeitsplattform von

Regelventil

Stellantriebe

Druckluftleitung

Venturirohr

Klappen

Kompensator

Abluftsammler

Schnellschlussventil

ABBILDUNG 5.1: ISOMETRISCHE ANSICHT DER VERSUCHSANLAGE

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5.1 VENTILDESIGN

allen Seiten zugänglich. Der Versuchsaufbau wird über zwei separat regelbare Druckleitungenvon der zentralen Verdichteranlage mit Druckluft mit bis zu 3,5 bar versorgt. Nachdem die Luftdurch das Regelventil geströmt ist, wird sie über einen Sammler in die Versuchshalle und vondort an die Umgebung abgeleitet.

Die Innenkontur des Regelventils ist eine Nachbildung eines typischen doppelflutigen Re-gelventils mit Balkensteuerung. Es beinhaltet alle Komponenten, die ebenfalls beim Betriebeiner Dampfturbine vorhanden wären. Im Ergänzend zur Balkensteuerung läßt sich beim un-tersuchten Regelventil jedoch jedes Ventil einzeln durch einen separaten Stellantrieb verfahren.Insgesamt sind im Regelventilgehäuse vier Ventile angeordnet, die jeweils aus einem fest imGehäuse montierten Ventildiffusor und einem beweglichen Ventilkegel in einer Führungshülsebestehen.

5.1 VENTILDESIGN

Die Literaturrecherche (s. Kap. 4) zeigt, dass es in Regelventilen von Dampfturbinen durchFluid-Struktur-Interaktion zur Anregung der mechanischen Bauteile kommen kann. Es zeigtsich, dass sowohl die Gestaltung des Strömungsraumes vor dem Drosselquerschnitt des Ventils,als auch die Kontur des beweglichen Ventilstempels einen Einfluss auf das Auftreten und dieStärke der Anregung haben.

Das untersuchte Regelventildesign ermöglicht durch separate Steuerung jedes einzelnenDrosselventils eine unterschiedliche Wahl der Öffnungsreihenfolge der Ventile und der Ventil-überschneidung. Betriebspunkte mit starker Fluid-Struktur-Interaktion in den Drosselventilenkönnen dadurch gemieden werden. Auch der Betrieb der Düsengruppen bzw. Regelstufe kannbeeinflusst werden. Die Abbildung 5.2 zeigt den Querschnitt durch das Regelventilgehäuse mit

Ventildiffusor

Ventilhülse

Schnellschlussventil

Dampfsieb

Ventilkegel

Ventilspindel

Ventil 4 Ventil 1 Ventil 2 Ventil 3

vV4 vV2

ABBILDUNG 5.2: SCHEMA DES UNTERSUCHTEN REGELVENTILS

51

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

Einzelventilen. Jeder Ventilkegel ist am Ende einer Spindel befestigt, die den Ventilkegel mitdem Stellantrieb außerhalb des Druckkörpers verbindet. Die Spindel ist in einer Ventilhülsegelagert, in der sie geführt und abgedichtet wird. Die Ventilhülsen sind am Gehäuse montiert.Im Betrieb besitzt das Basisdesign im Vorlauf zum Regelventil ein Dampfsieb zur Strömungs-gleichrichtung und ein Schnellschlussventil für den Lastabwurf. Diese Komponenten wurdenim Versuchsaufbau ebenfalls vorgesehen. Allerdings ist das Schnellschlussventil nur als funkti-onsunfähiger Dummy realisiert worden.

5.2 ÄHNLICHKEITSBETRACHTUNG

Der experimentelle Aufbau soll den Betrieb des Regelventils mit Dampf durch Versuche mitLuft nachbilden. Um eine sinnvolle Übertragung der Dampfparameter auf Luft zu gewährleisten,wird eine Ähnlichkeitsbetrachtung mit dimensionslosen Kennzahlen vorgenommen [30], [16].Der Dampfzustand und einige Stoffeigenschaften im Auslegungszustand sind in Tabelle 5.1aufgeführt. Die Nummerierung der Ventile ergibt sich durch die bewährte Öffnungsreihenfolge,die Ventile einer Industriedampfturbine mit Balkensteuerung typischerweise haben.

TABELLE 5.1: BETRIEBSDATEN EINES TYPISCHEN REGELVENTILS

DampfzustandTemperatur 540 ∘C Druck 130 barStoffwerteDichte 37,87 kg/m3 dyn. Viskosität 3,1 ·10−5 Pa sIsentropenexponent 1,279 - kinem. Viskosität 8,1 ·10−7 m2

/s

Das Laboratorium für Strömungsmaschinen an der Helmut-Schmidt-Universität verfügt fürden Versuchsbetrieb über zwei Radialverdichter, die den experimentellen Aufbau mit Druckluftversorgen. Die beiden Radialverdichter können in drei Verschaltungen betrieben werden. DieLeistungsdaten einer parallelen Verschaltung der beiden Verdichter ist in der Tabelle 5.2 inder Spalte Schaltung 1 aufgelistet. Die Reihenschaltung der beiden Kompressoren mit einerZwischenkühlung vor dem zweiten Verdichter ist als Schaltung 2 aufgeführt. Die Schaltung3 entspricht einer Reihenschaltung ohne eine Zwischenkühlung. In allen Fällen werden amVerdichtereintritt ein Umgebungszustand von pU = 1 bar und TU = 15 ∘C angenommen.

TABELLE 5.2: LEISTUNGSDATEN DER VERDICHTERANLAGE DES LSMEinheit Schaltung 1 Schaltung 2 Schaltung 3

Austrittsdruck bar 2,01 3,72 3,54Austrittstemperatur ∘C 95 105 190Massenstrom kg/s 30 18 18

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5.2 ÄHNLICHKEITSBETRACHTUNG

Beim Betrieb einer Düsengruppenregelung wird der Druck vor dem Regelventil durch denDampferzeuger konstant gehalten (s. Kap. 3.3.2). Der Druck nach dem Ventil ergibt sich nachdem Dampfkegelgesetz durch den Massenstrom durch die Dampfturbine. Er steigt mit steigen-dem Dampfmassenstrom. Im Gegensatz dazu ist beim Betrieb der Versuchsanlage der Austritts-druck festgelegt, da die Luft an die Umgebung abgeblasen wird. Der Massenstrom wird imVersuchsbetrieb durch die Variation des Drucks im Regelventilgehäuse realisiert.

Der angenommene Dampfzustand eines typischen Regelventils muss auf den Leistungsbe-reich der Verdichteranlage umgerechnet werden. Die Dampfparameter aus Tabelle 5.1 werdenauf den Leistungsbereich der Verdichteranlage aus Tabelle 5.2 mittels einer Ähnlichkeitsbe-trachtung übertragen, um die notwendigen Versuchsbedingungen zu bestimmen. Die geometri-sche Ähnlichkeit der inneren Strömungskontur ist Voraussetzung. In den folgenden Betrach-tungen werden für den Versuchsstand die charakteristischen Längen L der Ventile bei Dampfund Luft verwendet. Für gleiche Strömungsverhältnisse wird angenommen, dass im Drossel-querschnitt des Ventils die Machzahl für Dampf und Luft gleich ist (MaDamp f = MaLu f t). Alsweitere Kennzahl wird die Strouhalzahl als Maß für die Frequenz von Wirbelablösungsvorgän-gen in instationären Strömung verwendet. Die Strouhalzahl wird aus der Ablösefrequenz fAbl ,der charakteristischen Länge L und der Strömungsgeschwindigkeit c gebildet (s. Gl. 5.1). DieStrouhalzahl einer Zylinderumströmung ist im allgemeinen abhängig von der Reynoldszahl (s.Gl. 5.2). In Abbildung 5.3 ist diese Abhängigkeit der Strouhalzahl von der Reynoldszahl zusehen. Dargestellt sind verschiedene Interpolationskurven für experimentelle Daten einer Zy-linderumströmung nach Roshko (rot, [28]) und nach Ponta und Aref (blau, [26]). Für hohe

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

0,12

0,13

0,14

0,15

0,16

0,17

0,18

0,19

0,20

0,21

0,22

Reynoldszahl Re [-]

Stro

uh

alza

hl S

r [-

]

0,212 (1 - 12,7/Re)0,212 (1 - 12,7/Re)

0,212 (1 - 21,1/Re)0,212 (1 - 21,1/Re)

0,2175 - 5,1064/Re0,2175 - 5,1064/Re

0,2175 - 6,66/Re0,2175 - 6,66/Re

ABBILDUNG 5.3: STROUHALZAHL FÜR EINE ZYLINDERUMSTRÖMUNG [28] [26]

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

Reynoldszahlen findet man bei verschiedenen Geometrien die Sr = 0,21 als Grenzwert. Auf-grund der hohen Reynoldszahlen, die im Ventil auftreten, wird im Folgenden dieser Grenzwertfür die Strouhalzahl angenommen.

Sr =fAbl L

c(5.1)

Re =ρ c L

µ(5.2)

Die Geschwindigkeit im Drosselquerschnitt wird entsprechend der Gleichung 3.6 (s. Kap. 3.1)abgeschätzt. Die Reynoldszahl für den Versuchsstand (Ventil 4) beträgt über den Betriebsbe-reich der Verdichteranlage von Re = 1,316 · 105 (pstat RV G = 1,1 bar) bis Re = 15,083 · 105

(pstat RV G = 3,7 bar) bei einer konstanten Temperatur von Tstat RV G = 313,15 K. Um den Zu-sammenhang zwischen dem Dampf- und Luftzustand herzustellen, wird folgender Ansatz ver-wendet. Es gilt Machzahlähnlichkeit:

MaDamp f = MaLu f t ⇒cDamp f

aDamp f=

cLu f t

aLu f t⇒

cDamp f

cLu f t=

aDamp f

aLu f t(5.3)

ReDamp f

ReLu f t=

ρDamp f cDamp f LµDamp f

µLu f t

ρLu f t cLu f t L(5.4)

ReDamp f

ReLu f t=

ρDamp f

ρLu f t

µLu f t

µDamp f

cDamp f

cLu f t=

ρDamp f

ρLu f t

µLu f t

µDamp f

aDamp f

aLu f t(5.5)

Entsprechend der Gleichungen 5.3 bis 5.5 ergibt sich ein Verhältnis der Reynoldszahlen zuReDamp f /ReLu f t ≈ 37 bei pstat RV G = 1,1 bar bzw. ReDamp f /ReLu f t ≈ 10,5 bei pstat RV G =

3,7 bar. Die Reynoldszahlen beim Betrieb mit Dampf sind deutlich höher als beim experimen-tellen Aufbau. Jedoch liegt in beiden Fälle eine turbulente Strömung vor. Somit kann für dieStrouhalzahl entsprechend der Abbildung 5.3 davon ausgegangen werden, dass sie für beideFälle SrDamp f = SrLu f t = 0,21 beträgt. Damit kann das Verhältnis der Ablösefrequenz, die imexperimentellen Aufbau gemessen wird, auf einen typischen Dampfzustand umgerechnet wer-den.

SrDamp f

SrLu f t= 1 =

fAbl D LcDamp f

cLu f t

fAbl L L⇒ fAbl D

fAbl L=

cDamp f

cLu f t=

aDamp f

aLu f t≈ 2 (5.6)

Es ist also anzunehmen, dass die Ablösefrequenzen im Versuchsbetrieb um den Faktor 2 ge-ringer ausfallen, als beim Betrieb mit Dampf. Dieser Faktor ist auch beim Vergleich mit derLiteratur (s. Kap. 4) zu berücksichtigen. Allerdings müssen die Angaben zum Dampfzustandder jeweiligen Quelle für die Berechnung des Faktors verwendet werden.

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5.3 REGELVENTIL

5.3 REGELVENTIL

Das Hauptbauteil des Regelventils (s. Abb. 5.2) ist das Regelventilgehäuse, in dem die vierVentile montiert sind. Der Dampfzustand für ein typisches Regelventil wird mit einem Dampf-druck pDamp f = 130 bar und einer Temperatur von TDamp f = 540 ∘C im Auslegungspunkt an-genommen (s. Tab. 5.1). Im experimentellen Aufbau ist der Auslegungszustand mit maximalpLu f t = 4 bar und TLu f t = 70 ∘C deutlich niedriger (s. Tab. 5.2).

Jedes der im Regelventil angeordneten Ventile besteht aus einem beweglichen Ventilke-gel am Ende einer Ventilspindel. Der Kegel und die Ventilspindel sind durch die Ventilhülsegeführt und gleichzeitig vor der Strömung geschützt. Die Untersuchungen konzentrieren sichauf die Strömung in den Ventildiffusoren. In den Diffusoren sind piezoresistive Druckaufneh-mer verbaut, die eine zeitlich und räumlich aufgelöste Messung der Druckschwankungen an derDiffusorwand ermöglichen (s. Abb. 5.7).

An beiden Enden des Regelventilgehäuses ist ein sogenanntes Schnellschlussventil ange-ordnet. Das Schnellschlussventil besteht, wie die eigentlichen Drosselventile zur Massenstrom-regelung aus einem fest im Gehäuse montierten Diffusor und einem beweglichen Ventilkegel ineiner Hülse. Das Schnellschlussventil trennt im Falle eines Lastabwurfes die Dampfzufuhr vomDampferzeuger zur Turbine. Im Versuchsaufbau ist das Schnellschlussventil funktionslos undnur die Strömungskontur nachgebildet. Vor dem Schnellschlussventil sind zylindrische Loch-bleche, die sogenannte Dampfsiebe, angeordnet. Die Dampfsiebe dienen der Strömungsgleich-richtung und zur Abscheidung grober Verunreinigungen des Dampfes. Da sie die Turbulenz derStrömung bestimmen, wurden sie installiert.

5.3.1 AUFBAU EINES VENTILS

Die Abbildung 5.4 zeigt den schematischen Aufbau eines der Einzelventile im Regelventilge-häuse, bestehend aus Diffusor, Ventilkegel und Ventilhülse. Die drei unterschiedlichen Quer-schnitte sind als Linien skizziert, die einen Drosselquerschnitt im Strömungsverlauf darstellenkönnen. Querschnitt 1 ist der kleinste Abstand zwischen Diffusor und Hülse. Da sowohl derDiffusor, als auch die Hülse fest am Regelventilgehäuse montiert sind, ist dieser Abstand bzw.diese Querschnittsfläche unveränderlich. Ebenfalls unveränderlich ist die als Querschnitt 3 ge-kennzeichnete kleinste Querschnittsfläche des Diffusors. Bei der Auslegung ist darauf zu achten,dass die Fläche des Querschnitts 1 ist größer als die Fläche des Querschnitts 3. Für einen optima-len Betrieb bei vollgeöffnetem Ventil muss der begrenzende Strömungsquerschnitt im Diffusorliegen. Dadurch können Ablösungen im hinteren Teil des Diffusors vermieden werden. DerDurchmesser der kreisförmigen Fläche 3 wird als Nenndurchmesser für das jeweilige Ventilverwendet. Dieser Durchmesser ist bei allen untersuchten Ventilen unterschiedlich.

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

HülseHülse

Diffusor

VentilkegelVentilkegel

12

3Übergangs-

radiusÜbergangs-

radius

Diffusorkonus

ABBILDUNG 5.4: SCHEMATISCHER AUFBAU EINES VENTILS

Querschnitt 2 entspricht dem kleinsten Abstand zwischen Ventilkegel und Diffusor. DieseQuerschnittsfläche verändert sich mit dem Ventilhub. Das Diagramm in Abbildung 5.5 zeigtdie kleinste geometrische Querschnittsfläche für die unterschiedlichen Ventile in Abhängigkeitvom Ventilhub. Man kann deutlich bei jedem Ventil den Hub erkennen, an dem der begrenzendeQuerschnitt in den Diffusor (Ebene 3) wechselt. Hier wird die Fläche zwischen Diffusor undVentilkegel größer als die kleinste Diffusorquerschnittsfläche. Dieser Punkt, ab dem das Ventilvoll geöffnet ist, wird als „Cut Out“ des Ventils bezeichnet.

relativer Hub h / h [-]max

rela

tive

Ven

tilf

läch

e A

/ A

[m

²]2

max

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

0

Ventil 1Ventil 1

Ventil 4Ventil 4

ABBILDUNG 5.5: VENTILFLÄCHE IN ABHÄNGIGKEIT VOM HUB

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5.3 REGELVENTIL

Die Geometrie gewährleistet, dass die Strömung durch das Ventil sich vom Ventilkegel ab-löst und sich an den Diffusor anlegt. Wie in der Literatur (s. Kap. 4) erläutert, können signifikan-te Fluid-Stuktur-Interaktionen durch instationäre Ablösungen am Ventilkegel entstehen. Durchdie Geometrie wird eine definierte Linie gebildet, an der sich die Strömung vom Kegel ablöstund vermeidet damit eine instationäre Ablösung am Kegel.

Der Diffusor kann in zwei Bereiche unterteilt werden. Der obere Teil bildet mit dem Ventil-kegel den variablen Drosselquerschnitt. Er wird im Folgenden als Übergangsradius bezeichnet(s. Abb. 5.4). Durch den Radius ergibt sich ein geometrisch definierter Drosselquerschnitt, sodass sich eine gleichmäßige Düsenströmung ausbildet. Der untere Teil ist der namensgeben-de Diffusor. Dieser Bereich weitet sich konisch mit einem Diffusorwinkel von 4∘ auf. DieserDiffusorkonus dient vor allem der Druckrückgewinnung.

5.3.2 DRUCKSENSOREN IN DEN VENTILDIFFUSOREN

Jeder der untersuchten Diffusoren (Ventil 1 und 4) ist mit Drucksensoren im Bereich des kleins-ten Ventilquerschnittes und im oberen Bereich des konischen Diffusors ausgestattet, die diestatischen Drücke an der Wand des Diffusors messen. Dadurch kann festgestellt werden, ob dieStrömung im Diffusor abgelöst ist oder angelegt. Im Falle einer Ablösung soll mit den Druck-aufnehmern die Position und die dominante Frequenz einer instationären Ablösung ermitteltwerden. Es wurden Druckaufnehmer des Typs 2mi der Firma Keller mit der Gehäuseform 3verwendet. Dieser Druckaufnehmer hat einen Druckmesser von 4,5 mm im Sensorbereich undam unteren Ende eine Anschlagkante mit 6 mm Durchmesser bei einer Gesamthöhe von 1,9mm. Es handelt sich um piezoresistive Absolutdruckaufnehmer mit einem Messbereich von 0bis 4 bar.

Jeder Sensor ist einzeln mit einer speziellen Spannhülse, durch die das Kabel des Sen-sors geführt wird im Diffusor montiert (s. Abb. 5.6). Über der Sensorfläche jedes Aufnehmerswird ein kleines Volumen gebildet, das mit dem Strömungsraum innerhalb des Diffusors miteiner 1,2 mm durchmessenden Bohrung verbunden ist. Es muss allerdings beachtet werden,dass die Eigenfrequenz des Messvolumens in Bezug auf Druckschwingungen deutlich über derzu erwartenden Frequenz liegt, die gemessen werden soll. Ansonsten kann es, wie von Har-

DiffusorDiffusor

SensorSensor MontagehülseMontagehülse

Kabel

Strömung

RB RZαKSαKS

ABBILDUNG 5.6: EINBAU EINES DRUCKSENSORS IM DIFFUSOR

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

din [14] beschrieben, zu einer Resonanz kommen, die die Messung verfälscht. Die Gleichung5.7 berechnet das Messvolumen als Zylinder und Kegelstumpf (RZ = 2,25 mm; RB = 0,6 mm;HMV = 3,5 mm; αKS = 59∘).

VMV = π R2Z

(HMV − RZ −RB

tan αKS

)+

π

3RZ −RB

tan αKS

(R2

Z +RZ RB +R2B)

(5.7)

Die Gleichung 5.8 nach Veit [38] berechnet die Eigenfrequenz aus den Abmessungen des Mess-volumens und der Schallgeschwindigkeit der Luft cLu f t =

√κ RLu f t TLu f t ≈ 350 m

s .

fE, MV =cLu f t

√√√√ π R2B

VMV

(RZ−RBtan αKS

+ π

2 RB

) (5.8)

Damit ergibt sich eine Eigenfrequenz des Messvolumens von fE, MV ≈ 6200 Hz. Die Ei-genfrequenz beträgt circa das 25fache der erwarteten maximalen Ablösefrequenz von fAbl ≈

60

015°15°

30°30°

45°45°

15

35

Ventil 4Ventil 4

A1

A2

A3A4A5-7

B1 B2B3

B4

B5-7

C1C

2C

3C

4

C5-7

15°

15°

15°0°

120°240°

A1

A2

A3

A4

A5A6A7-12

B1B2 B3 B4

B5B6

B7-1

2

C1

C2

C3C

4C

5C

6

C7-1

2

15°

15°

15°0°

120°240°

Ventil 1

0102030

45

60

80

100

120

15°15°

45°45°30°

30°

Ventil 1

(a) (b)

ABBILDUNG 5.7: POSITIONEN DER DRUCKSENSOREN AN DEN DIFFUSOREN(a) Sensorreihen in Umfangsrichtung(b) axiale Sensorposition in einer Sensorreihe

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5.4 PERIPHERIE

250 Hz, die bei den Messungen erwartet wird. Damit wird davon ausgegangen, dass keine Re-sonanzeffekte die Messungen verfälschen.

An jedem Diffusor sind 3 Sensorreihen mit einem Abstand von 120∘ in Umfangsrichtungangeordnet (s. Abb. 5.7 a). Die Abbildung 5.7 b zeigt einen Schnitt durch Diffusoren. Es istdie Lage der Sensoren einer Sensorreihe in axialer Richtung dargestellt. Der obere Teil derAbbildung zeigt das größere Ventil 1. Der untere Teil gilt entsprechend für das kleinere Ventil4. Bei beiden Ventilen sind jeweils 4 Sensoren im Übergangsradius der Diffusoren verbaut.In der konischen Diffusorsektion sind größenbedingt 9 Sensoren (Ventil 1) bzw. 3 Sensoren(Ventil 4) vorgesehen. Die Sensoren werden in Hauptströmungsrichtung von oben nach untennummeriert und die Sensorreihen mit A, B und C gekennzeichnet. Der begrenzte Platz, dieSensoren im Diffusor unterzubringen, macht einen Versatz in Umfangsrichtung notwendig. Dasheißt, dass die Sensoren im oberen Bereich des Diffusoren über einen Bereich von 90∘ fürdie Ventile 1 und 2, 45∘ für Ventil 3 und 60∘ für das Ventil 4 versetzt angeordnet sind. Imkonischen Bereich des Diffusors können die Sensoren in axialer Richtung ohne Versatz montiertwerden. Im Diffusor des Ventils 1 sind insgesamt 36 Druckaufnehmer und im kleineren Ventil4 21 Sensoren montiert. Die Kabel der Sensoren werden aus dem Gehäuse geführt und aneinen Messverstärker mit 128 Kanälen angeschlossen, der laut Hersteller 307200 Messwertepro Sekunde verarbeiten kann. Damit ergibt sich eine maximale Datentransferrate von 2400 Hzpro Sensor.

Die Kalibrierung der Sensoren erfolgt im eingebauten Zustand, um einen Fehler durchden Einbau der Sensoren zu kompensieren. Alle Sensoren werden im Diffusor montiert undder Diffusor ins Regelventilgehäuse eingebaut. Zur Kalibrierung wird der Diffusor von obenund unten mit einer Scheibe abgedichtet. Nun kann der Innenraum des Diffusors und somitdie Sensoren unter Druck gesetzt werden. Es können alle Sensoren eines Diffusors gleichzeitigkalibriert werden.

5.4 PERIPHERIE

Mit Peripherie werden alle Komponenten und Einrichtungen bezeichnet, die für den Betriebdes Versuchsaufbaus notwendig sind (s. Abb. 5.1). Zwei Druckleitungen leiten die Druckluftvon einer zentralen Luftverdichteranlage im Laboratorium zum Regelventilgehäuse. Die bei-den Druckleitungen führen zu den beiden Anschlussflanschen vor den Schnellschlussventilendes Regelventils. Durch Klappen kann eine ein- oder zweiflutige Anströmung des Regelventilseingestellt werden. Venturirohre in jeder der Rohrleitung messen den Massendurchfluss. Kom-pensatoren gleichen im Betrieb die Dehnung der Rohrleitungen aus. An verschiedenen Stellensind Druck- und Temperaturaufnehmer angebracht, um die Betriebsdaten zu messen. Alle Kom-ponenten sind mit einen Normdurchmesser DN 300 und für eine Druckstufe PN 10 ausgelegt.Vom Regelventilgehäuse führen separate Leitungen für jedes Einzelventil die Luft in einen Ab-

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

luftsammler. Jede dieser Leitungen besitzt eine Messblendenhalterung, um die Massenstrom-verteilung, bei mehreren geöffneten Ventilen messen zu können. Vom Abluftsammler wird dieLuft oberhalb der Arbeitsplattform in die Umgebung abgeblasen.

5.4.1 VENTURIROHR ZUR DURCHFLUSSMESSUNG

In jeder der beiden Zuleitungen zum Regelventil ist ein Venturirohr zur Massenstrommessungmontiert. Die Venturirohre sind nach DIN EN ISO 51671 mit einem Durchmesserverhältnis2

von β = 0,565 und für einen Massenstrom von m = 18 kg/s ausgelegt. Entsprechend der DINNorm sind eine Druck- und eine Temperaturmessung vor dem als Drosselquerschnitt bezeich-neten engsten Querschnitt des Venturirohres erforderlich. Im Drosselquerschnitt wird lediglicheine Druckmessstelle benötigt. Die Messstellen werden im Rahmen der Norm als Plus (vor demDrosselquerschnitt) und als Minus (im Drosselquerschnitt) bezeichnet.

Die Norm macht Vorgaben für die minimale Einlaufstrecke zum Venturirohr. Die Einlauf-strecke ist von der letzten Strömungsstörstelle abhängig und soll gewährleisten, dass sich eingleichmäßiges Rohrströmungsprofil vor dem Venturirohr ausgebildet. Die Norm gibt die erfor-derliche Einlaufstrecke, abhängig vom Aufbau der Rohrleitung vor dem Venturirohr als Vielfa-ches des Rohrdurchmessers an. Für den experimentellen Aufbau wird eine minimale Einlauf-strecke von lmin 0% = 10D benötigt. Unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Unsicherheitder Durchflussmessung von 0,5 % erlaubt die DIN eine Unterschreitung dieser Einlaufstre-cke bis auf lmin 0,5% = 4D. Im experimentellen Aufbau sind die Rohrleitungen zu den beidenAnschlussflanschen des Regelventils aufstellungsbedingt unterschiedlich lang. Für die längereRohrleitung betragen die Einlaufstrecken lEin = 12,9D und für die kürzere sind es lEin = 6,8D.Das heißt für die Durchflussmessung mit dem Venturirohr in der kürzeren Rohrleitung musseine Zusatzunsicherheit von 0,5 % berücksichtig werden.

Im Folgenden wird kurz die Bestimmung des Massenstroms entsprechend der Norm fürden vorliegenden Fall erläutert. Für weitere Informationen sollte die DIN-Norm zur Hilfe ge-nommen werden. Der Massendurchfluss wird nach Gleichung 5.9 (Abschnittes 5.1, EN ISO5167-1:2003) berechnet. Der Durchflusskoeffizient ist abhängig von der Reynoldszahl und kannhier als konstant mit C = 1,01 angenommen werden.

m =C ε√1−β 4

π

4d2√

2 ∆pstat ρ1 (5.9)

1DIN EN ISO 5167 - Durchflussmessung von Fluid mit Drosselgeräten in voll durchströmten Leitung mit Kreis-querschnitt

2Rohrdruchmesser D = 309,78 mm; Durchmesser Drosselquerschnitt d = 175,12 mm

60

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5.4 PERIPHERIE

Die Expansionszahl ε ist vom Druckverhältnis3 Π = p1/p2 und damit von Betriebszustandabhängig. Die Gleichung 5.10 zeigt die Berechnungsformel für die Expansionszahl. Damit kannder Durchfluss durch das Venturirohr in Abhängigkeit vom Betriebszustand berechnet werden.

ε =

√√√√(κ Π2κ

κ −1

)(1−β 4

1−β 4 Π2κ

)(1−Π

κ−1κ

1−Π

)(5.10)

Für den Ausgangszustand p1 = 4 bar und T1 = 313,15 K bei einem Massenstrom von m =

18 kg/s gibt der Hersteller der Venturirohre eine Unsicherheit der Massendurchflussmessungvon Um = 3,0188% an. Da sich der Messbereich des Massenstrom von m = 0,2 kg/s bei ei-nem gerade geöffneten Ventil bis auf den maximalen Massenstrom der Verdichteranlage vonm = 30 kg/s erstreckt und der Druck ebenfalls zwischen p1 = 1,2 · · ·3,5 bar variiert, muss voneiner abweichenden Unsicherheit der Massendurchflussmessung ausgegangen werden. Die tat-sächliche Messunsicherheit kann entsprechend des Abschnittes 8.2.2. der EN ISO 5167-1:2003mit Gleichung 5.11 berechnet werden.

Um =

√U2

C +U2ε +

(2 β 4UD

1−β 4

)2

+

(2Ud

1−β 4

)2

+

(U∆p

2

)2

+

(Uρ

2

)2

(5.11)

Die relative Unsicherheit Ux entspricht der absoluten Unsicherheit δx bezogen auf den Mess-wert x. Die Unsicherheiten UC = 0,03, Uε = 0,03, UD = 0 und Ud = 0 sind im Datenblatt desVenturirohres angegeben. Allerdings sind entsprechend der Norm die Unsicherheiten UC, Uε ,U∆p, und Uρ abhängig vom Betriebspunkt des Venturirohres, dass heißt von Druck, Temperaturund der Strömungsgeschwindigkeit.

Während der Versuche wird die Temperatur der Druckluft in einem engen Bereich vonT1 = 288 . . .313 K gehalten. Bei der Ermittlung der Unsicherheit der Dichte Uρ wird deshalbvon einer konstanten Temperatur von T1 = 288 K und eine absoluten Unsicherheit der Tempe-raturmessung von δT1 = 1,5 K ausgegangen. Für den Druck p1 vor dem Venturirohr gilt ent-sprechend der Daten des Druckaufnehmer eine absolute Unsicherheit von δp1 = 3000 Pa. Fürden Differenzdruckaufnehmer der den Wirkdruck ∆p aufnimmt, gilt entsprechend eine Unsi-cherheit von δ∆p = 700 Pa. Unter diesen Annahmen kann für eine Bereich von m = 1 . . .30 kg

s

und p1 = 1,1 . . .3,5 bar die relative Unsicherheit des Massenstrom Um ermittelt werden. Dierelativen Unsicherheiten sind als Isolinien in Abbildung 5.8 dargestellt.

Ein Optimum von Um ≈ 0,022 kann im Bereich m = 6,65 . . .7 kgs bei p1 = 1,8 . . .2,65 bar

erreicht werden. Generell gilt für die Betriebspunkte oberhalb der Geraden von m = 2,6 kgs

bei p1 = 1,0 bar nach m = 4,4 kgs bei p1 = 3,5 bar eine relative Unsicherheit von Um < 0,05.

Darunter ist die Unsicherheit der Massenstrommessung zu hoch und die Venturirohre sollten

3Wird in der Norm mit τ bezeichnet

61

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5 EXPERIMENTELLER AUFBAU

30

25

20

15

10

5

0

1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5

Druck vor Venturirohr p [bar]Venturi+

0,0250,025

0,0260,026

0,0270,027

0,0290,029

0,0500,0500,0400,0400,0300,030

0,0300,030

0,0400,040

0,0380,038

0,0280,028

0,0320,032

0,0250,0250,0220,022

0,0410,041

0,042

0,042

0,04

30,

043

0,04

40,

044

0,0340,034

0,0360,036

Mas

sen

stro

m m

[kg

/s]

Ven

turi

.

ABBILDUNG 5.8: RELATIVE UNSICHERHEIT Um DER MASSENSTROMMESSUNG MITVENTURIROHREN

in diesem Bereich nicht zur Massenstrommessung verwendet werden. Auf Grund der kürzerenEinlaufstrecke muss für das entsprechende Venturirohr in der kurzen Rohrleitung eine 0,5%-Zusatzunsicherheit auf die oben genannten Unsicherheiten addiert werden.

5.4.2 STELLANTRIEBE

Jedes der Ventile im Regelventil kann einzeln verfahren werden. Die Stellantriebe werden mitDruckluft aus dem Druckluftnetz des Laboratoriums versorgt. Sie sind über ein Gestell zusam-men mit den Hülsen der Ventile an einem Flansch am Regelventilgehäuse montiert. Der Hub-kolben des Stellantriebs ist mit der Ventilspindel verbunden.

Der Hub eines jeden Stellantriebes kann durch ein Potentiometer aus der Leitwarte ein-gestellt werden. Alle Ventile sind so ausgelegt, dass ab einem gewissen Hub der begrenzendeQuerschnitt nicht mehr zwischen dem Diffusor und dem Ventilkegel liegt, sondern im kleinenDiffusorquerschnitt (s. Kap. 5.3.1). Zu diesem Zeitpunkt ist die maximale Öffnung jedes Ventilserreicht.

62

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6 EXPERIMENTE

Zur Untersuchung der Stabilität der Ventilströmung sind am experimentellen Aufbau mehrereMessreihen durchgeführt worden. Bei den Versuchen werden Drucksignale an den Diffusorender Einzelventile des Regelventils zeitaufgelöst aufgezeichnet. Diese ermöglichen mittels ei-ner FFT-Analyse die Bestimmung der Frequenz und der Amplitude. Die Frequenzen stehen inRelation zu Ablösungen im Ventildiffusor. Dadurch kann die Stabilität der Strömung beurteiltwerden.

Stets zu beachten ist, dass die Messungen mit Luft als Fluid durchgeführt werden. ZurÜbertragung auf Dampf ist der Umrechnungsfaktor aus der Ähnlichkeitsanalyse (s. Kap. 5.2)zu beachten. Dadurch können die Messungen mit den typischen Werten (s. Tab. 5.1) für ein mitDampf betriebenes Regelventil verglichen werden.

6.1 BETRIEBSBEREICH

Für die Untersuchung der Ventilströmung und der Ablösungen in den Ventildiffusoren sindstets stationäre Betriebspunkte untersucht worden. Die variierten Betriebsparameter sind dasÖffnungsverhältnis OR und das Gesamtdruckverhältnis PRGes des Ventils. Hier ist das Gesamt-druckverhältnis PRGes nach Gleichung 6.1 definiert.

PRGes =PU

Ptot, RV G(6.1)

In Abbildung 6.1 sind alle Messpunkte für das Ventil 1 und Ventil 4 aufgetragen. In rot darge-stellt sind die vermessenen Betriebspunkte für das Ventil 1. Für Ventil 1 sind 40 Betriebspunktebei einem Druckverhältnis PRGes = 0,52 . . .0,83 und einem Öffnungsverhältnis OR <= 0,21untersucht worden. Bei den Messungen am Ventil 1 wurde die Luft stets von der Seite desVentils 4 (s. Abb. 5.2) in das Regelventilgehäuse eingeleitet.

Die Messpunkte für das Ventil 4 sind in blau und grün aufgetragen. Die Einströmungvon beiden Seiten des Regelventils wurde untersucht. Es wurde jeweils in einem Bereich vonPRGes = 0,52 . . .0,83 und OR <= 0,41 gemessen. Entsprechend der Abbildung 5.2 werden diebeiden Einströmseiten des Regelventils nach dem Ventil am entsprechenden Ende des Regel-ventils unterschieden. Für die Einströmung von der Seite des Ventils (Abk.: vV4 - blau) sind101 und der Seite des Ventil 2 (Abk.: vV2 - grün) sind 93 Messpunkte untersucht worden. Bei

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6 EXPERIMENTE

Öffnungsverhältnis OR [-]

0,50

0,55

0,60

0,65

0,70

0,75

0,80

0,85

0,90

Dru

ckve

rhäl

tnis

PR

[-]

Ges

0 0,400,350,300,250,200,150,100,05 0,45

Ventil 4 - Einströmung vV2Ventil 4 - Einströmung vV2

Ventil 1 - Einströmung vV4Ventil 1 - Einströmung vV4Ventil 4 - Einströmung vV4Ventil 4 - Einströmung vV4

ABBILDUNG 6.1: GEMESSENE BETRIEBSPUNKTE

der Auswahl der Betriebspunkte wurde ein Raster mit einem für kleinere Öffnungsverhältnissefeineren Auflösung gewählt, da hier das Auftreten von höheren Frequenzen in den Druckmes-sungen erwartet wird.

Für jeden dieser Messpunkte sind Messungen mit einer Abtastrate fMess = 2400 Hz fürtMess = 10 s und mit fMess = 400 Hz für tMess = 60 s aufgezeichnet worden. Entsprechend derLiteratur werden Frequenzen im Bereich von bis 100 Hz und im Bereich von 1000 Hz bei denMessungen mit Luft erwartet. Die gewählten Abtastraten erlauben die Auflösung von Frequenenbis 1200 Hz repektive 200 Hz.

6.2 AUSWERTUNGSMETHODE

Um eine Aussage über eine mögliche Fluid-Struktur-Interaktion im Versuchsaufbau treffen zukönnen, werden die gemessenen Signale der Druckaufnehmer mittels der schnellen Fourier-Transformation (engl. Fast Fourier Transformation, FFT) in ein Frequenzspektrum umgerech-net. Für jede Messung (10 s mit 2400 Hz oder 60 s mit 400 Hz) wird sowohl eine FFT-Analysedes gesamten Messsignals, als auch eine zeitliche aufgelöste FFT-Analyse durchgeführt. Diezeitliche Auflösung wird durch das Zerlegen einer Messung in jeweils 1 s lange Abschnitteerreicht, für die jeweils eine separate FFT-Analyse durchgeführt wird. Ein Beispiel, wie dasErgebnis für einen Messpunkt aussieht, ist in der Abbildung 6.2 zu sehen. Das Beispiel für denBetriebspunkt PR = 0,6151, OR = 0,1095 des Ventils 4 mit der Anströmung vV4, stellt ein mit

64

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6.2 AUSWERTUNGSMETHODE

2400 Hz (linke Spalte) und ein mit 400 Hz (recht Spalte) gemessenes Signal des Sensors C6 (s.Abb. 5.7) gegenüber.

Die oberen Diagramme (s. Abb. 6.2 a) zeigen das gemessene Drucksignal. Hier erkenntman, dass bei der Messung mit 400 Hz (rechts) der Schwankungsbereich des Signals breiterzu sein scheint, als bei der Messung mit 2400 Hz (links). Ein genauerer Blick zeigt, dass diese

05

10

15

20

25

Am

plit

ud

e [P

a]

0 305 10 15 20 250 305 10 15 20 250

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

Frequenz [Hz]

rel.

Zeit

t/t

[-]

Mes

s

Frequenz [Hz]

0

9

2

4

6

8

Am

plit

ud

e [P

a]

0 305 10 15 20 250 305 10 15 20 25

Frequenz [Hz] Frequenz [Hz]

880

1000

900

920

940

960

980

0 102 4 6 8

Dru

ck p

[m

bar

]se

ns

0 605040302010

Zeit [s]Zeit [s]a)

b)

c)

ABBILDUNG 6.2: BEISPIEL EINER AUSWERTUNG FÜR 2400 HZ (LINKS) UND 400 HZ(RECHTS) (VENTIL 4, EINSTRÖMUNG VV4, SENSOR C6 - PR =0,6151, OR = 0,1095)

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6 EXPERIMENTE

höheren Druckschwankungen nur mit sehr geringer und unregelmäßiger Frequenz von circa0,05−0,2Hz auftreten.

Darunter ist die FFT-Analyse des ganzen Signals (s. Abb. 6.2 b) für beide Abtastfrequenzendargestellt. Es zeigen sich für beide Abtastraten vergleichbare Verläufe. In diesem Beispielkann keine dominierende Frequenz für das gesamte Messsignal gefunden werden. In einemsolchen Fall klingt das Frequenzspektrum aus der FFT-Analyse entsprechend dem Verlauf einerHyperbel ab. Daher ist hier nur der Bereich bis 30 Hz dargestellt. Da beide Messungen diegleiche relative Auflösung für die FFT benutzen, die Messung mit 2400 Hz aber mit der 6-fachen Frequenz der Messung mit 400 Hz aufgezeichnet ist, ist hier die Auflösung der Frequenz -Achse um den Faktor 6 gröber. Dadurch kann es in manchen Bereichen zu einem aufsummierenvon nahegelegenen Frequenzspitzen kommen. Dieses kann als einzelne Frequenzspitze erkanntwerden, wird aber bei 400 Hz Abtastfrequenz eventuell nicht mehr zu sehen sein. Besondersin diesem Beispiel ohne wirklich differenzierbares Frequenzmaximum kann dieser Unterschiedim Bereich niedriger Frequenzen beobachtet werden. Um eine genauere Auflösung sowohl imBereich niedriger als auch höherer Frequenzen zu erreichen, wurde mit zwei unterschiedlichenAbtastfrequenzen aufgezeichnet.

Am

plit

ud

e [

Pa

]0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,6

0,5

0 305 10 15 20 25 0 305 10 15 20 250

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

Frequenz [Hz]

rel. Z

eit

t/t

[-]

Mess

Frequenz [Hz]

0

0,5

0,1

0,2

0,3

0,4

Am

plit

ud

e [

Pa

]

0 305 10 15 20 25 0 305 10 15 20 25

Frequenz [Hz] Frequenz [Hz]a)

b)

ABBILDUNG 6.3: BEISPIEL FÜR LEERLAUFSIGNALE FÜR 2400 HZ (LINKS) UND 400HZ (RECHTS) (VENTIL 4, EINSTRÖMUNG VV4, SENSOR A5 - PR =0,6151, OR = 0,1095)

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6.3 AUSWERTUNG

Die unteren Diagramme (s. Abb. 6.2 c) zeigen die zeitlich aufgelösten FFT-Analysen ei-nes Messsignals in einem Wasserfalldiagramm. Jedes Messsignal wird in eine Sekunde langeAbschnitte geteilt. Die aufeinanderfolgenden Abschnitte überlappen sich um 50%. Für jedendieser Abschnitte wird eine separate FFT-Analyse durchgeführt. Diese Darstellung ermöglichtes, die zeitliche Änderung der Frequenz zu untersuchen.

Bei den Messungen kann es passieren, dass der Druck nahezu konstant ist bzw. die Druck-schwankungen unterhalb der Messgenauigkeit von 0,5 % liegen. In diesem Fall zeigt das Mess-signal eine konstante Frequenz von 5 Hz. Ein Beispiel für einen solchen Fall ist in Abbildung6.3 dargestellt. Sowohl die FFT-Analyse des gesamten Messsignals (s. Abb. 6.3 a) also auch diezeitlich aufgelösten FFT-Analysen (s. Abb. 6.3 b) vergleichen diesen Fall für eine Messung mit2400 Hz (links) und 400 Hz (rechts). Bei beiden Abtastfrequenzen zeigt sich eine klare Spitzedes Frequenzspektrums bei 5 Hz. Ebenfalls kann man die Oberfrequenzen bzw. Oberschwin-gungen des Messsignals bei ganzzahligen Vielfachen von 5 Hz erkennen. Das Auftreten derOberschwingungen in der FFT-Analyse ist ein Zeichen für eine harmonische Schwingung imMesssignal. Diese Signalschwankungen entstehen nicht aufgrund von Druckänderungen, son-dern aufgrund von Schwingungen des elektrischen Verstärkerkreises. Das Drucksignal ist alsoim Rahmen der Messgenauigkeit als konstant anzunehmen. Diese Frequenz tritt entweder beikeiner Druckbeaufschlagung oder bei konstantem Druck am Sensor auf. Sie wird im Folgendenals Leerlauffrequenz bezeichnet.

6.3 AUSWERTUNG

Eine generelle Aussage zur Frequenz der Druckschwankungen an den untersuchten Betriebs-punkten kann mit folgender Betrachtung gemacht werden. Für jeden 1 s Abschnitt eines Mess-signals wird durch eine FFT die dominante Frequenz anhand der höchsten Amplitude ermittelt.Nun wird unabhängig vom Betriebszustand und der Sensorposition ein Histogramm aller domi-nanten Frequenzen erstellt. Dieses Histogramm ist in Abbildung 6.4 dargestellt und zeigt dieprozentualen Anteile einer Frequenz für Ventil 1 und Ventil 4 [5].

Diese Histogramme führen nun zu folgenden Aussagen für alle untersuchten Betriebspunk-te (s. Abb. 6.1). Für keinen Betriebspunkt ist die dominante Frequenz größer als 15 Hz. Aufsum-miert haben die Messungen für 98 % (Ventil 1) bzw. 98,4 % (Ventil 4) eine dominante Frequenzkleiner als 10 Hz ergeben. Für 75,3 % (Ventil 1) bzw. 80 % (Ventil 4) der Messungen liegt dieFrequenz unter 5 Hz. Der Mittelwert der dominanten Frequenzen über alle Betriebspunkte undüber alle Sensoren liegt bei 3,4 Hz für Ventil 1 und 3,6 Hz für Ventil 4. Überträgt man dieFrequenzen entsprechend der Ähnlichkeitsbetrachtung (s. Kap. 5.2) auf einen typischen Dampf-zustand für ein Regelventil, betragen die Frequenzen der Druckschwankungen das doppelte derFrequenzen bei Luft. Im Mittel aller Betriebspunkte ergeben sich 6,8 Hz für Ventil 1 und 7,2 Hzfür Ventil 4. Für das Ventil 4 konnte eine Spitze im Histogramm bei 5 Hz gefunden werden. Die-

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6 EXPERIMENTE

Frequenz [Hz]

An

teil

[%]

105 15 20 2500

1

2

3

4

5

6

7

Ventil 1

Ventil 4

Leerlauffrequenz

f = 3,2 Hz

f = 1,8 Hz

f = 0,8 Hz

ABBILDUNG 6.4: HISTOGRAMM DER DOMINANTEN FREQUENZEN ALLER MESSUNGEN[5]

ses entspricht der Leerlauffrequenz der Sensoren. Entsprechend dem Histogramm liegen etwa3 % der Messungen bei 5 Hz. Für diese Betriebspunkte ist die Amplitude der Druckschwankun-gen unterhalb der Genauigkeit der Drucksensoren. Weitere Spitzen im Histogramm liegen fürbeide Ventile bei 0,8 Hz, 1,8 Hz und 3,2 Hz. Auf Dampf übertragen entsprechen diese Spitzen1,6 Hz, 3,6 Hz bzw 6,4 Hz. Diese Werte werden nun mit der Literatur (Kapitel 4.3) verglichen:

Hardin et al. [14] messen für einen kugelförmigen Ventilkegel und Dampf als Fluid eineFrequenz von 30 bis 40 Hz im Drucksignal in Abhängigkeit vom Betriebspunkt. Bei dieserFrequenz tritt eine starke Fluid-Struktur-Interaktion auf. Überträgt man den Mittelwert der do-minanten Frequenzen aus dem Histogramm auf den Dampfzustand der Messungen von Hardinet al. beträgt die Frequenz ca. 5 bis 6 Hz. Die Frequenzen der hier vorgestellten Messungenliegen deutlich unterhalb der Frequenzen aus der Literaturquelle.

Morita et al. [23] präsentieren ebenfalls Messungen an einem kugelförmigen Ventilkegel.Die Messungen wurden mit Luft durchgeführt. Es treten in einem weiten Bereich des Öffnungs-verhältnisses signifikante Fluid-Struktur-Interaktionen auf. Die niedrigste Frequenz, bei der die-se auftreten, beträgt 75 Hz. Auch hier liegen die Frequenzen der Literaturquelle deutlich überden oben vorgestellten Werten.

Die Untersuchungen von Liu et al. [20] betrachten ein Regelventil mit einer Abrisskan-te am Ventilkegel. Die Messungen mit Luft zeigen Frequenzen der Druckschwankungen zwi-schen 0,39 und 4,3 Hz je nach Betriebszustand. Es traten jedoch keine relevanten Fluid-Struktur-Interaktionen auf. Diese Frequenzen liegen in der gleichen Größenordnung, wie die in dieserArbeit vorgestellten Messungen.

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6.3 AUSWERTUNG

Der Vergleich mit Literaturquellen zeigt, dass die Geometrie des Ventilkegels das Auftretenvon starken Fluid-Struktur-Interaktionen verhindert. Die Frequenzen der Druckschwankungenan einem Ventil mit Abrisskante liegen deutlich unter den Frequenzen, die an einem kugel-förmigen Ventilkegel ohne Abrisskante gemessen werden. Die Strömung im Ventildiffusor istnicht stationär. Aber es kann davon ausgegangen werden, dass beim Betrieb des untersuchtenRegelventils keine nennenswerte Fluid-Struktur-Interaktion auftritt.

Öff

nu

ngs

verh

ältn

is O

R [

-]

01

23

45

6

Freq

uen

z [H

z]

Druckverhältnis PR [-]Ges

0

0,10

0,20

0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90

0

0,10

0,20

0,30

0,40

0

0,10

0,20

0,30

0,40

(a)

(b)

(c)

ABBILDUNG 6.5: FREQUENZKENNFELDER FÜR ALLE GEMESSENEN BETRIEBSPUNKTE(a) Ventil 4 - Einströmseite vV2(b) Ventil 4 - Einströmseite vV4(c) Ventil 1 - Einströmseite vV4

69

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6 EXPERIMENTE

Die Darstellung der dominanten Frequenzen für alle Messpunkte in einem Histogrammhat den Nachteil, dass einzelne Betriebspunkte oder Sensoren, an denen deutlich abweichendeFrequenzen gemessen werden, in der Menge der Daten untergehen. Es könnte also passieren,dass ein relevanter Betriebspunkt übersehen wird. Deshalb wird im Folgenden eine weitereDarstellung gewählt, um die Aussagen zum Histogramm (s. Abb. 6.4) zu unterstreichen. Diedominante Frequenz aller Sensoren wird für jeden Betriebspunkt gemittelt und als Kennfelderin Abhängigkeit vom Öffnungs- und Druckverhältnis aufgetragen. Diese Kennfelder sind in derAbbildung 6.5 für die drei betrachteten Ventil- und Einströmungskombinationen dargestellt.

Die oberen beiden Diagramme (s. Abb. 6.5 a und b) zeigen die gemessenen Frequenzenfür das Ventil 4 für beide Einströmungsrichtungen des Regelventils (s. Abb. 5.2). Ein Einflussder Anströmungsrichtung ist erkennbar. Wird in das Regelventilgehäuse von der gleichen Seiteeingeströmt auf der auch das Ventil 4 angeordnet ist (s. Abb. 6.5 b), zeigt sich über den ge-samten Messbereich eine verhältnismäßig homogene Frequenzverteilung im Bereich von 2,5bis 3,5 Hz. Dies lässt auf gleichbleibende Einströmungsverhältnisse des Drosselquerschnittesschließen. Denn eine inhomogene Massenstromverteilung auf einer Seite des Drosselquerschnit-tes führt zu einer ungleichmäßigen Strömung im Ventildiffusor und begünstigt einseitige undperiodische Strömungsablösungen. Durch die direkte Anströmung ist die Strömungsgeschwin-digkeit im Regelventilgehäuse höher und strömt leichter auf die strömungsabgewandte Seitedes Ventils.

Im Gegensatz dazu zeigt eine Einströmung von der anderen Seite des Regelventils (vonvV2, s. Abb. 6.5 a) für Öffnungsverhältnisse kleiner als OR< 0,1 Frequenzen, die circa den Fak-tor 2 höher sind als im restlichen Bereich des Kennfeldes. Der Bereich oberhalb von OR = 0,1zeigt eine vergleichbar homogene Frequenzverteilung wie bei einer Anströmung von der an-deren Ventilgehäuseseite. Wird das Regelventil von der gegenüberliegenden Seite (vV2) an-geströmt, hat die Strömung die Möglichkeit, sich im gesamten Querschnitt des Regelventil-gehäuses zu verteilen und die Strömungsgeschwindigkeit im Regelventil verringert sich. Beigeringen Öffnungsverhältnissen entsteht ein höherer Geschwindigkeitsgradient im Bereich vordem Drosselquerschnitt. Dies führt zu einer höheren Massenstromdichte auf der strömungszu-gewandten Seite. Eine ungleichmäßige Massenstromdichte begünstigt eine einseitige Ablösungauf der strömungszugewandten Seite. Es kommt zu einer höheren Frequenz in den Drucksi-gnalen für Öffnungsverhältnisse OR < 0,1. Mit steigendem Öffnungsverhältnis wird der Unter-schied zwischen Strömungsgeschwindigkeit im Regelventilgehäuse und im Drosselquerschnittgeringer, da der Massenstrom durch das Regelventil steigt.

In Abbildung 6.5 c sind Frequenzen im Messbereich für das Ventil 1 dargestellt. Die An-strömung ist, wie beim mittleren Bild, von der nähergelegenen Regelventilgehäuseseite (s. Abb.5.2). Hier zeigt sich eine ebenso homogene Frequenzverteilung wie beim Ventil 4 in einemgeringfügig höheren Bereich von 3 bis 4 Hz.

70

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6.3 AUSWERTUNG

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

1000

950

900

850

800

750

700

650

6001,2

Zeit [s]

Dru

ck [

mb

ar]

Sensor 1Sensor 2Sensor 3Sensor 4Sensor 5Sensor 6Sensor 7

ABBILDUNG 6.6: DRUCKSPRÜNGE SENSORREIHE A (VENTIL 4 - EINSTRÖMUNG VV4OR = 0,221, PR = 0,664)

Trotz der Unterschiede zwischen den beiden Einströmseiten des Regelventils bestärkt dieseDarstellung die Aussage, dass an keinem Betriebspunkt instationäre Strömungen mit signifikan-ten Ablösefrequenzen auftreten. Das untersuchte Regelventil ist nicht anfällig für Anregungender mechanischen Bauteile durch eine Fluid-Struktur-Interaktion. Auch wenn im Dampfbetrieb,aufgrund der deutlich höheren Dichte des Dampfes, von einer höheren Belastung der Bauteileauszugehen ist, ist nicht mit einer zusätzlichen Beanspruchung der mechanischen Komponentenaufgrund der Strömung zu rechnen. Es wird daher davon ausgegangen, dass sich dieses Ergebnisauf ein mit Dampf betriebenes Regelventil übertragen lässt.

Die Abbildung 6.6 zeigt das Messsignal einer Sensorreihe. Aus der Betrachtung der ein-zelnen Sensoren kann man erkennen, dass bei den Sensoren A1 bis A4 am Übergangsradiuszum Diffusorkonus an bestimmten Betriebspunkten höhere Frequenzen in den Drucksignalenauftreten. Dieser Bereich ist auch der Bereich des Ventildiffusors, in dem ein möglicher Ablö-sungspunkt zu erwarten ist. Hier wird die Strömung verzögert und gleichzeitig umgelenkt. Anden Signalen ist gut zu erkennen, dass der Drosselquerschnitt in der Nähe des Sensors A2 liegt,da hier der niedrigste Druck und damit die höchste Strömungsgeschwindigkeit auftritt. ZumSensor A3 hin steigt der Druck und das Messsignal weist deutliche Schwankungen auf, die beiden Sensoren A1 und A2 noch nicht zu sehen sind, da hier die Strömung noch beschleunigtwird. Hier liegt der Bereich einer erhöhten Instationärität.

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6 EXPERIMENTE

Ein Vergleich der Messsignale miteinander zeigt, dass zeitlich begrenzte Drucksprünge auf-treten. Diese finden für die gesamte Sensorreihe zeitgleich statt. Das Signal von Sensor A3 zeigtbei t = 0,8 s und t = 1,0 s jeweils einen zeitlich begrenzten Sprung um circa 100 mbar. Die-ser Sprung ist in allen strömungsabwärtsliegenden Sensoren wieder zu finden. Einen weiterenSprung im Drucksignal findet man für die Sensoren A4 bis A7 im Bereich von t = 0.15...0.5 s.Beide Sprünge entsprechen einer Strömungsablösung. Im Falle einer anliegenden Strömungkommt es zu einer gleichmäßigen Verzögerung der Strömung hinter dem Drosselquerschnittentlang der Diffusoroberfläche. Ist die Strömung jedoch abgelöst, wird die abgelöste Strömungnicht so stark verzögert. Damit bleibt der statische Druck innerhalb der Ablöseblase niedriger.Tritt der Drucksprung zeitgleich an aufeinanderfolgenden Sensoren einer Sensorreihe auf, istdavon auszugehen, dass sich die Strömungsablösung nur lokal ausbildet und instationär ist. EinVergleich mit den anderen Sensorreihen zeigt, dass diese Drucksprünge entweder in mehrerenSensorreihen zeitgleich stattfinden oder nur in den Signalen einer Sensorreihe auftreten. DieDrucksprünge und damit die Strömungsablösung laufen nicht in Umfangsrichtung des Diffu-sors um. In allen drei Fällen kann man erkennen, dass die Amplitude des Sprunges beim SensorA4 am größten ausfällt. Hier ist die Krümmung der Diffusoroberfläche am größten und somitder Druckunterschied zwischen anliegender und abgelöster Strömung am größten. Für den dar-gestellten Fall liegen die Ablösepunkte der Strömung bei t = 0.15...0.5 s zwischen Sensor A3und A4 und für t = 0,8 s und t = 1,0 s zwischen Sensor A2 und A3.

Es zeigt sich in dieser Betrachtung erneut, dass keine periodisch umlaufenden Strömungs-ablösungen im Ventildiffusor auftreten. Es gibt also keine Fluid-Struktur-Interaktion aufgrundeiner kritischen Anregung durch periodische Strömungsablösungen, wie sie von Zhang et al.[43] beschrieben werden, die den Betrieb des Regelventils gefährden könnte.

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM

VENTILDIFFUSOR

Die Strömungsablösungen im Ventildiffusor sind grundlegend für die Betriebsstabilität einesRegelventils. Sowohl der Umfang als auch die zeitliche Änderung der Ablöseblase sind vonInteresse. Strömungsablösungen können in einem Regelventil durch Fluid-Struktur-Interaktionzu einer signifikanten Anregung zwischen Strömung und Bauteilen des Regelventils führen.Eine Vorhersage der Strömungsablösungen ist bereits im Entwicklungsprozess des Regelventilsinteressant. Im Folgenden wird eine Methode zu Beurteilung der Strömung im Ventildiffusordargestellt. Es werden numerische Strömungssimulationen1 zur Untersuchung der Strömungverwendet. Die Messungen am Ventilprüfstand dienen der Validierung der Simulationen.

7.1 AUFBAU DER NUMERISCHEN SIMULATION

CFD-Simulationen bilden ein reales Strömungsproblem als mathematisches Modell ab. Es müs-sen gegenüber der realen Strömung Vereinfachungen bzw. thermodynamische Modelle für dieVorgänge verwendet werden. Diese Modelle erfordern stets eine diskrete Abbildung des un-tersuchten Strömungsraums. Generell unterscheidet man numerische Strömungssimulationenin Direkte Numerische Strömungssimulationen (DNS), Large Eddy Simulationen2 (LES) undden Reynolds-averaged Navier-Stokes Simulationen3 (RANS). Die Aufzählungsreihenfolge ent-spricht auch der Reihenfolge der Genauigkeit bzw. des Zeitaufwandes. Eine DNS ist am ge-nauesten in Bezug auf die Auflösung der Turbulenz, aber der Zeitaufwand ist am höchsten.In technischen Anwendungsgebieten werden aufgrund der Zeitersparnis typischerweise RANSSimulationen eingesetzt. Bei RANS-Simulationen wird die Turbulenz durch sogenannte Turbu-lenzmodelle abgebildet. Diese Modelle erfordern eine lokale Anpassung des Rechengitters. AlsRechengitter wird die räumliche Diskretisierung des untersuchten Strömungsraumes bezeich-net. Für eine gute Diskretisierung ist in Bereichen hoher Gradienten der Strömungsgrößen einefeinere Auflösung erforderlich. Diese gilt besonders im Bereich der Wandgrenzscgicht. Die Ge-

1engl.: Computational Fluid Dynamics, Abk. CFD2englisch für Grobstruktursimulation3englisch für Reynolds-gemittelte Navier-Stokes-Gleichungen

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

staltung des Rechengitters und die Auswahl der Modelle ist ein entscheidender Arbeitsschrittfür eine RANS-Strömungssimulation.

7.1.1 RECHENGITTER

Eine numerische Strömungssimulation erfordert eine räumliche und zeitliche Diskretisierungdes Strömungsproblems. Das Rechengitter stellt die räumliche Diskretisierung dar. Das Re-chengitter wird aus Knotenpunkten gebildet und stellt den Strömungsraum der numerischenSimulation dar. Der Strömungsraum entspricht der Innenkontur des Regelventils, die im experi-mentellen Aufbau untersucht wurde. Das Rechengitter wird aus CAD Daten des Prüfstandes (s.Abb. 5.2) modelliert. Es wird mit dem Netzgenerierer ICEM 13 aus dem CFD Software PaketAnSys CFX 13 erzeugt. In der Abbildung 7.1 ist das komplette Rechengitter dargestellt. Analogzum experimentellen Aufbau gibt es an den Stirnseiten des Regelventilgehäuses zwei Einlässe.Bei den Simulationen wird jeweils nur ein geöffnetes Ventil betrachtet. Hinter dem geöffnetenVentil ist die Auslassfläche angeordnet.

Numerische Strömungssimulationen erfordern Randbedingungen zur Lösung des Problems.An den Randbedingungen müssen Strömungs- und Energiegrößen vorgegeben werden. DieNavier-Stokes- und Energiegleichungen erfordern die Vorgaben des Wertes und des dazuge-hörigen Gradienten an den Randbedingungen, die Kontinuitätsgleichungen nur des Wertes. Diefür die numerischen Simulationen verwendete CFD Software AnSys CFX 13 setzt für die meis-ten Arten an Randbedingungen den Gradienten automatisch auf 0. Es ist notwendig die Ein-und Auslassflächen an Positionen zu legen, an denen keine Gradienten in den Strömungsgrößenauftreten. Die Einlassflächen des CFD-Modells liegen an der Position des Diffusoreintritts der

Einlass vV2

Einlass vV4

Auslass V4

ABBILDUNG 7.1: GEOMETRIE FÜR DIE CFD-SIMULATION

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7.1 AUFBAU DER NUMERISCHEN SIMULATION

Schnellschlussventile (s. Abb. 5.2). Der Austritt unterhalb des Ventils befindet sich in einem Ab-stand von 6DRohr zur Gehäuseachse. Damit sollte der Nachlauf hinter dem Ventil ausreichendsein, um eine möglichst homogene Strömung ohne Gradienten an der Austrittsfläche zu errei-chen. Zusätzlich sind an dieser Position Druck- und Temperaturmesspunkte im experimentellenAufbau angeordnet.

Gegenüber dem experimentellen Aufbau gibt es zwei Bereiche, die zur Vereinfachung desRechengitters ausgelassen werden. In Abbildung 7.2 sind diese Bereiche rot markiert. Zumeinen der Zwischenraum zwischen Ventilstempel und Ventilhülse (s. Abb. 7.2, 1). Zum anderender Zwischenraum zwischen Ventildiffusor und Nachlaufrohr (s. Abb. 7.2, 2). Diese Bereicheliegen in für die Ausbildung der Strömungsablösungen nicht relevanten Bereichen der Geome-trie. Da sich hier nur kleine Rezirkulationsgebiete ausbilden, wird davon ausgegangen, dass siekeinen Einfluss auf die Ventilströmung haben.

Typischerweise bestehen bei RANS-Simulationen Rechengitter aus Tetraeder- oder Hexa-ederelementen. Es gibt Rechengitter in denen beide Elemente kombiniert werden. Zur Auflö-sung der Wandgrenzschicht kann ein Mischtyp zwischen Tetraeder und Hexaeder verwendetwerden. Diese Elemente werden Prismenelemente genannt. Die Elemente bilden ein Kontroll-volumen für die Lösung der Erhaltungsgleichungen. Alternativ wird bei einigen numerischen

1

2

ABBILDUNG 7.2: RECHENGITTER IM VENTILBEREICH

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

Lösungsprogrammen4 das Kontrollvolumen um die Knotenpunkte herum gebildet. Je nach Kon-trollvolumen müssen die Strömungsgrößen zwischen den Knotenpunkten, den Flächenschwer-punkten der Seitenflächen oder dem Volumenschwerpunkt eines Elements interpoliert werden.Wird das Kontrollvolumen zwischen den Knotenpunkten des Rechengitters gebildet, ist dieserInterpolationsfehler größer, als bei der Bildung eines Kontrollvolumens um den Knotenpunkt.

Durch das Rechengitter entsteht zusätzlich noch ein Fehler aufgrund der räumlichen Dis-kretisierung. Dieser räumliche Diskretisierungsfehler hängt vom Elementtyp des Rechengittersab. Ein Hexaedergitter besteht aus einem an die Strömungskontur angepassten Quader. EinTetraedergitter verbindet jeweils vier Knotenpunkte zu einem Tetraeder mit vier dreieckigenSeitenflächen. Werden die Hexaederelemente an der Hauptströmungsrichtung der untersuchtenStrömung ausgerichtet, wird der Gradient zwischen den Seitenflächen des Rechengitters mini-miert. Bei bekannter Strömungsrichtung ist damit der absolute räumliche Diskretisierungsfehlereines Hexaedergitters kleiner, als bei einem Tetraedergitter. Tetraederelemente sind nicht an derStrömungsrichtung orientiert. Durch die Elementform kommt es zwischen den Seitenflächen zueinem größeren absoluten räumlichen Diskretisierungsfehler. Bei komplexer Geometrie kannes allerdings schwierig oder unmöglich sein, ein reines Hexaedergitter zu erzeugen. Hier mussman entweder ein kombiniertes Gitter oder ein Tetraedergitter verwenden. Prismenelementekommen in Tetraedergitter zur Auflösung der Wandgrenzschicht zum Einsatz. Prismenelementehaben senkrecht zur Wand einen rechteckigen Querschnitt. Entlang der Wand sind sie dreieckig.Entsprechend der obigen Erläuterung wird dadurch der räumliche Diskretisierungsfehler derStrömung senkrecht zur Wand minimiert.

Für viele Simulationen von technischen Anwendungen ist die Verwendung eines Hexa-edergitters sinnvoller, da eine bekannte Strömungsrichtung im relevanten Teil des Rechengit-ters vorliegt. Im vorliegenden Fall ist aufgrund der komplexen Struktur die Verwendung einesTetraedergitters erforderlich. Die Verwendung von Hexaedern würde die Aufteilung in zweiseparate Gitter für das Regelventilgehäuse und den Ventilbereich mit Nachlauf erforderlich ma-chen. An der Grenzfläche zwischen den Rechengittern ist die Verwendung von sogenanntenInterfaces notwendig. Durch die Interpolation vom einen auf das andere Rechengitter entstehtein zusätzlicher Fehler. Außerdem wird im relevanten Bereich, hinter dem Drosselquerschnittund im Ventildiffusor, für die meisten Betriebspunkte eine instabile Strömung ohne bekann-te Strömungsrichtung erwartet. Man kann davon ausgehen, dass ein Hexaedergitter gegenüberdem Tetraedergitter keinen Vorteil durch einen geringeren räumlichen Diskretisierungsfehlerhat.

Die lokale Größe der Rechenelemente muss an den erwarteten Gradienten angepasst wer-den. In Bereichen großer Gradienten muss eine feinere Gitterauflösung, also müssen mehr Re-chenelemente verwendet werden. Dementsprechend wird die Auflösung des Gitters an die zuerwartenden Strömungsgeschwindigkeiten angepasst, um eine ausreichend genaue Lösung bei

4Der verwendete Löser AnSyS CFX 13 bildet die Kontrollvolumen um die Knotenpunkte herum.

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7.1 AUFBAU DER NUMERISCHEN SIMULATION

einer möglichst geringen Anzahl an Gitterelementen zu erreichen. Im Bereich des Regelventil-gehäuses und im Nachlauf befinden sich die gröbsten Elemente. Die Auflösung wird im Bereichdes Ventildiffusors deutlich feiner, um sowohl die höhere Strömungsgeschwindigkeit als auchdie höheren Gradienten durch die Umlenkung darstellen zu können. Die Abbildung 7.2 zeigtdas Rechengitter im Bereich des Ventils. Es ist die schrittweise Verfeinerung vor und nachdem Drosselquerschnitt zu erkennen. Ebenfalls erkennt man die deutlich höhere Auflösung desGitters in Wandnähe und im Drosselquerschnitt. Für eine gute Darstellung der Grenzschichtdurch die numerische Simulation wurde hier eine Schicht aus Prismenelementen verwendet,die aufgrund der feinen Auflösung in der Abbildung nicht zu erkennen ist. Die Auflösung derPrismenschicht ist für das verwendete Turbulenzmodell (s. Kap. 7.1.2) notwendig.

Für die Betrachtung unterschiedlicher Ventilhübe ist es erforderlich, für jeden Hub ein se-parates Rechengitter zu erstellen. Es werden alle Parameter, wie die Zellengrößen, Zellenvergrö-ßerung und die Auflösung der Prismenschicht konstant beibehalten. Da sich jedoch im Bereichder feinsten Auflösung die Geometrie ändert, variiert die Anzahl an Elemente zwischen denunterschiedlichen Hüben zwischen 8,5 ·106 und 9 ·106.

7.1.2 TURBULENZMODELL

Die Bewegung von newtonschen Fluiden wird durch die sogenannten Navier - Stokes - Glei-chungen dargestellt [29]. Sie beschreiben, basierend auf der Impulserhaltung, den mathemati-schen Zusammenhang von den auf die Strömung wirkenden Kräften und der Bewegung desFluides. Mit der Massen- und der Energieerhaltung bilden sie das Differentialgleichungssystem(DGS) zur Berechnung einer turbulenten Strömung mit einer numerischen Strömungssimula-tion. Je nach Art der Lösung des DGS kann ein sogenanntes Schließungsproblem auftreten.Dieses Schließungsproblem tritt auf, wenn aufgrund der räumlichen und zeitlichen Diskretisie-rung die turbulenten Bewegungen einer Strömung nicht mehr dargestellt werden können. Eswird die Verwendung von zusätzlichen Gleichungen, die die Turbulenz der Strömung modellie-ren, erforderlich. Im Falle einer DNS wird die räumliche Diskretisierung so gewählt, dass alleTurbulenzwirbel aufgelöst sind. Bei einer LES werden nur die groben Turbulenzwirbel durchdas Rechengitter aufgelöst. Die Mikroturbulenz wird hier durch Feinstrukturmodelle abgebildet.Bei einer RANS-Simulation werden alle turbulenten Wirbelstrukturen durch ein sogenanntesTurbulenzmodell approximiert und lediglich das Hauptströmungsproblem durch das Rechengit-ter dargestellt.

Im Rahmen dieser Arbeit werden RANS-Simulationen verwendet. Die Turbulenzmodellefür RANS-Simulationen unterscheiden sich typischerweise nach der Anzahl ihrer zusätzlichenDifferentialgleichungen5, die zur Lösung des Schließungsproblems verwendet werden. Für tech-nische Anwendungen haben sich hier aufgrund ihrer numerischen Robustheit und guten Konver-

5Ein-Gleichungs-, Eineinhalb-, Zwei- und Mehr-Gleichungs-Modelle

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

genz die sogenannten Zwei-Gleichungs-Modelle bewährt. Den Ausführungen von Schlichting[29] nach verwenden alle isotropen Turbulenzmodelle stets eine Gleichung für die turbulenteEnergie6. Zusätzlich verwenden Zwei-Gleichungs-Modelle eine weitere Gleichung. Diese Glei-chungen variieren je nach Modell. Es gibt drei gängige Zwei-Gleichungs-Modelle.

Beim k-ε-Modell wird als zusätzliche partielle DGL eine Bilanzgleichung für die Dissi-pation ε der Turbulenzenergie verwendet. Je nach Quelle wird ε als Dissipation [8] oder alsDissipationsrate [30] bezeichnet. Die Dissipation gibt an, wie viel turbulente Energie pro Zeitin Wärme umgewandelt wird. Das zweite Modell wird k-ω-Modell genannt. Die turbulenteWirbelfrequenz ω ist proportional zum Verhältnis ε/k.

Für die Simulationen ist eine gute Vorhersage des Beginns und der Ausdehnung von Strö-mungsablösungen notwendig. Das k-ε-Modell ist für die Vorhersage von turbulenten Grenz-schichten und Ablösungen ungeeignet. Das k-ω-Modell kann die wandnahe Grenzschicht bes-ser vorhersagen. Allerdings zeigt ω eine Abhängigkeit von der Hauptströmung. Durch die Kom-bination beider Modelle zum sogenannten Shear-Stress-Transport-Modell7 (SST) können dieseNachteile umgangen werden. Beim SST-Modell wird die wandnahe Strömung durch das k-ω-Modell und die freie Strömung durch das k-ε-Modell abgebildet. Es verwendet zwei Überblen-dungsfunktionen, um den Übergang vom k-ω- zum k-ε-Modell zu berechnen. Eine der Funktio-nen steuert den stetigen Übergang der Turbulenzmodellierung innerhalb der Grenzschicht. Diezweite Funktion steuert über die Wirbelviskosität den Turbulenztransport. Das SST-Modell er-reicht eine bessere Genauigkeit bei Strömungsablösung und Strömungen mit steigendem Druck-gradienten [22]. Für die Simulationen wird das SST-Modell verwendet.

Die Verwendung des SST-Modells erfordert für die Überblendung der beiden Modelle ei-ne ausreichende Auflösung des Rechengitters in Wandnähe. Die Bewertung der Auflösung inWandnähe findet anhand der Kennzahl y+ (s. Gl. 7.1) statt. Das y+ stellt das Verhältnis des Pro-duktes der Schubspannungsgeschwindigkeit u* und des Abstandes y der ersten Gitterzelle zurkinematischen Viskosität ν dar.

y+ =u* yν

(7.1)

Für eine ausreichende Auflösung der Grenzschicht durch das SST-Modell sollte das y+ < 2betragen. In technischen Anwendungen ist auf Grund hoher Strömungsgeschwindigkeiten eineentsprechend feine Auflösung erforderlich. Allerdings bedeutet eine feinere Auflösung des Re-chengitters eine längere Rechenzeit, um eine Konvergenz der Lösung zu erreichen. Um diesementgegen zu wirken und um eine gröbere Auflösung des wandnahen Bereiches zu ermöglichen,wird eine wandnahe Anpassung des Modelles verwendet, die als sogenannte logarithmischeWandfunktion bezeichnet wird. Damit sind auch Werte für y+ < 11 zulässig. Bei den durchge-

6sogenannte k - Gleichung7englisch für Schubspannungstransportmodell

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7.1 AUFBAU DER NUMERISCHEN SIMULATION

führten Simulationen ist die Strömungsgeschwindigkeit im Ventil und damit das y+ stark vomBetriebspunkt abhängig. Das gemittelte y+ beträgt an der Wand des Ventildiffusors für geringenHub und hohem Druckverhältnis y+ < 3. Bei geringem Druckverhältnis wird ein y+ < 10 er-reicht. Bei großem Hub liegt es etwa bei y+< 5 für eine hohes Druckverhältnis bzw. y+< 15 beiniedrigem Druckverhältnis. Für ein paar Betriebspunkte wird der zulässige Wert von y+ < 11überschritten. Die hohen Werte y+ werden durch die hohen Geschwindigkeiten im Drosselquer-schnitt des Ventils bewirkt. Die Strömungsablösungen treten erst hinter dem Drosselquerschnittim Übergangsbereich zum Diffusor auf. Hier sind die Geschwindigkeiten deutlich geringer unddas y+ liegt für alle Simulationen unter dem geforderten Wert von y+ < 11.

7.1.3 RANDBEDINGUNGEN

Als Randbedingungen werden alle erforderlichen Vorgaben für eine eindeutige numerische Strö-mungssimulation bezeichnet. Dazu gehören Vorgaben zu Fluideigenschaften, Druck, Tempe-ratur und Strömungsgeschwindigkeit an den Rändern des Lösungsgebietes und zum Startzeit-punkt der Iteration. Auch die Vorgabe zur Wandbeschaffenheit und zu den Wärmeübergängenkann je nach Simulation erforderlich sein. Je nach numerischem Löser werden einige der Rand-bedingungen aus den anderen Randbedingungen ermittelt oder typische Wert vorgegeben.

Die Randbedingungen für die Simulation einer Strömung müssen so gewählt werden, dasszusammengenommen die Informationen über Druck, Temperatur und Massenstrom enthaltensind. Numerisch am robustesten ist die Vorgabe des Totaldruckes und der Totaltemperatur amEintritt in den Strömungsraum und des Massenstromes am Austritt. Durch den Totaldruck unddie Totaltemperatur wird das Energieniveau am Eintritt eindeutig festgelegt. Durch die Vorgabedes Massenstroms am Austritt ist entsprechend der Kontinuitätsbedingung der Massenstrom fürden gesamten Bilanzraum der Simulation festgelegt. Die Strömungsgeschwindigkeit ist somitnur abhängig vom lokalen thermodynamischen Zustand. Diese Kombination an Randbedingun-gen für den Eintritt und Austritt passt gut zum Betrieb des Regelventils, da der Totaldruckim Regelventilgehäuse durch den Kessel des Dampfkreislaufes festgesetzt wird und der vonder Turbine benötigte Massenstrom entsprechend des Kegelgesetzes (s. Kap. 3.2) vom Betrieb-spunkt der Turbine abhängt. Außerdem sind beide Randbedingungen direkt in den Messdatender durchgeführten Experimente enthalten. Somit gibt es eine gute Validationsgrundlage fürdie numerischen Simulationen. Damit kann für die durchgeführten Simulationen eine gute Ab-bildung der Problemstellung mit einer numerisch robusten Randbedingung kombiniert werden.Die verwendete CFD Software AnSys CFX 13 setzt für die in der Simulation verwendetenRandbedingungen die Gradienten der Strömungsgrößen am Eintritt und der am Austritt gleich0.

Ist die Berechnung einer transsonischen Strömung erforderlich, muss diese durch die Vorga-be des statischen Druckes am Auslass des Bilanzraumes erfolgen. Diese Variante hat gegenüber

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

TABELLE 7.1: RANDBEDINGUNGEN DER SIMULATIONEN

AllgemeinFluid Luft, ideales Gas

Viskosität, konstantTurbulenz SST-ModellWärmeübertragung Total Energy

adiabate WändeEinlass

Totaldruck 3 barTotaltemperatur 293,15 K

AuslassMassenstrom s. Tab. 7.2

der Vorgabe des Massenstroms am Auslass ein schlechteres Konvergenzverhalten und führtzu numerisch instabileren Rechnungen, da die Randbedingungen nur indirekt eine Informati-on über die Strömungsgeschwindigkeit bzw. den Massenstrom enthalten. Im vorliegenden Fallführte eine Vorgabe des Austrittdruckes stets zu divergenten Rechnungen. Daher konnte derüberkritische Betriebsbereich durch die Simulationen nicht abgebildet werden.

Die Tabelle 7.1 fast die gewählten Randbedingungen zusammen. Diese Randbedingungengelten für alle durchgeführten Simulationen. Bei allen Simulationen wird eine konstante dyna-mische Viskosität ν angenommen, obwohl sich die Viskosität von Gasen mit der Temperaturändert. Beim vorliegenden Problem treten im Drosselquerschnitt des Ventils lokal hohe Mach-zahlen und damit niedrigere Temperaturen auf. In einer Vergleichssimulation wurde die Tempe-raturabhängigkeit der dynamischen Viskosität ν mittels der Sutherlandformel untersucht. Dergrößte Einfluss kann aufgrund der hohen Geschwindigkeiten im Drosselquerschnitt gefundenwerden. Direkt hinter dem Drosselquerschnitt steigt die Viskosität durch die Verzögerung derStrömung wieder deutlich an. Die Vergleichssimulation zeigt trotz hoher Machzahlen hinterdem Drosselquerschnitt für den relevanten Bereich nur eine geringe Abweichung der dynami-schen Viskosität von etwa 5,5%. Bei der Mehrheit der Betriebspunkte sind die Strömungsge-schwindigkeiten deutlich niedriger. Zusätzlich sind die hohen Geschwindigkeiten auf den Dros-selquerschnitt beschränkt. Der Einfluss der Viskosität wird im Folgenden vernachlässigt undder zusätzliche Rechenaufwand vermieden.

Zur Untersuchung instationärer Vorgänge wird eine zeitlich aufgelöste Simulation erfor-derlich. Eine solche transiente Simulation rechnet ausgehend von einer Startlösung die zeitlicheVeränderung eines Strömungsproblems für eine bestimmte Anzahl an gleichen Zeitschrittenaus. Die Randbedingungen sind die Gleichen für die Startlösung und die transiente Simulation.Die Residuen einer numerischen Lösung, also die Änderung der zwischen aufeinanderfolgen-den Zeitschritten, sinken für eine konvergente Lösung stetig. Die Konvergenz einer Lösung isterreicht, wenn eine ausreichende Genauigkeit von erfüllt wird.

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7.1 AUFBAU DER NUMERISCHEN SIMULATION

Als Variationsparameter der Simulationen wurde sowohl der Hub, als auch der Massen-strom verändert. Für eine bessere Vergleichbarkeit der Simulationen untereinander ist die Anga-be eines Druckverhältnisses sinnvoller. Durch das dimensionslose Druckverhältnis, werden dieStrömungsverhältnisse charakterisiert und können somit unabhängig von den absoluten Para-metern Hub und Massenstrom verglichen werden. Es werden hier zwei unterschiedliche Druck-verhältnisse eingeführt. Analog zur Definition des Druckverhältnisses in der Ausflussfunktion(s. Kap. 3.1, S. 29), werden die Druckverhältnisse aus dem statischen Austrittsdruck und demtotalen Eintrittsdruck gebildet. Zum einen das Gesamtdruckverhältnis PRGes (s. Gl. 7.2), dasaus dem statischen Druck pAus, stat an der Austrittsfläche und dem Totaldruck pEin, tot an derEintrittsfläche der Simulation gebildet wird.

PRGes =pAus, stat

pEin, tot(7.2)

Als zweites Druckverhältnis wird das Drosseldruckverhältnis PRDrossel eingeführt (s. Gl. 7.3).Es wird als Quotient des statischen Druckes pDrossel, stat in der Drosselfläche und dem Eintritts-totaldruck pEin, tot gebildet.

PRDrossel =pDrossel, stat

pEin, tot(7.3)

Für den Massenstrom ist das Druckverhältnis PRDrossel entsprechend der Ausflussfunktionrelevant. Das Druckverhältnis PRGes ist in Bezug auf den Betrieb der nachfolgenden Turbineinteressant. Es muss beachtet werden, dass beide Druckverhältnisse sich je nach Hub unterschei-den, da sie auf unterschiedliche Bezugspunkte bezogen sind. Die Drosselfläche variiert mit demHub, die Austrittsfläche aus der Simulation bleibt jedoch konstant. Dadurch stellen sich je nachHub und Massenstrom unterschiedliche statische Drücke in den beiden Bezugsflächen ein. Eswird sich bei geringem Hub und hohem Massenstrom ein niedrigeres DrosseldruckverhältnisPRDrossel einstellen. Das Gesamtdruckverhältnis PRGes hingegen ist höher als bei anderen Hü-ben und vergleichbarem PRDrossel . Somit charakterisiert das PRDrossel den Strömungszustand imDrosselquerschnitt, während das PRGes eine Größe zur Darstellung des Betriebspunktes ist. Dermit den Simulationen untersuchte Betriebsbereich und die entsprechenden Druckverhältnisse

TABELLE 7.2: PARAMETERBEREICH DER SIMULATIONEN

Hub h [mm] Massenstrom m [kg/s] PRGes [-] PRDrossel [-]6 0,1 ... 0,55 0,9980 ... 0,9459 0,9958 ... 0,8458

12 0,2 ... 1,6 0,9983 ... 0,8563 0,9965 ... 0,633620 0,5 ... 2,5 0,9962 ... 0,8782 0,9916 ... 0,637724 0,5 ... 3,5 0,9980 ... 0,8464 0,9957 ... 0,690031 0,5 ... 4,5 0,9987 ... 0,6841 0,9975 ... 0,7178

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

aus den Simulationen sind in Tabelle 7.2 aufgelistet. In den Experimenten wurden Druckver-hältnisse PRGes = 0,50 . . .0,85 realisiert (s. Tab. 6.1, S. 64).

Zu der Auswahl des Massenstromes sei folgendes angemerkt. Bei einer überkritischenDurchströmung mit Ma = 1 im begrenzenden Querschnitt, kann keine Druckänderungen strom-aufwärts über die Drosselstelle hinaus gelangen. Im Experiment resultiert ein höheres Druckver-hältnis zwar nicht in einem höheren Volumenstrom, aber in einer höheren Machzahl im Diffusorhinter der Drosselstelle. Werden bei der numerischen Simulation die Randbedingung für den To-taldruck am Eintritt und der Massenstrom so gewählt, dass sich ein Volumenstrom oberhalb deskritischen Volumenstromes ergeben würde, wird die numerische Simulation nicht lösbar, da esnach der Ausflussfunktion kein Druckverhältnis gibt, bei dem sich der geforderte Massenstromeinstellt. Bei der Berechnung der numerischen Lösung sinkt der Druck an der Austrittsflächeimmer weiter ab und damit steigt die Strömungsgeschwindigkeit im Bilanzvolumen in einenhohen Machzahlbereich an, bis das Lösungsprogramm das mathematische Problem nicht mehrlösen kann und die Berechnung abbricht. Es wird im Folgenden der Massenstrom als Austritts-randbedingung vorgegeben und nur der Betriebsbereich mit unterkritischen Druckverhältnissenuntersucht. Im Betrieb einer Dampfturbine mit Düsengruppenregelung können nur beim Öff-nen und beim Schließen eines Ventils überkritische Druckverhältnisse am Ventil auftreten. ImNormalbetrieb liegt der kritisch durchströmte Querschnitt stets in der Regelstufe.

7.2 VALIDIERUNG

Eine numerische Simulation ist eine mathematische Abbildung eines realen Strömungspro-blems. Es werden Vereinfachungen und Modelle zur Abbildung verwendet. Diese Abbildungkann fehlerbehaftet sein. Durch eine Validierung wird die Vergleichbarkeit mit dem realen Strö-mungsproblem überprüft. Bei der Validierung werden die Randbedingungen für die Simulationaus Messdaten entnommen. Die Lösung der numerischen Simulation wird mit den Messdatenim relevanten Bereich der Simulation verglichen.

Im Folgenden werden insgesamt sechs Fälle für das Ventil 4 als Validierung dargestellt.Für drei unterschiedliche Öffnungsverhältnis OR wurden jeweils für ein hohes und ein niedri-

TABELLE 7.3: RANDBEDINGUNGEN DER VALIDIERUNGSSIMULATIONEN FÜR VENTIL 4OR [-] Massenstrom m [kg/s] PRGes [-] pEin, tot [bar] TEin, tot [K]0,050 0,225 0,851 1,2026 295,260,050 0,370 0,583 1,8036 298,500,165 0,946 0,813 1,2309 292,970,165 1,379 0,548 1,8301 298,500,330 1,690 0,829 1,1780 301,510,330 2,649 0,537 1,7676 303,58

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7.3 AUSWERTUNGSMETHODE

ges Gesamtdruckverhältnis PRGes simuliert. Für die Validierungssimulationen werden Rechen-gitter aus Tetraedern und einer Prismenschicht mit einer vergleichbaren Auflösung verwendet.Die Randbedingungen der Validierungssimulationen sind in der Tabelle 7.3 dargestellt. Entspre-chend der Erläuterungen zu den Randbedingungen werden der Totaldruck und die Totaltempe-ratur am Eintritt der Simulation und der Massenstrom am Austritt vorgegeben.

Die Abbildung 7.3 zeigt für alle sechs Betriebspunkte die Messdaten (schwarz) und dieSimulationsdaten (rot) als lokales Druckverhältnis PRSens für jede Sensorposition in axialerRichtung (s. Gl. 7.4). Das Druckverhältnis PRSens entspricht dem statischen Druck pSens, stat amSensor bezogen auf den Totaldruck pEin, tot im Regelventilgehäuse bzw. am Simulationseintritt.

PRSens =pSens, stat

pEin, tot(7.4)

Die dickere Mittellinie entspricht dem arithmetischen Mittel und die dünneren Linien mar-kieren die Standartabweichungen der Datensätze. An jeder axialen Sensorposition wurden so-wohl die Messdaten als auch die Daten der numerischen Simulation in Umfangsrichtung undzeitlich gemittelt.

Es kann festgestellt werden, dass für den Bereich des Drosselquerschnittes, in dem die Sen-soren 1 bis 3 angeordnet sind, die Simulationen und die Sensoren die größte Abweichung voneinander haben. Im unteren Bereich des Ventildiffusors (Sensoren 4 bis 7) hingegen wird für alleBetriebspunkte eine gute Übereinstimmung sowohl des Mittelwertes, als auch der Standartab-weichung erzielt. In diesem Bereich ist die Übereinstimmung von Messung und Simulation amrelevantesten, da hier die Ablösungsphänomene auftreten, die Gegenstand der Untersuchungensind. Lediglich die Betriebspunkte mit niedrigem Druckverhältnis PRGes und hohem Öffnungs-verhältnis OR weisen bei den Messdaten eine ungewöhnlich hohe Streuung mit sehr hohen Stan-dardabweichungen auf. Es wird vermutet, dass bei hohen Massenströmen durch das Ventil dasaufgezeichnete Drucksignal durch betriebsbedingte niederfrequente Schwingungen des gesam-ten experimentellen Aufbaus überlagert wird. Dadurch tritt eine höhere Streuung der Messwerteauf.

Im Folgenden wird aufgrund der obenstehenden Erläuterungen davon ausgegangen, dassdie gesamte Simulation mit Modellen und Randbedingungen den realen Betrieb eines Regelven-tilgehäuses mit ausreichender Genauigkeit wiedergibt.

7.3 AUSWERTUNGSMETHODE

Das Auftreten von Strömungsablösungen in Diffusoren von Regelventilen ist nie auszuschlie-ßen. Typischerweise resultieren hier die Strömungsablösungen in einer instationären Strömung.Durch starke Fluid-Struktur-Interaktion kann es zu überhöhten mechanischen Beanspruchungen

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

PR ≈ 0,54 ... 0,57GesPR ≈ 0,8 ... 085Ges

0

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

lok.

Dru

ckve

rh. P

R [

-]Se

ns

0

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

lok.

Dru

ckve

rh. P

R [

-]Se

ns

0

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2

lok.

Dru

ckve

rh. P

R [

-]Se

ns

1 72 3 4 5 6Sensor

OR

= 0

,05

OR

= 0

,16

6O

R =

0,3

31

1 72 3 4 5 6Sensor

MessungSimulation

ABBILDUNG 7.3: VALIDIERUNG DER NUMERISCHEN SIMULATIONEN FÜR UNTER-SCHIEDLICHE BETRIEBSPUNKTE

der Ventilbauteile kommen. Eine qualitative Beurteilung des Ventils im Entwicklungsprozess istsinnvoll, um es auf das Ablösungsverhalten hin zu untersuchen.

Entsprechend der Erläuterungen zu dreidimensionalen Strömungsablösungen aus Kapitel2.2 wird eine wandnahe Betrachtungsebene zur Diffusorwand gebildet. Das in die Betrachtungs-ebene projizierte Geschwindigkeitsfeld und die korrespondierenden Trajektorien bilden kriti-sche Punkte in Relation zur Strömung im Ventildiffusor. Die kritischen Punkte ermöglicheneine Beurteilung des Ablöseverhaltens des Ventils.

Die der Projektion zugrundeliegende Koordinatendefinition ist in Abbildung 7.4 dargestellt.Vom geometriefesten kartesischen Koordinatensystem xyz entspricht die x - Richtung der Rich-tung der Achse des Regelventilgehäuses. Die z - Richtung entspricht der Richtung der Dif-fusorachse. Die y - Achse ist entsprechend senkrecht zur x und z - Achse. Da es sich beim

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7.3 AUSWERTUNGSMETHODE

Diffusor um einen Konus handelt, wird für die Projektion in eine wandnahe Ebene ein Polar-koordinatensystem eingefügt. Dabei werden durch eine entsprechende Polartransformation dieGeschwindigkeitskomponenten u und v der Koordinatenrichtungen x und y in die Koordinatenr und θ überführt. Die Geschwindigkeitskomponente w in z - Richtung wird auf die, um denDiffusoröffnungswinkel von 4∘ gekippte, z′ - Richtung in die wandnahe Betrachtungsebene pro-jiziert. Für die Analyse von kritischen Punkten sind nur die Komponenten in der betrachtetenEbene relevant. Im Fall der wandnahen Kegelfläche also die Geschwindigkeitskomponente inUmfangsrichtung und in z′ - Richtung.

Falls keine kritischen Punkte (s. Abb. 2.5, S. 10) in den Trajektorien der wandnahen Strö-mung zu finden sind, kann von einer Strömung ohne Ablösungen und damit von einer Ring-bzw. Rohrströmung im Ventildiffusor ausgegangen werden. Dies ist der für den Betrieb des Re-gelventils erstrebenswerte Strömungszustand [15]. Sind kritische Punkte vorhanden, liegt eineStrömungsablösung vor. Anhand des Vorzeichens der Spur p kann festgestellt werden, ob derkritische Punkt einer ablösenden Strömung (p < 0) oder einer anlegenden Strömung (p > 0)entspricht. Die in der Betrachtungsebene vorhandenen Bifurkationslinien entsprechen dann derAblösungslinie oder Anlegungslinie der Strömung [36] [25]. Damit gibt es einen Indikator, umStrömungsablösungen im Ventildiffusor zu detektieren. Zusätzlich gibt die Art der kritischenPunkte und die Ausdehnung der Ablöseblase Aufschluss über das Ablöseverhalten des Ventils.

Um diesen Ansatz auf das Regelventil übertragen zu können, sind die Ergebnisse der ex-perimentellen Untersuchungen nicht ausreichend aufgelöst. Außerdem ist kein wandnahes Ge-schwindigkeitsfeld vermessen worden. Deshalb werden numerische Strömungssimulationen alsDatenbasis für die Untersuchung der Ventildiffusoren verwendet.

x

y

z

z‘

ABBILDUNG 7.4: KOORDINATENDEFINITION FÜR GESCHWINDIGKEITSPROJEKTION

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

7.4 STRÖMUNG IM VENTILDIFFUSOR

In Abbildung 7.5 sind jeweils paarweise Schnittflächen durch den Ventildiffusor dargestellt.Analog zur Definition des kartesischen Koordinatensystems nach Abbildung 7.4 entsprechendie dargestellten Ebenen der xz - Ebene (Ebene I) bzw. der yz - Ebene (Ebene II). Es sinddie zweidimensionalen Trajektorien zu sehen, die aus entsprechenden Geschwindigkeitskompo-nenten im kartesischen Koordinatensystem ermittelt werden. Es sind exemplarisch Momentauf-nahmen der berechneten Strömung bei unterschiedlichen Betriebspunkten dargestellt. Für einniedriges, mittleres und hohes Öffnungsverhältnis OR ist jeweils ein Betriebspunkt mit niedri-gem und einem hohen Drosseldruckverhältnis PRDrossel (s. Gl. 7.5) dargestellt. Das Druckver-hältnis PRDrossel wird aus dem Totaldruck am Simulationseintritt und dem statischen Druck imDrosselquerschnitt gebildet. Der Drosselquerschnitt wird geometrisch durch den kleinsten Ab-stand zwischen Diffusor und Stempel berechnet. Das Gesamtdruckverhältnis PRGes (s. Gl. 7.6)vom Austritt zum Eintritt in den Bilanzraum der Simulationen, ist für jeden Betriebspunkt zu-sätzlich angegeben. Es ist zu beachten, dass das Druckverhältnis PRGes und das DruckverhältnisPRDrossel nicht direkt vergleichbar sind. Bei kleinem Hub und geringem PRDrossel wird ein gerin-gerer Massenstrom als bei großem Hub und gleichem PRDrossel durchgesetzt. Da der Nachlaufin beiden Flächen identisch ist, resultiert der geringere Massenstrom in einem höheren PRGes.Für die Ermittlung der Ausflussfunktion Ψ (n. Gl. 3.3, S. 29) zur Massenstromberechnung istdas Drosseldruckverhältnis PRDrossel relevant.

PRDrossel =pDrossel, stat

pEin, tot(7.5)

PRGes =pAus, stat

pEin, tot(7.6)

Entsprechend der Erläuterungen aus Kapitel 2.2 (S. 6) können sich aus den zweidimensio-nalen Trajektorien in diesen Schnittebenen Strukturen mit kritischen Punkten ergeben. DieseStrukturen und kritischen Punkte spiegeln zwar die dreidimensionale Strömung wieder, da diebetrachteten Ebenen aber nicht in Wandnähe liegen, sind die kritischen Punkte nicht zwangs-läufig ein Zeichen von Ablösungen. Kritische Punkte können in diesem Fall auch auf Grundvon Sekundärströmungen oder Scherströmungen entstehen. Der Beginn bzw. das Ende einerAblösung kann in diesen Schnittebenen durch einen sogenannten Wandsattelpunkt, also einemSattelpunkt der auf der Oberfläche liegt, erkannt werden (s. Abb. 2.4, S. 2.4).

Die Bilder zeigen jeweils einen einzelnen Zeitschritt einer der numerischen Simulationen.Aufgrund der Instationarität der Strömung ist diese Darstellung alleine nicht zwingend repräsen-tativ für den entsprechenden Betriebspunkt. Vielmehr sollen mit allen Bildern die unterschiedli-chen Strömungszustände illustriert werden, die bei Betrieb im Ventildiffusor auftreten können.

In der Abbildung 7.5 a sind die Strömungsverhältnisse für ein geringes Öffnungsverhält-nis von OR = 0,06 zu sehen. Sowohl bei niedrigem als auch hohem Drosseldruckverhältnis

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7.4 STRÖMUNG IM VENTILDIFFUSOR

OR = 0,06PR = 0,946 - PR = 0,846Ges Drossel

I II

OR = 0,06PR = 0,998 - PR = 0,996Ges Drossel

I II

Zentrum vers. Sattel

OR = 0,20PR = 0,878 - PR = 0,698Ges Drossel

I IIZentrum

OR = 0,20PR = 0,996 - PR = 0,992Ges Drossel

I II

OR = 0,31PR = 0,684 - PR = 0,720Ges Drossel

OR = 0,31PR = 0,997 - PR = 0,998Ges Drossel

späteAblösung

I III II

xz

yz

Strömungim RVG

(a)

(b)

(c)

ABBILDUNG 7.5: MOMENTAUFNAHMEN DER STRÖMUNG IM VENTILDIFFUSOR

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

PRDrossel kann man deutlich erkennen, dass sich auf großen Teilen des Umfangs eine Ablöse-blase (rot umrandet) befindet. Wenn eine Strömungsablösung auftritt, löst die Strömung stetsam Übergangsradius und vor dem Eintritt in den konischen Teil des Ventildiffusors ab. Die Strö-mung kann auf einer Seite anliegen (s. Abb. 7.5 a, PRDrossel = 0,996). Oder die Strömung löstzunächst auf dem kompletten Umfang ab und der daraus entstehende Freistrahl legt sich nacheiner Weile einseitig an die Diffusorwand an (s. Abb. 7.5 a, PRDrossel = 0,846). Die Ursachefür dieses Ablöseverhalten liegt in der Geometrie des Ventilstempels. Durch den niedrigen Hubliegt der begrenzende Querschnitt deutlich vor der Abrisskante. Durch einen höheren Gegen-druck im konischen Teil des Ventildiffusors muss an der Diffusorwand ein höherer Druckgradi-ent als an der Stempelwand überwunden werden. Es kann an der Diffusorseite zur Strömungsab-lösung kommen, bevor die Abrisskante einen Strömungsabriss am Ventilstempel erzwingt. Dasheißt also, bei niedrigem Hub ist die am Stempel angeordnete Abrisskante wirkungslos und dieStrömung bleibt am Stempel angelegt.

Bei einem mittleren Hub OR = 0,20 (s. Abb. 7.5 b) ist die Ablöseblase deutlich kleiner. ImGegensatz zu OR = 0,06 liegt die Strömung auf dem größten Teil des Umfanges an. Allerdingsgibt es stets eine Ablösung, die sich ebenfalls am Übergang zum konischen Diffusorteil ausbil-det. Die Ablöseblase liegt typischerweise auf der Seite des Diffusors an, der in die Richtung desEinlasses ins Regelventil zeigt. Die Strömung vor dem Drosselquerschnitt wird durch die Ein-bauten des Regelventils beeinflusst. Durch die Ventilhülse, die die Ventilspindel und den Ventil-stempel schützt, kommt es zu einer ungleichmäßigen Massenstromdichte in Umfangsrichtung.Dieses Phänomen lässt sich unter der vereinfachenden Annahme eines konstanten Totaldruckesanschaulich erklären. In der Nähe des Drosselquerschnittes, auf der der Anströmung zugewand-ten Ventilseite, ist die Strömungsgeschwindigkeit hoch und dadurch der statische Druck niedrig.Bei der Umströmung der Ventilhülse verringert sich die Strömungsgeschwindigkeit, da stetigein Teil des Massenstroms durch das Ventil aus dem Regelventilgehäuse abfließt. Der statischeDruck steigt mit der sinkenden Geschwindigkeit des Fluides und ist in der Nähe des Drossel-querschnittes, auf der der Anströmung abgewandten Seite des Ventils, höher als auf der derAnströmung zugewandten Seite. Durch die lokal unterschiedlichen statischen Drücke ergebensich nach der Ausflussfunktion unterschiedliche Ausflusszahlen in Umfangsrichtung des Ventils.Dadurch verändert sich auch die Massenstromdichte in Umfangsrichtung. Die der Einströmungabgewandte Seite des Ventils ist am weitesten von der Anströmung entfernt. Damit ist hierdie Massenstromdichte am niedrigsten. Diese idealisierte Vorstellung wird allerdings durch dieStrömung im Ventil beeinflusst, da sich hier aufgrund der Ablösungen der statische Druck unddamit auch die Massenstromrichtung in Umfangsrichtung ausgleicht. In dieser Momentaufnah-me wird aufgrund der geringen Massenstromdichte die Strömung auf der der Anströmung abge-wandten Seite des Ventils im Drosselquerschnitt nicht so stark beschleunigt. Der Druckgradientist beim Übergang in den Ventildiffusor geringer. Die instationäre Strömung hat im Ventildif-fusor ebenfalls einen Druckgradienten am Übergangsradius, aber die Wahrscheinlichkeit einer

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7.5 WIRBELSTRUKTUREN AN DER DIFFUSORWAND

Strömungsablösung ist hier dennoch geringer. Der Massenstrom bei diesem Öffnungsverhältnisist ausreichend groß, so dass sich die Strömung im unteren Bereich des Ventildiffusors wiederanlegt. Es bildet sich unterhalb des Ventilstempels immer ein kegelähnliches Rezirkulationsge-biet allerdings ist dieser Bereich instationär, was unter anderem an den kritischen Punkten (hierz.B. Zentrum oder versetzter Sattelpunkt) erkannt werden kann. Bei diesem Hub ist der Stem-pel weit genug angehoben, dass die Strömung an der Abrisskante vom Ventilstempel ablöst. Eswird ein deutlich stabilerer Betrieb mit einer einseitigen Ablöseblase erreicht. Die Ablöseblaseselbst ist zwar instabil, aber läuft nicht in Umfangsrichtung im Diffusor um.

Für einen großen Ventilhub OR = 0,31 (s. Abb. 7.5 c) nähert sich die Strömung im Ventil-diffusor immer mehr an die Strömung eines axial angeströmten Diffusors an. Fast der kompletteQuerschnitt des Ventildiffusors ist sowohl bei niedrigem PRDrossel = 0,720 als auch bei hohemPRDrossel = 0,998 durchströmt. Lediglich einseitig kann es zur Ablösung am Übergang in denkonischen Diffusor kommen. Die Größe der Ablösung ist vom Betriebspunkt abhängig. So legtsich die Strömung beim hohen Druckverhältnis PRDrossel = 0,998 frühzeitig wieder an die Dif-fusorwand an. Beim niedrigen Druckverhältnis PRDrossel = 0,720 ist die Strömungsgeschwin-digkeit der Hauptströmung deutlich größer, so dass sich die Ablöseblase typischerweise nichtwieder anlegt. Beim hohen Öffnungsverhältnis OR = 0,31 kann es zusätzlich zu der Ablösungim unteren Bereich des konischen Ventildiffusors kommen. Diese Ablösung entsteht analogzu einer Ablösung in einem konventionellen Axialdiffusor. Im hinteren Bereich des Diffusorskann die sinkende Strömungsgeschwindigkeit den Druckgradienten nicht mehr überwinden undes kommt zu einer Strömungsablösung. Im Rahmen dieser Arbeit wird diese Ablösung als einespäte Ablösung bezeichnet.

7.5 WIRBELSTRUKTUREN AN DER DIFFUSORWAND

Zur besseren Darstellung des Ablöseverhaltens werden nun die zweidimensionalen Trajekto-rien in einer wandnahen Betrachtungsebene untersucht. Diese Trajektorien werden wiederumals Projektion in die Betrachtungsebene aus dem dreidimensionalen Geschwindigkeitsfeld er-zeugt. Entsprechend der Bifurkationstheorie geben die kritischen Punkte und Bifurkationslini-en Rückschluss auf die dreidimensionale Strömung. Dieser Zusammenhang soll im Folgendenan einigen Beispielen verdeutlicht werden. Da kritische Punkte im Fall einer wandnahen Be-trachtungsebene nur bei ablösender oder anlegender Strömung auftreten, wird hier vornehmlichauf die Strömung in der Ablöseblase eingegangen. Da für die meisten Betriebspunkte die Ablö-sungen und Wirbel in der Ablöseblase instationär sind, wurden die Beispiele so gewählt, dassdie entscheidenden Strukturen gut erkennbar sind und möglichst alle auftretenden Fälle abge-deckt werden. Es wird nicht immer auf die gesamte Strömung in der Ablöseblase eingegangen.Vielmehr werden für eine bessere Übersichtlichkeit lediglich einige typische Strukturen in der

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

Ablösung diskutiert. Wiederum ist nur ein Zeitschritt aus der transienten Lösung der numeri-schen Simulation dargestellt.

Die Abbildung 7.6 zeigt zum einen ein Diagramm der zweidimensionalen Trajektorien inder Betrachtungsebene für den Betriebspunkt OR = 0,06 und PRDrossel = 0,974. Zum anderensind isometrische Ansichten des Ventildiffusors dargestellt. Der Blickwinkel der isometrischenAnsichten ist im Diagramm mit einer roten gestrichelten Linien markiert. Die x-Achse stelltden Winkel θ in Umfangsrichtung dar. θ = ±180∘ entspricht der Ventilseite, die dem Einlasszugewandt ist. Diese Seite wird also durch die Strömung im Regelventilgehäuse angeströmt.

I II III

0

280

40

80

120

160

200

240

0°-90° -45°-135°-180° 45° 90° 135° 180°

I II III

angelegteStrömungangelegteStrömung

AblöselinieAblöselinie

anl. Fokusanl. Fokus

abl. Fokusabl. Fokus

SattelSattel

abl. Fokusabl. Fokus

anl. Fokusanl. Fokus

SattelSattel

Winkel θ

Län

ge s

[m

m]

z‘

Strömungim RVG

Strömungim RVG

180°180°

90°90°

0°0°

-90°-90°

ABBILDUNG 7.6: MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 1 (OR = 0,06 -PRDrossel = 0,974)

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7.5 WIRBELSTRUKTUREN AN DER DIFFUSORWAND

Auf der y-Achse ist die Länge sz′ in z′ - Richtung entlang der Oberfläche des Diffusors aufge-tragen (s. Abb. 7.4, S. 85). Der Anfangspunkt sz′ = 0 liegt am Beginn des Übergangsradiuses.Aufgrund des Öffnungswinkels des Diffusors entspricht diese Länge nicht genau der Länge aufder Diffusorachse. Im Diagramm der Trajektorien sind zusätzlich die Ablösegebiete mit einerroten Linie markiert. In den isometrischen Ansichten ist die Hauptströmung im Ventildiffusordurch eine blaue Isofläche der Geschwindigkeit dargestellt. Mit Hauptströmung ist die Kernströ-mung in Richtung des Diffusoraustrittes gemeint. Diese Isofläche dient lediglich zur besserenOrientierung in der dreidimensionalen Darstellung und zur Verdeutlichung der Lage der Wirbelim Verglich mit der Hauptströmung. Außerdem wird die relative Lage der Wirbel zur Hauptströ-mung im Ventildiffusor deutlicher.

Im dargestellten Betriebspunkt löst die Strömung hinter dem Übergangsradius zum Ven-tildiffusor auf dem kompletten Umfang ab (rot markierte Ablöselinie). Bei θ = 0∘ und ca.s = 45 mm legt sich die Strömung wieder an. Am Punkt, an dem sich die Strömung wiederanlegt, liegt ein Sattelpunkt. In Strömungsrichtung wird aufgrund der Verzögerung der Bereichmit angelegter Strömung größer. Im linken Bereich des Diagrammes zwischen θ = −170∘

und θ = −60∘ verlaufen die Trajektorien nach oben zur Ablöselinie hin. Daran kann man er-kennen, dass in diesem Bereich die Strömung innerhalb der Ablöseblase wie in einer quasi-zweidimensionalen Ablösung entgegen der Hauptströmungsrichtung rezirkuliert. Im Grenzbe-reich zwischen Rezirkulation und angelegter Hauptströmung bilden sich aufgrund der entgegen-gesetzten Strömungsrichtung zwei gegenläufige Wirbel aus. In dieser Momentaufnahme existie-ren zwei Fokuspunkte (s. Abb. 7.6, θ = 40∘, s = 120 mm und θ = 135∘, s = 65 mm). DerGrenzbereich zwischen zwei Wirbelstrukturen ist stets mit einem Sattelpunkt (blauer Punkt)gekennzeichnet. Sattelpunkte markieren den Punkt an dem sich der Einfluss zweier Wirbel auf-hebt. In der vorliegenden Momentaufnahme liegt zwischen den beiden großen Wirbeln noch einkleiner Wirbel. Zwischen allen drei Wirbelpunkten liegt jeweils ein Sattelpunkt. In der isometri-schen Ansicht I ist die sich am Fokuspunkt ablösende Strömung als grüne Stromlinie dargestellt.Der ablösende Wirbel fließt parallel zur Hauptströmung stromabwärts aus dem Diffusor. DieserWirbel bildet sich als Teil der Hauptströmung im Grenzbereich zur rezirkulierenden Strömungaus. Aufgrund der unterschiedlichen Strömungsrichtung entsteht ein rotierender Wirbel, derallerdings die generelle Strömungsrichtung der Hauptströmung beibehält. Die gelben Strom-linien in Ansicht III stellen einen anlegenden Wirbel dar. Dieser Wirbel entsteht analog zumablösenden Wirbel, allerdings aus dem Rezirkulationsgebiet. Im Grenzbereich zwischen denStrömungsgebieten wird wiederum ein Teil der Strömung in Rotation versetzt und bildet einenWirbel der sich in Richtung der Ablöselinie bei s = 15 mm bewegt. Während sich der Wirbelstromaufwärts bewegt, wird er durch die Hauptströmung an die Diffusorwand gedrückt und legtsich früher wieder an die Wand an.

Die nächste Momentaufnahme in Abbildung 7.7 zeigt einen Betriebszustand mit gleichemÖffnungsverhältnis und einem geringeren Drosseldruckverhältnis, d.h. höherem Durchsatz (OR=

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

0,06, PRDrossel = 0,872). Prinzipiell sind beide Momentaufnahmen vergleichbar. Die Strömunglöst zunächst auf dem kompletten Umfang ab, um sich dann in einem Bereich wieder anzulegen.Ungefähr auf der der angelegten Strömung gegenüberliegenden Seite des Ventildiffusors bildetsich auch hier eine quasi-zweidimensionale Rezirkulation aus (θ = 10∘). Auch hier bilden sichim oberen Teil der Scherschicht zwischen der anliegenden Strömung und der Ablöseblase Wir-bel aus. Davon ein anliegender und ablösender Fokus. Diese sind auch in diesem Beispiel imTrajektoriendiagramm markiert und in den isometrischen Bildern durch grüne bzw. gelbe Strom-linien gekennzeichnet. In diesem Beispiel sind im Grenzbereich jedoch weitere kritische Punkte

0

280

40

80

120

160

200

240

0°-90° -45°-135°-180° 45° 90° 135° 180°

I II III

angelegteStrömungangelegteStrömung

AblöselinieAblöselinieanl. Fokusanl. Fokus

angelegteStrömungangelegteStrömung

abl. Fokusabl. Fokus

SattelSattel

anl. Knotenanl. Knoten

I II III

anl. Fokusanl. Fokus

abl. Fokusabl. Fokus

anl. Knotenanl. Knoten

anl. Knotenanl. Knoten

ZentrumZentrum

anl. Knotenanl. Knoten

abl. Fokusabl. Fokus

Winkel θ

Län

ge s

[m

m]

z‘

ABBILDUNG 7.7: MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 2 (OR = 0,06,PRDrossel = 0,872)

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7.5 WIRBELSTRUKTUREN AN DER DIFFUSORWAND

zu sehen. Die daraus entstehenden Wirbelstrukturen beschränken sich auf den Übergangsbe-reich von Haupt- zur rezirkulierenden Strömung. Auch hier sind die unterschiedlichen Wirbeldurch eine Bifurkationslinie getrennt. Hier im zweidimensionalen Fall können die Bifurkati-onslinien als Linien einer zusammenlaufenden bzw. auseinanderlaufenden Strömung betrachtetwerden. Damit stellen sie die Grenzen zwischen zwei Wirbeln dar. Entsprechend dem Bild 2.5bildet sich aus jeweils einer zum Sattelpunkt zusammenlaufenden und einer davon auseinan-derlaufenden Bifurkationslinie ein Sattelpunkt. Man kann feststellen, dass sich entsprechendder Index Regel (s. Gl. 2.7) für jeden Wirbel ein Sattelpunkt ausbildet, der dann als eine ArtNeutralisationspunkt zwischen den überlappenden Wirbeln liegt. Allerdings kann es aufgrundder Diskretisierung des Rechengitters vorkommen, dass an manchen Betriebspunkten nicht allekritischen Punkte eindeutig erkannt werden können.

Es kann Folgendes für ein geringes Öffnungsverhältnis von OR = 0,06 festgehalten wer-den. Die Strömung löst zunächst auf dem kompletten Umfang ab, legt sich jedoch auf einerSeite wieder an. Es bilden sich gegenüber der Hauptströmung eine Ablöseblase mit einer quasi-zweidimensionalen Rezirkulation innerhalb der Ablösung. Im Grenzbereich zwischen beidenStrömungen bilden sich Wirbel aus. Im einfachsten Fall entstehen zwei dominierende Wirbel-strukturen. Es bildet sich meistens ein ablösender und ein anlegender Wirbel. Auf jeden Fallhaben die beiden Wirbel eine gegenläufige Rotationsrichtung. Darüber hinaus ist der Betriebdes Ventils durch eine hohe Instationarität geprägt. Vor allem die Position des Anlegepunktesder Strömung und die Anzahl und Größe der Wirbel fluktuieren stark. Es entstehen viele zu-fällige Übergangsstrukturen bei denen die Strömung in der Ablösung deutlich von den obigenBeispielen abweichen kann. Die erläuterten Grundphänomene sind bei allen der simuliertenBetriebspunkte wiederzufinden.

Die dritte Momentaufnahme (s. Abb. 7.8) zeigt einen Betriebszustand bei mittlerem Öff-nungsverhältnis und hohem Druckverhältnis, d.h. niedrigem Durchsatz (OR= 0,20, PRDrossel =

0,992). Der Unterschied in der Ventilströmung von OR = 0,06 zum OR = 0,20, der schon inder Abbildung 7.5 zu sehen war, kann hier auch wieder gefunden werden. Die Strömung löstnur auf einem Teil des Umfanges ab. Im restlichen Bereich liegt die Strömung an der Wandan. Die angelegte Strömung strömt im unteren Diffusorbereich zur Ablösung hin. Es bildetsich einseitig eine Ablöseblase aus, die mit dem in der Abbildung 2.4 (S. 9) dargestellten Bei-spiel einer einfachen Ablösung vergleichbar ist. Sowohl im Diagramm der Trajektorien, alsauch in der isometrischen Ansicht, sind zum einen in rot die Ablösung umschließende Ablöse-bzw. Anlegelinie dargestellt. Zum anderen in blau die Bifurkationslinie, die die beiden Sattel-punkte verbindet. Betrachtet man nun in den isometrischen Darstellungen die Wirbel und diedurch die hellblaue Isofläche illustrierte Hauptströmung, kann man eine lokal begrenzte Ablöse-blase erkennen. Dementsprechend liegt die Strömung unterhalb des zweiten Sattelpunktes beis = −185mm auf dem kompletten Umfang an. Auch wenn durch die vorangehende Ablösungeine deutlich erkennbare Sekundärströmung in Umfangsrichtung erhalten bleibt.

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

In Abbildung 7.9 sind jeweils zwei Momentaufnahmen für mögliche Strömungsstrukturenin der wandnahen Strömung dargestellt. Die Ablösegebiete sind mit einer roten Linie umrandet.Bei mittlerem Hub und geringem Druckverhältnis, d.h. hohem Durchsatz (s. Abb. 7.9 a), kommtes zu einer vergleichbaren Ablösung wie in Abbildung 7.8. Man kann eine größere Anzahl derkritischen Punkte innerhalb der Ablösung erkennen, die auf eine komplexere Strömung inner-halb der Ablösung hindeutet. Am gleichen Betriebspunkt kann ebenfalls ein große Ablösungauftreten, die fast den kompletten Diffusor betrifft. Die Hauptströmung liegt jedoch in einemschmalen Streifen über der gesamten Lauflänge des Diffusors an.

0

280

40

80

120

160

200

240

0°-90° -45°-135°-180° 45° 90° 135° 180°

I II III

anl. Fokusanl. Fokus

SattelSattel

angelegteStrömungangelegteStrömung

AblöselinieAblöselinie

SattelSattel

anl. Fokusanl. Fokus

BifurkationslinieBifurkationslinie

anl. Fokusanl. Fokus

III

SattelSattel

III

Winkel θ

Län

ge s

[m

m]

z‘

anl. Fokusanl. Fokus

Strömungim RVG

Strömungim RVG

180°180°

90°90°

0°0°

-90°-90°

ABBILDUNG 7.8: MOMENTAUFNAHME DER WIRBELSTRUKTUREN 3 (OR = 0,20,PRDrossel = 0,992)

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7.5 WIRBELSTRUKTUREN AN DER DIFFUSORWAND

Für einen hohen Hub und ein hohes Druckverhältnis, d.h. bei geringem Durchsatz (s. Abb.7.9 b), erreicht man für die meisten Zeitschritte eine ablösefreie Strömung. Im Diagramm derTrajektorien zeigen sich dementsprechend keine kritischen Punkte. Die Strömung im Diffusorentspricht bis auf eine geringe Sekundärströmung in Umfangsrichtung dem gewünschten Zu-stand mit volldurchströmtem Querschnitt. Falls Ablösungen auftreten, sind es kleinere Ablöse-blasen, die sehr genau dem Beispiel aus der Abbildung 2.4 entsprechen. Zusätzlich treten dieseAblösungen nicht am Übergangsradius zum Diffusor, sondern im Diffusor selbst auf. Es ist da-von auszugehen, dass es aufgrund der Sekundärströmung lokal zu höheren Druckgradienten inStrömungsrichtung und damit zur Ablösung kommen kann. Wie hier im Beispiel (Zentrum) ent-hält diese Ablösungen einen degenerierten kritischen Punkt und zerfallen wieder nach einigerZeit. Dieser Betriebspunkt zeigt zwar ein geringes Ablöseverhalten, dennoch ist die Strömungnicht stationär.

Als Letztes zeigen die Diagramme aus Abbildung 7.9 c zwei Zeitschritte für den Be-triebspunkt bei OR = 0,31, PRDrossel = 0,720. Die Bilder verdeutlichen, dass es trotz hohenHubes und geringem Druckverhältnis zu einer weitläufigen Ablösung über den größten Teildes Diffusorumfanges kommt. Die Strömung am Übergangsradius in den Ventildiffusor wirdaufgrund der Krümmung auf über Ma = 1 beschleunigt. Es bildet sich ein lokal begrenztesÜberschallgebiet am Diffusor aus. Somit kommt es am Eintritt in den Ventildiffusor lokal zuVerdichtungsstößen, obwohl das Drosseldruckverhältnis PRDrossel noch größer ist als das kri-tische Druckverhältnis für Luft Πkrit = 0,5283. Durch die Interaktion von Verdichtungsstoßund Grenzschicht kommt es zur Ablösung. Die Ablöseblase erstreckt sich aufgrund der hohenStrömungsgeschwindigkeit in der Hauptströmung über die gesamte Lauflänge des Diffusors.Durch die Wechselwirkung zwischen Verdichtungsstoß und Ablösung kommt es zu einer ho-hen Instationarität der Strömung in der Ablöseblase und im Ventildiffusor. An diesem Betrieb-spunkt ist das Ventil nahezu voll geöffnet. Es wird somit ein hoher Massenstrom durchgesetzt.Im Gegensatz zu Betriebspunkten mit geringerem OR verdrängt die Hauptströmung sozusagendie Ablösung und begrenzt deren Ausdehnung senkrecht zur Wand (s. Abb. 7.5, OR = 0,31,PRDrossel = 0,720). Somit ist davon auszugehen, dass trotz weitläufiger instationärer Ablösung,der Einfluss auf die Hauptströmung gering ist und somit kein Betriebszustand vorliegt, an demeine relevante Fluid-Struktur-Interaktion auftritt.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass eine Ablösung am Übergangsradius mit grö-ßerer Häufigkeit auf der angeströmten Ventilseite (s. Abb. 7.6, ±180∘) auftritt. Entsprechendder Erläuterungen zu Abbildung 7.6 ist hier die Massenstromdichte größer und somit die Be-schleunigung bzw. Verzögerung beim Durchströmen des Drosselquerschnittes höher. Dadurchwerden auf dieser Seite die Ablösungen begünstigt. Da die Ablösungen selbst allerdings einenEinfluss auf den stromaufwärts liegenden Drosselquerschnitt haben, kann es dennoch zu einerinstationären Verschiebung der Massenstromdichte und damit auch der Ablösung kommen.

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

Bei hohen Öffnungsverhältnissen OR und hohen Druckverhältnissen PRDrossel treten keineAblösungen mehr am Übergangsradius in den Diffusor auf. Wenn Ablösungen entstehen, sind

a)

0

280

50

100

150

200

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

vert

ikal

e Lä

nge

s [

mm

]

250

-60° 60° 0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

-60° 60°

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

-60° 60°

0

280

50

100

150

200

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

vert

ikal

e Lä

nge

s [

mm

]

250

-60° 60°

b)

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

-60° 60°

c)

0

280

50

100

150

200

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

vert

ikal

e Lä

nge

s [

mm

]

250

-60° 60°

ABBILDUNG 7.9: WIRBELSTRUKTUREN - BEISPIEL 4(a) OR = 0,20 - PRDrossel = 0,698(b) OR = 0,31 - PRDrossel = 0,977(c) OR = 0,31 - PRDrossel = 0,720

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7.6 EINFLUSS DES ÜBERGANGSRADIUS

es späte Ablösungen im unteren Bereich des Ventildiffusors. Auch diese Ablösungen treten mithöherer Wahrscheinlichkeit auf der der Anströmung abgewandten Seite des Ventils (0∘) auf.Auch hier ist in der unterschiedlichen Massenstromdichte in Umfangsrichtung die Ursache zusuchen. An entsprechenden Betriebspunkten kommt es im Diffusor in beiden Richtungen desUmfanges zu einer Sekundärströmung von der angeströmten Ventilseite zur gegenüberliegen-den Diffusorseite, um die unterschiedlichen Massenstromdichten auszugleichen. Es kann imBereich der Durchmischung der beiden Sekundärströmungen zu einer Ablösung kommen.

Ein Großteil des Verlustes des Ventils ist auf der Mischung der unterschiedlichen Teilströ-me aus dem Drosselquerschnitt und auf die Rezirkulationszone unter dem Ventilstempel zurück-zuführen. Diese wird zwar durch die Ablösungen beeinflusst, aber ein direkter Zusammenhangzwischen der Anzahl der kritischen Punkte und dem Totaldruckverlust oder der Ausdehnungder Strömungsablösung und dem Totaldruckverlust konnte durch entsprechende Analysen nichtfestgestellt werden. Da nur die wandnahe Strömung betrachtet wird, fehlt die Information überdie räumliche Ausdehnung einer Ablösung senkrecht zur Wand. Dadurch müssen die obigenAussagen auf die Analyse der wandnahen Strömung beschränkt werden. Zwar ermöglichen sieeine detailliertere Aussage über die Art und räumliche Ausdehnung der Ablösungen im Ventilin Umfangsrichtung, aber sie erlauben keine Aussage über einen Zusammenhang zum Druck-rückgewinn oder Totaldruckverlust des Ventildiffusors.

7.6 EINFLUSS DES ÜBERGANGSRADIUS

Das untersuchte Ventil zeigt bei kleinem OR große Ablösungen auf dem kompletten Umfangdes Diffusors. Es kommt durch den geringen Hub am Übergangsradius des Diffusors zur Ab-lösung, bevor die Abrisskante am Ventilstempel den Strömungsabriss erzwingt. Eine Vergröße-rung des Übergangsradius reduziert den Druckgradienten hinter dem Drosselquerschnitt und dasAblösungsverhalten verbessert sich. In Abbildung 7.10 ist eine Geometrie mit dem ursprüngli-chen Übergangsradius R1 und dem vergrößerten Radius R2 dargestellt. Der Radius R2 beträgtdas 1,55fache des Radius R1. Der Ventilstempel bleibt unverändert.

Die Auswirkungen des vergrößerten Übergangsradius werden anhand der Trajektoriendia-gramme beurteilt. In Abbildung 7.11 sind die Diagramme beider Strömungsfelder für Öffnungs-verhältnissen OR= 0,06 und OR= 0,20 dargestellt. Bei OR= 0,06 wird ein geringes Druckver-hältnis PRDrossel verglichen. Bei OR = 0,20 sind die Trajektorien für ein hohes DruckverhältnisPRDrossel zu sehen. Die Ablösegebiete sind wieder mit einer roten Linie umrandet.

Es kann festgehalten werden, dass der Einfluss des geänderten Radius auf die Trajektoriender Betrachtungsebene lediglich bei der Variation des Hubes erkennbar war. Das Druckverhält-nis hatte keinen signifikanten Einfluss auf die grundlegende Veränderung der Strömung durchden größeren Radius. Im Gegensatz zum kleinen Radius R1 hat das Druckverhältnis beim Ra-dius R2 lediglich einen geringen Einfluss auf die Ausdehnung der Strömungsablösungen. Die

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

grundlegende Struktur der Strömung in der Ablöseblase wird durch das Druckverhältnis nichterkennbar beeinflusst. Es wurden die Veränderungen der Ablösungen durch die Radiusvergrö-ßerung für nur einen Massenstrom je Öffnungsverhältnis erläutert. Dennoch können die dar-gestellten Trajektoriendiagramme für den Radius R = 25 mm als Beispiel für den komplettenuntersuchten Massenstrombereich genommen werden.

Für den kleinen Radius R1 tritt bei einem kleinen Öffnungsverhältnis OR = 0,06 zunächsteine Ablösung auf dem kompletten Umfang auf. Die Hauptströmung legt sich etwas stromab-wärts auf einem kleinen Teil des Umfangs wieder an. Die Position des Anlegepunktes variiertin Umfangs- als auch in Strömungsrichtung mit der Zeit. Auch die instationären Wirbelstruktu-ren innerhalb der Ablöseblase zeigen eine starke Variation. Beim vergrößerten Übergangsradiuszeigt sich ein deutlich anderes Bild. Die Strömung löst auf nur ungefähr 60% des Umfangs ab.Im restlichen Bereich bleibt die Strömung angelegt. Zwar sind instationäre Wirbelstrukturen inder Ablöseblase zu sehen, jedoch treten insgesamt weniger Wirbel und diese nur im oberen Dif-fusorbereich auf. Zusätzlich kann man im zeitlichen Verlauf erkennen, dass die Ablösung fürden dargestellten Betriebspunkt immer auf der angeströmten Ventilseite (±180∘) auftritt unddie angelegte Strömung entsprechend auf der abgewandten Seite des Ventils (0∘) liegt. DiesePositionen schwanken für einen Betriebspunkt nur geringfügig um ±10∘. An anderen Betriebs-punkten kann die Ablösung auch an einem anderen Punkt in Umfangsrichtung auftreten. Jedochbleiben sowohl Position und Größe für einen Betriebspunkt vergleichsweise konstant. Die Ver-größerung des Radius zeigt für ein kleines Öffnungsverhältnis eine deutliche Verbesserung desAblöseverhaltes des Ventils, da sowohl die Größe als auch die Instationarität der Ablösung si-gnifikant reduziert werden.

Ein vergleichbarer Einfluss des Radius auf die Strömung kann bei einem mittleren Öff-nungsverhältnis OR = 0,20 wiedergefunden werden. Beim größeren Radius löst die Strömungauf nur ca. 50% des Umfangs ab. Die Ablösung entsteht im dargestellten Betriebspunkt eben-falls auf der angeströmten Ventilseite bei ±180∘. Lediglich ist eine etwas größere Schwankung

R = 16 mm1

R = 25 mm2

ABBILDUNG 7.10: VENTILGEOMETRIE MIT 16 MM UND 25 MM ÜBERGANGSRADIUS

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7.6 EINFLUSS DES ÜBERGANGSRADIUS

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

-60° 60°

(b)

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

-60° 60°

0

280

50

100

150

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0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

vert

ikal

e Lä

nge

s [

mm

]

250

-60° 60°

0

280

50

100

150

200

0°-120°-180° 120° 180°Winkel θ

vert

ikal

e Lä

nge

s [

mm

]

250

-60° 60°

(a)

(c) (d)

ABBILDUNG 7.11: VERGLEICH DER ABLÖSUNGEN FÜR UNTERSCHIEDLICHE ÜBER-GANGSRADIEN(a) R1 - OR = 0,06, PRDrossel = 0,846(b) R2 - OR = 0,06, PRDrossel = 0,769(c) R1 - OR = 0,20, PRDrossel = 0,992(d) R2 - OR = 0,20, PRDrossel = 0,992

der Position der Ablöseblase um ungefähr ±20∘ über die Zeit zu beobachten. Allerdings bedeu-tet der vergrößerte Radius für dieses OR eine geringere Verbesserung als bei OR = 0,06. Beimkleinen Radius R1 löst die Strömung lediglich auf ungefähr 50% des Umfangs ab. Aber dieGröße und Position der Ablösung schwanken noch erkennbar. Da die Ablösung beim kleinenRadius auch auf der gegenüberliegenden Diffusorseite (0∘) auftreten kann, bedeutet der größereRadius auf jeden Fall eine Stabilisierung des Ablösepunktes und eine Reduzierung der Instatio-narität der Ablösung, jedoch nicht eine Reduzierung der Ausdehnung der Ablöseblase oder eineverringerte Anzahl an Wirbelstrukturen in der Ablöseblase.

Bei der Betrachtung des hohen Öffnungsverhältnisses OR = 0,31 kann anhand der Trajek-toriendiagramme kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Also ergibt sich hier durchdie Radiusvergrößerung keine spürbare Veränderung des Ablöseverhaltens. Wie im vorangegan-

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7 STRÖMUNGSABLÖSUNGEN IM VENTILDIFFUSOR

genen Abschnitt 7.5 erläutert, treten bei diesem Öffnungsverhältnis beim kleineren Radius R1

bereits kaum Ablösungen auf. Bei geringen PRDrossel hingegen kommt es durch Verdichtungs-stöße zu stark instationären Ablösungen. Beim Radius R2 treten bei vergleichbaren PRDrossel

ebenfalls Verdichtungsstöße und damit Ablösungen auf. Für diese OR wird also keine Verände-rung des Ablöseverhalten erreicht.

Es zeigt sich, dass durch die Vergrößerung des Radius das Ablöseverhalten verbessert wer-den kann. Sowohl die Ausdehnung der Ablösung an der Diffusoroberfläche als auch die In-stationarität der Ablösung kann reduziert werden. Der Effekt ist bei geringem OR = 0,06 amstärksten und verringert beim OR = 0,20. Bei OR = 0,31 ist kein Unterschied mehr feststellbar.

Diese Aussage beschränkt sich auf das Ablöseverhalten. Entsprechend der Anmerkung ausdem vorangegangen Kapitel, kann keine Aussage über die Qualität der Ventilströmung in Be-zug auf Totaldruckverlust getroffen werden. Die Druckverluste, die eine Strömungsablösungverursacht, hängen unter anderem von der dreidimensionalen Ausdehnung der Ablösung ab,und nicht nur von deren zweidimensionalen Ausdehnung an der Wand. Dennoch zeigt diesesAnwendungsbeispiel die Einsatzmöglichkeit der Methode, anhand der Trajektorien des zwei-dimensionalen Vektorfeldes in einer wandnahen Betrachtungsebene des Ablöseverhalten einesVentils bzw. die Stabilität der Ventilströmung zu beurteilen.

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8 ZUSAMMENFASSUNG

Die vorliegende Arbeit hat die Stabilität der Strömung in einem Regelventil für Dampfturbinenmit Düsengruppenregelung zum Thema. Durch instabile Strömungsablösungen kann es durchFluid-Struktur-Interaktionen zur Schädigung der mechanischen Bauteile des Regelventils kom-men. Die Stabilität der Strömung wird maßgeblich durch Strömungsablösungen im Diffusor derVentile beeinflusst. Die in der Arbeit vorgestellte Literatur hat typischerweise Regelventile miteiner Balkensteuerung zum Gegenstand. Diese Arbeit untersucht ein Regelventil mit einzelnverfahrbaren Ventilen. Es wurden Messungen mit Luft an einem experimentellen Aufbau undnumerische Strömungssimulationen durchgeführt.

Die Messungen zeigen für keinen untersuchten Betriebspunkt hohe Frequenzen in denDrucksignalen, die an den Ventildiffusoren aufgezeichnet wurden. Wird von der gleichen Seitedes Regelventils eingeströmt, auf der auch das untersuchte Ventil angeordnet ist, ergibt sich einegemittelte Frequenz von 2,5 - 3,5 Hz für den untersuchten Betriebsbereich. Wird von der ande-ren Seite in das Regelventil eingeströmt, ergeben sich für kleine Öffnungsverhältnisse OR< 0,1Frequenzen von bis 6 Hz für die Drucksignale. Für die Übertragung auf einen typischen Dampf-zustand muss ein Faktor von ca. 2 berücksichtig werden. Die Frequenzen bei einem Betriebdes untersuchten Regelventils mit Dampf lägen also in einem Bereich von 5 - 7 Hz bzw. biszu 12 Hz. Die Untersuchung der Drucksignale zeigt, dass auftretende Ablösungen nicht in Um-fangsrichtung umlaufen. Der Vergleich mit der Literatur zeigt, dass umlaufende Ablösungenmit einer deutlich höheren Frequenz die Ursache für eine Anregung der mechanischen Bau-teile durch Fluid-Struktur-Interaktion sind. Das heißt, dass das untersuchte Regelventil keineBetriebspunkte besitzt, an denen eine erhöhte Beanspruchung auf die Bauteile zu erwarten ist.

An den Lösungen der numerischen Simulationen wird mittels Trajektorien das Ablösever-halten untersucht. Diese Trajektorien werden in einer wandnahen Ebene aus den zweidimensio-nalen Geschwindigkeitsvektoren gebildet. Die Trajektorien können nach der Bifurkationstheo-rie kritische Punkte enthalten. Die vorgestellten Momentaufnahmen der numerischen Simulatio-nen zeigen, dass die kritischen Punkte in Relation zur dreidimensionalen Strömung im Ventil-diffusor stehen. Kritische Punkte im zweidimensionalen Geschwindigkeitsfeld der wandnahenBetrachtungsebene sind nur vorhanden, wenn eine Strömungsablösung vorliegt. Sie sind eineindeutiger Indikator für Strömungsablösungen. Die Bifurkationslinien, die zwischen den kriti-schen Punkten verlaufen, entsprechen der Ablöse- bzw. Anlegelinie der Strömung im Ventildif-fusor. Durch die Untersuchung der zweidimensionalen Trajektorien der wandnahen Strömung

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kann die Größe der Ablösung beurteilt werden. Im zeitlichen Verlauf und durch die Anzahlder kritischen Punkte kann eine Aussage über die Instationarität der Strömungsablösung getrof-fen werden. Eine stationäre Ablösung wird sich in Ausdehnung und der Anzahl der kritischenPunkte nicht verändern. Die Änderung der Größe der Strömungsablösung in der wandnahenBetrachtungsebene und die Fluktuation der Anzahl der kritischen Punkt kann als Maß für dieInstationarität der Ventilströmung genommen werden.

Diese Untersuchungsmethode beschränkt sich auf die zweidimensionale wandnahe Strö-mung. Alleine reicht sie nicht aus, um verallgemeinerte Rückschlüsse auf die Qualität desVentils zu ziehen. Entsprechende Auswertungen zum Zusammenhang von Druckverlust, sowieArt und Anzahl der kritischen Punkte lieferte keine Anzeichen für eine direkte Beziehung. Eskann keine Aussage über typische Kennzahlen, wie den Druckrückgewinnn oder den Total-druckverlust getroffen werden. Der Druckrückgewinn und der Totaldruckverlust werden maß-geblich durch Scherströmungen im Diffusor beeinflusst. Diese Scherströmungen können sichzwischen eine Ablöseblase und der Hauptströmung befinden oder auch im Mischungsbereichunterschiedlicher Teil der Strömung. Während es die vorgestellte Untersuchungsmethode zwarermöglicht Ablösungen zu identifizieren, so kann aber keine Aussage über die dreidimensiona-le Ausdehnung der Ablöseblase sowie über Mischzonen getroffen werden. Ein Rückschluss aufden Druckrückgewinn oder den Totaldruckverlust ist dadurch nicht möglich.

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