Alle Ziele, Katerina Kuznetcowa, Alexander Edisherov

101

description

Kunstbuch, Katalog

Transcript of Alle Ziele, Katerina Kuznetcowa, Alexander Edisherov

ALLE ZIELE

KATERINA KUZNETCOWAALEXANDER EDISHEROV

Wir bedanken uns herzlich für Möglichkeiten, Inspirationen, Motivationen und Reaktionen.

Our sincere thanks for the opportunities, inspirations, motivations and reactions.

Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov

10

„ALLE ZIELE” GESCHENKE FÜR VIERSEN

Die Bildhauer Katerina Kuznetcowa und Alexander Edi-sherov beschäftigten sich in ihrer Arbeit intensiv mit den Viersener Gegebenheiten, mit der Stadt und ihren Menschen, Plätzen und Traditionen. Eine Herangehensweise, die für das künstlerische Arbeiten des Duos prägend ist. In der Regel entstehen über diese intensive Recherche ortsbezogene Ar-beiten im öffentlichen Raum. Während des Aufenthalts im Rahmen des Stipendiums haben die Künstler eine Reihe von Interventionen erarbeitet, von denen sich aus Gründen der Machbarkeit und zeitlichen Umsetzung nur einige realisieren ließen.

Intensives Wahrnehmen und Erforschen des kulturellen Lebens in der niederrheinischen Stadt und die Teilnahme an zahlreichen Veranstaltungen sowie die Kontaktpflege zur Bevölkerung vor Ort sind neben der Erforschung des Natur-raums Niederrhein für das Künstlerpaar eine Quelle der Inspiration zur Entwicklung und Realisierung der Viersener Arbeiten, den „Skulturen”.

Als ein Pendant zu dem Viersener Bilderbogen des Ver-eins für Heimatpflege Viersen e.V. − hier werden typische Viersener Motive von renommier-ten Viersener Fotografen in Reihung als Plakatmotiv großformatig präsentiert − will das Künstlerpaar realisierte Arbeiten und fiktive Motive als Foto-grafie in die Form des Bilderbogens geben. Sie greifen somit

ein vorhandenes, etabliertes und bekanntes Medium auf, um künstlerisch zu agieren.

„Skultur – Bismarckturm” Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov wählten den Bismarckturm als Ort für ihre erste temporäre Intervention im Viersener öffentlichen Raum.

Der nach dem Entwurf „Götterdämmerung” von Wilhelm Kreis gebaute Turm befindet sich am höchsten Punkt der Stadt Viersen (84.94 m über NN), dem Naherholungsgebiet Hoher Busch.

Der über 18 Meter hohe Turm ragt über die Anhöhe des Laubwaldgebietes hinaus. Vor rund 110 Jahre eingeweiht, ist die Architektur des Turmes weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar. Basis des Turmes ist ein quadratisches Podest, mit Podeststufen und dem quadratischen Turmsockel. Wie bei den 47 erbauten Bismarcktürmen nach dem Entwurf „Göt-terdämmerung” üblich, folgen die Dreiviertelsäulen, die von aufliegenden Balken (Architrav) zusammengehalten werden. Die Aussichtsplattform des Turmes ist an bestimmten Tagen (u. a. beim Tag der Denkmalpflege) heute noch für Besucher zugänglich. Ein Monumentalbau inmitten einer Naturland-schaft.

11

Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov setzen dieser markanten, historisch aufgeladenen Architektur für ca. zwei Wochen eine temporäre „Leichtigkeit” entgegen. Ihre kün-stlerische Intervention besteht aus einem Drahtgeflecht, welches mit 42 roten Windspielrädern versehen ist und auf der Aussichtsplattform montiert wird.

In der Wahrnehmung des Betrachters vermischt sich die Tradition des historischen, architektonisch markanten Bis-marck-turmes mit zeitgenössischem Material von Gitterstä-ben und Plastikwindrädern, das an ein Kinderspielzeug erin-nert. Die durch den permanenten Wind der Anhöhe ständig in Bewegung befindlichen roten „Windmühlchen” scheinen zwischen dem Drahtgeflecht zu schweben und verleihen dem Turm somit eine Leichtigkeit.

Zahlreiche Besucher des Hohen Buschs sind insbesondere durch die akustische Irritation der rotierenden Windräder auf die Arbeit aufmerksam geworden.

„Skultur Strohballen”Als zweiten Ort wählte das Künstlerpaar die prominente Wiese gegenüber dem „Forum”, im Herzen der Stadt Viersen, vis-à-vis der politischen und verwaltungsmäßigen Schaltzen-trale der Stadt. Die freie Wiesenfläche umfasst rund 5.000 Quadratmeter und ist im Westen umsäumt von einer zierli-

chen Baumreihe an einer Anhöhe. Im Sommer ist das Wap-pen der Stadt als Zierbepflanzung angelegt, ansonsten ist die Fläche als freier Raum erfahr- und begehbar.

Mit einer temporären Setzung (während der Ernte im Sommer 2011) von drei Rundballen, die wie zufällig in Er-scheinung tretende Objekte die Wiese „zieren”, irritieren die Künstler mit eigentlich Alltäglichem. Während parallel auf zahlreichen Feldern in der Umgebung Viersens die riesigen Ballen mit einem Durchmesser zwischen 1,20 Meter und 1,80 Meter als Ernteattribut wahrnehmbar sind, vom Betrachter jedoch kaum realisiert werden, da alltäglich und vermeintlich zum landwirtschaftlich geprägten Umfeld gehörend, irri-tieren die ebenso großen und knapp 1.000 kg schweren Ballen mitten in der Innenstadt an zentralem Platze umso mehr. Ge-sondert gesichert, mit Stahlrohren abgefedert, schei-nen sie wie selbstverständlich an den zentralen Ort gelangt zu sein.

„Skultur Webhaus”Schon der Titel dieser viertägigen Intervention im öffentli-chen Raum lässt Erinnerungen an die Hochzeit der Viersener Textilindustrie aufkommen. Die Wahl des Aufstellungsortes unterstreicht die historische Assoziation. Die Bildhauer wählten in Kenntnis der Viersener Stadtgeschichte den Platz zwischen dem heutigen Kreishaus und der Städtischen

12

Galerie im Park für ihre Arbeit aus, ein Ort in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Firmengeländes des sogenannten Tex-tilbarons Freiherr von Diergardt, einer der bedeutendsten Textilunternehmer in Viersen.

Durch rechteckige Anordnung und Stapelung leerer Obst- und Gemüsekisten entsteht die geometrische Grund-form eines Quaders. Die Kisten erhalten ihre Standfestig-keit, auch in rund drei Metern Höhe, durch eingewobene rote Stoffbänder. Diese erzielen in uniformer Webtechnik nicht nur die statische Standfestigkeit, die für den öffentli-chen Raum unabdingbar ist, sie verleihen dem hölzernen Kistenmaterial eine ornamentale Struktur. Im Verbund mit den durch die Stapelung und Webung entstandenen Sichten und Durchsichten bekommt das „Webhaus”eine filigrane Struktur aus geometrischen Formen, Rechtecken, Quadraten und Rauten in unterschiedlichen Größen. Assoziationen von

Großstadthochhäusern à la Manhattan bis hin zu reiner Wah-rnehmung der geometrischen Formen sind in der Rezeption dieser Arbeit gewünscht. Die rote Grundfarbe, die im Œuvre von Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov eine be-sondere Evidenz hat, prägt auch diese Arbeit.

Weitere temporäre Interventionen im öffentlichen Raum folgen. Alle Arbeiten haben gemein, dass sie den Betrachter irritieren, fesseln, faszinieren, aufmerksam werden lassen, da sich etwas am gewohnten Bild der Stadt, im konkreten Umfeld, verändert hat. Die Künstler verschenken mit ihren „Skulturen” ihre Achtsamkeit auf besondere Orte und Bege-benheiten und ihren Humor. Sie machen für einen Moment aufmerksam auf das Besondere − dafür danken wir!

Tanja Muschwitz

14

„ALL AIMS” – gIFtS FOR VIERSEn

In their works, sculptors Katherina Kuznetcowa and Alexander Edisherow focus intensely on Viersen’s civic milieu as well the city’s residents, squares and traditions. This is characteristic of the artist couple’s approach to their work. Their in-depth research usually culminates in works with a specific reference to the locality and presented in a public space. During their time as artists-in-residence, they concentrated on a series of interventions, although due to feasibility and the timescales involved, they were unable to realize all of their plans.

The source of their development and implementation of their works in Viersen – entitled ‘Scultures’ – are deta iled observations and research into the cultural life of this Lower Rhine city. Here, they joined in numerous events and made contact with the local population of Viersen as well as ex-plored the natural environment of the Lower Rhine region.

As a counterpart to the Viersen picture cycle – a poster edition by the “Verein für Heimatpflege Viersen e.V.”, where typical Viersen motifs by respected Viersen photographers are displayed as a sequence of large-format poster motifs – the two artists intended to show their own picture cycle as finished works and fictional motifs in photographic form. Thus, they reference an existing, established and familiar me-dium to act artistically.

‘Sculture – Bismarck Tower’Katherina Kuznetcowa and Alexander Edisherow chose the Bismarck Tower as the venue for their first temporary inter-vention in Viersen’s public space.

The tower, which was constructed according to Wilhelm Kreis’ ‘Götterdämmerung’ architectural plans, is located at Viersen’s highest point (84.94 m above sea level) and in the local recreation area of ‘Hoher Busch’. The tower stands over 18 metres tall, soaring high above the summit of this woodland area. Inaugurated over 110 years ago, the tower’s architecture is visible well beyond the city limits. The base of the tower is set on a square pedestal with a sequence of steps and square plinth. Similar to 47 similar Bismarck towers built according to the ‘Götterdämmerung’ scheme, the tower’s three-quarter columns are supported by architrave capitals. On certain days, the tower’s viewing platform (for instance, official days commemorating monument preservation) is even now still temporarily closed to visitors. Nonetheless, this structure is on a monumental scale and nestled in unspoiled natural landscape.

For about two weeks, Katherina Kuznetcowa and Alex-ander Edisherow juxtaposed this distinctive and historically symbolic architecture with temporary ‘lightness’.

15

Their artistic intervention comprises a wire mesh decorated with 42 red windmills and assembled on the viewing platform.

In the eyes of the beholder, the tradition of the historical and architecturally distinctive Bismarck Tower is merged with the contemporary material of metal meshes and plastic wind-mills reminiscent of children’s toys. The small red windmills – permanently set in motion due to the wind at the summit – appear to be suspended between the wire mesh, thus lending a certain ‘lightness’ to the tower.

Countless visitors to this local area of natural beauty at Hoher Busch were especially alerted to this work because of the irritating sound of the rotating windmills.

‘Sculture – Straw Bales’As their second location, the artist couple chose the meadow right opposite the ‘Forum’ in the heart of the city of Viersen. This venue directly faces the city’s political and administrative hub.

The open space of the meadow comprises about 5,000 square metres and is bordered on the western side by an or-namental row of trees on a gentle slope. In the summertime, ornamental plants present the city’s coat-of-arms with a unique floral display; otherwise, this area is accessible to eve-ryone as a public recreational space.

Temporarily putting in position (at harvest-time in late summer 2011) three round straw bales, which ‘adorn’ the meadow, and apparently emerged by chance, the artists make a provocative statement with what is actually quite ordinary. Many fields in the locality of Viersen are scattered with ubiquitous giant straw bales measuring between 1.20 m and 1.80 in diameter and symbols of the harvest; these are hardly noticed by onlookers. They are normal features of the agricultural landscape. Yet, the same large-size, almost 1,000 kg heavy straw bales placed in the heart of the inner city and at a central hub produced a sense of irritation.

Specially secured, with steel-sprung rods, these straw bales seem to have naturally appeared at this inner-city loca-tion.

‘Sculture – Weaver’s House’The title of this four-day intervention in the public space al-ready evokes memories of Viersen’s textile industry in its hey day. The choice of the installation’s location underscores the historical association. Sensitive to Viersen’s civic history, the sculptors chose the square between the present-day munici-pal headquarters and the “Städtische Galerie im Park” as the venue for their work. This site is in the immediate vicinity of the former company premises of the so-called textile baron,

16

Freiherr von Diergardt, one of Viersen’s most renowned and successful textile entrepreneurs.

The triangular arrangement and stack of empty fruit and vegetable crates give the basic geometrical cuboid shape. The crates are kept secure – even at a height of about three metres – thanks to the interwoven red fabric tapes. Their uniform woven structure not only gives them a firm static base, which is essential for the public space, but also lends the wooden crates an ornamental quality. This combination of stacked crates and interwoven structure produces views of and through the ‘Weaver’s House’, thus creating a filigree construction of varying sizes of geometric shapes, triangles, squares and diamonds. ‘Welcome critical associations for this work are skyscrapers Manhattan style as well as pure percep-tion of geometric forms.

This work is also characterized by its basic red colour – a keynote for works by Katherina Kuznetcowa and Alexander Edisherow.

Other temporary interventions in a public space are planned. A common denominator for all works is how they provoke the viewer, leaving him or her spellbound, fascinated and awakening a sense of curiosity about the temporary al-teration to the cityscape’s otherwise concrete milieu. Thanks to their ‘scultures’, the artists bestow their keen attentiveness for specific places and circumstances as well as their sense of humour.

For a brief moment, they heighten our awareness of something special – and we sincerely thank them!

Tanja Muschwitz

SKULTUREN

18

StROHballEn

2011

V i e r s e n

Strohballen, Maße variabel

Straw bales, variable sizes

20

bISmaRCktuRm

2011

V i e r s e n

Metallgitter, farbige Folie, Maße variabel

Metal mesh, colour foil, variable sizes

22

WEbHauS

Holzkisten, Dekoband, Maße variabel

Wooden crates, decorative tape, variable sizes

2011

V i e r s e n

24

Mixed Media, Maße variabel

Mixed Media, variable sizes

tRaumzElt

2011

V i e r s e n

25

27

kunSt alS SymbIOSE

Die hier zu reflektierenden fünf Installationen wurden in den letzten sechs Jahren von Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov gemeinsam realisiert, bis auf das Werk „Fenster-schutz“ von Katerina Kuznetcowa, das jedoch wiederum auf eine gemeinsame Vorarbeit zurückgreift.

Künstlern sagt man nach – dies nicht zu Unrecht – sie seien große Individualisten. Mitunter gehen sie aber auch Symbiosen ein oder beeinflussen und fördern sich gegen-seitig. Die große Ausstellung „Künstlerpaare – Liebe, Kunst und Leidenschaft“, 2006 im Wallraf-Richartz-Museum in Köln gezeigt, mag diese Einschätzung unterstreichen, wenn auch die Mehrheit der dort präsentierten Künstlerpaare im engeren Sinne keine Gemeinschaftsarbeiten erstellen, wie z. B. Christo und Jean-Claude.

Wie auch die Hochschullehrer Maik und Dirk Löbbert von der Kunstakademie in Münster arbeiten deren Schüler Kuznetcowa und Edisherov seit geraumer Zeit gemeinsam, gewissermaßen unter einem einheitlichen Label. Mithin: Sie pflegen eine künstlerische Minderheitentradition. Aber sie stehen auch in einer weiteren Tradition, sich – wie bei den hier vorgestellten Werken – auf Vorgängerprojekte zu bezie-hen. Dies nicht als „Endlosschleife“, einer steten leichten Variation des Vorherigen, sondern mit ständigem Mate-rial- und Ortswechsel. „Die Arbeiten sind unter dem breit zu

verstehenden Begriff ‚Muster’ angeordnet“, so die beiden Künstler. Einem Musterbuch – bekannt aus der Tapeten- und Stoffproduktion – folgen sie und ihre Werke jedoch nicht, entstanden die Vorarbeiten doch an sehr unterschiedlichen Orten, z. T. auch mit anderen Materialen – und nehmen den-noch Bezug aufeinander.

So auch bei der Gemeinschaftsarbeit „Konglomerat“, die 2010 in Düsseldorf realisiert wurde. Hoch aufgestapelt und nächtlich lichtdurchflutet, dem optischen Anschein nach kopflastig, lassen Obst- und Gemüsekisten Anmutungen an New York, Rio, Tokio erkennen, an von innen mit Neonlicht illuminierte Wolkenkratzer, die zunächst in Manhattan das „Licht der Welt“ erblickten, von dort aus ihren Siegeszug in und über die Welt antraten, mit ihrer Stahlskelettbauweise. Von Stahl kann bei „Konglomerat“ jedoch keine Rede sein, vielmehr von einem hölzernen Abfallprodukt, das aber auch heutzutage noch für so manchen Kahlschlag sorgt. Diesen gab es auch schon früher, als Holz zum Bau von Hütte und Haus, von Schutzraum also, verwendet wurde, und so den Schutz-raumwald seiner Funktion beraubte. Und so wirft dieses Werk ein aufklärerisches Licht auf das Zusammenwirken von eitlem Höhenrausch und Bodenspekulation, von Schutz des Menschen und der Natur, was eigentlich kein Gegensatz sein dürfte. Es werden Phänomene unserer Massenwirtschaft an-

28

gesprochen, die immer zwei, wenn nicht mehr Seiten haben. Eine solche „Doppelseitigkeit“ – wenn auch anderen In-

halts – zeigt die Videoinstallation „Durch die Wand“, die hier auf einen großen Kistenstapel Menschen und Passanten als Treppensitzer projiziert wird. Aber: Es gibt eine zweite Ebene, eine Wand hinter den Kisten, die durch deren Zwischenräu-me und Ritzen ebenfalls mit Versatzstücken der vorgenann-ten Fotos beleuchtet wird. Auf- und Durchsichten, An- und Durchblicke, direkt und indirekt verknüpft und verbunden. Das eine ist offensichtlich nicht ohne das andere zu haben – zwei Seiten derselben Medaille.

Aus-, Ein- und Durchblicke eröffnet auch „Troiscouleurs“, realisiert anlässlich der Jubiläumsausstellung „Cité interna-tionale des Arts“ 2007 in Paris. Transparentfolien in den fran-zösischen Nationalfarben wurden auf einer dreiteiligen Glas-front aufgebracht. Nicht durch die berühmt-berüchtigte „rosa Brille”, sondern gewissermaßen durch die Trikolore wurde der Blick aus dem Ausstellungsraum auf eine Straßensituation in Paris verfremdet und gleichzeitig die Einsicht in diesen Raum buntschillernd gestaltet. Und das Innere ist wundersam und poetisch durchflutet, durch das farbliche Symbol der Grand Nation, die – vielleicht mit einem gewissen Augenzwinkern – ins rechte, nämlich ins französische Licht gesetzt wurde, ins Licht der großen Kulturnation, deren Savoir-vivre die zeit-genössische Kunst mitunter vermissen lässt.

Ästhetisch steht die später im münsterischen Wewerka-Pavillon mit dem lautmalerischen Titel „Kalaxjata“ versehene, großflächige Installation in Beziehung zu „Troiscouleurs“, ent-wickelt sie doch mit den beiden Farben Rot und Blau und durch das in die gläserne Hülle des Pavillons einfallende weiße Licht ebenfalls eine raumfüllende, dreidimensionale Lichtskulptur.

Licht und Architektur – wenn auch in ganz anderer Form – spielen auch in der 2007 in Bergkamen realisierten Arbeit „Urbaner Horizont“ eine besondere Rolle. Ein ca. zehn Meter hoher, neun Meter tiefer und 25 Zentimeter breiter Portikus, überdeckt von einem von zehn Säulen getragenen Flachdach, bildet den Eingang zu einem öffentlichen Platz in der Innen-stadt von Bergkamen. Diesen haben die beiden Künstler in einen „Lichtdom“ verwandelt. Jeweils fünf breite, reflektie-rende Folien umschließen die Säulen wie Banderolen. „Alles, was wir mit unserer Sehkraft wahrnehmen, ist im Prinzip ein Spiel zwischen den Oberflächen der Gegenstände und dem Licht, also Reflektion“, formulieren Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov. Und das Licht, das uns die gegenständli-che Wirklichkeit offenbart, offenbart auch Illusion, gaukelt vor, lässt neue Sehweisen von vermeintlich Altbekanntem, eröffnet neue Horizonte zu. In diesem Fall ist es ein „Urbaner Horizont“, den die beiden Akteure künstlich wie künstlerisch und „Großstadt-groß” im relativ kleinen Bergkamen verwirk-lichten. Was darf nach Überschreiten diesen Horizontes, nach Durchschreiten dieses optisch wie ästhetisch lichtüberhöht-en Portikus auf der anderen Seite erwartet werden? Große Kunst, hochherrschaftliche und/oder repräsentative urbane Architektur, Symbole politischer, sozialer oder ökonomischer Macht? Vielleicht ist die Lichtinstallation aber auch sich selbst genug, verweist nur auf das eigene Ich. Vielleicht eröffnet sie einen Zugang zum Allzumenschlichen, zu Karussell und ge-brannten Mandeln, zu Bierpavillon und Bratwurststand. Auch damit kann man große Kunst feiern, zumal im Ruhrgebiet. Das weiß man spätestens seit 2010, seit der „Kulturhauptstadt Europas“. Es muss nicht immer Kaviar sein.

29

Zugeknüpft hingegen, Einsichten verbauend, ist das Projekt „Fensterschutz“, ein an der Kunstakademie Münster 2007 verwirklichtes „weißrussisches“ Kunstprojekt, für das Katerina Kuznetcowa allein verantwortlich zeichnet. An traditionelle Flecht- und Webarbeiten aus dem Geburtsland der Kün-stlerin mutet diese Installation nicht nur an, sie greift aus-drücklich auf sie zurück. Diese für den westlichen Betrachter eher dekorativen Elemente haben aber, wie auch viele andere überlieferte Ausdrucksformen der Volkskunst, eine weiterge-hende, oft spirituelle und religiöse Bedeutung. Hier handelt es sich um ein altes weißrussisches Schutz- und Bewahrungs-symbol, das nun eingeflochten ist in ganz profane, kaum sichtbar rostige Gitterstäbe einer vormaligen Tankstelle. Verbinden sich hier zwei fast gegensätzlich wirkende Mate-rialien und Ausdrucksformen zu einer neuen Einheit, deren Doppelschutz neugierig macht auf das, was hinter dem Flecht-werk verborgen sein mag, das nun der allgemeinen Spekula-tion anheimfällt?

Wenn auch noch nicht realisiert, lediglich digitalgestaltet, aber wiederum von beiden Künstlern riesenhaft entworfen, ein ähnliches rot-schwarz-weißes Muster vor weißrussischer Plattenbau-Hochhausarchitektur. Was hier zu schützen ist, bleibt offen. Angesichts der letzten Diktatur Europas vielleicht die Menschen, die in diesen „Arbeiterschließfächern“ mehr kaserniert sind, als dass sie dort leben und wohnen, geschützt möglicherweise durch das riesenhafte Symbol vor den großen und kleinen Lukaschenkos, die in diesem europäischen Land offiziell ihre Macht ausüben. Überinterpretiert? Es darf – ein-mal mehr – über den Tellerrand hinausgeschaut werden.

Militärisch in Reih und Glied positioniert, nicht Augen, sondern „Lichter links!“, präsentierten sich 2010 eine größere Anzahl von Leuchtbaken, sonst in Straßenbaustellen neue

provisorische Fahrtrichtungen angebend, auf der Zeche Zollverein in Essen. Da stehen sie nun, diese Postamente vor der chaotisch wirkenden, gleichwohl nüchternen und funk-tionalen Architektur, vor einem rostig-eisernen Labyrinth der vormaligen Zeche mit ihrem Gewirr aus Rohren, Leitungen, Kesseln und Laufbändern und geben ein klares Kontrast-bild ab. Nicht nur wegen ihrer optisch starken, rot-weißen Gestreiftheit, sondern insbesondere durch die glühenden „Köpfe“ der Warnbaken wird die industrielle wie nächtli-che Düsternis in ein wundersames Licht gerückt, der toten Technik eine neue Dynamik gegeben. Aber auch die Baken selbst ändern ihren Charakter. Durchschreitet man diese eigentümlich-starre Kompanie, so vermitteln sie das Gefühl, sich in einer größeren Gruppe von Menschen zu bewegen. Haben sie nun ein zweites Leben? Wie die Zeche ein zweites hat, ein museales? Verlieren sie ihren Objektcharakter durch den neuen Kontext und durch die Tatsache, dass sie bis zum Überdruss bekannt sind, als Kontrapunkt zum anachronis-tischen Postulat „freie Fahrt für freie Bürger“ – wo sie nicht mehr als Einzelobjekt wahrgenommen werden?

Wie anders hingegen wirken dieselben Leuchtbaken, wenn sie zu 30 Stück in ein kleines Ruderboot gepfercht werden, eingezwängt sind in „Alle Mann an Bord“ und über einen Seitenarm der Lippe bei Bergkamen schippern, einem ungewissen Ziel entgegen. Oder wenn sie „Angekommen“ sind, mit festem Boden unter dem Kiel an der Gräfte des DA-Kunsthauses Gravenhorst im münsterländischen Hörstel. War und ist eine gefährliche Fracht an Bord, die vor sich selbst warnt? Und wenn ja, was ist das Gefährliche? Ist dieses mit Baken völlig überfüllte Boot ein Reflex auf die Boatpeople des Mittelmeeres? Es ist gerade die besondere Konstellation von zwei eigentlich nicht zusammengehörigen Materialien, die

30

optische und inhaltliche Verblüffung hervorruft und u. a. zu obigen Fragen verführt. Man weiß nicht so recht, woran man ist. Muss man es wissen? Man sollte vielmehr erkennen, auch individuell.

Katerina Kuznetcowa und Alexander Edisherov doku-mentieren mit ihren Insitu-Arbeiten eine ungewöhnliche Bandbreite inhaltlicher und ästhetischer Ausdrucksformen, um örtliche Besonderheiten und deren Geschichte und Ar-chitektur mit z. T. unerwarteten Materialien neu und überra-schend zu akzentuieren, also ortsspezifische Besonderheiten mit etwas vorher kaum Denkbarem zusammenzuschweißen. Dahinter ist möglicherweise mehr verborgen, als es der Au-genschein zunächst verrät. Die beiden Künstler geben kaum Statements zur Enträtselung ihrer eigentümlichen künst-

lerischen Konstellationen, über mögliche politische, soziale oder gesellschaftliche Phänomene oder Problemfelder. Sie bleiben einer reinen Ästhetik verpflichtet, variantenreich, manchmal augenzwinkernd, fantasievoll, manchmal auch Gegensätze symbiotisch verknüpfend.

Und es ist die besondere Stärke der beiden Künstler, dass sie eine große Offenheit für die Interpretation ihres Werkes einräumen, dem Betrachter die Gelegenheit und die Freiheit bieten, auch weiterzuschauen, als es der ästhetische Augen-schein offenbart, der allerdings selbst von großer Kraft ist.

Die Freiheit der Kunst gilt ungeteilt nicht nur für die Künst-ler selbst, sondern auch für den Kunstbeobachter.

Martin Rehkopp

31

aRt aS SymbIOSIS

Katerina Kuznetcowa and Alexander Edisherov produced five installations on show here over the past six years – with the exception of “Fensterschutz” (“Window Guard”), a work by Katerina Kuznetcowa, also based on her preliminary collabo-rative activity.

Artists have a reputation – not unjustly – as great indi-vidualists. Occasionally, they also embrace symbioses or influ-ence and mutually encourage each other’s work. The major exhibition “Künstlerpaare – Liebe, Kunst und Leidenschaft” (“Artists Couples – Love, Art and Passion”) in 2006 at Co-logne’s Wallraf-Richartz Museum may emphasize this argu-ment, even if a majority of the artists pairs in this exhibition did not strictly present collaborative projects as, for instance, Christo and Jean-Claude.

Like their lecturers Maik and Dirk Löbbert at the Academy of Fine Arts in Münster, the pupils Kuznetcowa and Edisherov have collaborated for some time – and to a certain extent they produce under a single label. Consequently, they culti-vate an artists’ minority tradition. But they are also included in a wider tradition of referencing projects by their predecessors – as applies to works exhibited here. Such references are not “infinity loops” in the sense of a constant and slight variation of what preceded, but involve a continual change of material and place. In the artists’ words, “the works are categorized

under the broad term ‘pattern’”. Yet neither the artists nor their works follow a pattern book in the familiar style of wall-paper or fabric production. Their preliminary studies were produced in very different places, partly also with different materials, and yet exposing cross-references.

This is also true of the collaborative work “Konglom-erat” (“Conglomerate”) created in 2010 in Düsseldorf. Fruit and vegetable crates, stacked high and flooded in night light and appearing optically top-heavy, reveal affinities with New York, Rio and Tokyo and skyscrapers illuminated from within by neon light. These first “saw the light of day” in Manhat-tan, from here advancing to dominate the world with their steel-skeleton construction method. “Konglomerat” does not evoke steel, but rather a wooden waste product, nowadays contributing anyway to deforestation in many of the world’s regions. Deforestation existed beforehand when wood was the construction material for shelter and homes, creating a protective space, and depriving the forest of its shelter-giving function. Hence, this work sheds a revealing light on inter-connections between the vain dash for high-rise building and property speculation and protecting humans and the envi-ronment – aspects that should not be contrary. This work re-fers to the phenomena of our mass economy, which is always two-, if not multi-sided.

32

The video installation “Durch die Wand” (“Through the Wall”) reveals a similar “double vision”, albeit with alternative content, projecting images of people and passers-by seated on steps onto a large stack of crates. But on a second level, there is a wall behind the crates, with intermediate spaces and cracks, which are also illuminated by set pieces from the aforementioned photos. Views and reviews, perspectives and vistas are directly and indirectly linked and connected. Evidently, one cannot exist without the other – they are two sides of the same coin. Views, insights and perspectives are also opened up by “Troiscouleurs” to mark the 2007 anni- versary exhibition of the “Cité internationale des Arts” in Paris. Transparency foils in the French national colours were affixed to a three-part glass front. The perspective from the exhibi-tion room was defamiliarized – not through proverbial rose-tinted spectacles, but to a certain extent using the tricolore – as a Parisian street scene. Simultaneously, the insight into this room was cast in bright, vibrant colours and the interior is wonderfully and poetically flooded with the coloured symbol of the great nation. So with a nod and a wink, arguably, this was set in the right, i.e. French light, or compared with the grand cultural nation, whose savoir vivre contemporary art oc-casionally overlooks.

Aesthetically, the large-size installation onomatopoeically entitled “Kalaxjata” and the subsequent show in Münster’s Wewerka Pavilion reveal affinities with the work “Trois-couleurs” in the sense of unveiling another space-filling three-dimensional light sculpture with both red and blue col-ours and white light falling on the pavilion’s glass outer shell.

Light and architecture also play a specific role in the 2007 work created in Bergkamen and entitled “Urbaner Horizont” (“Urban Horizon”) – even if their impact assumes a quite dif-

ferent form. A portico about ten metres high, nine metres deep and 25 cm wide, covered by a flat roof supported by ten columns, forms the entrance to a public square in Berg-kamen city centre. The two artists transformed this into a “light cathedral”. Five wide, reflecting films each encompass the columns like advertising banners. According to Katerina Kuznetcowa and Alexander Edisherov, “everything we per-ceive with our power of vision is principally a play between the surfaces of objects and light, that is, reflection”. And the light, which reveals concrete reality to us, also exposes illu-sion and masquerades, presenting new perspectives on what is presumed well known, and opens up new horizons. In this case, it is an “urban horizon”, which the two installation art-ists realized artificially as well as aesthetically, and on a big city scale in the relatively small town of Bergkamen. After crossing this horizon, or transgressing this optical as well as aesthetically oversized portico drenched in light, what can be anticipated on the other side? A major artwork, grand and/or representative urban architecture, symbols of political, so-cial or economic power? Perhaps the light installation is also self-sufficient, referring only to the individual ego? Perhaps, it also frees access to what is all too human, to a carousel and roasted almonds, a beer pavilion and sausage stand? None-theless, serious art can also be celebrated in such terms, es-pecially in the Ruhr region. Everyone recognizes this at least since 2010 and the “European capital of culture” – it doesn’t always have to be caviar!

On the other hand, “Fensterschutz” is buttoned up and presents barriers to insights being an art project from Belarus completed in 2007 at the Münster Academy of Fine Arts. Ka-terina Kuznetcowa signs herself solely responsible here. This installation not only evokes traditional braiding and weaving

33

works from the artist’s native country, but also expressively refers back to them. To the western viewer, such elements are more decorative, but like many other traditionally ex-pressive forms of folk art with a far-reaching, often spiritual and religious meaning. This work focuses on the traditional Belarusian symbol of protection and preservation now inter-woven into the scarcely visible and quite mundane rusty bars of a gate to a former petrol station. Are two materials and expressive forms – almost drawing on contradictory influ-ences – combined to a new unity, whose dual protection now awakens our curiosity for what may be concealed behind the woven piece, and falling victim to general speculation?

A similar red-black-and-white pattern, though unrealized as yet and merely digitally created – again, with both artists producing a vast work – stands before Belarusian prefab-ricated high-rise architecture. What needs protection here remains openfaced with Europe’s last dictatorship, perhaps it is the people? They live more in barracks of these “workers’ lockers” as opposed to making their homes here. Possibly, the gigantic symbol is to protect them in face of large and small Lukashenkos who officially wield power in this European country. An over-interpretation? Here again, we are allowed to think outside the box.

Militarily positioned in rank and file – not eyes, but “lights to the left!” – in 2010, a large number of light beacons were presented at the Zollverein World Heritage coal mine. These beacons otherwise indicated temporary route diversions and were used on road construction sites. Now, they stand here – as bases of the apparently chaotic, yet also sober and functional architecture – in front of the rusty iron and laby-rinthine former coalmine with its profusion of pipes, cables,

boilers and conveyor-belts presenting a clear and contrasting image. A wonderful light transforms the industrial and night-time murkiness – not just due to their optically strong red and white stripes, but especially the glowing “heads” of the alarm beacons – and inert technology gains a new dynam-ic. But even the beacons change their own character. If you stroll through this curiously rigid company, they soon convey a feeling of moving through a larger group of people. Have they now gained a second life, like that of the coalmine, as a museum? Has their new context deprived them of their object character and over-familiarity with these elements as a counterpoint to the anachronistic demand for “free travel for free citizens!” – and are they are no longer perceived as a single object?

As a contrast, there is a quite different impact from these same light beacons when thirty of them are herded into a small rowing boat. In the work “All Men on Board”, the bea-cons are squeezed into the boat and float across a tributary of the river Lippe near Bergkamen heading for an unknown des-tination. Likewise, the same applies when they have “arrived” by the moat of the DA Kunsthaus Gravenhorst at Hörstel in Münsterland with terra firma beneath the boat’s keel. Was and is a dangerous cargo on board emitting a warning sig-nal about itself? And if so, what is the danger? Is this boat brimming full of beacons a reflex reaction to the boat people in the Mediterranean? Precisely the special constellation of two materials, which do not actually belong together, brings forth the perplexity both optically and in terms of content and, among other things, entices such questions. You cannot exactly say what things are about. Is it necessary to know? Not exactly. Rather, it is more important to recognize things – even individually.

34

In their ‘in situ’ works, Katerina Kuznetcowa and Alexander Edisherov surprisingly document an unusual spectrum of expressive forms both with their content and aesthetically. Their purpose is to newly emphasize local peculiarities and their history and architecture, partly with unexpected materi-als. In other words, they merge specific features of a locality with elements, which were scarcely imaginable beforehand, and possibly conceal more than first meets the eye. This art-ist pair provides hardly any statements to help decipher their idiosyncratic artistic constellations – neither about potential political, social or societal phenomena nor about problematic areas. They remain committed to a pure aesthetic, rich in vari-

ations, occasionally with a nod and wink, brimming with im-agination, and sometimes also symbiotically linking contrasts.

Each artist has a particular strength of permitting consid-erable openness in interpretations of their works, giving the onlooker the opportunity and freedom to view more than what is revealed by aesthetic appearance, which nonetheless is of considerable evocative power.

Artistic freedom is valid with no compromises – not only for the artists themselves, but for us, too, as observers of art.

Martin Rehkopp

INSTALLATIONEN

36

Mixed Media, Maße variabel

Mixed Media, variable sizes

In PEtROPaWlOWSk-kamtSCHatSkIj ISt mIttERnaCHt

2011

4 Moscow Biennale of Contemporar y Ar t , INTERIOR- IT Y, Specia l Projec t , Mosk au

37

38

I N P E T R O PAw lO w S k - k A M T S C h AT S k I j I S T M I T T E R N AC h T

Diese Arbeit ist ein Versuch, visuell jenes schwankende, zarte und leuchtende Weltwahrnehmungsgefühl wiederzugeben, das wir in unserer Kindheit erleben.

Ein aus der Kindheit gut bekannter Radiospruch: „Moskauer Zeit ist 15.00 Uhr. Es ist Mitternacht in Petropaw-lowsk-Kamtschatskij“. Es war immer Nacht in Petropawlowsk-Kamtschatskij.

Diese bezaubernde Ferne und die regelmäßigen Wieder-holungen schufen in der Vorstellung der Kinder die märchen-hafte Welt des „Weit-Weit-Weg“-Königreichs, in welchem der

Sternenhimmel immer über dem Kopf war.Im Laufe des Projekts wird per Fax ein Sternenhimmelfoto

geschickt, jeden Tag genau um 15.00 Uhr Moskauer Zeit. Die Fax-Fotos werden an einer Ausstellungswand nach einfacher Ordnung angebracht, sodass zum Schluss des Projekts ein ganzes Wandbild entstanden ist. Dank der minimalen Abwei-chungen beim Senden und Drucken der Fax-Fotos wird ein und dasselbe Bild unterschiedliche Druck-Sättigungsgrade erreichen.

39

M I d N I g h T I N P E T R O PAw lO w S k - k A M T S C h AT S k I j

This work is an attempt to visually recreate that suspended, delicate and bright feeling about viewing the world, which we encountered in our childhood.

A familiar radio slogan from childhood is: “Moscow time is 15.00. It is midnight in Petropavlovsk-Kamtschatskij.” It was always night in Petropavlovsk-Kamtschatskij.

This enchanting faraway place and the regular repetitions created the fairytale world of a kingdom “far, far away” in the

child’s imagination where the starlit sky is always overhead.In the course of the project, every day precisely at 15.00

Moscow time a fax is sent with a photo of a starlit sky. The fax photos are fixed to an exhibition wall in a simple pattern, so that an entire wall picture emerges at the end of the project. Thanks to the minimal deviations sending and printing the fax photos, one and the same image and different print satu-ration grades are achieved.

40

Die Installation besteht aus Obst- und Gemüsekisten, die aus verschiedenen Ländern Europas nach Deutschland geliefert werden. „Konglomerat“ ist eine Skulptur, die aus dem ältesten Baumaterial, aus Holz besteht. Sie verkörpert das gesellschaftliche und architektonische Vorwärtsstreben der Gesellschaft. Mittelalter, Westeuropa: Fast die gesamten Waldbestände sind für Nutz- und Bauholz verbraucht.Anfang des 20. Jahrhunderts, Nordamerika, New-York: Erste Wolkenkratzer werden aus Beton und Stein gebaut. Es entstehen die ersten urbanen Landschaften. Erst-mals haben die Städte die Möglichkeit gewonnen, auch in die Höhe zu wachsen.

Holzkisten, Neonlicht, ca. 4 m hoch

Wooden crates, neon light, about 4 m in height

Conglomerate The installation consists of fruit and vegetable crates supplied to Germany from various countries in Europe. “Conglomerate” is a sculpture formed of the oldest building material: wood. It embodies society’s striving ahead both communally and architecturally. Central Europe and Western Europe: almost all forest reserves are being con-sumed for building and construction timber.In the early 20th century in North America, New York: the first skyscrapers were built from concrete and stone. The first urban landscapes were created. Cities have the first unique opportunity to expand upwards as well.

KONGLOMERAT

2010

lok al isat ion_NISChE_R aum, düsseldor f

41

42

In einem Wald stehen sechs „Wolkenkratzer“– ein Spiel zwischen Natur und Stadt-architektur. Die „Wolkenkratzer“ auf der Waldlichtung sind Konkurrenten der Bäume, aus denen sie selbst einst hervorgegangen sind. Jeder Turm wird näm-lich aus ca. 25 Holzkisten gebildet, wie man sie als Obst- und Gemüsekisten von Wochenmärkten kennt. So wird der Weg des Holzes verfolgt, das seine Existenz als Baum begonnen hat, als Transportbehälter für Lebensmittel benutzt wurde und nun als Symbol des Urbanen in den Wald zurückkehrt. Aufeinandergestapelt, bilden die Kisten eine luftige Struktur, die der Ästhetik von Hochhäusern ähnelt. Die Türme sind ca. 3,5 Meter hoch und werden nachts von innen beleuchtet.

Holzkisten, Neonleuchter, Maße variabel

Wooden crates, neon lights, variable sizes

Skyscrapers Six ‘skyscrapers’ stand in a forest – a play between nature and ur-ban architecture. The ‘skyscrapers’ in the woodland copse are competitors to the trees from which they once emerged. Every tower is formed from about 25 wooden crates – the familiar fruit and vegetable crates at the market. Hence, the course of the timber is traced from its early beginnings as a tree, as a container for foodstuffs in transit and now re-emerging as a symbol of urban life in the forest. Stacked on top of each other, the crates form an airy structure similar to the aesthetic of the skyscrapers. The towers are about 3.5 metres high and at nighttime are illuminated from the inside.

WOlkEnkRatzER

2009

I nsta l lat ion, 7 x Park , kulturgut , Poggenhagen, Neustadt am Rübenberge

43

44

Farbige Folie, Maße variabel

Colour foil, variable size

kalaxjata

2008

wewerk a Pavi l lon, Münster

45

46

„Katerina Kuznetcowa überzieht für ihre Arbeit mit dem rät-selhaften Titel kalaxjata – ein Titel, dessen Bedeutung nur lautmalerisch, nicht aber semantisch zu erfassen ist – die Scheiben des Wewerka Pavillons mit einem Karomuster aus roten und blauen Quadraten. Die kurzen Seiten des recht-eckigen Glasgebäudes werden mit roten, die langen Seiten mit ebenso großen, blauen Quadraten von außen beklebt, die matte Oberfläche der Folie kontrastiert die glatte, glänzende des Trägermaterials. Aufgrund der Durchsichtigkeit des Glas-pavillons und der Lage in der Landschaft, ergibt sich für den Betrachter ein dynamisches Bild, das er selbst durch seine Be-wegung definiert. Ihm selbst kommt die Aufgabe zu, durch seine Bewegung immer neue Muster aus großen nahen und kleinen fernen Quadraten zu formen, das Grün der Umge-bung einzubeziehen und je nach Witterung auch die Sonnen-strahlen und die Schatten in und außerhalb des Pavillons zu Teilen der künstlerischen Arbeit zu machen.

So gesellt sich zu den Farben Rot und Blau das Grün der Umgebung, das an den durchsichtigen Stellen der Glaswände erscheint. Rot, Blau, Grün verweisen auf die Farben, aus denen das Monitorbild zusammengesetzt ist, die Quadrate mutierten zu Pixeln, der Pavillon wird zu einem dreidimen-sionalen Bildschirm, der in der Landschaft steht.

Der Stahl-Glas-Pavillon befindet sich an der Schnittstelle

zwischen Architektur und Skulptur und bildet paradigmatisch eine symbiotische Verschmelzung der beiden Gattungen, eine Thematik, die die Künstlerin subtil und eingängig zu-gleich in dieser Installation zum Thema macht. Das Volumen des Baukörpers und der Landschaft tritt in ein Spannungs-verhältnis zum zweidimensionalen Raster. Fläche und Raum verweben sich ineinander. Wobei das Webmuster an Katerina Kuznetcowas Studium der Textilgestaltung in Weißrussland denken lässt.

Katerina Kuznetcowas Arbeit verweist damit auf die in den Ursprüngen textile Herkunft von Architektur, wie sie Gottfried Semper in seinem Buch ‚Der Stil in den technis-chen und tektonischen Künsten’, Frankfurt a. M. 1860 dar-legt. Wobei Semper betont, dass insbesondere schmückende Elemente diesen Ursprung verraten. Verschränkt man diese Überlegungen mit der Frage nach dem Ornament und des-sen Ablehnung durch die Architekten der Moderne (Adolf Loos: Ornament und Verbrechen, 1908), dann spannt man damit den gedanklichen Bogen, den diese Arbeit von Kate-rina Kuznetcowa auffächert.”

Zitat: Hildegund Amanshauser, aus: „wewerka pavillon münster. Ausstellungsraum der Kunstakademie Münster“, Münster 2008.

k A l Ax j ATA

47

“Katerina Kuznetcowa mysteriously entitles her work ‘kalax-jata’. The title is only to be read onomatopoeically, not se-mantically – it refers to panes of the Wewerka Pavilion with a checked pattern of red and blue squares. The shorter walls of the square glass building are covered on the outside with red, while the longer walls with blue, same-sized squares. The matt surface of the foil contrasts with the smooth, gleam-ing carrier material. Due to the glass pavilion’s transparency and position within the landscape, the viewer beholds a dy-namic image, which he or she defines through movement. The viewer is tasked with forming ever new patterns of large close-up and small distant squares thanks to his or her move-ment, and to integrate the green surroundings and – depend-ing on the weather – the sunshine and shadows inside and outside the pavilion as parts of the artistic work.

Hence, the green of the environment is added to the red and blue colours, and appears on the transparent parts of the glass walls. Red, blue and green refer to the colours compris-ing the monitor’s picture. The squares mutated to pixels and the pavilion becomes a three-dimensional screen standing in the landscape.

The steel and glass pavilion is at the interface of archi-tecture and sculpture and paradigmatically forms a symbiotic fusion of both genres, a topic, which the artist turns into the theme of this installation both with subtlety and intensity. The volume of the building structure and landscape is caught in a tension-ridden state as a two-dimensional scheme. The surface and space are interwoven. The woven pattern evokes Katerina Kuznetcowa’s studies in textile design in Belarus.

Hence, Katerina Kuznetcowa’s work refers to the early textile origins of architecture, as Gottfried Semper describes in his book ‘Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten’, Frankfurt a. M. 1860. Here, Semper stresses how decorative elements, in particular, expose this origin. If such considerations are fused with the question about ornaments and their rejection by modernist architects (Adolf Loos: Or-nament und Verbrechen, 1908), then the intellectual connec-tion can be made which this work by Katerina Kuznetcowa unfolds.”

Quotation: Hildegund Amanshauser, quoted from: “wewerka pavillon münster. Ausstellungsraum der Kunstaka-demie Münster”, Münster 2008.

k A l Ax j ATA

48

300 Leitbaken mit Warnleuchten, Maße variabel

300 light beacons with alarm lights, variable sizes

FORmatIOn

2010

I nsta l lat ion, contemporar y ar t ruhr Zeche Zol lverein , Essen

49

50

Die Leitbaken mit Warnleuchten sind uns von den Straßen-arbeiten, den Autobahnen und dem allgemeinen Stadtbild bekannt. Sie haben die klar definierte Funktion, den Weg zu weisen. Das gesamte Gelände der Messe ist einer klaren, sehr nüchternen, funktionalen Architektur untergeordnet. Mit einfachen geometrischen Linien schaffen wir zusätzlich eine andere, neue Dynamik im Raum. Es entsteht ein starkes Muster, das einzelne Elemente als eine Einheit erkennen lässt. In der Dämmerung werden die Warnleuchten automatisch eingeschaltet, was der Installation noch mehr Dynamik und Kraft verleiht. Die Baken erinnern an ein menschliches „Maß”, menschliche Physiognomie – mit dem runden Leuchtkörper als „Kopf“. Bewegt man sich zwischen und neben ihnen, hat man das Gefühl, in einer Menschenmenge zu sein, die Baken werden anthropomorph.

Ein wichtiger Aspekt der Arbeit mit Leuchtbaken ist das Spiel mit der Wahrnehmung von Kunst im Allgemeinen. Denn die ausschließlich mit Sicherheit und Absicherung ver-bundenen Baken werden gerade wegen ihrer überall präsen-ten Verwendung als einzelne Objekte kaum wahrgenommen. Das macht sie als Arbeitsmaterial für den Künstler besonders interessant.

We are familiar with light cones or beacons with alarm signals from roadworks, motorways and the general street scene. Their clearly defined function is to mark the route. The en-tire exhibition site is subjected to clear, sober and functional architecture. With simple geometrical lines we additionally create a different, new dynamic within the space. A strong pattern emerges that reveals the individual elements as a uni-ty. The alarm lights are automatically switched on at twilight, thus lending the installation even more dynamic and power. The beacons evoke a human ‘scale’ or human physiognomy with the round illuminated part appearing as a “head”. If you move in-between and alongside them, you get the feeling of being in a crowd of people – the beacons become anthro-pomorphic.

An important aspect of working with light beacons is the play on the perception of art in general. This is because the beacons, which are exclusively connected with safety and demarcation, are scarcely perceived as individual objects pre-cisely because they are used everywhere. This makes them especially interesting as working material for the individual artist.

F O R M AT I O N F O R M AT I O N

51

52

30 Leitbaken mit Warnleuchten, Kahn, Maße variabel

30 light beacons with alarm lights, boat, variable sizes

allE an bORD

2010

I nsta l lat ion, RUhR 2010 kulturhauptstadt Europas, Über wasser gehen, k amen

53

54

30 Leitbaken mit Warnleuchten, Kahn, Maße variabel

30 light beacons with alarm lights, boat, variable sizes

angEkOmmEn

2010

I nsta l lat ion, dA-kunsthaus k loster gravenhorst , hörstel

55

56

PaRIS

2010

Städt ische g aler ie im Park , Viersen

C-Print 2,5 x 3 m, Absperrgitter, Maße variabel

C-Print 2.5 x 3 m, barricades, variable sizes

57

58

Spannung: Polizeipräsenz in Form von Polizeibussen – die in Lauerstellung an exponierter Stelle über Tage hinweg alles Geschehen wie eine bedrohliche Gewitterwolke überschat-ten. Die Spekulationen über den konkreten Anlass, die poten-tiellen Vorgehensweisen und den möglichen Ausgang dürften individuell stark divergieren, je nach Informationsstand oder eigenen Erfahrungen. Grenzen sind ihnen seitens der Fantasie nicht gesetzt; womöglich fallen sie sogar schlimmer aus als die Realität ist, war oder je sein wird. Gerade in dieser Ungewiss-heit – vielleicht gemischt mit Hoffnung – liegt die Bedrohung und Anspannung; hier eingefangen in einem touristisch an-mutenden „Schnappschuss“.

Entspannung: Das Gewitter ist vorüber, weitergezo-gen für den Moment, und es wird nicht das letzte gewesen sein. Was sich als dunkles Unheil zusammenbraute, hat sich mit ungeheurer Energie – Blitz und Donner – entladen. Als Verweis und Erinnerungsträger bleiben nur die Pfützen und ein paar abgebrochene Äste; in diesem Falle wohl eher die

unmetaphorischen Scherben, Möbelfragmente und Tränen-gaspatronen. Alles Originalfundstücke – „Andenken“ oder „Mitbringsel“ – aus Paris, die als nahezu barock wirkendes Vanitas-Stillleben arrangiert werden.

Distanz: Absperrgitter dienen der Trennung, je nachdem, auf welcher Seite man sich wiederfindet, sperren sie ein oder aus; sie regeln also die Zugehörigkeiten, besser gesagt, die Zugangsmöglichkeiten zu Orten oder Gruppen.

Durch sie wird nicht nur die real in Metern messbare Dis-tanz zwischen Subjekt und Ereignis festgelegt, sondern auch, wer Teilnehmer und wer Zuschauer ist.

Durch die Installation der Barrieren im Ausstellungsraum wird der Besucher auf ähnliche Weise auf Distanz gehalten wie die Künstler, die während ihres Parisaufenthaltes außen-stehende Beobachter in der Fremde waren. Die Absperr- elemente verkörpern also formale sowie auch inhaltliche Dimensionen der Distanz.

PA R I S

59

Tension: police presence in the form of police buses – po-sitioned in waiting for days on end at an exposed spot, and overshadowing everything, which happened, like a forebod-ing storm cloud. Speculations about the actual cause, poten-tial procedures and possible end could in each case be widely divergent, depending on the latest information or personal experiences. There were no limits to the imagination. Possi-bly, the events were even worse than reality was or ever will be. Precisely this uncertainty – possibly intermingled with hope – is the source of threat and tension. Here, this is cap-tured in an atmospheric touristic “snapshot”.

Relaxation: the storm has abated, for the time being, hav-ing passed over, although it will not be the last. What was brewing as dark clouds of foreboding has been averted, re-leasing unbelievable energy – thunder and lightning. Only puddles and a few broken-off branches remain as signs and souvenirs. In this case, they are probably rather unmetaphori-cal glass splinters, furniture fragments and tear gas cartridges.

All these items are original finds – “souvenirs” or “memen-tos” – from Paris that are arranged almost as baroque-like Vanitas still-life paintings.

Distance: barricades are used for demarcation, depend-ing on which side one is located – they either block in or out. Hence, they control affiliations or more precisely access to places or groups.

They not only define the real distance measurable in me-tres between the subject and the event, but also who is a par-ticipant and a spectator.

The installation with barriers in the exhibition space keeps visitors at a distance in a similar way to the artists who were outsiders and observing Paris during their stay abroad. The barricade elements therefore embody dimensions of dis-tance both in formal and content terms.

PA R I S

60

Die Mensa „da Vinci” ist ein öffentlicher Zweckbau am Leonardo-Campus in Münster. In der „Kunst am Bau Arbeit” werden die markanten, in der Mitte des Raumes stehenden, Betonsäulen des Gebäudes zum Ausgangspunkt und Träger der künstlerischen Intervention zwischen dem Essen, der notwendigen Nah-rungsaufnahme und der Kreativität. Die zwei Säulen sind jeweils mit den Namen der wichtigsten Künstler, Wissen-schaftler und Architekten und mit den kulinarischen Spezialitäten und Spei-sen versehen worden. Die einfachen Betonsäulen werden zu „Denksäulen“ gemacht. In die Betonsäulen sind rund 6.000 Buchstaben eingefräst. Die Namen bedecken die gesamte Oberfläche der Säulen. Die Realisierung des Projektes „Denksäulen” erfolgte im Zeitraum vom 28.07.2008 bis 07.09.2008.

Thought Columns The ‘da Vinci’ student canteen is a functional public building at the Leonardo Campus in Münster. In this ‘Kunst am Bau’ (‘Art in Construc-tion’) work, the building’s distinctive concrete columns standing in the middle of the room become the starting point and carrier of artistic intervention be-tween the food, the essential eating and creativity. The two columns each display the names of famous artists, scientists and archi-tects and culinary specialities and food. The simple concrete columns become “thought columns”. About 6,000 letters are etched into the concrete columns. The names cover the entire surface of the columns. The completion of the “Denksäulen” project took place from 28.07.2008 to 07.09.2008.

DEnkSäulEn

2008

kunst am Bau, Mensaanbau, leonardo - Campus, Münster

61

62

Die 348 Pflanzkübel mit eingesetzten Kastanien, die auf dem Gelände der Kunst-akademie Münster platziert waren, bildeten eine geometrische, auf den Raum bezogene Form.

Pflanzkübel, Erde, Kastanien, Maße variabel

Plants and containers, soil, chestnut trees, variable sizes

No Gods... The 348 plant containers with chestnut trees, which were placed on the campus of Münster’s Academy of Fine Arts, formed a geometrical pattern referencing the space.

kEInE göttER …

2007

I nsta l lat ion, kunstak ademie Münster

63

64

Die Idee des Projektes bezieht sich auf den essentiellen Schwerpunkt des Events „8. Lichtmarkt Bergkamen”, nämlich auf das Licht. Das Licht ist ein natürliches Phänomen, dem wir alle visuellen Erscheinungen und Illusionen verdanken. Alles, was wir mit unserer Sehkraft wahrnehmen, ist im Prinzip ein „Spiel” zwischen den Oberflächen der Gegenstände und dem Licht, also Reflexion. Diese Reflexion bildet den Kern der Installation. Mithilfe von reflektierender Folie und Licht wird eine neue, andere architektonische Situation geschaffen. Der Eingang zum Markt-platz wird neu geordnet und bekommt eine andere Dynamik. Durch die „Verzierung” der Säulen mit Streifen wird eine Horizontlinie simuliert. Daher heißt die Arbeit „Urbaner Horizont”.

Reflektierende Folie, Maße variabel

Reflecting foil, variable size

Urban Horizon The idea of this project is connected with the main focus of the event “8th Light Market Bergkamen”, or in other words, it is all about light. Light is a natural phenomenon that we actually have to thank for all visual ap-pearances and illusions. Everything, which we detect by our power of vision, is principally a “play” between the surfaces of objects and light, hence, a reflection. This reflection is at the heart of the installation. With the aid of reflecting foil and light, a new, different architectural situation is created. The entrance to the market square is newly arranged and obtains a changed dynamic. The ‘decoration’ of the columns with stripes simulates a horizon line. Hence, the work is entitled “Urban Horizon”.

uRbanER HORIzOnt

2007

I nsta l lat ion, Marktplatz Bergk amen, 8 . l ichtmarkt Bergk amen

65

66

Im Rahmen einer Jubiläumsausstellung in Cité Internationale des Arts wurde die dreiteilige Glasfront mit roter, weißer und blauer Transparentfolie versehen. Dadurch entstand die „Trikolore”, die französische Nationalflagge. Zwei wesent-liche Aspekte kennzeichnete die Installation: Zum einen erschien, bedingt durch das eindringende Tageslicht, der ganze Raum dreifarbig, zum anderen konnteder Besucher nicht nur den Ausstellungsraum erleben, sondern die Pariser Innen-stadt durch eine rote, weiße und blaue Brille betrachten.

Transparente selbstklebende Folie 270 x 450 cm,

Transparent self-adhesive foil 270 x 450 cm

Trois couleurs As part of the anniversary exhibition of the “Cité Internation-ale des Arts”, the three-part glass front was decorated with transparency foils in the colours red, white and blue. Thus, the ‘tricolore’ or French national flag was created. Two essential aspects characterized the installation. Firstly, daylight flooding in gave the entire room a three-coloured appearance. Secondly, visi-tors could not only experience the exhibition room, but also inner city Paris, as though they were wearing red, white and blue spectacles.

tROIS COulEuRS

2007

I nsta l lat ion, Ci té I nternat ionale des Ar ts , Par is

67

68

Das Fenstergitter ist eine simple Möglichkeit, einen Raum zu schützen. Die Ornamente sind ursprünglich nicht nur ästhetische, dekorative Elemente, sondern haben eine spirituelle und religiöse Bedeutung. Das Ornament, das für die Installation verwendet wurde, ist ein weißrussisches Symbol für Schutz und Bewahrung. Beide unterschiedlichen Materialien, ein verrostetes Fenstergitter an einer stillgelegten Tankstelle und ein altes Ornament, bilden in der Installation eine harmonische Symbiose.

Weiße, rote und schwarze Dekorationsbänder, Maße variabel

White, red and black decorative bands, variable sizes

Window guard A window guard is a simple way of protecting a room. The ornaments are originally not only aesthetic, decorative elements, but have spiritual and religious meaning. The ornament, which was used for the installa-tion, is a Belarusian symbol for protection and preservation. In the installation, two different materials – a rusty window grill at a decommissioned petrol station and an old ornament – harmoniously enter into symbiosis.

FEnStERSCHutz

2006

I nsta l lat ion, kunstak ademie Münster

69

70

Die Wand, die aus verschiedenen hölzernen Obst- und Gemüsekisten besteht, befindet sich in einem Raum und bildet eine Projektionsfläche für ein Video. Der Betrachter hat die Möglichkeit, die Skulptur von beiden Seiten an- und durch sie hindurchzuschauen. Die Projektion besteht aus zwei Bildern: Ein Bild entsteht auf der Holzfläche der Kisten, das andere an der Wand hinter den Kisten, auf die das Licht durch die Hohlräume der Skulptur fällt. Das Video zeigt Passanten in alltäg-lichen Lebenssituationen in der Stadt.

Holzkisten, 480 x 40 x 210 cm

Wooden crates, 480 x 40 x 210 cm

Through the Wall The wall, which comprises various wooden fruit and vegeta-ble crates, is in a room and forms a projection surface for a video. The viewer has an opportunity to look at the sculpture from both sides and to look through it. The projection consists of two pictures: one image being created on the wood-en surface of the crates, with the other appearing on the wall behind the crates, where the light seeps through the sculpture’s hollow spaces. The video presents passers-by in the town in the context of everyday situations.

DuRCH DIE WanD

2010

Videoinstal lat ion, „OSTRAlE’010 – I nternat ionale Ausstel lung zeitgenöss ischer künste”, dresden

71

72

PlaCE IntImE

2010

Projekt ion / I nsta l lat ion, Zeche Zol lverein , Essen

Aus einer mit einem Fotomotiv bedruckten Projektionsfläche und einer Beamerprojektion setzt sich ein „beunruhigendes” Bild zusammen. Das statische Fotomotiv ist die Aufnahme eines Schlafzimmers mit Bett und Fenster. In den unteren Be-reich des Bildes wird ein Video mit Tauben, die im Park gefüt-tert werden, aufprojiziert.

Zwei Motive also: einerseits ein eher privates und intimes in einem für Fremde normalerweise unzugänglichen Raum, und andererseits die projizierten Tauben. Sie erscheinen als chaotische, bedrohliche, gewalttätige Lebewesen, die mit aller Kraft ihres Daseins um Futter kämpfen. Der scharfe Kontrast der Motive vollzieht den Spagat zwischen unserem urbanen Dasein, wo jeden Tag ums „Überleben“ gekämpft wird, und dem privaten Rückzugs-Raum. Die Installation spielt gekonnt mit althergebrachten Klischees und entsorgt kunstgeschichtlich verkrustete Bildmotive.

Place intime A ‘disconcerting’ image is composed on a pro-jection surface printed with a photo motif and video projec-tion. The static photo motif is an image of a bedroom with bed and window. A video with pigeons, which were fed in the park, is projected onto the lower part of the image.

This therefore gives two motifs. On the one hand, a more private and intimate one with a room usually inaccessible to strangers. On the other hand, a projected image of the pigeons. They appear as chaotic, threatening, violent living beings fighting with all their vital force for food. The sharp contrast of the motifs completes the balancing act between our urban life, where every day is a fight for “survival”, and the private space for retreat. The installation skilfully plays on old clichés and desensitizes art-historically engrained pictorial motifs.

73

Mixed Media, Maße variabel

Mixed media, variable sizes

74

Beton, Eisen, Farbe, Höhe 200 cm, Durchmesser 150 cm

Concrete, iron, colour, height 200 cm, diameter 150 cm

öFFEntlICHER EInmannbunkER

2009

I nsta l lat ion im öffent l ichen R aum, Projekt „Schlachtfe lder ”, M inden

75

76

Der Einmannbunker ist eine Konstruktion, die aus massivem Beton gebaut ist und besonders im Zweiten Weltkrieg ver-breitet war.

Der Einmannbunker diente während Luftangriffen als Schutz für die Personen, die einen Brand melden oder Ent- warnung geben sollten. Der Bunker ist an das Maß des mensch-lichen Körpers angepasst. Er ist zwei Meter hoch, hat einen Durchmesser von 1,5 Metern und besitzt eine oder zwei Türen, die ebenfalls aus massivem Beton bestehen. In den Wänden befinden sich mehrere Sichtschlitze, die eine Beo-bachtung von innen nach außen ermöglichen. Die Wände sind meist über zwanzig Zentimeter dick. Wir haben den Ein-mannbunker, der in unserer Zeit keine Funktion mehr hat, als Symbol des Wunsches nach Selbstschutz genommen. Er ist

so gesehen eine private Schutzschale, die vor der Außenwelt abschirmt und die Illusion von Sicherheit schafft. Uns geht es hier um Themen wie Angst, Verlangen nach absoluter Sicherheit, Aggression und Kommunikationsprobleme. Eine Skulptur, die nicht nur von außen, sondern auch von innen zu erleben ist. Der enge, fast klaustrophobisch wirkende Raum verändert radikal die Sichtperspektive.

Die Sichtschlitze lassen nur eine begrenzte Wahrneh-mung der Umwelt zu. Einerseits beschützt der Bunker durch massive Wände, andererseits wirkt die Außenwelt durch die schmalen Sichtschlitze erst recht bedrohlich. Es ist das ewige Dilemma zwischen dem Wunsch nach Sicherheit und den da-raus folgenden Schutzmaßnahmen, die so oft zu Aggression, Feindseligkeit und noch mehr Angst führen.

Ö F F E N T l I C h E R E I N M A N N B U N k E R

77

The one-man bunker is a construction made of solid concrete and especially widespread during the Second World War.

One-man bunkers served during air raids as shelters for wardens raising the fire alarm or giving the all clear. The bunker is made to fit the dimensions of the human body. It is two metres high, 1.5 metres in diameter and has one or two doors, which are also made of solid concrete. There are several viewing slits in the walls making it possible to keep watch on the outside from within. The walls are usually over twenty centimetres thick. We used the one-man bunker, which is nowadays redundant, as a symbol of the desire for self-protection. Viewed in this light, it is a private protective shell, which shields from the outside world, thus creating the

illusion of security. Here we are concerned with topics such as fear, the demand for absolute security, aggression and com-munication problems. This is a sculpture, which can be expe-rienced, not only from the outside, but also the inside. The tight, almost claustrophobic space radically alters the viewing perspective.

The viewing slits only permit a restricted view of the sur-rounding environment. On the one hand, the bunker pro-tects thanks to its solid walls. On the other hand, the outside world appears quite threatening due to narrow viewing slits. It is the eternal dilemma between the desire for security and the resulting protective measures, which so often lead to ag-gression, enmity and even more fear.

P U B l I C O N E - M A N B U N k E R

78

Digital bearbeitet, 50 x 70 cm

Digitally processed, 50 x 70

SüD-6, SüD-7

2004

Farbfotograf ie

79

80

Digital bearbeitet, 120 x 85 cm

Digitally processed, 120 x 85 cm

ROugE

2009

Farbfotograf ie

81

82

Auf die Wand angebrachte Steckmasse wurde während der Aktion von den Be-suchern verformt und vollendet.

Steckmasse, Maße variabel

Floral foam, variable sizes

Wall Floral foam affixed to the wall was reshaped and finished off by the visitors during the installation.

WanD

2004

I nsta l lat ion, „Untendurch − E ine Sculptur der k lasse Maik und dirk löbber t ”, Münster

83

85

DIE zWEItE CHanCE

Eine zweite Chance zu bekommen, ist ein Akt von Großzü-gigkeit, Vergebung und Mitgefühl. Die Künstlerin Katerina Kuznetcowa entwickelt aus diesem Akt des Mitgefühls eine Reihe von Installationen, deren früheste Arbeit „Die zweite Chance“ (2003) der Reihe einen Übertitel gibt. Dieser bezeichnet, was Katerina Kuznetcowa allen Pflanzen gewährt, nachdem sie in ihrem ersten Leben „ausgedient” haben: eine zweite Chance. Sie kann nicht einfach an einer zum Sperrmüll gestellten Pflanze in erbärmlichem Zustand vorbeigehen. Sie muss sie mitnehmen. Sie sammelt weggeworfene, vergam-melte Pflanzen. Dann päppelt die Künstlerin sie auf.

Der entscheidende Teil ihrer künstlerischen Arbeit be-steht aus einer Handlung, geleitet von Mitleid und Fürsorge. Was dann später im Ausstellungsraum zu sehen ist, zeigt aus-schnitthaft den Prozess und das sich permanent verändernde Resultat. Was sie präsentiert, ist nur eine Momentaufnahme, denn die Pflanzen wachsen weiter oder gehen ein.

Das Schema der Reihe von Pflanzenarbeiten besteht je-weils aus großformatigen Fotodrucken, die wie Plakate direkt auf die Wände der Ausstellungsräume geklebt werden und aus Pflanzen in Töpfen. Die Fotos dokumentieren entweder die Ausgangssituation oder den Prozess der Rettung. So zeigt das Foto der Arbeit „Die Palme” (2008), wie Katerina Kuznet-cowa eine kleine Palme nach Hause befördert: Sie steht an

einer Bushaltestelle und hält die kleine Pflanze im Topf liebe-voll und vorsichtig in ihren Händen. Beide wirken verletzlich.

Die Installation „Sieben Pariser Yuccas” (2007−2010) besteht aus sieben, inzwischen gut erholten Yuccapalmen und zwei Fotodrucken. Ein Foto zeigt die Künstlerin, wie sie einen blattlosen Stamm in zwei Teile sägt. Das zweite zeigt sie, sieben geschnittene Yuccastämme schulternd. Ernst und entschlossen blickt sie in die Ferne. Eine Kampfansage an eine auf Perfektion ausgerichtete Wegwerfgesellschaft.

Hier funktioniert künstlerische Intervention auf eine be-sondere Weise: Katerina Kuznetcowa greift in Müllsituationen ein und verändert ihre Umgebung zum Positiven. Denn jeder menschliche Akt der Veränderung ist entweder ein schöpfe-rischer oder ein destruktiver. Katerina Kuznetcowa antwortet auf die destruktiven Vernachlässigungen ihrer Umwelt mit einer rettenden Tat.

Ein humanistischer AnsatzHumanistisches Handeln zeichnet sich durch Bemühung um Wohlergehen, Verantwortung für die Gesellschaft, Gewissen und Mitgefühl aus. Es ist ein umsichtiges Verhalten, das weit über die eigene Person hinausreicht. Der existentia-listische Humanismus ist nach Jean-Paul Sartre eine „Lehre der Tat”: So betrachtet, sind die Fotos integraler Bestandteil der Instal-

86

lationen Katerina Kuznetcowas, denn sie verdeutlichen dieses humanistische Handeln. Ihre Arbeiten verbildlichen Prozesse von Fürsorge und Wachstum.

Der existentialistische Humanismus versteht den Menschen als die Summe seiner Handlungen und seiner Beziehungen. Der Mensch existiert nur in dem Maße, in dem er sich ver-wirklicht. Was bedeutet es dann, Künstler zu sein? Für Ka- terina Kuznetcowa bedeutet es, sich seines Handelns bewusst zu werden und eine visuell und haptisch erfahrbare Form dafür zu entwickeln. Über diese Form, das Kunstwerk, tritt die Künstlerin in Kommunikation mit der Gesellschaft.

Katerina Kuznetcowa setzt mit ihren minimalistischen Aktionen einen Kontrapunkt zum oberflächlichen Perfek-tionismus der Konsumgesellschaft. Sie gibt beinahe Totem,

Hässlichem und Ausgemustertem ein neues Leben und verweist damit auf eine traurige Entwicklung in unserer Wohlstandsgesellschaft: wie viel weggeworfen wird, weil es unseren Ansprüchen von Perfektion und Schönheit nicht entspricht. Dabei werden Dinge schön und bedeutsam, wenn wir uns ihnen widmen. Wenn wir ihnen unsere Fürsorge und Aufmerksamkeit schenken, gewinnen sie Bedeutung für uns. Wie auch mit ihrer Arbeit „Ist Vorbei …“ (2009) übt sie Kritik an einer Gesellschaft, in der Pflanzen nur noch Saisonartikel für ein Fest sind, das zu einer Konsumorgie verkommen ist. Was Katerina Kuznetcowa in ihren Pflanzen-Arbeiten leistet, ist Konsumkritik als humanistische Geste.

Evelyn Ebert

87

tHE SECOnD CHanCE

Being given a second chance is an act of generosity, forgive-ness and empathy. As an artist, Katerina Kuznetcowa devel-ops a series of installations from this act of empathizing. The main theme of this series is based on her earliest work enti-tled “Die zweite Chance” (“The Second Chance”, 2003). This describes what Katerina Kuznetcowa grants to plants of all varieties once they have ‘outlived their usefulness’: a second chance. She just cannot pass by any plant put out for recycling or in a dire state. She must take the plant with her! The artist collects discarded plants gone to seed. She then pampers and revives them.

A key part of her approach as an artist involves action motivated by empathy and caring. What is then on show in the exhibition room records excerpts of the process along with the permanently changing result. Her presentation is merely a an instantaneous record, since the plants continue to grow or perish.

In each case, the scheme for this series of works with plants comprises large-format photo prints affixed like post-ers to the exhibition room walls and also pot plants. The pho-tos document the starting point or salvaging process. Hence, the work “Die Palme” (“The Palm, 2008) presents a photo of how Katerina Kuznetcowa transported a small palm back home: standing at a bus stop, she lovingly and carefully holds

the small pot palm in her hands. Both seem vulnerable. The installation “Sieben Pariser Yuccas” (“Seven Parisian

Yuccas”, 2007-2010) consists of seven, by now flourishing Yucca palms and two photo prints. One photo reveals the artist sawing a leafless stem in two. The second depicts her shouldering seven cut-down Yucca plants. Her serious and determined gaze reaches far into the distance. This is a chal-lenge to a throwaway society obsessed with perfection.

Artistic intervention has a particular modus operandi here: Katerina Kuznetcowa intervenes in waste disposal scenes, positively changing her environment. Every hu-man act of change is either creative or destructive. Katerina Kuznetcowa responds with a salvaging act to instances of de-structive neglect in her environment.

A Humanist ApproachHumanist action is exemplified by a striving for well-being, a responsible society, good conscience and empathy. This in-volves thoughtful behaviour going far beyond the individual person. According to Jean-Paul Sartre, existentialist human-ism is a “doctrine of action”. In this sense the photos are an integral part of Katerina Kuznetcowa’s installations, since they highlight this humanist activity. Her works visually portray the processes of care and growth.

88

Existentialist humanism treats the human person as the sum of his or her actions and relationships. The human in-dividual exists only to the extent of realizing his or her true potential. So what does it really mean to be an artist? For Ka-terina Kuznetcowa this is as much about being conscious of one’s action as about developing a visual and haptic form for this. Through this form – i.e. the artwork – she initializes a dialog with society.

Katerina Kuznetcowa’s minimalist actions establish a counterpoint to consumer society’s superficial perfectionism. She gives new life to perished, ugly and rejected things, thus highlighting a regrettable development with regard to our af-

fluent society: namely, how much is discarded because it fails to conform to our demands for perfection and beauty. By the same token, only when we devote ourselves to things do they acquire beauty and meaning. As is also true of her work “Ist Vorbei…” (“Is Over”, 2009), Katerina Kuznetcowa practises a critique of society where plants are merely seasonal props for festivities which have degenerated to an orgy of consump-tion. What the artist achieves in her works using plants is a critique of consumption as a humanist gesture.

Evelyn Ebert

zWEItE CHanCE

90

Wir haben sehr oft Pflanzen in schlechtem Zustand gesehen, die mit oder ohne Topf auf die Straße gestellt oder sogar in Müllcontainer geworfen wurden. So beschließen viele Pflanzen ihr Leben auf der Straße oder als Sperrmüll.

Wir haben solche Sperrmüllpflanzen eingesammelt, sie in neue Töpfe mit neuer Blumenerde umgepflanzt und sie gepflegt, bis sie sich wieder regeneriert hatten.

Sperrmüllpflanzen, Blumenerde und Blumentöpfe (Maße variabel)

Plants for recycling, compost and flowerpots (variable sizes)

The second chance We frequently noticed plants in a poor condition that were put out on the street with or without a pot, or even thrown in the dustbin. Many plants therefore ended their life on the street or in a container as recycling material.

We collected all these plants for recycling, re-potting them with new compost and cultivating them to encourage new life again.

DIE zWEItE CHanCE

2003–2005

M ixed Media , Erdgas, Münster

91

92

Eine trockene Yucca-Palme wurde in Paris auf der Straße gefunden, in sieben kleine Segmente geteilt und eingepflanzt. War sie, wie so oft, für die Wohnung zu groß und wurde dann auf der Straße ausgesetzt? Mit unserer Aktion retteten wir die Pflanze und machten aus einem alten, zum Sterben verurteilten Lebewesen mehrere attraktive Pflanzen, die man gerne bei sich zu Hause aufnimmt. Die Arbeit wurde von uns dokumentiert, sodass parallel zu den Pflanzen auch die Fotos über die Aktion ausgestellt werden. Durch die Kombination von großfor-matigen Drucken und Pflanzen kann der Besucher Vorgeschichte, Aktion und Ergebnis gleichzeitig wahrnehmen.

Sperrmüllpflanze, Töpfe, Erde, Digitaldruck 149 x 180 cm Maße variabel

Plant for recycling, pots, soil, digital print 149 x 180 cm, variable size

Seven Parisian Yuccas A dry Yucca palm was found on a Parisian street, divided into seven small parts, and planted in a pot. Was the plant, as is so often the case, too large for the apartment and put out on the street? Our action rescued the plant from a single living organism left to perish. This made several plants, which were attractive enough to take home. We documented the work so the photos about the initiative will also be exhibited in parallel with the plants. The com-bination of large-format prints and plants allows visitors to see the pre-history, action and results simultaneously.

SIEbEn PaRISER yuCCaS

2007–2010

R auminstal lat ion, Par is , düsseldor f, Viersen

SIEbEn PaRISER yuCCaS

93

SIEbEn PaRISER yuCCaS

94

Die Palme wurde von uns auf der Straße gefunden und mit nach Hause genom-men. Sie wurde umgetopft, gepflegt und so zu neuem Leben erweckt. Die In-stallation zeigt zugleich die gerettete Pflanze und das auf die Wand tapezierte Foto ihrer Geschichte.

Palme, Topf, Erde, Digitaldruck 150 x 150 cm, Maße variabel

Palm, pot, soil, digital print 150 x 150 cm, variable size

The Palm We found the palm on the street and took it home. It was re-potted and cultivated, so awakening new life. The installation shows both the rescued plant and a wallpaper-size display photo of its history on the wall.

DIE PalmE

2008

I nsta l lat ion, gAlERIE VIk TOR gRRAY, düsseldor f

95

96

Vor Weihnachten schmücken viele Weihnachtssterne die Schaufenster von Läden und die Tische der Cafés. Sie werden überall in den Blumenläden und Supermärkten angeboten. Sie sind uniform gezüchtet und sehen mit dunkel- grünen und strahlend roten Blättern „anheimelnd” aus, suggerieren ein Gefühl einer „schönen Weihnachtszeit”.Was passiert mit Weihnachtssternen nach dem Weihnachtsfest? Mit dieser Frage haben wir uns künstlerisch beschäftigt.Die Installation besteht aus einem Farbdruck und Pflanzen, die wir von einem Café nach Weihnachten abgeholt haben.

9 Weihnachtssterne und Farbdruck, Maße variabel

9 poinsettias and colour print (variable sizes)

Is Over... Before Christmas, countless poinsettias decorate shop windows and tables inside cafés. They are on offer everywhere in flower shops and supermar-kets. They are uniformly cultivated and look ‘homely’ with their dark green and bright red leaves and create a feeling of a ‘happy Christmas season’.What becomes of these poinsettias after the end of the festive season? We in-terpreted this question from an artistic viewpoint.The installation consists of a colour print and plants that we collected from a café after Christmas.

ISt VORbEI ...

2009

I nsta l lat ion, Münster

97

98

BIOTOP

2004

I nsta l lat ion, k loster Bent lage, R heine

„Um das Spannungsfeld von Objekt und Raum, d. h. von lebloser Materie und natürlicher Umgebung, geht es in der Arbeit, die Katerina Kuznetcowa in der Ausstellung ‚giardino’ zeigt. Auf der Rasenfläche vor dem Kloster hat sie auf einem Holztisch zahlreiche geputzte Gläser montiert. Diese Installation hat sie nach dem Aufbau sich selbst überlassen, so daß bereits nach kurzer Zeit in der ‚leblosen Materie’ ein ‚Biotop’ entstand - genau das war auch die Intention von Katerina Kuznetcowa: natürliche und künstlerische Prozesse, anorganische und organische Elemente zu einer Einheit zusammenzuführen.“ Zitat: Dr. Anne Schloen, Leiterin des Kunstvereins Ahlen

Gläser, Tisch, Maße variabel

Glasses, table, variable sizes

Biotope “In the work, which Katerina Kuznetcowa shows in the exhibition “gi-ardino”, the focus is on the field of tension between the object and the space, i.e. lifeless material and the natural surroundings. On the patch of lawn in front of the monastery, she has assembled numerous clean glasses on a wooden table. After setting up, she left this installation alone, so that shortly afterwards a “bio-tope” sprang up in the “lifeless material”. This was precisely Katerina Kuznet-cowa’s intention: to merge natural and artistic processes, inorganic and organic elements to a unity.” Quotation: Dr. Anne Schloen, Director of the Kunstverein Ahlen

100

StImmEn Im WalD

2004

I nsta l lat ion, kunstak ademie Münster

Die 134 Weihnachtsbäume vom Weihnachtsmarkt Münster wurden am Ausstel-lungsgelände um einen Teich installiert. Innerhalb kürzester Zeit änderte sich die Stimmung der Landschaft grundlegend. Bäume, die für den Menschen jegli-chen Wert verloren hatten, bekamen für ein halbes Jahr ihre natürliche Funktion zurück.

134 Weihnachtsbäume, Maße variabel

134 Christmas trees, variable sizes

Voices in the Woods The 134 Christmas trees from the Münster Christmas mar-ket were set up around a reflecting pool at the exhibition site. During the shortest time, the atmosphere of the landscape fundamentally changed. Trees, which had lost any value for humans, regained their natural function for half a year.

Katerina KuznetcowaLebt und arbeitet in Köln1991-1996 Studium der Textilgestaltung an der Staatlichen Technologischen Universität in Vitebsk, Weißrussland1999-2007 Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Münster, Bildhauerei/ Kunst im öffentlichen Raum bei den Professoren Maik und Dirk Löbbert2005 Meisterschülerin von Maik und Dirk Löbbert2007 Akademiebrief Alexander EdisherovLebt und arbeitet in Köln1989-1998 Studium der Malerei an der Fachhochschule/Kunstakademie in Tbilissi, Georgien1998-2006 Studium der Freien Kunst an der Kunstakademie Münster, Bildhauerei/ Kunst im öffentlichen Raum bei den Professoren Maik und Dirk Löbbert 2005 Meisterschüler von Maik und Dirk Löbbert2006 Akademiebrief

Preise/Stipendien2011 Kunstgenerator, Atelierstipendium (Viersen)2008 Stipendium in der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen 1. Preis, Gestaltung Mensaanbau an dem Leonardo-Campus, Münster2007 Stipendium Cité Internationale des Arts, Paris2003 Preis der Produkt-Art 3

Einzelausstellungen/ Projekte2011 Skulturen Reihe, Viersen; Winterlicht-Vision, DA-Kunsthaus Kloster Gravenhorst, Hörstel; Alle Ziele, Städtische Galerie im Park, Viersen2009 Sommernachtstraum, Kutscherhaus, Kunstverein Recklinghausen2008 „Denksäulen”, Kunst am Bau, Leonardo-Campus, Mensa da Vinci, Münster; Kalaxjata, Wewerka Pavillon, Münster2007 City Lights, Wewerka Pavillon, Münster; Keine Götter, Kunstakademie Münster2006 Warteraum, Keimzelle Kunst, Ostbevern2005 Gute Reise, Lockschuppen, billerbecks Bahnhof

Ausstellungen (Auswahl)2011 INTERIOR-ITY, Special Project, 4 Moscow Biennale of Contemporary Art, Moscow; Geist ist geil, Künstlerdorf Schöppingen;

2010 InterWall, Köln; OSTRALE’010, Internationale Ausstellung zeitgenössischer Künste Dresden; Lokalisation_NISCHE_Raum, Düsseldorf;

ÜBER WASSER GEHEN, Kamen; contemporary art ruhr 10 (C.A.R.), Media Art Fair, Essen; Kunst aus der Region, DA-Kunsthaus, Kloster Gravenhorst, Hörstel (K)

2009 In Raum und System, GALERIE VIKTOR GRRAY, Düsseldorf; 7 x Park, KulturGut, Poggenhagen, Neustadt am Rübenberge; Höhler Biennale, Gera; Schlachtfelder, Minden;

2008 mulhouse 008, La création contemporaine issue des écoles d’art européennes, Mulhouse, Frankreich (K); contemporay art ruhr 08 (C.A.R.), Kunstmesse, Essen; Guasch Coranty, International Painting Prize, Fundacio Guasch Coranty, Barcelona, Spanien (K); Die blaue Nacht 2008, Nürnberg; Ausstellung zum 5. Marler Video-Installations-Preis, Marl (K); Die schönen Russen kommen, GALERIE VIKTOR GRRAY, Düsseldorf

2007 ENSEMBLE(S)II, Cité Internationale des Arts, Paris; GROSSE NAMEN, Klasse Maik und Dirk Löbbert, Wewerka Pavillon, Münster; Collaboration forbidden, Cité Internationale des Arts, Paris; Alles im grünen Bereich, Künstlerhaus Dortmund; Licht an, Lichtermarkt Bergkamen;

2006 Kurhaus. Die Tunnelbar in der Bahnhofsunterführung, Wiesbadener Kunstsommer, (K). Memory, Kunstverein Wiesbaden; Essen isst gesund! uniartmünster2006; Meisterklasse, Kunstverein Gelsenkirchen (K)

2005 Förderpreisausstellung der Kunstakademie Münster; Abgefahren, Kunstverein Lingen Kunsthalle (K); creatorea barter line, Tbilissi, Georgien;

2004 Förderpreis der Kunstakademie Münster, Ausstellung; Giardino, Kloster Bentlage, Rheine (K); Untendurch, Lange Nacht der Museen, Münster (K); Im Wort, Münster (K) X MBA; International Biennale of Architecture, Krakow, Poland

2003 Produkt-Art 3, Münster (K); Kunstakademie Münster x 4, Emsdetten (K); Pronto, Florenz (K)

2001 Venezianische Situationen, Münster; Förderpreisausstellung der Kunstakademie Münster

1999 9379 Tage, Münster; Scheibenstraße, Münster

Katerina Kuznetcowa1974 Born in Smolensk (Russia)1991-1996 Studies at Vitebsk University1999-2007 Liberal art studies at the Münster Academy of Fine Arts Studied Fine Art at the Münster Academy of Fine Arts, Sculpture / Art in public space2005 Master class with Prof. Maik and Dirk Löbbert2007 Diploma (Academy of Fine Arts, Münster)

Alexander Edisherov1973 Born in Tbilisi (Georgia) 1989-1998 Fine Arts studies at the Tbilisi State Academy of Arts1998-2006 Liberal art studies at the Münster Academy of Fine Arts Studied Fine Art at the Münster Academy of Fine Arts, Sculpture / Art in public space2005 Master student with professors Maik and Dirk Löbbert2006 Diploma (Academy of Fine Arts, Münster)

Awards/Scholarships2011 ‘Kunstgenerator’ (Art Generator), Artist-in-residence scholarship (Viersen)2008 Scholarship at the Künstlerdorf Schöppingen Foundation 1st Award, design of the student canteen extension at the Leonardo Campus, Münster2007 Cité des Arts scholarship, Paris2003 Produkt-Art 3rd Award

Solo exhibitions/ Projects2011 Sculptures series, Viersen; Winterlicht-Vision, DA-Kunsthaus Kloster Gravenhorst, Hörstel; Alle Ziele, Städtische Galerie im Park, Viersen2009 Sommernachtstraum, Kutscherhaus, Kunstverein Recklinghausen2008 “Denksäulen” (“Thought Columns”), Art in Construction, Leonardo Campus, Mensa da Vinci, Münster; Kalaxjata, Wewerka Pavilion, Münster2007 City Lights, Wewerka Pavilion, Münster; Keine Götter, Academy of Fine Arts, Münster2006 Warteraum, Keimzelle Kunst, Ostbevern2005 Gute Reise, Lockschuppen, billerbecks Bahnhof

Exhibitions (selection)

2011 INTERIOR-ITY, Special Project, 4 Moscow Biennale of Contemporary Art, Moscow; Geist ist geil, Künstlerdorf Schöppingen;

2010 InterWall, Cologne; Ostrale010, Internationale Ausstellung zeitgenössischer Künste Dresden; Lokalisation_NISCHE_Raum, Düsseldorf; ÜBER WASSER GEHEN, Kamen;

contemporary art ruhr 10 (C.A.R.), Media Art Fair, Essen; Kunst aus der Region, DA-Kunsthaus, Kloster Gravenhorst, Hörstel (C)

2009 In Raum und System, GALERIE VIKTOR GRRAY, Düsseldorf; 7 x Park, KulturGut - Poggenhagen, Neustadt am Rübenberge ; Höhler Biennale, Gera; Schlachtfelder, Minden;

2008 mulhouse 008, La création contemporaine issue des écoles d’art européennes, Mulhouse, France (C); contemporary art ruhr 08 (C.A.R.), Kunstmesse, Essen; Guasch Coranty, International Painting Prize, Fundacio Guasch Coranty, Barcelona, Spain (C); Die blaue Nacht 2008, Nürnberg; Exhibition for the 5th Marl Video Installation Award, Marl (C); Die schönen Russen kommen, GALERIE VIKTOR GRRAY, Düsseldorf

2007 ENSEMBLE(S)II, Cité Internationale des Arts, Paris; GROSSE NAMEN, Class of Maik and Dirk Löbbert, Wewerka Pavilion, Münster; Collaboration forbidden, Cité Internationale des Arts, Paris; Alles im grünen Bereich, Künstlerhaus Dortmund; Licht an, Lichtermarkt Bergkamen;

2006 Kurhaus. Die Tunnelbar in der Bahnhofsunterführung, Wiesbadener Kunstsommer, (C). Memory, Kunstverein Wiesbaden; Essen isst gesund! uniartmünster2006; Masterclass, Kunstverein Gelsenkirchen (C)

2005 Promotion Award Exhibition, Academy of Fine Arts, Münster; Abgefahren, Kunstverein Lingen Kunsthalle (C); creatorea barter line, Tbilisi, Georgia;

2004 Promotion Award Exhibition, Academy of Fine Arts, Münster; Giardino, Kloster Bentlage, Rheine (C); Untendurch, Long Night of Museums, Münster (C); Im Wort, Münster (C) X MBA, International Biennale of Architecture, Cracow, Poland

2003 Produkt-Art 3, Münster (C); Academy of Fine Arts, Münster x 4, Emsdetten (C); Pronto, Florence (C)

2001 Venezianische Situationen, Münster; Promotion Award Exhibition, Academy of Fine Arts, Münster

1999 9379 Tage, Münster; Scheibenstraße, Münster

C - Catalogue

I M P R E S S U M C R E d I T S

HERAUSGEBER / EDITORSKunstgenerator, Niederrheinwerke Viersen GmbH und Stadt Viersen

REDAKTION / EDITORIAL STAFFTanja Muschwitz und Jutta Pitzen (Stadt Viersen)

AUFLAGE / COPIES500

ABBILDUNGEN / ILLUSTRATIONSFotorechte bei den Künstlern / Image copyrights by the artists

Foto und Fotorecht Seite 102: Martin Leclaire und niederrheinwerkeSeiten 36 / 37: Andrey Blazhnov, Seiten 60 / 62: Michael Schröder Image copyright page 102: Martin Leclaire and niederrheinwerke page 36 / 37: Andrey Blazhnov, page 60 / 62: Michael Schröder

TEXTE / TEXTSNiederrheinwerke Viersen GmbH, Stadt Viersen, Katerina Kuznetcowa, Alexander Edisherov sowie die Autoren

GESTALTUNG / LAYOUTKaterina Kuznetcowa und Druckerei Hölters, Viersen

LEKTORAT / PROOFREADINGDr. Eleonore Föhles, Dr. Suzanne Kirkbright

ENGLISCHE ÜBERSETZUNG / ENGLISH TRANSLATIONDr. Suzanne Kirkbright

KOORDINATION / COORDINATIONBärbel Wickerath (Niederrheinwerke Viersen GmbH)

KONTAKT / CONTACT Katerina Kuznetcowa, Alexander Edisherov

www.kalexjata.com

Der Katalog „Alle Ziele” erscheint anlässlich der Abschlussausstellung des Kunstgenerator-Stipendiumsin der Städtischen Galerie Viersen vom 11.12.2011 – 22.01.2012

ISBN: 978-3-9813422-2-2

TITEL / TITLEKaterina Kuznetcowa, Alexander Edisherov

Alle Ziele

Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved