Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP...

4
This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP-Konzentration und die Spannungsentwicklung des Fasermodells* Von E. HEINZ und F. HOLTON Aus dem Physiologischen Institut der Universität Tübingen (Z. Naturforschg. 7 b, 386—389 [1952]; eingegangen am 28. April 1952) Mit dein Spannungsabfall des Fasermodells in überoptimalen ATP-Konzentrationen ist ein Abiall der ATP-Spaltung verbunden. Wenn die Diffusionsbedingungen für die Spannungsmessung und die Spaltungsmessung gleich sind, beginnt der Abfall von Spaltung und Spannung bei der gleichen ATP-Konzen- tration. Diese Konzentration ist bei 20° 1—2-10-2-m. ATP und bei 0° C 5-10-3-m. ATP für 70—80 / a dicke Fasern oder für die diffusionsäquivalenten 60 u dicken Scheiben. Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP-Konzentration der fraglichen Fasern und Scheiben ist eine Interferenzerscheinung: Die Spaltung nimmt mit wachsender ATP-Konzen- tration zu, weil der ATP-haltige Querschnittsanteil zunimmt, während die ATPasewirkung des einzelnen ATP-haltigen Querschnittselementes oberhalb von 5—6-10— 3 -??i. abnimmt. Das Opti- mum liegt bei der ATP-Konzentration (s. oben), bei der der Faktor 2 den Faktor 1 in seiner Wirkung übertrifft. Deshalb variiert die scheinbar optimale ATP-Konzentration mit der Dicke des Objektes und mit der Größe der Spaltungsrate. Infolgedessen liegt diese Konzentration bei 0° C tiefer als bei 20° C, weil auf Grund der kleineren Spaltungsrate der ATP-haltige Querschnittsanteil bei 0° C größer ist. Daß Spannungs- und Spaltungsabfall — bei 0° wie bei 20° C — jeweils mit der gleichen ATP-Konzentration beginnen, spricht dafür, daß die ATP-Spaltung und nicht die ATP-Bindung die Kontraktionsursache ist. I. D ie superpräcipitierende, schrumpfende und kon- trahierende Wirkung des Adenosintriphosphats (ATP) auf alle Aktomyosinsysteme verschwindet, wenn durch Gifte 1 ' 2 oder Denaturierung 1 ' 3 die Fähigkeit des Aktomyosins, ATP zu spalten, auf- gehoben wird. Aber in der Regel bleibt bei diesem Parallelismus offen, ob die kolloidalen Phänomene verschwinden, weil die ATP-Aktomyosinbindung oder aber weil die ATP-Spaltung verhindert wird. Dagegen muß die steile Abnahme der Spannungs- entwicklung in überoptimalen ATP-Konzentrationen ohne Zweifel auf eine Abnahme der ATP -Spaltung bezogen werden. Daß die Sättigung des Aktomyosins mit ATP — also die „Bindung" — durch Erhöhung der ATP-Konzentration ebenfalls abnimmt, ist aus Gründen der Massenwirkung unwahrscheinlich. In- folgedessen wurde 1950 die Abhängigkeit der Span- nung von Fasermodellen 4 und der ATP-Spaltung 1 S. K o r e y , Biodiim. Biophysica Acta 4, 58 [1950], 2 G . K u s c h i n s k y u. F. T u r b a , Experientia [Ba- sel] 6, 103 [1950], 3 S. S p i c e r , J. biol. Chemistry 190, 257 [1951]. 4 A. W e b e r u. H. H. W e b e r , Biochim. Bio- physica Acta 7, 339 [1951], (diese Mitt.) durch Wasser-Glycerin extrahierte Mus- kulatur in ihrer ATP - Konzentrationsabhängigkeit nebeneinander untersucht. Der Parallelismus des Ab- falles von Spannung und Spaltung, der sich dabei er- gab, ist in seiner Bedeutung für die Frage: Akto- myosinkontraktion durch ATP-Spaltung oder durch ATP-Bindung — schon mehrfach diskutiert worden 4 ' 5 . In diesen Diskussionen wurden ATP-Spaltungskurven publiziert, deren Zustandekommen und deren Bedin- gungen in der hier vorliegenden Veröffentlichung näher erläutert werden sollen. Denn ihre Bedeutung ist durch die inzwischen gesammelten Erfahrungen über den Einfluß der ATP-Diffusion auf die ATP- Aktomyosin-Reaktionen der Fasermodelle geklärt (vgl. die kürzlich erschienene Mitteilung von Hassel- bach 6 ). II. Die Diffusionskonstante des ATP ist für Diffusion im Faserinnern so klein 6 , daß das ATP nur dann trotz der ATP-Spaltung — bis zur Mitte 70—80 u * Mit Unterstützung des Unitarian Service Committee und des Oberlaender Trust, Philadelphia, USA. 5 H. H. W e b e r , Z. Elektrochem. 55, 511 [1951], e W. H a s s e l b a c h , Z. Naturforschg. 7b, 334 [1952],

Transcript of Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP...

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP-Konzentration und die Spannungsentwicklung des Fasermodells*

V o n E . HEINZ u n d F . HOLTON

Aus dem Physiologischen Institut der Universität Tübingen (Z. Naturforschg. 7 b, 386—389 [1952]; eingegangen am 28. April 1952)

Mit dein Spannungsabfall des Fasermodells in überoptimalen ATP-Konzentrationen ist ein Abiall der ATP-Spaltung verbunden.

Wenn die Diffusionsbedingungen für die Spannungsmessung und die Spaltungsmessung gleich sind, beginnt der Abfall von Spaltung und Spannung bei der gleichen ATP-Konzen-tration. Diese Konzentration ist bei 20° 1—2-10-2-m. ATP und bei 0° C 5-10-3-m. ATP für 70—80 /a dicke Fasern oder für die diffusionsäquivalenten 60 u dicken Scheiben.

Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP-Konzentration der fraglichen Fasern und Scheiben ist eine Interferenzerscheinung: Die Spaltung nimmt mit wachsender ATP-Konzen-tration zu, weil der ATP-haltige Querschnittsanteil zunimmt, während die ATPasewirkung des einzelnen ATP-haltigen Querschnittselementes oberhalb von 5—6-10—3-??i. abnimmt. Das Opti-mum liegt bei der ATP-Konzentration (s. oben), bei der der Faktor 2 den Faktor 1 in seiner Wirkung übertrifft.

Deshalb variiert die scheinbar optimale ATP-Konzentration mit der Dicke des Objektes und mit der Größe der Spaltungsrate. Infolgedessen liegt diese Konzentration bei 0° C tiefer als bei 20° C, weil auf Grund der kleineren Spaltungsrate der ATP-haltige Querschnittsanteil bei 0° C größer ist.

Daß Spannungs- und Spaltungsabfall — bei 0° wie bei 20° C — jeweils mit der gleichen ATP-Konzentration beginnen, spricht dafür, daß die ATP-Spaltung und nicht die ATP-Bindung die Kontraktionsursache ist.

I.

Die superpräcipitierende, schrumpfende und kon-trahierende Wirkung des Adenosintriphosphats

(ATP) auf alle Aktomyosinsysteme verschwindet, wenn durch G i f t e 1 ' 2 oder Denaturierung 1 ' 3 die Fähigkeit des Aktomyosins, ATP zu spalten, auf-gehoben wird. Aber in der Regel bleibt bei diesem Parallelismus offen, ob die kolloidalen Phänomene verschwinden, weil die ATP-Aktomyosinbindung oder aber weil die ATP-Spaltung verhindert wird.

Dagegen muß die steile Abnahme der Spannungs-entwicklung in überoptimalen ATP-Konzentrationen ohne Zweifel auf eine Abnahme der ATP -Spal tung bezogen werden. Daß die Sättigung des Aktomyosins mit ATP — also die „Bindung" — durch Erhöhung der ATP-Konzentration ebenfalls abnimmt, ist aus Gründen der Massenwirkung unwahrscheinlich. In-folgedessen wurde 1950 die Abhängigkeit der Span-nung von Fasermodellen4 und der ATP-Spaltung

1 S. K o r e y , Biodiim. Biophysica Acta 4, 58 [1950], 2 G . K u s c h i n s k y u. F. T u r b a , Experientia [Ba-

sel] 6, 103 [1950], 3 S. S p i c e r , J. biol. Chemistry 190, 257 [1951]. 4 A. W e b e r u. H. H. W e b e r , Biochim. Bio-

physica Acta 7, 339 [1951],

(diese Mitt.) durch Wasser-Glycerin extrahierte Mus-kulatur in ihrer ATP - Konzentrationsabhängigkeit nebeneinander untersucht. Der Parallelismus des Ab-falles von Spannung und Spaltung, der sich dabei er-gab, ist in seiner Bedeutung für die Frage: Akto-myosinkontraktion durch ATP-Spaltung oder durch ATP-Bindung — schon mehrfach diskutiert worden 4 ' 5 . In diesen Diskussionen wurden ATP-Spaltungskurven publiziert, deren Zustandekommen und deren Bedin-gungen in der hier vorliegenden Veröffentlichung näher erläutert werden sollen. Denn ihre Bedeutung ist durch die inzwischen gesammelten Erfahrungen über den Einfluß der ATP-Diffusion auf die ATP-Aktomyosin-Reaktionen der Fasermodelle geklärt (vgl. die kürzlich erschienene Mitteilung von H a s s e l -b a c h 6 ) .

II.

Die Diffusionskonstante des ATP ist für Diffusion im Faserinnern so klein 6, daß das ATP nur dann — trotz der ATP-Spaltung — bis zur Mitte 70—80 u

* Mit Unterstützung des U n i t a r i a n S e r v i c e C o m m i t t e e und des O b e r l a e n d e r T r u s t , Philadelphia, USA.

5 H. H. W e b e r , Z. Elektrochem. 55, 511 [1951], e W. H a s s e l b a c h , Z. Naturforschg. 7b, 334 [1952],

dicker Fasern vordringt7, wenn die ATP-Konzentra-tion bei 20° C mindestens ~ 4 - 1 0 - 2 - m . und bei 0° C ~1T0 — ; - -m. ist. Durch ATP-Konzentrationen, die kleiner sind als diese Grenzwerte, wird nur ein äuße-rer Mantel der Einzelfaser durchtränkt. Dieser Man-tel ist um so dünner, je niedriger die ATP-Konzen-tration ist.

Infolgedessen sollten die Wechselwirkungen zwi-schen ATP und Aktomyosin mit steigender ATP-Konzentration an Umfang bis zu den angegebenen Grenzkonzentrationen zunehmen und weiterhin kon-stant bleiben. Die gemessene Spannung der ATP-Kontraktion nimmt aber bei 20° C nur bis 2 - 1 0 - 2 -

100

80

.60

W

20

1 \ s s '2 \ \

y

y /

/

/ /

\ \ \

V s \\

1 1 1 i

100^ %%

80 j§

101 20

2 3 1 5 678 10 20 30 * 10'3-m.ATP —-

ß:

Abi). 1. Die Abhängigkeit der Aktomyosinaktivität (Span-nung- bzw. ATP-Spaltung) von der ATP-Konzentration für 80 /Li dicke Fasermodelle. Abszisse: ATP-Molarität (logarithm.). Ordinate, links: Aktivität des einzelnen ATP-

~haitigen Querschnittselements in % der maximalen Akti-vität; dazu Kurve 1. Ordinate, rechts: Anteil des ATP-haltigen Querschnitts am Gesamtquerschnitt in %; dazu Kurve 2. Kurve 3: Aktivität der Modellfaser durch Inter-

ferenz von Kurve 1 und 2.

nung wieder abfällt. Dies kann nur dann erwartet werden, wenn die Dispersität der Teilchen im Spal-tungsversuch dieselbe ist wie im Spannungsversuch. Die Spannungsversuche von A. und H. H. W e b e r 4

fanden mit Einzelfasern der durchschnittlichen Dicke von 70—80 /x statt. Ähnliche Diffusionsbedingungen können im Spaltungsversuch auf zwei Wegen her-gestellt werden:

1. Es werden 60 /x dicke Mikrotomschnitte8 mit Wasser und Glycerin extrahiert.

2. Der Muskel wird solange mit dem Blendor be-handelt, daß die Suspension im wesentlichen aus

11300

0,1100

1 %900

ä 700

500

300

4 /

/ ' 3

\ \ \

/ /

/ f

\ \ \

/ s s

\ \

\

* y y

2 \

— + — . 1 h.

, 1 , 1 i I i . 1 2 3 1 5 6 7 8 10 15 20

x10'-m.ATP —•>"

Abb. 2. Die Abhängigkeit der ATP-Spaltung von der ATP-Konzentration. Abszisse: ATP-Molarität. Ordinate: ATP-Spaltung in Mol • g N—1 • Min.—i. Kurve 2: bei 20° C, 60 p, dicke Scheiben (Mittelwerte aus 4 Einzel-

'kurven). Kurve 1: bei 0° C, Faserbruchstücke hergestellt durch 2' Blendorbehandlung (Mittelwert aus 5 Einzel-kurven). Kurve 3: Scheiben von 15 /u Dicke bei 20° C.

und bei 0° C bis 5T0— 3-ra. zu und bleibt dann nicht konstant, sondern fällt steil wieder ab.

Die Kurve zunehmender ATP-Wirkung durch Ver-größerung des ATP-haltigen Querschnittanteils inter-feriert offenbar mit einer 2. Kurve, die angibt, daß mit steigender ATP-Konzentration die ATP-Wirkung auf das einzelne Querschnittselement abnimmt (vgl. Abb. 1). Nun nimmt die ATP-Spaltung durch Modell-fasern wieder ab, wenn die Konzentration der Lösung bei 20° C (10~3-m. Mg, Ionenstärke ^ 0 , 1 2 , « ) größer wird als 6 T 0 - 3 - m . 6.

Es soll geprüft werden, ob diese überoptimale Ab-nahme der Spaltung über die diffusionsabhängige Spaltungszunahme das Übergewicht erlangt gerade bei den Konzentrationen, bei denen auch die Span-

7 Die übliche Faserdicke des Kaninchenpsoas beträgt d = 2r = 70—80 u. Infolgedessen ist auch die Bestim-mung der Konzentrationsabhängigkeit der Spannung mit solchen Modellfasern vorgenommen.

Einzelfasern und Faserbruchstücken besteht, aber noch nicht aus Fibrillen und nicht mehr aus den Bruchstücken von Faserbündeln.

Tab. 1 zeigt, daß nach einer Blendorbehandlung von 2,5 Min. die Suspension im wesentlichen Faser-bruchstücke enthält.

Wird bei 0° C an dem im Blendor behandelten Material die Spaltung bestimmt, so ergibt sich die Kurve 1 der Abb. 2. Und für 20° C an Wasser-Glyce-rin extrahierten Mikrotomschnitten die Kurve 2.

Bei 20° C wird der überoptimale Abfall der Spal-tung unter den vorliegenden Diffusionsbedingungen sichtbar bei einer ATP-Konzentration zwischen 1 — 2 T 0 - 2 - m . An 70—80 /u dicken Fasern gilt das

8 Die Grenzschichtdicke von Scheiben ist ceteris pari-bus das 0,72-fache der Grenzschichtdicke von Zylindern. Dies folgt aus dem Vergleich der entsprechenden For-meln von W a r b u r g 9 und M e y e r h o f - S c h u l z 1 1 .

9 O. W a r b u r g , Biochem. Z. 142, 317 [1923].

Dauer der Blendor-

behandlung (min)

Dispersität im mikroskopischen Bild

0,5 Überwiegend lange Einzelfasern; teil-weise schmale Faserbündel

2,5 Kurze Einzelfasern; keine Bündel; sehr wenig Detritus

5,0 Gleichviel Einzelfasern und dünne Fibril-lenbündel; deutlicher Detritus

10,0 Misdiung von Fibrillen und Detritus; nur nodi sehr wenig Fasern

Tab. 1. Die Dispersität von Muskelbrei in Abhängigkeit von der Blendorbehandlung.

gleiche für die Spannung von 2T0 — 2 -m. ATP an. Bei 0° C liegt das Spannungs- wie das Spaltungsoptimum bei einer ATP-Konzentration von 5T0 — 3 -m.

Der Abfall der Spannung und der Spaltung be-ginnt mit derselben ATP-Konzentration — sowohl bei 20° C wie bei 0° C —, weil die Diffusionsbedingungen im Spaltungs- und Spannungsversuch gleich sind und weil die Spannung offenbar von der Spaltung ab-hängt. Daß der Abfall von Spaltung und Spannung bei 0° C mit einer niedrigeren ATP-Konzentration beginnt, beruht unter anderem darauf, daß die Spal-tungsrate bei 0° C kleiner ist. Infolgedessen genügt bei ~ 0° C schon eine ATP-Konzentration von 5T0— 3-m., um den Faserquerschnitt so weitgehend mit ATP zu durchtränken, daß der überoptimale Spaltungs- und Spannungsabfall in den voluminösen Außenschichten nicht mehr wesentlich durch das Aktivwerden des sehr dünnen Faserkernes kompen-siert wird. Bei 20° C tritt die gleiche Situation erst mit der doppelten ATP-Konzentration ein, weil in-folge der stärkeren ATP-Spaltung das ATP-freie Kernvolumen bei 20° C viel größer ist.

Die Spaltungs- und Spannungsoptima 70—80 ¡u dicker Fasern oder 60 ¡u dicker Schnitte geben also gar nicht die maximale Spannung und Spaltung, weil die Dicke der Objekte bei der ATP-Konzentration des Optimums die kritische Grenzschichtdicke nicht unbeträchtlich überschreitet. Die Aktivität am Opti-mum ist deshalb nicht maximal, weil der Kern der Objekte noch immer ATP-frei ist, während die Akti-vität der Außenschichten (für Spaltung wie Span-nung) sich bereits im überoptimalen Abfall befindet.

Wird die Scheibendicke so dünn gehalten (15 //), daß bereits 9T0~ 3 -m. ATP den ganzen Querschnitt durchtränkt, so beginnt der überoptimale Abfall bei Überschreitung von 8T0~ 3 -m. ATP und die Spaltung

am Optimum ist etwa doppelt so hoch wie die Spal-tung 60 /jL dicker Scheiben (Kurve 3 der Abb. 2).

Der Parallelismus des konzentrationsabhängigen Anstiegs von Spannung und Spaltung sagt also nichts aus über eine Abhängigkeit der Spannung von der Spaltung. Denn die Zunahme beider Größen mit stei-gender ATP-Konzentration beruht nur darauf, daß der ATP-haltige Querschnittsanteil wächst. Dagegen spricht der parallele Abfall von Spannung und Spal-tung jenseits des Optimums für die Spaltung als Ursache der Spannungsentwicklung. Denn der ATP-haltige Querschnittsanteil und die Bindung des ATP an das Aktomyosin wachsen weiter und werden schließlich konstant.

M e t h o d i s c h e r T e i l

Die Präparation des M. psoas des Kaninchens erfolgt nach W e b e r 1 0 , die Herstellung der Scheiben nach H a s s e l b a c h 6 . Scheiben und blendor-behandeltes Ma-terial werden nach W e b e r 1 0 mit Wasser-Glycerin ex-trahiert und gegebenenfalls in Glycerin aufgehoben.

D i e B e s t i m m u n g d e r E i w e i ß m e n g e in j e d e m e i n z e l n e n S p a l t u n g s a n s a t z erfolgte teils durch Kjeldahl, teils durch Trockengewichtsbestim-mung des Filterrückstandes nach Trichloressigsäurefällung.

D i e B e s t i m m u n g d e s a b g e s p a l t e n e n P h o s p h a t e s fand nach F i s k e und S u b b a r o w statt. Wenn das ATP-Präparat von vornherein einen hohen Gehalt an anorganischem Phosphat hatte, wurde die Hydrolyse durch die Reagenzien verkleinert, indem die vorgeschriebene Erwärmung fortgelassen wurde. Kontrol-len zeigten, daß dies ohne Nachteil möglich ist.

Die Spaltungsrate wurde als Anfangsgeschwindigkeit der Spaltung bestimmt (Gesamtumsatz unter 20%, meist unter 10%).

D i e B e r e c h n u n g d e r G r e n z k o n z e n t r a -t i o n an A T P bezieht sich auf 75 /u dicke Einzelfasern nach der Formel von M e y e r h o f und S c h u l z 1 1

A • r2

c = Grenzkonzentration, mit deren Überschreitung der ganze Querschnitt ATPhaltig wird (D = Diffusionskon-stante 6 = 3 • 10—8 cm- • sec—»). Für 15 /u dicke Scheiben wird die entsprechende Formel von W a r b u r g 9

__ A • d2 _ A- r-° ~ 8 D ~~ 2 D

benutzt. Für die Spaltungsrate A wurden verschiedene Werte

eingesetzt, je nach der Höhe der Grenzkonzentration c. Für 15 u dicke Scheiben ist bei 20° C c = 9 • 10-3-/n.

10 A. W e b e r , Biochim. Biophysica Acta 7, 214 [1951]. 11 O. M e y e r h o f u. W. S c h u 1 z , Pflügers Arch.

ges. Physiol. 217, 547 [1927].

ATP. Da die ATP-Spaltung bis beinahe zu dieser Kon-zentration von der ATP-Konzentration unabhängig ist, ist A gleich der maximalen Spaltungsrate bei 20° C. Für 75 fi dicke Fasern ergibt sich für 0° C die Grenzkonzen-tration ~ 1-10—2-m. ATP. Da für diese Konzentration die Spaltungsrate A nur noch den halben Maximalwert be-

sitzt (vgl. Kurve 3 der Abb. 2), ist in die Berechnung auch nur der halbe Wert der Maximalspaltung bei 0° C ein-gesetzt. Für dieselben Fasern bei 20° C beträgt A sogar nur 113 der maximalen Spaltungsrate bei 20° C (vgl. Kurve 3 der Abb. 2). Alle maximalen Spaltungsraten sind der Abb. 1 von H a s s e I b a c h 6 entnommen.

Die Darstellung von radioaktivem 32P-0,0-Diäthyl-0,/?-nitrophenylmonothiophosphat, seine Aufnahme

und Weiterleitung im Insektenkörper V o n SIEGFRIED LOCKAU u n d M A N F R E D L Ü D I C K E

Aus dem Zoologischen Institut der Ruprecht-Karl-Universität in Heidelberg (Z. Naturforschg. 7 b, 389—397 [1952]; eingegangen am 30. Mai 1952)

32P-0,0-Diäthyl-O, p-nitrophenylmonothiophosphat wird aus rotem, radioaktivem Phosphor über 32P-Phosphorpentachlorid, 32P-Phosphorsulfochlorid und 82P-Dichlor-0,p-nitrophenyl-thio-phosphorsäure synthetisiert. Dieser radioaktive Phosphorsäureester dringt nach Applikation auf das Pronotum von Periplaneta americana L. durch dasselbe in den Körper ein und führt zu den typischen Vergiftungserscheinungen.,Der Wirkstoff bzw. seine phosphorhaltigen Umwand-lungsprodukte verteilen sich unterschiedlich auf die verschiedenen Organe. Eine starke radio-aktive Strahlung zeigt der Kopf, wohl auf Grund lipoidlöslicher Anteile des Cerebralganglions, und der Darm. Die hohe Aktivität des letzteren ist u. a. mit seiner exkretorischen Funktion er-klärbar. Die gesamte, im Insekt nachweisbare Strahlung des radioaktiven Phosphors entspricht im Durchschnitt der Aktivität einer Wirkstoffmenge von 3,57 y. Die letale Dosis liegt unter diesem Wert, da ein Teil des Giftes beim Eindringen und seiner Ausbreitung im Organismus vom Vorderdarm resorbiert und durch enzymatische Prozesse hier oder bereits vorher gespalten werden kann.

I. C h e m i s c h e r T e i l

Der Phosphorsäureester 0 , 0 - D i ä t h y l - O , p -nitro-phenylmonothiophosphat ist von S c h r ä d e r 1

entwickelt worden. Zu seiner Darstellung können Phosphorsulfochlorid und Natriumäthylat in benzoli-scher Lösung zu Diäthyl-chlorthiophosphat vereinigt werden, das schließlich mit p-Nitrophenolnatrium ver-estert wird 2 ; tertiäre Amine und Phosphine beschleu-nigen die Veresterung katalytisch3.

Die für die biologischen Versuche benötigten Mengen des radioaktiven Endproduktes sind sehr klein. Aus diesem Grunde kann die Menge des radioaktiven Ausgangsma-terials niedrig gehalten werden. Allerdings .muß die spe-zifische Aktivität wegen der bei der Synthese und den biologischen Versuchen auftretenden Verdünnungen so hoch sein, daß ein sicherer Nachweis der radioaktiven

1 G. S c h r ä d e r , British Intelligence. Objectives Sub-Committee Final Report 714 (revised) [1947]; vgl. auch G. S c h r ä d e r , Angew. Chem. 62, 471 [1950],

2 J. H. F l e t c h e r , J . C . H a m i l t o n , I. H e c h e n -b l e i k n e r , E. I. H o e g b e r g , B. J. S e r t l u. J. T. C a s s a d a y , J. chem. Soc. [London] 70, 3943—3944 [1948].

Strahlung möglich ist. Auch darf die Verwendung von ra-dioaktivem Ausgangsmaterial die Sicherheit und Schnel-ligkeit des Arbeitens während der Synthese nicht beein-trächtigen. Zur Durchführung dieser Bedingungen wurde ein Verfahren ausgearbeitet4, das in seinen Einzelheiten im folgenden beschrieben wird.

Die Synthese verläuft nach folgendem Schema:

(I) 2 32P + 5 Cl2 -> 2 32PC15, (II) 3 32PC1S + P2S5 -> 5 32PSC13,

(III) 32PSC13 + NaO-^ ^>N02

— Cl2S32PO<^ ^>N0 2 + NaCl,

(IV) OaN<^ )>-0-32PSC12 + 2 NaOC2H5

— OaN-<f \ 0 3 2 P S ( 0 C 2 H 5 ) 2 + 2 NaCl.

Roter, radioaktiver Phosphor wird im Bombenrohr mit Chlor zu 32P-Phosphorpentachlorid umgesetzt

3 A. D. F. T o y , u. T. M. B e c k , J. Amer. chem. Soc. 72, 3191 [1950].

4 S. L o c k a u , M. L ü d i c k e u. F. W e y g a n d , Naturwiss. 38, 350 [1951].