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COMPUTERSUCHT Hausarbeit Autor: Lukas Geissler Matrikelnummer: 710250 Studiengang: Media System Design - WS 06/07 Studienfach: GS1 - Communication Sciences and Information Technology Prof. Dr. Peter Seeger Stand: 16.12.2006 “Die Welt im digitalen Rausch”

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COMPUTERSUCHT

Hausarbeit

Autor: Lukas GeisslerMatrikelnummer: 710250Studiengang: Media System Design - WS 06/07Studienfach: GS1 - Communication Sciences and Information Technology

Prof. Dr. Peter Seeger

Stand: 16.12.2006

“Die Welt im digitalen Rausch”

C y b e r s pa c eInhalt

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1. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3

2. Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4-52.1 Computer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42.2 Sucht & Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42.3 Computersucht & Computerspielsucht… . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5

3. (Computer-) Spielsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6-103.1 Zahlen und Fakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63.2 Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .73.3 Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .73.4 Personenkreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93.5 Der typische Computersüchtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93.6 Selbsttests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10

4. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

5. Vorbeugung & Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11-125.1 Prävention oder gar Heilung möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115.2 Behandlungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13

7. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149.1 Literaturangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .149.2 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14

8. Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15

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Vorwort

Diese Hausarbeit entstand im ersten Semester desStudiengangs Media System Design an der HochschuleDarmstadt. Ich habe das Thema "Computersucht" gewählt, daich mich, neben Erfahrungen im Familien- und Freundeskreispersönlich sehr für die Problematik interessiere, und dieseThematik als äußerst zeitgemäß und wichtig erachte.

Computersucht - eine Problematik, die meiner Meinung nach,in der heutigen Gesellschaft viel zu wenig Beachtung findet -ein neuer Begriff, der neben ein paar wenigen Interessiertenoder Betroffenen von der breiten Masse zwar registriert, abereher selten ernsthaft und kritisch betrachtet wird. Es ist eineThematik, von der ich denke, dass jeder Computernutzer sichihrer einmal bewusst werden sollte. Durch die zu erwartendensteigenden Zahl der Computernutzer, sowohl in bereits starkgenutzen Anwendungsgebieten als auch in zusätzlichenBereichen, stellt sie eine noch zunehmend ernstereProblematik dar. Wenn man sie nicht rechtzeitig erkennt, sieals ernstes Thema akzeptiert und aktiv versucht vorzubeugenoder zu bekämpfen, dann könnte sie sich möglicherweise zueinem sehr ernsten Massenproblem entwickeln. Es wäre denk-bar, dass der Mensch sich durch die technische Entwicklung inden letzten Jahrzehnten so wesentlich von seinen Grund-bedürfnissen und Gefühlen entfernt, dass ein “normalesLeben”, so wie wir es Jahrtausende geführt haben, nicht mehrmöglich ist.

In der Bevölkerung ist die Rede von brutalen Killerspielen odervon Amokläufern, wie dem tragischen Fall des Sebastian B.aus Emsdetten in NRW und von einen sagenumwogenenRollenspiel Namens WOW (World of Warcraft), welches diemit Abstand größte Fangemeinde unter allen Internetspielern,zumindest deutschlandweit, aufzuweisen hat. Die Bevölkerungist mit Fällen wie dem Selbstmord des Xiao Yi (13) oder demvom virtuellen zum realen Messerstecher gewordenen QiuChengwei (41) konfrontiert und bildet durch die schwacheInformationslage Vorurteile über eine Sachlage, die vielgenauer zu untersuchen ist.

Ich möchte im Folgenden versuchen, dem BegriffComputersucht und seinen Facetten und weitreichendenUrsachen und Folgen näher auf den Grund zu gehen.

Überblick

Zu Beginn versuche ich, den Begriff "Computersucht" als sol-chen genauer zu definieren. Hierfür untersuche ich dieBestandteile des Wortes kurz, um diesen neumodischenBegriff anschließend genauer beleuchten zu können, da die-ser als solches noch nicht von vielen gängigen Lexika1 geführtwird und von der breiten Masse auch eher wenig Beachtungfindet.

In einem weiteren Schritt möchte ich näher auf die auffälligsteForm der Computersucht eingehen: die (Computer-)Spielsucht. Auch diesen Begriff möchte ich zunächst kurz defi-nieren, um dann an Zahlen und Fakten die Ernsthaftigkeit undBedeutung dieses Unterbegriffs der Computersucht deutlich zumachen. Zusätzlich gilt es zu erörtern, welche Personen-gruppen besonders gefährdet sind und welche gesellschaftli-chen Umstände ihren Teil dazu beitragen, die Thematik"Computersucht" überhaupt als Problem unserer Zeit anerken-nen zu müssen.

Anschließend möchte ich auf die Möglichkeiten der Präventionund der Behandlung, insbeondere auf die des KinderkurheimWichernhaus in Boltenhagen, eingehen.

Zuletzt versuche ich, aus meinen persönlichen Erfahrungenund neu hinzugewonnenen Erkenntnissen ein Fazit zu ziehen.

Die Hausarbeit enthält als Anlage einen kleinen Test zurSelbsteinschätzung des Abhängigkeitsgrades.

s ta r t u p . . .1. Vorwort

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1) Brockhaus, Meyers und Microsoft Encarta enthalten nach meinen Informationen derzeit noch keine Einträge.

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3-D Simulation eines Internetclubs in Berlin (von Innenarchitekt Jörn Bathke)Die Grenzen zwischen Science-Fiction und Realität verschwimmen zunehmend.http://www.joernbathke.de/html/internetcafe.html

2.1 Computer

Computer dienen der Verarbeitung und Ausgabe vonInformationen in Wirtschaft und Behörden, der Berechnung derStatik von Bauwerken bis hin zur Steuerung von technischenGeräten im Allgemeinen.1

Sie sollen der Optimierung und Entlastung des Menschen beider Arbeit oder bei der Bewältigung von Aufgaben behilflichsein. Gerade mit dem Blick auf die zunehmende Zweck-entfremdung durch private Anwender wird bewusst, wie gravie-rend die Thematik Computer generell in unserer heutigen Zeitist. Der Computer findet heute in den unterschiedlichstenAnwendungsgebieten zwar berechtigt seinen Einsatz, aber vomGrundgedanken der Erfinder, dem Menschen technischeUntersützung zu bieten um so schneller produzieren zu können,ist heute, zumindest auf dem privaten Anwendungssektor,immer weniger zu spüren.

Computer sind großartige Hilfsmittel für die effektive Nutzungunseres Gehirns. Und das World Wide Web ist ein gigantischerWissensspeicher, der es uns ermöglicht, unser Gehirn endlichfür das zu benutzen, wofür es eigentlich optimiert ist: nicht fürdas Auswendiglernen von Fakten, sondern für das Lösen vonProblemen, die das reale Leben für uns bereit hält oder die wiruns immer wieder selbst bereiten.2

“Fast drei Viertel aller deutschen Haushalte verfügen inzwi-schen über einen Computer. Im EU-weiten Vergleich liegtDeutschland damit auf Rang fünf.” 3

“Die Evolution ist eine Realität, die mit Quantensprüngen über-all in der Biosphäre und der Geschichte des menschlichenIntellekts fortschreitet. Wir sausen auf einer immer schnellerenFlutwelle von sich erweiterndem Bewusstsein und grösserer In-telligenz dahin, ob wir nun damit einverstanden sind odernicht.” 4

Wir müssen uns also dieser neuen Welt, mit seinen schierunendlichen Möglichkeiten, ganz bewusst stellen. Computerbringen unweigerlich viele Vorteile mit sich, sie bringen leideraber auch, fast unmerklich, eine ganze Reihe von neuenProblemen mit sich.

Computer sind aus der heutigen Welt nicht mehr wegzuden-ken. Mehr als die Hälfte aller deutscher Arbeitnehmer sind amArbeitsplatz auf den PC angewiesen, wo der heutige Menschnachweislich die meiste Zeit seines Tages verbrigt. Selbst in tra-ditionell handwerklichen Berufen hat der Computer Einzuggehalten, und so fordert die Wirtschaft immer mehr Kompetenz

im Umgang mit der Elektronischen Datenverarbeitung (EDV),die die Maschinen programmieren und lenken. Es ist somitklar, dass wir eine enorm wachsende Zahl an Computernutzernhaben. Diese Nutzer müssen und werden zunehmend in immerjüngerem Alter herangeführt, ohne die emotionale und geisti-ge Reife vorauszusetzen. Die Gefahr, dass diese zum größtenTeil vollkommen unwissend und unbefangenen Kinder undJugendlichen in die virtuelle Welt abgleiten können, ist alsobesonders hoch.

2.2 Sucht und Abhängigkeit

Sucht ist eine durch den Missbrauch von Rauschgiften, be-stimmten Arzneimitteln und Alkohol zustande kommende,zwanghafte psychische und physische Abhängigkeit, die zuschweren gesundheitlichen Schäden führen kann.5

Die 6 Suchtkriterien nach ICD-106

Die Diagnose "Abhängigkeit" wird gestellt, wenn während desvergangenen Jahres drei oder mehr der folgenden Kriteriengleichzeitig vorhanden waren:

Wiederholungszwang, AbstinenzunfähigkeitKontrollverlustEntzugserscheinungenToleranzbildung, DosissteigerungInteressenabsorption/ ZentrierungSomatische, psychische, soziale Schädigungen

Es bleibt zu klären, wieso die Wissenschaft nach wie vor dar-über streitet, ob man die (Computer-)Spielsucht tatsächlich alsSucht bezeichnen kann, wo der Begriff als solches noch äußerstneu, unzureichend definiert, und die Auswirkungen noch zuwenig erforscht sind. Man könnte den Zustand möglicherweiseauch mit dem Begriff Abhängigkeit in Verbindung bringen.

“Abhängigkeit ist der Zustand, in dem der Einzelne in seinemDasein durch andere Menschen, Institutionen, Dinge oderVorstellungen wesentlich bestimmt ist, z.B. die Abhängigkeitdes Kindes von den Eltern.” 1

Aber wie wird man denn eigentlich ganz generell von etwasabhängig? Wenn die Nervenzellen im Belohnungszentrumaktiviert werden, wird im Gehirn ein Botenstoff (Dopamin) aus-geschüttet. Dopamin stimuliert die Freisetzung von anderenBotenstoffen, die wie Opium oder Heroin wirken. Das erzeugteinen rauschartigen Zustand und ein enormes Glücksgefühl.Dopamin setzt in den Nervenzellen eine ganze Kaskade vonReaktionen in Gang, die bis in den Zellkern hineinreichen unddie betreffenden Nervenzellen dazu bringen, all das vermehrt

c h a r a c t e r2. Definition

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1) vgl. "Der Brockhaus auf CD-ROM" Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG 20012) vgl. W.Bergmann & G.Hüther “Computersüchtig - Kinder im Sog moderner Medien", Düsseldorf, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, 20063) http://www.bitkom.org/41835_41826.aspx (aufgerufen am 27.11.2006)4) Robert Anton Wilson "Der neue Prometheus - Die Evolution unserer Intelligenz”, München, Heinrich Hugendubel Verlag, 20035) vgl. "Der Brockhaus in 9 Bänden" - F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig - Mannheim 20026) ICD - Internationale Klassifikation der Krankheiten, erstellt von der Weltgesundheitsorganisation WHO

herzustellen, was für das Knüpfen engerer Kontakte und besserfunktionierender Gehirnströme notwendig ist. Die Sucht ent-steht nicht durch ständige Wiederholung oder Gewohnheit,sondern durch bestimmte, extrem befriedigende Verhaltens-weisen.1

2.3 Computersucht & Computerspielsucht

Die Computer(spiel-)sucht ordnet man den sogenanntenVerhaltenssüchten zu. Den Begriff "Computersucht" sucht manin älteren Lexika meist noch vergebens. Der Begriff ist somit erstin den letzten Jahren mit dem "Computer-Boom", vor allem aufprivatem Raum, entstanden, und rückt immer mehr in’sRampenlicht, je mehr Computer tagtäglich in Job undPrivatleben Verwendung finden.

Die Computersucht zählt zu den nicht-stoffgebundenen Sucht-erkrankungen (Verhaltenssüchten) wie z.B. Magersucht,Kaufsucht, Handysucht, Arbeitssucht (Workaholic) und nicht zuden stoffgebundenen Süchten wie beispielsweise Alkohol-,Drogen-, Medikamenten- und Nikotinsucht. Letztere sindschwieriger einzuschätzen und zu behandeln als beispielsweisedie sog. Drogenabhängigkeiten. Innerhalb der Computersuchtist eine Differenzierung von Internet- (bzw. Chat-, E-Mail-) oderder Spielsucht (durch sog. Games) kaum nötig, da die Ur-sachen sehr ähnlich bis gleich sind.2

Fernsehen scheint für die Computersucht eine Art "Einstiegs-droge" zu sein.3

Nicht die generelle Nutzung des Computers macht süchtig.Der Suchtfaktor entsteht erst dann, wenn bei der Benutzungeine derart hohe Menge Dopamin ausgeschüttet wird, dassdabei eine unbeschreibliche Lust und extreme Befriedigungerlebt wird. Das gilt sowohl für Kinder und Jugendliche, die fürderartig neue Erfahrungen noch besonders offen sind, als auchfür Erwachsene, die meinen, endlich etwas gefunden zu haben,was sie zutiefst befriedigt und ihnen hilft, ihre innere Unruhe,ihre Ängste und ihre Verunsicherung zu überspielen und sonicht länger wahrnehmen zu müssen. "Individuell gefundeneBewältigungsstrategien" nennen das die Psychologen, und dasSpektrum dieser Strategien zur Überwindung eigenerUnsicherheit und Angst ist in unserer Gesellschaft beträchtlich.

Die Computerspielsucht ist nur begrenzt mit der herkömmli-chen Spielsucht aus dem Casino vergleichbar. Sie ist zwarebenfalls eine Verhaltensstörung und nicht-stofflicheAbhängigkeit, allerdings lässt sich der weitere Kontakt mit demComputer in den allermeisten Fällen nicht verhindern, um denHeilungsprozess zu beschleunigen. Man könnte die

Computersucht also eher mit der Essstörung vergleichen, daman als Mensch wohl auf Essen ebenfalls nicht verzichtenkann, um der Problematik auszuweichen und im Folgendenbesser zu bekämpfen. Abstinenz, Kontrollverlust, Dosis-Steige-rung, Vereinsamung wie auch der Therapie-Ansatz, dassHeilung nur durch bewussten Umgang mit der "Droge" zu errei-chen ist, scheint beide Süchte zu verbinden.

Da allerdings bei einem Spielsüchtigen (Spielsucht=Tibia)ebenso Glückshormone ausgeschüttet werden, wie bei einemDrogenabhängigen, der seine Dosis bekommt, kann man dieComputer(spiel-)sucht im Allgemeinen durchaus als Suchtbezeichnen. Es gibt mittlerweile auch Studien, die dieses deut-lich belegen. In Kapitel 3.2 gehe ich näher auf diese ein. Trotzalledem stößt man bei der Definition von Compuersucht alsSucht, nach wie vor auf wiedersprüchliche Aussagen vonMedizinern und Wissenschaftlern.

Deshalb wurden diese computersüchtigen Patienten in derVergangenheit, nachdem man ihre Existenz nicht mehr längerleugnen konnte, auch meist nicht von Suchttherapeutenbehandelt, sondern bereitwillig an Psychosomatiker, Psychiaterund Psychologen weitergereicht.1

“Unter einer Computersucht versteht man den zwanghaftenDrang, sich täglich (möglichst oft, meist stundenlang) mit demComputer zu beschäftigen. Es ist nicht leicht, die Computer-sucht von der Internetsucht und der Spielsucht (Tibia oderComputerspielsucht) zu trennen, weshalb eine Vielzahl derIndikatoren für mehrere Formen der Computersucht gültig ist.Zunehmend werden die Internetsucht und die Spielsucht alsSpezialfälle der Computersucht begriffen.” 2

“Exzessives Computerspielen kann durchaus mit einemSuchtverhalten gleichgesetzt werden, da sind sich auch BerlinerWissenschaftler einig. Die Hirnreaktionen Betroffener ähnelndenen von Alkoholabhängigen, ergab eine Untersuchung.” 4

Man sollte sich allerdings bewusst vor Augen führen, dass einehäufige Nutzung des Computers nicht zwangsweise zu einerSucht führt. Dies geschieht nur unter bestimmten Umständen,die ich im Folgenden zu erörtern versuchen werde.

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1) vgl. W.Bergmann & G.Hüther “Computersüchtig - Kinder im Sog moderner Medien", Düsseldorf, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, 20062) http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)3) Psychologin Simone Trautsch vom Wichernhaus Boltenhagen4) http://service.spiegel.de/digas/servlet/find?wo=archiv&S=Computerspiele&Senden.x=0&Senden.y=0&ATTRLIST=t&SD=1 (aufgerufen am 27.11.2006)

http://www.spiegel.de

3.1 Zahlen und Fakten

Video- und Computerspiele machen krank, süchtig, aggressiv- so lautet die noch immer vorherrschende Meinung inDeutschland. Talkshow-Fachleute wie der KriminologeChristian Pfeiffer ("Computerspiele machen dick, dumm undtraurig") oder Hirnforscher Manfred Spitzer ("DurchComputerspiele lernen Kinder, unaufmerksam zu sein")beherrschen den öffentlichen Diskurs über das, was anderelängst als die nächste mediale Revolution - und durchaus alspositiv einsetzbares Medium - betrachten.1

Computerspiele am Arbeitsplatz verursachen Millionen-schäden. Trotz allen Versuchen, wie Kündigungen oderBlockade-Software, werden die Arbeitgeber dem Bürospiele-Boom trotzdem nicht Herr. Gut so, sagen Forscher: Sie glau-ben, dass Spielen am Schreibtisch Vorteile hat. Ein Experimentder niederländischen Universität Utrecht mit Mitarbeitern einesVersicherungskonzerns kam zu dem Ergebnis: regelmäßigesComputerspielen am Arbeitsplatz erhöht nicht nur dieZufriedenheit der Mitarbeiter, sondern macht sie sogar pro-duktiver. 2

Die Games Convention (LeipzigerMesse) nennt sich selbst:"Europas größte Messe fürComputer- und Videospiele".Sie wird im kommenden Jahr2007 vermutlich die bishergrößte Spielemesse derWelt, die die E3 in Los

Angeles (USA) ablösen. DieGames Convention wächst stetig. Etwa zehn

Prozent mehr Besucher erwartete man dieses Jahr. Ab2007 wird es sogar eine "Games Convention Asia" inSingapur geben - einen asiatischen Ableger, lizenziert und mit-veranstaltet von der Leipziger Messe. 1

“Mit über einer Milliarde Euro Umsatz allein in Deutschlandhaben Video- und Computerspiele das Traditions-Unterhaltungsmedium Kino schon lange überholt und bei-nahe den Jahresumsatz der Musikindustrie erreicht. In jedemdritten deutschen Haushalt steht eine Spielkonsole, injedem zweiten ein PC - das beliebtesteelektronische Spielgerät derDeutschen. Spielen isteine stark begeistern-de Tätigkeit. Wer einVideospiel spielt, setztsich intensiv und emotio-nal mit dem Geschehenauf dem Bildschirm aus-

einander. Games erzeugen ein Involvement, bei dem keinanderes aktuelles Medium mithalten kann.” 3

Dass der Computerspielemarkt gewaltig boomt, belegt auchdie folgende sehr aktuelle, großangelegte Studie, welcheunter anderem von einem großen Spielehersteller gefördertwurde. Gamer sind jung, pickelig,blass, kontaktscheu und poten-tiell gewalttätig - so will es dasKlischee. Die Wahrheit siehtvollkommen anders aus, vorallem das zeigt diese Studiedeutlich:

Den größten Anteil allerSpieler, nämlich 54Prozent, stellt der so genannte"Freizeitspieler", für den Videospielen nur einevon vielen Freizeitbeschäftigungen ist, denen er nachgeht.Und er ist eben nicht jener jugendliche Dauerspieler, wieimmer angenommen wird. Im Gegenteil: SeinAltersdurchschnitt liegt bei deutlich über 40 Jahren. Den obenbeschriebenen Videospieler, im Volksmund gerne "Zocker"genannt, gibt es natürlich auch. Doch selbst er ist noch für einpaar Überraschungen gut - zum Beispiel, dass er mit gerademal fünf Prozent den kleinsten Anteil der Spieler stellt. 3

Allerdings muss man bei der eigenen Bewertung der Studiefeststellen, dass in dieser Studie bedauerlicherweise nurMenschen über 14 Jahren erfasst wurden, womit aus meinerSicht ein nicht ganz zu vernachlässigender Konsumententeilfehlt.

3.2 Forschung

Im November 2005 gewann man, durch eine Studie derInterdisziplinären Suchtforschungsgruppe der Berliner Charitéin Kooperation mit dem “Wichernhaus Boltenhagen” (Kapitel5.2), wichtige medizinische Erkenntnisse zur “Computer-spielsucht”. Laut dieser Studie kann exzessives Spielen nach-weislich zu einer Sucht führen. Die Wissenschaftler untersuch-ten per EEG die Hirnaktivitäten von fünfzehn “normalen” undfünfzehn “exzessiven” Computerspielern. Als exzessiver Spielerwurde man eingestuft, wenn man mindestens drei internatio-nal anerkannte Kriterien für Abhängigkeit erfüllte (unstillbaresVerlangen, Toleranzentwicklung, Entzugssymptome, Vernach-lässigung anderer Interessen, Kontrollverlust, anhaltend exzes-sives Spielen trotz schädlicher Folgen). Beiden Gruppen (nor-malen und exzessiven Spielern) zeigten die Forscher Fotos vonneutralen Gegenständen, Bier- oder Schnapsflaschen sowie

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1) vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,432262,00.html (aufgerufen am 19.11.2006)2) vgl. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,435500,00.html (aufgerufen am 19.11.2006)3) http://www.spielplatz-deutschland.de (aufgerufen am 19.11.2006)

Bis zu 5 Millionen Kinder in

Deutschland gelten nach

Schätzungen von Experten als

medienabhängig.

("Ärztliche Praxis" vom Juni 2006)

Studie zur Internetsucht inDeutschland: "Damit wäre in

absoluten Zahlen von bis zu

600.000 betroffenen Internet-

süchtigen auszugehen.(Internetsucht: Jugendliche

Gefangen im Netz -Hahn&Jerusalem / HU)

Ca. 5% der Online-Spieler müs-

sen als süchtig eingestuft werden.

"Die Hälfte der Betroffenen ist

sich der Sucht bewusst und ver-

bringt mehr als 60 Stunden im

Internet."

(Soziologische Studie der Uni

Mainz - Udo Thiedeke)

Standbilder aus Computer-spielen. Kam eine Szene auseinem Computerspiel ins Bild,fielen die EEG-Werte bei exzes-siven Spielern sehr viel stärkeraus als beim Anblick neutralerReize oder der Alkoholmotive.Diese EEG-Muster, so fassendie Wissenschaftler ihre Studiezusammen, sind mit denReaktionen von Alkoholsüch-tigen (auf Alkoholbilder) oderCannabisabhängigen (aufCannabisbilder) vergleichbar. 1

“Die Ergebnisse liefern deutli-che Hinweise darauf, dass essich bei exzessivem Computer-spielen um eine Verhaltens-sucht handelt, die nicht nur dieKriterien einer Abhängigkeiterfüllt, sondern auch die glei-chen zugrundeliegenden Me-chanismen aufweist.” 2

3.3 Ursachen

Die stetig anwachsende Internetnutzung und der damit einher-gehende Begriff "Internetsucht" erregt deutlich wenigerAufsehen, obgleich dieser als solches wie bereits erläutert,kaum von der Computerspielsucht zu trennen ist, und ganz imallgemeinen selbstverständlich unter den Begriff Computer-sucht fällt. Es lässt sich allerdings anhand von Studien deutlicherkennen, dass die alleinige Internetnutzung, ohne die Kombi-nation mit Online-Games, deutlich weniger Suchtopfer fordert.

Spielen ist ein Grundbedürfnis des Menschen, ob jung oderalt! Diese Erkenntnis muss sich ein jeder Forscher undWissenschaftler wohl eingestehen. Der Mensch lernt vonBeginn an alles durch Spielen. Ob als Kind, als Jugendlicher,oder Erwachsener, tut sich der Mensch leichter, Dinge undSachverhalte spielerisch zu erlernen, anstatt diese nur stur ein-getrichtert zu bekommen. Sogar das Spielen am Arbeitsplatzerhöht nachweislich die Produktivität, wie bereits im vergange-nen Kapitel aufgezeigt.

Man stelle sich nur einmal ganz unbefangen vor, es gäbe dieMöglichkeit, sich eine virtuelle Welt zu erschaffen, eine Welt,die man mit Hilfe moderner Geräte erzeugt, in die man ein-tauchen kann und in der man seine Vorstellungen ganz so,wie es einem gefällt, umsetzen, also in Gedanken leben kann.Geträumt haben die Menschen von solch einer Welt derunbegrenzten Möglichkeiten wohl schon immer. Aber erst jetztzu Beginn des 3. Jahrtausends ist dieser Traum zum ersten Malzu einer, zumindest für die meisten Menschen der hochentwik-kelten Industriestaaten, greifbaren Realität geworden. Was füreine ungeheure Grenze damit überschritten wurde, ist abernur den wenigsten bewusst.

Jedes kleine Kind klammert sich hartnäckig an jede noch sogeringe Glückserfahrung und lässt sie nicht wieder los. Waseinmal beglückend war, bleibt im Psychischen lebendig, sei esals bewusste Intention oder als unbewusstes Drängen, alsEhrgeiz, Herrschsucht oder anderweitig verkleidet und ent-stellt. In jedem Fall lebt es unbeirrbar weiter in uns. Aber dasHeranwachsen und der damit verbundene Entwicklungs-prozess der Realitätsaneignung ist immer mühsam und

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Die emotionale Verarbeitung verschiedener visueller Reize durch exzessive Computerspieler (EP)

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1) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)2) vgl. http://www.isfb.org/Forschungsergebnisse.html (aufgerufen am 19.11.2006)

schmerzhaft. Das Eintauchen in die multimedialen Welten hin-gegen ist leicht und mühelos. Zeitlos springt das sich zerstreu-ende Ich durch Schocks und Trance, raumlos zerfließt es inmagische Bilderwelten… 1

Gerade Computerspiele mit einem fiktiven Selbstvertreter, inder der Spieler sich selbst mittels dieses sog. Avatars auslebenkann, bieten ein hohes Suchtpotential. Der Avatar wird meistbestückt mit Eigenschaften, Werkzeugen und Waffen, die derSpieler selbst aus einem vorgegebenen Repertoir auswählt. Indieser Rolle, kann der Spieler etwas ausleben und indirekterfahren, was in der realen Welt schier unmöglich ist. DieHandlungen wären unmoralisch und könnten körperliche oderbei den Mitmenschen rufschädigende Auswirkungen haben.

Zu den suchtfördernden Elementen weisen Computerspieleselbstverständlich auch eine Reihe von positiven Aspekten auf:

Spielen mit Freundinnen und Freunden (GemeinschaftlichesErleben, Gemeinschaftsgefühl in der Community, Anerken-nung bei Gleichaltrigen in der sog. Peer-Group)Kompetenzsteigerung und Bedürfnisbefriedigung (Erlernenvon Problemlösungsstrategien, möglichst realistische Weltoder Traumvorstellungen ausleben, die von der wirtschaftgeforderte technische Kompetenz, das Ausleben von Macht)Kostenfaktor für derartig multifunktionale AlternativenZeitvertreib (Freizeitbeschäftigung, Zeit- und Freunde-unab-hängig, sog. Flow-Erlebnis: Abspannen und Zeitvergessenmöglich) Unterhaltsam lernen 2

Computerspielen kann viele Facetten originär kindlicher oderjugendlicher Bedürfnisse befriedigen, sei es das Erleben in derGruppe, Macht- und Kontrolle ausüben oder ein relativ unab-hängiger Zeitvertreib. Computerspielen lehrt die Beherr-schung komplexer Zusammenhänge, vermittelt technischeKompetenz und bietet Erlebnisse der besonderen Art wie dasEintauchen in fremde Welten. Kein Wunder, dass es beiKindern und Jugendlichen zu eine der beliebtesten Freizeit-beschäftigungen avancierte.” 2

Diese aufgezählten, durchaus postiven Aspekte, bergen fürbestimmte Peronengruppen diverse Risiken.

3.4 PersonenkreiseAber wenn es nun diese "Computersucht" tatsächlich gibt, werist dann bedroht von ihr, und auf welche Personen undCharaktere sollte man ein besonderes Augenmerk haben?Und welche gesellschaftlichen Umstände bilden überhauptden Grundstein für diese Suchtform?

Bei kaum einer Sucht ist die Dunkelziffer so hoch wie bei derComputersucht - nur wenige Fälle kommen in Behandlung.Dies mag eine Ursache dafür sein dass dieses Problem in derGesellschaft und in der Medizin noch relativ wenig Beachtungfindet. Wie bei allen Süchten gibt es zwar keinen "typischSüchtigen", jedoch kristallisieren sich Personenkreise miterhöhtem Suchtpotential heraus. Vor Ausprägung ihrer Suchtkonnten viele Betroffene eher als Einzelgänger eingestuft wer-den bzw. soziale Kontakte hatten schon im Vorfeld einengeringeren Stellenwert als in der Vergleichsgruppe. Ein nichtunerheblicher Teil weißt eine überdurchschnittliche Intelligenzund eine sehr gute Allgemeinbildung auf. Der Anteil von weib-lichen Süchtigen ist nur im Bereich der Internetsucht erwäh-nenswert, ansonsten ist es derzeit ein Problem, welches vorallem Männer betrifft. Die Gefahr einer Suchtausprägung istzwischen 14 und 20 Jahren am größten. 3

Es sind wohl vorwiegend diejenigen Jugendlichen und jungenMänner, die mit ihrer eigenen Lebensgeschichte nicht zurecht-gekommen sind, die sich im virtuellen Raum wie "zu Hause"fühlen und diesen gar nicht wieder verlassen wollen.Vermutlich sind es eher diejenigen, die sich im “Real Life”, wiesie es nennen, nicht richtig ausdrücken oder ausleben kön-nen, die sich im virtuellen Raum mit seiner reduziertenSprache endlich zu verständigen vermögen und nicht wie inder Realität permanent über ihre Defizite stolpern. Und ganzgewiss sind es die, deren Träume so früh gescheitert sind, dasssie sie gar nicht zu Ende zu träumen wagten und deshalb ihre

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1) vgl. W.Bergmann & G.Hüther “Computersüchtig - Kinder im Sog moderner Medien", Düsseldorf, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, 20062) http://www.lehrer-online.de/url/computerspiele-das-schoene (aufgerufen am 9.12.2006)3) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)

http://www.zeit.de/computer/killerspiele

NNeeuulliicchh iimm CChhaatt::ChatterA >"Wir sollten mal was IRL machen!"ChatterB >"WTF? - Schick mal nen Link!"(Quelle: unbekannt)IRL: “in real life”WTF: “what the fuck”

versunkenen Tagesträume im Online-Spiel zum Leben er-wecken - all diese mit der zerrissenen Lebensgeschichte findensich in den Kontakten, Schlachten und Strategien der Spieleam besten zurecht und fühlen sich endlich einmal unmittelbarals "sie selbst". Erfahrene Wunden, Traumata, Ängste undVerdrängungen bieten die solideste Grundlage für das verlie-ren in eine Suchtform. Im Computerspiel können sie endlichalles vergessen und fühlen sich befreit dadurch.

Reihenweise könnte man gerade die großen Kultspiele derGegenwart als Darstellung der lebensgeschichtlichenKränkungen und Frustrationen einer ganzen Generation inter-pretieren. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Hinter die-sen individuellen Vorgängen steht die Gesamtheit einer Kulturin ihren wirtschaftlichen Dominanzen, ihren kaltenVereinsamungen in den Städten, ihrer Zerrissenheit derEinzelnen, die früh in den Familien beginnt und von einer blin-den Politik immer weiter getrieben wird. Nicht nur die indivi-duellen Wunden sind im Spiel zu berücksichtigen, sondern dieWunden, die der radikale Umbruch einer Kultur in denFamilien, den Lebensschicksalen und im Gemeinschafts-empfinden der Menschen hinterlässt. Und dennoch: es istauch ein großer Aufbruch. Ein von allen Realbindungen sichentfernendes, großartiges, weltumspannendes Agieren undDenken und Fühlen. Diese Zukunft ist anders als alles, was wirkennen - und sie hat unübersehbar ihre Opfer. Vor allem istdie Frage bisher restlos ungeklärt, wie Gefühle vonGemeinschaft und Zugehörigkeit, die auch zum Überlebennotwendig sind, in Zukunft aufrechterhalten bleiben. 1

3.5 Der typische Computersüchtige

Wer wird also computersüchtig und wer nicht? Wie lässt sichdas messen, und vor allem ab wann kann man jemanden alscomputersüchtig betiteln?

Diese Frage scheint sich so auf Anhieb nicht beantworten zulassen. Drogensüchtige fallen auf, entweder weil sie bekifftherumtorkeln, irgendwann asozial durchhängen oder wegenBeschaffungskriminalität geschnappt werden, so zumindestdas gängige Klischee. Weil Computersüchtige in der Regelkaum auffallen, weiß auch niemand, wie viele Computer-süchtige es gegenwärtig gibt. Die Zahl derer, die in psychiatri-schen Kliniken landen, steigt zwar von Jahr zu Jahr an, aberwelche Dunkelziffer sich hinter diesen Extremfällen verbirgt,lässt sich nur schwer abschätzen. Dazu bedarf es aufwändigerrepräsentativer Untersuchungen. Um die durchzuführen,müsste jemand ein besonderes Interesse an solchenErhebungen und den dadurch gewonnenen Erkenntnissenüber Häufigkeiten und Trends der Computersucht haben.1

Laut Wikipedia erkennt man den Computersüchtigen aneinem der folgenden Indikatoren. Treffen diese zu, sollte einegenauere Abklärung stattfinden. Hierbei sind nicht Einzel-indikatoren isoliert zu werten, sondern deren Gesamtsumme.Nicht jeder Indikator tritt bei jedem/jeder auf.2

Der Computer wird nicht mehr abgeschaltet - häufig mitder Begründung die langen Bootzeiten zu reduzieren um zujeder Zeit den Computer nutzen zu können."Reservedenken" - Die meisten Komponenten (z.B. Hard-ware) sind mehrfach vorhanden um einen Ausfall sofortkompensieren zu können.Alltägliche Tätigkeiten wie z.B. Essen werden nicht verein-zelt, sondern überwiegend mit der Computernutzung kom-biniert (Essen vor dem Computer)Das Verlangen z.B. bei Freizeitveranstaltungen diese früherzu verlassen um noch Zeit am Computer zu verbringen.Kurzfristiges Absagen von gesellschaftlichen Terminen häu-fig mit der Begründung, Ruhe zu benötigen, und Nutzungdieser "gewonnenen" Zeit vor dem Computer.Nicht oder nur schwer abschalten können - weder physika-lisch (den Rechner) noch mental."Jäger und Sammler-Prinzip" - Es wird Hard- oder Softwaregekauft oder besorgt, die eigentlich nicht wirklich benötigtwird - oftmals nur der "Vollständigkeit halber" oder um es zubesitzen.zeitliche Desorientierung, Verlust der Fähigkeit die verbrach-te Zeit vor dem Computer abzuschätzen oder sie zu steuernVerlust sozialer Kontakte, Zurückgezogenheitbedingt durch den Computer verschobener Tag/ Nacht-zyklus

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1) vgl. W.Bergmann & G.Hüther “Computersüchtig - Kinder im Sog moderner Medien", Düsseldorf, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, 20062) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)

Taucherglocke für virtuelle Tiefen (entwickelt von Toshiba) - Realitätsverlust,Isolation und Sucht oder einfach nur der pure Spielspaß?http://spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,443009,00.html

3.6 Selbsttests

Um derartige Umstände und Indizien für eine Sucht nochnäher bestimmen zu können, oder um sich selbst ein ganzeigenes Bild von der persönlichen Lage zu machen, kann manim Internet eine Reihe von Tests machen, die mehr oder weni-ger detailiert und so dementsprechend mehr oder wenigeraussagekräftig sind. Die Kriterien für Fragebögen zumComputerspielverhalten lehnen sich oftmals an den passen-den Kriterien für Abhängigkeitserkrankung (ICD-10) und pan-thologischem Glücksspiel (DSM-IV)1 an.

Beim Online-Magazin "first surf" findet man beispielsweiseeinen solchen Selsttest zur Internet-Sucht.

Als Anlage dieser Hausarbeit liegt ein Fragebogen vonhttp://www.psychotherapiepraxis.at/i_survey.phtml bei. Dieserist beispielsweise gegenüber dem zuvor genannten deutlichgenauer. Erstens soll hier vom Tester jede Frage nicht nur mitja oder nein beantwortet werden, sondern mit einer skalenbe-wertung von 0 (trifft gar nicht zu) bis 6 (trifft stark zu). Des wei-teren wird bei der Auswertung z.B. auch Wert auf Geschlecht,Alter, Herkunftsland und Lebensstatus gelegt, und dieses mitberücksichtigt. Dies erlaubt eine präzisere Auswertung derTestergebnisse.

Es bleibt selbstverständlich fraglich, ob diese ganze Art derTests ausreicht, um sich ein “aussagekräftiges Urteil” bilden zukönnen. Diese Tests ersetzen selbstverständlich nicht einGespräch mit dem Arzt oder Psychologen. Aber gerade für dieerste Selbsteinschätzung (Selbstehrlichkeit vorrausgesetzt) eig-nen sie sich meiner Meinung nach gut.

Eine Computersucht kann häufig einen Rückzug in die virtuel-le Welt zur Folge haben, vor allem bei Problemen im Alltagund sozialen Schwierigkeiten kann die Computerwelt zu einer"Ersatzwelt" werden, die man sich zurechtrücken und in derman auch manchmal den Helden spielen kann.

Gerade dies sind die Ursachen dafür, dass die ganzeProblematik dann zunehmend zum Teufelskreis wird. Es wer-den immer weniger soziale Kontakte gepflegt und das so ent-stehende Gefühl der Einsamkeit durch immer häufigereBeschäftigung mit dem Computer unterdrückt. Es folgt zuersteine soziale, dann zunehmend auch eine körperlicheVerwahrlosung. Schlechte Ernährung, das Aufgeben von schu-lischen Leistungen oder Verlust des Arbeitsplatzes können wei-tere Folgen sein. Oftmals wird derartiges dann als "Erlösung"betrachtet wird, da von nun an mehr Zeit mit dem "Hobby"verbracht werden kann. Neben der sozialen Isolierung kommtes durch das ständige Sitzen oft zu körperlichen Folgen wiez.B.: Haltungsschäden, Rückbildung der Muskulatur etc., auchdie Augen nehmen durch den ständigen Blick auf den MonitorSchaden. Bei der Verwendung von Kopfhörern sindOhrenschäden (durch laute Geräusche; z.B.: Schüsse) nichtauszuschließen. Eine Computersucht kann zu Übergewicht(Bewegungsmangel), aber auch zu Untergewicht führen. Eskann zu Müdigkeit, Schlafstörungen, physischen Verkrampf-ungen und Kopfschmerzen (durch niedrige Bildwieder-holfreqenz) kommen. In seltenen Fällen stehen auch epilepti-sche Anfälle im Zusammenhang mit einer Computersucht. Zuverdeutlichen ist hierbei, dass es nicht zu den oben angeführ-ten Beschwerden kommen muss.2

3. Spielsucht 4. Folgen

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1) DSM-IV - nationales Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen2) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)

1. http://www.frankenpost.de/nachrichten/resygetimg.php?id=143748_computerspieler.jpg&s=gr2. http://www.gefilde.de/ashome/denkzettel/0041/dz_0041.jpg

http://www.firstsurf.de/piuform.htm

5.1 Prävention oder gar Heilung möglich?

Wie in vielen Suchtsituationen muss beieinem Computersüchtigen, um eine Heilungerreichen zu können, die Hilfe auf die richti-ge Art- und Weise von Außen kommen. Eshat sich gezeigt, dass ein plötzlicher vollstän-diger Entzug nicht zu den gewünschten

Ergebnissen führt und man daher eher den Weg der Ent-wöhnung wählen sollte. Es gilt, den Betroffenen zu Aktivitätenzu bewegen, die ihm zuerst zeitlich begrenzt eine interessanteAlternative bieten. Die zeitliche Begrenzung ist insbesonderezu Beginn wichtig um dem Süchtigen nicht das Gefühl zugeben ihn mit Gewalt von dem Computer wegbewegen zuwollen. Für den Betroffenen ist es des Weiteren wichtig, dasssein Umfeld sein Interessensgebiet akzeptiert bzw. respektiertund nicht verachtet, da sich das typische Zurückziehen desBetroffenen sonst eher noch mehr verstärkt. Die erste Prioritätist daher Zugang zum Betroffenen zu erlangen und diesgeschieht nicht selten über das Suchtmittel, den Computerselbst. Der Süchtige erlebt den Computer als Gerät, das ihmetwas gibt was er sonst nicht zu bekommen glaubt. Zwar wer-den oder wurden viele soziale Kontakte abgebaut, dennochbesteht sehr wohl zum Teil ein sehr ausgeprägtes Bedürfnisnach solchen. Auch zu bedenken gilt, dass sich viele Süchtigevon ihrer Umgebung eher unterfordert sehen und daher ihreHerausforderung z.B. in Computerspielen sehen. DemSüchtigen muss klar werden, dass seine Sucht nicht endgültigist und eine Rückkehr ins normale Leben möglich ist.1

Deutschlandweit gründen sich zur Zeit immer mehrSelbsthilfegruppen, sowohl für Angehörige und FreundeMediensüchtiger, als auch für die Betroffenen selbst. Auch imRaum Darmstadt gibt es seit Oktober 2006 eine Selbsthilfe-gruppe für Angehörige Computersüchtiger. In den USA gibt essogar bereits eine Selbsthilfegruppe für die Angehörigen vonbereits verstorbenen Computersüchtigen. Auch Psychologennehmen die Thematik zunehmend ernster, und so ist ein posi-tiver Trend bei der Entwicklung von Behandlungsmethoden,oder zumindest dem Bewusstsein innerhalb der Bevölkerungder Existenz dieser Problematik in Deutschland festzustellen.

Die Frage, wie man der Computersucht generell vorbeugenkann, scheint hingegen noch ein weniger breites Publikumgefunden zu haben. Es gibt zwar eine kleine Auswahl anLiteratur zu der Thematik, die allerdings allzu häufig erst nachAuftreten und ernsthaften Problemen mit dieser Sucht zu Rategezogen wird. Obgleich sich zunehmend mehr junge Elterndieser Thematik dringend stellen sollten, da der Trend derComputernutzung abzusehen ist...

5.2 Behandlungsmethoden

Es gibt derzeit äußerst wenige Behandlungszentren oderKliniken, in die ein Computersüchtiger eingewiesen werdenkönnte oder sich selbst begeben könnte. Mir sind bei derRecherche zwei extrem verschiedene Behandlungsansätze auf-gefallen, die ich hier kurz darlegen möchte.

EElleekkttrroosscchhoocckkss iinn CChhiinnaaIm Oktober 2004 eröffnete das Pekinger MilitärhospitalChinas die erste Suchtstation für Internet- und Spiele-geschädigte. Seitdem wurden dort über 300 Süchtige geheilt.China ist international berüchtigt für die rigoroseHerangehensweise gegen das Web und seine Nutzer: Diemassenhafte Schließung von Internet-Cafés, die Zensur aus-ländischer Nachrichtenangebote, die Gefangennahme miss-liebiger Journalisten, Blogger und Systemkritiker. Im PekingerMilitärhospital werden, neben Therapiegesprächen, Patientenmit Elektroschocks und Infusionen gegen ihre Internet- oderComputersucht behandelt. Alle diese Jugendlichen sindunweigerlich krank. Sie haben ihre Schule verlassen, leiden anDepressionen, Nervosität, Angstzuständen, Schlafstörungenund Panikgefühlen, sie sind unruhig, haben zitternde odertaube Hände und haben Probleme, mit anderen zu interagie-ren. Und das alles, weil sie jeden Tag in Chatrooms oder mitSpielen verbracht haben. Die jugendlichen Patienten bestäti-gen das. Sie lassen sich für zehn bis fünfzehn Tage auf dieTherapie ein, die auch Behandlungen mit Strom (30 Volt) undInfusionen unbekannten Inhalts einschließt.2

Es ist aber meiner Meinung nach fraglich, ob diese Art desBehandlungsansatzes die Kernursachen der Computersuchttatsächlich bekämpft. Eine unter Betrachtung der bereits her-ausgearbeiteten Ursachen folgerichtigere Behandlungsartschlägt das Wichernhaus an der deutschen Ostsee ein:

r e s e t5. Vorbeugung & Behandlung

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1) vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht (aufgerufen am 27.11.2006)2) vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,363116,00.html (aufgerufen am 17.12.2006)

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,363116,00.html

KKiinnddeerrkkuurrhheeiimm WWiicchheerrnnhhaauuss BBoolltteennhhaaggeennDas "Wichernhaus" bietet als erstes Kinderkurheim deutsch-landweit eine bisher einzigartige Therapie für computersüchti-ge Kids an. Sie lernen dort, ihren Medienkonsum selbst zukontrollieren und werden nicht beispielsweise durch Medizinoder gar Elektrostöße geheilt. Die Sensation “Wichernhaus”,von dem die Medien auf der ganzen Welt berichten, wurdevor zwei Jahren gegründet. Die Kosten pro Tag liegen bei 54Euro. Trotz starker deutscher und internationaler Nachfrage istdas einmalige Kurhaus mit 60 Therapieplätzen im Schnitt nurzur Hälfte ausgelastet, da die Krankenkassen diese Art derAbhänigkeit bisher nicht als Krankheit anerkannt haben.Lediglich Therapien der gesundheitlichen Folgen wie extremesÜber- oder auch Untergewicht, Haltungsschäden, Ängste,Schlaf- und Konzentrationsstörungen werden bezahlt. So ist esnicht verwunderlich, dass diese Einrichtung derzeit nurAufgrund von Subventionen der Evangelischen Kur- undErholungsstätten Boltenhagen und vereinzelten Sponsoren exi-stiert. In Boltenhagen hofft man, dass die Wissenschaft dieMedienabhängigkeit von Kindern möglichst bald als Krankheitanerkennt, um so bessere Grundbedingungen für ihre Arbeitzu erhalten und den einmaligen Behandlungsansatz weiterauszubauen.1

Die Therapie im "Wichernhaus" setzt auf Sport, Spiel undSpaß, Sauna und Strandläufe, dazu Kochen und gesundes,regelmäßiges Essen. Projektarbeit wie Holz- und Gartenarbeit,Tanz oder Theater ist Pflicht, um "verschüttete" Begabungenaufzudecken. Da Computerverbote nichts bringen, versuchtman, das Selbstwertgefühl der Kinder wieder zu steigern.

Geringe und vor allem kontrollierte Computer- undFernsehnutzung steht somit auch auf dem Programm. Auchdie Eltern werden in der vierten Kurwoche mit einbezogen umein besseres gegenseitiges Verständnis und Verhältnis aufzu-bauen.3

Eine wohl wesentliche Erkenntnis der Therapeuten undPädagogen aus Boltenhagen ist, dass die Vorbildrolle vonEltern gegenüber Kindern zu kippen scheint, weil die abhän-gigen Kinder oft sehr begabt, kreativ und dem Medienwissengegenüber ihrer Eltern vorraus sind. Diese völlig neue Formerfordert ein Umdenken und Hinterfragen vorhandenerTheorien und herkömmlicher Behandlungen.3

Ob die Computer-Kids durch die vier Wochen imWichernhaus auf Dauer der Versuchung widerstehen können,sich vor dem Alltagsstress in virtuelle Welten zu flüchten, istaber leider immer ungewiss.1

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1) vgl. http://www.geemag.de/relaunch_storyseite.php?story=47&ausgabe=14 (aufgerufen am 25.11.2006)2) vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,362450,00.html (aufgerufen am 26.11.2006)3) vgl. http://www.stern.de/computer-technik/computer/532301.html?nv=cb (aufgerufen am 26.11.2006)

Spielen am Strand - Das Gefühl für den eigenen Körper zurückgewinnenhttp://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,362450,00.html

“Fühle, dass du noch lebst!”http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,362450,00.html

Computersucht. Es scheint, dass der lange als Mythos gelten-de Begriff zunehmend mehr Aufmerksamkeit von Wissenschaftund Forschung, von Lehrern und Psychologen, von Elternund deren Kindern bekommt. Es gibt neue wissen-schaftliche Studien, neue Erkenntnisse, neueBehandlungsansätze und psychologischeAspekte. Die neuen Forschungsergebnissehaben gezeigt, dass man eine extremeComputernutzung definitiv als Sucht bezeich-nen kann, da sie dieselben oder sehr ähnlicheSymptome aufweist wie andere bekannteSüchte. Die Thematik Computersucht ist umfang-reich. Veränderungen erfordern immer ein Um-denken, so auch besonders im Zeitalter der Digitalisierungund des Computers. Die Welt um uns herum hat sich verän-dert, es bedarf dringender Beobachtung des sog. Fortschrittsdurch die Computerverbreitung in Wirtschaft und Privatleben.Es scheint als würde uns die digitale Welt geistig überholen.Die permanente Nutzung des Computers verändert unserBewusstsein, ob wir es wollen oder nicht. Jeder muss sichheute selbst die Frage stellen, wie viel Zeit er eigentlich vordem Computer verbringt, wie intensiv er diese Momentewahrnimmt und in welchen Situationen ihm der Computereine Hilfe darstellt.

Für das Computerspielen braucht es Intelligenz, Reaktions-fähigkeit und intuitives Vermögen. Das Spielen und Abtauchenin digitale Welten bringt eine ganze Reihe positiver Effekte mitsich, dennoch bewegen sich alle Aufmerksamkeiten und sinn-lichen Konzentrationen im Computer nur sprunghaft undunvorhersehbar. Der kleine und große Spieler "surft" wie überWellen, er fliegt, aber jeder nur für sich. Er empfindet einGefühl äußerster Intensität bei gleichzeitiger Selbstverges-senheit. Gerade Kinder und Jugendliche sind in der Phase derSelbstfindung besonders gefärdet. Und gerade persönlich-keitsschwache Kinder zieht eine solche Welt, in der man allesvergessen kann und alles so leicht zu sein scheint, magischan. Wer sich heute umschaut wird feststellen, dass dies aller-dings nicht nur ein “Kinderproblemchen” ist, sondern dasszunehmend auch ältere Menschen, egal welchen Alters odergesellschaftlichen Status’, gerne mal in die Computerweltabtauchen. Dies kann die unterschiedlichsten Gründe haben,aber bei einer überdurchschnittlich häufigen Nutzung oderfestzustellender Bewusstseinsveränderung, wird die Sache ge-fährlich. Gegen ein Spielchen oder ein wenig E-Mailen undChatten hat niemand etwas einzuwenden, aber die Grenzevon der netten Nebenbeschäftigung zur “Ausnutzung” desComputers um persönliche Defizite zu stillen, zu bekämpfenoder zu beruhigen, verschwimmt nur allzu schnell undunmerklich.

Ich spiele und arbeite schon relativ lange an Computern undhabe noch immer nicht die volle Kontrolle über meineComputernutzung erlangt. Ich kann mich immer wieder selbstdabei ertappen, wie ich viel länger als gewollt Zeit im Internetoder mit Instant-Messenger-Programmen, E-Mailen oder hin

und wieder Spielen verbringe und erst hinterher merke, wievielZeit vergangen und wie wenig Lebensgefühl und echte

Emotionen mir das ganze beschert hat.

Um bereits Internetabhängigen oder Computer-süchtigen allgemein zu helfen, bleibt wohl nur dieMöglichkeit, ihre reale Welt von den Miss-ständen zu befreien und sie wieder attraktiv zumachen. Die Realität ist schließlich viel schöner:

"Wir können im Internet nicht essen, keinen gutenSex haben und meist auch kein Geld verdienen." -

aber wie macht man das jemandem bewusst, derderartige Gefühlsmomente oder Wahrnehmungen so

noch nie erfahren hat, oder extra nie wieder eleben will, weiler einmal schlechte Erfahrung gemacht hat? EinfacheLösungen zur Vorbeugung oder gar Heilung in Form vonPatentrezepten scheint es nicht zu geben. Über dieHeilungschancen und Möglichkeiten gibt es ganz unterschied-liche Auffassungen. Die Prävention von Computersucht liegtmeiner Meinung nach zum größten Teil in den Händen derFamilie und des Staates, die sich mehr denn je dafür einset-zen sollten, den Kinder und Jugendlichen eine neueWertschätzung des "realen Lebens" zu vermitteln. Der Staatsollte die Problematik endlich erkennen und sich dieser aktivstellen, auch wenn in diesem Zusammenhang weitgehendeFragen gestellt werden müssen. Man denke in diesemZusammenhang beispielsweise über den in Deutschlanddurch ältere Generationen geprägten typischen“Pessimismus”, die Perspektivlosigkeit der Kinder- undJugendlichen aufgrund der aktuellen Arbeits- undAusbildungsplatz-Problematik oder auch den schier unendli-chen Möglichkeiten, sein Leben mit den heutigen Möglich-keiten zu gestalten nach. Es ist beispielsweise fraglich, obunser Schulsystem zu wenig Spielraum für die persönlicheEntwicklung des Einzelnen bietet, und dadurch nicht allzu oftder Einzelne und die menschliche Gefühlswelt allgemein aufder Strecke bleibt, was für “Problemkinder” den Grundsteinzur späteren Computersucht legen könnte. Insbesonde intelli-gente Menschen werden hierbei meiner Meinung nachäußerst selten bis gar nicht gefördert, was sie ebenfalls zueiner hauptbedrohten Zielgruppe der Computersucht macht.

Es ist generell wünschenswert, aber auch zu erwarten, dass dieThematik Computersucht zunehmend in das Bewusstsein derGesellschaft gerät und auch der Staat sich mit den gestiege-nen Betroffenenzahlen beschäftigt. Ziel von Staat undBevölkerung sollte es meiner Meinung nach sein, das mensch-liche Werteverständnis wieder aufleben zu lassen oder neu zudefinieren und die bereits Süchtigen wieder zum wirklich wich-tigen im Leben zurückzuführen: das "lebendig, echte Leben", indem Gefühle und Probleme einfach dazu gehören.

s w i t c h o f f6. Fazit

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7.1 Literaturangaben

"Der Brockhaus in 9 Bänden", F.A. Brockhaus GmbH Leipzig, Mannheim

2002

"Der Brockhaus auf CD-ROM" Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus

AG 2001

W.Bergmann & G.Hüther “Computersüchtig - Kinder im Sog moderner

Medien", Düsseldorf, Patmos Verlag GmbH & Co. KG, 2006

Robert Anton Wilson "Der neue Prometheus - Die Evolution unserer

Intelligenz”, München, Heinrich Hugendubel Verlag, 2003

Soziologische Studie der Uni Mainz - Udo Thiedeke

"Ärztliche Praxis" vom Juni 2006

Internetsucht: Jugendliche Gefangen im Netz - Hahn&Jerusalem / HU

http://de.wikipedia.org/wiki/Computersucht

http://www.spielplatz-deutschland.de/

Eine Studie der Jung von Matt AG in Zusammenarbeit mit Electronic Arts

GmbH und GEE Magazin

Derzeit zu beziehen unter: http://www.presse.electronic-arts.de/publish/

page205796005792144.php3?1=1&aid=162&spieleid=

ht tp ://serv ice .sp iege l .de/d igas/serv le t/ f ind?wo=arch iv&S=

Computerspiele&Senden.x=0&Senden.y=0&ATTRLIST=t&SD=1

(http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518, 432262,00.html

(http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,435500, 00.html

(http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518, 432262,00.html

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,362450, 00.html

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,363116, 00.html

http://www.stern.de/computer-technik/computer/532301.html?nv=cb

http://www.isfb.org/Forschungsergebnisse.html

Forschungsergebnisse 2000-2006 Dr. S. M. Grüsser-Sinopoli

http://www.zeit.de/computer/killerspiele

http://www.lehrer-online.de/url/computerspiele-das-schoene

("Das schöne an Computerspielen" von Marco Fileccia)

http://www.geemag.de/relaunch_storyseite.php? story=47&ausgabe=14

http://www.bitkom.org/41835_41826.aspx

http://www.acta-online.de/praesentationen/acta_2006/acta_2006_

Jugend.pdf

Allensbacher Computer- und Technik-Analyse, ACTA 2006 - "Die

Internetgeneration" Das Markt- und Mediennutzungsverhalten junger

Zielgruppen von Werner Süßlin; Präsentation der Allensbacher Computer-

und Technik-Analyse (ACTA).

7.2 Abbildungsverzeichnis

http://www.gmx.net/images/760/2501760,h= 300,pd=1,w=400.jpg

S.3 http://www.joernbathke.de/html/internetcafe.htm

S.5 http://www.spiegel.de

S.7 http://www.isfb.org/Forschungsergebnisse.html

S.8 http://www.zeit.de/computer/killerspiele

S.9 http://spiegel.de/netzwelt/tech/ 0,1518,443009, 00.html

S.10 http://www.firstsurf.de/ piuform.htm

http://www.frankenpost.de/nachrichten/resygetimg.php?id=

143748_computerspieler.jpg&s=gr

http://www.gefilde.de/ashome/denkzettel/0041/ dz_0041.jpg

S.11 http://www.witzbild.de/data/media/17/esc.jpg

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/ 0,1518,363116,00.html

S.12 http://www.spiegel.de/netzwelt/web/ 0,1518,362450,00.html

S.13 http://www.deltadirekt.de/images/Zielscheibe.GIF

r e c c o u r c e s7. Quellen

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http://www.psychotherapiepraxis.at/i_survey.phtmlHandelt es sich bei Ihrer Art der Computernutzung noch umGebrauch im herkömmlichen Sinne, oder gibt es bereitsAnzeichen von starker Gewohnheit oder gar Suchtverhalten?Der folgende Selbsttest ist kein psychologischer Test undersetzt keinerlei Gespräch mit Arzt oder Psychologen! DerSelbsttest beinhaltet 34 Fragen und dauert ca. 2-3 Minuten.Im Anschluß an die Durchführung des Tests erhalten Sie eineAuswertung sowie eine kleine Statistik über die bisherigenabgegebenen Antworten angezeigt. Bewerten Sie nun die fol-genden Aussagen mit einer Zahlenskala von 0 (trifft gar nichtzu) bis 6 (trifft stark zu).

1. Ich habe schon mehrmals Verabredungen versäumtoder kam zu spät, weil ich mich vom Computernicht rechtzeitig losreißen konnte.

2. Viele meiner Bekannten und Freunde sind selbstComputerfans oder Leute, die ich aus dem Internetkenne.

3. Während der letzten 3 Wochen habe ich mehrfachweniger als 5 Stunden geschlafen, weil ich so langevor dem Computer saß.

4. Manchmal sitze ich so konzentriert vor dem PC,daß ich auf das Essen vergesse oder verzichte.

5. Ich finde es oft einfacher, im Internet oder Chat mitLeuten zu reden, als "Auge in Auge".

6. Ich teile ein besonderes Geheimnis mit jemandemim Internet.

7. Wenn ich weg bin, geht mir meine Tätigkeit daheimam Computer oder im Internet bald ab.

8. Manche sagen, daß ich zu viel Zeit vor demComputer / im Internet verbringe.

9. Wenn mir langweilig ist oder ich mich allein fühle,steigt meine Lust, mich vor den Computer / dasInternet zu setzen.

10. Ich habe teilweise meinen Tagesablauf geändert,um mehr Zeit für das Internet / den Computer zuhaben.

11. Manchmal sind meine Internet-Kosten (z.B. Online-Gebühren, WAP,..) um einen beträchtlichen Teilhöher, als ich erwartet hätte

12. Manchmal kommt es vor, daß ich im Traum bzw.während des Schlafes am PC weiter"arbeite" / imInternet surfe.

13. Ich habe schon versucht, meine Zeit amComputer/Internet zu reduzieren, aber es hat nichtwirklich dauerhaft geklappt.

14. Leute aus dem Internet haben mir Sachen gezeigt,die ich vorher nie gemacht hätte.

15. Manche sagen, ich hätte mich verändert, seit ichmich mit dem Computer/Internet intensiverbeschäftige.

16. Meine Freunde oder Bekannten aus dem Internetwissen, wie ich wirklich bin.

17. Meine Arbeit oder meine Leistung haben sich nichtverschlechtert, seit ich online gehe.

18. Wenn ich psychologischen, medizinischen oderreligiösen Rat suchen würde, würde ich das Internetanderen Möglichkeiten gegenüber bevorzugen.

19. Ich habe das Internet schon zur Kontaktsuchebenutzt.

20. Wenn ich zu einem Thema in Internet etwas suche,aber nichts finde - suche ich mit herkömmlichenMitteln weiter?

21. Wenn die Internet-Verbindung oder mein Computerzu langsam ist, kann ich mich unglaublich aufre-gen; wenn z.B. mein Computer abstürzt, schlageich in extremen Fällen schon mal auf ihn und/oderdie Tastatur ein.

22. Mit Leuten, die ich aus dem Internet kenne, habeich mehr Spaß als mit den anderen.

23. Wenn ich zB. im Urlaub längere Zeit nicht dasInternet benützen oder am PC arbeiten kann, ist(wäre) mir das völlig egal.

24. Nach einer sehr langen Internet-/Computer-Session fühle ich mich manchmal schuldig.

25. Ich erzähle manchmal die Unwahrheit, wenn ichmit Freunden oder Bekannten über die Zeit rede,die ich vor dem PC/im Internet verbringe

26. Im Internet nehme ich des öfteren fremdeIdentitäten (z.B. andere Namen) oder ein anderesGeschlecht an.

27. Während der letzten Monate hat sich die Zeit, dieich vor dem PC/im Internet verbringe, deutlicherhöht.

28. Ich sehe öfters als 3x täglich nach meinen emailsoder neuen Newsgroup-Nachrichten (Diskussions-foren) bzw. bin in Chatrooms/MUDs.

29. An manchen Tagen habe ich das Gefühl, die zubeantwortenden emails und/oder Newsgroup-Beiträge nicht mehr zu bewältigen.

30. Im Internet bin ich manchmal viel angriffslustiger indem, was ich sage oder antworte.

31. In Internet-Diskussionsgruppen (Newsgroups) fälltes mir schwer, Nachrichten oder Subjects(Titelzeilen) ungelesen zu löschen.

32. Ich kenne mehr als 1 Person, die meine Internet-/PC-Benützung als Sucht empfindet.

33. Mir wurde schon einmal die Internet-Benützung (zB.durch Provider, Arbeitgeber) nach zu hohemGebrauch eingeschränkt.

34. Ich würde selbst meine Art der Internet-/PC-Benützung als Sucht bezeichnen.

s e l b s t t e s t8. Anlage

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