Post on 14-Aug-2020
GARY MOORE Over the Hills and Far Away
TONY JOE WHITEPolk Salad Annie
MOTÖRHEADNo Class
BRUCE SPRINGSTEEN Santa Claus Is Comin’ to Town
das magazin für gitarristen und bassisten
D: € 6,90A: € 7,90B: € 8,10 L: € 8,10E: € 9,50I: € 9,50 CH: SFR 12,00
Heft Nr. 224 Ausgabe 1/2019
TONY JOE WHITETONY JOE WHITE
Heft Nr.Heft Nr.
mit
CD
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4 KOMPLETTE SONGS AUF CD + NOTEN/TABS IM HEFT
QUEENSRŸCHERUSHRICHARD Z. KRUSPE/EMIGRATE
RAY DAVIES
GEORGE LYNCH
GRETSCH
HAGSTROM60TH ANNIVERSARY
SPECIAL: LOADBOXEN & CO.
BEETRONICS FX
GAMECHANGER AUDIO
HANDWIRED-POWER AUS MILTON KEYNES
NEU
PERFORMER SERIESFENDERS NEUE PLAYER
AMERICAN
NEUNEUAMERICANAMERICAN
Lange dachte ich, dass ich um das Thema herumkomme. Doch so ist das, wenn man sich in Sicherheit wiegt: Irgendwann erfolgt von völlig unerwarteter Seite die Blutgrätsche. In meinem Fall war es der
alte Bluesrocker Charly, dessen vorzügliche Bluestalgia-Kolumnen regelmäßig das Heft abrunden. Dass gerade dort das Thema DSDS auftaucht (seht selbst auf Seite 142!), damit konnte ich nun wirklich nicht rechnen. Für mich ist das jedenfalls die letztmögliche Aufforderung, meinen Senf zu diesem Thema nun auch abzusondern. Alleine die Tatsache, dass ich das rätselhafte Wort „Auditions“ in Charlys Text verstehe, beweist, dass ich genügend Vorbildung habe, um mitreden zu können ...
Mit Herrn Bohlen kann ich allerdings nicht aufwarten; ich hab’ den Mann seit 1986 („Geronimo’s Cadillac“ – ich rätsle noch heu-te, wie der legendenumwitterte Apachen-häuptling wohl zu diesem Vierradfahrzeug gekommen sein mag) konsequent und erfolg-reich aus meiner Wahrnehmung ausblenden können. Nein, in meinem Falle ist es die laut Expertenmeinung deutlich humanere Sen-dung The Voice of Germany. (Nächstes Rätsel: Warum trägt eine Sendung, in der „die deut-sche Stimme“ gesucht wird, einen englischen Titel? Und jetzt kommt mir nicht von wegen guitar und so!)
Ich entstamme ja einer Generation, die be-wegte Bilder lieber im Kinoleinwandformat als in Briefmarkengröße anglotzt. Kino hab’ ich keins zu Hause, aber immerhin – die Äl-teren unter euch kennen das noch – einen Fernseher (auch liebevoll „Fernsehapparillo“ genannt). Betonung auf „einen “. Falls also ein anderes Familienmitglied – und diese sind ausschließlich weiblichen Geschlechts – mehr oder weniger regelmäßig derartige Sendungen mitverfolgt, krieg’ ich das irgendwann mit.
Seither weiß ich auch, wie Mark Forster aussieht: Zuvor nur eine Stimme im Super-marktradio, hat der Typ für mich jetzt ein Ge-sicht samt glatzenkaschierendem Käppi und zwei gut geölte Beinchen, mit denen er
Echte Musikfroschartig in seinem Sessel auf und ab hüpft.
Der Rest ist vorhersehbar: Zwi-schen Werbeblöcken, übertrieben kreischenden Teenies und tränen-drüsenstimulierenden, mit sanfter bis dramatischer Musik unterlegten und zuweilen etwas schlampig in Szene gesetzten Lebensläufen träl-lern Leute jeden Alters und Ge-
schlechts mir unbekannte Liedchen und wer-den dafür frenetisch gefeiert. So weit, so fad. Aber, und jetzt kommt’s: Zwischendrin wer-den da Songs zum Besten gegeben, die man zweifelsohne in die Sparte „Rockmusik“ ein-ordnen muss. „Who Wants to Live Forever“ von Queen, Led Zeppelins „Rock and Roll“, „Bed of Roses“ (Bon Jovi) und – fast schon vorhersehbar – „Yesterday“ von den Beatles.
Haltet mich meinetwegen für bekloppt, aber ich kann dieser Sendung durchaus etwas Positives abgewinnen: Schließlich kriegt die schlagerverseuchte „Generation Z“ dadurch immerhin mit, dass es in grauer Vorzeit Musik gab, die nicht in Gemeinschaftsarbeit von Reißbrettkomponisten und PC-Programmie-rern erschaffen wurde. Musik mit Substanz. Musik mit Seele. Musik mit Eiern. Echte, au-thentische Musik. Und auch wenn die im Voice-Rahmen vielleicht nicht wahnsinnig authentisch reproduziert wird, so bekommen die Fans der Sendung immerhin einen Ein-druck davon. Vielleicht fruchtet’s ja in Einzel-fällen ...
Darüber hinaus besteht die Studioband ausnahmslos aus schweineguten Musikern. Falls also jemand unter euch ebenfalls ge-zwungen sein sollte, einen Blick in The Voice of Germany zu werfen: Konzentriert euch ein-fach auf die Band.
In diesem Sinne: Haut rein!
Dr. Jürgen EhneßChefredakteur
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Titel
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Special: Vor 40 Jahren – die zehn wichtigsten Gitarrenalben 1978
Interview: Richard Z. Kruspe/Emigrate Legends-Special: Rush
Masterpiece: Queensrÿche Riffalong: Lamb of God
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Interviews/Storys 32 Richard Z. Kruspe/Emigrate
38 George Lynch/Ultraphonix
40 Ray Davies/The Kinks
44 Lady Catman
45 Kerim Öke/Kytes
50 Special: Vor 40 Jahren –
die zehn wichtigsten Gitarrenalben 1978
Workshops 58 Legends-Special: Rush
68 Masterpiece:
Queensrÿche – Operation: Mindcrime
76 Riffalong: Lamb of God
84 Lazy Guitar: Hacks
88 New Generation Shred: Mark Holcomb
92 Bluescafé: Danny Barker – „Save the Bones“
Songs 144 Sonderzeichentabelle
145 Tony Joe White – „Polk Salad Annie“
154 Gary Moore – „Over the Hills and Far Away“
164 Motörhead – „No Class“
171 Bruce Springsteen –
„Santa Claus Is Comin’ to Town“
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Inhalt
Test & Technik 96 Guitars & Stars: George Harrison & Gretsch Duo Jet
98 Guitar-Dreams: Gretsch Broadkaster
G6609TFM (E-Gitarre)
102 Guitar-Dreams: Hagstrom Super Swede
60th Anniversary Limited, H-II 60th Anniversary
Limited & Fantomen Limited (E-Gitarre)
108 Guitar-Dreams: Fender American Performer
Series Stratocaster (E-Gitarre)
112 LTD M-Black Metal (E-Gitarre)
114 Übersichtstest: Marshall-Handwired-Serie (Verstärker)
120 Electro-Harmonix Mod Rex (Effekt)
122 Gamechanger Audio Plasma Pedal (Effekt)
124 Beetronics Royal Jelly, Buzzter, Overhive,
Whoctahell & Octahive (Effekt)
128 Bogner Ecstasy Red Mini & Ecstasy Blue Mini (Effekt)
130 Special: Loadboxen & Co.
136 Mackie Freeplay Go, Freeplay Home &
Freeplay Live (Lautsprecher)
138 Nowaxx Pickups S60 & Hot Twang (Tonabnehmer)
Rubriken 3 Intro
6 guitar-CD + Downloads
7 CD-Booklet
8 guitar-News: Aktuelles & Verlosungen
22 Tourdaten
26 Rezensionen: CD, Vinyl & DVD/Blu-ray
37 guitar-Abonnement
56 Die guitar-Leser-Polls 2018
91 Pickup – zu gewinnen: Marshall Origin 5C
140 Händlerverzeichnis
142 Charleys Bluestalgia/Anzeigenindex/Impressum
Guitar-Dreams: Fender American PerformerSeries Stratocaster
Übersichtstest: Marshall-Handwired-Serie
Beetronics Royal Jelly, Buzzter,Overhive, Whoctahell & Octahive
Guitar-Dreams: Hagstrom Super Swede 60th Anniversary Limited, H-II 60th Anniversary Limited & Fantomen Limited
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91Pickup – zu gewinnen:Marshall Origin 5C
ich als Erster, sondern mein Nachbar, der un-ter mir wohnt. Ich befand mich zu dem Zeit-punkt gerade noch auf Tour mit Rammstein. Demzufolge war die Hälfte des Studios drunter im Arsch, denn es hatte alle Festplatten er-wischt, die mein Album beinhalteten.
Ach du Scheiße …Ja, die ersten Reaktionen waren Verzweiflung, Wut und Resignation. Ich habe mich dann erstmal mit dem Thema abgefunden. Komi-scherweise werde ich bei solchen Sachen im-mer relativ ruhig. Ich habe mir dann gedacht, vielleicht ist das ja ein Zeichen, das mir das Leben geben will. Vielleicht soll ich ja noch mal von vorne anfangen. Schließlich dachte ich mir, wie es wohl wäre, das Album aus der Erinnerung heraus noch einmal neu zu schrei-ben. Ich habe dann am Ende mit einem ande-ren Produzenten gearbeitet.
Wie hieß der Mann?Sky Van Hoff, ein junger Produzent aus Düs-seldorf.
Wie hast du Sky kennen gelernt?Durch meinen Guitartech Lutz Buch. Ich woll-te damals Profiles machen. Ich hatte mal den Kemper probiert, aber irgendwie war es das nicht, so im ersten Moment. Lutz sagte mir: „Vielleicht machst du auch irgendwas falsch. Ich kenne da jemanden, der kennt sich ziem-lich gut mit dem Profiling aus. Lass uns doch mal zusammen ein paar Profiles machen.“ Sky
kam schließlich zu mir ins Studio. Wir haben neue Profiles zusammen gemacht und haben uns super verstanden. Irgendwann meinte er, dass er produziert und mischt, und so schlug ich vor, ob wir nicht mal zusammen einen Song mischen sollen.
Welchen Song hat er als ersten gemischt?Das war „1234“, den hat er quasi direkt in the box gemischt. Die jungen Menschen heutzuta-ge mischen ja alle immer in the box.
Blöd gefragt: Was bedeutet in the box?In the box heißt, der Song bleibt beim Mischen im Computer, wohingegen ich sehr gerne Sa-chen auf mein Pult lege – außerhalb des Com-puters. Und dann hat er mir den Song „1234“ vorgespielt, den er teilweise bei sich zu Hause, und dann hier in meinem Studio vollendete.
Schließlich schlug ich ihm vor, dass wir es doch mal mit dem outside the box versu-chen sollten. Es verging eine Woche, in der wir irgendwie versucht haben, den Sound so hinzubekommen, dass er so klingt wie in sei-nem Mix. Ich sagte ihm irgendwann: „Okay, wir lassen es. Wir bleiben inside the box und
Richard, du bist eigentlich bekannt dafür, häufig mit dem Element Feuer in Verbindung gebracht zu werden. Tatsächlich hatte die Entstehung des Albums aber erstmal viel mit Wasser zu tun.Richard Z. Kruspe: Es ist ja immer so im Leben, dass alles irgendwie in Ba-
lance sein soll. Wenn du also auf der einen Seite das Feuer hast, muss auf der anderen Seite das Wasser sein, damit sich das Gleich-gewicht wieder herstellt.
Es war so, dass ich das Album im Grun-de schon 2015 fertig hatte. Ich bin dann nach Los Angeles gegangen, um das Album bei Ben Grosse abzumischen. Dort merkte ich aber schon, dass ich mich etwas ausgebrannt fühl-te. Zu dem Zeitpunkt konnte ich einfach nicht mehr alles geben, was ich normalerweise tue, wenn ich an einem Album arbeite. Ich ging also wieder zurück und legte das Album erst-mal beiseite. Da war damals sozusagen kein „Feuer“ mehr.
Wie ging es dann weiter?Ich habe mir dann damals einen Lebenstraum erfüllt. Ich wollte mir immer schon ein eige-nes Haus bauen. Also baute ich mir ein neues Haus auf einem alten Haus. So entstand auch das Studio. 2015 begannen wir dann, auch wieder mit Rammstein zu proben, damit hatte ich das Projekt Emigrate erstmal zur Seite ge-legt. 2017 hatte ich einen Wasserschaden am Pool oben auf dem Dach. Den bemerkte nicht
über den neuen Sound von
Mitten im Herzen Berlins, im fünften Stockwerk eines Mehrfamilienhauses, hat Richard Z. Kruspe sein Studio gebaut. Anlässlich des flammneuen Emigrate-
Albums A Million Degrees sind wir Richards Einladung gefolgt. So erfuhren wir vom Rammstein-Saitenmeister aus erster Hand, wie er den Sound für seine Songs
auf Band rockte – und noch viele teils kuriose, teils tragische Geschichten.
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Mehr Infos zum neuen Emigrate-Album gibt es in unserem guitar-Warehouse-Videoauf unserem Youtube-Channel
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IntervIew
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Dinge an, die zu dem Zeitpunkt offenbar nur wenige interessierten. Die Menschen waren noch nicht bereit, sich mit den Inhalten der Songs auseinanderzusetzen – dafür war die Zeit damals einfach zu hedonistisch geprägt.
Du musst nun wieder viele Interviews geben – wie geht es dir dabei? Zumal es ja bekannt ist, dass du diesen Teil der Arbeit weniger magst.Es ist so, als ob man gerade aus dem Gefäng-nis entlassen worden ist – ich habe ja auch einige Interviews zu meinen Soloplatten ge-geben. Und dann baut sich jemand vor dir auf und sagt: Kehrt marsch, du musst für weite-re 20 Jahre hinter die Gitter zurück – das ist schon entmutigend. [lacht]
Aber bis ich all die Bänder mit den Auf-nahmen für Village Green wieder gehört hatte, war mir ja selbst nicht klar, wie bedeutsam das Album für die damalige Zeit war!
THE VILLAGE GREENPRESERVATION SOCIETY
Unterschätzte Schei-be, jetzt mit üppigem Bonusmaterial zum Wiederentdecken!
Inwieweit warst du selbst in all die Arbeit vor allem für die Super-Deluxe-Edition involviert?Sehr stark. Allein bei der Identifizierung ein-zelner Nummern, woher sie stammten, wor-um es sich dabei handelte – das gilt vor allem für die in Vergessenheit geratenen Stücke wie „Time Song“. Zu meiner Schande muss ich V
or 50 Jahren stieß die Village-LP bei Kritikern wie Käufern auf wenig Ge-genliebe. Der wahre Gehalt der dama-ligen Songs offenbarte sich erst mit den Jahren und wird jetzt zur Wie-derveröffentlichung der Jubiläumsbox geradezu hymnisch gefeiert, Ray. Be-deutet das für dich so etwas wie eine
späte Befriedigung?Ray Davies: Es ist angenehm, wenn die eige-ne Arbeit Wertschätzung erfährt. Ich denke, manchmal ist die Welt einfach noch nicht be-reit – ob es sich dabei um Musik oder um Kunst jeglicher Art handelt. Die Welt war einfach nicht bereit oder offen für das Album, als es damals herauskam. Die Welt hatte sich damals auf die Hippie-Kultur gestürzt, in jenen Jah-ren waren eben vor allem die Swinging Six-ties angesagt. Die Inhalte der Songs von The Village Green Preservation Society sprachen
„Die Welt war nicht bereit“RAY DAVIES/THE KINKS
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In den ’60ern schufen die Kinks unter Anführer Ray Davies einige der wichtigsten Hymen jener Zeit – einschließlich „You Really Got Me“, das manchen als einer der ersten
Heavy-Rock-Songs gilt. Aktuell sind Ray, sein Bruder und Leadgitarrist Dave Davies, Schlagzeuger Mick Avory und der 2010 verstorbene Bassist Peter Quaife wieder in aller Munde: einerseits wegen der hochwertigen Neuauflage des Konzeptalbums The Village Green Preservation Society, andererseits weil die seit 1993 wabernden Gerüchte um eine Reunion offenbar einen durchaus handfesten Hintergrund haben, wie Ray Davies
jetzt im guitar-Interview durchblicken ließ.
Am Puls der Hippie-Kultur: die Kinks 1965
Gitarrenbrüder: Ray (l.) und Dave Davies
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INTERVIEW
geworden, wie ich sie vor meinem inneren Ohr gehört habe. Zwischendurch wollte ich aber trotzdem etwas Input von außen und fragte ein paar der Sänger, ob sie ihre Parts selbst ausarbeiten möchten. Als Antwort bekam ich oft: „Wie hast du dir denn meinen Beitrag vorgestellt?“ Was dann schließlich doch wie-der zu meiner Vision geführt hat. [schmunzelt]
Für jemanden mit deinen Skills sind die Stücke extrem songdienlich ausgefallen. Hand aufs Herz: Musstest du dir manchmal auf die Fin-ger klopfen, um nicht loszushreddern?Nein, denn ich wollte die Songs ja nicht ka-puttspielen oder mich selbst beweihräuchern. Es geht bei einem Album ja nicht um einen Wettbewerb der Flitzefinger, sondern darum, dass das Material lebt, atmet und insgesamt eine runde Sache ergibt. Soli sind für mich immer die Sahnehäubchen eines Stücks.
Zum Titelstück hat Jeff Loomis von Nevermore eines beigesteuert.Die Kollaboration kam
ziemlich spontan zustande. Mein Lebensge-fährte war mit Nevermore als Tourmanager unterwegs, und Weimar lag zufällig auf der Strecke zwischen zwei Auftrittsorten. Sie ka-men alle zu Besuch, wir schlürften Hühnersup-pe, und ich ließ Eyes Wide Open laufen. An diesem Abend jammten wir noch ganz unge-zwungen, bis Jeff irgendwann sagte, dass er gerne ein Solo beitragen würde. Leider war die Nacht zu kurz, um seine Spuren gleich bei mir vor Ort einzutüten, weswegen dies einen Tag später mit mobilem Equipment in der Hambur-ger Markthalle in einem One-Take geschah. Chris Franzkowiak
Cathleen, was ist in der Zeit zwischen dem Split mit den Reitern und der Veröffentlichung von Eyes Wide Open geschehen? Cathleen: Nach dem Ende der Zusam-menarbeit begann ich zu komponieren. In dieser Phase erledigte ich auch vie-le Jobs als Studiogitarristin und Co-
Songwriterin. Es gab also immer etwas zu tun und manchmal sogar so viel, dass die Arbeiten an meiner eigenen LP sich immer weiter nach hinten verschoben.
Interessanterweise ist Eyes Wide Open kein reines Instrumentalalbum, sondern besitzt nur einen Track ohne Gesang. Nach welchen Kri-terien hast du dir die Vokalisten ausgesucht?Ich kenne alle Bands, in denen sie normaler-weise singen, persönlich. Die Stücke schrieb ich bereits mit ihren Stimmen im Hinterkopf. Für „Master of Illusion“ mit Schmier von Des-truction hörte ich mir zuvor noch einmal den kompletten Backkatalog der Thrasher an, um das Lied genau auf ihn zuzuschneiden.
Fragen, die ich mir in solchen Momenten als Komponistin stelle, sind etwa: „Wie funk-tionieren seine Vocals in den einzelnen Song-teilen, und wie transportiert er die Hookline?“ Während der Kreativphase spielte ich dann die Gesangslinien auf Gitarre ein, um den Sän-gern im Studio die Passagen noch besser er-klären zu können.
Wie sieht bei dir der Weg von der ersten Idee bis zum fertigen Song aus?Ob man das jetzt glauben mag oder nicht – so-bald ich ein Lied im Kopf habe, ist es schon komplett fertig und arrangiert. Ich höre ihn mit Gitarre, Bass, Keyboard, Drums, Streichern und Gesang. In solchen Momenten muss ich nur noch auf Aufnahme drücken und die Idee mit dem Rechner festhalten.
Das erklärt auch, warum Eyes Wide Open neben dei-nen Gästen am Mikro und den Drum-Spuren komplett von dir alleine eingespielt wurde. Ich konnte ja quasi niemanden mehr mit ins Boot holen, sonst wäre die Platte nicht so
Lady Catman
Vor gut neun Jahren verließ Lady Catman nach einem knapp zwölfmonatigen Gastspiel die Apokalyptischen Reiter und verschwand aus dem öffentlichen Fokus. Dass die
Weimarer Gitarrenvirtuosin in dieser „Pause“ nicht untätig war, belegt jetzt ihr vielseitiges Solodebüt Eyes Wide Open.
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Die Lady bedient sich aus verschie-denen musikalischen Schubladen – und bleibt dabei immer spannend.
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Veröffentlichung: 17.6.1978Gitarrist: David GilmourBassist: Rick WillsAnspieltipps: „There’s No Way Out of Here“,„Short and Sweet“, „Raise My Rent“
Veröffentlichung: 3.11.1978Gitarrist: Paul WellerBassist: Bruce FoxtonAnspieltipps: „To Be Someone (Didn’t We Have a Nice Time)“, „David Watts“, „‘A’ Bomb in Wardour Street“
Veröffentlichung: November 1978Gitarristen: Pete Wells, Mick CocksBassisten: Geordie Leach, Ian RilenAnspieltipps: „Rock’n’Roll Outlaw“, „Nice Boys“, „Remedy“
Nachdem Pink-Floyd-Kollege Roger Waters bei Animals (1977) end-gültig zu seinem Egotrip aufgebrochen war, suchte sich der frustrierte David Gilmour eine neue Spielwiese und nahm sein erstes Soloalbum auf. Für die Bassspuren holte sich der Engländer seinen alten Kumpel Rick Wills ins Boot, der im Jahr darauf dann bei Foreigner und in den ’90ern bei Bad Company einstieg.
Auf der selbstbetitelten Platte dominiert – wen wundert’s? – Davids Gitarre: mit dem typischen Gilmour-Ton, geschmackvoll-singenden Soli, hier und da einem schmissigen Riff sowie schier zahllosen kleinen und großen Licks und Phrasen, die teilweise an ältere Floyd-Stücke erinnern und von denen einige andere bereits auf die im Folgejahr veröffentlichte Doppel-LP The Wall hinweisen. Hinzu kommt Gilmours verhallte und von seiner Band gewohnte Stimme. Den üblichen Rah-men sprengende elegische Werke wie bei Pink Floyd findet man hinge-gen nicht: Alle neun Songs bleiben unter je sechs Minuten Spiellänge.Am Rande bemerkt: Dass „Comfortably Numb“ nicht auf Gilmours Solodebüt, sondern auf Pink Floyds The Wall erschien, ist der erfolg-reichen Bettelei Waters’ zu verdanken.
In Europa erschien das Debütalbum der räudigen Australier erst 1981 – da waren sie Down Under bereits Helden. Ihr Rock’n’Roll bestach durch ein angemessenes Maß an Härte, einen Schuss rotzigen Punks, treibende Riffs und eine gerade gegenüber der Konkurrenz herausste-chende Slide-Gitarre (Pete Wells). Doch auch bei nicht ganz durch-gedrücktem Gaspedal („The Butcher and Fast Eddy“, „Stuck on You“) überzeugt das Quintett, das übrigens von Angus und Malcolm Youngs älterem Bruder George entdeckt wurde. Auf der ersten Platte wurde dieser explosive Mix mit Hilfe einer Live-Situation im Studio adäquat eingefangen.
(Unseren ausführlichen Workshop zu der Scheibe, die in Europa zu-nächst unter dem Namen Rock’n’Roll Outlaw erschien, findet ihr in guitar 6/2018.)
David Gilmour – David Gilmour
The Jam – All Mod Cons
Rose Tattoo – Rose Tattoo
Auf der britischen Punk-Welle wurden auch The Jam mit nach oben ge-tragen, obwohl mit der offen zur Schau gestellten Mod-Attitüde (noch viel deutlicher als bei The Police) die Anlehnung an ’60er-Jahre-Bands wie The Who und the Kinks (von denen das auf All Mod Cons gecoverte „David Watts“ stammt) stets mitschwebte.
Auch ohne Hits wie „The Eton Rifles“ oder „Town Called Malice“ späterer Alben legten The Jam mit ihrem dritten Longplayer ihr erstes Meisterwerk vor – wegweisend für das Genre, das seit den ’90ern als „Britpop“ bezeichnet wird. Paul Wellers Gitarrenarbeit gestaltet sich da-bei deutlich mehr als nur solide: Völlig unaufgeregt versteckt er Riffs im Gesamtsound, mischt stark verzerrte Gitarrenbretter mit einfachen, aber wirkungsvollen Melodien und Licks, pickt auch mal auf der Akus-tischen und bleibt musikalisch stets flexibel.
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Special Die Besten des Jahrgangs 1978
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Entweder man liebt sie oder man hasst sie. Was die einen an Rush abschreckt, fasziniert die anderen umso stärker. So gibt es mitunter Fans, die auf sage und schreibe 300 Konzertbesuche verweisen können. Das musikalische Gebräu der drei Kanadier ist dabei so einzigartig wie die virtuosen Musiker selbst. Sie lassen
sich durchaus als Geeks bezeichnen, die anstel-le von meterhohen Verstärkertürmen auch mal Waschmaschinen auf die Bühne stellen oder South-Park-Videoclips in ihre Shows einbauen.
Zu den Fans zählen auch unzählige promi-nente Musiker wie die Foo Fighters, Dream Theater, Tool oder Primus. Rushs Anhänger sind sogar so vernarrt in die Band, dass es ein jährlich stattfindendes Fantreffen namens Rushcon gibt. Darüber hinaus wurden sogar drei neu entdeckte Mikroben nach den einzel-nen Bandmitgliedern benannt.
Die frühe PhaseDie Wurzeln des legendären Trios liegen im Jahr 1968, als sich die drei Freunde Alex Life-son (Gitarre), Jeff Jones (Bass & Gesang) und John Rutsey (Schlagzeug) in der kanadischen Nachbarschaft Willowdale in Toronto zusam-menfinden und eine Band gründen. Nach dem ersten Gig verlässt Frontmann Jones jedoch das Trio und wird durch Lifesons Schulfreund Geddy Lee ersetzt. Damit steht das erste offi-zielle Line-up von Rush fest. Den Namen be-kommt das Trio von Rutseys Bruder verpasst.
Die drei sammeln in der lokalen Barszene und auf High-School-Tanzveranstaltungen erste gemeinsame Bühnenerfahrungen und landen 1973 mit ihrer ersten Single „Not Fade Away“, einem Buddy-Holly-Cover, einen klei-nen Chart-Hit. Während der Song die A-Seite
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einnimmt, befindet sich auf der B-Seite die erste Eigenkomposition „You Can't Fight It“, die noch im Zeichen klassischen des ’70s-Rocks steht.
1974 erscheint mit dem stark von Led Zep-pelin beeinflussten Debütalbum Rush ein erster Vorgeschmack auf die spielerischen Qualitäten der drei kanadischen Freunde. Besonders „Wor-king Man“ (Bsp. 1) soll sich durch die Hilfe von Donna Halper, musikalische Leitung und DJ
beim in Cleveland, Ohio, ansässigen Sender WMMS, zum ersten großen Hit der Band entwi-ckeln. Der Erfolg von „Working Man“ führt letztlich dazu, dass das Debütalbum auch in den Verei-nigten Staaten veröffentlicht wird.
Jedoch verlässt Schlagzeuger John Rutsey die Band direkt nach der Veröffentlichung aus gesundheitlichen Gründen. Ihren letzten ge-meinsamen Auftritt hat die erste Inkarnation von Rush am 25. Juli 1974. Nachdem Lee und
„Working Man“ TRACK 27
Besitzerstolz: Alex Lifeson 1977 mit
einigen seiner Gitarren
LEGENDS-SPECIAL Rush
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Der Verminderte-Akkord-Schiebe-HackDieser Hack ist ein echter Klassiker, den ihr immer einsetzen könnt, wenn ihr einen vollverminderten Akkord spielen müsst. Falls ihr nicht mehr ge-nau wisst, was das ist: Ein solcher Ak-kord kommt durch die Schichtung von
kleinen Terzen zustande. Ein vollverminderter Vierklang auf E besteht etwa aus den Tönen E, G, Bb und Db. Dabei kann nun allerdings jeder dieser vier Töne als Grundton dienen – denn egal, wo ihr anfangt, immer kommt besagte Terzschichtung zustande.
Daraus folgt nun unser Hack: Einen voll-verminderten Akkord könnt ihr im Abstand von kleinen Terzen – also drei Bünden – über das Griffbrett schieben, anstatt auf einer Posi-tion zu bleiben. Dadurch ändert sich zwar das Voicing, der Akkord und seine Töne bleiben aber dieselben. In Beispiel 1 hört ihr, wie ihr diesen Trick in einer souligen Akkordfolge in A-Dur anwenden könnt.
Der Akkordparallelen-HackDer zweite Hack ist vor allem für euer Song-writing interessant. Möglicherweise habt ihr schon einmal von Akkordparallelen gehört. Damit werden laut Wikipedia „terzverwandte Dreiklänge der Paralleltonarten zu den Haupt-funktionen“ einer bestimmten Tonart bezeich-net. Um das kurz aufzudröseln: Die Haupt-funktionen sind Tonika, Subdominante und Dominante. In G-Dur wären das beispielsweise G-, C- und D-Dur. Die terzverwandten Drei-klänge dieser Akkorde finden sich eine kleine C
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Bei Beispiel 3musste ich weinen
Das Social-Media-Zeitalter ist auch die Ära der „Hacks“:
Life-Hacks, Fitness-Hacks, Food-Hacks, Haushalts-Hacks …
Gemeint sind kleine Tricks und Kniffe, die wenig Aufwand
und Wissen erfordern, aber das Leben reicher oder
einfacher machen – oder schlichtweg mächtig Eindruck
schinden. Solche Hacks gibt es auch beim Komponieren
und Songwriten. Hier sind meine sechs Lieblinge.
Michael Wagnerstudiert derzeit E-Gitarre an der Popakademie Mannheim. Mit seiner Band Lem Motlow zelebriert er Hardrock der alten Schule. Außerdem produziert er regelmäßig Gitarren-videos für jamtrackcentral.com und hat 2013 sein erstes Lehrbuch Rockgitarre Bootcamp bei PPVMEDIEN herausgebracht. Mehr Infos beschert ein Besuch auf seiner Homepage michaelwagnerguitar.com.
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1011
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Terz abwärts in Moll: Für G wäre es ein Em, für C ein Am und für D ein Bm.
In der Praxis könnt ihr mit diesem Wissen euer Songwriting interessanter machen, da sich gerade Tonika und Subdominante hervor-ragend durch ihre Parallelakkorde ersetzen lassen. Damit bekommt ihr eine neue Farbe in den Song, ohne wirklich etwas zu ändern. In Beispiel 2 hört ihr das anhand einer einfachen Akkordfolge in G-Dur, bei der ich im zweiten Durchlauf den G durch Em ersetzt habe. Pro-biert es aus: Jede Melodie, die ihr darüber
singt oder spielt, funktioniert über Em genau-so wie über G.
In Moll-Tonarten funktioniert das Ganze natürlich genau andersherum: Hier könnt ihr eure Moll-Akkorde durch den entsprechenden Dur-Akkord eine kleine Terz höher ersetzen.
God-ChordsIhr wollt gerne möglichst enorme, gewaltige, markerschütternde Songs schreiben, aber eure guten alten E-Moll-Stufenakkorde geben ein-fach nicht genug Epik her? Dann ist dieser
TRAcK 45
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Workshop Lazy Guitar