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CISGonline 2664 Jurisdiction Germany Tribunal Oberlandesgericht Jena (Thüringer Oberlandesgericht) Date of the decision 08 December 2015 Case no./docket no. 5 U 1042/12 Case name MITEC Automotive AG v. Ford Motor Company Type of judgment Judgment (Urteil) 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts Meiningen vom 29.11.2012 Az HKO 78/08 wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte. Die übrige Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe: I. Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen Beendigung einer mehrjährigen Geschäftsbeziehung über die Lieferung von Massenausgleichsgetrieben (Balancer). Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird gem. § 540 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochten Urteils. Ergänzend haben die Parteien im Berufungsverfahren zur Problematik der Nachahmung des Balancers sowie zur Weitergabe von Zeichnungen mit wesentlichen Systemdaten vorgetragen. Das Projekt „I. 4. Balancer“ war ein globales Projekt von F und M. Die Unternehmen hatten in den neunziger Jahren einen Fahrzeugmotor entwickelt, welcher unter der Bezeichnung „I. 4“ lief. Die technische Verantwortung für die Entwicklung der Motoren lag bei der Firma M. Zur Verbesserung der Laufruhe und der damit einhergehenden Geräuschreduzierung wurde der Einbau eines sogenannten Balancers in den Motor erforderlich. Zu Beginn des Jahres 2000 wurde der „I.4“ Motor bis auf den vorgesehenen Balancer fertig entwickelt. Der durch das Zulieferunternehmen A entwickelte Balancer konnte nicht zum Einsatz kommen, da dieser selbst nicht hinnehmbare Geräusche produzierte. Die Beklagte kontaktierte ihre deutsche Tochtergesellschaft, welche

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    Jurisdiction   Germany  

    Tribunal   Oberlandesgericht  Jena  (Thüringer  Oberlandesgericht)  

    Date  of  the  decision   08  December  2015  

    Case  no./docket  no.   5  U  1042/12  

    Case  name   MITEC  Automotive  AG  v.  Ford  Motor  Company  

    Type  of  judgment   Judgment  (Urteil)  

       1.  Die  Berufung  der  Beklagten  gegen  das  Grundurteil  des  Landgerichts  Meiningen  vom  29.11.2012  -‐‑  Az  HKO  78/08  -‐‑  wird  zurückgewiesen.    2.  Die  Kosten  der  Berufung  trägt  die  Beklagte.  Die  übrige  Kostenentscheidung  bleibt  dem  Schlussurteil  vorbehalten.    3.  Das  Urteil  ist  vorläufig  vollstreckbar.  Der  Beklagten  wird   gestattet   die  Vollstreckung   durch   Sicherheitsleistung   in  Höhe   von  120%  des   zu   vollstreckenden   Betrages   abzuwenden,  wenn   nicht   die   Klägerin   vor   der  Vollstreckung  Sicherheit  in  gleicher  Höhe  leistet.    4.  Die  Revision  wird  nicht  zugelassen.    Gründe:    I.   Die   Parteien   streiten   um   Schadensersatz   wegen   Beendigung   einer   mehrjährigen  Geschäftsbeziehung  über  die  Lieferung  von  Massenausgleichsgetrieben  (Balancer).  Wegen  der  Einzelheiten  des  Sachverhalts  wird  gem.  §  540  ZPO  Bezug  genommen  auf  den  Tatbestand  des  angefochten  Urteils.  Ergänzend  haben  die  Parteien  im  Berufungsverfahren  zur  Problematik  der  Nachahmung  des   Balancers   sowie   zur  Weitergabe   von   Zeichnungen  mit   wesentlichen   Systemdaten  vorgetragen.  Das  Projekt  „I.  4.  Balancer“  war  ein  globales  Projekt  von  F  und  M.  Die  Unternehmen  hatten  in  den  neunziger  Jahren  einen  Fahrzeugmotor  entwickelt,  welcher  unter  der  Bezeichnung  „I.   4“   lief.   Die   technische   Verantwortung   für   die   Entwicklung   der  Motoren   lag   bei   der  Firma   M.   Zur   Verbesserung   der   Laufruhe   und   der   damit   einhergehenden  Geräuschreduzierung   wurde   der   Einbau   eines   sogenannten   Balancers   in   den   Motor  erforderlich.  Zu  Beginn  des  Jahres  2000  wurde  der  „I.4“  Motor  bis  auf  den  vorgesehenen  Balancer   fertig  entwickelt.  Der  durch  das  Zulieferunternehmen  A  entwickelte  Balancer  konnte   nicht   zum   Einsatz   kommen,   da   dieser   selbst   nicht   hinnehmbare   Geräusche  produzierte.   Die   Beklagte   kontaktierte   ihre   deutsche   Tochtergesellschaft,   welche  

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    wiederum  die  Klägerin  als  Spezialistin  im  Bereich  der  Konzeption  und  der  Entwicklung  der   Balancer   zur   Problembeseitigung   vorschlug.   Mitte   Januar   2000   kam   es   zu   einem  Treffen   in   Japan,  an  dem  neben  Mitarbeitern  der  Firma  A  und  M  auch  Mitarbeiter  der  Klägerin  sowie  der  F  GmbH  teilnahmen.  Zum  Abschluss  der  Besprechung  wurden  dem  Geschäftsführer  der  Klägerin  auch  Pläne  des  A-‐‑Designs  übergeben.  Die  Klägerin  benötigte  Kenntnisse  von  der  unveränderbaren  Einbauposition  des  Balancers,  um  nicht  die  gesamte  Motorgeometrie  selbst  vermessen  zu  müssen.  Im  Anschluss  an  weitere  Besprechungen  wurde  der  Klägerin  der  streitgegenständliche  Produktionsauftrag  erteilt.  Folgende  drei  Änderungen  am  Design  der  Firma  A  nahm  die  Klägerin  vor:  -‐‑  einstückige  Herstellung  aus  einem  Werkstoff  (Gusseisen  statt  Aluminum)  -‐‑  anderes  Bearbeitungsverfahren  für  die  Zahnräder  (Hartschleifeverfahren  statt  Schaben)  -‐‑  Optimierung  der  Abstände  der  Unterlegscheiben  (Shims).  Ferner   brachte   die   Klägerin   die   sogenannte   Frequenzanalyse   zur   Anwendung.   Diese  Methode  wurde  zuvor  von  der  Firma  A  nicht  verwendet.  Das  von  der  Klägerin  eingeführte  Hartschleifverfahren  wurde  von  den  Firmen  O/L  nicht  übernommen.  Das   Landgericht   hat  mit   Zwischenurteil   vom   25.03.2010   entschieden,   dass   es   für   den  Rechtsstreit  international  und  örtlich  zuständig  ist.  Die  dagegen  eingelegte  Berufung  hat  der  VII.  Zivilsenat  des  Oberlandesgerichts  Jena  mit  Urteil  vom  11.10.2010  -‐‑  Az.7  U  303/1  -‐‑  zurückgewiesen.  Mit  Zurückweisung  der  Nichtzulassungsbeschwerde  durch  Beschluss  des   Bundesgerichtshofs   vom   05.07.2011   -‐‑  Az   VIII   ZR   314/10   -‐‑   ist   das   Zwischenurteil  rechtskräftig  geworden.  Mit  dem  nunmehr  angefochtenen  Urteil  hat  das  Landgericht  die  Klage  dem  Grunde  nach  für  gerechtfertigt  erklärt.  Zur  Begründung  hat  es  im  Wesentlichen  ausgeführt,  für  den  der  Klägerin   im   Vertrauen   auf   die   Fortsetzung   der   Geschäftsbeziehung   bis   31.12.2007  entstandenen   Schaden   hafte   die   Beklagte   nach   den   Grundsätzen   der   positiven  Vertragsverletzung  (Treu  und  Glauben)  Art.  7,  61  Abs.1a,  62,  25,  74  CISG,  §  280  Abs.  1  BGB.  Dies  beinhalte  das  Verbot  des  venire  contra  factum  proprium  (widersprüchliches  Verhalten).  Danach  sei  die  Beklagte  gegenüber  der  Klägerin  zumindest  zur  Abnahme  der  Balancer  bis  Ende  des  Jahres  2007  verpflichtet  gewesen.  Die  entsprechende  Treuepflicht  resultiere  aus  dem  Umstand,  dass  die  Parteien  bereits  in  der  Ursprungsvereinbarung  eine  langfristige  Geschäftsbeziehung  mit  Stückzahlsteigerungen  hätten  eingehen  wollen  und  in  diesem  Rahmen   im   Jahr  2003  eine  Kapazitätserweiterung  von  300.000  auf  450.000  Einheiten   mit   weiterem   Investitions-‐‑   und   Zuliefereraufwand   bei   der   Klägerin   sowie  zusätzlich   finanzierten  Werkzeugkosten   in  Höhe   von   ca.   1,5  Millionen   Euro   durch   die  Beklagte   getätigt   hätten.   Vorgesehen   sei   ein   6.   Produktionsjahr   gewesen,   das   sich   bei  Produktionsfreigabe   im  Oktober  2002  bis   in   das   Jahr   2007   erstreckt   habe.   Außerdem  habe  sich  die  Beklagte  zum  Ende  des  Jahres  2006/Anfang  2007  gegenüber  der  Klägerin  so  verhalten,  als  solle  der  Langzeitliefervertrag  weiterhin  Gültigkeit  haben.  So  habe  sie  zu  Beginn  des  Jahres  2007  die  Abrufe  für  das  nächste  Halbjahr  in  das  zwischen  den  Parteien  verwendete  EDV-‐‑System  eingestellt  und  das  Vertragsprodukt  zu  den  zuvor  vereinbarten  Bedingungen   auch   im   Jahr   2007   bezogen   (ca.   125.000   Einheiten).   Auch   durch   die  Tolerierung  der  bei  der  Klägerin  entstandenen  nicht  unerheblichen  Investitionen  und  die  zweimalige   Bereitstellung   dafür   erforderlicher   Werkzeugkosten   in   Höhe   von   2,5  Millionen  Euro  im  Jahr  2001  und  1,5  Millionen  Euro  im  Jahr  2003,  die  Aufstockung  der  Stückzahlen  im  Januar  bzw.  Juli/August  2003  sowie  die  Übernahme  weiterer  Balancer  im  Jahr  2007  habe  sie  weiteres  Vertrauen  der  Klägerin  begründet.  Zu  keinem  Zeitpunkt  im  

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    Jahr  2006  habe  die  Beklagte  gegenüber  der  Klägerin  geäußert,  dass  sie  ab  dem  01.01.2007  keine   Balancer  mehr   beziehen  werde.   Ebenso  wenig   habe   sie   das   bei   Einstellung   des  Bezugs  eines  Lieferteils  offensichtlich  übliche  Auslauffahren  durchgeführt.  Damit  habe  die  Beklagte  bei  der  Klägerin  das  berechtigte  Vertrauen  erweckt,  der  Vertrag  werde  auch  im  Jahr  2007  fortgesetzt  bzw.  mit  Sicherheit  zustande  kommen.  Sie  habe  dann  aber  die  Vertragsverhandlungen  durch  ihre  „Kündigung“  vom  16.03.2007  abgebrochen.  Die  durch  den  Vertrag   veranlassten  Mehrbelastungen   der   Klägerin,   die   ihr   im  Vertrauen   auf   die  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehung  erwachsen  seien,  seien  zu  ersetzen,  weil  sie  ohne  das  Vertrauen   auf   die   Erfüllung   des   Vertrages   bzw.   dessen   Verlängerung   nicht   gemacht  worden  wären  und  dadurch  ihren  Sinn  verloren  hätten.  Hingegen  habe  die  Klägerin  keinen  Anspruch  auf  Schadensersatz  wegen  Nichterfüllung  eines   bis   Ende   2007   geschlossenen   Liefervertrages.   Im  Ergebnis   der  Beweisaufnahme  stehe   die   Gültigkeit   bzw.   die   Verlängerung   der   Langzeitliefervereinbarung   und   der  Lieferverträge   vom   30.06./23.07.   und   05.08.2003   bis   zum   31.12.2007   und   darüber  hinaus,  sowie  der  Abschluss  eines  weiteren  Liefervertrages  für  das  Jahr  2007  und  darüber  hinaus  nicht  fest.  Eine  Vertragslaufzeit  bis  Ende  2006  ergebe  sich  zunächst  aus  der  Ausgangsvereinbarung,  die  als  „Vereinbarung  für  die  Jahre  2001-‐‑  2006“  bezeichnet  sei,  die  im  Weiteren  von  einem  Produktionsvertrag   mit   einer   „Laufzeit   von   5   Jahren“   spreche   und   das   „gesamte  Produktionsvolumen   in   den   Jahren   2002-‐‑2006“   angebe.   Soweit   in   dem   Schreiben   der  Beklagten  vom  02.02.2001  von  einer  weiteren  Reduzierung  des  Teilepreises“  nach  dem  6.   Produktionsjahr   die   Rede   ist,   spreche   dies   zwar   für   eine   langfristig   beabsichtigte  Geschäftsbeziehung,  belege  aber  nicht  eine  vertragliche  Vereinbarung  bis  zum  Ende  des  Jahres   2007.   Offensichtlich   sei   die   Beklagte   in   diesem   Schreiben   von   einer  Produktionsfreigabe  im  September  2001  ausgegangen  und  habe  somit  das  Jahr  2001  als  1.  Produktionsjahr  angesehen.  Die  Klägerin   habe   nicht   beweisen   können,   dass   die   Vertragsänderungen  nicht   nur   die  Erweiterung   der   Produktionskapazität,   sondern   auch   die   Verlängerung   der   Laufzeit  betroffen  hätten.  Dies  folge  nicht  allein  aus  der  angeführten  Preisreduzierung  nach  dem  6.   Produktionsjahr.   Zwar   hätten   die   Zeugen   S,   N   und   P   ein   solches   grundsätzlich  angenommen.   Eine   ausdrückliche   Vereinbarung   über   die   Verlängerung   der  Vertragslaufzeit   folge   daraus   jedoch   nicht.   Auch   eine   Verlängerung   in  Folgeverhandlungen  der  Parteien  im  Jahr  2003  stehe  nicht  fest.  Die  Zeugen  P,  W  und  P  hätten  erklärt,  dass  keine  Laufzeitverlängerung  in  diesen  Gesprächen  erfolgt  sei.  Die  Flip-‐‑Chart  Aufzeichnungen,  die  offensichtlich  im  Rahmen  der  Kalkulationsgespräche  über  den  Preis   (Abschreibungszeiträume   für   den   Maschinenpark   der   Klägerin)   erfolgt   sein,  enthielten  für  2007  keine  Daten.  Dem  widerspräche  auch  nicht  die  E-‐‑Mail  des  Zeugen  P  vom  15.06.2004  (  Anlage  K  18),  da  Gegenstand  des  Schreibens  lediglich  eine  Preissenkung  gewesen  sei,  Laufzeiten  hingegen  hätten  nach  Aussage  des  Zeugen  P  keine  Rolle  gespielt.  In  den  schriftlichen  Vereinbarungen  der  Parteien  vom  30.6.2003/05.08.2003  (Anlage  K  13)  sei  eine  ausdrückliche  Änderung  oder  Erweiterung  der  Laufzeit  über  das  Jahr  2006  hinaus   nicht   enthalten,   was   auch   durch   die   Aussagen   S   und   N   belegt   sei.   Allein   der  Umstand,   dass   die   Zeugen   S   und   N   im   Hinblick   auf   die   Vereinbarung   eine  Preisreduzierung  nach  dem  6.  Produktionsjahr  und  die  Produktionsfreigabe  im  Jahr  2002  von   einer   Vertragslaufzeit   bis   2007   ausgegangen   seien,   belege   keine   entsprechende  Vertragsänderung.  

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    Die  Beweisaufnahme  habe  keine  vereinbarte  Laufzeitverlängerung   in  der  Besprechung  vom  22.02.2005  oder  der  Telefonkonferenz  vom  04.03.2005  ergeben.  Der  Zeuge  P  habe  ausgesagt,  Gegenstand  der  Besprechung  am  22.02.2005  sei  eine  aus  Sicht  der  Beklagten  erforderliche  Preissenkung  gewesen.  Von  der  Klägerin  sei  auch  der  Punkt  „Auflösung  und  Ersatz   der   Rücktrittskosten“   angesprochen   worden.   Während   die   Klägerin   einen  längerfristigen   Vertrag   angenommen   habe,   habe   die   Beklagte   das   Enddatum   des  Vertrages  mit  2006  benannt.  Eine  Einigung  habe  es  aber  nur  über  einen  abzuarbeitenden  Aufgabenkatalog  gegeben.  Die  Zeugin  W  habe  weiter  bekundet,  bei  der  Besprechung  am  22.0  2.2005  habe  die  Beklagtenseite  deutlich  gemacht,  dass  das  Vertragsverhältnis  am  31.12.2006   ende.   Stornierungskosten   und   Chancel   Claims   seien   nicht   Gegenstand   der  Besprechung   gewesen;   eine   Zusage   über   die   Zahlung   solcher   Kosten   sei   von   der  Beklagtenseite   nicht   abgegeben   worden.   Zusagen   über   eine   Verlängerung   der  Vertragslaufzeit  habe  die  Beklagte  auch  in  späteren  Telefonkonferenzen  nicht  abgegeben.  Die  beanstandungslose  Durchführung  des  Vertrages  bis  zum  Ende  des  Jahres  2006  und  die   von   den   Zeugen   N   und   F   geäußerten   Mindestvertragslaufzeiten   belegten   eine  Verlängerung  des  Produktionszeitraumes  bis  31.12.2007  ebenfalls  nicht.  Zwar  habe  es  vor  dem  31.12.2006  keine  Anzeichen  dafür   gegeben,   dass  der  Vertrag   auslaufen   solle.  Zusagen  für  die  Abnahme  von  Balancern  ab  dem  01.01.2007  seien  jedoch  am  11.1.2001  nicht  erfolgt.  Im  Hinblick   auf   die   streitigen  Verhandlungen   der   Parteien   über   die   Verlängerung   der  Geschäftsbeziehung  Ende  2006/Anfang  2007  sei  ein  Vertragsschluss   für  das  Jahr  2007  auch  nicht  aufgrund  des  Angebots  der  Beklagten  vom  14.2.2007  über  150.000  Teile  und  der   Abnahme   von   ca.   125.000   Teilen   durch   konkludentes   Verhaltenen   zustande  gekommen.   Die   Ende   2006/Anfang   2007   zwischen   den   Parteien   geführten  Verhandlungen   hätten  wegen   der   unterschiedlichen   Preisvorstellungen   nicht   zu   einer  vertraglichen  Vereinbarung  über  die  Zeit  ab  dem  01.01.2007  geführt.  Auf  die  „Kündigung“  der   Beklagten   vom   16.3.2007   komme   es   somit   nicht   an,   da   zu   diesem   Zeitpunkt   der  Vertrag  bereits  beendet  gewesen  sei.  Der  Klageanspruch  sei  auch  nicht  verjährt,  da  hinsichtlich  des  Schadensersatzanspruchs  aus  positiver  Vertragsverletzung  die  dreijährige  Verjährungsfrist  gelte.    Gegen  dieses  Urteil  hat  die  Beklagte  form-‐‑  und  fristgerecht  Berufung  eingelegt.  Sie   macht   geltend,   ein   schützenswertes   Vertrauen   der   Klägerin   auf   Fortsetzung   der  Beziehung  ergebe  sich  aus  den  im  Urteil  genannten  Umständen  nicht.  Es  bedürfe  insoweit  eines  qualifizierten  Tatbestandes,  an  denen  enge  Anforderungen  zu  stellen  seien.  Allein   der   anfängliche   Wille   der   Parteien,   eine   langfristige   Geschäftsverbindung  einzugehen,  sei  kein  Umstand,  aus  dem  eine  Partei  Vertrauen  darauf  ableiten  könne,  dass  es  auch  tatsächlich  dazu  komme.  Immerhin  hätten  die  Parteien  die  Geschäftsverbindung  auch  über  mehrere  Jahre  hinweg  gepflegt.  In  der  Ausgangsvereinbarung  finde  sich  kein  Hinweis,  aus  dem  die  Klägerin  habe  herleiten  können,  dass  ihr  irgendwelche  Ansprüche  zustünden,  falls  sich  Ihre  Erwartungen  auf  eine  Fortsetzung  über  den  fest  vereinbarten  Zeitpunkt   Ende   2006   hinaus   nicht   erfüllen   würden.   Im   Gegenteil   spreche   der   klare  Wortlaut  der  Vereinbarung  gerade  dagegen.  Die   Gespräche   über   höhere   Stückzahlen,   die   während   der   Laufzeit   der  Ausgangsvereinbarung  stattgefunden  und  zu  einer  Aufstockung  von  300.000  auf  450.000  Stück  pro   Jahr   führten,  seien   im  Hinblick  auf  die  üblichen   Interessenlagen   im  Geschäft  

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    zwischen  Automobilherstellern  und  Zulieferern  ein  normaler  Prozess  gewesen.  Auch  aus  der  Diskussion  um  ein  6.  Produktionsjahr  ergebe  sich  kein  gerechtfertiges  Vertrauen  der  Klägerin  auf   eine  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehung  über  den  31.12.2006  hinaus.  Es  hätte   auch   bereits   bei   den   Verhandlungen   über   die   Ausgangsvereinbarung   im   Raum  gestanden,  dass  sich  die  Stückzahlen  während  der  Laufzeit  erhöhen  könnten.  Die  Klägerin  selbst  habe  sich  bereits  in  Phase  I  auf  eine  Kapazitätssteigerung  eingerichtet.  Die  Klägerin  habe  auch  weder   ihr  Einvernehmen  mit  der  Aufstockung  der  Kapazitäten  noch   ihre   damit   verbundenen   weiteren   Investitionen   und   Aufwendungen   von   einer  Verlängerung   der   Vertragslaufzeit   abhängig   gemacht.   Über   die   Amortisation   der  klägerischen   Investitionen   sei   zwar   zwischen   den   Parteien   diskutiert   worden;   im  Ergebnis   habe   die   Beklagte   gegenüber   der   Klägerin   bereits   vor   Aufnahme   der  Geschäftsverbindung  unmissverständlich  klargemacht,  dass  die  Investitionen  alleiniges  Risiko  des  Lieferanten  seien  und  -‐‑mit  Ausnahme  der  Werkzeugkosten-‐‑  die  Beklagte  dafür  nicht  einstehen  würde.  Dem  habe  die  Klägerin  auch  niemals  widersprochen.  Im  Gegenteil  habe   deren   Mitarbeiter   S   mit   seiner   E-‐‑Mail   vom   18.12.2000   (Anlage   B   8)   bestätigt,  verstanden  zu  haben,  dass  die  Klägerin  nicht  für  Produktionsanlagen  zahle,  wie  es  auch  der   Zeuge   F   in   seiner   Zeugenvernehmung   bestätigt   habe.   Im   Gegensatz   zu   den  Verhandlungen  2002/2001,  in  denen  das  Thema  Amortisation  explizit  angesprochen  und  diskutiert  worden  sei,  sei  dies  bei  den  Verhandlungen  2003  nicht  der  Fall  gewesen.  Es  habe  gegebenenfalls  der  Klägerin  oblegen,  mit  ihrem  Angebot  vom  30.6.2003  (  Anlage  K  13)   zum  Ausdruck   zu  bringen,  dass   sie   eine  Verlängerung  des  Ursprungsvertrages  bis  2007  erwarte.  Auch   aus   der   Diskussion   um   ein   6.   Produktionsjahr   ergebe   sich   kein   gerechtfertigtes  Vertrauen  der  Klägerin  auf  eine  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehung  über  den  31.12.2006  hinaus.  Wie  sich  aus  der  Aussage  des  Zeugen  P  ergebe,  habe  diesbezüglich  auch  keine  Einigkeit  bestanden,  ob  dieses  erst  mit  der  Produktionsfreigabe  von  2002  zu  berechnen  sei  und  sich  damit  auf  2007  erstrecke  oder  ob  das  Jahr  2001  als  Produktionsbeginn  zu  gelten  habe.  Wenn  die  Vertreter  der  Parteien  im  Rahmen  der  Kostenanalyse  über  ein  6.  Produktionsjahr   gesprochen   hätten,   habe   dies   nur   dazu   gedient,   eine   gemeinsame  Grundlage  für  die  von  der  Klägerin  im  Prinzip  zugesagte  Preisreduzierung  zu  finden.  Die  Diskussion  um  das  6.  Produktionsjahr  sei  aber  auch  deshalb  irrelevant,  weil  sich  aus  der  Ausgangsvereinbarung  ergebe,  dass  die  Frage  des  Produktionsbeginns  überhaupt  keine  Rolle  gespielt  habe.  Nach  dieser  Vereinbarung  seien  beide  Parteien  von  Lieferungen  von  dem  Jahr  2002  bis  2006  ausgegangen.  Maßgeblich  sei  nicht  die  Zahl  der  Produktionsjahre  gewesen,  sondern  die  der  zu  liefernden  Einheiten,  was  der  Zeuge  F  bestätigt  habe.  Im  Übrigen  habe  die  Beklagte  mit  dem  Schreiben  vom  02.02.2001  (Anlage  K1)  lediglich  festhalten   wollen,   dass   aus   ihrer   Sicht   spätestens   ab   einem   6.   Produktionsjahr   eine  Preisreduzierung   stattfinden   müsse,   was   im   Falle   einer   Vertragsverlängerung   für   die  Beklagte  von  großer  Wichtigkeit  gewesen  sei.  Mit  der  Bereitstellung  der  erforderlichen  Werkzeugkosten  in  Höhe  von  rund  2,5  Millionen  Euro  und  weiteren  1,5  Millionen  Euro  in  Zusammenhang  mit  der  Kapazitätserweiterung  habe  die  Beklagte  lediglich  ihre  vertraglichen  Pflichten  aus  dem  Liefervertrag  erfüllt.  Die  Verpflichtung  der  Beklagten  die  Werkzeugkosten  zu  tragen  sei  niemals  in  Frage  gestellt  gewesen.   Ein   Vertrauen   der   Klägerin   auf   eine   Verlängerung   der   Vertragsdauer   habe  weder  aus  dieser  Tatsache  noch  aus  dem  im  Zusammenhang  mit  den  Werkzeugkosten  geführten   Schriftwechsel   hergeleitet   werden   können.   Eine   angebliche   „Tolerierung“  erheblicher  Investitionen  der  Klägerin  durch  die  Beklagte  sei  nicht  nachvollziehbar.  Es  

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    habe   in   der   Verantwortung   der   Klägerin   gelegen,   dafür   Sorge   zu   tragen,   dass   das  Lieferverhältnis   für   ihr   Unternehmen   betriebswirtschaftlich   sinnvoll   gestaltet   werde,  wozu   auch   die   Absicherung   wirtschaftlicher   Risiken,   wie   zum-‐‑Beispiel-‐‑Amortisation,  gehöre.   Genau   dies   sei   mit   der   Ausgangsvereinbarung   auch   geschehen.   Mit   der  vereinbarten  Preisregelung  und  avisierten  Abnahmeregelungen,  hätten  die  Kosten  über  die  Teilepreise   amortisiert  werden   sollen.  Mit  Erreichen  der   genannten  Stückzahl   von  1.259.000  sei  dies  auch  geschehen.  Dass  beim  Erreichen  dieser  Stückzahl  alle  möglichen  Investitionen  der  Klägerin  abgegolten  sein  sollten,  habe  der  Zeuge  F  klar  bestätigt.  Inwieweit  die  Klägerin  aus  der  Kostenübernahme  für  die  Qualitätssicherung  durch  die  Beklagte   auf   eine   Fortsetzung   der   Geschäftsbeziehungen   über   den   31.12.2006   hinaus  habe  vertrauen  dürfen,  erschließe  sich  nicht.  Unzutreffend  sei  die   im  landgerichtlichen  Urteil   unter   Bezugnahme   auf   die   Aussage   des   Zeugen   S   getroffene   Feststellung,   die  Beklagte   habe   die   Übernahme   der  Qualitätssicherung   in  Höhe   von   2,4  Millionen   Euro  anerkannt.  Dies  werde  von  ihr  weiterhin  bestritten.  Der  Zeuge  N  habe  nur  bekundet,  dass  die  Notwendigkeiten   des  Qualitätssicherungssystems   außer   Frage   gestanden   habe.   Im  Übrigen  gebe  die  Aussage  des  Zeugen  N  ebenso  wie  die  des  Zeugen  S  deren  persönliche  Sicht  der  Dinge  wieder.  Daraus  ergebe  sich  aber  nicht,  dass  die  Vertreter  der  Klägerin  die  Vertreter   der   Beklagten   tatsächlich   hätten   überzeugen   können   und   diese   deshalb  anerkannt  hätten,  dass  diese  Kosten  als  Bestandteil  des  Preises  zu  berücksichtigen  seien.  Vielmehr  seien,  wie  der  Zeuge  H  bekundet  habe,  die  Vertreter  der  Beklagten  keinesfalls  bereit   gewesen,   die   Kosten   für   die   Qualitätssicherung   in   ihre   Preisberechnung  aufzunehmen.   Selbst   wenn   die   Vertreter   der   Beklagten   die   Kosten   für   das  Qualitätssicherungssystem  als  Bestandteil  der  Preiskalkulation  nicht   in  Abrede  gestellt  hätten,  wäre  dies  irrelevant,  weil  im  Ergebnis  eine  Einigung  über  die  Preise  gescheitert  sei.  Außerdem  sei  es  abwegig  aus  nicht  bewiesenen  etwaigen  Zugeständnissen  der  Beklagten  während   der   Kostenanalyse   herleiten   zu   wollen,   dass   die   Klägerin   deshalb   auf   eine  Fortsetzung   des   etwa   vier   Jahre   später   auslaufenden   Vertragsverhältnisses   habe  vertrauen  dürfen.  Die   Bestellung   und   Abnahme   von   ca.   125.000   Einheiten   im   Jahr   2007   habe   von   der  Klägerin  jedenfalls  nicht  dahingehend  verstanden  werden  können,  dass  die  Beklagte  die  Geschäftsverbindung  wie   in   den   ersten   sechs   Jahren   bis   Ende   2007   fortsetzen  würde.  Dass   die   Klägerin   selbst   von   einem   Vertragsende   zum   31.12.2006   ausgegangen   sei,  ergebe   sich   aus   deren   E-‐‑Mail   vom   22.12.2006   (Anlage   K6),  mit   der   sie   der   Beklagten  vorgeschlagen   habe,   das   Lieferverhältnis   vom   01.01.2006bis   31.12.2010   mit   einer  bestimmten  Stückzahl  fortzusetzen.  Nachdem  die  Verhandlungen  über  die  Vereinbarung  einer  Verlängerung  des  am  31.12.2006  ausgelaufenen  Liefervertrages  gescheitert  seien,  sei  es  zu  einem  Gespräch  zwischen  dem  Geschäftsführer  der  Klägerin,  Dr.  M,  und  der  von  der  Beklagten  beauftragten  Frau  B  gekommen.  In  dessen  Verlauf  habe  der  Vertreter  der  Klägerin   alle   Versuche   der   Beklagten,   die   streitgegenständlichen   Systeme   zu   einem  niedrigeren  Preis  geliefert  zu  bekommen,  endgültig  zurückgewiesen,  sowie  auch  weitere  Verhandlungen   über   eine   Fortsetzung   der   Lieferbeziehungen,   falls   die   Beklagte   nicht  bereit  sei,  die  Preisvorstellungen  der  Klägerin  zu  akzeptieren.  Daraufhin  hätten  sich  bei  demselben  Telefonat  die  Gesprächsteilnehmer  darauf  verständigt,  die  Lieferbeziehung  im  Laufe  des  Jahres  2007  auslaufen  zu  lassen.  Der  Klägerin  sei  daher  bewusst  gewesen,  dass  die   Mitteilung   der   Beklagten   über   die   von   ihr   beabsichtigte   im   Jahr   2007   noch  abzunehmende  Menge,  für  die  die  Klägerin  ein  Angebot  unterbreiten  haben  sollte,  keine  Verlängerung   des   Ausgangsvertrages   bedeutete.   Den   Inhalt   des   Gespräches   habe   der  

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    Geschäftsführer  der  Klägerin  Dr.  M  mit  E-‐‑Mail  vom  9.2.2007  bestätigt  (Anlage  K4).  Auf  die  Ankündigung  der  Beklagten  mit  E-‐‑Mail  vom  14.2.2007,  dass  sie  beabsichtige  im  Jahr  2007  noch   150.000   Stück   abzunehmen   (Anlage   K   24),   sei   es   zu   keiner   verbindlichen  Vereinbarung  zwischen  den  Parteien  gekommen.  Tatsächlich  habe  die  Beklagte  die  ca.  125.000   Einheiten   über   Einzelabrufe   bezogen.   Spätestens   aufgrund   der   Vereinbarung  zwischen  Dr.  M  und  Frau  B  habe  für  die  Klägerin  kein  Zweifel  bestehen  können,  dass  die  Geschäftsverbindung  nach  Abnahme  dieser  Balancer  auslaufe.  Auch  aus  der  Aussage  des  Zeugen  F,  es  sei  korrekt,  das   im  Schreiben  vom  02.02  2001  (Anlage  K  2)  mit  Teilpreisreduzierungen  nach  dem  6.  Produktion  ja  die  Zeit  ab  01.01.2007  gemeint   sei,   ergebe   sich   nichts,   woraus   die   Klägerin   ein   Vertrauen   hinsichtlich   einer  entsprechenden   Vertragsverlängerung   gründen   könnte.   Aus   dem   Kontext   von   dessen  Aussage  folge,  dass  es  in  den  Gesprächen  im  Januar  2001  nicht  um  Abnahmepflichten  im  Jahr  2007  oder  später  gegangen  sei.  Zentrale  Frage  sei  vielmehr  stets  die  Festlegung  einer  bestimmten   Abnahmemenge   von   1.259.000   Stück   bis   Ende   2006   und   die  Möglichkeit  etwaiger  Preisanpassungen  für  den  Fall,  dass  die  Beklagte  im  entsprechenden  Zeitraum  nicht   die   vereinbarte  Menge   oder   eine   größere   Stückzahl   abnehmen  würde,   gewesen.  Daraus  könne  aber  nicht  geschlossen  werden,  dass  die  Klägerin  aus  diesem  Umstand  auf  eine  Fortsetzung  der  Geschäftsverbindung  über  den  31.12.2006  hinaus  -‐‑und  zwar  genau  bis  zum  31.7.2007-‐‑  habe  vertrauen  dürfen.  Das   Einstellen   von   Abrufen   zu   Beginn   des   Jahres   2007   in   das   zwischen   den   Parteien  vereinbarte  EDV-‐‑System  sei  ohne  Einschaltung  der  Einkaufs-‐‑  und  Rechtsabteilung  eher  routinemäßig   erfolgt.   Zu   diesem   Zeitpunkt   habe   es   bereits   zahlreiche  unmissverständliche   Hinweise   darauf   gegeben,   dass   es   nicht   ohne   weiteres   zu   einer  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehungen  kommen  würde.  Die  Abrufe  seien  auch  durch  die  aktuellen  Entwicklungen  Anfang  Februar  2007  überholt  gewesen.  Im  Übrigen  habe  auch  die  zuletzt  der  Klägerin  übermittelte  Vorschau  vom  13.07.2007  nur  den  voraussichtlichen  Bedarf  bis  zum  Ende  der  32.  Kalenderwoche  des  Jahres  2007  vorgesehen.  Es  handele  sich  bei   der   von   der   Beklagten   übermittelten   Vorschau   nur   um   unverbindliche  Abnahmeplanungen.  Es  gebe  keinen  allgemeinen  Rechtsgrundsatz,  wonach  der  Käufer  vor  Auslauf  eines  auf  einen  bestimmten  Zeitpunkt  geschlossenen  Liefervertrages  verpflichtet  sei,  den  anderen  Vertragspartner  auf  den  Eintritt  der  vereinbarten  Beendigung  hinzuweisen.  Eine  solche  Rechtspflicht   folge   auch   nicht   aus   dem   Grundsatz   von   Treu   und   Glauben.   Angesichts  zahlreicher  Ereignisse,  die  bei  der  Klägerin  hätten  Misstrauen  darüber  auslösen  müssen,  ob  die  Beklagte  zur  Fortsetzung  des  Vertrags  bereit  sein  würde,  sei  Sache  der  Klägerin  gewesen,   sich   gegebenenfalls   Gewissheit   über   den   Stand   der   Dinge   zu   verschaffen.  Obwohl  die  Beklagte  keine  derartige  Verpflichtung  gehabt  habe,  hätten  ihre  Mitarbeiter  stets   explizit   darauf   hingewiesen,   dass   aus   Sicht   der   Beklagten   die   Beziehung   zum  31.12.2006  ende.  Dies  ergebe  sich  auch  aus  den  Aussagen  der  Zeugen  W  und  P.  Auch   aus   der   Nichtauslösung   eines   angeblich   üblichen   Auslaufverfahrens   habe   die  Klägerin  kein  Vertrauen  auf  eine  Fortsetzung  des  Vertragsverhältnisses  schöpfen  können.  Eine  Verpflichtung,  ein  solches  Verfahren  einzuleiten,  bestehe  nicht.  Gegen  ein  angeblich  widersprüchliches  und  treuwidriges  Verhalten  der  Beklagten  sprächen  das  Gespräch  am  20.2.2005,  in  dem  die  Beklagte  angedroht  habe,  auf  andere  Zulieferer  auszuweichen,  die  Parteien  offen  und  unmissverständlich  unterschiedliche  Auffassungen  über  das  Ende  des  Vertrages   vertreten   hätten   und   der   Geschäftsführer   der   Klägerin  Schadensersatzansprüche   wegen   angeblich   nicht   erfolgter   Amortisation   angekündigt  

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    habe,  -‐‑die  kontroversen  Gespräche  über  die  Preisreduzierung;  -‐‑das  Angebot  der  Klägerin  für   eine   Vertragsverlängerung   von   2007-‐‑2010,   der   Vorwurf   angeblicher  Schutzrechtsverletzungen  und  andere  schwerwiegende  Vorwürfe  gegen  die  Beklagte,  die  von   der   Klägerin   selbst   vorgetragene   Erkenntnis   im  März   2006,   dass   die   Beklagte   in  ernsthaften   Verhandlungen   im   fortgeschrittenen   Stadium   mit   anderen   Zulieferern  gestanden   habe,   das   zerrüttete   Vertrauensverhältnis,   dass   der   Geschäftsführer   der  Klägerin   in   seiner   E-‐‑Mail   vom   9.2.2007   (Anlage   K4   )   als   „nachvollziehbar   gestört“  bezeichnet  habe.  Der  endgültige  Abbruch  der  Lieferbeziehungen  im  März  2007  sei  allein  auf  das  Verhalten  der  Klägerin  ab  Mitte  Februar  zurückzuführen,  mit  dem  sie  offenbar  die  Beklagte  habe  unter   Druck   setzen   wollen.   Die   Klägerin   habe   die   von   der   Beklagten   für   die   Zeit   ab  12.2.2007   verbindlich   bestellten   Teile   nicht   ausgeliefert   und   sich   als   Begründung   auf  angebliche  technische  Probleme  im  Lagerhaus,  deren  Begutachtung  und  Unterstützung  durch   die   Beklagte   verweigert   worden   sei   zurückgezogen.   Trotz   mehrfacher  Aufforderungen  zur  Wiederaufnahme  der  Auslieferung  und  sogar  einer  entsprechenden  Vereinbarung   mit   Dr.   M   sei   eine   solche   nicht   erfolgt.   Erst   nachdem   die   Klägerin   die  Auslieferung   bis   zum   06.03.2007   nicht  wieder   aufgenommen   habe,   habe   die   Beklagte  dann  mitgeteilt,  dass  sie  nur  noch  die   tatsächlich  ausgelieferten  Teile  abnehme  und   in  Zukunft  keine  mehr  beziehen  werde.  Selbst   bei   Unterstellung   eines   treuwidrigen   Verhaltens   der   Beklagten   müsse   der  Schadensersatzanspruch   der   Klägerin   an   der   fehlenden   Schlüssigkeit   des   Schadens  scheitern.   Der   diesbezügliche   Vortrag   sei   unsubstantiiert.   Die   Klägerin   habe   insoweit  darlegen   und   unter  Beweis   stellen  müssen,  wann   sie   zum  Beispiel  welche   Fräser   und  Entgradräder  für  welche  vermeintlich  zu  erwartenden  Lieferungen  gestellt  und  bezogen  habe.   Nur   dann   lasse   sich   beurteilen,   ob   und   für   welchen   Zeitraum   sie   auf   eine  Fortsetzung   der   Abnahmen   habe   Vertrauen   und   entsprechende  Werkteile   beschaffen  dürfen.  In  Bezug  auf  die  Zahlungen  an  ihre  Lieferanten  habe  die  Klägerin  nicht  dargetan,  worauf  diese  beruhten.  Die   Klage   sei   daher   zum   Zeitpunkt   der   letzten   mündlichen   Verhandlung   vor   dem  Landgericht   selbst   unter   Berücksichtigung   der   Auffassung   des   Landgerichts   zum  Anspruchsgrund   entscheidungsreif   gewesen   und   habe   daher   abgewiesen   werden  müssen.  Selbst  wenn  man  von  einer  Schadensersatzverpflichtung  der  Beklagten  ausgehe,  sei  ein  Mitverschulden   der   Klägerin   zu   berücksichtigen,  was   das   Gericht   außer   acht   gelassen  habe.   Insbesondere   habe   die   Klägerin   trotz   der   bestehenden   Spannungen   bis   zum  Dezember  2006  zugewartet,  ohne  sich  Klarheit  und  Gewissheit  darüber  zu  verschaffen,  wie   es   mit   der   Lieferbeziehung   gestanden   habe.   Sie   habe   auch   gegen   ihre  Schadensminderungspflicht  verstoßen,  indem  sie  das  Lieferverhältnis  mit  der  deutschen  Beteiligungsgesellschaft   der   Beklagten,   der   F   GmbH   in   Köln,   über   15.000   für   2007  verbindlich   bestellte   Einheiten   grundlos   gekündigt   und   eine   weitere   Belieferung  abgelehnt  habe.  Das  Mitverschulden  der  Klägerin  überwiege  ein  etwaiges  Verschulden  der  Beklagten  bei  weitem,  so  dass  Letzteres  gänzlich  zurücktrete.  Die  Beklagte  behauptet,  der  von  der  Klägerin  gelieferte  Balancer  sei  -‐‑  abgesehen  von  drei  kleinen,  von  der  Beklagten  vorgeschlagenen  Änderungen-‐‑  vollständig  von  der  Firma  A  konzipiert   gewesen.   Die   Verzahnungsgeometrie,   die   Lagerung   und   die   Toleranzen  beruhten  auf  dem  Ursprungsdesign  von  A.  Nur  die  Merkmale,  die  technisch  bedingt  seien,  wären   von   O   übernommen   worden,   andere   seien   entsprechend   geändert   worden.  

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    Schützenswerte   wettbewerbliche   Eigenarten   am   Design   der   Klägerin   hätten   nicht  vorgelegen.  Die  Beklagte  nimmt  Bezug  auf  das  Gutachten  des  Herrn  Dr.  D  (Anlage  15).  M  habe  2005  eigene  Zeichnungen  erstellt  und  an  die  Firmen  O  und  L  weitergegeben  (Anlage  BK  8).  Die  Beklagte  bestreitet,  Einzelzeichnungen  der  Klägerin   in  W  eingestellt  und  so  Wettbewerbern  zur  Verfügung  gestellt  zu  haben.  Dies  sei  den  Anlagen  K  113  und  K  16  nicht   zu   entnehmen.   Freigabe,  wie   in   der   Anlage   K   13   beschrieben,   bedeute,   dass   die  Änderung,  die  Inhalt  des  Concerns  C11714240  sei,  freigegeben  worden  sei.  Anlage  K  16  beschreibe  eine  Designänderung  und  enthalte  keine  Zeichnung  von  M.  Die  Beklagte  erhebt  die  Einrede  der  Verjährung.  Die  Klägerin  habe   spätestens   im   Jahr  2004  von  der  (angeblichen)  Weitergabe  ihrer  Zeichnungen  gewusst.  Das  Gutachten  des  Geschäftsführers  der  Klägerin  (Anlage  K  15)  datiere  bereits  vom  3.  April  2004.  Etwaige  hierauf  begründete  Ansprüche  seien  spätestens  im  Jahr  2007  verjährt.    Die  Beklagte  beantragt,  die   Klage   unter   Abänderung   des   Grundurteils   des   Landgerichts   Meiningen   vom  29.11.2012,  Aktenzeichen  HK  O  78/08  abzuweisen.  39Die  Klägerin  beantragt,  die  Berufung  zurückzuweisen.  Die  Klägerin  ist  der  Ansicht,  die  Berufung  sei  schon  deshalb  unbegründet,  weil  sie  sich  auf  eine  Verletzung  von  Regeln  des  BGB  stütze,  während  CISG  anzuwenden  sei.   Inwieweit  dieses  verletzt  sein  solle,  ergebe  sich  aus  der  Berufungsbegründung  nicht.  Sie   verteidigt   das   landgerichtliche   Urteil,   soweit   es   ein   treuwidriges   Verhalten   der  Beklagten   und   einen   daraus   resultierenden   Schaden   der   Klägerin   annehme.   Die  Ausgangsvereinbarung   sei   nur   eine   vorläufige   gewesen,   die   im  weiteren   Verlauf   noch  habe   angepasst   werden   sollen.   Die   Vorläufigkeit   der   Vereinbarung   betreffe   alle  wesentlichen   Elemente   und   ergebe   sich   auch   betreffend   der   Laufzeit   aus   mehreren  vertraglichen  Regelungen.  So  sei  in  dem  Schreiben  der  Beklagten  vom  02.02.2001  nicht  von   einer   Laufzeit   des   Vertrages,   sondern   von   einer   Laufzeit   des   Projekts   die   Rede.  Ebenso  sei  dort  von  einem  6.  Produktionsjahr  die  Rede.  Wie  selbstverständlich  seien  die  Parteien  davon  ausgegangen,  dass  die  Belieferung  wie  im  Ausgangsvertrag  vorgesehen  im  Zeitraum  2001-‐‑2006  erfolgen  solle.  Darin  sei  auch  Bezug  genommen  worden  auf  die  Produktionsfreigabe,   die   unstreitig   erst   im   Oktober   2002   erfolgt   sei.   Dass   die  Verhandlungen  vom  30.  bis  31.01.2003  nur  aus  Anlass  von  Preisverhandlungen  geführt  worden  seien,  passe  nicht  in  den  Gesamtzusammenhang  und  sei  durch  das  Ergebnis  der  Beweisaufnahme   nicht   gestützt.   Wegen   der   Vorläufigkeit   aller   Elemente   des  Ausgangsvertrages   habe   auch   hinsichtlich   der   Laufzeit   Gesprächsbedarf   bestanden.  Selbst  wenn  die  Zeugen  W  und  P  bei  der  Besprechung  am  22.2.2005  deutlich  gemacht  haben   sollten,   dass   der   Liefervertrag   zum  31.12.2006   auslaufe,   sei   die   Beklagte   umso  mehr  zum  Jahreswechsel  2006/2007  verpflichtet  gewesen,  eine  eindeutige  Erklärung  zur  Vertragsbeendigung   abzugeben.   Entsprechendes   gelte   hinsichtlich   der   bis   zum  Jahreswechsel  2006/2007  nicht  in  die  Tat  umgesetzten  Androhung,  die  Klägerin  durch  einen  anderen  Zulieferer  zu  ersetzen.  Ein  Hinweis,  wie  im  Jahr  2005,  wäre  überdies  zu  spät  erfolgt,  da  die  Einigung  über  Menge,  Preis  und  Laufzeit  bereits  am  30./31.1.2003  erfolgt  sei.  Aus  der  E-‐‑Mail  vom  22.12.2006  (Anlage  23)  könne  nicht  gefolgert  werden,  dass  die  Klägerin  von  einer  Vertragsbeendigung  zum  Ende  des  Jahres  2006  ausgegangen  sei.  Soweit  sie  einen  Preis  auch   für  2007  angeboten  habe,  sei  dies  ein  deutlich  reduzierter  

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    Preis  gewesen  im  Gegenzug  dafür,  dass  eine  weitere  Abnahme  gemäß  dem  Angebot  auch  für  die  Folgejahre  erfolge.  Gerade  das  Angebot  der  Klägerin  vom  22.12.2006  habe  der  Beklagten  Anlass  gegeben,  die  Klägerin  auf  das  vermeintliche  Auslaufen  des  Vertrages  zum  31.12.2006  hinzuweisen.  Die  Berufung  sei  aber  auch  deshalb  unbegründet,  weil  das  Landgericht  richtigerweise  von  einer   Laufzeit   des   Vertrages   bis   mindestens   31.12.2007   habe   ausgehen   müssen.   Die  Beweisaufnahme  habe  ergeben,  dass  der   für  dieses  Verfahren  relevante  Vertragsinhalt  zwischen   den   Parteien   im   Rahmen   der   Besprechung   vom   30./31.1.2003   vereinbart  worden  sei  und  hierzu  habe  auch  eine  Mindestvertragslaufzeit  von  6  Jahren,  also  bis  zum  31.12.2007  gehört.  Dies  ergebe  sich  aus  den  Aussagen  der  Zeugen  S  und  N.  Die  Zeugin  W  habe,   abgesehen   davon,   dass   sie   zu   anderen   Beweisthemen   der   Falschaussage   habe  überführt  werden  können,  hierzu  ebenso  wenig  wie  der  Zeuge  P  Bekundungen  gemacht.  Der   Zeuge  H   sei   zwar   anwesend   gewesen,   habe   aber   kein   vollständiges   Bild   über   die  vertraglichen  Absprachen  zwischen  den  Parteien  gehabt.  Der  Zeuge  P  habe  letztlich  die  Aussagen  der  Zeugen  S  und  N  bestätigt,  indem  er  bekundet  habe,  dass  seiner  Ansicht  nach  das  6.  Produktionsjahr  im  Jahr  2007  geendet  habe.  Allerdings  hätte  das  Landgericht  auch  über  eine  richtige  Anwendung  des  Art.  8  Abs.  3  CISG  zum  Ergebnis  kommen  müssen,  dass  eine  vertragliche  Bindung  zwischen  den  Parteien  bis  Ende  2007  bestanden  habe.  Vor  dem  Hintergrund  der  Rechtsprechung  deutscher  sowie  internationaler   Gerichte   zu   Art.   8   Abs.   3   CISG   hätte   es   zu   der   Schlussfolgerung   einer  Abnahmepflicht  der  Beklagten  bis  31.12.2007  gelangen  müssen,  da  deren  Verhalten  nach  dem  30./31.01.2003  und  insbesondere  ihr  Verhalten  Ende  2006/Anfang  2007  deutlich  belege,  dass  auch  sie  von  einer  Fortgeltung  des  Vertrages  ausgegangen  sei.  Gerade  aus  der  E-‐‑Mail  vom  14.2.2007  (Anlage  K  24)  ergebe  sich,  dass  die  Beklagte  von  einer  Fortgeltung  des  Langzeitliefervertrages  ausgegangen  sei,  denn  nur  dann  sei  erklärbar,  dass  sie  der  Klägerin   eine   Aufhebung   des   Langzeitliefervertrag   gegen   Erstattung   „jeglicher  entstandener   Kosten“   angeboten   habe.   Insbesondere   gemäß   Art.   8   Abs.   3   CISG   seien  gerade  auch  die  Umstände  nach  dem  Vertragsschluss   für  die  Auslegung  des   Inhalts  zu  berücksichtigen.  Die  Klägerin  behauptet,  sie  habe  den  Balancer,  wie  er  ab  2001  von  ihr  an  die  Beklagte  geliefert  worden  sei,  aufgrund  ihres  eigenen,  exklusiv  von  ihr  entwickelten  und  bereits  vor  dem  Jahr  2000  verwendeten  Produktdesigns  hergestellt.  Hierzu  gehöre  unstreitig  die  Herstellung  aus  zwei  Teilen,  einem  Material  (Gusseisen),  die  verwendeten  Wellen  würden  so   kurz  wie  möglich   gehalten,   Zahnräder   und  Wellen  würden   aus   einem   einstöckigen  Wellenrohteil  hergestellt,  die  Zähne  der  Zahnräder  würden  unstreitig  nach  dem  Härten  der  Verzahnung  geschliffen  und  nicht  nur  gefräst  und  geschabt,  erhöhte  Zahnanzahl,  ein  neuer   Schrägungs-‐‑   sowie   Eingriffswinkel,   Härtung   der   Zahnräder   durch  Induktionshärtung,  kein  Öleintritt  in  die  Zahnräder  und  Wellen,  automatische  Verbauung  sowie  vorherige  Drehfehlermessung.  Das  von  der  Klägerin  entwickelte  Balancer-‐‑  Design  sei  anschließend  in  das  W-‐‑System  der  Beklagten   eingestellt   und   von   dort   aus   den   Firmen   M/O   und   L   zugänglich   gemacht  worden.  Das  Design  der  von  der  Firma  L  für  die  Beklagte  produzierten  Balancers  stelle  eine  Nachahmung  des  Designs  der  Klägerin  dar.  Dies  sei  erkennbar  bei  einem  Vergleich  der   Merkmale   Verzahnungsdaten,   Lagerung   und   Konzept   (Anlage   K   16).   Danach   sei  evident,   dass   diese   beiden   Firmen   den  Balancer   der  Klägerin   detailgetreu   nachgebaut  hätten.  

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    Die  Klägerin  rügt  Verspätung  des  neuen  Vorbringens  der  Beklagten  im  Schriftsatz  vom  1.10.2014.    Die  Berufung  ist  zulässig,  insbesondere  form-‐‑  und  fristgerecht  eingelegt  und  begründet  worden.  In  der  Sache  bleibt  sie  ohne  Erfolg  (  §§  511,  513,  517,  519,  520,  522  Abs.  2  ZPO).  1.  Die  Berufung  ist  zulässig,  ein  Verstoß  gegen  §  520  Abs.  3  Satz  2  ZPO  liegt  nicht  vor.  Die  Berufungsbegründung  der  Beklagten  lässt  deutlich  erkennen,  dass  und  aufgrund  welcher  Tatsachen   sie   den   vom   Landgericht   zuerkannten   Schadensersatzanspruch   wegen  treuwidrigen  Verhaltens  der  Beklagten  für  nicht  begründet  hält.  Das  Grundurteil  ist  zulässig.  Gemäß  §  304  Abs.  1  ZPO  kann  das  Gericht  über  den  Grund  vorab  entscheiden,  wenn  ein  Anspruch  nach  Grund  und  Betrag  streitig  ist.  Der  Anspruch  ist   schlüssig   darzulegen   (BGH   NJW-‐‑RR   2008,1397)   und   es   muss   mit   hoher  Wahrscheinlichkeit  feststehen,  dass  ein  Schaden  entstanden  ist  (BGH  NJW  2004,  2526).  Diese  Voraussetzungen  sind  vorliegend  erfüllt.  Sofern  die  Beklagte  die  Zeichnungen  der  Klägerin  nicht  an  andere  Lieferanten  weitergegeben  hätte,  wäre  nach  dem  Vortrag  der  Klägerin  die  Beklagte  nicht  in  der  Lage  gewesen,  die  Klägerin  als  Lieferantin  zeitnah  zu  ersetzen,   so   dass   die   Lieferbeziehung  über   den  31.12.2006  hinaus   fortgesetzt  worden  wäre.  Angesichts  der  Entwicklungsdauer  der  Klägerin  bis  zur  Serienreife  von  2000  bis  2002  besteht  dafür  auch  eine  hohe  Wahrscheinlichkeit,  so  dass  von  einem  der  Höhe  nach  noch  nicht   festzustellenden  Bestehen   eines   Schadens   auszugehen   ist.   Die  Klägerin   hat  erklärt,   die   Teilklage   beziehe   sich   zunächst   auf   die   1.   Position   „Fräser   und  Entgratradräder“   in   Höhe   von   492.454,67   €   und   des   weiteren   auf   die   2.   Position  „Forderungen   von   Lieferanten“   in   Höhe   von   119.834,95   €.   Dem  Bestimmtheitserfordernis   hat   sie   dadurch   Genüge   getan,   dass   sie   hinsichtlich   der  Lieferantenrechnungen  nunmehr  erklärt  hat,  die  Teilklage  solle  in  der  Reihenfolge,  wie  im   Schriftsatz   vom   30.3.2012   dargestellt,   geltend   gemacht   werden.   Durch   diese  nachträgliche  Erklärung  sind  etwaige  Mängel  der  Bestimmtheit  geheilt.  2.  Das  Landgericht  hat  im  Ergebnis  zu  Recht  erkannt,  dass  der  Klageanspruch  dem  Grunde  nach  gerechtfertigt  ist.  a)  Das  Landgericht  hat  zu  Recht  und  mit  zutreffender  Begründung  entschieden,  dass  eine  Verlängerung  der  vertraglich  vereinbarten  Laufzeit  bis  Ende  2007  und  darüber  hinaus  zwischen  den  Parteien  nicht  vereinbart  worden  ist.  Die  vom  Landgericht  durchgeführte  Beweiswürdigung   ist   im   Rahmen   der   eingeschränkten   Überprüfungsmöglichkeiten   im  Berufungsverfahren  gemäß  §  529  ZPO  nicht  zu  beanstanden.  Konkrete  Anhaltspunkte,  die  Zweifel   an   der   Vollständigkeit   oder   Richtigkeit   der   landgerichtlichen  Tatsachenfeststellung  gründen  und  eine  erneute  Tatsachenfeststellung  durch  den  Senat  gebieten  könnten,  trägt  die  Klägerin  nicht  vor.  Soweit  sie  unter  Berufung  auf  die  Aussagen  F  und   S   geltend  macht,   die  Ausgangsvereinbarung   sei  mehrfach   geändert   und   ergänzt  worden,   ergibt   sich   dies   bereits   aus   dem   unstreitigen   Tatsachenvortrag.   Die   von   der  Klägerin  behauptete  Einigung  über  eine  Verlängerung  der  Laufzeit  lässt  sich  damit  jedoch  nicht   begründen.  Das   Landgericht   hat   sich   auch  mit   der   Aussage   der   Zeugen   S   und  N  auseinandergesetzt,  dass  im  Hinblick  auf  die  vereinbarte  Preisreduzierung  nach  dem  6.  Produktionsjahr  und  die  Produktionsfreigabe  im  Jahr  2002  sie  von  einer  Vertragslaufzeit  bis   2007   ausgegangen   seien.   Die   vorgenommene   Wertung,   dass   sich   hieraus   keine  entsprechende  Vertragsänderung  ergebe,  ist  ohne  Rechtsfehler.  Dies  gilt  insbesondere  im  Hinblick  darauf,  dass  keiner  der  Zeugen  eine  ausdrückliche  Abänderung  oder  Feststellung  der  Laufzeit  bis  zum  Ende  des   Jahres  2007  hat  bestätigen  können.  Soweit  der  Zeuge  P  

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    angegeben  hat,  das  6.  Produktionsjahr  sei  ausgehend  von  einem  Produktionsbeginn  im  Jahr  2002  gewesen,  bezog  er  dies  auf  den  Fall,  dass  es  nicht  zur  vorzeitigen  Erreichung  höherer  Stückzahlen  gekommen  wäre.  Außerdem  besagt  dies  nichts  darüber  aus,  was  bei  dem  Schreiben  vom  02.02.2001,  in  dem  erstmalig  von  dem  6.  Produktionsjahr  die  Rede  war,  gemeint  war,  denn  zu  diesem  Zeitpunkt  war  noch  nicht  bekannt,  dass  die  Produktion  erst  im  Jahr  2002  beginnen  würde.  Entgegen  der  Auffassung  der  Klägerin  hätte  das  Landgericht  auch  nicht  aufgrund  des  Art.  8  Abs.  3  CISG  zu  dem  Ergebnis  kommen  müssen,  dass  eine  Laufzeit  bis  zum  31.  Dezember  2007   vereinbart   worden   sei.   Nach   dieser   Vorschrift   ist,   um   den   Willen   einer   Partei  festzustellen  unter  anderem  das  spätere  Verhalten  der  Parteien  zu  berücksichtigen.  Auch  damit  hat  sich  das  Landgericht  inhaltlich  auseinandergesetzt.  Insbesondere  hinsichtlich  der  noch  im  Jahr  2007  erfolgten  Abnahme  von  ca.  125.000  Stück  hat  es  aber  ausgeführt,  dass   diese   im   Rahmen   der   Anfang   2007   geführten   Verhandlungen   erfolgt   sei,   eine  Vereinbarung   der   weiteren   Fortführung   der   Geschäftsbeziehung   weder   zu   den   alten  Bedingungen  noch  zu  den  von  der  Klägerin  vorgeschlagenen  zu  Stande  gekommen  sei.  b)  Soweit  das  Landgericht  allerdings  einen  Schadensersatzanspruch  deshalb  dem  Grunde  nach   zuerkannt   hat,   weil   die   Klägerin   darauf   vertrauen   durfte,   dass   die  Geschäftsbeziehung  über  Balancer  bis  zum  31.12.2007  fortgesetzt  werde,  kann  dem  nicht  gefolgt  werden.  Zu  Recht  hat  das  Landgericht  festgestellt,  dass  sich  die  Geschäftsbeziehungen  der  Parteien  über   die   Lieferung   von   Balancern   aus   einem   internationalen   Kaufvertrag   vom  11.01.2001/02.02.2001   nach   dem  UN-‐‑Kaufrecht   (Übereinkommen  über  Verträge   über  den   internationalen   Warenkauf   vom   11.04.1980   -‐‑   CISG)   beurteilen.   Sowohl   die  Bundesrepublik   Deutschland   als   auch   die   Vereinigten   Staaten   von   Amerika   sind  Vertragsstaaten   des   Übereinkommens,   Art.   1   Abs.   1   CISG.   Der   streitgegenständliche  Vertrag  fällt  nach  Art.  3  Abs.  1,  73  Abs.  1  CISG  in  dessen  Anwendungsbereich.  Das  Gebot  von  Treu  und  Glauben  zählt  nunmehr  auch  zu  den  allgemeinen  Grundsätzen  im  Sinne  des  Art.  7  Abs.  2  CISG.  Diese  Frage  war  lange  Zeit  umstritten  und  wird  heute  aber  sowohl  von  der  herrschenden  Lehre  als  auch  von  der  Rechtsprechung  nicht  mehr  in  Frage  gestellt.   Da   sich   ein  Hinweis   auf   das  Gebot   von  Treu   und  Glauben   lediglich   in   der   die  Auslegung  des  Übereinkommens  betreffenden  Vorschrift  befindet,  darf  das  Gebot  nicht  zu  einer  dem  §  242  BGB  ähnlichen  Generalklauseln  werden.  (Schlechtriem/Schwenzer,  Kommentar  zum  CISG,  6.  Auflage  Art.  7  Rn.49  m.  w.  N.).  Grundsätzlich  kann  das  vom  Landgericht  herangezogene  Verbot  des  venire  contra  factum  proprium  (widersprüchliches  Verhalten)  in  der  Ausgestaltung  von  Art.  16  Abs.  2  und  Art.  29   Abs.   2   CISG   zum   Tragen   kommen   und   daher   auch   im   Rahmen   des   CISG   eine  Pflichtverletzung   gemäß   Art.   25   und   eine   Schadensersatzpflicht   gemäß   Art.   74   CISG  begründen.  Allerdings   ergibt   sich   aus   dem   vom   Landgericht   festgestellten   Sachverhalt   kein  widersprüchliches  Verhalten  der  Beklagten.  Ein  qualifizierter  Vertrauenstatbestand,  der  Grundlage  eines  Anspruchs  sein  könnte,  liegt  nicht  vor.  Der  unstreitige  Wille  beider  Parteien,  eine  langfristige  Geschäftsbeziehung  zu  begründen,  ist  bereits  mit  der  Durchführung  der  Ausgangsvereinbarung  bis  zum  Ende  der  dort   festgelegten   Laufzeit   am   31.12.2006   umgesetzt   worden.   Eine   darüber  hinausgehende  Fortsetzung  mag  zwar  bei  der  Abfassung  der  Ausgangsvereinbarung  im  Jahr  2001  von  beiden  Parteien   „angedacht“  und  erhofft  gewesen  sein.  Gerade  aber  die  

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    Befristung  des  Vertrages  zeigt,  dass  eine  darüber  hinausgehende  Bindung  der  Parteien  zu  diesem  Zeitpunkt  nicht  gewollt  war.  Eine  Verlängerung  der  ursprünglichen  Laufzeit   ist  weder  in  der  Ausgangsvereinbarung  angesprochen,  noch  wurde  sie  -‐‑nach  dem  Ergebnis  der  Beweisaufnahme-‐‑  von  Seiten  der  Beklagten  zu   irgendeinem  späteren  Zeitpunkt  als  „so  gut  wie  sicher  „  ins  Gespräch  gebracht.  Auch  im  Rahmen  der  Kapazitätserweiterung  im   Jahr   2003   hat   die   Beklagte   in   keiner   Weise   der   Klägerin   gegenüber   zu   erkennen  gegeben,  dass  sie  die  Geschäftsbeziehung  über  die  vereinbarte  Zeit  fortsetzen  wolle.  Die  Klägerin   hat   selbst   nicht   vorgetragen,   gegenüber   der   Beklagten   in   irgendeiner  Weise  deutlich   gemacht   zu   haben,  dass   sie   die   Kapazitätserweiterung   nur   in   Erwartung   der  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehung  vornehmen  würde.  Vielmehr  hat  die  Klägerin,  wie  sich   aus   dem   diesbezüglichen   Schriftverkehr   ergibt,   lediglich   zur   Bedingung   gemacht,  dass   die   Bezahlung   der  weiteren  Werkzeugkosten   in  Höhe   von   ca.   1,5  Millionen   Euro  durch  die  Beklagte  sichergestellt  sein  müsse.  Auch  aus  dem  in  dem  Schreiben  vom  02.02.2001  erwähnten  6.  Produktionsjahr  konnte  die   Klägerin   angesichts   der   eindeutigen   Festlegung   der   Vertragslaufzeit   nicht   davon  ausgehen,  dass  diese  verlängert  würde.  Bei  Abfassung  dieses  Schreibens  wurde  noch  von  einem   Produktionsbeginn   im   Jahr   2001   ausgegangen,   so   dass   mit   dem   6.  Produktproduktionsjahr   das   Jahr   2006   gemeint   sein   musste.   Die   zweimalige  Bereitstellung  der  erforderlichen  Werkzeugkosten  in  Höhe  von  insgesamt  ca.  4.000.000  €   durch   die   Beklagte   kann   ebenfalls   kein   Vertrauen   der   Klägerin   hinsichtlich   einer  Laufzeitverlängerung   begründen.   Die   Übernahme   der   Werkzeugkosten   durch   die  Beklagte  war  bereits  in  der  Ausgangsvereinbarung  vorgesehen  und  wurde  entsprechend  bei   der   Kapazitätserweiterung   beibehalten.   Die   Beklagte   erfüllte   mit   der   Übernahme  dieser  Kosten  lediglich  ihre  Vertragspflicht.  Anhaltspunkte  dafür,  dass  die  Beklagte  diese  Verpflichtung   nur   im   Hinblick   auf   eine   längerfristige   Fortsetzung   des  Vertragsverhältnisses  getätigt  hätte,  hat  die  Klägerin  nicht  vorgetragen.  Insbesondere  ist  weder  vorgetragen  noch  ersichtlich,  dass  sich  die  Übernahme  der  Werkzeugkosten  für  die  Beklagte   nicht   gerechnet   hätte   und   deshalb   nur   als   Investition   in   die   Zukunft   hätte  verstanden  werden  können.  Die  „Tolerierung“  erheblicher  Investitionen  durch  die  Klägerin  ist  ebenfalls  kein  Umstand,  der  das  Vertrauen  der  Klägerin  in  eine  Vertragsverlängerung  hätte  begründen  können.  Die   Parteien   standen   sich   als   unabhängige   und   gleichberechtigte   Vertragspartner   im  Geschäftsleben  gegenüber.   Jeder  Partei  oblag  es,   für  sich  selbst  zu  entscheiden,  welche  Investitionen   unter  welchen   Bedingungen   sich   für   sie   als   rentabel   darstellen  würden.  Sofern   die   Klägerin   von   ihr   zu   tätigende   Investitionen   nur   unter   der   Bedingung   einer  längeren   Geschäftsverbindung   als   vorgesehen   für   sinnvoll   hielt,   hätte   es   ihr   oblegen,  entsprechende  vertragliche  Vereinbarungen  zu  fordern.  Auch  wenn  die  Beklagte,  was  sie  bestreitet,   die   Kosten   für   die   Qualitätssicherung   bei   der   Klägerin   übernommen   haben  sollte,  ergibt  sich  aus  den  bereits  genannten  Gründen  daraus  keine  berechtigte  Erwartung  der  Klägerin  auf  eine  Fortsetzung  des  Vertragsverhältnisses.  Aus  der  Abnahme  von  weiteren  ca.  125.000  Einheiten  durch  die  Beklagte  im  Jahr  2007  konnte  sich  schon  deshalb  kein  Vertrauen  der  Klägerin  auf  eine  Fortsetzung  ergeben,  weil  diese   Abnahme   lediglich   im   Rahmen   der   Ende   2006/Anfang   2007   geführten  Verhandlungen   über   eine   Fortsetzung   der   Geschäftsverbindung,   die   letztendlich  scheiterten,  erfolgt  sind.  Einer  Verlautbarung  oder  der  Setzung  konkreter  Anzeichen  der  Beklagten   gegenüber   der   Klägerin,   dass   sie   die   Geschäftsbeziehung   beenden   werde,  bedurfte   es   angesichts   der   Befristung   des   Vertrages   nicht.  Überdies  war   der   Klägerin  bekannt,  dass  eine  Einigung  über  den  Stückpreis   für  den  Zeitraum  ab  dem  01.01.2007  

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    nicht   vorlag.   Da   der   Kaufpreis   bei   einem   solchen   Vertrag   aber   für   beide   Parteien   ein  zentrales  Element   ist,  musste  auch   für  die  Klägerin  klar  sein,  dass  die  Fortsetzung  der  Geschäftsbeziehung   von   einer   Einigung   über   den   Stückpreis   abhing   und   damit  keineswegs  sicher  war.  Auch  aus  der  Bekundung  des  Zeugen  F  bei  seiner  Vernehmung  im  Jahr  2012  ergeben  sich  keine   Umstände,   die   ein   Vertrauen   der   Klägerin   auf   eine   Fortsetzung   der  Geschäftsbeziehung  im  Jahre  2006  bzw.  2007  begründen  können.  Das  Einstellen  von  Abrufen  zu  Beginn  des   Jahres  2007  für  das  1.  Halbjahr  2007  in  das  zwischen   den   Parteien   verwendete   EDV-‐‑System   reicht   als   vertrauensbegründete  Maßnahme   ebenfalls   nicht   aus.   Dabei   hat   es   sich   lediglich   um   unverbindliche  Abnahmepläne  gehandelt.  Die  Klägerin  hat  selbst  vorgetragen,  dass  das  verwendete  EDV-‐‑System  auch  für  Konkurrenten  zugänglich  war.  Außerdem  war,  wie  aus  der  E-‐‑Mail  der  Klägerin  von  22.12.2006  hervorgeht  geht,  auch  ihr  bewusst,  dass  die  Preisvorstellungen  der   Parteien   für   das   Folgejahr   (und   etwaige  weitere   Jahre)   differierten,   so   dass   noch  unklar   war,   ob   eine   Einigung   gefunden   und   es   dann   zu   konkreten   Abrufen   kommen  werde.  Soweit  das  Landgericht  die  Nichtdurchführung  eines  angeblichen  Auslaufverfahrens  als  vertrauensbegründend   heranzieht,   ist   weder   ersichtlich,   wie   das   Landgericht   zu   der  Annahme   kommt,   dass   ein   solches   Auslaufverfahren   üblich   sei,   noch   wie   dieses  ausgestaltet  sein  sollte.  Schließlich  musste  die  Klägerin   im  Hinblick  auf  die  bereits   im  Jahr  2005  zwischen  den  Parteien   angesprochene   Möglichkeit   einer   vorzeitigen   Vertragsbeendigung   und  Ersetzung  der  Klägerin  durch  andere  Lieferanten  damit  rechnen,  dass  die  Beklagte  die  Geschäftsverbindung  jedenfalls  nicht  über  den  vereinbarten  Zeitpunkt  hinaus  fortsetzen  wollte.  c)   Es   besteht   aber   eine   Schadensersatzpflicht   der   Beklagten   gegenüber   der   Klägerin  gemäß  Art.  61  Abs.1  b  i.  V.  m.  Art.  74  CISG  wegen  Verletzung  von  vertraglichen  Pflichten,  hier   der   unerlaubten   Weitergabe   von   Systemdaten   und   Zeichnungen,   die   zu   einem  unerlaubten  Nachbau  des  Balancers  der  Klägerin  führten.  Nach   dem   Ergebnis   der   durchgeführten   Beweisaufnahme   steht   zur   Überzeugung   des  Senats  fest,  dass  die  Klägerin  den  Balancer,  wie  er  ab  2001  von  ihr  an  die  Beklagte  geliefert  wurde,  aufgrund  ihres  eigenen,  exklusiv  von  ihr  entwickelten  und  bereits  vor  dem  Jahr  2000  verwendeten  Produktdesigns  hergestellt  hat.  Das  Design  des  von  der  Firma  L  für  die  Beklagte  produzierten  Balancers  stellt  eine  Nachahmung  des  Designs  der  Klägerin  dar.  Nicht  bestätigt  hat   sich  die  Behauptung  der  Beklagten,  der  von  der  Klägerin  gelieferte  Balancer  sei,  abgesehen  von  3  kleinen  von  der  Beklagten  vorgeschlagenen  Änderungen,  vollständig  von  der  Firma  A  konzipiert  gewesen.  Der  gerichtlich  bestellte  Sachverständige,  Prof.  Dr.  Ing.  T  G  kommt  in  Zusammenarbeit  mit  Prof.  Dr.   Ing.  B   in   seinem  schriftlichen   Sachverständigengutachten  vom  27.05.2015   zu  dem   Ergebnis,   dass   bei   der   Konstruktion   des   F/L-‐‑Balancers   mit   höchster  Wahrscheinlichkeit  nicht  nur  die  Zeichnungssätze  der  M-‐‑Konstruktion  vorgelegen  haben  müssen,  sondern  auch  das  CAD-‐‑Datenmodell.  Somit  ist  die  F/L  Konstruktion  als  eine  von  der  M-‐‑Balancer-‐‑Konstruktion  abhängig  entwickelte  Konstruktion  zu  betrachten.  Die   Begutachtung   durch   den   Sachverständigen   erfolgte   anhand   eines   Vergleiches   der  Zeichnungssätze  von  M  (  Zeichnung  Nr.  500  142  0)  mit  denen  von  F/L  (Zeichnung  Nr.  8  E5G  -‐‑  6K361-‐‑AA).  Der  Sachverständige  hat  die  Fragen  jeweils  konkret  beantwortet.  Er  ist  

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    von  zutreffenden  Anschlusstatsachen  ausgegangen,  den  jeweiligen  Zeichnungssätzen,  die  dem  Gutachten  als  Anlage  beigefügt  sind.  Der  Sachverständige  hat  die  Aufgabenstellung  verstanden  und  sein  Gutachten  nachvollziehbar,  plausibel  und  widerspruchsfrei  erstellt.  Er   hat   seine   Vorgehensweise   erläutert,   nämlich   anhand   welcher   Kriterien   die  entsprechenden  Bauteile  zu  vergleichen  sind  (Einzelteile,  Zusammenbau,  Zeichnungen).  Aufgrund   der   Zeichnungszusammenstellungen   hat   er   4   Ebenen   ermittelt   und   im  Einzelnen   auf   jeder   Ebene   die   Balancer   miteinander   verglichen.   Dieser   Vergleich   ist  sowohl   schriftlich   als   auch   tabellarisch   erfolgt   (Anhang   8).   Zum   Vergleich   der  Konstruktionsmerkmale   sind   Kategorien   gebildet   worden   -‐‑aus   möglichen   Vorgaben  gleiche  oder  gleichartige  Merkmale  (VgM)  blau,-‐‑ungleiche  Merkmale  (UN)  grün-‐‑,  gleiche  Merkmale,  die  nicht  konstruktionsbedingt  sind  (GM)  rot.  Der  Sachverständige  begründet  sein  Ergebnis  mit  den  gleichen  Merkmalen,  die  nicht  konstruktionsbedingt   gleich   sind  beim  Gehäuse  und  bei  den  Wellen  inklusive  Verzahnung.  Dies  ist  anschaulich  erkennbar  beim   Übereinanderlegen   der   Zeichnungen   (Anhang   8.2.).   Die   Konstruktionswelle-‐‑Zahnrad  ist  sehr  ähnlich  bis  gleich.  So  ist  der  Querschnitt  der  Unwuchtgewichte  nahezu  identisch   (Anhang   8.4).   Bei   der   Zahnradgeometrie   sind  Werte   wie   Zähnezahl,   Modul,  Eingriffswinkel  und  Streckungswinkel  identisch.  Das   Gutachten   ist   auch   vollständig,   insbesondere   nach   der   ausführlichen   mündlichen  Erläuterung  des  Gutachtens  im  Termin  vom  29.09.2015.  Hierbei  hat  der  Sachverständige  sämtliche  Beweisfragen  beantwortet.  Auftragsgemäß  hat  sich  der  Sachverständige  ferner  mit  dem  von  der  Klägerin  vorgelegten  Vergleich  des  von  M  entwickelten  Modells  mit  dem  von  M  verwendeten  Modell  (Anlage  K  14)  und  der  von  der  Beklagten  vorgelegten  Stellungnahme  des  Sachverständigen  Dr.  D  (Anlage   K   15/Beklagtenordner)   auseinandergesetzt.   Prof.   Dr.   Ing.   G   bewertet   den  Vergleich   in   Anlage   14   als   neutral   und   richtig,   soweit   dies   anhand   der   vorgelegten  Unterlagen  nachvollzogen  werden  könne.  In  der  E-‐‑Mail  des  Herrn  Dr.  D  vom  7.  12.  2006  (Anlage  15)  werden  4  Unterschiede  in  den  Konstruktionen  von  M  und  M  hervorgehoben,  die  in  der  Anlage  näher  erläutert  würden.  Es  lägen  keine  Angaben  vor,  welche  Unterlagen  oder   welcher   Konstruktionsstand   Grundlage   dieser   Beurteilung   gewesen   sei.   Die  Ähnlichkeit  der  Gehäuseteile  werde  mit  der  gemeinsamen  Entwicklung  begründet.  Dieser  Sachverhalt   entziehe   sich   dem   Beurteilungsvermögen   der   beauftragten  Sachverständigen.  Wellen  und  Zahnräder  seien  unterschiedlich.  Dies  sei  zwar  unstreitig,  aber   allein   der   Tatsache   geschuldet,   dass   bei   M   Zahnrad   und   Welle   als   Einzelteile  hergestellt  und  anschließend  montiert  würden  und  bei  M  einstückig  hergestellt  werde.  Auf  dieselben  Geometrien  einiger  Bauteile  werde  hier  in  keiner  Weise  eingegangen.  Der  Sachverständige   kommt   zu   dem   Ergebnis,   dass   die   Anlage   K   15   den   gutachterlichen  Feststellungen  nicht  entgegensteht.  Im  Ergänzungsgutachten  vom  04.09.2015  bestätigt  der  Sachverständige  seine  bisherigen  Feststellungen.   Er   befasst   sich  mit   den   weiteren   Fragen   der   Beklagten,   formuliert   im  Schriftsatz   vom   30.7.2015   .   Als   Anlage   BK   12  waren   Zeichnungen   des  M  Motors   vom  14.7.2000   (   Zeichnungsnummer   3L8G..)   beigefügt.   Hierzu   führt   er   aus,   dass   diese  Zeichnung  nicht  die  ursprüngliche,  problembehaftete  Konstruktion  sei  und  damit  für  die  Fragestellung   nicht   relevant.   Die   Zeichnung   (Zeichnungsnummer   3M4   G-‐‑...)   vom   08.  09.1999   zeige   die   problembehaftete   Konstruktion.   Diese   Zeichnung   weise   die   drei  wesentlichen   Unterscheidungsmerkmale   zu   der   M-‐‑Konstruktion   auf:   -‐‑dreiteiliges  Gehäuse,  völlig  andere  Rippenstruktur,  Zahnräder  der  Ausgleichswellen  mit  25  Zähnen  und  Modul   2   statt   37   Zähne  und  Modul   1,35.   Auf   dieser   Zeichnung   links   unten   sei   zu  erkennen,  dass  es  sich  um  eine  Konstruktion  von  A  handele.  Auf  der  Zeichnung  3L8  G...  

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    (Anlage  BK  12),  gebe  es  keine  Hinweise  von  welchem  Zulieferer  die  Konstruktion  stamme.  Eine  andere  Bewertung  könne  deshalb  nicht  vorgenommen  werden.  Dass  der  Sachverständige  Frage  2  und  3  der  Beklagten  nicht  beantworten  kann,  weil  er  keine  Kenntnis  von  den  Lastenheften  der  Konstruktionen  und  Randbedingungen  einer  möglichen  Kooperation  hat,  ist  unschädlich.  Der  Sachverständigenauftrag  bezog  sich  auf  einen  Vergleich  der  Konstruktionen  anhand  der  eingereichten  Zeichnungen  der  beiden  Balancer.  Diesem  Auftrag  ist  der  Sachverständige  nachgekommen.  Ungleiche   Merkmale   (UM)   und   durch   Randbedingungen   oder   vom   Auftraggeber  vorgegebene   Merkmale   (VgG)   könnten   nicht   zur   Beantwortung   der   Frage,   ob   eine  Konstruktion   von   einer   anderen  unabhängig   entstanden   sei   oder  als  Kopie   angesehen  werden   müsse,   herangezogen   werden.   Auch   der   Anteil   dieser   Merkmale   an   der  Gesamtzahl   der   Merkmale   diene   nicht   zur   Beantwortung   der   Fragestellung.   Nur   die  Anzahl   und   die   Ausprägung   der   gleichen   Merkmale   (GM)   lasse   eine   logische  Schlussfolgerung  zu,  ob  eine  Konstruktion  abhängig  von  einer  anderen  entstanden  ist.  Entsprechend  der  Konstruktion  des  Balancers,  der  zwei  Verzahnungen  aufweist  zwischen  Kurbelwelle  und  Balancer  sowie  zwischen  den  beiden  Ausgleichswellen,  differenziert  der  Gutachter.  Erstgenannte  Verzahnung  sei  im  Gutachten  als  durch  Randbedingungen  oder  vom   Auftraggeber   vorgegebenes   Merkmal   deklariert   worden.   Allerdings   müsse   die  Verzahnung  zwischen  den  Ausgleichswellen  bei  unterschiedlichen  Konstruktionen  nicht  zwangsläufig   gleich   sein.   Bei   einer   Neukonstruktion   würde   sie   durchaus   andere  Verzahnungsparameter  aufweisen.  Der  Sachverständige  erklärt  des  weiteren,  dass  ein  M-‐‑CAD-‐‑Datensatz  zur  Ableitung  der  Zeichnungen  bei  der  L-‐‑Konstruktion  mit  höchster  Wahrscheinlichkeit  vorgelegen  haben  müsse,  weil  sich  bei  einem  Vergleich  der  beiden  Konstruktionen  gezeigt  habe,  dass  nicht  nur   die   Rippenstruktur   des   Gehäuses   identisch   ist,   sondern   das   ebenfalls   die   so  genannten   Lichtkanten   völlig   identisch   sind.   Dass   zwei   Konstrukteure   unabhängig  voneinander   die   identische   Rippenstruktur   für   ein   Bauteil   vorsehen,   sei   schon   sehr  unwahrscheinlich.   Dass   beide   für   diese   Rippen   auch   die   gleichen   Abrundungen   und  Übergangsradien  vorsehen,   gelte   als   äußerst  unwahrscheinlich.  Ein  Reversengineering  bei  der  Erzeugung  der  Zeichnung  der  L-‐‑Konstruktion  könne  ausgeschlossen  werden.  Das  gleiche  Merkmal  „Nutzung  einer  Kugel  zur  Abdichtung  einer  Ölbohrung“  sei  zwar  in  der  Tabelle  aufgeführt,  aber  nicht  für  die  Schlussfolgerung  im  Gutachten  herangezogen  worden.  Es  habe  lediglich  der  Vollständigkeit  des  Vergleichs  gedient.  Abschließend   stellt   der   Sachverständige   in   seiner   mündlichen   Anhörung   fest,   dass  grundlegende   Unterschiede   zwischen   der   Konstruktion   der   Firma   M   und   der  Konstruktion  der  Firma  A  vorliegen.  Zu  dieser  Bewertung  kommt  der  Sachverständige  auch   aufgrund   eines   Vergleichs   der   beiden   Modelle,   die   sich   als   Hardware   vor   dem  Gutachtertisch   befunden   haben.   Der   Sachverständige,   der   während   der   gesamten  Beweisaufnahme   zugegen   war,   nimmt   auch   Bezug   auf   die   Aussagen   der   zu   diesem  Zeitpunkt  bereits  vernommenen  Zeugen  der  Klägerin,  die  beträchtliche  Unterschiede  in  der  Konstruktion  von  M  zu  der  der  Firma  A  angegeben  haben.  Diesen  Aussagen  stimmt  er  zu.  Nach  den  schriftlichen  und  mündlichen  Ausführungen  des  Gutachters  ist  der  Senat  davon  überzeugt,   dass   der   von   der   Firma   L   für   die   Beklagte   produzierte   Balancer   eine  Nachahmung  des  Design  der  Klägerin  darstellt.  Der  Senat  schließt  sich  den  Ausführungen  des  Sachverständigen  an  und  macht  sich  diese  zu  eigen.  Für  das  Beweisergebnis  spricht  

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    ein  so  hoher  Grad  von  Wahrscheinlichkeit,  dass  vernünftigerweise  in  Betracht  kommende  Zweifel   ausgeschlossen   sind.   Dass   der   Sachverständige   die   im   Gutachten   festgestellte  „höchste  Wahrscheinlichkeit“   auf   Nachfrage   im   Termin  mit   90%   bewertet,   steht   dem  nicht  entgegen.  Es  besteht  keine  Beweismaßregel,  die  besagt,  dass  ein  Prozentsatz  von  95%%  oder  mehr  zur  Überzeugungsbildung  nötig  ist.  Das  Beweisergebnis  wird  vervollständigt  und  bestätigt  durch  die  glaubhaften  Aussagen  der  Zeugen  V  S  und  J  T,  die  detailliert  und  widerspruchsfrei  den  Sachverhalt  geschildert  haben.  Der  Zeuge  V  S  hat  bekundet,  dass  der  Balancer,  der  von  der  Firma  M  an  F  geliefert  worden   sei,   auf   der   Basis   einer   M-‐‑  Entwicklung   hergestellt   worden   sei.   Es   habe   eine  Vorgängerentwicklung  der  Firma  A  gegeben,  die  aber  ganz  anders  gewesen  sei  und  die  die   Funktionen   nicht   erfüllt   habe.   Es   seien   die   Zeichnungen   von  M,   einschließlich   der  Toleranzen  und  Maße  gewesen,  die  von  der  Firma  A   in  das  System  eingestellt  worden  seien.  Die  Firma  A  habe  keine  eigenen  Änderungen  vorgenommen.  Der  Zeuge  ist  in  der  Lage,  genaue  Angaben  zu  den  Unterschieden  der  beiden  Balancer  zu  machen.  Er  kann  sich  konkret   an   eine   Power-‐‑Point   Präsentation   des   Balancers   von   M   am   27.   März   2000  erinnern,   bei   dem   dieses   Modell   dem   von   A   gegenüber   gestellt   wurde.   Der   Zeuge  überreicht   hierzu   einen   Schnellhefter.   Gleiches   bekundet   der   Zeuge   J   T,   der   von   einer  nicht  funktionierenden  Variante  eines  Balancers  der  Firma  A  spricht.  Hier  habe  die  Firma  M  Veränderungen  vorgenommen.  Jegliche  Toleranzen  seien  neu  festgelegt  worden.  Nur  die   vorhandenen  Parameter  wie   zum  Beispiel   „Montage   in   der  Ölwanne,   die   Lage   der  Kurbelwelle   oder   den   Lagerrahmen   oder   wo   die   Ölpumpe   saß“,   seien   vorgegeben  gewesen.  Der  Zeuge  R  W  bekundet  ergänzend,  dass  die  Klägerin  die  Drehfehleranalyse  neu   eingeführt   habe.   Anhaltspunkte,   die   gegen   eine   Glaubwürdigkeit   der   Zeugen  sprechen  könnten,  liegen  nicht  vor.  Die   Zeugen   der   Beklagten,   Dr.   H   und   N   G   können   die   glaubhaften   Aussagen   der  klägerischen  Zeugen  nicht  entkräften.  Vielmehr  bestätigt  der  Zeuge  Dr.  H,  dass  Herr  Mi  das  Problem  der  Geräuschentwicklung  beim  A  Modell  des  Balancers  sehr  schnell  erkannt  und   Vorschläge   zur   Geräuschminimierung   unterbreitet   habe.   Die   Vorschläge   für   die  Hauptänderungen  seien  von  M  gekommen.  Vorschläge  der  Firma  A  zur  Verbesserung  des  Balancers  habe  es  nicht  gegeben.  Der  Zeuge  N  G  kennt  keine  Verbesserungsvorschläge  von  A.  Er  kann  sich  insbesondere  daran  erinnern,  dass  die  Zusammenarbeit  mit  der  Firma  M  nicht  zur  vollen  Zufriedenheit  geführt  habe,  weil  die  angedachten  Kostensenkungen  nicht  durchgeführt  worden  seien.  Das  Verfahren  der  Firma  M  sei  ziemlich  kostenintensiv  und  aufwändig  gewesen.  Die  Firmen  L  und  O  hätten  Änderungen  zur  Kostenreduzierung  umgesetzt.  Die  Aussage  des  Zeugen  G,  Herr  H  von  der  Firma  M  hätte  ihm  vor  kurzem  bestätigt,  dass  die  Zeichnungen,  nach  denen  später  die  Firma  O  und  auch  die  Firma  L  gefertigt  habe,  von  der  Firma  M  stammen  würden,  beweist  nicht,  dass  es  sich  hierbei  um  eigene  Zeichnungen  der   Firma   M   gehandelt   hat.   Vielmehr   ist   nach   den   obigen   Ausführungen   davon  auszugehen,   dass   diese   Zeichnungen   den   Zeichnungen   der   Firma   M   vollständig  entsprechen.  Der   nachgeschobene  Beweisantrag   der  Beklagten   im   Schriftsatz   vom  21.09.2015,   eine  Woche  vor  dem  Termin  zur  mündlichen  Verhandlung  am  29.9.2015,  zur  Vernehmung  des  Zeugen  S  H,  zu  laden  über  die  M  M  C  in  Hiroshima,  Japan  ist  gemäß  §§  530,  296  Abs.1,  Abs.4   ZPO   verspätet   und   nicht   beachtlich.   Zudem   wird   von   der   Beklagten   nicht  vorgetragen,   dass   den   von   der   Firma   M   weitergegebenen   Zeichnungen   eine   eigene  Entwickungsleistung  oder  Bearbeitung  der  vorhandenen  Pläne  der  Firma  M  zugrunde  lag.  

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    Eine  bloße  „Fertigung“  der  Zeichnungen  durch  die  Firma  M  würde  nicht  ausreichen,  die  Feststellungen  der  Sachverständigen  in  Zweifel  zu  ziehen.  Die  Beklagte  haftet  letztendlich  auch  dafür,  dass  die  Zeichnungssätze  der  Firma  M  über  die  Firma  M  an  die  Zulieferer  O  und  L  gelangten.  Bereits  nach  dem  eigenen  Vortrag  der  Beklagten  hat  die  Firma  M  Zeichnungen  erstellt,  die  zunächst   der   Firma   O   und   dann   der   Firma   L   für   die   Herstellung   von   Balancern   zur  Verfügung   gestellt   wurden.   Die   Beklagte   erhielt   diese   Zeichnungen   von   M   für   ihren  Zulieferer  L.  Nach  dem  Ergebnis  der  Beweisaufnahme  steht  fest,  dass  L  im  Besitz  der  Zeichnungssätze  der   Klägerin   war   und   auch   das   CAD-‐‑   Datenmodell   kannte.   Es   liegt   eine   vertragliche  (Neben-‐‑)  Pflichtverletzung  vor.  Der  Zeuge  J  S  nahm  im  Juni  2000  technische  Zeichnungssätze  mit  dem  Balancer  Design  der  Klägerin  mit  nach  Japan,  wo  er  sie  anlässlich  einer  Besprechung  am  29.06.2000  an  M  übergab.   Im  Folgenden  wurde  vereinbart,  die  Pläne  der  Klägerin   in  die  elektronischen  Datenübertragungssysteme   der   Beklagten   zu   übertragen.   Diese   bestanden   zum  damaligen  Zeitpunkt   im  Wesentlichen  aus  dem  so  genannten  W-‐‑System,  einschließlich  der  W-‐‑Intranet-‐‑Homepage   und  Metaphase.   Bei  W  handelt   es   sich   um  das   Fordinterne  Datensystem  für  die  Freigabe  von  Teilen.  Auf  die  separate  W-‐‑Intranet-‐‑Homepage,  auf  der  Dokumente   und   Zeichnungen   hinterlegt   werden   können,   gelangen   die   Nutzer   des  Systems  über  einen  Link.  Aufgrund  der  Kooperation  von  F  und  M  konnten  sowohl  F  -‐‑  als  auch  M  -‐‑  Mitarbeiter  auf  die  entsprechenden  Aktivitäten  in  W  zugreifen.  Der  Zeuge  S  hat  glaubhaft   bekundet,   dass   M   zunächst   nicht   selbst   selbst   in   der   Lage   gewesen   sei,  Zeichnungen  in  das  Zeichnungssystem  von  F  im  Computer  einzugeben  und  dass  dieses  zunächst   die   Firma   A   übernommen   habe.   Später   habe   M   die   Eingabe   mithilfe   des  Dienstleisters,  der  Firma  A,  vorgenommen.  Das  erste  Design  sei  im  Juni  2002  an  die  Firma  M  übersandt   und   von  der   Firma  A   in  das  Computerprogramm  der   Firma  F   eingestellt  worden.   Ab   2000   bis   2005   habe   M   Zeichnungen   an   M   geschickt.   Alle  Konstruktionsunterlagen,   Zeichnungen   und   auch   3-‐‑D-‐‑Un-‐‑terlagen   seien   jeweils   in   das  Konstruktionssystem  G3P  der  Firma  F  eingestellt  gewesen.  Bei  der  Zeichnung  der  Firma  M,  die  Grundlage  für  die  Nachahmung  des  Balancers  für  die  Firmen  O  und  L  war,  handelt  es  sich  der  inhaltlichen  Substanz  nach  um  eine  solche  der  Klägerin,  wie  oben  bereits  näher  ausgeführt.  Aus  einer  Eintragung  in  das  Netzwerk  W  vom  06.03.2006  (Anlage  K  16)  ergibt  sich,  dass  ein  „alternativer  Lieferant“  die  weitere  Belieferung  mit  Balancern  auf  Grundlage  der  von  der  M  AG  zur  Verfügung  gestellten  Zeichnungen  durchführen  kann.  Es  wird  dann  weiter  ausgeführt,  „dass  unser  Team  hohes  Vertrauen  habe,  dass  der  Zulieferer  in  der  Lage  sein  werde,   die   Balancer   „gebaut   nach   Zeichnung“   aufgrund   der   bestehenden   M-‐‑Komponenten-‐‑Zeichnungen  (C11714240)  zu   liefern.“  Der  Concern  (=  Designänderung)  C11714240,   auf   den   die   Anlage   K   16   Bezug   nimmt,   beschreibt   den   Vorgang,   der   den  geänderten   Balancer   der   Klägerin   betrifft.   Die   Zeichnungen   von  M  waren   jeweils   mit  einem  Schriftzug  der  Firmen  M  und  F  versehen.  Ferner  ist  der  E-‐‑Mail  vom  25.  Januar  2005  (Anlage  K  113)  zu  entnehmen,  dass  der  M-‐‑Mitarbeiter  Herr  H  gegenüber  der  Beklagten  bestätigt   hat,   dass   die   von   der   Klägerin   stammenden   Designänderungen   unter   der  Nummer  C11714204  freigegeben  worden  seien.  Wie  der  Zeuge  N  G  glaubhaft  bekundet  hat,  ist  die  Freigabe  durch  die  Firma  M  nach  den  Vorgaben  der  Firma  F  in  dem  W-‐‑System  erfolgt.  Zuvor  habe  eine  von  der  Firma  F  vorgegebene  Checkliste  erfüllt  sein  müssen.  

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    Unerheblich  ist,  dass  die  Beklagte  nicht  selbst  Zeichnungen  oder  Produktionsunterlagen  der  Klägerin  in  das  Computernetzwerk  W  eingestellt  und  weitergeleitet  hat.  Sie  hat  sich  das  Verhalten  von  M  zurechnen  zu  lassen.  Eine  umfassende  Haftung  des  Schuldners  für  Dritte,  die  er   in  die  Vertragsabwicklung  eingeschaltet  hat,  ergibt  sich  aus  Art.  79  Abs.1  und  Art.  79  Abs.2  CISG.  Diese  Vorschrift  ist  Ausdruck  eines  allgemeinen  Prinzips,  dass  sich  der   Schuldner   das   Verhalten   von   Dritten   zurechnen   lassen   muss,   derer   er   sich   zur  Durchführung  des  Vertrages  bedient.  Der  Schuldner  muss  sich  daher  nach  Art.  79  Abs.1,  Abs.2   CISG   auch   das   Wissen   von   eigenen   Leuten,   sonstigen   Erfüllungsgehilfen,  Erfüllungsübernehmen  und  Zulieferanten  zurechnen  lassen.  Nach  Maßgabe  des  Art.  79  Abs.   2  CISG  haftet  der   Schuldner   auch   für   sogenannte  Erfüllungsübernehmer,   d.   h.   für  Dritte,  denen  er  die  Erfüllung  des  Vertrages  oder  eines  Teil  des  Vertrages  übertragen  hat.  (Schlechtriem/Schwenzer,  Kommentar  zum  CISG,  6.  Auflage  2013,  Art.  79,  Rn.34,  40).  Zur  Erfüllung   der   zwischen   den   Parteien   am   11.01.2001   geschlossenen  Produktionsvertrag/Langzeitvereinbarung  bediente  sich  die  Beklagte  der  Firma  M,  die  die  technische  Verantwortung  für  das  Projekt  „  I.4.  Balancer“  innehatte.  M  war  von  F  mit  der  Entwicklung  e